Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2008 zu der Bewertung des Programms PEACE und Strategien für die Zukunft (2007/2150(INI))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf Artikel 158 des EG-Vertrags,
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 über die allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds(1),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EWG) Nr. 2081/93 des Rates vom 20. Juli 1993 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 über Aufgaben und Effizienz der Strukturfonds und über die Koordinierung ihrer Interventionen untereinander sowie mit denen der Europäischen Investitionsbank und der anderen vorhandenen Finanzinstrumente(2),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EWG) Nr. 2082/93 des Rates vom 20. Juli 1993 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 4253/88 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 hinsichtlich der Koordinierung der Interventionen der verschiedenen Strukturfonds einerseits und zwischen diesen und den Interventionen der Europäischen Investitionsbank und der sonstigen vorhandenen Finanzinstrumente andererseits(3),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 214/2000 des Rates vom 24. Januar 2000 über Finanzbeiträge der Gemeinschaft zum Internationalen Fonds für Irland(4),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 2236/2002 des Rates vom 10. Dezember 2002 über Finanzbeiträge der Gemeinschaft zum Internationalen Fonds für Irland (2003-2004)(5),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1105/2003 des Rates vom 26. Mai 2003 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds(6),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 173/2005 des Rates vom 24. Januar 2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds betreffend die Verlängerung der Dauer des Programms PEACE und die Bereitstellung neuer Verpflichtungsermächtigungen(7),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 177/2005 des Rates vom 24. Januar 2005 über Finanzbeiträge der Gemeinschaft zum Internationalen Fonds für Irland (2005 – 2006)(8),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1968/2006 des Rates vom 21. Dezember 2006 über Finanzbeiträge der Gemeinschaft zum Internationalen Fonds für Irland (2007 – 2010)(9),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ)(10),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel "Sonderprogramm zur Förderung von Frieden und Versöhnung in Nordirland" (KOM(1994)0607),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel "Bericht über den Internationalen Fonds für Irland gemäß Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 177/2005 des Rates" (KOM(2006)0563),
– unter Hinweis auf den Sonderbericht des Rechnungshofes Nr. 7/2000 zum Internationalen Fonds für Irland und dem Sonderprogramm zur Förderung von Frieden und Versöhnung in Nordirland und den Grenzbezirken Irlands (1995–1999), zusammen mit den Antworten der Kommission (Ziffer 58)(11),
– unter Hinweis auf die vom Ausschuss für regionale Entwicklung des Europäischen Parlaments organisierte öffentliche Anhörung zu der Bewertung des Programms PEACE und Strategien für die Zukunft vom 20. November 2007,
– unter Hinweis auf die Taskforce für Nordirland, die nach dem Besuch von José Manuel Barroso, Präsident der Kommission, im Mai 2007 in Belfast gegründet wurde,
– gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für regionale Entwicklung (A6-0133/2008),
A. in der Erwägung, dass die EU-Programme PEACE I und PEACE II, die nach den Verordnungen (EG) Nr. 1105/2003 und (EG) Nr. 173/2005 des Rates finanziert wurden, die Friedenssicherung zum Ziel hatten und zwei Hauptelemente enthielten: Nutzung der Chancen, die sich aus dem Frieden ergeben, und Bewältigung der Folgen des Konflikts und der Gewalt,
