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Angenommene Texte
Donnerstag, 12. März 2009 - Straßburg
Bessere Karrieremöglichkeiten und mehr Mobilität: Eine europäische Partnerschaft für die Forscher
 Der Schutz der Verbraucher, insbesondere Minderjähriger, bei der Nutzung von Videospielen
 Schaffung eines gemeinsamen Luftverkehrsraums mit Israel
 Mehrjähriger Wiederauffüllungsplan für Roten Thun im Ostatlantik und im Mittelmeer *
 Verschlechterung der humanitären Lage in Sri Lanka
 Die Zerstörung von landwirtschaftlich genutzten Flächen in der EU und insbesondere in Südeuropa als Herausforderung: Reaktionen mit Hilfe von Instrumenten der EU-Agrarpolitik
 Arbeitnehmermitbestimmung in Gesellschaften mit einem Europäischen Statut
 Kinder mit Migrationshintergrund
 Kroatien: Fortschrittsbericht 2008
 Türkei: Fortschrittsbericht 2008
 Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien: Fortschrittsbericht 2008
 Mandat des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien
 5.Weltwasserforum in Istanbul 16.- 22. März 2009
 EG-Entwicklungshilfe für die Gesundheitsversorgung in afrikanischen Ländern südlich der Sahara
 Einführung des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums (SEPA)
 Strategische Partnerschaft EU/Brasilien
 Strategische Partnerschaft EU/Mexiko
 50.Jahrestag des tibetischen Aufstands und Dialog zwischen dem Dalai Lama und der chinesischen Regierung
 Guinea-Bissau
 Philippinen
 Ausweisung der nichtstaatlichen Organisationen aus Darfur

Bessere Karrieremöglichkeiten und mehr Mobilität: Eine europäische Partnerschaft für die Forscher
PDF 142kWORD 55k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zu besseren Karrieremöglichkeiten und mehr Mobilität: eine europäische Partnerschaft für die Forscher (2008/2213(INI))
P6_TA(2009)0125A6-0067/2009

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 23. Mai 2008 mit dem Titel "Bessere Karrieremöglichkeiten und mehr Mobilität: eine europäische Partnerschaft für die Forscher" (KOM(2008)0317) und der begleitenden Arbeitsdokumente der Kommissionsdienststellen, nämlich der Folgenabschätzung (SEK(2008)1911) und ihrer Zusammenfassung (SEK(2008)1912),

–   unter Hinweis auf die Entscheidung 2006/973/EG des Rates vom 19. Dezember 2006 über das spezifische Programm "Menschen" zur Durchführung des Siebten Rahmenprogramms der Europäischen Gemeinschaft für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (2007-2013)(1),

–   in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 3. Dezember 2008(2),

–   in Kenntnis der Mitteilungen der Kommission vom 20. Juni 2001 mit dem Titel "Eine Mobilitätsstrategie für den europäischen Forschungsraum" (KOM(2001)0331) und vom 18. Juli 2003 mit dem Titel "Forscher im europäischen Forschungsraum: ein Beruf, vielfältige Karrieremöglichkeiten"(KOM(2003)0436) sowie der Empfehlung 2005/251/EG der Kommission vom 11. März 2005 über die Europäische Charta für Forscher und einen Verhaltenskodex für die Einstellung von Forschern(3),

–   gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und des Ausschusses für Kultur und Bildung (A6-0067/2009),

A.   in der Erwägung, dass Europa mehr Forscher braucht, die unter anderem in der Lage sind, Pionierforschung zu betreiben, weil sie zur Steigerung seiner Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit unverzichtbar sind und zur Erreichung der Ziele der Lissabon-Strategie beitragen,

B.   in der Erwägung, dass es zur Überwindung des Forschermangels notwendig ist, außerhalb der Union arbeitende europäische Wissenschaftler zur Rückkehr zu bewegen und die Einreise von Wissenschaftlern aus Drittländern, die in der Europäischen Union arbeiten möchten, zu vereinfachen,

C.   in der Erwägung, dass es von größter Bedeutung ist, Forschern in der Europäischen Union attraktive Karrieremöglichkeiten zu bieten, um die Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften zu gewährleisten und solche hochqualifizierte Forscher auch aus Drittländern anzuziehen,

D.   in der Erwägung, dass die Europäische Union negative wirtschaftliche Trends durch verstärkten Einsatz für Bildung und Forschung bekämpfen und alles Erdenkliche unternehmen muss, um die Beschäftigung, Sicherheit und Mobilität von Forschern sicherzustellen, damit sie in der Europäischen Union bleiben,

E.   in der Erwägung, dass die Mobilität der Forscher einer der Hauptfaktoren dafür ist, die vollständige Umsetzung des Europäischen Forschungsraums (EFR) sicherzustellen,

F.   in der Erwägung, dass die Mobilität der Forscher in Europa gewährleistet sein muss, wenn der Forschungssektor eine positive Entwicklung nehmen soll; in der Erwägung, dass dafür eine abgestimmte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor von Ausschlag gebender Bedeutung ist,

G.   in der Erwägung, dass die Verfügbarkeit von Informationen über Beschäftigungsmöglichkeiten für Forscher oft begrenzt ist, da viele Auswahlverfahren intern in Forschungsinstituten durchgeführt werden,

H.   in der Erwägung, dass die in Europa in der Forschung Beschäftigten immer älter werden und daher dringend Initiativen benötigt werden, die jungen Menschen und insbesondere Frauen eine Karriere in der Forschung zugänglich und attraktiv machen,

I.   in der Erwägung, dass das Beförderungssystem in vielen Forschungsinstituten noch immer sehr rigide ist und weniger auf den Erfolgen der Forscher als auf dem Dienstalter beruht,

J.   in der Erwägung, dass komplizierte Bewerbungsverfahren und fehlende verwaltungstechnische Kenntnisse gemeinsam mit anderen Faktoren, z. B. was das Ausfüllen von Formularen in einer Fremdsprache und das Registrieren von Patenten betrifft, Wissenschaftler davon abhalten, an Mobilitätsprojekten teilzunehmen,

K.   in der Erwägung, dass viele Universitäten noch nicht erkannt haben, wie wichtig es ist, Erkenntnisse an die Industrie, die gewerblichen Unternehmen und die Gesellschaft weiterzugeben, wodurch ein Mangel an Verbindungen zur Wirtschaft entsteht und die Wettbewerbsfähigkeit in der Europäischen Union geschwächt wird,

L.   in der Erwägung, dass Sprachkenntnisse eine wichtige Rolle für die Mobilität von Forschern spielen, wobei dem Weggang in Länder, deren Sprache weithin gesprochen wird, Vorschub geleistet wird und andere Länder folglich weniger Möglichkeiten haben, von der Arbeit mobiler Forscher zu profitieren,

M.   in der Erwägung, dass die Mobilität wesentlich zur Ausbildung von Doktoranden dazugehört, da sie weiterreichende Erfahrungen in der Forschung und größere Möglichkeiten im Hinblick auf die Laufbahnentwicklung ermöglicht,

N.   in der Erwägung, dass die Mobilität in manchen Mitgliedstaaten erheblich dazu beiträgt, dass diese ihre Schwierigkeiten bei der Ausbildung ihrer eigenen jungen Forscher in Bereichen, in denen es keine kritische Masse von Doktoranden oder keine angemessene Forschungsinfrastruktur gibt, überwinden,

O.   in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit zwischen Forschungsinstituten, Unternehmen und Industriebetrieben verbessert werden sollte, um den Austausch von Wissen, verbesserte Innovation und einen wirksameren Einsatz von Finanzmitteln zu gewährleisten,

P.   in der Erwägung, dass die Beteiligung an gemeinschaftlichen Forschungsprogrammen ein hervorragender Weg ist, um die Karriere von Forschern zu beschleunigen, weil sie einen Wettbewerb auf internationaler Ebene, den Zugang zu multinationalen Forschungsnetzen und umfassendere Finanzmittel für die Verbesserung ihrer eigenen Forschungseinrichtungen ermöglicht,

Q.  in der Erwägung, dass Frauen in den meisten Bereichen von Wissenschaft und Technologie und in leitenden Stellen immer noch unterrepräsentiert sind,

Offene Einstellungsverfahren und Portabilität von Stipendien

1.   begrüßt und unterstützt die Initiative der Kommission für eine europäische Partnerschaft für die Forscher und ist der Auffassung, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen bei der Beseitigung der wesentlichen Hindernisse, die der Vollendung eines EFR im Wege stehen, Wirkung zeigen dürften;

2.   betont, dass der Aufbau eines weltweit führenden europäischen Forschungssystems, der durch eine umfassende Partnerschaft zwischen der Kommmission und den Mitgliedstaaten bewerkstelligt werden muss, erfordert, dass alle Partner auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene einen umfassenden Beitrag leisten;

3.   erachtet es als notwendig, hier eine feste Verpflichtung einzugehen, indem konkrete Vorschläge zur vorgeschlagenen Initiative angenommen und die rasche Verwirklichung der Ziele des oben genannten spezifischen Programms "Menschen" sichergestellt werden;

4.   fordert, dass Informationen über Einstellungsmöglichkeiten für Forscher besser zugänglich und transparenter sind und die Einstellungsverfahren öffentlicher Einrichtungen offener abgewickelt werden; ist der Ansicht, dass Informationen über Einstellungen auf den Webseiten der Forschungsinstitute sowie auf der EURAXESS-Webseite veröffentlicht werden sollten;

5.   weist darauf hin, dass künftig ein einheitliches gemeinschaftliches Modell für die Forscherlaufbahn festgelegt und eingeführt und ein integriertes Informationssystem für Arbeitsangebote und Praktikumsverträge im Bereich der Forschung in der Europäischen Union eingerichtet werden muss, und ist der Auffassung, dass dies von großer Bedeutung für die Schaffung eines einheitlichen Arbeitsmarktes für Forscher ist;

6.   erachtet es in diesem Zusammenhang als notwendig und wichtig, dass alle Partner einen Beitrag leisten, dass sich die Mitgliedstaaten entschlossen an diesem Prozess beteiligen und die Kommission für die Unterstützung der Verfahren und Maßnahmen zwischen den Partnern verantwortlich ist, indem sie Anleitungen und genaues Informationsmaterial erstellt und verbreitet und den Austausch bewährter Verfahren ermöglicht;

7.   fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Standards für die gegenseitige Anerkennung von Forschungsqualifikationen und insbesondere von nicht-formellen Qualifikationen auszuarbeiten;

8.   hebt erneut den Stellenwert der Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 zur Einrichtung eines Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen(4) (EQR) hervor und fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten dazu anzuregen, ihre eigenen nationalen Qualifikationsrahmen zu schaffen, und sie dabei zu unterstützen, damit sie sich bis 2010 dem EQR anschließen können;

9.   fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre Bemühungen zur Umsetzung der Grundsätze zu verstärken, die in der oben angeführten Europäischen Charta für Forscher und im Verhaltenskodex für die Einstellung von Forschern enthalten sind;

10.   ermuntert die Mitgliedstaaten und öffentlichen Forschungseinrichtungen, die notwendigen Unterstützungsleistungen für Forscher zu erbringen, indem sie die Bewerbungsverfahren vereinfachen und Forschern leichter Zugang zu Finanzmitteln verschaffen und ihnen beispielsweise Finanzhilfen gewähren, mit deren Hilfe sie ihren Forschungsbereich frei wählen können; fordert in diesem Zusammenhang, dass die Mitgliedstaaten und die Kommission für die Vereinheitlichung der Bewerbungsformulare für die Mobilität von Forschern sorgen;

11.   fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Zusammenhang mit der Tatsache, dass im Laufe einer Forscherkarriere eine Interaktion notwendig ist und alle teilnehmenden Forscher mobil sein müssen, die Mobilitäts- und Partnerschaftsprogramme mit Drittländern wie z.B. Erasmus Mundus zu berücksichtigen;

12.   ermuntert die Mitgliedstaaten und die Kommission, die notwendigen Voraussetzungen für die Einführung der Portabilität von einzelnen Forschungsstipendien zu prüfen, wenn dies den Geldgebern ermöglicht, ihre Forschungserfordernisse besser zu erfüllen, und den Forschern, Zugang zu Forschungseinrichtungen zu erhalten, die in ihren eigenen Einrichtungen nicht zur Verfügung stehen; ist der Ansicht, dass bei dieser Prüfung insbesondere die Folgen der Portabilität für Forschungseinrichtungen in den Mitgliedstaaten und die Gefahr einer "ungleichen Verteilung der Forscher" innerhalb der Europäischen Union sowie zwischen dieser und Drittländern untersucht werden sollten;

13.   vertritt die Auffassung, dass durch eine größere Mobilität von Forschern und eine Aufstockung der Ressourcen der Einrichtungen, die Forscher aus anderen Mitgliedstaaten anziehen, die Bildung von Exzellenzzentren beflügelt und die Verbreitung der Spitzenforschung in der gesamten Europäischen Union gefördert würden;

14.   hält es für wichtig, die Auswahl- und Förderverfahren für Forscher und Forscherinnen vollständig offen und transparent zu gestalten; fordert die Mitgliedstaaten auf, für ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Männern und Frauen in den für die Einstellung und Förderung von Forschern verantwortlichen Einrichtungen zu sorgen;

15.   vertritt die Auffassung, dass die Mobilität der Forscher in Europa Vorrang erhalten sollte, um sicherzustellen, dass Erkenntnisse verbreitet werden und innovative Pionierforschung in verschiedenen Disziplinen einsatzbereite und kompetente Forscher und umfangreichere Finanzmittel mobilisiert;

16.   fordert dazu auf, den Austausch mit Wissenschaftlern und Forschern aus Drittländern durch die Einführung von Regelungen wie z. B. Sondervisa für Forscher zu erleichtern;

17.   vertritt die Auffassung, dass die Mobilität durch ein System von "Forschungsgutscheinen" gefördert werden sollte, das die Aufnahme von Forschern aus anderen Mitgliedstaaten für die Gasteinrichtungen und -universitäten attraktiver und vorteilhafter macht; ist der Ansicht, dass diese Forschungsgutscheine Geld für Forscher transferieren und an die Personen gebunden sein sollten, die eine Tätigkeit an Forschungseinrichtungen in einem anderen Mitgliedstaaten als ihrem eigenen aufnehmen; ist ferner der Auffassung, dass diese zusätzliche Unterstützung für die Mobilität von Forschern ergänzend zu den derzeitigen Förderregelungen gewährt werden sollte, und dass solche Forschungsgutscheine einen Anreiz für die Mitgliedstaaten und für die Forschungseinrichtungen darstellen dürften, miteinander um die Anwerbung der talentiertesten Wissenschaftler zu konkurrieren;

Sozialversicherung und zusätzliche Altersversorgung mobiler Forscher

18.   fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Möglichkeit zu prüfen, einen europäischen Rentenfonds für Forscher einzurichten, und zwar unabhängig von der Dauer der Forschungsverträge;

19.   weist erneut darauf hin, dass die Mitgliedstaaten nur in der Lage sind, umfassende nationale Aktionspläne auszuarbeiten, mit denen eine breite europäische Partnerschaft erreicht werden kann, wenn sie die Standpunkte der Forscher, der nationalen Forschungseinrichtungen und der in die Forschungspolitik eingebundenen Interessengruppen berücksichtigen;

Attraktive Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen

20.   fordert die Mitgliedstaaten und öffentlichen Forschungseinrichtungen auf, die notwendigen Unterstützungsleistungen für Forscher aus anderen Ländern zu erbringen, einschließlich Unterbringung, Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen; ist der Ansicht, dass diese Leistungen auf allen Webseiten mit Einstellungsangeboten für Forscher angekündigt werden sollten;

21.   fordert, dass die Arbeitsbedingungen sowohl für Forscherinnen als auch für Forscher flexibler gestaltet werden, so dass sie ihre Arbeit mit ihrem Familienleben vereinbaren können, und fordert, dass das geschlechtsspezifische Gefälle bei den Bezügen von Forschern abgeschafft wird;

22.   fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen einzuführen, die eine Familienzusammenführung ermöglichen, wenn beide Ehepartner in der Forschung arbeiten;

23.   fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Chancen im Rahmen der Förderregelungen unter dem genannten spezifischen Programm "Menschen" besser zu nutzen, um eine Abwanderung von Forschern aus der Europäischen Union zu vermeiden; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Rückkehr in die eigene Einrichtung für Forscher durch Gehaltserhöhungen oder zusätzliche Vergütungen attraktiver zu machen, um sicherzustellen, dass die finanziellen Bedingungen mit jenen des Mobilitätszeitraums vergleichbar sind;

24.   fordert die Mitgliedstaaten und die öffentlichen Forschungseinrichtungen auf, die Laufbahn von Forschern durch die Förderung von Reformen zu verbessern, durch die der Arbeitsmarkt für Forscher stärker vom Wettbewerb geprägt und weniger durch die Zugehörigkeit zu einer Einrichtung eingeschränkt wird; ist der Ansicht, dass im Falle einer Anstellung für Forscher eine Anerkennung ihres Forschungsaufenthalts an einer ausländischen Lehreinrichtung erfolgen sollte;

25.   ist besorgt angesichts der fehlenden Flexibilität bei Verträgen für erfahrene oder am Laufbahnende angelangte Forscher, was nicht nur deren Mobilität einschränkt, sondern auch einen funktionierenden Austausch von Wissen und Erfahrungen behindert; bedauert, dass es im Privatsektor oft keine Regelungen für die Vergütung und das Personalmanagement gibt, die denen im öffentlichen Sektor entsprechen;

26.   fordert die Mitgliedstaaten auf, die Beteiligung am Siebten Rahmenprogramm für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (2007-2013)(5) zu erleichtern, indem sie wirksame Unterstützungsleistungen gewährleisten, insbesondere nationale Anlaufstellen, um Kofinanzierungsmöglichkeiten besser zu nutzen;

27.   fordert die Mitgliedstaaten und öffentlichen Forschungseinrichtungen auf, Anreize für Mobilität zu bieten, etwa dadurch, dass Mobilität als wesentliche Empfehlung für die Anstellung bewertet wird und dass Forscher nach der Rückkehr aus einem anderen Mitgliedstaat rascher aufsteigen können;

28.   ist der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten die für die Forschung bestimmten Haushaltsmittel weiter aufstocken müssen, um qualitativ gute Arbeitsplätze schaffen zu können, die im Einklang mit den grundlegenden ethischen Prinzipien und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen;

