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Verfahren : 2006/2252(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0436/2006

Eingereichte Texte :

A6-0436/2006

Aussprachen :

PV 13/12/2006 - 4
CRE 13/12/2006 - 4

Abstimmungen :

PV 13/12/2006 - 8.17
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2006)0568

Angenommene Texte
PDF 145kWORD 61k
Mittwoch, 13. Dezember 2006 - Straßburg
Erweiterungsstrategie und die wichtigsten Herausforderungen für den Zeitraum 2006-2007
P6_TA(2006)0568A6-0436/2006

Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Mitteilung der Kommission zur Erweiterungsstrategie und zu den wichtigsten Herausforderungen für den Zeitraum 2006-2007 (2006/2252(INI))

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis der Mitteilung der Kommission "Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen für den Zeitraum 2006–2007" (KOM(2006)0649),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 27. September 2006 zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt(1),

–   in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Kopenhagen vom 21. und 22. Juni 1993 sowie des Europäischen Rates von Madrid vom 15.und 16. Dezember 1995, des Europäischen Rates von Luxemburg vom 12. und 13. Dezember 1997, des Europäischen Rates von Thessaloniki vom 19. und 20. Juni 2003 und der Ratstagungen in Brüssel vom 16. und 17. Dezember 2004, 16. und 17. Juni 2005 und 15. und 16. Juni 2006,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. März 2006 zu dem Strategiepapier 2005 der Kommission zur Erweiterung(2),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Januar 2006 zur Reflexionsphase: Struktur, Themen und Kontext für eine Bewertung der Debatte über die Europäische Union (3),

–   gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A6-0436/2006),

A.   in der Erwägung, dass die Europäische Union ein politisches Projekt ist, das auf gemeinsamen Werten und gemeinsam verfolgten Zielen beruht,

B.   in der Erwägung, dass die Europäische Union sich zu einer politischen Union der Demokratien entwickelt hat, die sich selbst zu demokratischen Standards und zur Entwicklung einer lebendigen demokratischen Kultur bekennt,

C.   in der Erwägung, dass der durch die Aussicht auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union geschaffene Anreiz unbestreitbar zur Förderung von Reformen, zur Festigung der Demokratie, zu einer besseren Einhaltung der Menschenrechte und zu einer erhöhten Stabilität in den Nachbarländern beigetragen hat,

D.   in der Erwägung, dass der Europäische Rat von Thessaloniki vom 19. und 20. Juni 2003 seine Verpflichtung zur vollständigen Umsetzung der Thessaloniki-Agenda bekräftigt hat und dass der Europäische Rat von Brüssel vom 15. und 16. Juni 2006 nochmals seine Absicht bestätigt hat, an den bestehenden Verpflichtungen gegenüber den südosteuropäischen Staaten mit Blick auf einen künftigen Beitritt festzuhalten (gegenüber der Türkei und Kroatien, mit denen Beitrittsverhandlungen geführt werden, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien als Kandidatenland und den Staaten des westlichen Balkans, bei denen es sich um potentielle Kandidaten handelt), wobei er die Notwendigkeit betont hat, dass die Union "bei einer Erweiterung in politischer, finanzieller und institutioneller Hinsicht arbeitsfähig bleibt",

E.   in der Erwägung, dass die Europäische Union an ihrem unumstößlichen Bekenntnis zur Demokratie und ihrer Überzeugung, dass Demokratie nur funktioniert, wenn der Demos – das europäische Volk – seine eigene Erweiterung durch den Beitritt neuer Mitgliedstaaten und die Integration ihrer Bürger anerkennt und unterstützt,

F.   in der Erwägung, dass das Europäische Parlament gemeinsam mit den nationalen Parlamenten und mit der Unterstützung der regionalen und lokalen Behörden und den Einrichtungen der Bürgergesellschaft zur Erhöhung der Transparenz und Rechenschaftspflicht in Bezug auf den Erweiterungsprozess beitragen und dadurch den öffentlichen Konsens in dieser Frage erhöhen kann,

G.   in der Erwägung, dass die Erweiterung – wie im Vertrag niedergelegt – zum europäischen Integrationsprozess und zur Verwirklichung einer immer engeren Union zwischen den Völkern Europas beitragen, den politischen Charakter dieses Projekts aber nicht untergraben sollte; in der Erwägung, dass sie Frieden, Sicherheit, Stabilität, Demokratie und Wohlstand in Europa fördern sollte,

