Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Lage der europäischen Wirtschaft: Vorbereitender Bericht über die Grundzüge der Wirtschaftpolitik für 2007 (2006/2272(INI))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Integrierten Leitlinien der Kommission für Wachstum und Beschäftigung (2005-2008) (KOM(2005)0141) (Integrierte Leitlinien),
– unter Hinweis auf die Entscheidung 2005/600/EG des Rates vom 12. Juli 2005 über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedsstaaten(1),
– unter Hinweis auf die Wirtschaftsprognosen der Kommission(2),
– unter Hinweis auf den EU-Wirtschaftsbericht 2006 der Kommission vom 22. November 2006 "Anpassungsdynamik im Euro-Raum – Erfahrungen und Herausforderungen",
– unter Hinweis auf die im Rahmen der Lissabon-Strategie vorgelegten Berichte der Mitgliedstaaten vom Herbst 2006 über die Umsetzung ihrer nationalen Reformprogramme(3),
– unter Hinweis auf den jährlichen Fortschrittsbericht der Kommission vom 12. Dezember 2006 über die Strategie von Lissabon "Umsetzung der erneuerten Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung "Ein Jahr der Ergebnisse",
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament "Die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen in der EU" (KOM(2006)0574),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission "Die demographische Zukunft Europas – Von der Herausforderung zur Chance" (KOM(2006)0571),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen und die Europäische Zentralbank "Jährliche Stellungnahme zum Euroraum" (KOM(2006)0392),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. Mai 2005 zu der Empfehlung der Kommission zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft im Rahmen der Integrierten Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung (2005-2008)(4),
– unter Hinweis auf das Eckpunktepapier des Vorsitzes des Rates vom 7. Februar 2006 für die Tagung des Rates Wirtschaft und Finanzen ("Key Issues Paper") mit Blick auf die Frühjahrstagung des Europäischen Rates 2007,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Lissabon vom 23. bis 24. März 2000, des Europäischen Rates von Göteborg vom 15. bis 16. Juni 2001 und des Europäischen Rates von Brüssel vom 22. bis 23. März 2005,
– gestützt auf Artikel 99 Absatz 2 des EG-Vertrags,
– gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A6-0012/2007),
A. in der Erwägung, dass es sich bei den Integrierten Leitlinien um ein zentrales wirtschafts- und beschäftigungspolitisches Instrument der Europäischen Union handelt, das auf einen mittelfristigen Zeitraum von drei Jahren ausgerichtet ist; in der Erwägung, dass dieses Instrument auf der Grundlage der Fassung von 2005 und seiner anstehenden Überprüfung im Interesse einer verbesserten Umsetzung sorgfältig geprüft und weiterentwickelt werden sollte,
B. in der Erwägung, dass die Integrierten Leitlinien, der überarbeitete Stabilitäts- und Wachstumspakt und der Finanzrahmen für den Zeitraum 2007-2013 gemeinsam dazu beitragen werden, eine größere Kohärenz im politischen Beschlussfassungsprozess herbeizuführen und die Economic Governance der Europäischen Union zu verbessern,
C. in der Erwägung, dass die Integrierten Leitlinien nicht lediglich als Umbenennung bestehender Politiken angesehen werden sollten, sondern zu einem wirklich integrierten Paket von Politiken werden sollen, die die makroökonomische, die mikroökonomische und die beschäftigungsspezifische Dimension umfassen und zusammenbringen,
D. in der Erwägung, dass die Integrierten Leitlinien einen Kernbestandteil der Strategie von Lissabon darstellen und als deren zentrales Umsetzungsinstrument mit Hilfe eines ausgewogenen "policy-mix"-Ansatzes sich wechselseitig inspirierende Reformen in den Bereichen Wirtschaft, Beschäftigung, Umwelt und soziale Sicherung verfolgen sollten,
E. in der Erwägung, dass das Wirtschaftswachstum kein Ziel an sich, sondern eine notwendige Voraussetzung und als solche Bestandteil eines integrierten Ansatzes ist, der auf die Sicherung des Wohlergehens und der Lebensqualität der Bürger abzielt; in der Erwägung, dass sich das Streben nach nachhaltigem Wachstum auf eine Wirtschafts-, Sozial-, Beschäftigungs-, Umwelt- und Haushaltspolitik stützen muss, die ihrer Verantwortung gegenüber künftigen Generationen gerecht wird,
