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Verfahren : 2007/2262(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0287/2008

Eingereichte Texte :

A6-0287/2008

Aussprachen :

PV 01/09/2008 - 19
CRE 01/09/2008 - 19

Abstimmungen :

PV 02/09/2008 - 5.17
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Angenommene Texte :

P6_TA(2008)0385

Angenommene Texte
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Dienstag, 2. September 2008 - Brüssel
Bewertung des Dublin-Systems
P6_TA(2008)0385A6-0287/2008

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 2. September 2008 zu der Bewertung des Dublin-Systems (2007/2262(INI))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist(1) ("Dublin-Verordnung"),

–   unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von "Eurodac" für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens(2) ("Eurodac-Verordnung"),

–   unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes(3),

–   unter Hinweis auf die Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten(4) ("die Aufnahmerichtlinie"),

–   unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 862/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zu Gemeinschaftsstatistiken über Wanderung und internationalen Schutz und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 311/76 des Rates über die Erstellung von Statistiken über ausländische Arbeitnehmer(5),

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates über den Zugang der Polizei- und Strafverfolgungsbehörden sowie von Europol zu Eurodac(6),

–   unter Hinweis auf die Entscheidung Nr. 573/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Mai 2007 zur Einrichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013 innerhalb des Generellen Programms Solidarität und Steuerung der Migrationsströme und zur Aufhebung der Entscheidung 2004/904/EG des Rates(7),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. April 2006 zur Lage in den Flüchtlingslagern auf Malta(8),

–   unter Hinweis auf die Berichte des Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über dessen Besuche in Aufnahmezentren mehrerer Mitgliedstaaten,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Juni 2007 zu Asyl: praktische Zusammenarbeit, Qualität der Beschlussfassung im gemeinsamen europäischen Asylsystem(9),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Januar 2008 im Hinblick auf eine EU-Kinderrechtsstrategie(10),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. März 2008 zum Fall des iranischen Staatsangehörigen Seyed Mehdi Kazemi(11),

–   gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A6-0287/2008),

A.   in der Erwägung, dass jeder Asylbewerber Anspruch auf eine individuelle und umfassende Prüfung seines Antrags hat,

B.   in der Erwägung, dass Asylgesetzgebung und –praxis von Land zu Land nach wie vor sehr unterschiedlich gehandhabt und dass Asylbewerber in verschiedenen Dublin-Staaten unterschiedlich behandelt werden,

C.   in der Erwägung, dass sich das Dublin-System auf Prämissen wie gegenseitiges Vertrauen und Zuverlässigkeit gründet und dass das gesamte System in Mitleidenschaft gezogen wird, wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt werden, wenn also ernsthafte Lücken in der Datensammlung oder Unstimmigkeiten in der Beschlussfassung einzelner Mitgliedstaaten bestehen,

D.   in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten nachweislich keinen effektiven Zugang zu einem Verfahren zur Feststellung des Flüchtlingsstatus garantieren,

E.   in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten die Aufnahmerichtlinie nicht effektiv anwenden, und zwar entweder in Bezug auf Asylbewerber, die gemäß der Dublin-Verordnung in andere Mitgliedstaaten zu überstellen sind, oder in Bezug auf die Rückführung an den zuständigen Mitgliedstaat,

F.   in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten die dem Dublin-System unterliegenden Personen systematisch in Gewahrsam nehmen,

G.   in der Erwägung, dass die Vielzahl der Mehrfachersuchen und die geringe Zahl der tatsächlichen Überstellungen ein Hinweis auf die Defizite des Dublin-Systems und auf die Notwendigkeit der Schaffung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems sind;

H.   in der Erwägung, dass eine korrekte Durchführung der Dublin-Verordnung durchaus eine ungleiche Verteilung der Verantwortung für Schutz suchende Menschen zum Nachteil einiger Mitgliedstaaten bewirken kann, die den Migrationsströmen einfach aufgrund ihrer geografischen Lage besonders stark ausgesetzt sind,

I.   in der Erwägung, dass die Bewertung der Kommission aufgezeigt hat, dass im Jahr 2005 die 13 Mitgliedstaaten mit EU-Außengrenzen immer größere Herausforderungen, die sich aus dem Dublin-System ergeben haben, bewältigen mussten,