H.   in der Erwägung, dass aus diesem Grund bei Überlegungen zur Zukunft der Union ihrer Integrationsfähigkeit Rechnung getragen werden muss,

I.   in der Erwägung, dass in der Erklärung zur Tagung des Europäischen Rates von Kopenhagen am 21. und 22. Juni 1993 "die Fähigkeit der Union, neue Mitglieder aufzunehmen, dabei jedoch die Stoßkraft der europäischen Integration zu erhalten", als ein wichtiger Gesichtspunkt genannt wurde,

J.   in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten und die EU-Organe die institutionellen, finanziellen und politischen Faktoren, die der Fähigkeit der Union, neue Mitgliedstaaten zu integrieren, zugrunde liegen, mutig angehen müssen,

K.   in der Erwägung, dass dies eine gründliche Analyse der Auswirkungen voraussetzt, die eine Erhöhung der Zahl der Mitgliedstaaten auf die Kohäsionspolitik der Union und auf ihre Finanzen haben kann,

L.   in der Erwägung, dass die Integrationsfähigkeit ein sich entwickelnder Begriff ist, der regelmäßig im Lichte neuer Umstände bewertet werden muss,

M.   in der Erwägung, dass die Integrationsfähigkeit auf objektiven Kriterien basiert und konkrete Probleme betrifft und daher nicht mit der öffentlichen Wahrnehmung der Auswirkungen künftiger Erweiterungen verwechselt werden sollte,

N.   in der Erwägung, dass die "Integrationsfähigkeit" kein neues Kriterium ist, das für die Kandidatenländer gilt, sondern eine Voraussetzung für den Erfolg der Erweiterung und für die Vertiefung des europäischen Integrationsprozesses und dass es die Aufgabe der Union und nicht die der Kandidatenländer ist, ihre "Integrationsfähigkeit" zu verbessern,

O.   in der Erwägung, dass die Beitrittsländer und die Kandidatenländer die Beitrittskriterien, die vom Europäischen Rat von Kopenhagen festgelegt wurden (Kopenhagener Kriterien), und alle sonstigen Verpflichtungen erfüllen müssen, die sich aus den Verträgen und den bilateralen Abkommen ergeben,

1.   stimmt mit der Kommission darin überein, dass die vergangenen Erweiterungen ein Erfolg gewesen sind, die die Europäische Union gestärkt haben, indem sie ihr Wirtschaftswachstum angekurbelt, ihre Rolle in der Welt gestärkt, die Entwicklung neuer EU-Politiken vorangetrieben und Demokratie, Frieden und Wohlstand in Europa gefördert haben; betont, dass die Erweiterung generell eines der wirksamsten Instrumente der Außenpolitik und der Konfliktpräventionsstrategien der Europäischen Union darstellt; erinnert daran, dass dieser Erfolg aus der breiten Unterstützung für frühere Erweiterungen als die Erfüllung der ursprünglichen Aufgabe der europäischen Integration, den europäischen Kontinent nach den politischen Teilungen des 20. Jahrhunderts wieder zu vereinen, folgt;

2.   stellt jedoch fest, dass aus früheren Erfahrungen Lehren gezogen werden können, insbesondere die Notwendigkeit, jedes Kandidatenland aufgrund seiner eigenen Verdienste zu beurteilen und dessen Beitritt im Einklang mit einem Zeitplan auszuhandeln, der auf der effektiven Einhaltung der Kopenhagener Kriterien beruht, sowie die Notwendigkeit, die Nennung eines Datums für den endgültigen Beitritt zu einem zu frühen Zeitpunkt zu vermeiden;

3.   vertritt die Auffassung, dass diese Lehren genutzt werden sollten, um die Qualität und Transparenz des Erweiterungsprozesses zu verbessern;

4.   ist der Ansicht, dass die Union ihre Zusagen gegenüber den Ländern einhalten muss, die bereits Aussicht auf Mitgliedschaft haben, vorausgesetzt, dass diese Länder die Kopenhagener Kriterien für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union erfüllen und den sich daraus ergebenden Verpflichtungen nachkommen; unterstreicht, dass die Einhaltung dieser Zusagen ein starker Anreiz für diese Länder ist, mit ihren Reformen fortzufahren;