Den wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Aufschwung in der Europäischen Union nutzen
1. weist darauf hin, dass nach sechs Jahren des schwachen Wirtschaftswachstums bzw. der Stagnation oder sogar Rezession in vielen Mitgliedstaaten die europäische Wirtschaft mit einem höheren Wirtschaftswachstum als in den vorangegangenen Jahren – Wachstum in der Europäischen Union von 2,8 % und im Euroraum von 2,6 % des BIP im Jahre 2006, das allerdings auf 2,4 % in der Europäischen Union und auf 2,1 % im Euroraum im Jahre 2007 zurückgeht – mittlerweile bessere Ergebnisse erzielt; wirft die Frage auf, inwieweit das europäische Wachstum möglicherweise zyklischen Charakter hat, und betont die Notwendigkeit, das Wachstumspotenzial Europas zu steigern, damit es in der Lage ist, Arbeitsplätze zu schaffen;
2. verweist auf die großen Differenzen zwischen den Wachstumsraten der Mitgliedstaaten und bekundet Besorgnis über die vergleichsweise niedrige Wachstumsrate in einer Reihe der großen Mitgliedstaaten, die in erster Linie auf die stagnierende Binnennachfrage zurückzuführen ist; stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die skandinavischen Staaten überdurchschnittlich hohe Wachstumsraten verbuchen und ihre Arbeitslosigkeit in letzter Zeit erheblich zurückgegangen ist;
3. unterstreicht die besseren Ergebnisse bei den öffentlichen Finanzen und den Rückgang des durchschnittlichen Haushaltsdefizits auf 2 % des BIP im Jahre 2006; erwartet weitere Verbesserungen bei der Qualität der öffentlichen Finanzen, die nicht nur zyklische Faktoren widerspiegeln;
4. nimmt die positive Entwicklung auf den Arbeitsmarkt zur Kenntnis: Verdoppelung der jährlichen Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität von 0,6 auf 1,2 % und Rückgang der Arbeitslosigkeit auf 8 % in der Europäischen Union und im Euroraum im Jahre 2006 und eine prognostizierte Arbeitslosenrate von 7,3 % in der Europäischen Union und 7,4 % im Euroraum bis 2008, ein Beschäftigungswachstum um etwa 1,4 %, was 2,9 Millionen neuen Arbeitsplätzen im Jahr 2006 entspricht, mit der Aussicht auf einen Zuwachs von weiteren sieben Millionen neuen Arbeitsplätzen im Zeitraum 2007-2008, was einen Anstieg der Erwerbsquote von 63,7 % im Jahre 2005 auf 65,5 % bis 2008 bedeuten würde; weist jedoch darauf hin, dass die Arbeitslosenquote – insbesondere bei Frauen – weiterhin hoch ist und die Zahlen weit von den in Lissabon festgelegten Zielvorgaben entfernt sind; fordert deshalb weitere Anstrengungen in Richtung auf einen effektiven und integrativen europäischen Arbeitsmarkt, der Flexibilität und Sicherheit verknüpft und in der Lage ist, eine beträchtlich höhere Beschäftigungsquote zu erreichen; unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass die notwendigen Reformen in bestmöglicher Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern konzipiert und umgesetzt werden sollten;
5. zeigt sich besorgt über die anhaltend hohe Armutsrate in der Europäischen Union, deren Tendenz zum Rückgang Mitte der neunziger Jahre, als die Armutsrate von 17 % auf 15 % zurückgegangen war, sich jüngst wieder umgekehrt hat, so dass sie im Jahre 2005 wiederum bei 17 % lag; hält es in diesem Zusammenhang für unerträglich, dass in der erweiterten Europäischen Union ungefähr 80 Millionen Menschen leben, deren verfügbares Einkommen weniger als 60 % des mittleren nationalen Äquivalenzeinkommens beträgt;
6. betont, dass die Europäische Union 2006 ihre führende Rolle als Exportweltmeister mit einer Zunahme der Exporte um 8,5 % ausbauen konnte, unterstreicht jedoch, dass die Exportüberschüsse nur etwa 0,3 Prozentpunkte des gegenwärtigen BIP-Wachstums des Euroraums ausmachen, und verweist auf die vom hohen Wechselkurs Euro/Dollar ausgehende Gefahr; hebt hervor, dass der aktuelle Wirtschaftsaufschwung vorwiegend von einer Wiederbelebung der Binnennachfrage und hier vor allem von kurzfristigen Investitionen getragen wird; verweist darauf, dass das grundlegende Problem der europäischen Wirtschaft im letzten Jahrzehnt die unzureichende Binnennachfrage aufgrund mangelnden Vertrauens wegen der Arbeitslosigkeit gewesen ist; zeigt sich dabei besorgt, inwieweit eine stetige Zunahme der Investitionen und der Verbraucherausgaben in Verbindung mit einer nachhaltigen Verbesserung der Situation auf dem Arbeitsmarkt erreicht werden kann, damit aus dem noch überwiegend zyklischen Aufschwung ein struktureller Aufwärtstrend wird;