J.   in der Erwägung, dass die südlichen Mitgliedstaaten Asylanträge irregulärer Einwanderer annehmen müssen, die auf ihrem Weg nach Europa aus Notlagen gerettet werden,

K.   in der Erwägung, dass die südlichen Mitgliedstaaten Asylanträge irregulärer Einwanderer annehmen müssen, denen keine Hilfe von Drittstaaten zuteil wird, die völkerrechtlich zu einer solchen Hilfeleistung verpflichtet sind,

L.   in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten kein Interesse daran haben, sich an die Auflagen zur Erfassung illegal Eingereister in der Eurodac-Datenbank zu halten, da dies die Zahl der von ihnen zu bearbeitenden Asylanträge erhöhen könnte,

M.   in der Erwägung, dass mit der Dublin-Verordnung ein System eingerichtet wird, durch das der für die Prüfung eines Antrags zuständige Mitgliedstaat bestimmt werden soll, dieses System aber ursprünglich nicht als Mechanismus zur Lastenteilung eingerichtet wurde und diese Aufgabe deshalb auch nicht erfüllen kann,

N.   in der Erwägung, dass es unbedingt erforderlich ist, dass eine Bewertung des Dublin-Systems mit einem konkreten, dauerhaften, fairen und praktikablen Mechanismus zur Lastenteilung einhergeht,

O.   in der Erwägung, dass das im Dublin-System festgelegte Kriterium des ersten Einreisestaats die Mitgliedstaaten mit Außengrenzen sehr belastet,

P.   in der Erwägung, dass die Anerkennungsquote von Personen, die den Flüchtlingsstatus beantragen, in Bezug auf bestimmte Drittstaatsangehörige in den Mitgliedstaaten zwischen annähernd 0 % und 90 % schwankt,

Q.   in der Erwägung, dass es von grundlegender Bedeutung ist, dass Antragsteller in einer Sprache, die sie verstehen, umfassend über den Dublin-Prozess und dessen mögliche Konsequenzen informiert werden,

R.   in der Erwägung, dass gemäß Artikel 24 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher oder privater Einrichtungen das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein muss,

S.   in der Erwägung, dass zwar die Wahrung der Einheit der Familie in der Hierarchie der Kriterien der Dublin-Verordnung an erster Stelle genannt wird, dass diese Bestimmung aber nicht oft angewendet wird,

T.   in der Erwägung, dass die statistischen Angaben zu Überstellungen offensichtlich ungenau sind, da aus ihnen beispielsweise nicht die Zahl der Ersuchen um Aufnahme eines Asylbewerbers im Falle des irregulären Überschreitens der Grenze oder der Anteil der Ersuchen um Aufnahme im Vergleich zu den Ersuchen um Wiederaufnahme hervorgeht,

U.   in der Erwägung, dass im Jahr 2005 neun der neuen Mitgliedstaaten erklärt haben, im Rahmen der Anwendung der Dublin-Verordnung mehr "eingehende" Überstellungen zu verzeichnen, und dass die Mitgliedstaaten ohne Landaußengrenzen erklärt haben, mehr "ausgehende" Überstellungen zu verzeichnen,

V.   in der Erwägung, dass die Kommission nicht in der Lage war, die Kosten des Dublin-Systems zu ermitteln, und dass es sich dabei um wichtige Daten für die Bewertung seiner Wirksamkeit handelt,

W.   in der Erwägung, dass der Rat "Justiz und Inneres" auf seiner Tagung vom 12. und 13. Juni 2007 in Luxemburg die Kommission aufgefordert hat, baldmöglichst eine Änderung der Eurodac-Verordnung vorzuschlagen, um den Polizei- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten sowie Europol unter bestimmten Bedingungen den Zugang zu Eurodac, einer Datenbank, die ursprünglich als Instrument für die Umsetzung der Dublin-Verordnung gedacht war, zu ermöglichen,

