Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Januar 2009 zur Pressefreiheit in Kenia
Das Europäische Parlament,
– in Kenntnis der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Kenia,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,
– gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass Präsident Kibaki am 2. Januar 2009 eine Vorlage aus dem Jahr 2008 für eine Novelle zum kenianischen Kommunikationsgesetz gebilligt hat, durch die das kenianische Kommunikationsgesetz aus dem Jahr 1998 geändert wird,
B. in der Erwägung, dass durch das Gesetz in seiner derzeitigen Form das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf Pressefreiheit missachtet werden – Rechte, die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert sind und sich auch in anderen internationalen Übereinkünften wiederfinden, die Kenia unterzeichnet und ratifiziert hat, darunter die Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker,
C. in der Erwägung, dass die Vorschriften, die die größten Probleme mit sich bringen, die Paragrafen 88 und 46 sind; in der Erwägung, dass der Informationsminister kraft Paragraf 88 umfassend befugt ist, in Medienhäusern, die als Bedrohung für die nationale Sicherheit erachtet werden, Razzien durchzuführen und technische Ausrüstungsgegenstände zur Verbreitung von Inhalten zu demontieren; in der Erwägung, dass Paragraf 46 den Staat ermächtigt, Einfluss auf die Inhalte zu nehmen, die von elektronischen und Printmedien verbreitet bzw. veröffentlicht werden,
D. in der Erwägung, dass einer Pressemitteilung des Verbands ostafrikanischer Journalisten (EAJA) zufolge durch das Gesetz eine direkte Medienzensur durch die Regierung eingeführt würde,
E. in der Erwägung, dass Ministerpräsident Odinga sich dem breiten Widerstand gegen das Gesetz angeschlossen hat; in der Erwägung, dass Funktionäre der Orangen Demokratischen Bewegung (ODM) behaupten, der Präsident habe den Ministerpräsidenten nicht zu dem Gesetz konsultiert, und deswegen vor kurzem Krisengespräche geführt haben,
F. in der Erwägung, dass die Nationale Kommission für Menschenrechte in Kenia die Auffassung vertritt, die Billigung der Gesetzesvorlage durch den Präsidenten sei ein Zeichen dafür, dass die Große Koalition nicht an einem Strang ziehe,
G. unter Hinweis darauf, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung ein grundlegendes Menschenrecht ist, wie es in Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschrieben ist,
H. in der Erwägung, dass vor einem Jahr, nachdem es bei den Präsidentschaftswahlen in Kenia zu Unregelmäßigkeiten gekommen war, Straßendemonstrationen zu Krawallen und ethnischen Konflikten führten, die auf das ganze Land übergriffen und mehr als 1 000 Todesopfer forderten und 350 000 Menschen obdachlos machten,
1. bedauert, dass Präsident Kibaki die Vorlage für eine Novelle zum kenianischen Kommunikationsgesetz unterzeichnet und es verabsäumt hat, zum Zeitpunkt der Unterzeichnung den umfassend diskutierten Vorbehalten gegenüber der Gesetzesvorlage Rechnung zu tragen;
2. begrüßt jedoch, dass sich Präsident Kibaki vor kurzem dafür eingesetzt hat, dass das Gesetz überarbeitet wird, sowie seine Geste, von Vertretern der Medien vorgeschlagene Änderungsvorschläge zu dem Gesetz zu berücksichtigen;
3. bekräftigt sein Engagement für die Pressefreiheit sowie für das grundlegende Recht auf freie Meinungsäußerung, auf Information und auf Vereinigungsfreiheit; betont, dass der Zugang zu Informationen, die eine Meinungsvielfalt widerspiegeln, von grundlegender Bedeutung ist, um den Bürgern ein Instrument zur Einflussnahme an die Hand zu geben;
4. fordert die kenianische Regierung auf, Konsultationen der Beteiligten ins Leben zu rufen, um Übereinstimmung darüber zu erzielen, wie die Kommunikationsindustrie besser gesetzlich geregelt werden kann, ohne die Pressefreiheit einzuschränken; fordert Präsident Kibaki und Ministerpräsident Odinga auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um zu gewährleisten, dass jede überarbeitete Fassung des neuen Mediengesetzes mit den Grundsätzen der freien Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit vereinbar ist;
5. betont, dass gegen die Kultur der Straflosigkeit in Kenia vorgegangen werden muss, um diejenigen vor Gericht zu stellen, die die Verantwortung für die Gewalt im Anschluss an die Wahlen vor einem Jahr tragen; fordert die Einsetzung einer aus kenianischen und internationalen Rechtsexperten bestehenden unabhängigen Kommission, um Ermittlungen und strafrechtliche Verfolgungen durchzuführen; nimmt zur Kenntnis, dass sich Präsident Kibaki und Ministerpräsident Odinga theoretisch bereit erklärt haben, eine derartige Kommission einzusetzen, dass sie jedoch erst noch gebildet werden muss;
6. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten, der Regierung Kenias, den Ko-Präsidenten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU, der Ostafrikanischen Gemeinschaft sowie dem Vorsitzenden der Kommission und dem Vorsitzenden des Exekutivrats der Afrikanischen Union zu übermitteln.