7. sieht die europäische Wirtschaft durch die wichtigsten Errungenschaften der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) und des Binnenmarktes gestärkt; fordert die vollständige Verwirklichung des Binnenmarktes insbesondere bei den Finanzdienstleistungen und im Energiesektor durch eine zügige und vollständige Umsetzung der Strom- und Gasrichtlinien; unterstreicht dementsprechend die Bedeutung von Investitionen in die Infrastrukturen, die zur Verwirklichung dieser Zielvorgabe erforderlich sind; erwartet weitere ökonomische Impulse von einem europäischen Dienstleistungsmarkt, der den diskriminierungsfreien Zugang des Dienstleisters ebenso garantiert wie den Schutz arbeits- und sozialrechtlicher Normen am Ort der Dienstleistungserbringung; fordert die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die jüngsten Erweiterungen mit Nachdruck auf, an einem offenen und freien Arbeitsmarkt festzuhalten, der das wirtschaftliche Wachstum unterstützt;
8. weist darauf hin, dass eine dauerhaftere Steigerung des wirtschaftlichen Wachstumspotenzials in der Europäischen Union unter dem Dach der Strategie von Lissabon die kontinuierliche Durchführung ausbalancierter Reformen erfordert, einschließlich von Maßnahmen zur Stärkung der Innovation, des technologischen Fortschritts und des Aufbaus von Humankapital, zur Beseitigung der verbleibenden Schranken, die die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes behindern, und zur Schaffung eines für die Unternehmenstätigkeit in den Mitgliedstaaten förderlicheren Umfelds;
9. unterstreicht vor dem Hintergrund eines erwarteten Rückgangs des Wachstums in den Vereinigten Staaten und damit des Welthandels, potenzieller externer Schocks wie einer abrupten Anpassung der globalen Ungleichgewichte mit massiven Auswirkungen auf die Wechselkurse und Finanzmärkte sowie eines möglichen weiteren Anstiegs der Erdölpreise die Notwendigkeit, den Wirtschaftsaufschwung durch eine wachstumsfördernde und dabei gleichermaßen export- wie binnennachfrageorientierte Wirtschaftspolitik bei gleichzeitiger Verbesserung der Effizienz auf den Güter-, Dienstleistungs-, Arbeits- und Kapitalmärkten zu unterstützen und zu stärken;
10. ist besorgt über einen Wechselkurs des Euro, der der Wettbewerbsfähigkeit Europas gegenüber den Vereinigten Staaten Schaden zufügen könnte; erwartet, dass die Europäische Zentralbank die Entwicklung sorgfältig überwacht und geeignete Maßnahmen ergreift, um die wirtschaftlichen Interessen Europas im internationalen Finanzsystem zu wahren;
Die Mitgliedsstaaten zu Benchmark-Leistungen ermutigen
11. nimmt zur Kenntnis, dass das reale Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union von alten und neuen Divergenzen gezeichnet ist, mit den niedrigsten Wachstumsraten in Portugal (1,2 % des BIP) und Italien (1,7 %) und hohen Wachstumsraten unter den EU-15 Ländern in Spanien (3,8 %), Griechenland (3,8 %) und insbesondere Schweden (4 %), Finnland (4,9 %) und Luxemburg (5,5 %); stellt fest, dass die neuen Mitgliedsstaaten besonderes hohe Wachstumsraten verzeichnen (6,7 % in der Slowakei, 7,8 % in Litauen, 10,5 % in Estland und 11 % in Lettland); unterstreicht, dass diese Divergenzen ebenfalls beträchtliche Unterschiede bei den Marktstrukturen, unterschiedliche nationale Wirtschaftspolitiken und demographische Strukturen sowie asymmetrische Auswirkungen der gemeinsamen Politiken widerspiegeln, die die Gefahren für den inneren Zusammenhalt der Europäischen Union veranschaulichen; betont deshalb die Notwendigkeit von Politiken, die den wirtschaftlichen Zusammenhalt stärken und so den Binnenmarkt und die Währungsunion fördern;
