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Verfahren : 2008/2033(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0312/2008

Eingereichte Texte :

A6-0312/2008

Aussprachen :

PV 01/09/2008 - 24
CRE 01/09/2008 - 24

Abstimmungen :

PV 02/09/2008 - 5.19
CRE 02/09/2008 - 5.19
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2008)0387

Angenommene Texte
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Dienstag, 2. September 2008 - Brüssel
Koordinierte Strategie zur Verbesserung der Bekämpfung des Steuerbetrugs
P6_TA(2008)0387A6-0312/2008

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 2. September 2008 zu einer koordinierten Strategie zur Verbesserung der Bekämpfung des Steuerbetruges (2008/2033(INI))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 31. Mai 2006 hinsichtlich der Notwendigkeit der Entwicklung einer koordinierten Strategie zur Verbesserung der Bekämpfung des Steuerbetruges (KOM(2006)0254),

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 23. November 2007 zu einigen Kernfragen im Zusammenhang mit der Entwicklung einer MwSt.-Betrugsbekämpfungsstrategie in der EU (KOM(2007)0758),

–   unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 16. April 2004 über den Einsatz der Instrumente für die Verwaltungszusammenarbeit bei der Bekämpfung des MwSt.-Betrugs (KOM(2004)0260),

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Mai 2008, 5. Juni 2007, 28. November 2006 und 7. Juni 2006,

–   unter Hinweis auf den Sonderbericht des Rechnungshofs Nr. 8/2007 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer(1),

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 25. Oktober 2005 zum Beitrag der Steuer- und Zollpolitik zur Lissabon-Strategie (KOM(2005)0532),

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 22. Februar 2008 über Maßnahmen zur Änderung des MwSt.-Systems für die Betrugsbekämpfung (KOM(2008)0109),

–   unter Hinweis auf die Vorschläge der Kommission vom 17. März 2008 für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem zum Zweck der Bekämpfung des Steuerbetrugs bei innergemeinschaftlichen Umsätzen sowie für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 zum Zweck der Bekämpfung des Steuerbetrugs bei innergemeinschaftlichen Umsätzen (KOM(2008)0147),

–   unter Hinweis auf Artikel 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

–   unter Hinweis auf die in den Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Mai 2008 enthaltenen Empfehlungen zu steuerlichen Fragen in Abkommen, die von der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten mit Drittstaaten geschlossen werden sollen,

–   gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Währung sowie der Stellungnahme des Rechtsausschusses (A6-0312/2008),

A.   in der Erwägung, dass Steuerbetrug gravierende Folgen für die Haushalte der Mitgliedstaaten und das Eigenmittelsystem der Europäischen Union hat, zu Verletzungen des Grundsatzes einer gerechten und transparenten Besteuerung führt und Wettbewerbsverzerrungen zur Folge haben kann, wodurch das Funktionieren des Binnenmarkts beeinträchtigt wird, sowie in der Erwägung, dass ehrliche Unternehmen wegen Steuerbetrugs Wettbewerbsnachteile erleiden und dass für entgangene Steuereinnahmen letztlich die europäischen Steuerzahler durch andere Formen der Besteuerung aufkommen müssen;

B.   in der Erwägung, dass der Steuerbetrug die Steuergerechtigkeit gefährdet, da die Steuerausfälle der öffentlichen Finanzen häufig durch Steuererhöhungen ausgeglichen werden, die die bescheidensten und ehrlichsten Steuerzahler treffen, die keine Möglichkeit bzw. keine Absicht haben, ihre steuerlichen Verpflichtungen zu umgehen oder gegen sie zu verstoßen,

C.   in der Erwägung, dass der durch die Schaffung des Binnenmarkts ausgelöste zunehmende grenzüberschreitende Handel bedeutet, dass bei immer mehr Transaktionen der Ort der Besteuerung und der Ort der Niederlassung des Mehrwertsteuerpflichtigen in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten liegen,

D.   in der Erwägung, dass neue Formen des Steuerbetrugs im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Transaktionen, wie der innergemeinschaftliche Karussellbetrug, sich die Fragmentierung und die Schlupflöcher der derzeitigen Steuersysteme zunutze gemacht haben und in der Erwägung, dass Änderungen im MwSt.-System notwendig sind,