Effizienz des Systems und geteilte Verantwortung

1.   ist der festen Überzeugung, dass, solange kein befriedigendes und einheitliches Schutzniveau existiert, das Dublin-System sowohl aus technischer als auch aus menschlicher Sicht unbefriedigende Ergebnisse zeitigen wird und Asylbewerber auch künftig triftige Gründe für den Wunsch haben werden, ihren Antrag in einem speziellen Mitgliedstaat zu stellen, um von der günstigsten nationalen Entscheidungspraxis profitieren zu können;

2.   ist der festen Überzeugung, dass, solange es kein wirklich gemeinsames europäisches Asylsystem und kein einheitliches Verfahren gibt, das Dublin-System sowohl für die Asylbewerber als auch für bestimmte Mitgliedstaaten ungerecht bleibt;

3.   bekräftigt, dass es dringend erforderlich ist, sowohl die Qualität als auch die Einheitlichkeit des Entscheidungsprozesses zu verbessern; ist der Überzeugung, dass ein europäisches Unterstützungsbüro für Asylpolitik in dieser Hinsicht eine wertvolle Rolle spielen könnte, indem es beispielsweise Schulungen auf hohem gemeinsamem Niveau durchführt und sachverständige Teams zur Unterstützung zur Verfügung stellt;

4.   fordert die Kommission auf zu prüfen, inwiefern der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) direkte finanzielle Unterstützung zusätzlich zu projektbezogener Finanzhilfe erhalten könnte, damit er seine Kontroll- und Beratungstätigkeit in der EU verbessern und die Verfahren zur Unterstützung nationaler Behörden bei deren Bemühungen um die Verbesserung der Qualität ihrer Entscheidungsfindung weiterentwickeln kann;

5.   fordert die Kommission auf, Vorschläge für Mechanismen zur Lastenteilung zu unterbreiten, die zur Entlastung der Mitgliedstaaten beitragen könnten, welche gegebenenfalls eine unverhältnismäßig hohe Last zu tragen haben – insbesondere die Mitgliedstaaten mit Außengrenzen –, die aber nicht in das Dublin-System passen;

6.   fordert die Kommission auf, in Betracht zu ziehen, bis zur Schaffung europäischer Mechanismen zur Lastenteilung nichtfinanzielle Mechanismen innerhalb der Dublin-Verordnung vorzusehen, um die nachteiligen Auswirkungen, die sich aus deren Anwendung für die an den Außengrenzen gelegenen kleinen Mitgliedstaaten ergeben, abzumildern;

7.   ersucht die Kommission, verbindliche Mechanismen vorzusehen, die die Überstellung von Asylbewerbern in Mitgliedstaaten verhindern, welche keine umfassende und faire Bearbeitung ihres Antrags garantieren, und systematisch Maßnahmen gegen diese Staaten zu ergreifen;

8.   fordert die Kommission auf, sinnvolle bilaterale Arbeitsbeziehungen zu Drittstaaten herzustellen, um die Zusammenarbeit zu erleichtern und zu gewährleisten, dass solche Drittstaaten ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen im Hinblick auf die Genfer Konvention vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und auf die Seenotrettung nachkommen;

Rechte der Antragsteller

9.   fordert die Kommission auf, in die neue Verordnung klarere und strengere Bestimmungen hinsichtlich der Methoden aufzunehmen, mittels derer Schutz suchende Personen über die Konsequenzen der Dublin-Verordnung informiert werden, und Möglichkeiten für die Erarbeitung eines einheitlichen Informationsblattes zu prüfen, das in bestimmte Sprachen übersetzt und an alle Mitgliedstaaten verteilt werden könnte; dabei sollte auch berücksichtigt werden, inwieweit bei jedem Einzelnen Lese- und Schreibfertigkeiten vorhanden sind;

10.   fordert die Kommission auf, Artikel 19 und 20 der Dublin-Verordnung über die Aufnahme und Wiederaufnahme dahingehend zu ändern, dass Asylbewerbern gegen eine im Rahmen der Dublin-Verordnung getroffene Entscheidung zur Übertragung der Zuständigkeit an einen anderen Mitgliedstaat automatisch ein Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung eingeräumt wird;