12. hebt hervor, dass hinsichtlich der Modernisierungsanstrengungen und der wirtschaftlichen Leistungskraft offenbar die Mitgliedstaaten am erfolgreichsten sind, die zukunftsorientierte und wohl balancierte Strukturreformen mit einem überdurchschnittlich hohen Niveau der Investitionen in die Bereiche Verkehr, Informationstechnologie, Forschung und Entwicklung (FuE) sowie Innovation, Bildung, lebenslanges Lernen und Einrichtungen zur Kinderbetreuung sowie in die Erneuerung solider sozialer Netze verknüpfen; stellt fest, dass dieselben Mitgliedstaaten meist über eine hocheffiziente und transparente Verwaltung, ein innovatives Umfeld für das Unternehmertum, Haushaltsüberschüsse, Verschuldungsraten unter dem Durchschnitt und eine hohe Qualität der öffentlichen Ausgaben verfügen und dabei einen im Verhältnis zum EU-Durchschnitt fast doppelt so hohen Beitrag des technischen Fortschrittes zum nationalen Wachstumsergebnis aufweisen; kommt zu der Schlussfolgerung, dass die Maßnahmen der Mitgliedstaaten, die hohe Beschäftigungsquoten – einschließlich der Beschäftigung von Frauen und älteren Arbeitnehmern – erreichen wollen, die Europäische Union in die Lage versetzen werden, gegenwärtige und künftige Herausforderungen wie die Alterung der Bevölkerung und die Verschärfung des Wettbewerbs aufgrund der Globalisierung mit größerem Vertrauen anzugehen;
13. betont, dass die in diesem Sinne erfolgreichsten Mitgliedstaaten im Hinblick auf ihre Strategien der wirtschaftlichen und sozialen Erneuerung auch als Vorbilder für eine gelungene Umsetzung der Lissabon-Strategie gelten können, und ermutigt andere Mitgliedstaaten, sich an ihnen zu orientieren, wenngleich die Maßnahmen zur Umsetzung der Strategie von Lissabon passförmig für die Situation des jeweiligen Mitgliedstaates entwickelt und in der Verantwortung dieses Mitgliedstaates verbleiben müssen;
14. stellt mit Blick auf die nationalen Reformprogramme der Mitgliedstaaten fest, dass sich im Gesamtbild eine stärkere Harmonisierung und auch eine neue Verbindlichkeit bezogen auf die Ausrichtung auf europaweit abgestimmte Zielsetzungen abzeichnet; unterstreicht jedoch, dass die jeweiligen Ausgangspunkte der einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich sind und beträchtliche Unterschiede im Hinblick auf Inhalt, Tempo und Intensität der Reformen in den verschiedenen Politikbereichen bestehen; ist der Auffassung, dass die Reformen nur bedingt auf die gegenwärtige wirtschafts- und beschäftigungspolitische Konstellation reagieren und dabei zentrale Aufgaben wie Innovation, Beschäftigungsförderung, Energieversorgung, ökologische Nachhaltigkeit und bessere Rechtssetzung vielfach noch nicht hinreichend in eine integrierte Reformagenda einbezogen werden; bedauert, dass gerade in den Bereichen "Steigerung der Beschäftigungsrate" und "Aktive Arbeitsmarktpolitik" Fortschritte und Reformanstrengungen weniger schnell voranschreiten als in anderen Bereichen; begrüßt dagegen ausdrücklich die Bemühungen um eine Stärkung der Verantwortlichkeit auf nationaler und regionaler Ebene ("ownership") sowie die Miteinbeziehung der nationalen Parlamente und Sozialpartner und ermutigt den weiteren Ausbau dieser Anstrengungen;
Potentiale stärken - Erfolge verbreitern: Was bleibt zu tun
15. fordert die Mitgliedstaaten auf, die neue ökonomische Situation und die damit verbundenen Spielräume für die Förderung eines nachhaltigeren und stärker an qualitativen Zielen orientierten Wirtschaftswachstums zu nutzen; unterstreicht, dass ein gesundes und stabiles makroökonomisches Umfeld eine Verbesserung der Qualität der öffentlichen Finanzen mit weiter konsolidierten Haushalten verlangt, ebenso wie eine intelligente private und öffentliche Investitionspolitik, die zukunftsorientierte Infrastruktur bereitstellt und die Märkte von morgen heute schon erschließt;
16. unterstreicht, dass den gegenwärtigen protektionistischen und wettbewerbsfeindlichen Tendenzen Einhalt geboten werden muss, damit das Potenzial des Binnenmarktes voll ausgeschöpft und die Position Europas auf dem Weltmarkt gestärkt wird;
