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Verfahren : 2004/0251(COD)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0074/2007

Eingereichte Texte :

A6-0074/2007

Aussprachen :

Abstimmungen :

PV 29/03/2007 - 8.1
CRE 29/03/2007 - 8.1

Angenommene Texte :

P6_TA(2007)0088

Angenommene Texte
PDF 446kWORD 63k
Donnerstag, 29. März 2007 - Brüssel
Mediation in Zivil- und Handelssachen ***I
P6_TA(2007)0088A6-0074/2007
Entschließung
 Konsolidierter Text

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 29. März 2007 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen (KOM(2004)0718 – C6-0154/2004 –2004/0251(COD))

(Verfahren der Mitentscheidung: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM (2004)0718),

–   gestützt auf Artikel 251 Absatz 2 und die Artikel 61 Buchstabe c und Artikel 67 Absatz 5 des EG-Vertrags, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C6-0154/2004),

–   gestützt auf Artikel 51 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Rechtsausschusses sowie der Stellungnahme des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A6-0074/2007),

1.   billigt den Vorschlag der Kommission in der geänderten Fassung;

2.   fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie beabsichtigt, diesen Vorschlag entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzen;

3.   beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 29. März 2007 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2007/…/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen
P6_TC1-COD(2004)0251

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 61 Buchstabe c und Artikel 67 Absatz 5 zweiter Gedankenstrich,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)  Die Gemeinschaft hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Hierzu hat die Gemeinschaft unter anderem im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Maßnahmen zu erlassen.

(2)  Das Prinzip des Zugangs zum Recht ist grundlegend, und im Hinblick auf die Sicherstellung eines besseren Zugangs zum Recht forderte der Europäische Rat von Tampere am 15. und 16. Oktober 1999 die Mitgliedstaaten auf, alternative außergerichtliche Verfahren zu schaffen.

(3)  Der Rat nahm im Jahr 2000 Schlussfolgerungen über alternative Methoden der Streitschlichtung in Zivil- und Handelssachen an, in denen er festhielt, dass die Festlegung von Grundregeln in diesem Bereich einen wesentlichen Schritt dafür darstellt, eine geeignete Entwicklung und Funktionsweise außergerichtlicher Verfahren zur Streitschlichtung in Zivil- und Handelssachen zu ermöglichen und damit den Zugang zum Recht zu erleichtern und zu verbessern.

(4)  Die Kommission legte 2002 ein Grünbuch vor, in dem sie die aktuelle Situation im Bereich der alternativen Verfahren der Streitschlichtung in Europa darlegte und breite Anhörungen mit Mitgliedstaaten und interessierten Parteien über mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der Anwendung der Mediation durchführte.

(5)  Das Ziel der Gewährleistung eines besseren Zugangs zum Recht als Teil der Strategie der Europäischen Union zur Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sollte den Zugang sowohl zu gerichtlichen als auch außergerichtlichen Verfahren der Streitschlichtung umfassen. Diese Richtlinie sollte insbesondere in Bezug auf die Erbringung und Nutzung von Mediationsdiensten zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts beitragen.

(6)  Diese Richtlinie gilt ebenfalls für die Mediation bei Verbraucherrechtstreitigkeiten. Daher sollten die Besonderheiten der Mediation bei Verbraucherrechtstreitigkeiten berücksichtigt werden. Insbesondere sollten die in der Empfehlung 2001/310/EG der Kommission vom 4. April 2001 über die Grundsätze für an der einvernehmlichen Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten beteiligte außergerichtliche Einrichtungen(3) enthaltenen Grundsätze in die Richtlinie übernommen werden.

(7)  Die Mediation kann eine kostengünstige und rasche außergerichtliche Form der Streitschlichtung in Zivil- und Handelssachen darstellen, da die Verfahren auf die Bedürfnisse der Parteien abgestellt sind. Bei im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarungen besteht eher die Chance, dass sie freiwillig vollstreckt werden und eine freundschaftliche und dauerhafte Beziehung zwischen den Parteien gewahrt wird. Diese Vorteile zeigen sich in Fällen mit grenzüberschreitenden Elementen noch deutlicher.