11.   bekräftigt, dass der Grundsatz der Nichtzurückweisung als eine der Säulen jeglicher gemeinsamer Asylsysteme auf EU-Ebene erhalten bleiben sollte, und fordert, dass die Durchführung der Dublin-Verordnung unter keinen Umständen bewirken darf, dass eine Antragsprüfung aus verfahrenstechnischen Gründen eingestellt und das Verfahren zur umfassenden und fairen Prüfung des ursprünglichen Antrags nach Überstellung gemäß dem Dublin-Verfahren nicht wieder aufgenommen wird; vertritt die Ansicht, dass dies in der Verordnung klargestellt werden muss;

12.   ist der Ansicht, dass der Informationsaustausch über Überstellungen zwischen den Mitgliedstaaten verbessert werden sollte, insbesondere im Hinblick auf spezielle medizinische Erfordernisse zu überstellender Personen;

13.   fordert die Kommission auf, die Möglichkeit zu prüfen, dass eine von einer Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat in Anwendung des Dublin-Systems betroffene Person in ihr Herkunftsland nur auf ihren ausdrücklichen Antrag und unter strikter Achtung ihrer Verfahrensrechte überstellt werden darf;

Familienzusammenführung und der Grundsatz des Wohles des Kindes

14.   empfiehlt, auf EU-Ebene ein Paket gemeinsamer Leitlinien zur Altersabschätzung zu beschließen und in unklaren Fällen zugunsten des Kindes zu entscheiden;

15.   erinnert daran, dass bei allen Entscheidungen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes von übergeordneter Bedeutung sein muss; verweist nachdrücklich darauf, dass unbegleitete Minderjährige außer zum Zweck der Familienzusammenführung unter keinen Umständen in Gewahrsam genommen oder in einen anderen Mitgliedstaat überstellt werden dürfen und dass in Fällen, in denen sich eine solche Überstellung als erforderlich erweist, das Kind während des gesamten Verfahrens ordnungsgemäß vertreten und begleitet werden muss; begrüßt daher die Absicht der Kommission, die Anwendbarkeit der Vorschriften der Dublin-Verordnung auf unbegleitete Minderjährige weiter zu präzisieren;

16.   bedauert, dass die Definition des Begriffs "Familienangehörige" nach der geltenden Verordnung zu restriktiv ist, und ersucht die Kommission, die derzeitige Definition auf alle engen Verwandten und Langzeitpartner, und insbesondere auf solche, die sonst keine familiäre Unterstützung haben, sowie erwachsene Kinder, die nicht für sich sorgen können, auszuweiten;

17.   begrüßt die Absicht der Kommission, den subsidiären Schutz in den Anwendungsbereich der Dublin-Verordnung aufzunehmen, da dies eine Zusammenführung von Personen, die subsidiären Schutz beantragen, mit Familienmitgliedern ermöglicht, denen dieser Schutz in einem anderen Mitgliedstaat gewährt wird oder in dem sie einen solchen Schutz beantragt haben;

Gewahrsam

18.   ersucht die Kommission um Aufnahme einer Bestimmung, nach der Antragsteller im Rahmen der Dublin-Verordnung nur im äußersten Notfall in Gewahrsam genommen werden, wobei sie die konkreten Gründe, die zu einer Ingewahrsamnahme führen können, und die dabei einzuhaltenden verfahrensrechtlichen Bedingungen angeben sollte;

19.   ersucht die Kommission, in der Dublin-Verordnung ausdrücklich zu erklären, dass Antragsteller im Rahmen des Dublin-Systems Anspruch auf die gleichen Aufnahmebedingungen wie andere Asylbewerber gemäß der Aufnahmerichtlinie haben, die in Artikel 3 Absatz 1 die allgemeinen Bestimmungen für die materiellen Aufnahmebedingungen, die Gesundheitsfürsorge, Freizügigkeit und die Schulbildung Minderjähriger festlegt;

Humanitäre Klausel und Souveränitätsklausel

20.   ist der Ansicht, dass die in Artikel 15 der Dublin-Verordnung enthaltene humanitäre Klausel dem Dublin-System beträchtliche Flexibilität verleiht, dass die Klausel jedoch umfassendere Anwendung finden sollte, um Familien unbillige Härte aufgrund von Trennung zu ersparen;