5.   stimmt zu, dass Konsolidierung, Konditionalität und Kommunikation die leitenden Grundsätze der Erweiterungsstrategie der Europäischen Union sind; ist der Ansicht, dass jede weitere Zusage in Bezug auf eine Erweiterung eine weit ausführlichere Prüfung der Integrationsfähigkeit der Union als bisher erfordern wird, sei es unter institutionellen, finanziellen oder politischen Gesichtspunkten;

6.   bedauert daher, dass die Kommission keine ausreichend tief greifende Analyse der Fragen vorlegt, die geklärt werden müssen, bevor die Union mit künftigen Erweiterungen fortfahren kann;

7.   betrachtet den 'Sonderbericht über die Fähigkeit der Union zur Integration neuer Mitglieder' in Anhang I der Mitteilung als eine nicht zufrieden stellende Antwort auf die Aufforderung des Parlaments in Ziffer 5 seiner oben genannten Entschließung vom 16. März 2006, "einen Bericht vorzulegen, in dem sie die Prinzipien, die diesem Konzept zugrunde liegen, erläutert";

8.   ist der Auffassung, dass die Integrationsfähigkeit der Union grundsätzlich auf drei Säulen beruht, nämlich auf ihren Organen und deren Legitimität und Fähigkeit, unter neuen Gegebenheiten demokratisch und effizient zu handeln und Beschlüsse zu fassen, ihren finanziellen Mitteln und deren Gesamtbeitrag zum wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt sowie der Fähigkeit einer erweiterten Union, ihre politischen Ziele zu verfolgen;

9.   erinnert daran, dass es die Aufgabe der Union und nicht der Kandidatenländer ist, ihre Integrationsfähigkeit zu verbessern;

10.   ist der Überzeugung, dass die Europäische Union von ihren Bürgern nur eine positive Haltung gegenüber der Erweiterung erwarten kann, wenn sie ein Europa sehen, das Ergebnisse vorzuweisen hat; betont daher, dass die Integrationsfähigkeit nicht isoliert von der Handlungsfähigkeit der Europäischen Union betrachtet werden kann; vertritt die Ansicht, dass die Erweiterung Teil der bürgernahen Agenda der Union sein und entsprechend kommuniziert werden sollte;

11.   ist der Auffassung, dass das reibungslose Funktionieren der Union auf dem uneingeschränkten Festhalten aller ihrer Mitglieder an den universellen Werten beruht, die der Europäischen Union als einem politischen Projekt zugrunde liegen: den unveräußerlichen und unverletzlichen Menschenrechten, der Freiheit, der Demokratie, der Gleichheit und der Rechtsstaatlichkeit, die die europäische Identität ausmachen;

12.   ist der Überzeugung, dass die Union nach innen und nach außen geschwächt würde und sich die Vorteile einer wachsenden Mitgliederzahl für alle ihre Mitglieder vermindern würden, wenn es nicht gelingt zu gewährleisten, dass die Integrationsfähigkeit der Europäischen Union mit der Erweiterungsagenda im Einklang steht, und dass dieser Effekt nicht durch eine Erweiterung ihres Umfangs kompensiert würde;

13.   kritisiert die Kommission wegen der oberflächlichen Art, mit der sie institutionelle Aspekte behandelt, und verweist in diesem Zusammenhang auf seine Entschließung vom 13. Dezember 2006 zu den institutionellen Aspekten der Fähigkeit der Europäischen Union zur Aufnahme neuer Mitgliedstaaten(4);

14.   erinnert an den Wortlaut seiner oben genannten Entschließung vom 19. Januar 2006 und bekräftigt, dass der Vertrag von Nizza nach dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens keine adäquate Grundlage für künftige Erweiterungen vorsieht;

15.   drängt die Staats- und Regierungschefs daher, den Verfassungsprozess bis Ende 2008 abzuschließen, wie auf dem Europäischen Rat von Brüssel im Juni 2006 angegeben, um die Union in die Lage zu versetzen, effizienter, transparenter und demokratischer zu arbeiten, was eine unabdingbare Voraussetzung für künftige Erweiterungen ist;

16.   erinnert die Staats- und Regierungschefs an ihre Pflicht, diesen Prozess vor den nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament zum Abschluss zu bringen, um eine Verzögerung der laufenden Beitrittsverhandlungen zu vermeiden;

17.   betont, dass die institutionelle Reform der Union unabhängig von künftigen Erweiterungen eine Notwendigkeit an sich darstellt und streng und zügig durchgeführt werden sollte;