(8)  Rahmenregeln, in denen insbesondere die wesentlichen Aspekte von Zivilverfahren behandelt werden, sind daher erforderlich, um die weitere Anwendung der Mediation zu fördern und sicherzustellen, dass die Parteien, die Mediation in Anspruch nehmen, einen vorhersehbaren rechtlichen Rahmen vorfinden.

(9)  Den Mitgliedstaaten wird nahe gelegt, diese Richtlinie auch auf Inlandssachen anzuwenden, insbesondere um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu erleichtern. Ferner sollte der Umstand, dass die Bestimmungen dieser Richtlinie ihrem Wortlaut nach auf Fälle mit grenzüberschreitenden Bezügen beschränkt sind, nicht zu einer Einschränkung derjenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften führen, die gegenwärtig die Vollstreckbarkeit von im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarungen, die Vertraulichkeit der Mediation oder die Wirkung der Mediation auf Verjährungs- und Ausschlussfristen auch in Fällen vorsehen, die nicht unter diese Richtlinie fallen.

(10)  Diese Richtlinie sollte Verfahren abdecken, bei denen zwei oder mehrere Parteien einer Streitsache mit grenzüberschreitendem Bezug von einem Mediator unterstützt werden, damit sie eine gütliche Einigung über die Streitbeilegung erzielen, aber Verfahren, wie vorvertragliche Verhandlungen, oder aber schiedsrichterliche Entscheidungen, wie Schiedsverfahren, Verfahren durch vom Gericht bestellte Schlichter, Ombudsmannregelungen, Verbraucherbeschwerdeverfahren, Sachverständigenbenennungen, oder Verfahren von Stellen, die eine rechtlich verbindliche oder unverbindliche förmliche Empfehlung zur Streitschlichtung abgeben, nicht umfassen. Auch sollten Fälle, in denen ein Gericht die Parteien auf die Mediation verweist oder in denen nach einzelstaatlichem Recht die Mediation vorgeschrieben ist, abgedeckt sein, obwohl der Grundsatz der Freiwilligkeit der Mediation zu wahren ist, und einzelstaatliche Rechtsvorschriften, nach denen die Inanspruchnahme der Mediation verpflichtend oder mit Anreizen oder Sanktionen verbunden ist, die Parteien nicht daran hindern sollten, ihr Recht auf Zugang zur Justiz wahrzunehmen. Außerdem sollte auch die Mediation durch einen Richter in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, der nicht für ein Gerichtsverfahren in der oder den Streitsachen zuständig ist. Bemühungen des in der Streitsache angerufenen Gerichts oder Richters im Rahmen des die Streitsache betreffenden Gerichtsverfahrens oder Fälle, in denen das befasste Gericht oder der befasste Richter die Hilfe oder Beratung einer sachkundigen Person in Anspruch nimmt, sollten jedoch nicht unter diese Richtlinie fallen.

(11)  Angesichts der Bedeutung der Vertraulichkeit des Mediationsverfahrens ist hinsichtlich der Wahrung der Vertraulichkeit der Mediation in nachfolgenden zivil- und handelsrechtlichen Gerichts- oder Schiedsverfahren ein Mindestmaß an Kompatibilität der zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften erforderlich. Es sollte auch die Möglichkeit der Gerichte umfasst sein, die Parteien auf die Mediation hinzuweisen; dabei ist der Grundsatz der Freiwilligkeit der Mediation zu wahren. Es ist ebenfalls erforderlich, für ein Mindestmaß an Kompatibilität der zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften hinsichtlich der Wirkung der Mediation auf Verjährungs- und Ausschlussfristen zu sorgen.