Verbesserung der Ausbildung und der Erfahrung europäischer Forscher

29.   ermuntert die Mitgliedstaaten, die Erfahrung von Forschern im Industriesektor als wertvollen Pluspunkt für ihre Karriereentwicklung anzuerkennen, um die Mobilität zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor zu fördern;

30.   fordert die Mitgliedstaaten auf, in die angewandte Forschung zu investieren, damit die Zusammenarbeit zwischen den Universitäten, den Forschungseinrichtungen und dem Privatsektor verbessert wird;

31.   fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Karrieremöglichkeiten für junge Forscher zu verbessern, z. B. durch eine stärkere Förderung und eine Karriereentwicklung auf der Grundlage von Leistung anstelle des Dienstalters, wie etwa Innovationsfähigkeit, Praktika in Unternehmen usw.;

32.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, den Rechtsstatus von Doktoranden in den Mitgliedstaaten zu prüfen, um die Möglichkeit der Einführung eines einheitlichen Doktorandenstatus im Rahmen der Arbeitsrechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zu sondieren;

33.   fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Verbesserung der Karriereaussichten junger Forscher zu fördern, unter anderem indem eine fachübergreifende Ausbildung unterstützt und der Wert einer fachübergreifenden Mobilität anerkannt wird;

34.   fordert die Mitgliedstaaten auf, Innovation durch die Förderung der interdisziplinären, multidisziplinären und internationalen Mobilität von älteren, erfahrenen Forschern zu unterstützen, auch um zu Fortschritten in der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses beizutragen;

35.   setzt sich nachdrücklich für bessere Fortbildungsmöglichkeiten für Forscher ein, um so ihre Beschäftigungsfähigkeit und ihre Karrierechancen zu verbessern;

36.   betont, dass die Grundlagen für Spitzenforschung in einer Wissensgesellschaft bereits in der Schule gelegt werden; fordert die Mitgliedsstaaten daher auf, ihren Zusagen im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Haushaltsmitteln für die Bildung nachzukommen;

37.   fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, gemäß der von ihnen eingegangenen Verpflichtung, wonach bis 2010 durchschnittlich ein Anteil von 3 % der Haushaltsmittel für die Forschung bereitgestellt werden soll und zusätzliche 600 000 Forscher ausgebildet werden sollen, der wissenschaftlichen Forschung im Haushaltsplan der Europäischen Union mehr Gewicht zu geben;

38.   weist mit Nachdruck darauf hin, dass besondere Aufmerksamkeit den Doktoranden gewidmet werden sollte, da sie im Allgemeinen am Anfang einer wissenschaftlichen Laufbahn stehen; ist der Ansicht, dass die Mobilität junger Forscher, insbesondere in Exzellenznetzen, einen größeren Beitrag zur Entwicklung der europäischen Forschung leisten könnten;

39.   fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, bessere Kontakte und eine größere Mobilität von Forschern und Managern zwischen der akademischen Gemeinschaft und der Industrie zu unterstützen, indem ehrgeizige Konzepte wie etwa das Abkommen der Industrie für Ausbildung durch Forschung in Frankreich ("Conventions Industrielles de Formation par la Recherche (CIFRE)") gefördert werden;

40.   ist der Auffassung, dass ein intensiverer Austausch im Rahmen der maßgeblichen Hochschulprogramme der Europäischen Union, die sich auf die Forschung konzentrieren, den künftigen Generationen von europäischen Forschern den Weg ebnen und dem Forschungssektor mehr Dynamik verleihen würde;

o
o   o

41.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. L 400 vom 30.12.2006, S. 270.
(2) ABl. C 175 vom 28.7.2009, S. 81.
(3) ABl. L 75 vom 22.3.2005, S. 67.
(4) ABl. C 111 vom 6.5.2008, S. 1.
(5) ABl. L 412 vom 30.12.2006, S. 1.


Der Schutz der Verbraucher, insbesondere Minderjähriger, bei der Nutzung von Videospielen
PDF 135kWORD 52k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zu dem Schutz der Verbraucher, insbesondere Minderjähriger, bei der Nutzung von Videospielen (2008/2173(INI))
P6_TA(2009)0126A6-0051/2009

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 22. April 2008 über den Schutz der Verbraucher, insbesondere Minderjähriger, bei der Nutzung von Videospielen (KOM(2008)0207),

–   unter Hinweis auf die Entschließung des Rates vom 1. März 2002 zum Schutz der Verbraucher, insbesondere Minderjähriger, durch Kennzeichnung bestimmter Video- und Computerspiele nach Zielaltersgruppen(1),

–   unter Hinweis auf die Empfehlung 2006/952/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Schutz Minderjähriger und den Schutz der Menschenwürde und über das Recht auf Gegendarstellung im Zusammenhang mit der Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Industriezweiges der audiovisuellen Dienste und Online-Informationsdienste(2),

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Dezember 2007 über ein europäisches Konzept für die Medienkompetenz im digitalen Umfeld (KOM(2007)0833),

–   gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für Kultur und Bildung und des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A6-0051/2009),

A.   in der Erwägung, dass Videospiele in Europa weit verbreitet sind und immer beliebter werden und der Markt für Videospiele rasch wächst,

B.   in der Erwägung, dass Videospiele überwiegend gewaltfrei sind und ihre Nutzer häufig nicht nur unterhalten, sondern auch zur Entwicklung bestimmter Fähigkeiten beitragen und Wissen vermitteln,

C.   in der Erwägung, dass Videospiele ursprünglich vorwiegend für Minderjährige produziert wurden, inzwischen jedoch immer mehr Videospiele speziell für Erwachsene entwickelt werden,

D.   in der Erwägung, dass der Markt für Videospiele global ist,

E.   in der Erwägung, dass es in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fällt, über Maßnahmen zur Einschränkung des Verkaufs von Videospielen bzw. über deren Verbot zu entscheiden,

F.   in der Erwägung, dass der Schutz der geistigen Gesundheit von Kindern Nulltoleranz und ein entschiedenes Vorgehen im Falle von Verstößen gegen Vorschriften zum Schutz von Kindern in Verbindung mit der Nutzung von Videospielen erfordert,

1.   begrüßt die oben genannte Mitteilung der Kommission über den Schutz der Verbraucher, insbesondere Minderjähriger, bei der Nutzung von Videospielen;

2.   unterstreicht den Beitrag der Spieleindustrie zur Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Agenda und betont die multikulturellen Aspekte vieler Spiele;

3.   betont, dass Videospiele ein ausgezeichnetes Mittel der Anregung darstellen und nicht nur zur Unterhaltung, sondern auch zu Bildungszwecken genutzt werden können; ist der Ansicht, dass sich Schulen mit Videospielen befassen und Schüler und Eltern über den Nutzen und die Nachteile von Videospielen unterrichten sollten;

4.   hebt hervor, dass Videospiele für Bürger aller Altersgruppen und Gesellschaftsschichten eine der beliebtesten Freizeitbetätigungen sind; erkennt den erzieherischen Wert von Videospielen auch im Hinblick auf die leichtere Heranführung von Minderjährigen an die neuen Technologien an; teilt jedoch die Sorge der Kommission wegen der potenziellen Gefahren, die mit einer unsachgemäßen Nutzung von Videospielen durch Minderjährige verbunden sind;

5.   ist der Ansicht, dass Videospiele das Erlernen von Fakten und Fähigkeiten, die in der Informationsgesellschaft von Bedeutung sind, wie zum Beispiel strategisches und innovatives Denken, Kreativität und Zusammenarbeit, unterstützen können;

6.   verweist auf den Nutzen von Videospielen in der Medizin und insbesondere darauf, dass sich die sogenannte "Videospieltherapie" als wirksam für die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten, Menschen mit traumatischen Gehirnverletzungen, Menschen mit Muskelproblemen und autistischen Kindern erwiesen hat;

7.   ist der Ansicht, dass harmonisierte Bestimmungen für die Kennzeichnung von Videospielen dazu führen, dass die Kennzeichnungssysteme bekannter werden, und gleichzeitig das wirksame Funktionieren des Binnenmarktes fördern; begrüßt deshalb die Tätigkeit des Rates und der Kommission zur Förderung der Annahme EU-weiter Kennzeichnungsregelungen für Videospiele und zur Schaffung eines freiwilligen Verhaltenskodexes für interaktive Spiele, die Kinder als Zielgruppe haben;

8.   nimmt zur Kenntnis, dass sich die Marktbedingungen wesentlich verändert haben, denn früher wurden Videospiele überwiegend in Geschäften gekauft und auf einem Computer oder einer Spielkonsole gespielt, während heute Spiele im Internet erworben und heruntergeladen werden können;

9.   nimmt zur Kenntnis, dass Videospiele auf unterschiedlichen Plattformen gespielt werden können, zum Beispiel auf Spielkonsolen und Personalcomputern, jedoch auch zunehmend auf mobilen Geräten, wie zum Beispiel Mobiltelefonen;

10.   weist darauf hin, dass Videospiele immer interaktiver werden oder sogar einen dynamischen Inhalt haben, der es den Nutzern erlaubt, Teile des Spiels selbst zu entwickeln; stellt fest, dass Nutzer sich zunehmend an Diskussionsforen (Text Chat und Voice Chat) und an Online-Gemeinschaften, die in bestimmte Videospiele integriert sind, beteiligen können; verweist auf die Differenzierung des Marktes, die zur Folge hat, dass mehr Spiele speziell für Erwachsene entwickelt werden;

11.   ist der Ansicht, dass die aktuellen Entwicklungstrends deutlich zeigen, wie wichtig der angemessene Schutz von Minderjährigen ist, indem u.a. dafür gesorgt wird, dass schädliche Inhalte für sie nicht zugänglich sind;

12.   verweist darauf, dass die Kontrolle durch die Eltern immer schwieriger wird, da Online-Videospiele nicht in einer stofflichen Verpackung mit klarer und einfach lesbarer Kennzeichnung verkauft werden und Kinder ohne Wissen oder Zustimmung ihrer Eltern Videospiele herunterladen können, die für ihr Alter nicht geeignet sind;

13.   stellt fest, dass Gewalt in Videospielen zwar nicht automatisch zu gewalttätigem Verhalten führt, einigen Wissenschaftlern zufolge jedoch Personen, die lange Zeit Gewaltszenen in Videospielen ausgesetzt sind, negativ beeinflusst werden und unter bestimmten Umständen ein gewalttätiges Verhalten entwickeln können; stellt deshalb fest, dass ein Vorsorgeansatz verfolgt werden sollte, wenn es um die Auswirkungen der Spiele auf das Verhalten – vor allem von Kleinkindern – geht;

14.   betont, dass einige Spieler ein problematisches Suchtverhalten an den Tag legen; ruft Produzenten, Einzelhändler, Eltern und andere Akteure dazu auf, Maßnahmen zu treffen, um jedwede negativen Auswirkungen zu vermeiden;

15.   unterstreicht, dass die aktuellen Entwicklungen die Notwendigkeit einer wirksamen Altersüberprüfung für Spiele und insbesondere für Online-Spiele verstärken;

16.   ist der Ansicht, dass unterschiedliche Ansätze zur Verstärkung der Kontrolle von Videospielen untersucht werden sollten, räumt jedoch gleichzeitig ein, dass wahrscheinlich keines dieser Systeme eine absolute Garantie dafür bieten kann, dass Kinder keinen Zugang zu ungeeigneten Videospielen erlangen;

17.   ruft die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in Zusammenarbeit mit der Branche zu untersuchen, ob es sinnvoll ist, einen "roten Knopf" zu entwickeln, der in (mobile) Konsolen oder Spieleinrichtungen und in Computer integriert werden kann und bestimmte Spiele deaktiviert oder den Zugang zu einem Spiel während einer bestimmten Tageszeit bzw. den Zugang zu bestimmten Teilen des Spiels sperrt;

18.   fordert zusätzliche Bemühungen in dieser Hinsicht – einschließlich der Möglichkeit der Aufnahme einer akustischen Warnung in das europäische Alterseinstufungssystem PEGI (Pan-European Game Information) – und rechnet damit, dass der gewerbliche Spielesektor systematisch Zugangsmodelle für Online-Spiele vorsieht, um sicherzustellen, dass Minderjährige keinen schädlichen Online-Inhalten ausgesetzt sind;

19.   unterstreicht die Bedeutung angemessener Kontrollmaßnahmen für Online-Käufe von Videospielen, einschließlich von Käufen per Kreditkarte oder Gutschein;

20.   ist der Ansicht, dass die Entwicklungen auf dem Gebiet von Videospielen und insbesondere von Online-Videospielen es erfordern, dass der Inhalt von Videospielen mehr ins öffentliche Bewusstsein gerückt wird, dass Eltern eine stärkere Kontrolle ausüben und Instrumente wie das System PEGI geschaffen werden; begrüßt die von der Branche bereits getroffenen Maßnahmen zur Einrichtung von Selbstkontrolle;

21.   begrüßt das System PEGI Online, bei dem es sich um eine logische Weiterentwicklung von PEGI handelt und das sich auf Videospiele bezieht, die über das Internet bereitgestellt werden, z. B. Download- oder Online-Spiele; begrüßt seine anhaltende Kofinanzierung durch die Kommission im Rahmen des Programms "Sicheres Internet", dessen Ziel darin besteht, Probleme in Verbindung mit der sicheren Nutzung des Internet durch Kinder und neuen Online-Technologien zu bewältigen; fordert die Kommission auf, in Verbindung mit dem Programm zur Förderung eines sichereren Internets eine systematische Studie über die Wirkung von Videospielen auf Minderjährige zu fördern;

22.   begrüßt die Arbeit des Europarates zur Aufstellung von Leitlinien für Videospiele sowie zur Förderung des Wissens über Internet-Sicherheit im Allgemeinen unter Kindern;

23.   ist der Auffassung, dass nationale Informations- und Sensibilisierungskampagnen für Verbraucher – vor allem Eltern – durchgeführt werden sollten, um ihnen Hilfestellung bei der Auswahl von Videospielen zu geben, die für das Alter und den Wissensstand ihrer Kinder geeignet sind, und Produkte zu vermeiden, die nicht angemessen gekennzeichnet sind; hält die Mitgliedstaaten dazu an, diesbezüglich bewährte Praktiken auszutauschen;

24.   ist der Ansicht, dass das System PEGI für die Einstufung von Spielen ein wichtiges Instrument ist, das die Transparenz für Verbraucher, insbesondere für Eltern, beim Kauf von Spielen verbessert hat, da es ihnen ermöglicht wird, wohlüberlegt zu entscheiden, ob ein Spiel für Kinder geeignet ist; bedauert jedoch, dass viele Verbraucher und insbesondere viele Eltern offensichtlich kein ausreichendes Wissen über Videospiele und ihre möglichen Auswirkungen auf Kinder haben;

25.   fordert die Kommission auf, Maßnahmen vorzuschlagen, die zu einem sichereren Umfeld für Online-Videospiele beitragen, einschließlich innovativer Methoden, die Minderjährige am Zugang zu Online-Videospielen hindern, deren Inhalt für sie ungeeignet ist;

26.   ruft die Mitgliedstaaten zu einer anhaltenden engen Zusammenarbeit mit dem Ziel des Schutzes von Minderjährigen auf; ruft die Hersteller von Videospielen und Spielkonsolen auf, die Systeme PEGI und PEGI Online weiter zu verbessern und insbesondere regelmäßig die Kriterien für die Alterseinstufung und Kennzeichnung auf den neuesten Stand zu bringen, PEGI aktiver bekannt zu machen und die Liste der Unterzeichner zu erweitern; fordert die Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, dafür Sorge zu tragen, dass nationale Bewertungssysteme nicht auf eine Art und Weise entwickelt werden, die zur Fragmentierung des Marktes führt;

27.   ruft die Kommission und die Mitgliedstaaten dazu auf, mit Verbraucherorganisationen und anderen Beteiligten zusammenzuarbeiten, um mithilfe von Aufklärungskampagnen das Wissen über die vorhandenen Klassifikationssysteme und namentlich das System PEGI unter den Verbrauchern und insbesondere unter jungen Verbrauchern und deren Eltern zu erhöhen; unterstreicht die Bedeutung der Verbreitung dieser Informationen an Schulen;

28.   fordert die Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, Kampagnen zur Information der Eltern und der Lehrer durchzuführen, um die technologische Generationskluft zu überwinden und die Systeme PEGI und PEGI Online sowie eine sicherere und bewusstere Nutzung der neuen Technologien einschließlich der Videospiele zu fördern;

29.   fordert die Kommission auf, kurzfristig den Austausch bewährter Praktiken unter den zuständigen nationalen Bildungsbehörden zu erleichtern, um die Vermittlung der Kompetenz für den Umgang mit Spielen in die Bildungsziele von Primär- und Sekundarschulen einzubeziehen; ruft alle Beteiligten dazu auf, regelmäßig Erfahrungen und Informationen auszutauschen, um die bestmöglichen Maßnahmen in Bezug auf Videospiele festlegen zu können;

30.   betont, dass gegenwärtig nicht in allen Mitgliedstaaten geregelt ist, dass Einzelhändler Spiele mit Gewaltszenen ausschließlich an Erwachsene verkaufen dürfen; fordert die Inhaber von Internet-Cafés auf, Kinder am Spielen von Spielen zu hindern, die für höhere Altersklassen eingestuft sind; verweist auf die am 9. Dezember 2008 veröffentlichte Eurobarometer-Umfrage "Auf dem Weg zu einer sichereren Nutzung des Internets für Kinder in der EU - aus dem Blickwinkel der Eltern"(3), in der festgestellt wurde, dass 3,2 % der Kinder im Alter von 6 bis 17 Jahren ohne Beaufsichtigung durch Erwachsene in Internet-Cafés auf das Internet zugreifen; ist der Ansicht, dass ein gemeinsames Konzept für die Verhängung von harten Strafen gegen Einzelhändler und Inhaber von Internet-Cafés erforderlich ist; fordert deshalb die Mitgliedstaaten auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass Kinder Spiele erwerben und spielen, die für höhere Altersklassen gedacht sind, zum Beispiel durch Prüfung ihrer Identität; unterstützt den Vorschlag der Kommission, einen europaweit geltenden Verhaltenskodex für Einzelhändler und Hersteller von Videospielen einzuführen, um dem Verkauf von Videospielen mit gewalttätigem und schädlichem Inhalt an Minderjährige zu vorzubeugen;