18.   bestätigt, dass der Fortgang der Beitrittsverhandlungen von den Verdiensten und Ergebnissen jedes Verhandlungspartners abhängen wird;

19.   begrüßt und unterstützt die Zusage der Kommission, die Qualität des Beitrittsprozesses zu verbessern, indem dieser stärker von Benchmarks geprägt und transparenter gestaltet wird und indem systematisch Folgenabschätzungen zu wichtigen Politikbereichen in entscheidenden Phasen des Prozesses erstellt werden;

20.   vertritt die Auffassung, dass bei der für 2008/2009 geplanten Überprüfung des Haushalts der Union die künftige Aufnahme der derzeitigen Kandidatenländer und potentiellen Kandidatenländer berücksichtigt werden muss;

21.   weist darauf hin, dass die Mitteilung der Kommission die finanziellen Auswirkungen künftiger Erweiterungen nicht gründlich behandelt, und fordert die Kommission auf, vor jeglicher künftigen Erweiterung klare und glaubhafte Schätzungen der Auswirkungen auf den Haushalt vorzulegen;

22.   betont erneut, dass diese Debatte schwierige Fragen beinhaltet, die Auswirkungen auf die gemeinsamen Politikbereiche der Union haben könnten, einschließlich der Kohäsionspolitiken;

23.   vertritt die Auffassung, dass die finanziellen Auswirkungen künftiger Erweiterungen, deren Komplexität von den Staats- und Regierungschefs implizit anerkannt wurde, als sie es ablehnten, sie in den Finanzrahmen 2007-2013 einzubeziehen, dringend angegangen werden müssen; fordert den Rat "Allgemeine Angelegenheiten" und den ECOFIN-Rat auf, eine gemeinsame Debatte zu dieser Frage zu führen;

24.   betont, dass der Erfüllung der auf der Tagung des Europäischen Rates in Kopenhagen festgelegten politischen Kriterien, einschließlich im Bereich der Rechtsstaatlichkeit, größere Priorität beigemessen werden sollte, als es bislang bei den Beitrittsverhandlungen der Fall war, und dass eine direkte Verbindung zwischen diesen Kriterien und dem Beginn sowie dem allgemeinen Fortgang der Verhandlungen bestehen sollte;

25.   begrüßt in diesem Zusammenhang die Aufnahme eines Kapitels über die justiziellen Rechte und Grundrechte in den aktuellen Verhandlungsrahmen, das die politischen Themen abdeckt, wodurch die EU-Organe in die Lage versetzt werden, die Fortschritte in diesen wichtigen Bereichen eingehend zu prüfen;

26.   vertritt die Auffassung, das bei früheren Erweiterungen den Fortschritten in den Bereichen Justiz, Korruption und Grundrechte in den frühen Verhandlungsphasen nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wurde; verpflichtet sich, eine viel aktivere Rolle bei der Weiterverfolgung des Beitrittsprozesses mit besonderer Betonung auf seinen politischen Aspekten zu spielen, und fordert den Rat auf, ebenso zu verfahren und klare und ordnungsgemäß begründete Empfehlungen an die Kandidatenländer abzugeben, anstatt lediglich die technischen Fortschritte bei den Verhandlungen zur Kenntnis zu nehmen;

27.  erinnert an die klare Aussicht auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union, die den westlichen Balkanstaaten auf der Tagung des Europäischen Rates von Thessaloniki vom 19. und 20. Juni 2003 eröffnet wurde; fühlt sich weiterhin in vollem Umfang dieser Aussicht verpflichtet, die aufrechterhalten werden muss, um Stabilität und Frieden in der Region zu festigen; erinnert diese Länder daran, dass sie auf der Grundlage ihrer eigenen Verdienste beurteilt werden und dass dies das Tempo ihrer Integration in die Europäische Union bestimmen wird;

28.   begrüßt den Beschluss des Rates vom 13. November 2006, die Verhandlungsmandate für die Visaerleichterung und Rückübernahmeabkommen mit den westlichen Balkanstaaten als einen ersten Schritt für die Förderung der persönlichen Kontakte zwischen diesen Ländern und der Europäischen Union anzunehmen; betont aber, dass das Ziel der visafreie Reiseverkehr ist;

29.   begrüßt die stetigen Fortschritte des Kandidatenlandes Kroatien auf dem Weg zum Beitritt zur Europäischen Union und fordert die Verhandlungsführer auf beiden Seiten auf, die in diesen Verhandlungen erreichte Stoßkraft im Hinblick auf ihren baldigen Abschluss aufrechtzuerhalten;