(12)  Die Mediation sollte nicht als geringerwertige Alternative zu Gerichtsverfahren in dem Sinn betrachtet werden, dass die Vollstreckung von im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarungen vom guten Willen der Parteien abhängt. Es muss daher sichergestellt werden, dass die Parteien einer im Mediationsverfahren erzielten schriftlichen Vereinbarung beantragen können, dass ihr Inhalt vollstreckbar gemacht wird, sofern die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Antrag auf Vollstreckbarkeit gestellt wird, die Vollstreckbarkeit des Inhalts der Vereinbarung zulassen. Der Inhalt einer solchen Vereinbarung kann nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem der Antrag gestellt wurde, durch ein Urteil, eine Entscheidung oder eine öffentliche Urkunde durch ein Gericht oder eine andere zuständige Stelle vollstreckbar gemacht werden.

(13)  Der Inhalt einer im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarung, die in einem Mitgliedstaat für vollstreckbar erklärt wurde, wird gemäß dem geltenden Gemeinschafts- oder nationalen Recht beispielsweise auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen(4) oder der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung(5)auch in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt und für vollstreckbar erklärt.

(14)  Die Richtlinie erfasst zwar familienrechtliche Streitfälle, gilt aber nur für die Rechte, über die die Parteien gemäß dem Recht des Mitgliedstaats, in dem die Mediation erfolgt, verfügen können. Ist der Inhalt einer im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarung über einen familienrechtlichen Streitfall in dem Mitgliedstaat, in dem die Vereinbarung geschlossen und ihre Vollstreckbarkeit beantragt wurde, nicht vollstreckbar, so gestattet es diese Richtlinie den Parteien ferner nicht, das Recht dieses Mitgliedstaats zu umgehen, indem sie die Vereinbarung in einem anderen Mitgliedstaat für vollstreckbar erklären lassen, zumal die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates ausdrücklich vorsieht, dass die Vereinbarung in dem Mitgliedstaat vollstreckbar sein muss, in dem sie geschlossen wurde.

(15)  Um das nötige Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Vertraulichkeit, die Aussetzung von Verjährungsfristen sowie die Anerkennung und Vollstreckung von im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarungen über die Streitschlichtung sicherzustellen, müssen wirksame Verfahren zur Qualitätskontrolle für die Erbringung von Mediationsdiensten und die Ausbildung von Mediatoren eingerichtet werden.

(16)  Diese Verfahren und Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten festgelegt werden sollten und den Rückgriff auf marktgestützte Lösungen einschließen können, sollten darauf abzielen, die Flexibilität des Mediationsverfahrens und die Privatautonomie der Parteien zu wahren. Die Kommission sollte Selbstregulierungsmaßnahmen auf Gemeinschaftsebene fördern. Die Mitgliedstaaten ihrerseits sollten die Anwendung des Europäischen Verhaltenskodex für Mediatoren fördern und unterstützen, den die Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlichen sollte, und gleichzeitig sicherstellen, dass die Qualität der Mediation durch die in der Empfehlung der Kommission 98/257/EG vom 30. März 1998 betreffend die Grundsätze für Einrichtungen, die für die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten zuständig sind(6), und der Empfehlung 2001/310/EG aufgeführten und festgelegten Kriterien gewährleistet wird: Unparteilichkeit, Transparenz, Effizienz, Fairness, Vertretung, Unabhängigkeit, kontradiktorisches Verfahren, Rechtmäßigkeit und Handlungsfreiheit. Was die Mediation zwischen Verbrauchern und Unternehmen betrifft, fördern die Mitgliedstaaten zudem die Anwendung der in der Empfehlung 2001/310/EG niedergelegten Grundsätze. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten die Entwicklung eines Systems der Zertifizierung nationaler Einrichtungen fördern, die Schulungen im Bereich der Mediation anbieten.

(17)  Alle von der Empfehlung 2001/310/EG betroffenen Mediatoren oder Organisationen sollten diese Grundsätze einhalten. Um die Verbreitung von Informationen über diese Stellen zu gewährleisten, richtet die Kommission eine Datenbank über außergerichtliche Verfahren ein, die nach Ansicht der Mitgliedstaaten die Grundsätze der Empfehlung erfüllen.