31.   fordert die Mitgliedstaaten auf, spezifische zivil- und strafrechtliche Rechtsvorschriften im Hinblick auf den Verkauf von Fernseh-, Video- und Computerspielen mit gewalttätigem Inhalt auszuarbeiten; ist der Ansicht, dass dabei den Online-Spielen, die sich in erster Linie an Kinder und Jugendliche wenden und darauf ausgerichtet sind, Gewinne zu erzielen, besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte;

32.   fordert die Kommission auf, durch spezifische Rechtsvorschriften dem Missbrauch von Online-Spielen für unlautere kommerzielle Tätigkeiten entgegenzuwirken, beispielsweise solchen, die minderjährige Nutzer auf unredliche Weise dazu verleiten, rechtliche Verpflichtungen einzugehen (z. B. durch automatisches Abonnieren oder bösartige Dialer-Programme, die teure gebührenpflichtige Rufnummern anwählen) und solchen, die wettbewerbswidrige Werbebotschaften aussenden (z. B. Produktplatzierung oder andere verdeckte Marketingtechniken);

33.   ruft die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, mit Behörden in anderen Teilen der Welt zusammenzuarbeiten, um die Verabschiedung internationaler Leitlinien, Kennzeichnungssysteme und Verhaltensregeln zur Förderung globaler Klassifikationssysteme für Videospiele und Online-Spiele anzuregen;

34.   ist der Auffassung, dass die Branche dabei unterstützt werden sollte, die Systeme der Selbstkontrolle weiterzuentwickeln und zu verbessern, und dass gegenwärtig kein Bedarf an EU-weiten Rechtsvorschriften in diesem Bereich besteht;

35.   verweist darauf, wie wichtig es ist, dass die Medien das Verantwortungsbewusstsein der Eltern erhöhen und die Ausstrahlung von Werbung für Erwachsenen-Videospiele auf Zeiten beschränken, in denen weniger Kinder fernsehen;

36.   ist der Auffassung, dass die für das Verbot von Videospielen zuständigen staatlichen Behörden die entsprechenden Stellen in anderen Mitgliedstaaten unterrichten und das Verbot durch Versand einer automatischen Warnmeldung im System PEGI veröffentlichen sollten;

37.   fordert die Kommission auf, im Rahmen des Programms MEDIA und nationaler steuerlicher Fördermaßnahmen neue Entwicklungen in diesem schnell wachsenden Bereich der kreativen Wissensgesellschaft zu unterstützen, insbesondere durch Förderung der bildungs-, multimedia- und kulturspezifischen Elemente von Videospielen sowie mithilfe der Förderung entsprechender Ausbildungsmöglichkeiten und Studiengänge;

38.   fordert die Kommission auf, Leitlinien zu entwickeln, um mögliche Interessenkonflikte zwischen Einstufungsstellen zu vermeiden und die Unabhängigkeit solcher Organisationen von der Industrie verpflichteten Interessengruppen zu wahren;

39.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. C 65 vom 14.3.2002, S. 2.
(2) ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 72.
(3) http://ec.europa.eu/public_opinion/flash/fl_248_en.pdf.


Schaffung eines gemeinsamen Luftverkehrsraums mit Israel
PDF 114kWORD 34k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zur Schaffung eines gemeinsamen Luftverkehrsraums mit Israel (2008/2136(INI))
P6_TA(2009)0127A6-0090/2009

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis der Mitteilung der Kommissionvom 9.November 2007 "Schaffung eines gemeinsamen Luftverkehrsraums mit Israel" (KOM(2007)0691),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Januar 2006 zu der Weiterentwicklung der Luftfahrtaußenpolitik der Gemeinschaft(1),

–   gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr (A6-0090/2009),

A.   in der Erwägung, dass die regulatorische Konvergenz eine Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss umfassender Luftverkehrsabkommen ist, insbesondere in Bezug auf Regelungen über Flugsicherheit, Luftsicherheit, Wettbewerb, staatliche Beihilfen, Umweltschutz und Beschäftigungsrechte von Arbeitnehmern,

B.   in der Erwägung, dass sich die Kommission bei der Aushandlung eines umfassenden Luftverkehrsabkommens mit Israel auf das Fachwissen und Informationen der Mitgliedstaaten und anderer interessierter Parteien stützen muss und dass sie diese vor, während und nach den Verhandlungen einbinden muss,

C.   in der Erwägung, dass Israel der wichtigste Luftverkehrsmarkt im Nahen Osten ist und über großes Wachstumspotenzial verfügt, sowie dass es eine strategische Position als Brücke zwischen Europa und dem Nahen Osten sowie weiter entfernt liegenden Regionen innehat,

1.   begrüßt die Einleitung der Verhandlungen mit Israel über ein umfassendes Luftverkehrsabkommen;

2.   betont, wie wichtig das Abkommen dafür ist, dass die Voraussetzungen für die Ausweitung des gemeinsamen Luftverkehrsraums geschaffen werden können;

3.   betont, dass das Abkommen nicht den Grad des Marktzugangs begrenzen sollte, der in den geltenden bilateralen Abkommen bereits erzielt wurde;

4.   betont, dass das Abkommen in Bezug auf Marktzugang ausgewogen sein sollte und dass die Marktöffnung zudem schrittweise, gegenseitig und nachhaltig erfolgen sollte;

5.   betont, dass die Märkte stets erst dann geöffnet werden sollten, nachdem regulatorische Konvergenz im Hinblick auf Flugsicherheit, Luftsicherheit, Umweltschutz, staatliche Beihilfen und Wettbewerbsrecht sowie Beschäftigungsrechte der Arbeitnehmer hergestellt ist und dass der Grad der Liberalisierung daran zu knüpfen ist, inwieweit in diesen Bereichen gleiche Bedingungen geschaffen worden sind;

6.   räumt ein, dass der Luftverkehr für Lang- und Mittelstreckenrouten die schnellste Verbindung zwischen Ländern, Orten und Menschen darstellt und auch künftig das attraktivste Verkehrsmittel sein wird, was Geschwindigkeit und Kosten betrifft;

7.   erkennt an, dass der Luftverkehrssektor einen wichtigen Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen leistet, sowohl direkt als auch indirekt, insbesondere indem er Orte in der Welt miteinander verbindet, an denen zum gegebenen Zeitpunkt keine anderen wettbewerbsfähigen Verkehrsmittel verfügbar sind; tritt jedoch für die Nutzung und Entwicklung der Intermodalität sowie anderer Verkehrsmittel ein;

8.   erkennt an, dass der Luftverkehrssektor bestimmte negative Auswirkungen auf die Umwelt hat, insbesondere was Lärm betrifft, und dass er erheblich zu Schadstoffemissionen beiträgt; hält es deshalb für sehr wichtig, dass das Abkommen die Möglichkeit zulässt, in der Europäischen Union Maßnahmen in Umweltfragen zu ergreifen, um die Auswirkungen des Luftverkehrs auf Wasser, Luftqualität und Lärmpegel abzumildern;

9.   betont, dass das Abkommen konsequente Regeln für die Flugsicherheit und Luftsicherheit vorsehen sollte;

10.   betont, dass die Verhandlungen in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten geführt werden sollten, die über das notwendige Fachwissen und Erfahrungen zur Unterstützung solcher Verhandlungen verfügen;

11.   fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass das Parlament und alle Betroffenen während der gesamten Verhandlungen umfassend informiert und konsultiert werden;

12.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Regierung und dem Parlament des Staates Israel zu übermitteln.

(1) ABl. C 287 E vom 24.11.2006, S. 84.


Mehrjähriger Wiederauffüllungsplan für Roten Thun im Ostatlantik und im Mittelmeer *
PDF 304kWORD 55k
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über einen mehrjährigen Wiederauffüllungsplan für Roten Thun um Ostatlantik und im Mittelmeer (KOM(2009)0093 – C6-0081/2009 – 2009/0029(CNS))

(Verfahren der Konsultation)

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an den Rat (KOM(2009)0093),

–   gestützt auf Artikel 37 des EG-Vertrags, gemäß dem es vom Rat konsultiert wurde (C6-0081/2009),

–   gestützt auf die Artikel 51 und 134 seiner Geschäftsordnung,

1.   billigt den Vorschlag der Kommission in der geänderten Fassung;

2.   fordert die Kommission auf, ihren Vorschlag gemäß Artikel 250 Absatz 2 des EG-Vertrags entsprechend zu ändern;

3.   fordert den Rat auf, es zu unterrichten, falls er beabsichtigt, von dem vom Parlament gebilligten Text abzuweichen;

4.   fordert den Rat auf, es erneut zu konsultieren, falls er beabsichtigt, den Vorschlag der Kommission entscheidend zu ändern;

5.   beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

Vorschlag der Kommission   Geänderter Text
Abänderung 1
Vorschlag für eine Verordnung
Erwägung 3 a (neu)
(3a)  Im Rahmen des Wiederauffüllungsplans der ICCAT werden die Vertragsparteien angehalten, ihre Fänge von Rotem Thun im Ostatlantik und im Mittelmeer im Jahr 2009 freiwillig einzuschränken und so eine Erholung der Bestände zu begünstigen; einige Vertragsparteien haben dies getan.
Abänderung 4
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 2 – Buchstabe g
g) "gemeinsamer Fangeinsatz": alle Einsätze mit zwei oder mehreren Fischereifahrzeugen unter der Flagge verschiedener Parteien oder verschiedener Mitgliedstaaten, bei denen der Fang eines Fahrzeugs nach einem bestimmten Schlüssel auf eines oder mehrere andere Fischereifahrzeuge aufgeteilt wird;
g) "gemeinsamer Fangeinsatz": alle Einsätze mit zwei oder mehreren Fischereifahrzeugen unter der Flagge verschiedener Parteien oder verschiedener Mitgliedstaaten oder von Fischereifahrzeugen unter derselben Flagge, bei denen der Fang eines Fahrzeugs nach einem bestimmten Schlüssel auf eines oder mehrere andere Fischereifahrzeuge aufgeteilt wird;
Abänderung 5
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 4 – Absatz 6 – Unterabsatz 3
Der Flaggenmitgliedstaat kann Schiffe, deren Quote als vollständig ausgeschöpft erachtet wird, auffordern, unverzüglich den von ihm bezeichneten Hafen anzulaufen.
Wenn der Flaggenmitgliedstaat die Quote eines Schiffes für vollständig ausgeschöpft erachtet, setzt er die Fanggenehmigung für Roten Thun aus und kann das betreffende Schiff auffordern, unverzüglich den von ihm bezeichneten Hafen anzulaufen.
Abänderung 6
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 21 – Absatz 1 – Einleitung
1.  Abweichend von Artikel 7 der Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 teilt der Kapitän eines Gemeinschaftsschiffs gemäß Artikel 14 der vorliegenden Verordnung oder sein Vertreter der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats (einschließlich des Flaggenmitgliedstaats) oder der Partei, dessen/deren Häfen oder Anlandeorte er benutzen will, mindestens vier Stunden vor der voraussichtlichen Ankunftszeit im Hafen Folgendes mit:
1.  Abweichend von Artikel 7 der Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 teilt der Kapitän eines Gemeinschaftsschiffs gemäß Artikel 14 der vorliegenden Verordnung oder sein Vertreter der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats (einschließlich des Flaggenmitgliedstaats) oder der Partei, dessen/deren Häfen oder Anlandeorte er benutzen will, mindestens vier Stunden vor der voraussichtlichen Ankunftszeit im Hafen oder – wenn die Entfernung zum Hafen geringer ist – nach Beendigung der Fangtätigkeit und vor Beginn der Rückfahrt Folgendes mit:
Abänderung 7
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 23 – Absatz 2 – Buchstabe a
a) die voraussichtliche Ankunftszeit;
a) das Ankunftsdatum, den Ankunftshafen und die voraussichtliche Ankunftszeit;
Abänderung 8
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 30 – Absatz 2 – Buchstabe a
a)  Anwesenheit von Beobachtern bei mindestens 20 % ihrer eingesetzten Ringwadenfänger mit einer Länge über 24 m;
a)  Anwesenheit von Beobachtern an Bord von 100 % ihrer eingesetzten Ringwadenfänger mit einer Länge über 24 m;
Abänderung 9
Vorschlag für eine Verordnung
Artikel 30 – Absatz 2 – Buchstabe b
b) bei gemeinsamen Fangeinsätzen die Anwesenheit eines Beobachters während des Fangeinsatzes.
b) bei gemeinsamen Fangeinsätzen die Anwesenheit eines Beobachters auf jedem Fischereifahrzeug während des Fangeinsatzes.

Verschlechterung der humanitären Lage in Sri Lanka
PDF 107kWORD 31k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zur Verschlechterung der humanitären Lage in Sri Lanka
P6_TA(2009)0129B6-0140/2009

Das Europäische Parlament,

–   gestützt auf Artikel 91 und Artikel 90 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.   in der Erwägung, dass ca. 170 000 Zivilisten im Kampfgebiet zwischen der Armee Sri Lankas und den Kräften der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) ohne Zugang zur elementarsten Hilfe festsitzen,

B.   in der Erwägung, dass Agenturen der Vereinten Nationen mehr als 2 300 zivile Todesopfer und mindestens 6 500 Verletzte seit Ende Januar 2009 dokumentiert haben,

1.   fordert einen unverzüglichen Waffenstillstand zwischen der Armee Sri Lankas und den LTTE, um der Zivilbevölkerung das Verlassen des Kampfgebiets zu ermöglichen; verurteilt alle Gewalttaten und Einschüchterungsaktionen, die Zivilisten am Verlassen der Konfliktzone hindern;

2.   verurteilt die Angriffe auf Zivilisten, die von der International Crisis Group dokumentiert wurden;

3.   fordert beide Seiten auf, das internationale humanitäre Recht zu achten und die Zivilbevölkerung im Kampfgebiet sowie im sicheren Bereich zu schützen und zu unterstützen;

4.   ist besorgt über Berichte, nach denen die von der Regierung Sri Lankas eingerichteten Flüchtlingslager völlig überbelegt und die dortigen Bedingungen entsprechend schlecht sind;

5.   fordert, dass internationalen und nationalen humanitären Organisationen sowie Journalisten uneingeschränkter und ungehinderter Zugang zum Kampfgebiet und zu den Flüchtlingslagern gewährt wird;

6.   fordert die Regierung Sri Lankas auf, mit Ländern und Hilfsorganisationen zusammenzuarbeiten, die gewillt und in der Lage sind, Zivilisten zu evakuieren;

7.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Regierung Sri Lankas, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und - zur Information - der Kommission zu übermitteln.


Die Zerstörung von landwirtschaftlich genutzten Flächen in der EU und insbesondere in Südeuropa als Herausforderung: Reaktionen mit Hilfe von Instrumenten der EU-Agrarpolitik
PDF 141kWORD 55k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zur Zerstörung von landwirtschaftlich genutzten Flächen in der EU und insbesondere in Südeuropa als Herausforderung: Reaktionen mit Hilfe von Instrumenten der EU-Agrarpolitik (2008/2219(INI))
P6_TA(2009)0130A6-0086/2009

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung in den von Dürre und/oder Wüstenbildung schwer betroffenen Ländern, insbesondere in Afrika, von 1994 und auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur biologischen Vielfalt von 1992,

–   unter Hinweis auf seinen Standpunkt festgelegt in erster Lesung am 14. November 2007 im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für den Bodenschutz (1),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Oktober 2008 zum Thema "Antworten auf die Herausforderung von Wasserknappheit und Dürre in der Europäischen Union"(2),

–   gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sowie der Stellungnahme des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (A6-0086/2009),

A.   in der Erwägung, dass die Landwirtschaft ein Wirtschaftszweig ist, der sehr stark von Naturereignissen abhängig ist und zugleich ein großes Potential an Interventionsmöglichkeiten bietet,

B.   in der Erwägung, dass die Landwirtschaft das beste Mittel ist, um die Bodenzerstörung zu verhindern, und daher eine fundierte Strategie zur Förderung der Erhaltung dieser Tätigkeit notwendig ist,

C.   in der Erwägung, dass die Landbevölkerung in der Europäischen Union eine wichtige Rolle bei der Eindämmung der Versteppung spielt und dass die Erzeuger in der Union wesentlich zur Erhaltung der Pflanzendecke in Regionen, die von anhaltenden Dürren heimgesucht werden, beitragen, sowie in der Erwägung, dass insbesondere Dauerkulturen, Wiesen und Wälder sich äußerst vorteilhaft auf den Wasserrückhalt auswirken,

D.   in der Erwägung, dass besonders in Südeuropa, aber auch in anderen Regionen der EU-Mitgliedstaaten, die landwirtschaftlich genutzten Böden wachsender Umweltzerstörung ausgesetzt sind, die auf schädliche Wechselbeziehungen zwischen menschlichen Tätigkeiten und Witterungsbedingungen zurückzuführen ist,

E.   in der Erwägung, dass auch die zu intensive Kultivierung von Flächen zur Erosion der Böden beitragen kann, die dann keinen Ertrag mehr bringen,

F.   in der Erwägung, dass die Versteppung gegenwärtig als eine der schwersten Bedrohungen zu betrachten ist, die zur Bodenzerstörung in den Mittelmeerländern führen,

G.   in der Erwägung, dass der Boden die Grundlage für die Produktion von menschlicher Nahrung, Futtermitteln, Textilien und Brennstoffen ist und eine wichtige Rolle bei der Abscheidung von CO2 spielt, dass der Boden heute jedoch mehr denn je irreversiblen Schäden durch Wind- und Laminarerosion, Verschmutzung, Versalzung, Versiegelung, den Verlust organischer Stoffe und den Rückgang der biologischen Vielfalt in den Böden ausgesetzt ist,

H.   in der Erwägung, dass zu den bereits erfassten negativen Auswirkungen hydrogeologische Störungen, das Eindringen von Meereswasser in das Grundwasser in Küstengebieten, die Versalzung der Böden, der Schwund landwirtschaftlich genutzter Flächen, der Rückgang der biologischen Vielfalt sowie die größere Anfälligkeit gegenüber Bränden, Pflanzenkrankheiten und Tierseuchen zählen,

I.   in der Erwägung, dass diese Änderungen bei den Wechselbeziehungen zwischen der natürlich-anthropogenen Umwelt und der für produktive Zwecke genutzten Umwelt erhebliche Auswirkungen auf die Pflanzen- und Tierzucht, die Ausrichtung auf den Anbau bestimmter Kulturpflanzen auf den Böden und das Angebot an Lebensmitteln haben, was mit deutlichen Folgen für die Lebensmittelsicherheit und – wegen der Aufgabe von Betrieben – für das soziale, kulturelle und wirtschaftliche Gefüge der betroffenen Gebiete einhergeht und auch hydrogeologische Auswirkungen mit sich bringt,