B. in der Erwägung, dass mit der Beteiligung der EU an den PEACE-Programmen ein erheblicher positiver Mehrwert erzielt wurde und wird und dass die europäische Beteiligung an solchen Friedensprojekten über die Bereitstellung eines Finanzinstruments hinaus die Bedeutung der EU als neutrale Autorität mit dem Fachwissen und der Langzeitvision für die Erarbeitung des Programms erneut unter Beweis gestellt hat,
C. in der Erwägung, dass der Friedensprozess auf verschiedenen Ebenen verläuft und dass er aktiv gefördert werden muss, jedoch nicht aufgezwungen werden kann(12),
D. in der Erwägung, dass Friedensbildung und Versöhnung zwar von Natur aus heikel sind, doch entscheidend zur Überwindung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme in der Region beitragen und dass daher Projekten, die auf Vertrauensbildung zielen, Spielraum zum Experimentieren und für Innovation gewährt werden sollte,
E. in der Erwägung, dass der Konflikt in Nordirland getrennte Gemeinschaften geschaffen hat, was eine tiefe soziale, wirtschaftliche und politische Spaltung nach sich gezogen hat,
F. in der Erwägung, dass der Aufbau von Kontakten und die Vertrauensbildung zu einem Abbau negativer Einstellungen führen können; in der Erwägung, dass die Förderung des gegenseitigen Verständnisses unter jungen Menschen künftigen Führungspersönlichkeiten hilft, die Geschichte und Kultur beider Gemeinschaften zu verstehen,
G. in der Erwägung, dass die Arbeit im Rahmen einer Partnerschaft mit lokalen Gemeinschaften zwar zeitaufwendiger sein kann, da sie mehr Beteiligte und Verfahren umfasst, es jedoch offensichtlich ist, dass sie einen wesentlichen zusätzlichen Nutzen bringt, denn eine niedrigere Verwaltungsebene und eine höhere Beteiligungsebene verstärken die Öffentlichkeitswirksamkeit sowohl der Programme als auch der Europäischen Union,
H. in der Erwägung, dass zuvor marginalisierte Gruppen sowie Menschen, die von dem Konflikt und von der Gewalt besonders stark betroffen waren, im Rahmen der PEACE-Programme die Möglichkeit erhalten haben, sich aktiv an der Friedensschaffung zu beteiligen; in der Erwägung, dass die im Rahmen der PEACE-Programme durchgeführten Projekte den am stärksten marginalisierten Gesellschaftsschichten zugute kommen, indem Aktivitäten für Einzelne und Gruppen wie Opfer des Konflikts, ältere und hilfsbedürftige Menschen, Behinderte Menschen, Opfer häuslicher Gewalt, ehemalige Gefangene und arbeitslose junge Menschen entwickelt werden(13),
I. in der Erwägung, dass viele Menschen, die an Projekten zur Friedensbildung und Versöhnung mitgearbeitet haben, dies auf freiwilliger Basis getan haben,
J. in der Erwägung, dass Programme zur Konsolidierung des Friedens, insbesondere Programme, an denen sich Bürger- und Freiwilligengruppen beteiligen, unbedingt weiter finanziell unterstützt werden müssen, wenn die PEACE-Programme auslaufen,
K. in der Erwägung, dass der Freiwilligen- und der Gemeinschaftssektor dafür bekannt sind, dass sie positive Ergebnisse bei der Bekämpfung von sozialem Niedergang und Armut erzielt haben und gut dafür geeignet sind, Dienstleistungen vor Ort für die am meisten benachteiligten sozialen Gruppen zu entwickeln und zu erbringen; in der Erwägung, dass Frauen eine sehr positive Rolle bei der Friedensbildung spielen,
L. in der Erwägung, dass die PEACE-Programme durch die Gründung neuer Unternehmen zur Entwicklung wirtschaftlicher Projekte in benachteiligten Gebieten beigetragen haben,
M. in der Erwägung, dass viele von Bürger- und Freiwilligengruppen ins Leben gerufene Initiativen, die im Rahmen von PEACE II finanziert werden, zeitlich unbegrenzt laufen und wesentliche Gemeinschaftsdienste, insbesondere für Randgruppen bereitstellen, und dass nun die weitere Bereitstellung von Mitteln erwartet wird, damit sie diese Dienste weiterhin erbringen können,
N. in der Erwägung, dass ein Aspekt der wirtschaftlichen Entwicklung, die sich aus der im Rahmen der PEACE-Programme gewährten Unterstützung ergab, darin bestand, dass sowohl städtische als auch ländliche Gebiete daraus Nutzen gezogen haben,