21.   ist der Ansicht, dass Asylbewerber, die aufgrund schweren Krankheit, schwerer Behinderung, Alters oder einer Schwangerschaft besonders schutzbedürftig und folglich auf die Unterstützung durch Verwandte angewiesen sind, die sich im Hoheitsgebiet eines anderen als des Mitgliedstaates aufhalten, der für die Prüfung des Antrags zuständig ist, wenn möglich mit diesen Verwandten zusammengeführt werden sollte; ersucht die Kommission die Möglichkeit zu prüfen, die entsprechenden Bestimmungen der humanitären Klausel in Artikel 15 Absatz 2 zwingend vorzuschreiben;

22.   ist der Auffassung, dass für Organisationen wie das Rote Kreuz oder den Roten Halbmond eine Pflicht eingeführt werden sollte, selbst die Initiative zu ergreifen und nach Familienangehörigen zu forschen;

23.  begrüßt die Absicht der Kommission, die Bedingungen und Verfahren für die Anwendung der Souveränitätsklausel zu präzisieren und insbesondere das Erfordernis der Zustimmung des betroffenen Asylbewerbers einzuführen;

Datenerfassung und Eurodac

24.   ist besorgt über die Diskrepanzen und Mängel bei der Datenerfassung, die die Bewertung des Dublin-Systems durch die Kommission aufgezeigt hat, und zwar vor allem in Bezug auf die Abnahme der Fingerabdrücke bei illegal Eingereisten an den Grenzen der Union, was die Gültigkeit des Systems ernsthaft in Zweifel zieht; hofft, dass die oben genannte Verordnung (EG) Nr. 862/2007 zu Gemeinschaftsstatistiken über Wanderung und internationalen Schutz den beteiligten Akteuren ein genaueres Bild von der Funktionsweise des Dublin-Systems und anderer Gemeinschaftsinstrumente über den internationalen Schutz vermittelt;

25.   äußert sich besorgt über die Tatsache, dass derzeit keinerlei Berechnung der Kosten des Dublin-Systems zur Verfügung steht; fordert die Kommission auf, dieses Problem zu lösen, da es sich dabei um einen wichtigen Faktor für die Bewertung des Systems handelt;

26.   nimmt mit Interesse die Bedenken der Kommission hinsichtlich der Erfassung und der Qualität der der Eurodac-Zentraleinheit übermittelten Daten sowie der Nichteinhaltung der Verpflichtung zur Löschung bestimmter Daten und von Vorschriften im Hinblick auf den Schutz personenbezogener Daten zur Kenntnis; ist der Ansicht, dass diese Mängel, die die Zuverlässigkeit von Eurodac in Frage stellen, ordnungsgemäß behoben werden müssen, bevor eine weitere Nutzung dieser Datenbank in Betracht gezogen wird;

27.   ist der Ansicht, dass jeder Mitgliedstaat zur Verhinderung von Datenmissbrauch anhand einer erschöpfenden Liste klarstellen sollte, welche Stellen und Behörden zu welchem Zweck Zugriff auf die Eurodac-Datenbank haben;

28.   betont, dass das Zugänglichmachen der Eurodac-Datenbank für die Polizei und die Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten sowie Europol die Gefahr birgt, dass Informationen in die Hände von Drittstaaten gelangen, was für Asylbewerber und deren Familien negative Auswirkungen haben könnte; ist der Überzeugung, dass dies die Gefahr einer Stigmatisierung für Asylbewerber erhöht;

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o   o

29.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl. L 50 vom 25.2.2003, S. 1.
(2) ABl. L 316 vom 15.12.2000, S. 1.
(3) ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12.
(4) ABl. L 31 vom 6.2.2003, S. 18.
(5) ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 23.
(6) 2807. Tagung des Rates Justiz und Inneres in Luxemburg, 12. und 13. Juni 2007.
(7) ABl. L 144 vom 6.6.2007, S. 1.
(8) ABl. C 293 E vom 2.12.2006, S. 301.
(9) ABl. C 146 E vom 12.6.2008, S. 364.
(10) Angenommene Texte, P6_TA(2008)0012.
(11) Angenommene Texte, P6_TA(2008)0107.

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