J.   in der Erwägung, dass die Bewässerung auch zur Erhaltung der Bodenfeuchtigkeit und zum Auffüllen der Grundwasserleiter dient und dass diese Faktoren bei der Planung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) berücksichtigt werden sollten,

K.   in der Erwägung, dass Wasserknappheit und Dürre den Preisanstieg für landwirtschaftliche Rohstoffe noch verschärfen, dass aber gleichzeitig eine kontinuierliche Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln gewährleistet sein muss,

L.   in der Erwägung, dass bei land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeiten Möglichkeiten der Verbesserung der CO2-Gesamtbilanz bestehen, wodurch ein Beitrag zur Verringerung der Treibhausgasemissionen geleistet werden könnte,

M.   unter Hinweis auf das oben genannte Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung, dessen Ziel die Bekämpfung der Verschlechterung der Bodenqualität von Anbauflächen und der Trockenheit ist, sowie auf die Unterstützung dieses Übereinkommens durch das Europäische Parlament,

N.   in der Erwägung, dass die Wasser-Rahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG(3) als grundlegendes Instrument den Regelungsrahmen für den Schutz der Böden darstellt, indem sie die Zusammenarbeit zwischen den Regionen, die nachhaltige Nutzung von Wasser und den Schutz der verfügbaren Wasserressourcen fördert und gleichzeitig zur Milderung der Auswirkungen von Hochwasser und Dürre beiträgt,

O.   in der Erwägung, dass ein integrierter und multidisziplinärer Ansatz verfolgt werden muss, damit nicht erst im Ernstfall nach Lösungen gesucht wird, was weitere negative Auswirkungen und schädliche Kettenreaktionen auslösen könnte,

P.   in der Erwägung, dass die Situation eingehend beobachtet werden sollte, damit bestehende Phänomene und das Entstehen neuer Risikosituationen erfasst werden können, indem Satellitenbeobachtungssysteme und geobiochemische (kartografische) Methoden hierfür gezielt zum Einsatz kommen,

Q.   in der Erwägung, dass extreme Witterungsbedingungen immer häufiger auftreten und sich dabei Dürreperioden und starke Niederschläge abwechseln, wodurch die Lithosphäre zusehends beeinträchtigt wird, insbesondere in Gebieten in Nord- und Südeuropa, in denen die Böden aufgrund ihrer Struktur stärker gefährdet sind,

R.   in der Erwägung, dass weltweit ein Anstieg der Nachfrage nach Lebensmitteln und der Lebensmittelpreise zu verzeichnen war,

1.   ist der Ansicht, dass in die Leitlinien der Gemeinsamen Agrarpolitik und bei den Methoden zu ihrer Umsetzung Grundsätze und Instrumente für den allgemeinen Klimaschutz ausdrücklich einbezogen werden müssen, damit insbesondere die durch die Verschlechterung der Bodenqualität verursachten Schäden in Grenzen gehalten werden;

2.   betont, dass die gemeinschaftliche Finanzierung von Maßnahmen zur Anpassung des Agrarsektors an den Klimawandel auf einen territorialen Ansatz gestützt sein muss, bei dem der Grad der Gefährdung der verschiedenen Regionen der Europäischen Union berücksichtigt wird; verweist darauf, dass die landwirtschaftlichen Böden in Südeuropa verlässlichen Bewertungen zufolge, die auf internationaler und europäischer Ebene abgegeben wurden, anfälliger für die Auswirkungen des Klimawandels sind;

3.   bedauert, dass keine konkreten Ziele festgelegt wurden, als die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten beschlossen haben, die Mittelausstattung für die ländliche Entwicklung zu kürzen, und stellt fest, dass im zweiten Pfeiler zu wenig Mittel vorgesehen sind, um den neuen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel gerecht zu werden;

4.   ist der Ansicht, dass die aktuellen Probleme, einschließlich der Nahrungsmittelknappheit, der Wasserknappheit, des Temperaturanstiegs und der zunehmenden Gesamtverdunstung sowie des Risikos der Bodenzerstörung, neue umfassende und wissenschaftlich fundierte agrarpolitische Maßnahmen erfordern, die sich unter Mittelmeer-Klimaverhältnissen anwenden lassen; vertritt die Auffassung, dass diese Maßnahmen mit Unterstützung der EU- und der einzelstaatlichen Einrichtungen auch die Erforschung und Entwicklung von Kulturpflanzen, die an die neuen ökologischen Herausforderungen, auch im Bereich Wassereinsparung, angepasst sind, zur Geltung bringen und gleichzeitig den Landwirten ein ausreichendes Einkommen gewährleisten müssen, das ihnen einen europäischen Lebensstandard ermöglicht;

5.   ist der Auffassung, dass im Rahmen der Strategie zur Erhaltung der Böden bei den Grundsätzen der GAP, die die Erhaltung in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand betreffen, Maßnahmen Vorrang eingeräumt werden sollte, mit denen vor allem die Funktionsfähigkeit und die ökologische Nachhaltigkeit bestehender Be- und Entwässerungssysteme überprüft und verbessert wird, indem ökologisch nachhaltige, standortangepasste Wassermanagementpläne erstellt werden und die Landwirte an trockenheitsgefährdeten Standorten hinsichtlich eines erfolgreichen Anbaus standortangepasster Kulturen mit geringerem Wasserverbrauch beraten werden;

6.   tritt dafür ein, dass die Europäische Union die Verbesserung des Wassermanagements für landwirtschaftlich genutzte Flächen stärker unterstützt, in deren Zuge es notwendig wäre, effizientere und besser an die jeweiligen Kulturpflanzen angepasste Bewässerungssysteme einzuführen, die diesbezügliche Forschung zu fördern und Anreize für die Nutzung biotechnologischer Fortschritte zu bieten;

7.   hält es für notwendig, dass mehrere Gebietskörperschaften im Verbund kleine Speicherbecken zur Bewässerung (Bewässerungsteiche in Hügelgebieten) und zur Brandbekämpfung anlegen und verwalten, die oberhalb der mithilfe des natürlichen Gefälles zu bewässernden Gebiete gelegen sind, wobei für die kostengünstigste Durchführung zu sorgen ist und auch kommunale Abwässer zu verwenden sind, die mit Techniken der pflanzenbiologischen Reinigung und der Oberflächenaufbringung behandelt wurden;

8.   verweist darauf, wie wichtig der Terrassenanbau für die Bekämpfung der Erosion und die Verbesserung der Fähigkeit der Böden zur Wasserspeicherung sind, und hält es für sinnvoll, dass Maßnahmen zur Erhaltung, zur Wiederherstellung und zur Errichtung von Terrassen ergriffen werden;

9.   ist der Auffassung, dass die land- und forstwirtschaftlichen Strategien Programme zur Bepflanzung landwirtschaftlicher Randböden und/oder verschmutzter Böden enthalten müssen, weil durch die Wurzeln der Sträucher die Verankerung der instabilen oberen Bodenschichten in den unteren stabilen Gesteinsschichten, die als Reinigungssubstrat dienen, sichergestellt ist;

10.   spricht sich für die Einführung einer gemeinschaftlichen Forstpolitik aus, deren Hauptziel die Bekämpfung des Klimawandels ist;

11.   hält es außerdem für notwendig, Anreize für landwirtschaftliche Maßnahmen zur Erhaltung der Pflanzendecke zu bieten, damit es nicht zu einer erosionsbedingten Versalzung der Flussbetten kommt;

12.   weist darauf hin, dass zahlreiche im Mittelmeerraum vorkommende Sträucherarten eine hohe Widerstandsfähigkeit bei Feuer aufweisen und für die Erholung des Pflanzenbewuchses hervorragend geeignet sind und deshalb gefördert werden sollten, auch weil das Wurzelwerk dieser Arten in der Lage ist, der Bodenerosion entgegenzuwirken;

13.   ist der Auffassung, dass zu diesem Zweck der Anbau von Arten angestrebt werden könnte, die weniger Wasser benötigen, bzw. dass in bestimmten Fällen Frühjahrs- durch Winterkulturen ersetzt werden könnten, die nicht nur weniger Bewässerung benötigen, sondern auch einen wirksamen Schutz der Böden darstellen, weil die Böden in den Erosionsperioden von Pflanzenwuchs bedeckt sind;

14.   ist der Überzeugung, dass lokale Baumschulen Sorten entwickeln können, die an ihre Umwelt besser angepasst sind und deren Verwendung deshalb durch spezifische Maßnahmen gefördert werden sollte;

15.   fordert, dass die Erhaltung und Neupflanzung von Hecken, insbesondere in Gebieten, in denen diese in den letzten Jahren verschwunden sind, gefördert werden;

16.   erkennt die wichtige Rolle pflanzengenetischer Ressourcen für die Anpassung der Landbewirtschaftung an sich wandelnde Klimabedingungen an; fordert daher die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Programme aufzulegen, die die Erhaltung und Weiterentwicklung pflanzengenetischer Ressourcen durch Landwirte und Gärtner sowie durch kleine und mittelgroße Pflanzenzuchtbetriebe fördern;

17.   weist darauf hin, wie wichtig die Brache für die Sanierung landwirtschaftlich genutzter Flächen und für den Wasserrückhalt ist; fordert die Kommission und die betroffenen Mitgliedstaaten auf, an die Böden der Mittelmeer-Ökosysteme angepasste landwirtschaftliche Systeme zu fördern;

18.   ist der Ansicht, dass für den Erhalt der organischen Substanzen im Boden mit den Grundsätzen der GAP zum guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand Anreize für die Kohlenstoffeinlagerung und -bindung geschaffen werden müssen, die auf einer optimalen Anwendung der Methoden des Trockenfeldbaus beruhen (geringstmögliche Bearbeitung der Bodenoberfläche, Fruchtwechsel, Verwendung von an ihre Umwelt angepassten Sorten, Eindämmung der Verdunstung, zielgerichtete Düngung, integrierter Pflanzenschutz usw.);

19.   fordert die vor Ort zuständigen Stellen auf, an die geänderten Umweltschutzerfordernisse und Umweltbedingungen angepasste Pläne zur Bewirtschaftung der für Bewässerungszwecke vorgesehenen Wasservorräte auszuarbeiten und die entsprechenden Technologien bereitzustellen, für eine gezielte Nutzung der Wasservorkommen in Relation zu ihrer Qualität zu sorgen und Schritte zu unternehmen, damit die zuständigen wasserwirtschaftlichen Stellen die Bewirtschaftung der verfügbaren Wasserressourcen optimieren, weil bei den Verteilungssystemen die Wasserverschwendung verringert werden muss;

20.   spricht sich dafür aus, eine gemeinschaftliche Stelle zur Dürrebeobachtung als Abteilung der Europäischen Umweltagentur in Kopenhagen einzurichten und die Kapazitäten für eine von der Europäischen Union koordinierte Brandbekämpfung aufzustocken, weil Dürre und Brände zur Wüstenbildung und zur Verschlechterung der landwirtschaftlich genutzten Böden beitragen, ganz besonders in der Mittelmeerregion;

21.   betont die Notwendigkeit, die Effizienz der Informationsübertragung durch die Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit zwischen ihnen zu verbessern;

22.   empfiehlt die Entwicklung eines Frühwarnsystems zur kontinuierlichen Überwachung des Zustands der Böden, um rechtzeitig Maßnahmen gegen die Erosion, gegen den Verlust organischer Stoffe, der zu Treibhausgasemissionen führt, sowie gegen den Rückgang von Anbauflächen und der biologischen Vielfalt ergreifen zu können;

23.   fordert deshalb die Kommission auf, dass sie im Rahmen ihres im Jahr 2009 vorgesehenen Vorschlags für eine Neudefinition der Berg- und Inselgebiete und anderer Gebiete mit naturbedingten Nachteilen bei den prioritären Bewertungskriterien das Ausmaß des Risikos der Verschlechterung der Bodenqualität und der Wüstenbildung in den überwachten Gebieten einbezieht;

24.   hält eine Intensivierung von Forschung, Entwicklung und Innovation für notwendig, wobei den am stärksten von Wassermangel und Dürre betroffenen Gebieten besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist und die Fortschritte im Bereich der Biotechnologie zu berücksichtigen sind;

25.   fordert die Kommission auf, im Rahmen der im Jahr 2009 vorgesehenen Halbzeitprüfung des Siebten Rahmenprogramms für Forschung und technologische Entwicklung die Schaffung größerer Anreize zur Unterstützung der in mehreren Mitgliedstaaten im Bereich Forschung und Entwicklung aufgelegten Programme in Betracht zu ziehen, mit denen die Kenntnisse über eine nachhaltigere Bewirtschaftung der Böden und über die von der Verschlechterung der Bodenqualität betroffenen Gebiete erweitert werden sollen;

26.   fordert die Kommission auf, die Notwendigkeit der Schaffung eines Rahmens zu prüfen, der zur Bekämpfung der Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels, besonders der Verschlechterung der Bodenqualität, eingesetzt werden könnte;

27.   ist der Ansicht, dass geeignete Weiterbildungs- und Schulungsprogramme sowohl für die im Sektor Beschäftigten als auch für die Öffentlichkeit angeboten werden sollten, die dem zweifachen Ziel dienen, spezifische Lösungen zu finden und die Bürger dafür zu sensibilisieren, dass sie gemeinsam für die Nutzung der Ressourcen vor Ort Verantwortung tragen;

28.   fordert, dass die Union Informations- und Aufklärungsmaßnahmen insbesondere für Junglandwirte anbietet, mit denen die Einführung landwirtschaftlicher Methoden gefördert wird, die sich günstig auf die Erhaltung des Bodens auswirken, und bei denen insbesondere die Folgen des Klimawandels und die Auswirkungen der landwirtschaftlichen Produktion auf das Klima im Mittelpunkt stehen;

29.   weist in Anlehnung an seine Entschließung vom 5. Juni 2008 zu den Zukunftsperspektiven für Junglandwirte angesichts der derzeitigen Reform der GAP(4) darauf hin, dass bei der Finanzierung von Projekten vor allem für Maßnahmen Mittel gewährt werden sollten, mit denen die Niederlassung von Junglandwirten gefördert werden kann;

30.   ist der Ansicht, dass die Union die Unabhängigkeit von Futtermittel- und Lebensmittelimporten und die Selbstversorgung fördern muss, indem sie auch die landwirtschaftlich genutzten Böden und ihre produktiven Eigenschaften besser schützt und insbesondere die nachhaltige Nutzung von Grünland für die Viehhaltung (durch Weidefleischprogramme, Prämien für naturschutzgemäße Beweidung usw.) fördert, um eine größere Unabhängigkeit von Futtermittelimporten zu erreichen; ist der Auffassung, dass die GAP, wenn sie einen Beitrag zur weltweiten Ernährungssicherheit und Nachhaltigkeit leisten soll, auf ein ausgewogenes Verhältnis von Pflanzenproduktion, Tierproduktion und Energieproduktion in der EU-Landwirtschaft hinarbeiten muss;

31.   fordert, im Rahmen eines weltweiten CO2-Marktes auf die Erhaltung und Sanierung der Wälder sowie auf die Wiederaufforstung mit gemischten Arten hinzuarbeiten, vor allem in den Mitgliedstaaten, die ihre Naturwälder weitgehend verloren haben, und hebt dabei die Notwendigkeit hervor, in der Europäischen Union eine ganzheitliche und nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder umzusetzen;

32.   betont, dass die Wälder für den Wasserkreislauf eine wichtige Rolle spielen und dass eine ausgewogene Kombination von Wäldern, Wiesen und Weiden und Anbauflächen von grundlegender Bedeutung für eine nachhaltige Wasserwirtschaft ist; weist insbesondere darauf hin, dass Böden mit hohem organischen Anteil und einer darauf abgestimmten Rotation der angebauten Kulturpflanzen eine wichtige Funktion haben; warnt davor, dass die zunehmende Ausbeutung der Böden eine Bedrohung für die Landwirtschaft, die Ernährungssicherheit und eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung darstellt;

33.   fordert, dass es bei landwirtschaftlichen Tätigkeiten, die der Erhaltung von Wiesen, Dauerweideland und Waldgebieten dienen, die Möglichkeit gibt, für die Schaffung öffentlicher Güter (Speicherung von CO2, biologische Vielfalt, Erhaltung der Böden) "grüne" Zertifikate zu vergeben;

34.   fordert die Mitgliedstaaten auf, den zweiten Pfeiler der GAP zu nutzen, um für landwirtschaftliche Tätigkeiten, die der Erhaltung von Wiesen, Dauerweideland und Waldgebieten dienen, Prämien zu vergeben, und damit einen Beitrag zur Schaffung öffentlicher Güter (Speicherung von CO2, biologische Vielfalt, Erhaltung der Böden) zu leisten; fordert die Kommission auf, die Erhaltung des Grünlandes als Priorität zu behandeln;

35.   fordert den Rat und die Kommission auf, Strategien zur Sanierung geschädigter Böden zu prüfen, die in erster Linie auch Anreize zur Eindämmung der Verschlechterung der Bodenqualität umfassen;

36.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. C 282 E vom 6.11.2008, S. 281.
(2) Angenommene Texte, P6_TA(2008)0473.
(3) ABl. L 327 vom 22.12.2000, S.1.
(4) Angenommene Texte, P6_TA(2008)0258.


