Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. März 2007 zu Guatemala
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Guatemala und insbesondere die Entschließungen vom 18. Mai 2000(1), 14. Juni 2001(2), 11. April 2002(3), 10. April 2003(4), 7. Juli 2005(5) und 26. Oktober 2006 zum Verfahren gegen Rios Montt(6),
– in Kenntnis des Abkommens zwischen der Regierung Guatemalas und den Vereinten Nationen, das am 12. Dezember 2006 angenommen wurde und die Einsetzung einer Internationalen Kommission gegen Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) bezweckt,
– unter Hinweis auf sein entschlossenes und ständiges Engagement, für die Einhaltung der Friedensabkommen und der Menschenrechte in Guatemala Sorge zu tragen,
– in Kenntnis des am 15. Dezember 2003 unterzeichneten Rahmenabkommens über politischen Dialog und politische Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Republiken Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama andererseits,
– in Kenntnis der Stellungnahme, die das Zentralamerikanische Parlament (PARLACEN) zur Ermordung von drei zentralamerikanischen Parlamentariern abgegeben hat,
– gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass am 19. Februar 2007 drei Mitglieder des Zentralamerikanischen Parlaments, die Salvadorianer José D'Aubuisson, Munguia William Rissiery Pichinte Chávez und José Ramón González Rivas sowie ihr Chauffeur, Gerardo Napoléon Ramírez, brutal ermordet wurden, als sie auf dem Weg zur Plenartagung des PARLACEN waren und dass ihre verkohlten und zurück gelassenen Leichen in der Nähe von Guatemala City gefunden wurden,
B. in der Erwägung, dass die mutmaßlichen Täter (Luis Arturo Herrera López, José Estuardo López, José Adolfo Gutiérrez und Marvin Escobar Méndez), die verantwortliche Positionen in der Abteilung Kriminalpolizeiliche Ermittlungen bei der Polizeibehörde Guatemalas bekleideten, später in dem Hochsicherheitsgefängnis, wo sie inhaftiert waren, unter seltsamen Umständen, die immer noch nicht geklärt wurden, getötet wurden,
C. in Erwägung der Vermutungen, dass diese Morde einen Versuch darstellten, die Ermittlungen zu behindern, durch die die Anstifter der Mörder der PARLACEN-Abgeordneten enttarnt werden sollten,
D. in der Erwägung, dass Fernsehjournalisten, die über den Mord an den vier Polizeioffizieren berichteten, nach der Ausstrahlung ihres Berichts Morddrohungen erhalten haben,
E. in der Erwägung, dass nach Aussage von Menschenrechtsexperten in Guatemala jedes Jahr mehrere Tausend Morde verübt werden, es aber nur in 2% der Fälle zu Verhaftungen kommt; in der Erwägung, dass Gewerkschafter (wie Pedro Zamora in Puerto Quetzal), Bauernführer und ihre Familien zu Beginn des Jahres 2007 getötet wurden und dass Zeugen in Fällen von Völkermord, in denen ermittelt wird, wie auch die gesetzlichen Vertreter der Opfer des Völkermords und verschiedene Menschenrechtsorganisationen unter Drohungen, Einbrüchen und Diebstählen zu leiden haben,
F. in der Erwägung, dass Vizepräsident Eduardo Stein zugegeben hat, wie schwierig es sei, das organisierte Verbrechen zu bekämpfen, wenn es sich in den staatlichen Institutionen selbst eingenistet hat; in der Erwägung, dass dieser Fall deutlich macht, in welchem Ausmaß das organisierte Verbrechen die guatemaltekische Polizei unterwandert hat, dass sich eine Atmosphäre der Straflosigkeit ausgebreitet und die öffentliche Sicherheit verschlechtert hat und dass dies die Notwendigkeit deutlich werden lässt, politische Verantwortung zu übernehmen,
1. drückt seine entschiedene Ablehnung all dieser Morde aus und übermittelt den Angehörigen der Opfer sein Beileid;
2. erwartet von der guatemaltekischen Regierung, dass sie den guatemaltekischen Justizbehörden bei ihrer Aufklärung dieser Verbrechen uneingeschränkte Unabhängigkeit, Freiheit und Sicherheit garantiert; fordert die umfassende Zusammenarbeit der Politik-, Justiz- und Polizeibehörden in Guatemala und El Salvador bei der Aufklärung des Geschehens;
3. fordert das Parlament Guatemalas nachdrücklich auf, das CICIG-Abkommen zu ratifizieren;
4. fordert die Europäische Union und die Regierung Guatemalas auf, die Beratende Gruppe Guatemale, der die bedeutendsten Geberländer angehören, einzuberufen, um die Einsetzung der CICIG zu unterstützen und einen nationalen Dialog gegen Straflosigkeit zu befördern;
5. fordert das Parlament Guatemalas nachdrücklich auf, das am 17. Juli 1998 angenommene Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs zu ratifizieren und die internen Rechtsvorschriften gemäß den sich aus dem Römischen Statut und anderen einschlägigen internationalen Rechtsvorschriften ergebenden Verpflichtungen anzupassen;
6. fordert die Regierung Guatemalas auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Justizbeamten, die Opfer von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Gerechtigkeit verlangen, die Menschenrechtsaktivisten und die Zeugen, die helfen können, die Prozesse voranzubringen, zu schützen;
7. begrüßt die von der Regierung auf den Weg gebrachte Neuordnung und Säuberung der Sicherheitskräfte;
8. sichert dem guatemaltekischen Volk und den Behörden des Landes seine Unterstützung zu, damit diese den Rechtsstaat weiterhin aufrecht erhalten und die wirtschaftliche, soziale und politische Entwicklung fördern, die zu Frieden und nationaler Wiederversöhnung beitragen wird;
9. fordert die Kommission mit Nachdruck auf, in der Strategie der Zusammenarbeit mit Guatemala für den Zeitraum 2007-2013 die Förderung des Rechtsstaats, die Bekämpfung der Straflosigkeit, die uneingeschränkte Achtung der Menschenrechte und die Unterstützung der Regierung Guatemalas beim Aufbau von Kapazitäten ihrer Sicherheitskräfte auf der Grundlage von Menschenrechtskriterien zu verstärken;
10. hält es für unbedingt notwendig, dass die Behörden des Staates, in dem das PARLACEN seinen Sitz hat, für die Sicherheit und die Unversehrtheit der Mitglieder des PARLACEN sorgen sowie die Sicherheit seiner Sitzungen garantieren;
11. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen der Republik Guatemala und El Salvadors, den Regierungen der übrigen mittelamerikanischen Länder sowie dem Mittelamerikanischen Parlament zu übermitteln.