E.   in der Erwägung, dass Mehrwertsteuerflucht und Mehrwertsteuerbetrug Auswirkungen auf die Finanzierung des Haushalts der Europäischen Union haben, da sie dazu führen, dass in zunehmendem Maße die auf dem Bruttonationaleinkommen beruhenden Eigenmittel der Mitgliedstaaten in Anspruch genommen werden müssen,

F.   in der Erwägung, dass für die Betrugsbekämpfung zwar größtenteils die Mitgliedstaaten zuständig sind, dass dieses Problem jedoch nicht allein auf nationaler Ebene zu lösen ist,

G.   in der Erwägung, dass die Globalisierung zu zunehmenden Schwierigkeiten bei der Bekämpfung von Steuerbetrug auf internationaler Ebene geführt hat, da immer mehr in Drittländern niedergelassene Unternehmen an Karussellbetrug beteiligt sind, der elektronische Handel sich ausweitet und eine Globalisierung der Dienstleistungsmärkte festzustellen ist; in der Erwägung, dass diese Faktoren stark für eine Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit, insbesondere im Mehrwertsteuerbereich, sprechen,

H.   in der Erwägung, dass das Ausmaß des Steuerbetrugs in der Europäischen Union auf das derzeitige provisorische MwSt.-System zurückzuführen ist, das zu komplex ist, wodurch innergemeinschaftliche Transaktionen schwer nachzuverfolgen, undurchsichtig und somit missbrauchsanfällig sind,

I.   in der Erwägung, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten bei der Prüfung der verschiedenen Optionen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung so weit wie möglich keine Maßnahmen vorsehen sollten, die zu einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand für Unternehmen und Steuerbehörden führen oder eine Diskriminierung zwischen verschiedenen Händlern verursachen könnten,

J.   in der Erwägung, dass sowohl die Kommission als auch der Rechnungshof immer wieder erklärt haben, dass das System des Informationsaustausches zwischen den Mitgliedstaaten über innergemeinschaftliche Warenlieferungen keine einschlägigen und rechtzeitigen Informationen für eine wirksame Bekämpfung von MwSt.-Betrug liefert, sowie in der Erwägung, dass daher klarere und verbindlichere Regeln für die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) erforderlich sind,

K.   in der Erwägung, dass der Einsatz aller verfügbarer Technologien, einschließlich der elektronischen Speicherung und Weitergabe bestimmter Daten über Mehrwertsteuer und Verbrauchsteuern, für ein korrektes Funktionieren der Steuersysteme der Mitgliedstaaten unerlässlich ist; in der Erwägung, dass die Bedingungen für den Austausch elektronisch gespeicherter Daten in jedem Mitgliedstaat sowie für den direkten Zugriff der Mitgliedstaaten auf diese Daten verbessert werden sollten, und dass die Steuerbehörden der Mitgliedstaaten personenbezogene Daten mit der gebotenen Vorsicht zu spezifischen Zwecken und auf der Grundlage der Zustimmung der betroffenen Person bzw. auf anderer gesetzlich legitimierter Grundlage verwenden sollten,

L.   in der Erwägung, dass Händler häufig nur sehr bruchstückhafte Informationen über den Mehrwertsteuerstatus ihrer Kunden erhalten können,

M.   in der Erwägung, dass die Stärkung der Instrumente zur Aufdeckung von Steuerbetrug mit der Verbesserung der bestehenden Rechtsvorschriften über die Unterstützung bei der Beitreibung, die Steuergerechtigkeit sowie die Praktikabilität für die Unternehmen einhergehen sollte,

Strategie der EU zur Bekämpfung von Steuerbetrug

1.   stellt fest, dass die Strategie der Europäischen Union zur Bekämpfung von Steuerbetrug darauf abzielen muss, das Problem der Steuerausfälle infolge von Steuerbetrug anzugehen, indem die Bereiche ermittelt werden, in denen sowohl die Rechtsvorschriften der Gemeinschaft als auch die Verwaltungszusammenarbeit der Mitgliedstaaten verbessert werden können, wodurch die Eindämmung von Steuerbetrug wirksam gefördert wird, so weit wie möglich ohne den Steuerbehörden und den Steuerzahlern unnötigen Aufwand zu verursachen;