Arbeitnehmermitbestimmung in Gesellschaften mit einem Europäischen Statut
PDF 111kWORD 31k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zur Arbeitnehmermitbestimmung in Gesellschaften mit einem Europäischen Statut und anderen flankierenden Maßnahmen
P6_TA(2009)0131B6-0110/2009

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 25. Juni 2008 mit dem Titel "Vorfahrt für KMU in Europa – Der ,Small Business Act für Europa" (KOM(2008)0394) und der Arbeitsprogramme 2008 und 2009 der Kommission,

–   gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.   in der Erwägung, dass ein Statut der Europäischen Privatgesellschaft (EPG) die Geschäfte von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) auf dem Binnenmarkt erleichtern, es jedoch auch für größere Unternehmen zugänglich sein wird,

1.   fordert die Kommission auf, auf der Grundlage von Artikel 138 EG-Vertrag eine Konsultation mit den Sozialpartnern mit dem Ziel einzuleiten, die Bestimmungen für die Arbeitnehmerbeteiligung auf dem Binnenmarkt zu bewerten und gegebenenfalls anzupassen, auszuarbeiten beziehungsweise zu stärken;

2.   fordert die Kommission auf, die Auswirkungen der bestehenden europäischen Satzungen für Unternehmen und der einschlägigen Urteile des Europäischen Gerichtshofs (z.B. die Rechtssachen "Daily Mail und General Trust", "Sevic Systems", "Inspire Art", "Überseering" und "Cartesio") im Hinblick auf die Arbeitnehmerbeteiligung in Gremien der Unternehmen und die mögliche Umgehung oder Unterlaufung der einschlägigen nationalen Bestimmungen zu bewerten;

3.   fordert die Kommission auf, im Zusammenhang mit der oben vorgeschlagenen Konsultation grenzüberschreitende Probleme im Hinblick auf verantwortungsvolle Unternehmensführung, Steuerrecht und finanzielle Beteiligung der Arbeitnehmer an Beteiligungsprogrammen zu bewerten; fordert eine mögliche Überprüfung und/oder neue Vorschläge, die mit dem Rat und dem Parlament erörtert werden sollen;

4.   fordert die Kommission auf, die Einführung einer Regel für die Satzung der Europäischen Privatgesellschaft zu prüfen, wonach die Rückzahlung eines Darlehens oder anderer Leistungen, die von einem Anteilseigner gewährt wurden, zurückzustellen sind, wenn ein Beitrag zum Gesellschaftskapital angemessener gewesen wäre (d.h. im Falle einer Überschuldung des Unternehmens); ist der Auffassung, dass die Einführung einer Regelung in Betracht gezogen werden sollte, wonach die Anteilseigner Auszahlungen zurückerstatten müssen, wenn sie innerhalb eines Zeitraums einer drohenden Insolvenz des Unternehmens geleistet wurden;

5.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission und dem Rat zu übermitteln.


Kinder mit Migrationshintergrund
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zu im Herkunftsland verbliebenen Kindern von Migranten
P6_TA(2009)0132B6-0112/2009

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes , insbesondere auf die Artikel 3 und 20,

–   unter Hinweis auf das Internationale Übereinkommen zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen, insbesondere auf die Artikel 38, 42 und 45,

–   unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 24,

–   gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.   in der Erwägung, dass die Freizügigkeit für Arbeitnehmer für die Volkswirtschaften aller Mitgliedstaaten von Vorteil ist und den EU-Bürgern die Gelegenheit zur wirtschaftlichen und persönlichen Entwicklung bietet,

B.   in der Erwägung, dass diese positive Auswirkungen durch unerwünschte Nebeneffekte der Migration beeinträchtigt werden können, zu denen u. a. die schlechten Lebensbedingungen der Kinder zählen, die im Herkunftsland bleiben, wenn ihre Eltern in einen anderen Mitgliedstaat abwandern,

C.   in der Erwägung, dass die Arbeitszuwanderung in den vergangenen Jahrzehnten ständig zugenommen hat und heute die meisten internationalen Migranten weltweit – 64 Millionen – in der Europäischen Union ansässig sind,

D.   in der Erwägung, dass die Migration ein großes Potenzial zur Förderung der Entwicklung besitzt, jedoch sowohl im Herkunftsland als auch im Aufnahmeland zu noch ungelösten Problemen führt,

E.   in der Erwägung, dass laut einer von UNICEF und dem Verband für Soziale Alternativen in Rumänien durchgeführten Studie im Jahr 2008 rund 350 000 Kinder einen Elternteil hatten, der im Ausland tätig war, und rund 126 000 Kinder von der Migration beider Elternteile betroffen waren,

F.   in der Erwägung, dass sich die Migration positiv auf Haushalte im Herkunftsland auswirken kann, da sie durch Überweisungen und andere Kanäle die Armut verringert und zu höheren Investitionen in Humankapital führt,

G.   jedoch in der Erwägung, dass bei Kindern, die von in einem anderen Mitgliedstaat arbeitenden Eltern zurückgelassen werden, negative Aspekte zum Tragen kommen können, einschließlich der Gefahr eines generellen Mangels an Fürsorge, was die physische und psychische Gesundheit und mit der psychischen Gesundheit in Zusammenhang stehende Auswirkungen betrifft, wie beispielsweise Depression, weniger freie Zeit zum Spielen und zur Entwicklung, unzureichender Schulbesuch und unzureichende allgemeine Teilnahme an Bildungs- und Ausbildungsmaßnahmen, schlechte Ernährung und Kindesmissbrauch,

H.   in der Erwägung, dass es zwar umfassende Maßnahmen gibt, um die Lebensbedingungen und die Bildung der Kinder von Migranten, die mit ihren Eltern in das Aufnahmeland umziehen, zu verbessern, dem Phänomen der Kinder, die im Herkunftsland verbleiben, jedoch wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde,

I.   in der Erwägung, dass Kinder häufig im Herkunftsland verbleiben, weil Informationen über in den Aufnahmeländern gebotene Möglichkeiten und Vergünstigungen fehlen,

1.   fordert die Kommission auf, eine Studie zu erstellen, um das Ausmaß des Phänomens der im Herkunftsland zurückgelassenen Kinder auf EU-Ebene zu bewerten und EU-weite Daten über dieses Phänomen zu sammeln;

2.   fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Situation der Kinder zu verbessern, die von ihren Eltern im Herkunftsland zurückgelassen werden, und ihre normale Entwicklung, was ihre Bildung und ihr soziales Leben betrifft, sicherzustellen;

3.   fordert die Mitgliedstaaten auf, Kooperationsmechanismen einzuführen, um nachteilige Auswirkungen auf Familien (und insbesondere Kinder) zu vermeiden, die mit dem Getrenntleben und den von ihnen zu überwindenden Entfernungen verbunden sind;

4.   fordert die Mitgliedstaaten auf, Migranten besser über ihre Rechte und die Rechte ihrer Familienangehörigen, was die Freizügigkeit betrifft, und über die auf nationaler und europäischer Ebene angebotenen Informationen über das Leben im Ausland und die Arbeitsbedingungen in einem anderen Mitgliedstaat aufzuklären;

5.   fordert die Kommission auf, allen interessierten Parteien die angemessene Anwendung bereits bestehender Instrumente zur Unterstützung von Migranten und ihren Kindern, die im Herkunftsland verbleiben, vorzuschlagen;

6.   fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Sozialpartner und Nichtregierungsorganisationen aktiv an Maßnahmen zu beteiligen, die auf Verbesserungen für die Kinder von Migranten abzielen;

7.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, dem Ausschuss der Regionen, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Regierungen und den Parlamenten der Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern zu übermitteln.


Kroatien: Fortschrittsbericht 2008
PDF 134kWORD 49k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zu dem Fortschrittsbericht 2008 über Kroatien
P6_TA(2009)0133B6-0104/2009

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Beschlusses des Rates vom 3. Oktober 2005, Beitrittsverhandlungen mit Kroatien aufzunehmen,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. April 2008 zu dem Fortschrittsbericht über Kroatien 2007(1),

–   in Kenntnis des Fortschrittsberichts 2008 über Kroatien, den die Kommission am 5. November 2008 veröffentlicht hat (SEK(2008)2694),

–   gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.   in der Erwägung, dass Kroatien in allen drei Bereichen, für die die Kopenhagener Kriterien gelten, durchweg beachtliche Fortschritte erzielt hat,

B.   in der Erwägung, dass diese beträchtlichen Erfolge durch entsprechende kontinuierliche Bemühungen konsolidiert werden müssen, die im Bericht der Kommission und in dieser Entschließung zur Sprache gebrachten Reformen zu verabschieden und durchzuführen,

C.   in der Erwägung, dass die Europäische Union Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität des Erweiterungsprozesses ergriffen hat,

D.   in der Erwägung, dass in der Mitteilung der Kommission vom 6. November 2007 mit dem Titel "Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2007-2008" (KOM(2007)0663) – von Anfang der Beitrittsverhandlungen an – den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und verantwortungsvolle Staatsführung, insbesondere auf dem Gebiet der Bekämpfung von Korruption und der organisierten Kriminalität, sowie Reformen in Verwaltung und Justiz und der Entwicklung der Zivilgesellschaft große Bedeutung beigemessen wird,

E.   in der Erwägung, dass der Abschluss der Beitrittsverhandlungen mit Kroatien bis 2009 das gemeinsame Ziel aller beteiligten Parteien bleiben muss,

F.   in der Erwägung, dass die Morde und Anschläge, die 2008 stattfanden, gezeigt haben, wie wichtig es ist, die Korruption und das organisierte Verbrechen in Kroatien ernsthaft und zügig in Angriff zu nehmen,

G.   in der Erwägung, dass ein neuer Innenminister, ein neuer Justizminister und ein neuer Polizeichef ernannt und mit der Aufgabe betraut wurden, sich mit diesen Problemen zu befassen,

Allgemeines

1.   beglückwünscht Kroatien für die guten Ergebnisse, die es im Jahr 2008 mit der Annahme der Rechtsvorschriften und der Durchführung der Reformen erzielt hat, die für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union erforderlich sind;

2.   nimmt mit besonderer Befriedigung zur Kenntnis, dass der legislativen und ordnungspolitischen Arbeit endlich auch Bemühungen entsprechen, um Verwaltungskapazitäten auszubauen und zu verbessern, wie sie zur Umsetzung solcher Reformen notwendig sind;

3.   ist zuversichtlich, dass das Ziel, die Verhandlungen entsprechend dem von der Kommission bekanntgegebenen indikativen Fahrplan im Jahr 2009 abzuschließen, erreicht werden kann, vorausgesetzt, dass Kroatiens Regierung sich verstärkt darum bemüht, insbesondere die heikleren Themen im Zusammenhang mit dem Beitrittsprozess, einschließlich der Bekämpfung des organisierten Verbrechens und der Korruption, in Angriff zu nehmen, und auch in diesen Bereichen die Zielvorgaben erfüllt, sowie vorausgesetzt, dass der Rat gewillt und in der Lage ist, unverzüglich die Verhandlungen über alle Kapitel einzuleiten;

4.   begrüßt die Empfehlung der Kommission, wonach der Rat die Ad-hoc-Fachgruppe für die Ausarbeitung des Beitrittsvertrags einsetzen sollte; empfiehlt ferner, dass diese Gruppe parallel zu den Verhandlungen tätig sein und daher ihre Arbeit im ersten Halbjahr 2009 aufnehmen sollte; begrüßt außerdem die Absicht der Kommission, im Laufe des Jahres 2009 eine Mitteilung mit detaillierten Angaben zu den finanziellen Auswirkungen des Beitritts Kroatiens zur Europäischen Union vorzulegen;

Politische Kriterien

5.   äußerst sich zufrieden über die Fortschritte, die in Bezug auf die Annahme von wichtigen Dokumenten und wichtigen Rechtsvorschriften in bestimmten Bereichen erzielt wurden, insbesondere was die Bekämpfung von Diskriminierung, die Frauenrechte, die Minderheitenrechte und die Rückkehr von Flüchtlingen anbelangt; weist darauf hin, dass eine zügige und wirksame Umsetzung nun entscheidend ist;

6.   weist jedoch auf die Notwendigkeit hin, die Reform der öffentlichen Verwaltung weiter voranzutreiben und dazu ein neues Gehaltssystem einzuführen und die Verwaltungsverfahren zu überarbeiten, um so zu mehr Transparenz, Rechenschaftspflicht und Entpolitisierung des kroatischen öffentlichen Dienstes zu gelangen; fordert, dass den Regional- und Kommunalverwaltungen besonderes Augenmerk zuteil wird, da deren Fähigkeit, neue Aufgaben zu übernehmen, entscheidend für das Gelingen des Dezentralisierungsprozesses ist;

7.   betont, wie wichtig es ist, für ausländische Investoren Rechtssicherheit und Gleichheit vor dem Gesetz sicherzustellen, und fordert die kroatischen Behörden in diesem Zusammenhang nachdrücklich auf, nach Maßgabe der einschlägigen Urteile des kroatischen Verfassungsgerichts die noch offenen Fälle in Bezug auf die Erstattung von Eigentum anzugehen;

8.   ist der Ansicht, dass im Justizbereich ernsthaftere Anstrengungen unternommen werden müssen, um die eigentlichen Ursachen für den Rückstau bei anhängigen Rechtssachen zu bekämpfen und gegen übermäßig lange dauernde Gerichtsverfahren vorzugehen, den Anstoß zu einer kategorischen und umfassenden Straffung des Gerichtssystems zu geben, die alle Arten von Gerichten umfasst, ein objektives und transparentes Auswahlverfahren sowie individuelle Bewertungs- und Beförderungskriterien für Richter einzuführen, sicherzustellen, dass Kriegsverbrechen auf der Grundlage einheitlicher Normen und unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit geahndet werden, und schließlich Mittel und Wege zu finden, um das Problem der Urteileund Prozesse in Abwesenheit der Angeklagten insbesondere durch verstärkte regionale Zusammenarbeit zu lösen;

9.   nimmt die Erklärung des Chefanklägers des Internationalen Strafgerichts für das ehemalige Jugoslawien vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 12. Dezember 2008 zur Kenntnis, in der er mitteilte, dass Kroatien den meisten Amtshilfeersuchen der Anklagebehörde entsprochen habe, dabei allerdings darauf hinwies, dass der Verbleib einiger wichtiger militärischer Dokumente betreffend den Fall Gotovina nicht bekannt ist; fordert Kroatiens Regierung mit Nachdruck auf, ihre Bemühungen dahingehend zu verstärken, dass dem Gerichtshof diese wichtigen Dokumente umgehend zur Verfügung gestellt werden;

10.   begrüßt, dass die kroatische Regierung endlich Maßnahmen ergriffen hat, um die Korruption und das organisierte Verbrechen zu bekämpfen; betont, dass die verstärkte Ermittlungs- und Verfolgungstätigkeit des Amtes zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität (USKOK) mit entsprechenden Bemühungen zur Reform des Polizei- und Justizwesens einhergehen muss, sofern diese Aktivitäten Ergebnisse zeitigen sollen; vertritt die Auffassung, dass es darauf ankommt, auf keiner Ebene Toleranz zu zeigen, und dass Urteile gefällt und vollstreckt werden müssen, wozu auch die Einziehung von Vermögenswerten gehört; begrüßt in diesem Zusammenhang den Erlass von Vorschriften betreffend das vorübergehende Einfrieren der Vermögenswerte aller Personen, die wegen Korruption und organisierter Kriminalität angeklagt sind;

11.   stellt erfreut fest, dass an vier verschiedenen Gerichten die Abteilungen, die sich eigens mit dem Kampf gegen die Korruption und gegen das organisierte Verbrechen beschäftigen, offiziell ihre Arbeit aufgenommen haben, und dass die sechzig diesen Abteilungen zugewiesenen Richter gründlich geprüft wurden und beträchtliche finanzielle Anreize erhalten werden, um sich eingehend mit den komplexen und sensiblen Aufgaben zu beschäftigen, die ihnen aufgetragen wurden;

12.   fordert die Regierung Kroatiens in diesem Zusammenhang auf, dafür Sorge zu tragen, dass Polizei und Justiz Handlungsfreiheit und Unabhängigkeit sowie die zur Ausübung ihrer Aufgaben bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität erforderlichen Humanressourcen und finanziellen Mittel gewährt werden;

13.   äußert sich zufrieden über die Pressefreiheit in Kroatien, verweist jedoch auf jüngste Fälle, bei denen Journalisten, die sich mit der Aufdeckung von Korruption und organisiertem Verbrechen befassten, eingeschüchtert und sogar getötet wurden; fordert Polizei und Justiz auf, diese Fälle mit aller Entschlossenheit zu untersuchen und die Täter vor Gericht zu stellen, damit im Land wieder ein positives Klima herrscht und weiterhin die Erfüllung der politischen Beitrittskriterien gewährleistet ist; betont in dieser Hinsicht, dass die Menschenrechte, die politisch nicht verhandelbar sind, umfassend geschützt werden müssen;

14.   begrüßt, dass die kroatische Regierung einen Aktionsplan für die Umsetzung des Verfassungsgesetzes über die nationalen Minderheiten angenommen hat, und dass die entsprechenden Mittel aufgestockt wurden; fordert die kroatischen Behörden auf, den Plan in enger Absprache mit nichtstaatlichen Organisationen, die die Minderheitsgemeinschaften vertreten, umzusetzen; betont darüber hinaus, dass es darauf ankommt, sich besonders mit den wirtschaftlichen und sozialen Rechten von Minderheiten zu befassen, insbesondere mit ihrem Zugang zum Arbeitsmarkt, und eine langfristige Strategie für die Beschäftigung von Angehörigen der Minderheiten in der öffentlichen Verwaltung und in der Justiz zu entwickeln; fordert, dass den Räten für nationale Minderheiten finanzielle Autonomie gegenüber den von ihnen zu beratenden lokalen Behörden gewährt wird, damit sie ihre Aufgaben in völliger Unabhängigkeit ausüben können;

15.   begrüßt die Erfolge im Bereich der Minderheitenpolitik in Kroatien, insbesondere die Tatsache, dass sowohl die Bildungsmöglichkeiten als auch die parlamentarische Vertretung für die Minderheiten im Land gewährleistet werden;

16.   begrüßt, dass bei den bildungspolitischen Maßnahmen für Minderheiten weiterhin Fortschritte erzielt werden; bekundet jedoch seine Besorgnis, dass die derzeitigen Strukturen die Segregation aufrecht erhalten, statt auf eine Integration der einzelnen Bevölkerungsgruppen hinzuarbeiten (beispielsweise durch gemeinsame Schulklassen); bekundet ferner seine Besorgnis, insbesondere im Falle der Roma, dass diese Vorkehrungen eine Qualität der Ausbildung zur Folge haben könnte, die unter der üblichen Norm liegt;

17.   nimmt zur Kenntnis, dass hinsichtlich der Schaffung der Voraussetzungen für die Rückkehr von Flüchtlingen zwar greifbare Ergebnisse erzielt wurden, dass aber noch viel zu tun bleibt, damit diese Rückkehr von Dauer sein kann, namentlich in Bezug auf Wohnraumbeschaffung, insbesondere für Personen, die früher über Mietrechte in städtischen Gebieten verfügten, in Bezug auf Integration sowie auf den Zugang zum Arbeitsmarkt; betont, dass die Rückkehrprogramme im Einklang mit anderen sozialen Programmen und Beschäftigungsprogrammen durchgeführt werden müssen;