O. in der Erwägung, dass die Finanzierung durch den Internationalen Fonds für Irland (IFI) oft komplementär ist und beide Programme, IFI und PEACE, es ermöglicht haben, dass die Projekte eine Phase erreicht haben, in der sie auf andere EU-Mittel, zum Beispiel aus dem Programm INTERREG, zurückgreifen konnten,
P. in der Erwägung, dass viele der Maßnahmen der Unterprogramme von PEACE, der Programme des Internationalen Fonds für Irland (IFI) und der Initiative INTERREG dennoch beträchtliche Ähnlichkeiten aufwiesen und dass es in bestimmten Fällen einen gewissen Grad an Überschneidungen gab,
Q. in der Erwägung, dass Verantwortlichkeit und Transparenz, Teilhabe, Anerkennung der gegenseitigen Abhängigkeit aller Menschen, erfolgreiche Beseitigung von Ungleichheit, Förderung von Vielfalt sowie Aufmerksamkeit für besonders hilfsbedürftige Gruppen und Chancengleichheit wichtige Elemente der Friedensbildung und Versöhnung sind,
R. in der Erwägung, dass im Bericht des Interim Commissioner for Victims and Survivors(14) festgestellt wird, dass Hilfsgruppen für Opfer und Überlebende von nicht-wiederkehrenden Mittelzuweisungen im Rahmen des PEACE-Programms abhängen und dass nicht klar ist, wie Projekte für Opfer und Überlebende weitergeführt werden können, wenn nicht länger PEACE-Mittel zur Verfügung stehen; ferner in der Erwägung, dass der Erste Minister und der Stellvertretende Erste Minister von Nordirland vor kurzem vier neue Kommissare für die Opfer benannt haben,
S. in der Erwägung, dass der Schutz und die Förderung der Menschenrechte ein fester Bestandteil der Friedensbildung und des Wiederaufbaus von Gesellschaften nach einem Konflikt sind,
1. betont, dass die Stärkung des Engagements vor Ort ein wesentlicher Teil der Schaffung von Frieden ist und dass die Beteiligung der Zivilgesellschaft zu einer Verbesserung der politischen Entscheidungsprozesse sowie der Art, wie die Gesellschaft gelenkt wird, führt;
2. weist darauf hin, dass die Entwicklung verschiedener Durchführungsmechanismen zusammen mit dem Freiwilligensektor, nichtstaatlichen Organisationen und lokalen Behörden dazu geführt hat, dass umfassende Erfahrungen mit der Handhabung von EU-Mitteln vorhanden sind; hofft, dass solche Bottom-up-Mechanismen bei der Durchführung anderer Förderprogramme genutzt werden können;
3. begrüßt den Beitrag der Programme PEACE und IFI zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung; stellt fest, dass sich aus einem einzigen Unternehmenszentrum, das vor der Umsetzung des IFI in einem benachteiligten Gebiet gegründet worden war, mit Unterstützung des IFI und des örtlichen Bezirksrates ein Netzwerk von 32 Unternehmenszentren entwickelt hat, das dazu beiträgt, Vertrauen und Hoffnung unter den Beteiligten zu stärken;
4. betont, dass die Zusammenarbeit zwischen den an PEACE- und IFI-finanzierten Programmen Beteiligten nach dem Auslaufen der Programme nicht beendet sein sollte; fordert die Regierungsstellen auf, diese Arbeit, die sich als effizient erwiesen hat, fortzusetzen und zu gewährleisten, dass nach dem endgültigen Auslaufen aller PEACE-Programme weiterhin eine allgemeine Finanzierung für diese unschätzbare Arbeit bereitgestellt werden kann;
5. fordert die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Regierung Irlands auf, zeitlich befristete Finanzierungsregelungen für Bürger- und Freiwilligengruppen spezifisch zu schaffen, um die Zeit zwischen dem Auslaufen der Förderprogramme PEACE II und dem Start der Förderprogramme PEACE III zu überbrücken;
6. fordert die Kommission sowie die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Regierung Irlands auf, gemeinsam mit den Kommissaren für Opfer und Überlebende Wege zu finden, um die finanzielle Unterstützung der Hilfsgruppen für Opfer und Überlebende – auch nach Auslaufen der Mittelzuweisungen im Rahmen von PEACE – weiterhin zu ermöglichen;