(18)  Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Sie zielt insbesondere darauf ab, die uneingeschränkte Wahrung des Rechts auf ein faires Verfahren, wie es in Artikel 47 der Charta verankert ist, zu gewährleisten.

(19)  Da die Ziele dieser Richtlinie auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können, kann die Gemeinschaft diese Maßnahmen entsprechend dem in Artikel 5 EG-Vertrag niedergelegten Subsidiaritätsprinzip ergreifen. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(20)  Das Vereinigte Königreich und Irland haben gemäß Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands schriftlich mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Richtlinie beteiligen möchten.

(21)  Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie, die diesen Mitgliedstaat somit nicht bindet und auf ihn keine Anwendung findet –

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Ziel

(1)  Ziel dieser Richtlinie ist ein leichterer Zugang zur Streitbeilegung und die Förderung einer gütlichen Regelung von Streitigkeiten durch die verstärkte Anwendung der Mediation und die Sicherstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Mediation und Gerichtsverfahren.

(2)  Diese Richtlinie gilt in Zivil- und Handelssachen. Sie erfasst insbesondere nicht Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten oder die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte ("acta iure imperii ").

(3)  In dieser Richtlinie bezeichnet der Begriff "Mitgliedstaat" alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark.

Artikel 2

Geltungsbereich

(1)  Diese Richtlinie findet Anwendung, wenn zu dem Zeitpunkt, zu dem die Parteien sich auf eine Mediation einigen, mindestens eine von ihnen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem einer der anderen Parteien hat.

(2)  Die Artikel 6 und 7 gelten ungeachtet des Absatzes 1 für Gerichtsverfahren nach einer Mediation, wenn zu dem Zeitpunkt, zu dem die Parteien sich auf eine Mediation einigen, das Gericht, das bei einem nachfolgenden Gerichtsverfahren befasst würde, in einem anderen Mitgliedstaat als dem liegt, in dem mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(3)  Für die Zwecke der Absätze 1 und 2 bestimmt sich der Mitgliedstaat, in dem eine Partei ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 bzw. der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a)  "Mediation" bezeichnet ein strukturiertes, auf Freiwilligkeit beruhendes Verfahren unabhängig von seiner Bezeichnung, in dem zwei oder mehrere Streitparteien mit Hilfe eines Mediators selbst versuchen, eine Vereinbarung über die Beilegung ihrer Streitigkeiten zu erzielen. Dieses Verfahren kann von den Parteien eingeleitet oder von einem Gericht vorgeschlagen oder angeordnet werden oder nach dem Recht eines Mitgliedstaats vorgeschrieben sein, wobei die Freiwilligkeit der Mediation gewahrt sein muss.

Es schließt die Mediation durch einen Richter ein, der für kein Gerichtsverfahren in der Streitsache zuständig ist. Bemühungen des mit der Streitbeilegung befassten Gerichts oder Richters während des Gerichtsverfahrens über die Streitsache sind jedoch nicht eingeschlossen.

b)  "Mediator" bezeichnet eine dritte Person, die unter Bedingungen benannt wird, die vernünftigerweise erwarten lassen, dass eine Mediation auf professionelle, unparteiische und sachkundige Weise durchgeführt wird, unabhängig von der Bezeichnung oder dem Beruf dieser dritten Person in dem betreffenden Mitgliedstaat und der Art und Weise, in der sie benannt oder um Durchführung der Mediation ersucht wurde.

Artikel 4

Qualität der Mediation

(1)  Die Mitgliedstaaten fördern mit allen ihnen geeignet erscheinenden Mitteln die Entwicklung von freiwilligen Verhaltenskodizes und deren Einhaltung durch die Mediatoren und Organisationen, die Mediationsdienste erbringen, sowie andere wirksame Verfahren zur Qualitätskontrolle für die Erbringung von Mediationsdiensten.