18.   begrüßt ferner die Verabschiedung umfassender Antidiskriminierungsgesetze und misst der wirksamen Umsetzung ihrer Bestimmungen große Bedeutung bei; fordert die Behörden auf nationaler und lokaler Ebene auf, gegenüber Ausbrüchen von ethnisch bedingtem Hass oder jeder anderen Form von Hass keine Toleranz walten zu lassen und sicherzustellen, dass derartige Ausbrüche ordnungsgemäß geahndet werden; fordert die nationalen Behörden ferner auf, die Rechte sexueller Minderheiten zu schützen;

Wirtschaftliche Kriterien

19.   sieht im steigenden Beschäftigungsniveau und im anhaltenden Wirtschaftswachstum, das Kroatien verzeichnet, ein ermutigendes Zeichen; verweist jedoch auf die anhaltend hohen Arbeitslosenquoten bei Jugendlichen und Minderheiten und auf die Auswirkungen, die die höheren Lebensmittelpreise und die Inflation ganz allgemein auf die Einkommensgrundlage gewöhnlicher Bürger haben;

20.   weist darauf hin, wie wichtig es ist, sich mit dem Handels- und Leistungsbilanzdefizit sowie der Auslandsverschuldung zu befassen, die die kroatische Wirtschaft schwächen und Gefahren aussetzen; betont, dass es nötig sein wird, die Strukturreformen zügiger durchzuführen, um das derzeitige Wirtschaftswachstum zu halten und Kroatien in die Lage zu versetzen, den Rückstand gegenüber den EU-Mitgliedstaaten aufzuholen;

21.   weist nachdrücklich darauf hin, dass in enger Absprache mit allen Beteiligten eine Politik gefördert werden muss, bei der Energiesicherheit und nachhaltige Entwicklung miteinander in Einklang gebracht werden; fordert die kroatischen Behörden auf, die Ziele des EU-Klimapakets zu erfüllen und der Energieeffizienz und den erneuerbaren Energiequellen insbesondere in Küstenbereichen einen angemessenen Vorrang einzuräumen; erinnert Kroatien an die finanziellen Möglichkeiten, die von der Europäischen Union diesbezüglich für den Mittelmeerraum angeboten werden; begrüßt die Annahme eines Aktionsplans zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls und fordert die Behörden auf, alle geeigneten Schritte zu unternehmen, um die Industrieemissionen effizient zu verringern;

Fähigkeit zur Übernahme der aus der Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen

22.   zeigt sich mit dem Tempo, in dem die Angleichung der Rechtsvorschriften vonstatten geht, insgesamt zufrieden; ist jedoch der Auffassung, dass der Qualität der Rechtsetzung größeres Augenmerk zuteil werden sollte; ermutigt die staatlichen Stellen Kroatiens, ihre Anstrengungen zu intensivieren, um die zur Umsetzung des gemeinschaftlichen Besitzstands erforderlichen Verwaltungskapazitäten zu entwickeln;

23.   begrüßt die Fortschritte beim derzeitigen Privatisierungsprozess in der Stahlindustrie und im Telekommunikationssektor sowie die Entscheidung der staatlichen Stellen Kroatiens, Ausschreibungen zur Privatisierung der kroatischen Werften durchzuführen, die im Jahr 2009 abgeschlossen sein sollte, und betont, dass der Verkauf der Werften unter vollständiger Transparenz und im Einklang mit den Wettbewerbsregeln der Europäischen Union erfolgen muss; fordert die kroatische Regierung auf, mit der Unterstützung der Europäischen Kommission spezifische Maßnahmen zu ergreifen, um die sozialen Kosten der Umstrukturierung zu decken; fordert die Kommission und den Rat auf, bei der Überprüfung der von Kroatien erzielten Fortschritte bei der Durchführung der erforderlichen Reformen die derzeitige Wirtschafts- und Finanzkrise zu berücksichtigen;

24.   stellt fest, dass die Fortschritte im Agrarsektor ungleichmäßig ausgefallen sind, wobei die Bereiche Qualitätspolitik und ökologischer Landanbau gut vorangeschritten sind, während die Fähigkeit zur Ausschöpfung von Finanzmitteln für die ländliche Entwicklung verbessert werden muss; betont, dass verbesserte Verwaltungskapazitäten und die Reform der Beihilfesysteme für die Landwirtschaft notwendig sind, um einen sanften Übergang zum System der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union zu erzielen und die sozialen Folgen eines solchen Übergangs möglichst gering zu halten;

25.   legt den staatlichen Stellen Kroatiens nahe, den Nachweis zu erbringen, dass sie die EU-Mittel zur Finanzierung der Phase vor dem Beitritt problemlos ausschöpfen können, und auf allen Ebenen – der zentralen, der regionalen und der lokalen – die Strukturen und das Know-how vorzubereiten, die für die Inanspruchnahme der Struktur- und Kohäsionsfonds der Europäischen Union erforderlich sind;

Regionale Zusammenarbeit

26.   bedauert zutiefst den Umstand, dass die Beitrittsverhandlungen aufgrund bilateraler Themen für einen beträchtlichen Zeitraum eindeutig blockiert gewesen sind;

27.   unterstreicht, dass bilaterale Fragen kein Hindernis für Fortschritte bei den Beitrittsverhandlungen darstellen sollten, sofern diese Verhandlungen nicht dazu benutzt werden, die endgültige Lösung derartiger Fragen von vorneherein festzulegen; fordert jedoch die kroatische Regierung und die Regierungen der benachbarten Länder nachdrücklich auf, alle zwischen ihnen noch ausstehenden Fragen rasch zu klären;

28.   betont, dass gut nachbarliche Beziehungen nach wie vor ein Kernelement des europäischen Integrationsprozesses darstellen und fordert Kroatien sowie dessen Nachbarn auf, die Zusammenarbeit in der Region aktiv zu unterstützen und mehr in Projekte der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu investieren;

29.   erinnert an die am 26. August 2007 von den Ministerpräsidenten Kroatiens und Sloweniens erzielte informelle Vereinbarung, ihren Grenzstreit einer internationalen Einrichtung vorzulegen; begrüßt die Bereitschaft Kroatiens und Sloweniens, das von der Kommission unterbreitete Vermittlungsangebot anzunehmen, und vertritt die Auffassung, dass diese Vermittlung auf internationalem Recht beruhen sollte; sieht in diesem Zusammenhang einem schnellen Fortgang der Beitrittsverhandlungen erwartungsvoll entgegen;

o
o   o

30.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie der Regierung und dem Parlament Kroatiens zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P6_TA(2008)0120.


Türkei: Fortschrittsbericht 2008
PDF 162kWORD 75k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom12. März 2009 zu dem Fortschrittsbericht 2008 über die Türkei
P6_TA(2009)0134B6-0105/2009

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Fortschrittsberichts 2008 über die Türkei, den die Kommission am 5. November 2008 veröffentlicht hat (SEK(2008)2699),

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen vom 27. September 2006 zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt(1), vom 24. Oktober 2007 zu den Beziehungen zwischen der EU und der Türkei(2) und vom 21. Mai 2008 zu dem Fortschrittsbericht 2007 über die Türkei(3),

–   unter Hinweis auf den am 3. Oktober 2005 gebilligten Verhandlungsrahmen für die Türkei,

–   unter Hinweis auf den Beschluss 2008/157/EG des Rates vom 18. Februar 2008 über die Grundsätze, Prioritäten und Bedingungen der Beitrittspartnerschaft mit der Republik Türkei(4) ("Beitrittspartnerschaft") und die vorangegangenen Beschlüsse des Rates zur Beitrittspartnerschaft aus den Jahren 2001, 2003 und 2006,

–   gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.   in der Erwägung, dass die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei nach Billigung des Verhandlungsrahmens durch den Rat am 3. Oktober 2005 eröffnet wurden und dass die Aufnahme dieser Verhandlungen der Beginn eines langen und ergebnisoffenen Prozesses ist,

B.   in der Erwägung, dass die Türkei sich selbst zur Durchführung von Reformen, zur Pflege gutnachbarlicher Beziehungen und zu einer allmählichen Annäherung an die Europäische Union verpflichtet hat, und in der Erwägung, dass diese Anstrengungen als eine Chance zur weiteren Modernisierung für die Türkei selbst gesehen werden sollten,

C.   in der Erwägung, dass eine vollständige Einhaltung aller Kopenhagener Kriterien sowie die Fähigkeit der Union zur Integration gemäß den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom Dezember 2006 auch weiterhin die Grundlage für den Beitritt zur Europäischen Union bilden, die eine auf gemeinsamen Werten beruhende Gemeinschaft ist,

D.   in der Erwägung, dass die Kommission zu dem Schluss gekommen ist, dass das Jahr 2008 durch starke politische Spannungen gekennzeichnet war und dass die türkische Regierung trotz ihres starken Mandats kein kohärentes und umfassendes Programm für politische Reformen vorgelegt hat,

E.   in der Erwägung, dass die Türkei die Bestimmungen aus dem Assoziierungsabkommen EG-Türkei und dem dazugehörigen Zusatzprotokoll noch nicht umgesetzt hat,

F.   in der Erwägung, dass im Jahr 2008 vier Verhandlungskapitel eröffnet wurden,

1.   ist besorgt, dass in der Türkei während drei aufeinanderfolgenden Jahren eine kontinuierliche Verlangsamung des Reformprozesses zu verzeichnen ist, und fordert die türkische Regierung auf, unter Beweis zu stellen, dass sie politisch bereit ist, den Reformprozess, zu dem sie sich selbst 2005 verpflichtet hat, fortzusetzen; betont, dass eine solche Modernisierung zuallererst im Interesse der Türkei selbst liegt und der türkischen Gesellschaft insgesamt zum Vorteil gereicht;

2.   ist besorgt über die anhaltende Polarisierung in der türkischen Gesellschaft und zwischen den wichtigsten politischen Parteien, die sich im Lauf des Jahres 2008 vertieft und die Tätigkeit der politischen Institutionen und den Reformprozess negativ beeinflusst hat;

3.   betont, dass politische Reformen den Kern des Reformprozesses ausmachen, und begrüßt es, dass die türkische Regierung das Nationale Programm zur Übernahme des Besitzstands ausgearbeitet und gebilligt hat;

4.   fordert die Führer der Parteien auf, sich ernsthaft um einen Dialog zu bemühen und sich kompromissbereit auf eine Reformagenda für die Modernisierung der Türkei in Richtung einer stabilen, demokratischen, pluralistischen, säkularen und wohlhabenden Gesellschaft zu einigen, die von der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten geleitet ist und auf der Rechtsstaatlichkeit beruht;

I.Erfüllung der Kriterien von Kopenhagen
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit

5.   bedauert, dass die ursprünglichen Anstrengungen zur umfassenden Reform der Verfassung in einem Streit über das Kopftuch geendet und zu einer weiteren Polarisierung der Gesellschaft geführt haben; fordert die türkische Regierung auf, ihre Arbeit an einer neuen zivilen Verfassung wiederaufzunehmen, in deren Mittelpunkt der Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten steht, und fordert sie auf, dafür zu sorgen, dass die Parteien und die Bürgergesellschaft sowie die ethnischen und religiösen Minderheiten eng in den Verfassungsprozess eingebunden sind;

6.   ist besorgt über die zwei Verfahren zum Verbot von im Parlament vertretenen Parteien, die 2008 eingeleitet wurden, insbesondere über das noch anhängige Verfahren gegen die Partei der Demokratischen Gesellschaft (DTP); betont, dass das Parteiengesetz dringend geändert werden muss, damit es uneingeschränkt der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sowie den Empfehlungen der Venedig-Kommission des Europarates entspricht;

7.   fordert die türkischen Staatsorgane auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um zu ermöglichen, dass sämtliche bei den Wahlen vertretenen Parteien in der Wahlkommission vertreten sind;

8.   bedauert, dass keine Fortschritte dabei erzielt wurden, eine uneingeschränkte und systematische zivile Überwachung der Armee zu gewährleisten und die parlamentarische Kontrolle der Militär- und Verteidigungspolitik zu stärken;

9.   nimmt die Fortschritte zur Kenntnis, die bei der Entwicklung einer Strategie für eine Justizreform erzielt wurden; weist jedoch darauf hin, dass dringend weitere systematische Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Unparteilichkeit und die Professionalität der Justiz zu stärken und dafür zu sorgen, dass sich Justizangehörige nicht in politische Debatten einmischen und die Normen der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) achten;

10.   bedauert, dass in Bezug auf die Einrichtung des Amts eines Bürgerbeauftragten keine Fortschritte erzielt wurden; nimmt die ablehnende Entscheidung des Verfassungsgerichts zum Gesetz über den Bürgerbeauftragten zur Kenntnis und fordert die türkische Regierung auf, möglichst zügig die für die Einrichtung dieses Amts notwendigen Rechtsvorschriften wieder in Kraft zu setzen, die in der Vergangenheit die Unterstützung von Regierung und Parlament gefunden haben;

11.   bedauert, dass die türkische Regierung keine umfassende Strategie zur Bekämpfung der Korruption vorgelegt hat; betont, dass die parlamentarische Kontrolle der öffentlichen Ausgaben verstärkt werden muss und dass neue Rechtsvorschriften über den Rechnungshof erforderlich sind;

12.   begrüßt den Beginn des Prozesses gegen die Personen, denen die Mitgliedschaft in der kriminellen Vereinigung Ergenekon zur Last gelegt wird; fordert die Behörden auf, mit den Untersuchungen fortzufahren und das Netz der Organisation, das sich bis in die staatlichen Strukturen erstreckt, vollständig aufzudecken; ist besorgt angesichts von Meldungen über die Behandlung der Angeklagten in dieser Sache; fordert die türkischen Staatsorgane auf, für ein faires Verfahren zu sorgen und die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit genau einzuhalten;

Menschenrechte sowie Achtung und Schutz von Minderheiten

13.   bedauert, dass die Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei noch immer nicht vollständig geschützt sind; ist der Ansicht, dass der Pressefreiheit in einer demokratischen, pluralistischen Gesellschaft weder durch häufige Sperrungen von Websites noch durch Druck auf kritische Presseorgane und Prozesse gegen sie gedient ist; ist außerdem der Auffassung, dass die Änderung von Paragraph 301 des Strafgesetzbuches, die im April 2008 angenommen wurde, nicht ausreichend ist, da immer noch Menschen auf der Grundlage dieses und anderer Paragraphen des Strafgesetzbuches, des Antiterrorgesetzes oder des Pressegesetzes verfolgt werden, weil sie ihre Ansichten gewaltlos zum Ausdruck bringen, wie es zum Beispiel bei der Trägerin des Sacharow-Preises für geistige Freiheit von 1995 Leyla Zana der Fall war; bekräftigt, dass Paragraph 301 aufgehoben werden muss und das Strafgesetzbuch und andere Gesetze, die benutzt werden, um gewaltfreie Meinungsäußerungen willkürlich einzuschränken, grundlegend reformiert werden müssen, um sicherzustellen, dass die Meinungsfreiheit im Einklang mit den EMRK-Normen uneingeschränkt respektiert wird;

14.   begrüßt die Entschuldigung, die der Justizminister Mehmet Ali Sahin im Namen der Regierung gegenüber der Familie von Engin Çeper ausgesprochen hat, der nach Misshandlungen im Gefängnis gestorben ist; teilt die Besorgnis des Menschenrechtsausschusses des türkischen Parlaments darüber, dass die Justiz es unterlässt, die wachsende Zahl der Fälle von Folter und Misshandlungen zu verfolgen; fordert die türkische Regierung auf, weitere systematische Anstrengungen zu unternehmen, damit Folter und Misshandlungen sowohl innerhalb als auch außerhalb öffentlicher Haftanstalten und die Kultur der Straflosigkeit ein Ende haben; betont in diesem Zusammenhang, dass die Ratifizierung und Umsetzung des Fakultativprotokolls des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe die Glaubwürdigkeit dieser Anstrengungen erheblich erhöhen würde; ist außerdem besorgt über die übermäßige Anwendung polizeilicher Gewalt im Zusammenhang mit öffentlichen Demonstrationen;

15.   begrüßt die Arbeit des Untersuchungsausschusses zum Thema Menschenrechte der Großen Türkischen Nationalversammlung bei der Untersuchung von Folter und Misshandlungen in Gefängnissen sowie dem Mord an dem Journalisten Hrant Dink; fordert die türkischen Staatsorgane auf, auf die Ergebnisse des Berichts des Ausschusses sowie auf die Ergebnisse des Berichts des Untersuchungsgremiums des Ministerpräsidenten zu reagieren; ist außerdem der Ansicht, dass sorgfältiger geprüft werden sollte, ob Ergenekon nicht auch an anderen, bislang nicht aufgeklärten Fällen wie der Ermordung von Hrant Dink beteiligt war;

16.  begrüßt, dass im Februar 2008 das Stiftungsgesetz erlassen wurde, und würdigt die Einschätzung der Kommission, wonach das Gesetz eine Reihe von ausstehenden Eigentumsfragen klärt, die nichtmuslimische Gemeinschaften betreffen; fordert die türkische Regierung auf, dafür zu sorgen, dass das Gesetz im Einklang mit der Rechtsprechung des EGMR angewandt wird, und den bislang ungeklärten Fall der Grundstücke zu klären, die beschlagnahmt und an Dritte verkauft worden sind, sowie der Grundstücke von Stiftungen, die vor der Verabschiedung der neuen Rechtsvorschrift verschmolzen sind;

