Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 31. Januar 2008 zu der Initiative der Republik Österreich zur Annahme eines Beschlusses des Rates über die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Spezialeinheiten der Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Krisenfällen (15437/2006 – C6-0058/2007 – 2007/0803(CNS))
(Verfahren der Konsultation)
Das Europäische Parlament,
– in Kenntnis der Initiative der Republik Österreich (15437/2006),
– gestützt auf Artikel 30, Artikel 32 und Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe c des EU-Vertrags,
– gestützt auf Artikel 39 Absatz 1 des EU-Vertrags, gemäß dem es vom Rat konsultiert wurde (C6-0058/2007),
– gestützt auf die Artikel 93 und 51 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A6-0507/2007),
1. billigt die Initiative der Republik Österreich in der geänderten Fassung;
2. fordert den Rat auf, den Text entsprechend zu ändern;
3. fordert den Rat auf, es zu unterrichten, falls er beabsichtigt, von dem vom Parlament gebilligten Text abzuweichen;
4. fordert den Rat auf, es erneut zu konsultieren, falls er beabsichtigt, die Initiative der Republik Österreich entscheidend zu ändern;
5. beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie der Regierung der Republik Österreich zu übermitteln.
Von der Republik Österreich vorgeschlagener Text
Abänderungen des Parlaments
Abänderung 1 Erwägung 4
(4) Kein Mitgliedstaat verfügt über sämtliche Mittel, Ressourcen und Expertise, um jede mögliche schwerwiegende Krisensituation, die den Einsatz von Spezialkräften erforderlich macht, wirksam handhaben zu können. Daher spielt die Möglichkeit, einen anderen Mitgliedstaat um Hilfe zu bitten, eine entscheidende Rolle.
(4) Kein Mitgliedstaat verfügt über sämtliche Mittel, Ressourcen und Sachkenntnisse, um jede mögliche besondere oder schwerwiegende Krisensituation, die den Einsatz von Spezialkräften erforderlich macht, wirksam handhaben zu können. Daher spielt die Möglichkeit, einen anderen Mitgliedstaat um Hilfe zu bitten, eine entscheidende Rolle.
Abänderung 2 Erwägung 5
(5) Im vorliegenden Beschluss werden einige grundlegende Haftungsregeln - u.a. für die strafrechtliche Haftung- festgelegt, um einen Rechtsrahmen für die Fälle festzulegen, in denen die betroffenen Mitgliedstaaten sich darauf verständigen, Hilfe anzufordern und zu leisten. Das Vorhandensein dieses Rechtsrahmens und einer Erklärung zur Bezeichnung der zuständigen Behörden werden in einer Krisensituation eine schnelle Reaktion der Mitgliedstaaten ermöglichen und Zeit sparen helfen.
(5) Im Beschluss 2007/.../JI des Rates zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität, (Beschluss von Prüm) und insbesondere in Artikel 18 werden Formen polizeilicher Unterstützung zwischen den Mitgliedstaaten bei Massenveranstaltungen und ähnlichen Großereignissen sowie bei Katastrophen und schweren Unglücksfällen geregelt. Der vorliegende Beschluss bezieht sich nicht auf Massenveranstaltungen, Naturkatastrophen oder schwere Unglücksfälle im Sinne von Artikel 18 des Beschlusses von Prüm, sondern ergänzt jene Bestimmungen des Beschlusses von Prüm, die Formen gegenseitiger polizeilicher Unterstützung der Mitgliedstaaten durch Spezialeinheiten in anderen Situationen vorsehen, wie etwa von Menschen verursachte oder im Zusammenhang mit Terroranschlägen entstandene Krisensituationen, die eine unmittelbare physische Bedrohung für Menschen, Güter, Infrastruktur oder Institutionen darstellen, insbesondere Geiselnahmen, Entführungen und ähnliche Ereignisse. Zu diesem Zweck gibt jeder Mitgliedstaat die zuständigen nationalen Behörden bekannt, bei denen die betroffenen anderen Mitgliedstaaten um Hilfe oder ein Tätigwerden nachsuchen können.