(2)  Die Mitgliedstaaten fördern die erstmalige und weitere Ausbildung von Mediatoren, um sicherzustellen, dass eine Mediation gegenüber den Parteien auf faire, wirksame, unparteiische und sachkundige Weise durchgeführt wird und dass die Verfahren für die Umstände der Streitigkeit geeignet sind.

(3)  Die Mitgliedstaaten fördern die Entwicklung eines Systems der Zertifizierung nationaler Einrichtungen, die Schulungen im Bereich der Mediation anbieten.

Artikel 5

Verweis auf die Mediation

(1)  Ein Gericht, das mit einer Klage befasst wird, kann gegebenenfalls unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles die Parteien auffordern, Mediation zur Streitschlichtung anzuwenden. Das Gericht kann die Parteien auch auffordern, eine Informationsveranstaltung über die Anwendung der Mediation zu besuchen, wenn solche Veranstaltungen angeboten werden und leicht zugänglich sind.

(2)  Diese Richtlinie lässt einzelstaatliche Rechtsvorschriften, nach denen die Inanspruchnahme der Mediation vor oder nach Einleitung eines Gerichtsverfahrens verpflichtend oder mit Anreizen oder Sanktionen verbunden ist, unberührt, sofern diese Rechtsvorschriften die Parteien nicht daran hindern, ihr Recht auf Zugang zur Justiz wahrzunehmen.

(3)  Die Mediation ist ein freiwilliges Verfahren.

Artikel 6

Vollstreckung von im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarungen

(1)  Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass es den Parteien oder einer Partei mit ausdrücklicher Zustimmung der anderen möglich ist zu beantragen, dass der Inhalt einer im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarung für vollstreckbar erklärt wird, sofern die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Antrag gestellt wird, die Vollstreckbarkeit des Inhalts der Vereinbarung zulassen und ihr nicht entgegenstehen.

(2)  Der Inhalt der Vereinbarung kann nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem der Antrag gestellt wurde, durch ein Urteil, eine Entscheidung oder eine öffentliche Urkunde durch ein Gericht oder eine andere zuständige Stelle für vollstreckbar erklärt werden.

(3)  Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission mit, welche Gerichte oder anderen Stellen befugt sind, einen Antrag nach den Absätzen 1 und 2 entgegenzunehmen.

(4)  Die Vorschriften für die Anerkennung und Vollstreckung einer im Mediationsverfahren erzielten und nach den Absätzen 1 und 2 für vollstreckbar erklärten Vereinbarung in einem anderen Mitgliedstaat werden durch diesen Artikel nicht berührt.

Artikel 7

Vertraulichkeit der Mediation

(1)  Da die Mediation in einer Weise erfolgen soll, die die Vertraulichkeit des Verfahrens wahrt, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren weder Mediatoren noch Parteien noch in die Abwicklung des Mediationsverfahrens eingebundene Personen gezwungen sind, in Gerichtsverfahren in Zivil- und Handelssachen oder in Schiedsverfahren Dritten Informationen, die sich aus einer Mediation ergeben oder mit ihr in Zusammenhang stehen, zu geben oder Aussagen zu ihnen zu machen, es sei denn,

   a) dies ist aus zwingenden Gründen der öffentlichen Ordnung (ordre public) oder anderen triftigen Gründen geboten, um insbesondere den Schutz der Interessen von Kindern zu gewährleisten oder eine Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Integrität einer Person abzuwenden, oder
   b) ihre Preisgabe ist für die Durchführung oder Vollstreckung der im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarung erforderlich.

(2)  Absatz 1 steht strengeren Maßnahmen der Mitgliedstaaten zum Schutz der Vertraulichkeit bei der Mediation nicht entgegen.