30.   nimmt den Fortschrittsbericht der Kommission über die Türkei 2006 zur Kenntnis, der zwar feststellt, dass die politischen Reformen in der Türkei fortgesetzt wurden, jedoch darauf hinweist, dass ihr Tempo nachgelassen hat, und die Mängel im Reformprozess bestätigt, die vom Parlament in seiner oben genannten Entschließung vom 27. September 2006 zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt bereits dargelegt wurden; besteht darauf, dass dies im Einklang mit der Erklärung der Europäischen Union vom 21. September 2005 auch die Ratifizierung und umfassende Umsetzung des Zusatzprotokolls durch die Türkei einschließt, mit dem das im Juli 2005 von der Türkei unterzeichnete Assoziierungsabkommen EG-Türkei auf die zehn neuen Mitgliedstaaten ausdehnt wird;

31.   hebt hervor, dass die Weigerung der Türkei, die Bestimmungen des Zusatzprotokolls uneingeschränkt zu erfüllen, die guten Fortschritte der Beitrittsverhandlungen ernsthaft gefährdet; weist darauf hin, dass der Beschluss des Rates, die Verhandlungen über acht wichtige Kapitel, die Politikfelder betreffen, die mit den Beschränkungen der Türkei im Hinblick auf die Republik Zypern in Zusammenhang stehen, nicht zu eröffnen und keine Kapitel vorläufig abzuschließen, eine unvermeidliche Konsequenz der Haltung der Türkei in dieser Frage ist; fordert die Türkei nachdrücklich zu einer konstruktiven Zusammenarbeit auf, um zu gewährleisten, dass das Zusatzprotokoll so bald wie möglich uneingeschränkt umgesetzt werden kann; begrüßt in dieser Hinsicht die Aufforderung an die Kommission, jährliche Berichte über den Fortschritt bei der Behandlung der von der Erklärung der Europäischen Union vom 21. September 2005 erfassten Fragen vorzulegen;

32.   bedauert zutiefst, dass die Anstrengungen des finnischen Vorsitzes, einerseits einen Ausweg aus der derzeitigen Sackgasse betreffend die Umsetzung des Zusatzprotokolls zu finden und andererseits die Isolierung der türkisch-zyprischen Gemeinschaft weiter zu verringern, nicht erfolgreich waren; fordert den deutschen Vorsitz auf, diese Bemühungen in enger Zusammenarbeit mit den Anstrengungen der Vereinten Nationen entschlossen fortzusetzen;

33.   vertritt die Auffassung, dass die Europäische Union bereit sein muss, einen Zeitplan anzunehmen, um sicherzustellen, dass die oben genannten Ziele innerhalb eines vernünftigen Zeitraums erreicht werden können;

34.   drängt den Rat, neue Zusagen nur auf der Grundlage einer ausführlichen Bewertung ihrer institutionellen, finanziellen, politischen und sozioökonomischen Folgen zu machen; fordert die Kommission daher auf, immer umfassende Folgenabschätzungen vorzulegen, wenn sie neue Anträge auf Mitgliedschaft prüft und wenn sie ihre Empfehlungen zur Eröffnung und zum Abschluss von Verhandlungen vorlegt;

35.   erinnert daran, dass die Mitgliedstaaten in den Beitrittsverhandlungen, wenn der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission entscheidet und Benchmarks für die Eröffnung und den vorläufigen Abschluss jedes Kapitels festlegt, gegenüber allen Beitrittsländern unparteiisch vorgehen sollten;

36.   ist der Auffassung, dass das Zustimmungsrecht des Parlaments nicht nur nach dem Abschluss des Verhandlungsprozesses, sondern auch vor der Eröffnung der Beitrittsverhandlungen gelten sollte;

37.   stellt fest, dass bei der Fortsetzung und Eröffnung von Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit den Balkanstaaten die Bekämpfung der weit verbreiteten Korruption und regionaler Netzwerke der organisierten Kriminalität von zunehmender Bedeutung auf dem Weg zum Beitritt sein wird; empfiehlt daher nachdrücklich, dass die derzeitigen Finanzierungsinstrumente für die Erweiterung verstärkt werden und ihr Schwerpunkt neu festgelegt wird, damit sie als oberste Priorität auf die Bekämpfung der Korruption und der organisierten Kriminalität abzielen, wobei die Reform des Justizwesens, die Stärkung der Kapazitäten der öffentlichen Verwaltung und die Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit besonders zu betonen sind;