2.   fordert die Mitgliedstaaten auf, die Bekämpfung des Steuerbetrugs endlich ernst zu nehmen;

3.   erinnert daran, dass die Einführung eines MwSt.-Systems auf der Grundlage des "Ursprungslandprinzips", was zur Folge hat, dass mehrwertsteuerpflichtige Transaktionen zwischen Mitgliedstaaten die bereits im Ursprungsland erhobene Steuer enthalten und nicht mehr dem Nullsatz unterliegen, eine langfristige Lösung zur wirksamen Bekämpfung von Steuerbetrug bleibt; stellt fest, dass es durch das "Ursprungslandprinzip" überflüssig würde, dass im Binnenmarkt gehandelte Güter von der Mehrwertsteuer befreit und später im Bestimmungsland besteuert werden; erinnert daran, dass ein auf dem "Ursprungslandprinzip" beruhendes MwSt.-System, um funktionieren zu können, die Einführung eines Clearing-Systems erfordert, wie von der Kommission 1987 ursprünglich vorgeschlagen wurde;

4.   bedauert die Blockadehaltung einiger Mitgliedstaaten in den letzten zehn Jahren, die jede wirksame EU-Strategie gegen Steuerbetrug konterkariert hat;

5.   bedauert, dass der Rat trotz vielfältiger Analysen, Forderungen und Beanstandungen bisher keine wirksame Strategie zur Bekämpfung des Steuerbetrugs verabschiedet hat;

6.   ermahnt die Kommission, trotz vielfältiger Misserfolge in den letzten Jahrzehnten nicht nachzulassen, das Problem offensiv anzugehen;

Allgemeine Fragen: Ausmaß des Steuerbetrugs und seine Folgen

7.   stellt fest, dass sich die (direkten und indirekten) Steuerausfälle infolge von Steuerbetrug Schätzungen zufolge auf insgesamt 200 bis 250 Milliarden EUR belaufen, was 2 bis 2,25 % des BIP der Europäischen Union entspricht, wobei 40 Milliarden EUR an Steuerausfällen auf MwSt.-Betrug zurückzuführen sind und Schätzungen zufolge 10 % des Mehrwertsteueraufkommens, 8 % der Gesamteinnahmen aus Verbrauchsteuern für alkoholische Getränke im Jahr 1998 sowie 9 % der Gesamteinnahmen aus Verbrauchsteuern für Tabakerzeugnisse betroffen sind; bedauert jedoch, dass keine genauen Zahlen verfügbar sind, weil die nationalen Rechnungslegungsstandards so stark variieren;

8.   fordert eine einheitliche Datenerhebung in allen Mitgliedstaaten als Grundlage für Transparenz und nationale Maßnahmen gegen Steuerbetrug;

9.   bedauert daher, dass wegen der mangelhaften Datenerhebung auf nationaler Ebene weder das tatsächliche Ausmaß des Problems korrekt erfasst noch die Überwachung von Änderungen – ob positiver oder negativer Art – korrekt evaluiert werden kann;

10.   fordert die Kommission auf, ein einheitliches europäisches System der Datenerhebung und der Erstellung statistischer Daten über Steuerbetrug zu prüfen, um zu einer möglichst präzisen Bewertung des tatsächlichen Umfangs dieses Phänomens zu gelangen;

11.   stellt fest, dass die Bekämpfung der Schattenwirtschaft ohne die Schaffung geeigneter Anreize erfolglos bleiben wird; schlägt ferner vor, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen des Lissabon-Fortschrittsanzeigers darüber Bericht erstatten sollten, inwiefern es ihnen gelungen ist, die Schattenwirtschaft einzudämmen;

Derzeitiges Mehrwertsteuersystem und seine Schwächen

12.   stellt fest, dass Mehrwertsteuerbetrug besonders beunruhigend für das Funktionieren des Binnenmarktes ist, da er unmittelbare grenzüberschreitende Folgen hat, einen beträchtlichen Verlust von Steuereinnahmen bedeutet und sich unmittelbar auf den EU-Haushalt auswirkt;

13.   weist erneut darauf hin, dass das derzeitige MwSt.-System, das 1993 geschaffen wurde, nur ein Übergangssystem sein sollte, und dass das Parlament gefordert hat, dass die Kommission bis 2010 Vorschläge für eine abschließende Entscheidung über das endgültige MwSt.-System vorlegt;