17. macht auf die Funktion der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) für die Schaffung von Arbeitsplätzen aufmerksam; unterstreicht deshalb die Notwendigkeit, mithilfe eines günstigeren Steuersystems, eines Abbaus der Regulierung und der Verwaltungsbelastung, eines besseren Zugangs zur Finanzierung, einer verbesserten Situation bei den Kosten der Unternehmen für Energie, Verkehr, Kommunikation und Unternehmensdienstleistungen, eines verbesserten Zugangs der KMU zur Informations- und Kommunikationstechnologie und höherer Investitionen in FuE und Innovation ein ihnen förderliches Klima zu schaffen;
18. betont die Bedeutung, die sowohl eine exzellente Wettbewerbsfähigkeit wie eine Verstetigung des Nachfragepotentials für die europäische Wirtschaft haben, und erwartet von den wirtschaftspolitischen Akteuren weitere Anstrengungen zur Erreichung einer höheren langfristigen Wachstumsrate unter den Bedingungen von wirtschaftlicher Stabilität und nachhaltiger Entwicklung, auch durch eine effektive Koordinierung der Wirtschaftspolitiken;
19. unterstreicht in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Bildung – insbesondere im Tertiärbereich – für die Stärkung des künftigen Wachstumspotenzials und die Steigerung der Fertigkeiten, der Mobilität und der Anpassungsfähigkeit der europäischen Bürger; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Bemühungen mit dem Ziel, die europäischen Bildungssysteme attraktiver, zugänglicher und wettbewerbsfähiger zu machen, zu intensivieren;
20. weist darauf hin, dass die Verwirklichung der Zielvorgaben der Strategie von Lissabon ausreichende Finanzmittel aus dem Gemeinschaftshaushalt erfordert; bedauert in diesem Kontext den unzureichenden Charakter der Finanzmittel zur Verwirklichung der vorgenannten Zielvorgaben;
21. ist der Auffassung, dass ein gleichzeitiges und abgestimmtes Vorgehen der Mitgliedstaaten bei wachstumsintensiven Ausgaben, der Stimulierung privater Investitionen und gemeinsamer Initiativen im Bereich privater und öffentlicher Kooperation wichtige Synergieeffekte entfalten und die Fähigkeit Europas verbessern kann, sich den bestehenden Herausforderungen in den Bereichen Wissenschaft und Forschung, Verkehr und Kommunikation, Energie und ökologische Nachhaltigkeit zu stellen, und eine effiziente Ressourcenallokation im europäischen Rahmen unterstützt; verweist diesbezüglich auf die Bedeutung eines koordinierten steuerlichen Rahmens, einschließlich der Unternehmenssteuern, der vorteilhaft für die KMU sein und auf die Schaffung von Arbeitsplätzen abzielen muss; ist der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten die Effizienz der Steuer- und Sozialversicherungsregelungen verbessern sollten, um die Schaffung von Arbeitsplätzen – insbesondere für spezifische soziale Gruppen wie Frauen, Langzeitarbeitslose und ältere Menschen – zu erleichtern; ist der Auffassung, dass wettbewerbsfähige Steuersysteme die Gründung neuer Unternehmen ermutigen sollten, ohne die nationale Finanzierungskapazität zu untergraben, und dass das Schwergewicht von der Besteuerung der Arbeit auf die ökologische Besteuerung verlagert werden sollte, einschließlich steuerlicher Anreize zur Förderung von FuE und des Einsatzes erneuerbarer Ressourcen;
22. fordert in Anbetracht der bevorstehenden Überprüfung des Finanzrahmens erneut, dass der EU-Haushalt im Lichte der Zielvorgaben der Strategie von Lissabon weiter angepasst und auf diese Weise die uneingeschränkte Umsetzung der Strategie von Lissabon in ihrer Gesamtheit unterstützt wird;
23. erkennt an, dass bei der Verlagerung des Schwerpunkts staatlicher Beihilfen auf horizontale Zielvorgaben beachtliche Fortschritte erzielt worden sind; ermutigt die Mitgliedstaaten, diesen Trend fortzuführen und die staatlichen Beihilfen noch mehr an den Zielvorgaben der Strategie von Lissabon – wie Beschäftigung, Innovation und Nachhaltigkeit – auszurichten;
24. unterstreicht die Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaften in Zukunft noch stärker an den Zielen einer intelligenten und nachhaltigen Ökonomie auszurichten, die mit der effizienteren Nutzung von Ressourcen einhergeht; empfiehlt hierbei insbesondere, folgende Maßnahmen auf nationaler Ebene ins Auge zu fassen, die sowohl der Modernisierung der Wirtschaft, der Entwicklung neuer Technologien und der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit als auch der ökologischen Verträglichkeit und der Eröffnung neuer Beschäftigungsfelder dienen:
a)
in den Bereichen FuE
–
Anreize zur Ausweitung privater FuE-Aktivitäten;
–
Förderung von öffentlichen Investitionen im Rahmen von FuE, insbesondere öffentlich-private Partnerschaften;
–
Förderung von Netzwerken und Kooperationen zwischen Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen;
–
Förderung von nationalen bzw. regionalen Koordinierungsstellen im Bereich FuE;
–
Förderung von Innovationen und der Entwicklung neuer Technologien auf Seiten von KMU und mittelständischen Dienstleistungsanbietern, insbesondere durch einen verbesserten Zugang zu sämtlichen Kapitalquellen, insbesondere zu Risikokapital; und
–
Förderung von Ausbildung und Fortbildung im Interesse einer aktiven Arbeitsmarktpolitik im Bereich moderner Technologien;
b)
in den Bereichen Energie und Umwelt
–
Umsetzung der Strom- und Gasrichtlinien im Interesse eines fairen, wettbewerbsfähigen, funktionierenden und nicht diskriminierenden europäischen Energiemarktes;
–
Sicherung der Energieversorgung für die europäischen Volkswirtschaften durch Diversifizierung der Quellen und Transitrouten von Energieeinfuhren;
–
Schaffung von steuerlichen Anreizen, Leistungsanreizen und Investitionen zur Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen, einschließlich der Umsetzung von Energiesparzielen;
–
Schaffung von steuerlichen Anreizen, Leistungsanreizen und Investitionen zur Förderung von erneuerbaren Energien und umwelteffizienten Technologien und Innovationen;
–
Gewährleistung der Unabhängigkeit nationaler Regulierungsbehörden und ihrer Koordinierung auf EU-Ebene;
–
Ausbau und Vernetzung regionaler Energieerzeugung;
–
Steigerung der Transparenz im Energiemarkt und klare Trennung von Energieproduktion, -verteilung und -vertrieb ("unbundling"); und
–
stärkere Verbreitung von "Umweltzertifikaten";
25. sieht es grundsätzlich als eine Hauptaufgabe an, allen Bevölkerungsgruppen in einer sich rasch wandelnden Ökonomie neue Chancen und neue Handlungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu eröffnen; unterstreicht, dass die verwundbarsten Gruppen der Gesellschaft in diesem Kontext am stärksten gefährdet sind und dass der Förderung der "aktiven Integration" und der Schaffung besserer Arbeitsplätze Vorrang eingeräumt werden sollte; unterstreicht ebenfalls die Notwendigkeit, neuen Anforderungen an die Flexibilität und Lernbereitschaft der Arbeitnehmer mit neuen Arbeitsangeboten und der Gewährleistung von neuen Sicherheiten zu begegnen (Flexicurity), um auch die Chancen für eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben zu fördern; fordert in diesem Zusammenhang eine Verbesserung der Teilhabemöglichkeiten und des Zugangs von Frauen, älteren Arbeitnehmern, jungen Menschen, Langzeitarbeitslosen und Einwanderern zum Arbeitsmarkt, weswegen u. a. folgende Maßnahmen in den Bereichen Beschäftigung und Bildung auf nationaler Ebene stärker verfolgt werden sollten:
‐
Garantie, dass jedem Schulabgänger innerhalb von sechs Monaten ein Arbeitsplatz, eine Ausbildung oder eine andere gleichwertige Maßnahme angeboten wird;
‐
Einführung eines Rechtsanspruchs auf Fortbildung und lebenslanges Lernen;
‐
Leistungsanreize und Investitionen zur Förderung von Ausbildung, Fortbildung und lebenslangem Lernen, sowie von erfolgreichen Modellen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Bildung und Ausbildung;
‐
Förderung von flexiblen Modellen für den Übergang vom Berufs- zum Rentenalter auf freiwilliger Basis auch mit dem Ziel, jungen Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern;
‐
Förderung der Existenzgründung sowie Sicherung der Übergabe bestehender Unternehmen aus Altersgründen;
‐
weitere Reduzierung der Steuerlast insgesamt und der Sozialbeiträge bei unteren und mittleren Arbeitseinkommen;
‐
Sicherung von Qualifizierung und Berufseintritt junger Menschen durch geeignete private und öffentliche Initiativen;
‐
bessere Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit einer qualitativ hochwertigen Kinderbetreuung;