7. fordert die Kommission auf, im Hinblick auf die Taskforce für Nordirland (TFNI) den in den Programmen PEACE I und PEACE II enthaltenen Ansatz der aktiven Bürgerschaft bei der Strukturierung künftiger Initiativen erneut zu verfolgen; erinnert daran, wie wichtig dies für die Stabilisierung des Friedensprozesses und eine ausgewogene regionale Entwicklung unter Beachtung der Infrastruktur ist, die im Vergleich zu anderen Regionen der Europäischen Union unterentwickelt ist;, und fordert die TFNI auf, bei ihrer Unterstützung für Infrastrukturverbesserungen positiver vorzugehen;
8. fordert die weitere Entwicklung grenzübergreifender Arbeit, da diese von entscheidender Bedeutung für die Wiederbelebung von städtischen und ländlichen Gemeinschaften im Grenzgebiet ist; drängt auf die weitere Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen den örtlichen Handelskammern und staatlichen Stellen und Foren für den Freiwilligen- und den Gemeinschaftssektor auf beiden Seiten der Grenze sowie für Freiwilligenorganisationen, die bereits grenzübergreifend tätig sind;
9. fordert die Regierung Irlands auf, die Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 umgehend anzuwenden;
10. drängt auf den umfassenden Einsatz der Konsultation – sowohl in großem wie in kleinem Maßstab und mit lokaler Ausrichtung – innerhalb der Förderprogramme und betont die Bedeutung von Systemen, welche die Bewilligung kleiner Zuschüsse zur Förderung von Arbeiten, die kurzfristig durchgeführt werden müssen, sowie von Arbeiten, deren Ergebnisse nur schwer quantifiziert werden können, ermöglichen und von Systemen, welche eine langfristige Nachhaltigkeit ermöglichen und den lokalen Gemeinschaften einen Beitrag leisten können;
11. fordert einen Bürokratieabbau um sicherzustellen, dass kleine Projekte nicht allzu stark belastet werden;
12. erkennt an, dass Friedensbildung ein langfristiger und evolutionärer Prozess ist und dass eine stabile Entwicklung hin zu Frieden und Versöhnung Zeit braucht; fordert einen längerfristigen Zeitrahmen für individuelle Zuschüsse, damit Projekte etwas bewirken können; erkennt an, dass nicht nur wirtschaftliche Initiativen, sondern auch Kultur- und Sportinitiativen einen bedeutenden Beitrag zu Frieden und Versöhnung leisten können und deshalb auch weiter gefördert werden sollten;
13. stellt fest, dass der Sozialwirtschaftssektor ein Teilsektor des Freiwilligensektors und des gemeinschaftlichen Sektors ist, dessen Konsultation wichtig für die Entwicklung lokaler Strategien und Gebiete ist; vertritt die Auffassung, dass andere lokale Unternehmen ebenfalls einflussreiche Teilnehmer sind;
14. betont, dass die Entwicklung in ländlichen Gebieten größere Synergien zwischen landwirtschaftlicher, ländlicher und regionaler Entwicklungsfinanzierung sowie zwischen Naturschutz, Ökotourismus und der Erzeugung und dem Einsatz erneuerbarer Energie erfordert, als dies bisher der Fall war;
15. betont, dass die Menschen leichten Zugang zu Informationen über Erfolge bei Projekten haben sollten, die mit PEACE I- und PEACE II-Mitteln sowie mit IFI-Mitteln finanziert wurden; ist der Ansicht, dass die Erfahrung aus solchen Projekten mit denjenigen geteilt werden sollten, die sich in anderen internationalen Arbeiten zur Friedenskonsolidierung engagieren; fordert in diesem Zusammenhang die Einrichtung einer Datenbank, die für die Arbeit für Frieden und Versöhnung im In- und Ausland als Referenz herangezogen werden kann; fordert darüber hinaus, dass bei der Schaffung von Regional- und Städtenetzwerken jede Ebene der Beteiligung einbezogen wird;
16. empfiehlt, dass umfassende Strategien festgelegt werden um zu gewährleisten, dass Beispiele bewährter Praktiken nicht nur zur Verfügung stehen, sondern auch in jeder Phase des Projektzyklus, d. h. bei Planung, Durchführung, Überwachung und Bewertung des Projekts, angewendet werden;
17. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Ausschuss der Regionen, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.