17.   bekräftigt, dass nach wie vor ein Rechtsrahmen im Einklang mit der Rechtsprechung des EGMR erforderlich ist, damit alle religiösen Gemeinschaften ihre Religion ohne unzulässige Einschränkungen, vor allem in Bezug auf ihre Rechtsstellung, die Ausbildung der Geistlichen, die Wahl ihrer Hierarchie, die religiöse Erziehung und den Bau von Gotteshäusern, ausüben können; fordert erneut die türkischen Staatsorgane, alle Parteien, die Bürgergesellschaft und die betroffenen Gemeinwesen auf, sich dafür einzusetzen, dass geeignete Rahmenbedingungen für die uneingeschränkte Wahrung der Religionsfreiheit in der Praxis geschaffen werden; fordert erneut die unverzügliche Wiedereröffnung des griechisch-orthodoxen Seminars in Chalki und die öffentliche Verwendung des Kirchentitels des Ökumenischen Patriarchen; begrüßt die Initiativen der Regierung aus der letzten Zeit und die laufenden Gespräche zwischen der Regierung und den Vertretern der Aleviten über seit langem anstehende Probleme wie die der Gotteshäuser der Aleviten und der Errichtung eines Denkmals für die Massaker in Sivas, und fordert die türkische Regierung auf, den Anliegen der Aleviten unverzüglich Rechnung zu tragen und vom Staat abgehaltenen Religionsunterricht zu einem fakultativen Fach zu machen; bedauert die geplante Enteignung des syrisch-orthodoxen Klosters St. Gabriel in Tur Abdin und Gerichtsverfahren gegen Repräsentanten des Klosters;

18.  fordert die türkische Regierung auf, dringend eine politische Initiative zur Förderung einer dauerhaften Lösung des Kurdenproblems einzuleiten, die in einer Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Chancen der Bürger kurdischer Herkunft besteht und deren kulturelle Rechte spürbar erweitert, einschließlich konkreter Möglichkeiten, im Rahmen des staatlichen und privaten Schulsystems die kurdische Sprache zu erlernen und sie im Rundfunk und Fernsehen sowie bei der Inanspruchnahme öffentlicher Dienstleistungen zu verwenden, und es den gewählten Vertretern zu gestatten, zur Kommunikation mit ihren Wählern eine zweite Sprache neben der türkischen zu verwenden; begrüßt den Programmstart eines Fernsehkanals, der vom 1. Januar 2009 an 24 Stunden täglich in kurdischer Sprache sendet;

19.  verurteilt die von der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und anderen terroristischen Gruppen auf türkischem Boden begangenen Gewaltakte; bekräftigt seine Solidarität mit der Türkei bei der Bekämpfung des Terrorismus und fordert die die PKK erneut auf, eine sofortige und bedingungslose Waffenruhe auszurufen und einzuhalten;

20.   fordert die DTP und alle ihre gewählten Mitglieder auf, sich eindeutig von der terroristischen PKK und der von ihr praktizierten Gewaltanwendung zu distanzieren, und fordert alle Parteien auf, zu einer Lösung beizutragen, die Stabilität, Wohlstand und Integrität des türkischen Staates stärkt;

21.   nimmt zur Kenntnis, dass die türkische Regierung beschlossen hat, das Südostanatolien-Projekt (GAP) zur Entwicklung des Südostens des Landes abzuschließen; weist jedoch auf seine sozialen, ökologischen, kulturellen und geopolitischen Folgen hin, einschließlich seiner Auswirkungen auf die Wasserversorgung in den Nachbarländern Irak und Syrien, und fordert die Regierung auf, bei der Fortführung der Arbeiten an dem Projekt diese Probleme in vollem Maße zu berücksichtigen, die Rechte der betroffenen Bevölkerung zu schützen und eine enge Zusammenarbeit mit den örtlichen und regionalen Behörden sicherzustellen; fordert die Kommission auf, eine Studie zum GAP und seinen Auswirkungen vorzulegen;

22.  bekräftigt, dass auf der Grundlage des Vertrages von Lausanne (1923) die europäischen Werte des Pluralismus und der Vielfalt auch die Wahrung einer viel weiter gefassten Definition des Begriffs Minderheiten umfassen, als sie die Türkei vertritt; ist besorgt über die anhaltende Feindseligkeit und Gewalt gegenüber Minderheiten; ist besorgt darüber, dass die Türkei keine Fortschritte bezüglich der Garantie der kulturellen Vielfalt und der Förderung der Achtung für und des Schutzes von Minderheiten im Einklang mit den EMRK-Normen erzielt hat; fordert die türkische Regierung auf, den schon lange fälligen Dialog mit dem OSZE-Hochkommissar für nationale Minderheiten über Themen einzuleiten wie die Teilhabe von Minderheiten am öffentlichen Leben und Rundfunk- und Fernsehsendungen in Minderheitensprachen;

23.  fordert die türkische Regierung auf, gegen die Organisationen und Kreise vorzugehen, die die Anfeindung von Minderheiten schüren, und all jene Personen zu schützen, die bedroht werden und um ihr Leben fürchten müssen, sowie nachhaltige Anstrengungen zu unternehmen, um ein Umfeld zu schaffen, das eine vollständige Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten ermöglicht;

24.   fordert die türkische Regierung auf, nach Lösungen zu suchen, um den bikulturellen Charakter der türkischen Inseln Gökçeada (Imvros) und Bozcaada (Tenedos) zu bewahren und die Probleme der Angehörigen der griechischen Minderheit in Bezug auf Bildung und Eigentumsrechte anzugehen;

25.  begrüßt die Einsetzung des Gleichstellungsausschusses im türkischen Parlament; begrüßt die Einschätzung der Kommission, dass der Rechtsrahmen zur Gewährleistung der Rechte der Frau und der Chancengleichheit im wesentlichen geschaffen ist; fordert die türkische Regierung jedoch dringend auf sicherzustellen, dass dieser Rechtsrahmen umgesetzt wird, sodass er sich positiv auf die Lage der Frauen in der Türkei auswirkt; weist darauf hin, dass die bevorstehenden Kommunalwahlen die Chance bieten, der schwachen Präsenz von Frauen in der Politik abzuhelfen;

26.  ist besorgt darüber, dass die Zahl der so genannten "Ehrenmorde" in der Türkei steigt, und fordert die türkischen Staatsorgane und die Bürgergesellschaft auf, ihre Anstrengungen zu verstärken, um solchen Morden sowie häuslicher Gewalt und Zwangsehen vorzubeugen; begrüßt die wachsende Zahl von Zufluchtseinrichtungen, fordert jedoch nachdrücklich wirksame und nachhaltige Maßnahmen, was finanzielle Ausstattung und Personal betrifft, sowie die Unterstützung von Frauen und Kindern in der Zeit nach dem Aufenthalt in diesen Einrichtungen; fordert die türkische Regierung auf, den Frauenhandel in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten zu bekämpfen;

27.   begrüßt die Entscheidung des Obersten Appellationsgerichts, dass das Verbot der Organisation Lambda Istanbul nicht aufrechterhalten werden darf; fordert die Regierung dringend auf, die Gleichheit aller ohne Ansehen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung sicherzustellen;

Bestehen einer funktionierenden Marktwirtschaft

28.   begrüßt die Einschätzung der Kommission, dass die Türkei über eine funktionierende Marktwirtschaft verfügt;

29.  nimmt zur Kenntnis, dass sich das Wirtschaftswachstum in der Türkei 2008 zwar verlangsamt hat, dass die Gesamtwirtschaftsleistung jedoch zeigt, dass die Basis der türkischen Wirtschaft erheblich stärker und ihre Robustheit größer ist als vor einigen Jahren; nimmt zur Kenntnis, dass die weltweite Finanzkrise bislang nur begrenzte Auswirkungen auf das türkische Bankensystem hatte; ist jedoch besorgt angesichts der Auswirkungen der Krise auf das Wirtschaftswachstum; fordert die Kommission auf, einen besonderen Bericht über die Folgen der Krise für die türkische Wirtschaft vorzulegen; legt der türkischen Regierung nahe, weiter eng mit dem Internationalen Währungsfonds und anderen internationalen und europäischen Finanzinstitutionen zusammenzuarbeiten;

Fähigkeit zur Übernahme der mit der Mitgliedschaft einhergehenden Verpflichtungen

30.   bedauert, dass eine Reihe von Verpflichtungen, die die Türkei im Rahmen der Zollunion mit der EG eingegangen ist, noch nicht erfüllt worden sind, was die bilateralen Handelsbeziehungen verzerrt;

31.   stellt fest, dass die Türkei aufgrund der Zollunion verpflichtet ist, Freihandelsabkommen mit Drittstaaten auszuhandeln und abzuschließen, mit denen die Europäische Union solche Abkommen abgeschlossen hat; fordert den Rat und die Kommission auf, die Türkei in die Studien zur Abschätzung der Folgen eventueller Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Drittstaaten einzubeziehen und die Übermittlung von Informationen über die Position der Europäischen Union und den Stand der Verhandlungen über Freihandelsabkommen weiter zu verstärken;

32.   bedauert, dass das Assoziierungsabkommen EG-Türkei und sein Zusatzprotokoll von der türkischen Regierung noch nicht vollständig umgesetzt wurden; weist darauf hin, dass die Verhandlungen zusätzlich gravierend beeinträchtigt werden können, wenn die Türkei ihren Verpflichtungen bis Dezember 2009 nicht nachkommt; ersucht den Rat, im Einklang mit seinen Schlussfolgerungen vom 11. Dezember 2006 weiter zu beobachten und zu prüfen, welche Fortschritte bei den Themen erzielt werden, die Gegenstand der Erklärung der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten vom 21. September 2005 sind;

33.  beglückwünscht die Türkei zu den Fortschritten, die sie in den Bereichen Bildung und Kultur erzielt hat; bekräftigt, dass der Zugang zur Bildung für alle nicht nur eine geeignete Strategie für die Integration von Minderheiten, sondern auch die Grundlage für eine wohlhabende und moderne Gesellschaft darstellt; betrachtet die Absicht, an türkischen Universitäten Fachabteilungen für Armenisch und Kurdisch einzurichten, als Zeichen des guten Willens, dem konkrete Taten folgen müssen;

II.Größerer Wohlstand
Stärkung des sozialen Zusammenhalts und des Wohlstands

34.   weist darauf hin, dass eine sozial ausgerichtete Marktwirtschaft die Grundlage für eine kohärente Gesellschaft und eines der Schlüsselelemente für Stabilität und Wohlstand ist; begrüßt in diesem Zusammenhang die Verabschiedung des Gesetzes über die Sozialversicherung und die allgemeine Krankenversicherung als Beitrag zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts in der türkischen Gesellschaft;

35.  begrüßt die Annahme des Beschäftigungspakets im Mai 2008 durch das türkische Parlament, das darauf abzielt, Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen, Jugendliche und Behinderte zu fördern; ist jedoch besorgt über die anhaltende Schwäche des Arbeitsmarktes, auf dem nur 43 % der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter beschäftigt sind, und ist insbesondere beunruhigt über die sinkende Beschäftigungsquote bei Frauen; fordert die türkische Regierung auf, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um das Problem der informellen Wirtschaft zu lösen;

36.   fordert die türkische Regierung erneut auf, weitere konkrete Schritte zu unternehmen, damit Frauen im politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich mehr Gestaltungsmacht haben, beispielsweise durch befristete Maßnahmen zur Stärkung ihrer aktiven Mitarbeit in der Politik; weist darauf hin, dass wirksame Maßnahmen ergriffen werden müssen, um den Zugang von Frauen zur Bildung zu verbessern, da die Türkei in diesem Bereich leider unter den OECD-Ländern mit den geringsten Anteil hat;

37.  nimmt die Fortschritte zur Kenntnis, die im Bereich des Gesundheitsschutzes erzielt wurden; ist jedoch besorgt, dass keine Fortschritte im Bereich der geistigen Gesundheit zu verzeichnen sind; fordert die türkischen Staatsorgane auf, mehr Mittel für die Versorgung von psychisch Kranken zur Verfügung zu stellen und eine Lösung für das Problem der inadäquaten medizinischen Grundversorgung sowie der Behandlung von geistig Behinderten in entsprechenden Einrichtungen und Rehabilitationszentren zu finden; fordert, dass bei der Betreuung von Kindern und Erwachsenen mit Behinderungen in Einrichtungen deren Rechte uneingeschränkt respektiert werden;

38.   bedauert, dass keine Fortschritte bei der Änderung der Vorschriften über gewerkschaftliche Rechte erzielt wurden, und fordert das türkische Parlament auf, ein neues Gewerkschaftsgesetz zu verabschieden, das den Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation entspricht; bedauert, dass die Gewerkschaften nach wie vor nur eingeschränkt tätig sein können, obwohl die Regelungen über die Bildung von Gewerkschaften und die Mitgliedschaft in ihnen 2004 gelockert wurden; fordert die türkische Regierung auf, gemeinsam mit den Gewerkschaften eine Lösung zu finden, die gewährleistet, dass die Versammlungsfreiheit respektiert wird und am 1. Mai auf dem Taksim-Platz in Istanbul friedliche Demonstrationen stattfinden können;

39.   weist nochmals darauf hin, dass das Problem des Entwicklungsgefälles zwischen den Regionen in der Türkei sowie zwischen ländlichen und städtischen Gebieten angegangen werden muss, das zu den größten Hindernissen für den Wohlstand in der türkischen Gesellschaft gehört; bedauert deshalb, dass die türkische Regierung bislang keine umfassende Strategie zur Lösung dieses Problems vorgelegt hat, und ist enttäuscht, dass die Kommission noch keine Informationen über den Beitrag der Europäischen Union zu dieser strategischen Planung im Rahmen des Instruments für Heranführungshilfe vorgelegt hat, wie das Parlament in seiner Entschließung vom 21. Mai 2008 gefordert hatte;

III.Aufbau gutnachbarlicher Beziehungen

40.   betont, dass das Zypern-Problem auf der Grundlage der Resolutionen des UN-Sicherheitsrates sowie der grundlegenden Prinzipien der Europäischen Union umfassend beigelegt werden muss; begrüßt es, dass führende Politiker auf beiden Seiten erneut betont haben, dass sie sich für eine Verhandlungslösung einsetzen werden; unterstützt die laufenden direkten Verhandlungen der Führer der beiden Gemeinschaften in Zypern und erklärt, dass es jede von diesen erzielte Übereinkunft akzeptieren wird, sofern sie mit den Grundsätzen, auf denen die Europäische Union beruht, einschließlich der vier Grundfreiheiten, in Einklang steht, mit Ausnahme befristeter, übergangsweise anwendbarer Ausnahmeregelungen, und in einem Referendum bestätigt wird; fordert die Türkei auf, für ein günstiges Verhandlungsklima zu sorgen, indem sie die türkischen Truppen abzieht und es den beiden politischen Führern ermöglicht, frei über die Zukunft ihres Landes zu verhandeln;

41.   fordert die Türkei auf, ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen, den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte über den vierten zwischenstaatlichen Antrag Zyperns gegen die Türkei zu Untersuchungen über das Schicksal vermisster Personen nachzukommen; fordert alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit Nachdruck auf, die Türkei aufzurufen, geeignete Maßnahmen in dieser in erster Linie humanitären Angelegenheit zu ergreifen;

42.  spricht sich für eine engere grenzübergreifende Zusammenarbeit zwischen den lokalen Behörden, den Geschäftsleuten und anderen lokalen Partnern mit den benachbarten EU-Mitgliedern Griechenland und Bulgarien aus;

43.  begrüßt den Austausch und die Zusammenarbeit, die sich im letzten Jahr zwischen den Regierungen der Türkei und des Irak entwickelt haben, einschließlich der Kontakte zwischen der Türkei und der kurdischen Regionalregierung im Nordirak; fordert diese Organe auf, ihre Zusammenarbeit weiter zu verstärken und somit dafür zu sorgen, dass von irakischem Gebiet ausgehende Terroranschläge unter irakischer Verantwortung verhindert werden, um Stabilität zu gewährleisten und zur wirtschaftlichen Entwicklung des gesamten Raums beiderseits der türkisch-irakischen Grenze beizutragen; verweist darauf, dass es die türkische Regierung bereits früher aufgefordert hat, bei der Durchführung von Antiterroroperationen die territoriale Unversehrtheit des Irak, die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit zu achten und dafür zu sorgen, dass Opfer unter der Zivilbevölkerung vermieden werden;

44.   begrüßt den Besuch von Präsident Gül in Armenien im September 2008, der auf Einladung von Präsident Sarkisian erfolgt ist, und hofft, dass dieser Besuch dazu beiträgt, eine Atmosphäre zu schaffen, die der Normalisierung der Beziehungen der beiden Länder dienlich ist; fordert die türkische Regierung auf, die Grenze zu Armenien wieder zu öffnen und wieder umfassende wirtschaftliche und politische Beziehungen zu Armenien aufzunehmen; fordert die türkische und die armenische Regierung erneut auf, einen Prozess der Versöhnung einzuleiten, der sich sowohl auf die Gegenwart als auch auf die Vergangenheit bezieht und eine ehrliche und offene Diskussion über Ereignisse in der Vergangenheit ermöglicht; fordert die Kommission auf, diesen Versöhnungsprozess zu erleichtern;

45.   würdigt die anhaltenden Bemühungen der türkischen und der griechischen Regierung um die Verbesserung der bilateralen Beziehungen; bekräftigt, dass die Aufhebung des "Casus belli", der 1995 von der Großen Türkischen Nationalversammlung erklärt worden ist, einen wichtigen Impuls für die weitere Verbesserung dieser Beziehungen geben würde; verweist darauf, dass die Türkei sich zu gutnachbarlichen Beziehungen verpflichtet hat, und fordert die türkische Regierung auf, ernst zu nehmende und intensive Anstrengungen zu unternehmen, um sämtliche noch ungelösten Konflikte friedlich und im Einklang mit der UN-Charta, anderen einschlägigen Übereinkommen und bilateralen Abkommen und Verpflichtungen beizulegen;

IV.Stärkung der bilateralen Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Türkei

46.   fordert den Rat auf zu erwägen, ob bei der Eröffnung von Verhandlungen zu Kapiteln Fortschritte erzielt werden können, bei denen die Türkei nach Einschätzung der Kommission die Bedingungen für die Eröffnung erfüllt hat;

47.   würdigt die Bestrebungen der Türkei, ein Energieumschlagplatz zwischen Europa und Asien zu werden, sowie den Beitrag, den die Türkei zur Energieversorgungssicherheit Europas leisten kann; begrüßt die Fortschritte, die die Türkei in der Energiepolitik erzielt hat; verweist auf seine genannte Entschließung vom 24. Oktober 2007, in der es die Eröffnung von Verhandlungen über dieses Kapitel unterstützt, und bedauert, dass darüber im Rat noch keine Einigung erzielt worden ist; fordert die Türkei auf, der Europäischen Energiegemeinschaft als Vollmitglied beizutreten und so die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Türkei im Energiebereich zu stärken, was allen beteiligten Partien zugute kommen kann; fordert die Türkei auf, das Projekt der Pipeline Nabucco umfassend zu unterstützen, das für die Europäische Union von vorrangiger Bedeutung ist, und erwartet, dass demnächst eine zwischenstaatliche Vereinbarung zur Inbetriebnahme der Pipeline abgeschlossen wird;