Abänderung 3 Erwägung 5 a (neu)
(5a)Das Vorhandensein dieses Rechtsrahmens sowie eines Leitfadens mit Angabe der zuständigen Behörden wird in einer Krisensituation eine schnelle Reaktion der Mitgliedstaaten ermöglichen und Zeit sparen helfen. Zur Verbesserung der Fähigkeit der Mitgliedstaaten, solche Krisensituationen und insbesondere Terroranschläge zu vermeiden bzw. ihnen wirksam zu begegnen, ist es ferner entscheidend, dass die Spezialeinheiten regelmäßige Tagungen abhalten und gemeinsame Schulungen durchführen, um von gegenseitigen Erfahrungen profitieren zu können.
Abänderung 4 Artikel 1
Mit diesem Beschluss werden allgemeine Regeln und Bedingungen für den Fall festgelegt, dass Spezialeinheiten eines Mitgliedstaats in einer Krisensituation einem anderen Mitgliedstaat (nachstehend als "ersuchender Mitgliedstaat" bezeichnet) auf dessen Ersuchen Hilfe leisten und/oder in dessen Hoheitsgebiet tätig werden.
Mit diesem Beschluss werden allgemeine Regeln und Bedingungen für den Fall festgelegt, dass Spezialeinheiten eines Mitgliedstaats (nachstehend als "ersuchter Mitgliedstaat" bezeichnet) in einer Krisensituation einem anderen Mitgliedstaat (nachstehend als "ersuchender Mitgliedstaat" bezeichnet) auf dessen Ersuchen Hilfe leisten und/oder in dessen Hoheitsgebiet tätig werden. Die diesen Beschluss ergänzenden praktischen Einzelheiten sowie die Durchführungsvereinbarungen werden direkt zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten Mitgliedstaat vereinbart.
Abänderung 6 Artikel 2 Nummer 2
2) "Krisensituation" bezeichnet jede von Menschen verursachte Situation in einem Mitgliedstaat, die eine ernste, unmittelbare physische Bedrohung für Personen oder Institutionen in diesem Mitgliedstaat darstellt, insbesondere Geiselnahmen, Flugzeugentführungen und ähnliche Vorfälle.
2) "Krisensituation" bezeichnet jede von Menschen verursachte Situation in einem Mitgliedstaat, bei der hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, dass eine Straftat begangen wurde, gerade begangen wird oder begangen werden soll, die eine ernste, unmittelbare physische Bedrohung für Personen, Güter, Infrastruktur oder Institutionen in diesem Mitgliedstaat darstellt, insbesondere diejenigen Situationen, die in Artikel 1 Absatz 1 des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung¹ aufgeführt sind.
____________________ ¹ ABl. L 164 vom 22.6.2002, S. 3.
Abänderung 7 Artikel 2 Nummer 2 a (neu)
2a)"Zuständige Behörde" bezeichnet die nationale Behörde, die Spezialeinheiten beantragen und die Erlaubnis für deren Einsatz erteilen kann.
Abänderung 8 Artikel 3 Absatz 1
(1) Ein Mitgliedstaat kann darum bitten, bei der Bewältigung einer Krisensituation von einer Spezialeinheit eines anderen Mitgliedstaats unterstützt zu werden. Jedem Mitgliedstaat steht es frei, ein derartiges Ersuchen entgegenzunehmen oder abzulehnen oder eine andere Art von Hilfeleistung vorzuschlagen.
(1) Über ein Ersuchen der zuständigen Behörden, in dem die Art der beantragten Hilfeleistung sowie deren operationelle Notwendigkeit dargelegt wird, kann ein Mitgliedstaat darum bitten, bei der Bewältigung einer Krisensituation von einer Spezialeinheit eines anderen Mitgliedstaats unterstützt zu werden. Der zuständigen Behörde des ersuchten Mitgliedstaates steht es frei, ein derartiges Ersuchen entgegenzunehmen oder abzulehnen oder eine andere Art von Hilfeleistung vorzuschlagen.