14.   erklärt, dass der freie Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr im Binnenmarkt seit 1993 zusammen mit den technologischen Fortschritten bei kleinen, hochwertigen Gütern die Bekämpfung von MwSt.-Betrug zunehmend erschwert hat, was durch die Komplexität und die Fragmentierung des derzeitigen Systems noch verschärft wird, wodurch Transaktionen schwer rückverfolgbar sind und so dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet ist;

15.   verweist auf die Zunahme der Fälle von "Karussellbetrug" und absichtlichen Missbrauchs des MwSt.-Systems durch kriminelle Organisationen, die durch solche Konstrukte von den Schwächen im System profitieren, und verweist auf das von Eurojust eingeleitete Verfahren im Zusammenhang mit dem MwSt.-Karrusselbetrug, von dem 18 Mitgliedstaaten betroffen sind und der einen Steuerbetrug in Höhe von schätzungsweise 2,1 Milliarden EUR ausmacht;

16.   unterstützt die Kommission in ihren Bemühungen um eine wesentliche Änderung des derzeitigen MwSt.-Systems; begrüßt, dass die Mitgliedstaaten nun dieser Frage eine gewisse Priorität beimessen, und legt den Mitgliedstaaten nahe, dazu bereit zu sein, diesbezüglich einschneidende Maßnahmen zu ergreifen;

17.   hält das derzeitige System für veraltet und glaubt, dass es radikal überholt werden muss, ohne dass dabei ehrliche Unternehmen mit übermäßigem bürokratischen Aufwand belastet werden; vertritt die Ansicht, dass eine Beibehaltung des Status Quo nicht in Frage kommt;

Alternativen zum derzeitigen Mehrwertsteuersystem
Verlagerung der Steuerschuldnerschaft (Reverse Charge)

18.   stellt fest, dass in einem Reverse-Charge-System der steuerpflichtige Kunde anstelle des Lieferanten für die Mehrwertsteuer aufzukommen hat; erkennt an, dass der Vorteil dieses Systems darin liegt, dass die Gelegenheiten zu "Karussellbetrug" beseitigt werden, da der Steuerpflichtige, an den die Waren geliefert werden, auch die Mehrwertsteuer zu entrichten hat;

19.   stellt fest, dass die Einführung eines Systems der doppelten Mehrwertsteuer dem wirksamen Funktionieren des Binnenmarkts zuwiderliefe und die Ursache für ein kompliziertes Umfeld wäre, das Unternehmen davon abhalten könnte, Investitionen zu tätigen, was langfristig nur durch ein allgemein verbreitetes obligatorisches Reverse-Charge-System im Gegensatz zu einem fakultativen oder nur auf bestimmte Lieferungen beschränkten System überwunden werden könnte;

20.   stellt darüber hinaus fest, dass in einem Reverse-Charge-System fraktionierte Zahlungen nicht möglich sind und dass die gesamte Mehrwertsteuer erst am Ende der Lieferkette entrichtet wird, wodurch der Selbstkontrollmechanismus der Mehrwertsteuer aufgehoben wird; warnt vor möglichen neuen Formen des Betrugs, einschließlich zunehmender Steuerausfälle auf der Ebene des Einzelhandels und des Missbrauchs von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern, und weist darauf hin, dass die Bekämpfung eines solchen Betrugs durch die Einführung zusätzlicher Überprüfungen zu einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand für ehrliche Händler führen könnte; rät daher dringend zu Vorsicht und eingehenden Überlegungen, bevor ein Reverse-Charge-System eingeführt wird; stellt dennoch fest, dass die Anwendung eines Schwellenwerts zur Begrenzung der Gefahr eines unversteuerten Endverbrauchs zur Betrugsbekämpfung beiträgt; hält die vom Rat empfohlene Grenze von 5 000 EUR für vernünftig;

Pilotprojekt

21.   bleibt zwar weiter vorsichtig und kritisch, stellt jedoch fest, dass ein Pilotprojekt den Mitgliedstaaten dabei helfen könnte, die systemimmanenten Risiken eines Reverse-Charge-Mechanismus besser zu verstehen, und legt der Kommission und den Mitgliedstaaten nahe, mit geeigneten Garantien sicherzustellen, dass weder der freiwillig mitwirkende Mitgliedstaat noch irgend ein anderer Mitgliedstaat während der Durchführung des Pilotprojekts größeren Risiken ausgesetzt ist;