Artikel 8

Aussetzung von Verjährungs- und Ausschlussfristen

(1)  Um sicherzustellen, dass Parteien, die einen Streitfall im Wege der Mediation lösen wollen, nicht daran gehindert sind, anschließend ein Gerichtsverfahren einzuleiten, weil Verjährungs- und Ausschlussfristen abgelaufen sind, treffen die Mitgliedstaaten Vorkehrungen, damit solche Fristen nicht ablaufen zwischen

   a) dem Zeitpunkt, zu dem die Parteien die Inanspruchnahme der Mediation nach der Entstehung des Streitfalls schriftlich vereinbaren, oder, wenn es keine solche schriftliche Vereinbarung gibt, dem Zeitpunkt, zu dem sie an der ersten Mediationssitzung teilnehmen, oder dem Zeitpunkt, zu dem die Pflicht zur Inanspruchnahme der Mediation nach nationalem Recht entsteht, und
   b) dem Zeitpunkt einer im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarung, dem Zeitpunkt, zu dem zumindest eine der Parteien den anderen schriftlich mitteilt, dass die Mediation beendet ist, oder, wenn eine solche schriftliche Mitteilung nicht erfolgt, dem Zeitpunkt, zu dem der Mediator aus eigener Initiative oder auf Ersuchen mindestens einer der Parteien erklärt, dass die Mediation beendet ist.

(2)  Bestimmungen über Verjährungs- und Ausschlussfristen in internationalen Übereinkommen, denen die Mitgliedstaaten beigetreten sind und die mit diesem Artikel nicht vereinbar sind, bleiben von Absatz 1 unberührt.

Artikel 9

Information der Bürger

(1)  Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Bürger insbesondere auf Internetseiten Zugang zu Informationen darüber haben, wie man mit Stellen, die Mediationsdienste erbringen, und Mediatoren Kontakt aufnehmen kann.

(2)  Die Mitgliedstaaten halten Rechtsanwälte dazu an, ihre Mandanten über die Möglichkeit der Mediation zu unterrichten.

Artikel 10

Der Europäische Verhaltenskodex für Mediatoren

Die Kommission veröffentlicht den Europäischen Verhaltenskodex für Mediatoren im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, als Mitteilung ohne Rechtswirkung.

Artikel 11

Durchführungsvorschriften

Die Kommission veröffentlicht bis zum 1. September 2009 Angaben über die zuständigen Gerichte und Behörden, die ihr gemäß Artikel 6 Absatz 3 von den Mitgliedstaaten mitgeteilt werden.

Artikel 12

Bericht

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss bis zum ...(7) einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie vor. Diesem Bericht sind gegebenenfalls Vorschläge zur Anpassung der Richtlinie beizufügen. In dem Bericht werden insbesondere die Auswirkungen dieser Richtlinie auf die Entwicklung der Mediation in grenzüberschreitenden und innerstaatlichen Fällen geprüft. Ferner wird darin geprüft, ob ein Vorschlag für ein Instrument zur weiteren Harmonisierung der Verjährungs- und Ausschlussfristen erforderlich ist, um das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts zu erleichtern.

Artikel 13

Umsetzung

(1)  Bis zum 1. September 2008 setzen die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsmaßnahmen in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, oder stellen dadurch, dass sie alle Vorkehrungen treffen, die erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass die in dieser Richtlinie vorgegebenen Ergebnisse erzielt werden, sicher, dass die Parteien bei der Mediation im Rahmen freiwilliger Vereinbarungen die notwendigen Maßnahmen einführen. Die Mitgliedstaaten setzen die Kommission unverzüglich von diesen Maßnahmen in Kenntnis.

(2)  Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

Artikel 14

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 15

Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu am

Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates

Der Präsident Der Präsident

(1) ABl. C 286 vom 17.11.2005, S. 1.
(2) Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 29. März 2007.
(3) ABl. L 109 vom 19.4.2001, S. 56.
(4) ABl. L 12 vom 16.1.2001, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 1).
(5) ABl. L 338 vom 23.12.2003, S. 1. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2116/2004 (ABl. L 367 vom 14.12.2004, S. 1).
(6) ABl. L 115 vom 17.4.1998, S. 31.
(7)* Frist für Vorlage des Berichts.

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