‐
Gewährleistung einer Anlaufzeit für neue Unternehmen, die nicht länger als eine Woche dauert, einschließlich niedriger Gebühren für die Unternehmensgründung und niedriger Verwaltungskosten;
‐
Einbeziehung der unternehmerischen Ausbildung in die Curricula für lebenslanges Lernen;
‐
Gewährleistung einer angemessenen Politik im Bereich der legalen Einwanderung entsprechend dem Vorschlag für ein europäisches Greencard-System;
26. verweist darauf, dass im Interesse makroökonomischer Stabilität die Zunahme der Arbeitsproduktivität mit einer gerechteren Verteilung der Früchte des Wachstums und einer Stärkung des sozialen Zusammenhalts einhergehen muss; erinnert in diesem Zusammenhang an die Forderung, dass die Anhebung der Löhne mit der mittelfristigen Produktivitätsentwicklung Schritt halten sollte; unterstreicht die Dringlichkeit, innerhalb der europäischen Unternehmen eine Kultur der Förderung und der Beteiligung im Rahmen von Konzepten der Corporate Governance und Corporate Social Responsibility zu stärken;
27. betont die Notwendigkeit einer verstärkten und strukturierten Zusammenarbeit in der Europäischen Union und insbesondere im Euroraum, um die Governance wie auch den Prozess der europäischen Integration zu stärken, da nur so die globalen wirtschaftlichen Herausforderungen angegangen werden können; fordert den Rat und die Kommission deshalb auf, dafür zu sorgen, dass die jährliche Erklärung zum Euroraum künftig ein konkreteres Instrumentarium liefert, mit dem ein eingehender Dialog zwischen den verschiedenen EU-Organen ermöglicht wird, die mit der Stärkung der Economic Governance der Europäischen Union befasst sind; vertritt des weiteren die Ansicht, dass sich die Eurogruppe auf die bessere Abgleichung und Harmonisierung – inhaltlich und zeitlich – bei der Erstellung und Umsetzung der nationalen Haushaltspläne konzentrieren sollte, was einen bedeutenden Beitrag zur Durchsetzung einer wirtschaftspolitischen Reformagenda darstellen würde; schlägt vor, dass im Rahmen einer intensiveren und besser strukturierten Zusammenarbeit im Euroraum andere betroffene Formationen des Rates aufgefordert werden, sich an einer solchen Zusammenarbeit zu beteiligen;
Notwendige institutionelle Reformen vorantreiben
28. begrüßt den neuen Ansatz der Kommission, der darin besteht, im Anschluss an die Bewertung der nationalen Reformprogramme länderspezifische Empfehlungen als Leitlinien für die Mitgliedstaaten vorzuschlagen, und fordert den Europäischen Rat mit Nachdruck auf, diese Empfehlungen zu billigen; unterstreicht in diesem Zusammenhang die dringende Notwendigkeit einer Verstärkung des sich wechselseitig stützenden Ansatzes der Integrierten Leitlinien, die sich in den nationalen Reformmaßnahmen widerspiegeln müssen; fordert abermals einen transparenten Austausch bewährter Verfahren und die Veröffentlichung einer jährlichen "Rangfolgentabelle" der Mitgliedstaaten mit den besten und den schlechtesten Reformleistungen durch die Kommission, um sowohl aus Erfolgen als auch aus Misserfolgen zu lernen; unterstreicht jedoch in diesem Zusammenhang, dass eine ausreichende Anzahl von integrierten Indikatoren notwendig ist, um alle Politikfelder der Lissabon-Strategie abzudecken;
29. bedauert die noch immer schwach ausgeprägte Sichtbarkeit der Strategie von Lissabon in den nationalen Politiken vieler Mitgliedstaaten; vertritt die Auffassung, dass die Mobilisierung aller wirtschaftlichen Akteure von wesentlicher Bedeutung ist, um ihre effektive Umsetzung sicherzustellen; ist insbesondere der Auffassung, dass eine bessere Einbindung der Sozialpartner, der nationalen Parlamente und der Zivilgesellschaft die Sichtbarkeit der Strategie von Lissabon erhöhen, die Qualität der öffentlichen Debatte über wirtschaftliche Reformen verbessern, die Rechenschaftspflicht verstärken und das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Notwendigkeit einer engen Koordinierung der Wirtschaftspolitiken fördern wird, damit die großen Herausforderungen aufgrund des anhaltenden Prozesses der Globalisierung angegangen werden, wobei gleichzeitig eine