Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. März 2007 zu Jagd und Fang von Zugvögeln im Frühjahr auf Malta
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Petitionen 794/2004, 334/2005 und 886/2005,
– in Kenntnis des Berichts der Vor-Ort-Mission des Petitionsausschusses vom 9. bis 12. Mai 2006 auf Malta,
– unter Hinweis auf die Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten(1) ("die Vogelschutzrichtlinie"),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen(2) ("die Habitat-Richtlinie"),
– unter Hinweis auf die Artikel 10, 226 und 242 des EG-Vertrags,
– unter Hinweis auf die mündliche Anfrage B6-0015/2007,
– gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass bei ihm mehrere Petitionen gegen die Praxis der Jagd und des Fangs von Zugvögeln im Frühjahr auf Malta eingegangen sind, einschließlich einer von 300 000 Bürgern in Europa, darunter mehr als 4 000 Unterschriften aus Malta, unterzeichneten Petition der Königlichen Gesellschaft Belgiens zum Schutz der Vogelarten, sowie in der Erwägung, dass 115 000 Bürger in Europa überwiegend aus dem Vereinigten Königreich im Februar 2007 mit Hilfe einer an die maltesische Regierung gerichteten Petition gegen den Frühjahrsvogelfang protestiert haben,
B. in der Erwägung, dass der Petitionsausschuss die in den Petitionen dargelegten Angaben prüfte und gemäß Artikel 192 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments eine Delegation nach Malta entsandt hat, um vor Ort ein Bild über die Sachlage einzuholen,
C. in der Erwägung, dass der Bericht der Vor-Ort-Mission zu der Schlussfolgerung gelangte, dass die zuständigen maltesischen Behörden zwar einige Anstrengungen unternommen haben, um zu versuchen, die innerstaatlichen Rechtsvorschriften und deren Anwendung mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang zu bringen, dass aber die Nachhaltigkeit und das Überleben ganzer Populationen verschiedener Arten von Zugvögeln nach wie vor ernsthaften Bedrohungen aufgrund rechtswidriger und unterschiedsloser Jagd- und Fangpraktiken ausgesetzt sind, wenn sie im Zuge ihrer Frühjahrswanderung Malta überfliegen,
D. in der Erwägung, dass der Bericht der Vor-Ort-Mission des Petitionsausschusses ebenfalls die Frage aufwirft, inwieweit Malta der Vogelschutzrichtlinie und der Habitat-Richtlinie nachkommt, ebenso wie die Frage nach der rechtswidrigen Jagd und dem Fang geschützter Arten, insbesondere von Raubvögeln,
E. in der Erwägung, dass Frühjahrsjagd und Frühjahrsfang von den maltesischen Jägern als Teil ihrer kulturellen Tradition verteidigt werden; in der Erwägung jedoch, dass in den vergangenen Jahren aufgrund der urbanen Entwicklung der vorhandene Erholungsraum für Zugvögel erheblich zurückgegangen ist und neue Fangmethoden und -waffen die Vogeljagd wesentlich effizienter haben werden lassen, wodurch ganze Populationen von Zugvögeln intensiv geschädigt werden und dadurch Vögel wie der Wanderfalke und die Schleiereule örtlich ausgerottet werden,
F. in der Erwägung, dass Meinungsumfragen offensichtlich zeigen, dass eine große Mehrheit der maltesischen Gesellschaft die derzeitigen Jagdpraktiken ablehnt,
G. in der Erwägung, dass die maltesische Regierung beschlossen hat, für die Zeit vom 10. April bis 20. Mai 2007 eine Frühjahrsjagdsaison auf Turteltauben und Sumpfhühner, zwei gefährdete Vogelarten, und vom 26. März bis 20. Mai 2007 eine Fangperiode zu eröffnen,
H. in der Erwägung, dass Malta eine der Hauptdurchgangsstationen für Zugvögel ist, die zwischen Europa und Afrika unterwegs sind; in der Erwägung ferner, dass eine kürzlich durchgeführte Untersuchung den Nachweis erbracht hat, dass in 35 Ländern, überwiegend europäischen Staaten, Vögel geschossen und in 19 Ländern Vögel gefangen wurden, wobei viele dieser Vögel zu seltenen oder gefährdeten Arten gehören,
