Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Dezember 2007 zum Europäischen Vertragsrecht
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. September 2006 zum Europäischen Vertragsrecht(1),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. März 2006 zum Europäischen Vertragsrecht und zur Überarbeitung des gemeinschaftlichen Besitzstands: weiteres Vorgehen(2),
– unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 26. Mai 1989(3), vom 6. Mai 1994(4), vom 15. November 2001(5) und vom 2. September 2003(6),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. September 2007 zu rechtlichen und institutionellen Auswirkungen der Verwendung von nicht zwingenden Rechtsinstrumenten ("soft law")(7),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. September 2007 zur Verbesserung der Rechtsetzung in der Europäischen Union(8),
– in Kenntnis des Berichts der Kommission vom 25. Juli 2007 mit dem Titel "Zweiter Fortschrittsbericht zum Gemeinsamen Referenzrahmen" (KOM(2007)0447),
– gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der gemeinsame Referenzrahmen (GRR), den die Kommission als praktisches "Instrumentarium" ("toolbox") oder als Handbuch für den EU-Gesetzgeber bei der Überprüfung bestehender Rechtsvorschriften und der Erarbeitung neuer Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Vertragsrechts verstanden wissen möchte, derzeit in keiner Weise auf verbindliche Rechtswirksamkeit ausgelegt ist und somit weiterhin zu den nicht zwingenden Rechtsinstrumenten gehört,
B. in der Erwägung, dass der GRR, zu dem die Kommission beabsichtigt, ihren Ansatz in Form eines Weißbuchs vorzulegen, indirekte rechtliche und praktische Auswirkungen hat und in hohem Maße für künftige gesetzgeberische Maßnahmen auf dem Gebiet des Vertragsrechts ausschlaggebend sein wird,
C. in der Erwägung, dass die Entscheidung, welche Teile des wissenschaftlichen Entwurfs des GRR für den endgültigen GRR auszuwählen sind, sowie die Entscheidung über den Geltungsbereich des GRR höchst politisch sind,
D. in der Erwägung, dass es von zentraler Bedeutung ist, sicherzustellen, dass die für den GRR ausgewählten Teile aus dem wissenschaftlichen Entwurf untereinander kohärent sind und mit den Folgemaßnahmen zum Grünbuch der Kommission "Die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz" (KOM(2006)0744) sowie mit den sonstigen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Vertragsrechts in Einklang stehen,
E. in der Erwägung, dass der GRR ein Instrument für bessere Rechtsetzung sein soll mit dem Ziel, Einheitlichkeit und gute Qualität der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Vertragsrechts sicherzustellen; in der Erwägung, dass es jedoch nicht Ziel der besseren Rechtsetzung ist, den Handlungsspielraum der Rechtsetzungsbehörde der Europäischen Union zu begrenzen,
F. in der Erwägung, dass der Punkt kommen muss, an dem die Kommission entscheidet, ob sie von ihrem Initiativrecht Gebrauch macht oder nicht, und wenn ja, zu welchen mit dem Vertragsrecht in Zusammenhang stehenden Bereichen und aufgrund welcher Rechtsgrundlage,
1. begrüßt die Fertigstellung des wissenschaftlichen Entwurfs des GRR;
2. fordert die Kommission auf, einen klaren Plan für den Prozess – der anläuft, nachdem der wissenschaftliche GRR vorgelegt wurde – der Auswahl jener Teile des wissenschaftlichen GRR vorzulegen, die den endgültigen GRR der Kommission bilden sollen;
3. fordert die Kommission nachdrücklich auf, das Parlament in diesen Prozess mit einzubeziehen, bevor die ersten Verfahrensschritte eingeleitet werden;
4. fordert die Kommission auf, an die Arbeit der Wissenschaftler sowie an das Ergebnis der bereits abgehaltenen GRR-Workshops wie auch der neuen GRR-Workshops, die von den Generaldirektionen Justiz, Freiheit und Sicherheit sowie Binnenmarkt und Dienstleistungen veranstaltet werden sollen, anzuknüpfen;
5. fordert die Kommission nachdrücklich auf, mit Hilfe eines transparenten und formalisierten Verfahrens die Arbeit am GRR innerhalb der verschiedenen beteiligten Generaldirektionen zu koordinieren, um die Einheitlichkeit der verschiedenen Bereiche, die mit dem Vertragsrecht in Zusammenhang stehen, zu gewährleisten;
6. fordert die Kommission nachdrücklich auf, erst nach umfassenden Erörterungen mit allen betroffenen Gruppierungen, Wissenschaftlern und Interessengruppen sowie unter Einbeziehung des Parlaments über den Umfang des endgültigen GRR zu entscheiden; fordert die Kommission auf, bei der Entscheidung über den Umfang des GRR dem Standpunkt des Parlaments, der bereits in mehreren Entschließungen dargelegt wurde, Rechnung zu tragen;
7. bekräftigt seine nachdrückliche Unterstützung eines Ansatzes für einen umfassenderen GRR für allgemeine vertragsrechtliche Fragen, die über den Bereich des Verbraucherschutzes hinausgehen;
8. hebt hervor, dass ein Ansatz für den GRR unter dem Blickwinkel der besseren Rechtsetzung bedeutet, dass sich der GRR nicht bloß auf vertragsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit Verbraucherverträgen beschränken lässt, sondern auf allgemeine vertragsrechtliche Fragen ausgerichtet sein muss, für die ein einheitliches Herangehen an die Überarbeitung des gemeinschaftlichen Besitzstands und insbesondere die Möglichkeit eines horizontalen Instruments in diesem Bereich sichergestellt werden müssen;
9. bekräftigt seine Forderung an die Kommission, sämtliche verschiedenen möglichen Optionen für den Zweck und die rechtliche Form eines künftigen GRR-Instruments, einschließlich eines optionalen Instruments, offen zu halten;
10. fordert die Kommission erneut auf, das Parlament in die Arbeit am GRR einzubeziehen;
11. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission und dem Rat zu übermitteln.