Besteuerung innergemeinschaftlicher Lieferungen

22.  vertritt die Ansicht, dass die beste Lösung zur Bekämpfung von MwSt.-Betrug in Verbindung mit grenzüberschreitenden Lieferungen die Einführung eines Systems wäre, in dem statt einer Mehrwertsteuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen eine Besteuerung zu einem Satz von 15 % vorgesehen wird; stellt fest, dass dem Funktionieren dieses Systems besser gedient wäre, wenn die Bandbreite und Komplexität der ermäßigten Steuersätze wesentlich vereinfacht würde, wodurch der Verwaltungsaufwand für Unternehmen und Steuerbehörden gleichermaßen minimiert würde; stellt fest, dass vor 1992 festgelegte individuelle Kürzungen von MwSt.-Sätzen eingehend geprüft und dahingehend bewertet werden sollten, ob sie aus wirtschaftlichen Gründen weiterhin gerechtfertigt sind;

23.  erkennt an, dass angesichts der Unterschiede bei den Mehrwertsteuersätzen die Besteuerung innergemeinschaftlicher Lieferungen Ausgleichszahlungen zwischen den Mitgliedstaaten erfordern würde; vertritt die Ansicht, dass ein solcher Ausgleich durch eine Clearingstelle erfolgen sollte, wodurch die Weiterleitung von Einnahmen zwischen Mitgliedstaaten erleichtert würde; unterstreicht, dass der Betrieb einer Clearingstelle technisch machbar ist;

24.   vertritt die Ansicht, dass ein dezentralisiertes Clearing-System geeigneter wäre und schneller entwickelt werden könnte, da es den Mitgliedstaaten Möglichkeiten eröffnet, sich bilateral über wichtige Einzelfragen zu verständigen, und zwar unter Berücksichtigung ihrer individuellen Handelsbilanzen, Ähnlichkeiten bei der Anwendung ihres MwSt.-Systems und ihrer Kontrollmechanismen sowie auf der Basis gegenseitigen Vertrauens;

25.   betont, dass es Sache der Steuerverwaltung des Ursprungsmitgliedstaats sein sollte, die Mehrwertsteuer von den Lieferanten einzutreiben und sie über das Clearing-System der Steuerverwaltung des Landes zu überweisen, in dem der innergemeinschaftliche Erwerb stattgefunden hat; erkennt an, dass gegenseitiges Vertrauen zwischen den Steuerbehörden aufgebaut werden muss;

Verwaltungszusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung im Bereich Mehrwertsteuer, Verbrauchsteuern und Direktbesteuerung

26.   betont, dass die Mitgliedstaaten den grenzüberschreitenden Steuerbetrug nicht isoliert bekämpfen können; vertritt die Ansicht, dass der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und mit der Kommission nicht ausreichend waren, um Steuerbetrug energisch bzw. rasch zu bekämpfen; vertritt die Ansicht, dass direkte Kontakte zwischen den örtlichen oder nationalen Betrugsbekämpfungsstellen weder entwickelt noch ausreichend gepflegt werden, was zu Ineffizienz, zu geringer Inanspruchnahme der Mechanismen der Verwaltungszusammenarbeit und Verzögerungen bei der Kommunikation führt;

27.   drängt darauf, dass zum Schutz des Steueraufkommens aller Mitgliedstaaten im Binnenmarkt die Mitgliedstaaten vergleichbare Maßnahmen gegen Betrüger ergreifen sollten, wo auch immer es zu Steuerausfällen kommt; fordert die Kommission auf, mögliche Mechanismen zur Förderung einer solchen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten vorzuschlagen;

28.   begrüßt die Vorschläge der Kommission zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem(2) und der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 des Rates vom 7. Oktober 2003 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer(3), um das Sammeln und den Austausch von Informationen über innergemeinschaftliche Umsätze ab 2010 zu beschleunigen; erkennt an, dass die vorgeschlagenen Regeln für die Erklärung innerhalb eines Monats zusätzlichen Verwaltungsaufwand für Unternehmen mit sich bringen werden, die nur Dienstleistungen erbringen, welche derzeit nicht diesen Regeln unterworfen sind, sieht jedoch ein, dass dies angesichts der Möglichkeit des Karussellbetrugs bei einigen Dienstleistungen notwendig ist;