Abänderung 9 Artikel 4
Allgemeine Haftungsregeln
Zivil- und strafrechtliche Haftung
(1)Werden Beamte eines Mitgliedstaats entsprechend diesem Beschluss imHoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats eingesetzt, so haftet der letztgenannte Mitgliedstaat für jeden von ihnen während ihres Einsatzes verursachten Schaden.
Werden Beamte eines Mitgliedstaats und/oder Ausrüstung innerhalb desHoheitsgebiets eines anderen Mitgliedstaats gemäß diesem Beschluss eingesetzt, so gelten die in den Artikeln 21 und 22 des Beschlusses von Prüm festgelegten Bestimmungen.
(2)Ist der Schaden infolge von Handlungen eingetreten, die entgegen den Anweisungen des ersuchenden Mitgliedstaats vorgenommen wurden oder bei denen die betroffenen Beamten die ihnen nach ihrem nationalem Recht übertragenen Zuständigkeiten überschritten haben, so gelten abweichend von Absatz 1 folgende Regeln:
a)Der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Schaden verursacht wurde, ersetzt diesen Schaden so, wie er ihn ersetzen müsste, wenn seine eigenen Beamten ihn verursacht hätten;
b)Der Mitgliedstaat, dessen Beamte im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats einer Person Schaden zugefügt haben, erstattet diesem anderen Mitgliedstaat den Gesamtbetrag des Schadenersatzes, den dieser an die Geschädigten oder ihre Rechtsnachfolger geleistet hat;
c)Vorbehaltlich der Ausübung seiner Rechte gegenüber Dritten und mit Ausnahme der Bestimmung des Buchstaben b verzichtet jeder Mitgliedstaat in dem in diesem Absatz genannten Fall darauf, den Betrag des erlittenen Schadens anderen Mitgliedstaaten gegenüber geltend zu machen.
Abänderung 10 Artikel 5
Artikel 5
entfällt
Strafrechtliche Haftung
Bei Einsätzen nach Artikel 3 werden die Beamten, die im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats tätig werden, den Beamten dieses Mitgliedstaats in Bezug auf Straftaten, denen sie zum Opfer fallen oder die sie begehen, gleichgestellt.
Abänderung 11 Artikel 6
Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass ihre jeweiligen Behörden erforderlichenfalls Tagungen abhalten und gemeinsame Schulungen und Übungen durchführen, um Erfahrungen und Expertise sowie allgemeine, praktische und technische Informationen über die Bereitstellung von Hilfe in Krisensituationen auszutauschen.
Alle teilnehmenden Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass ihre Spezialeinheiten Tagungen abhalten und regelmäßig gemeinsame Schulungsveranstaltungen und Übungen durchführen, um Erfahrungen und Expertise sowie allgemeine, praktische und technische Informationen über die Bereitstellung von Hilfe in Krisensituationen auszutauschen. Solche Tagungen, Schulungen und Übungen können über bestimmte Finanzierungsprogramme durch Zuschüsse aus dem Haushaltsplan der Europäischen Union gefördert werden. In diesem Zusammenhang ist der Mitgliedstaat, der den Ratsvorsitz innehat, bestrebt zu gewährleisten, dass solche Tagungen, Schulungen und Übungen stattfinden.
Abänderung 12 Artikel 7
Soweit zwischen den betroffenen Mitgliedstaaten nichts anderes vereinbart wird, trägt jeder Mitgliedstaat die ihm entstehenden Kosten selbst.
Soweit zwischen den betroffenen Mitgliedstaaten nichts anderes vereinbart wird, trägt der ersuchende Mitgliedstaat die laufenden Kosten, die den Spezialeinheiten des ersuchten Staates im Zusammenhang mit der Anwendung von Artikel 3 entstehen, einschließlich der Kosten für Transport und Unterkunft.
Abänderung 13 Artikel 8 Absatz 4 a (neu)
(4a)Dieser Beschluss ist keinesfalls so auszulegen, als erlaube er die Anwendung dieser Regeln für die Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten auf die Beziehungen zu den entsprechenden Behörden von Drittstaaten unter Umgehung der für die internationale polizeiliche Zusammenarbeit gemäß den einzelstaatlichen Rechtsordnungen geltenden Regeln.