I. in der Erwägung, dass die Kommission derzeit untersucht, inwieweit die Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie durch Malta den Erfordernissen der Richtlinie entspricht und inwieweit die entsprechenden Rechtsvorschriften korrekt angewendet werden, sowie in der Erwägung, dass die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Malta eingeleitet hat, da Malta Artikel 9 der Richtlinie nicht vollständig nachkommt,
J. in der Erwägung, dass die Kommission der maltesischen Regierung empfohlen hat, in diesem Jahr keine Frühjahrsvogeljagd zu genehmigen, und sie darauf hingewiesen hat, dass sie im Falle einer Genehmigung von Frühjahrsjagden im Jahr 2007 beabsichtigt, im Rahmen einer gemeinsamen Prüfung die in den Jahren 2004, 2005 und 2006 ebenfalls genehmigten Frühjahrsjagden zu untersuchen und Malta diesbezüglich eine mit Gründen versehene Stellungnahme zukommen zu lassen,
K. in der Erwägung, dass die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zu einer umfassenden Zusammenarbeit mit der Kommission, wenn diese im Rahmen ihrer Befugnisse nach Artikel 226 des EG-Vertrags tätig wird, aus dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gemäß Artikel 10 des EG-Vertrags erwächst,
1. nimmt den Bericht der Vor-Ort-Mission des Petitionsausschusses zur Kenntnis, die in der Zeit vom 9. bis 12. Mai 2006 die Vorgänge vor Ort untersucht hat, und unterstützt die in dem Bericht enthaltenen Empfehlungen;
2. teilt die in dem Bericht der Vor-Ort-Mission geäußerten Bedenken, insbesondere in Bezug auf die Genehmigung von Frühjahrsjagden auf rastende Zugvögel sowie das Fangen und das rechtswidrige Jagen geschützter Vogelarten auch in Gebieten, die nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts geschützt sind;
3. verurteilt alle Arten rechtswidriger Jagd in allen Mitgliedstaaten;
4. fordert die maltesische Regierung und die Kommission auf, ihre technischen Standpunkte zu diesem Thema vollständig zu veröffentlichen;
5. begrüßt die Entscheidung der Kommission, zu untersuchen, inwieweit die maltesischen Rechtsvorschriften und deren Anwendung der Vogelschutzrichtlinie gerecht werden, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, ihre Bemühungen zu intensivieren, um die maltesischen Behörden davon zu überzeugen, den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften umfassend nachzukommen;
6. fordert die maltesische Regierung auf, der Richtlinie über wild lebende Vogelarten, den einschlägigen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften und den Bestimmungen des von der maltesischen Regierung unterzeichneten Beitrittsvertrags umfassend Rechnung zu tragen;
7. begrüßt den Beschluss der maltesischen Regierung, Fälle von Missbrauch u. a. durch eine Anhebung der Geldbußen auf höchstens 14 000 EUR und durch Haftstrafen von bis zu zwei Jahren sowie durch den dauerhaften Entzug des Jagdscheins im Falle von Wiederholungstätern zu bekämpfen;
8. begrüßt den Beschluss der maltesischen Regierung, den Finkenfang und die Seejagd auf Vögel im Frühjahr zu verbieten;
9. erinnert an den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gemäß Artikel 10 des EG-Vertrags, demzufolge die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, mit den Gemeinschaftsorganen umfassend zusammenzuarbeiten;
10. stellt fest, dass der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit von besonderer Bedeutung ist, wenn die Kommission in ihrer Rolle als "Hüterin der Verträge" tätig wird und überprüft, inwieweit die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 226 des EG-Vertrags den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften nachkommen;
11. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie der Regierung und dem Parlament von Malta zu übermitteln.