38.   erinnert die Regierungen und nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten daran, dass es in ihren Zuständigkeitsbereich fällt, die Öffentlichkeit in angemessener Weise über die Vorteile vergangener Erweiterungen und die Herausforderungen künftiger Erweiterungen zu informieren, und dass sie der Öffentlichkeit während des Beitrittsprozesses die Gründe für ihre Entscheidungen bekannt geben sollten;

39.   fordert die Kommission daher auf, mit den Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten zusammenzuarbeiten, um die Erweiterungsagenda der Öffentlichkeit wirksamer zu vermitteln und damit die Transparenz des Prozesses zu erhöhen;

40.   begrüßt die Empfehlung der Kommission, Screeningberichte, Benchmarks für die Eröffnung von Verhandlungskapiteln und den endgültigen Gemeinsamen Standpunkt der Europäischen Union zu veröffentlichen;

41.   drängt die Kommission, eine genauere Definition ihrer "verstärkten Nachbarschaftspolitik" vorzulegen und detailliert anzugeben, was diese Art von Beziehungen beinhalten würde;

42.   wiederholt seine frühere Forderung an die Kommission und an den Rat, für alle europäischen Länder, die derzeit keine Aussicht auf eine Mitgliedschaft haben, Vorschläge für enge bilaterale oder multilaterale Beziehungen mit der Europäischen Union vorzulegen, die ihren spezifischen Bedürfnissen und Interessen entsprechen; betont, dass es allen Ländern mit anerkannten Aussichten auf eine Mitgliedschaft freisteht, sich diesem multilateralen Rahmen als einem Zwischenschritt zur Vollmitgliedschaft anzuschließen;

43.   fordert die Kommission und den Rat in diesem Zusammenhang auf, als Teil einer verstärkten Nachbarschaftsstrategie und zusätzlich zu den Strategien betreffend die Beziehungen zu anderen Ländern eine allgemeine Regionalpolitik der Europäischen Union im größeren Schwarzmeergebiet in Erwägung zu ziehen, um stärkere bilaterale oder multilaterale wirtschaftliche und politische Beziehungen zwischen der Europäischen Union und allen Ländern dieses Gebiets zu entwickeln, insbesondere im Hinblick auf den Freihandel, wie dies im Zentraleuropäischen Freihandelsabkommen der Fall ist, auf Investitionen, Energiesicherheit und Migrationspolitik;

44.   vertritt die Ansicht, dass die oben genannten Optionen, die ein breites Spektrum von praktischen Möglichkeiten beinhalten, eine wirkliche und attraktive Option darstellen könnten, die, ohne eine Vollmitgliedschaft auszuschließen, Partnerländern eine stabile langfristige Aussicht auf institutionalisierte Beziehungen mit der Europäischen Union gewährleisten und den nötigen Anreiz schaffen würde, um die internen Reformen, die in diesen Ländern notwendig sind, zu fördern;

45.   ersucht die Kommission und den Rat in diesem Zusammenhang, in Erwägung zu ziehen, die Gemeinschaftshilfe im Lichte der Fortschritte, die die Empfängerländer bei der Herbeiführung der für ihre europäische Integration erforderlichen Reformen erzielt haben, anzupassen;

46.   unterstreicht, dass, obwohl Russland weder ein Kandidat für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union noch Teil der Europäischen Nachbarschaftspolitik ist, die Beziehungen zu dem größten Nachbarn der Europäischen Union dennoch von herausragender Bedeutung im Zusammenhang mit der künftigen Erweiterungsstrategie der Europäischen Union sind; drängt darauf, dass die Europäische Union in diesem Zusammenhang weiterhin alle Versuche fortsetzen muss, um eine einzigartige und weit reichende Partnerschaft mit Russland zu erzielen, die Handel und Energie, jedoch vor allem auch alle die Menschenrechte und die Demokratisierung betreffende Fragen beinhaltet;

47.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Beitrittsländer und der Kandidatenländer zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P6_TA(2006)0381.
(2) Angenommene Texte, P6_TA(2006)0096.
(3) ABl. C 287 E vom 24.11.2006, S. 306.
(4) Angenommene Texte, P6_TA(2006)0569.

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