gemeinsame Position zur Verbesserung der Economic Governance innerhalb der Europäischen Union festzulegen ist; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Integrierten Leitlinien und nationalen Reformprogramme unter stärkerer Einbeziehung der nationalen Parlamente und anderer interessierter Akteure wie der Sozialpartner im Geist der Verantwortlichkeit engagiert umzusetzen; fordert eine regelmäßige Überprüfung der Relevanz der nationalen Reformprogramme entsprechend dem Benchmarking-Prinzip einschließlich eines breiteren Prozesses der Konsultation in den Mitgliedstaaten, in denen sie bisher noch nicht die Norm ist; erwartet, dass sich die Prioritäten der nationalen Reformprogramme besser im Zeitplan und im Inhalt der nationalen Haushaltsbeschlüsse widerspiegeln;
30. begrüßt die Zusammenführung und Integration der Leitlinien für wirtschaftspolitische, strukturpolitische und beschäftigungspolitische Maßnahmen; wiederholt in diesem Zusammenhang, dass die wirtschafts- und strukturpolitischen Leitlinien den gleichen legislativen Status erhalten müssen wie die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen und dass eine Interinstitutionelle Vereinbarung ausgearbeitet werden muss, um die Mitwirkung des Europäischen Parlaments in diesem Kontext zu klären;
31. erwartet mit Blick auf die bevorstehenden Arbeiten zur Überarbeitung der Integrierten Leitlinien einen gemeinsamen Reflexionsprozess zwischen den betroffenen EU-Organen und schlägt eine interinstitutionelle Arbeitsgruppe im Anschluss an die Frühjahrstagung 2007 des Europäischen Rates vor; empfiehlt, folgende Aspekte für die Verbesserung der Umsetzung der EU-Reformagenda zur Diskussion zu stellen und über diese intensiv nachzudenken:
‐
Vorlage einer gründlichen Analyse zu Strukturreformen und deren direkten Auswirkungen auf Produktivität, Beschäftigungsentwicklung und Binnenmarktnachfrage im Vorfeld der Überarbeitung der Integrierten Leitlinien;
‐
Entwicklung von klareren und stärker fokussierten Integrierten Leitlinien bei gleichzeitiger Ausweitung der abzudeckenden Reformbereiche, z. B. hinsichtlich der umfassenden Reformagenda für eine aktivere Politik der ökologischen Nachhaltigkeit, die über den Bereich der Energiepolitik hinausgeht, sowie für eine engagiertere Politik zur Förderung des lebenslangen Lernens;
‐
Entwicklung einer einheitlicheren Berichtsstruktur im Rahmen der nationalen Reformprogramme, ohne das Recht der Mitgliedstaaten auf die Festlegung nationaler Reformprioritäten zu beeinträchtigen;
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Entwicklung von Leitlinien und Benchmarks für nationale Konsultationsprozesse, einschließlich von Empfehlungen zur Beteiligung und aktiven Mitwirkung von nationalen Parlamenten sowohl bei der Erstellung als auch bei der Überprüfung der nationalen Reformprogramme;
‐
Entwicklung von erfolgreichen Vermittlungs- und Kommunikationsstrategien sowie deren Austausch;
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Steigerung der Effektivität der EU-Reformagenda durch inhaltliche und zeitliche Zusammenführung von noch separat zum Einsatz kommenden wirtschaftspolitischen Instrumenten mit dem Ziel einer "smarten Wachstumsstrategie", die die Berichts- und Auswertungsarbeiten im Bereich der nationalen Reformprogramme weiter konzentriert, aber hierbei auch die nationalen Stabilitäts- und Konvergenzprogramme sowie systematische Initiativen zur Verankerung des Prinzips der ökologischen Nachhaltigkeit einbezieht;
32. bedauert abermals, dass noch kein eindeutiger Zeitplan und Verhaltenskodex zwischen Parlament, Rat und Kommission vereinbart wurden, die eine angemessene Zusammenarbeit und die umfassende Einbeziehung der drei betroffenen EU-Organe in die angemessene Weiterbehandlung der Integrierten Leitlinien als ein Schlüsselinstrument der Strategie von Lissabon gewährleisten würden; fordert in diesem Zusammenhang den Rat und die Kommission auf, umgehend Vorschläge für eine enge Zusammenarbeit der drei EU-Organe im Hinblick auf die bevorstehende Überarbeitung der Integrierten Leitlinien vorzulegen;
o o o
33. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.