29.   fordert den Rat nachdrücklich auf, die vorgeschlagenen Maßnahmen rasch zu verabschieden, und ersucht die Kommission, weitere Vorschläge für den automatisierten Zugang aller anderen Mitgliedstaaten zu bestimmten nicht sensiblen Daten, die Mitgliedstaaten über ihre Steuerpflichtigen speichern (wie z.B. im Unternehmenssektor bestimmte Daten über den Umsatz), sowie für die Vereinheitlichung der Verfahren für die Registrierung von Mehrwertsteuerpflichtigen und die Streichung aus dem Steuerregister vorzulegen, um die rasche Ermittlung und Streichung von fälschlicherweise als steuerpflichtig geltenden Personen aus dem Register sicher zu stellen; unterstreicht, dass die Mitgliedstaaten die Verantwortung für die Aktualisierung ihrer Daten übernehmen müssen, insbesondere hinsichtlich der Streichung von Personen aus dem Steuerregister und der Aufdeckung betrügerischer Registrierungen;

30.   weist darauf hin, dass Steueroasen ein Hindernis für die Umsetzung der Lissabon-Strategie darstellen könnten, wenn die Steuersätze und ganz allgemein die Steuereinnahmen unter übermäßigen Druck geraten;

31.   betont ferner, dass in Zeiten der Haushaltsdisziplin jegliche Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage die Fähigkeit der Mitgliedstaaten gefährden wird, den reformierten Stabilitäts- und Wachstumspakt zu erfüllen;

32.   unterstreicht, dass die Beseitigung von Steueroasen u.a. eine dreigliedrige Strategie erfordert: Bekämpfung von Steuerflucht, Ausdehnung des Geltungsbereichs der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen(4) sowie Aufforderung an die OECD, durch ihre Mitglieder Sanktionen gegen nicht kooperationsbereite Steueroasen zu verhängen;

Steuerhinterziehung

33.   bedauert, dass die Mitgliedstaaten mit immer neuen Vorbehalten und Verzögerungstaktiken eine Reform der Richtlinie 2003/48/EG behindern und fordert die Kommission nachdrücklich auf, ihre Vorschläge ungeachtet der Widerstände baldmöglichst vorzulegen;

34.   unterstreicht, dass bei der Reform der Richtlinie 2003/48/EG die verschiedenen Lücken und Schwachstellen beseitigt werden müssen, die die Aufdeckung von Steuerflucht und Steuerbetrug verhindern;

35.   fordert die Kommission auf, im Rahmen der Reform der Richtlinie 2003/48/EG mögliche Optionen für eine Reform zu prüfen, einschließlich der Prüfung einer gewissen Ausweitung des Geltungsbereichs der Richtlinie in Bezug auf die Arten von Rechtssubjekten und Einnahmequellen;

36.   legt der Europäischen Union nahe, die weltweite Abschaffung von Steueroasen angesichts ihrer nachteiligen Auswirkungen auf das Steueraufkommen einzelner Mitgliedstaaten weiter zu verfolgen; ersucht den Rat und die Kommission, bei der Aushandlung von Handels- und Kooperationsabkommen mit Regierungen von Steueroasen den Einfluss der Europäischen Union als Handelsmacht geltend zu machen, um diese Regierungen zu überzeugen, steuerliche Bestimmungen und Praktiken zu beseitigen, die Steuerhinterziehung und Steuerbetrug Vorschub leisten; begrüßt als ersten Schritt die Empfehlungen in den Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Mai 2008, in Handelsabkommen eine Klausel über das verantwortungsvolle Handeln im Steuerwesen aufzunehmen, und fordert die Kommission auf, eine solche Klausel mit unmittelbarer Wirkung bei den Verhandlungen über künftige Handelsabkommen zur Sprache zu bringen;

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37.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. C 20 vom 25.1.2008, S. 1.
(2) ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1.
(3) ABl. L 264 vom 15.10.2003, S. 1.
(4) ABl. L 157 vom 26.6.2003, S. 38.

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