48.  nimmt die Fortschritte zur Kenntnis, die in den Bereichen Einwanderung und Asyl erzielt wurden; bedauert jedoch, dass die Türkei seit Dezember 2006 die Verhandlungen über ein Rückübernahmeabkommen mit der Europäischen Union, dessen Unterzeichnung eine Voraussetzung für den Abschluss eines Abkommens über Visaerleichterungen ist, nicht wiederaufgenommen hat; fordert die türkische Regierung auf, ihre Zusammenarbeit mit der Europäischen Union im Bereich der Kontrolle der Einwanderung zu verstärken, unter anderem durch die ordnungsgemäße Umsetzung der geltenden bilateralen Rückübernahmeabkommen und Protokolle mit den Mitgliedstaaten; stellt fest, dass in Bezug auf die Anpassung an die EU-Visumlisten keine Fortschritte zu verzeichnen sind; fordert die Kommission und die türkische Regierung auf, Verhandlungen über ein Abkommen zur Erleichterung der Visumerteilung aufzunehmen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Visabeschränkungen für "Bona-fide"-Reisende wie Studenten, Akademiker oder Geschäftsleute zu lockern; fordert die uneingeschränkte Achtung der Menschenrechte der Asylsuchenden und Flüchtlinge, einschließlich eines offenen und unbeschränkten Zugangs zu allen Anhalteeinrichtungen durch den UN-Hochkommissar für Flüchtlinge;

49.   begrüßt die Einleitung einer neuen Generation von Projekten im September 2008, die darauf abzielen, den Dialog zwischen der Bürgergesellschaft in der Türkei und in der Europäischen Union zu stärken; fordert die Kommission auf, darüber Bericht zu erstatten, was im Rahmen des bürgergesellschaftlichen Dialogs EU-Türkei erfolgt; wiederholt seine Aufforderung an die türkische Regierung, die Bürgergesellschaft stärker in den Reformprozess einzubinden;

50.   stellt fest, dass die Kommission beabsichtigt, Folgenabschätzungen nur für bestimmte Politikbereiche abzugeben(5); fordert die Kommission auf, eine umfassendere Folgenabschätzung als die 2004 vorgelegte anzufertigen und dem Parlament unverzüglich vorzulegen;

51.  fordert die türkische Regierung und die Justizbehörden auf, bei Strafsachen, bei denen EU-Bürger und in der Europäischen Union wohnhafte Personen Opfer von Betrug geworden sind, beispielsweise im Fall der sogenannten "islamischen Holdings" (islamische Investmentfonds mit Sitz in der Türkei) sowie der in Deutschland ansässigen Wohltätigkeitsorganisation "Deniz Feneri" besser mit den EU-Mitgliedstaaten und den Behörden zusammenzuarbeiten;

Zusammenarbeit in internationalen und globalen Angelegenheiten

52.  würdigt die Anstrengungen der Türkei, zu Lösungen in vielen Krisenregionen der Welt beizutragen, insbesondere im Nahen Osten und im Südkaukasus, sowie die Bemühungen um die Beziehungen zwischen Afghanistan und Pakistan; begrüßt insbesondere das aktive und konstruktive Engagement der Türkei nach dem Konflikt zwischen Russland und Georgien, das auf die Festigung von Frieden und Stabilität im Südkaukasus gerichtet ist, vor allem durch seinen Vorschlag für eine Stabilitäts- und Kooperationsplattform für den Kaukasus; fordert den Rat und die Kommission auf, die Zusammenarbeit mit der Türkei zu intensivieren und Synergien in den Ansätzen der Europäischen Union und der Türkei in Bezug auf diese Regionen anzustreben;

53.   beglückwünscht die Türkei zu ihrer Wahl in den UN-Sicherheitsrat und ermutigt die türkische Regierung, in den Vereinten Nationen einen Ansatz zu vertreten, der eng mit der Position der Europäischen Union abgestimmt ist;

54.  begrüßt die Ratifizierung des Kyoto-Protokolls durch das türkische Parlament;

55.   begrüßt den anhaltend geleisteten Beitrag der Türkei zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und zu den NATO-Operationen; bedauert jedoch, dass die strategische Zusammenarbeit zwischen NATO und Europäische Union, die über die Berlin-Plus-Vereinbarungen hinausgeht, weiter durch die Einwände der Türkei blockiert wird, was nachteilige Folgen für den Schutz des eingesetzten EU-Personals hat, und fordert die Türkei nachdrücklich auf, diese Einwände möglichst rasch aufzugeben; fordert den Rat auf, die Türkei als einen der größten Truppensteller an der Planung und Entscheidungsfindung im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu konsultieren;

56.  fordert die türkische Regierung auf, das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs zu unterzeichnen und ratifizieren zu lassen, wodurch die Türkei noch stärker zum weltweiten multilateralen System beitragen und sich noch intensiver in diesem System engagieren würde;

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o   o

57.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Generalsekretär des Europarats, dem Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Republik Türkei zu übermitteln.

(1) ABl. C 306 E vom 15.12.2006, S. 284.
(2) ABl. C 263 E vom 16.10.2008, S. 452.
(3) Angenommene Texte, P6_TA(2008)0224.
(4) ABl. L 51 vom 26.2.2008, S. 4.
(5) Europäische Kommission: Maßnahmen zu nichtlegislativen Entschließungen des Parlaments – Mai II 2008.


Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien: Fortschrittsbericht 2008
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zu dem Fortschrittsbericht 2008 - über die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien
P6_TA(2009)0135B6-0106/2009

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Thessaloniki vom 19. und 20. Juni 2003, in denen allen Ländern des westlichen Balkans der EU-Beitritt verbindlich in Aussicht gestellt wurde,

–   unter Hinweis auf die Resolutionen S/RES/817 vom 7. April 1993 und S/RES/845 vom 18. Juni 1993 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen,

–   unter Hinweis auf den Beschluss des Europäischen Rates vom 16. Dezember 2005, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien den Status eines Bewerberlands für die Mitgliedschaft in der EU zu verleihen, sowie unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 15. und 16. Juni 2006 sowie vom 14. und 15. Dezember 2006,

–   unter Berücksichtigung des Interimsabkommens zwischen Griechenland und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien aus dem Jahr 1995,

–   unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung EU/Westbalkan, die von den Außenministern aller EU-Mitgliedstaaten und den Außenministern der Staaten des westlichen Balkans am 11. März 2006 in Salzburg einstimmig angenommen wurde,

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vierten Treffens des Stabilisierungs- und Assoziierungsrats der Europäischen Union und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien vom 24. Juli 2007,

–   unter Hinweis auf das Abkommen über Visaerleichterung und Rückübernahme zwischen der Europäischen Union und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien vom 18. September 2007,

–   unter Hinweis auf den Beschluss 2008/212/EG des Rates vom 18. Februar 2008 über die Grundsätze, Prioritäten und Bedingungen der Beitrittspartnerschaft mit der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien(1),

–   unter Hinweis auf die Erklärung von Brdo: New focus on the Western Balkans, die die EU-Präsidentschaft am 29. März 2008 abgegeben hat und in der sie die Notwendigkeit neuer Impulse für die Thessaloniki-Agenda und die Erklärung von Salzburg betont,

–   unter Hinweis auf den Fortschrittsbericht der Kommission 2008 - ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (SEK(2008)2695),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Juli 2008 zu dem Strategiepapier 2007 der Kommission zur Erweiterung(2),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. April 2008 zu dem Fortschrittsbericht über die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien 2007(3),

–   unter Hinweis auf die Empfehlungen des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses EU-ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien vom 29. und 30. Januar 2007 sowie vom 26. und 27. November 2007,

–   unter Hinweis auf seinen Standpunkt vom 24. Oktober 2007 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien über die Erleichterung der Erteilung von Kurzaufenthaltsvisa(4),

–   unter Hinweis auf seinen Standpunkt vom 24. Oktober 2007 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien über die Rückübernahme(5),

–   unter Hinweis auf den Beschluss 2007/824/EG des Rates vom 8. November 2007 über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien zur Erleichterung der Visaerteilung(6),

–   unter Hinweis auf den Beschluss 2007/817/EG des Rates vom 8. November 2007 über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien über die Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt(7),

–   unter Hinweis auf die Schlusserklärung des fünften Treffens des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses EU-ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien vom 28. November 2008,

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. November 2008 mit dem Titel 'Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2008-2009' (KOM(2008)0674) und auf die Schlussfolgerungen des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen vom 9. Dezember 2008,

–   gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.   in der Erwägung, dass die Kommission in ihrem Strategiepapier 2007 zur Erweiterung insbesondere bei der Bekämpfung der Korruption und der organisierten Kriminalität, der Verwaltungs- und Justizreform und dem Ausbau der Zivilgesellschaft der Rechtsstaatlichkeit und der verantwortungsbewussten Regierungsführung von Anbeginn der Strategie an große Bedeutung beimisst,

B.   in der Erwägung, dass die Europäische Union Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität des Erweiterungsprozesses ergriffen hat,

C.   in der Erwägung, dass ein Mitgliedstaat, Griechenland, und die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien mitten in einem Verhandlungsprozess stehen, der unter der Ägide der Vereinten Nationen stattfindet, um eine Lösung für die Bezeichnung des Bewerberlandes zu finden, der beide Parteien zustimmen können; in der Erwägung, dass die Gewährleistung gutnachbarschaftlicher Beziehungen und die Suche nach wechselseitig akzeptablen Verhandlungslösungen für noch offene Probleme mit Nachbarländern im Einklang mit der Erklärung von Salzburg vom 11. März 2006 weiterhin wesentlich ist,

1.   begrüßt es, dass die Regierungs- und Oppositionsparteien in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien bei gleichzeitiger breiter Unterstützung durch die Zivilgesellschaft und die Öffentlichkeit in dem Wunsch vereint sind, dass die Kopenhagener Kriterien für die EU-Mitgliedschaft und einen schnellstmöglichen Beitritt zur Europäischen Union erfüllt werden; betont in diesem Zusammenhang, dass es nicht in erster Linie um die Erfüllung von außen verhängter Anforderungen geht, sondern vielmehr um eine bessere Zukunft des Kandidatenlands;

2.   bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung der europäischen Perspektive für die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien und alle Westbalkanstaaten, was wesentlich für die Stabilität, die Aussöhnung und eine friedliche Zukunft der Region ist;

3.   begrüßt es, dass das Parlament des Landes sieben Jahre nach dem Abkommen von Ohrid das Gesetz über den Gebrauch von Sprachen in Verwaltung und Bildungswesen verabschiedet hat; begrüßt insbesondere die Ausweitung der Möglichkeiten für die Hochschulbildung, die sich durch die Eröffnung neuer Fakultäten in verschiedenen Städten – auch mit Curricula in verschiedenen Sprachen – ergeben haben; betont die Verbesserungen bei der ausgewogenen Vertretung der Bevölkerungsgruppen, die nicht der Mehrheit angehören, insbesondere in der öffentlichen Verwaltung, der Polizei und den Streitkräften;

4.   beglückwünscht das Land zu den Fortschritten im Dialog über die Liberalisierung der Visaregelung, insbesondere die große Zahl der ausgestellten Reisedokumente und Ausweise mit biometrischen Sicherheitsmerkmalen, die Umsetzung des integrierten Systems zur Verwaltung der Grenzen und die Errichtung eines nationalen Visa-Informationssystems; vermerkt mit Befriedigung die bei der Bekämpfung des Menschenhandels, der illegalen Zuwanderung und der Korruption erzielten Fortschritte und fordert die Regierung auf, ihre Bemühungen auf diesem Gebiet fortzusetzen; begrüßt die Umsetzung des Rückübernahmeabkommens mit der Europäischen Union und fordert eine engere Zusammenarbeit mit der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Frontex), mit dem Europäischen Polizeiamt (Europol) und mit der Europäischen Stelle für justizielle Zusammenarbeit (Eurojust); nimmt die Schwierigkeiten zur Kenntnis, die die Bürger der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien aufgrund der mangelnden Anerkennung ihrer Pässe durch einen EU-Mitgliedstaat haben, und fordert die Kommission angesichts der erreichten Fortschritte auf, dem Rat schnellstmöglich eine Visa-Liberalisierung für Bürger der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und die Abschaffung der Visumspflicht zu empfehlen;

5.   begrüßt die Bemühungen der Regierung der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien im Wirtschaftsbereich, die sich in deutlichen Fortschritten bei der Erfüllung der Wirtschaftskriterien ausgewirkt und das Land einer funktionierenden Marktwirtschaft näher gebracht haben; begrüßt insbesondere die Vereinfachung der Verfahren zur Steuerzahlung, die Reform der Registrierung der "einzigen Anlaufstellen", die Erleichterung des Außenhandels und den Bürokratieabbau; regt an, dass die Regierung ihre Maßnahmen für ein stabiles Wachstum des BIP, eine niedrige Inflationsrate, Steuerdisziplin und eine Stärkung des allgemeinen Wirtschaftsklimas fortsetzt;

6.   stellt fest, dass die Regierung nach einer Reihe von Versuchen, die Parlamentswahlen vom 1. Juni 2008 insbesondere im Nordwesten des Landes zu stören, mit der Wiederholung eines Teils der Wahlen und der effizienten Beobachtung der Verfahren wirkungsvolle Maßnahmen ergriffen hat, um korrekte Wahlergebnisse herbeizuführen; begrüßt die Einleitung von Gerichtsverfahren mit dem Ziel der Bestrafung der Urheber der bei der Wahl festgestellten Unregelmäßigkeiten; begrüßt die Annahme von Änderungen des Wahlgesetzes, die weitgehend im Einklang mit den Empfehlungen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte stehen, und vertraut darauf, dass alles Erdenkliche getan wird, um Versuche der Störung kommender Wahlen, etwa der Präsidentschafts- und Lokalwahlen im März 2009, zu verhindern;

7.   begrüßt die Fortschritte bei der Errichtung der für eine dezentralisierte Verwaltung der Heranführungshilfen erforderlichen Strukturen; unterstützt die Bemühungen der Regierung, Verwaltungskapazitäten aufzubauen, mit deren Hilfe sich der Beschluss der Kommission, die Verwaltung der Heranführungshilfen den nationalen Behörden zu übertragen, umsetzen lässt;

8.   stellt fest, dass die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien nach dem Vorbild der Mehrzahl der Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach einer ausführlichen Debatte im Parlament gleichzeitig mit Montenegro die Unabhängigkeit des Nachbarlands Kosovo anerkannt hat, trotz der Probleme, die dies kurzfristig in Bezug auf die gewünschten guten Beziehungen zum Nachbarland Serbien verursachen könnte; begrüßt die Einigung mit den Behörden des Kosovo über die Demarkation der Grenze;

9.   weist darauf hin, dass die verstärkte Beachtung Serbiens, die 2009 möglicherweise dazu führen kann, dass diesem Land der Status eines EU-Beitrittskandidaten verliehen wird, nicht dazu führen darf, dass innerhalb der Europäischen Union die Aufmerksamkeit für die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien abnimmt und der Beitrittsprozess sich verlangsamt;

10.  stellt fest, dass die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien an der Erfüllung der Kriterien für eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union arbeitet, und vermerkt die bei der Umsetzung des 2001 unterzeichneten Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens, des Rahmenabkommens von Ohrid und der bei der Umsetzung der Benchmarks der Kommission vor Kurzem erzielten Fortschritte; bedauert es jedoch, dass die Beitrittsverhandlungen drei Jahre nach der Gewährung des Status eines EU-Bewerberlands immer noch nicht begonnen haben, was eine unhaltbare Situation ist, die sich demotivierend auf das Land auswirkt und die Region zu destabilisieren droht; hält es für wünschenswert, dass diese Ausnahmesituation beendet wird; dringt darauf, dass der Prozess beschleunigt wird, und erinnert daran, dass es in seiner oben genannten Entschließung vom23. April 2008 die Hoffnung geäußert hat, dass 2008 ein Beschluss zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen gefasst wird, wobei es anerkennt, dass alle noch bestehenden Hindernisse für einen schnellen Beitritt in den Jahren, in denen die bevorstehenden Verhandlungen stattfinden werden, ausgeräumt werden müssen; dringt darauf, dass der Rat diesen Prozess beschleunigt, indem er ein Datum für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen noch in diesem Jahr festsetzt, bis die vollständige Umsetzung der wichtigsten Prioritäten für die Beitrittspartnerschaft erfolgt;

11.   bekräftigt im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 19. und 20. Juni 2008 und den Schlussfolgerungen des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen vom 8. und 9. Dezember 2008, wie wichtig es ist, dass die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien als EU-Bewerberland weiterhin gutnachbarschaftliche Beziehungen pflegt und noch offene Probleme mit ihren Nachbarländern zu lösen versucht, darunter auch eine für beide Seiten akzeptable Verhandlungslösung der Namensfrage auf der Grundlage ihrer internationalen Verpflichtungen und ihrer bilateralen and multilateralen Bindungen und Pflichten;

12.   unterstützt die Bemühungen des Vermittlers Matthew Nimetz im Rahmen der Vereinten Nationen entsprechend den oben genannten Resolutionen S/RES/817 und S/RES/845 von 1993 des Weltsicherheitsrats, mit denen die Differenzen beigelegt werden sollten, die anhand des verfassungsmäßigen Namens des Staats entstanden sind, damit schnellstmöglich eine endgültige Einigung zwischen der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und Griechenland auf der Grundlage seines Vorschlags vom 6. Oktober 2008 dazu erreicht wird, wie die Abgrenzung zwischen den jeweiligen Bereichen, die zu unterschiedlichen Staaten gehören, jedoch beide als Mazedonien bezeichnet werden, auf internationaler Ebene geklärt werden kann; ist sich dessen bewusst, dass dieser Vorschlag von beiden Seiten zögerlich aufgenommen wird; nimmt die Benennung des neuen Unterhändlers der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien zur Kenntnis; fordert beide Seiten auf, die Verhandlungen im Rahmen der Vereinten Nationen weiterzuführen und zu einer Kompromisslösung zu gelangen, damit das Problem kein Hindernis mehr für die Mitgliedschaft der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien in internationalen Organisationen darstellt, wie dies im oben genannten Interimsabkommen von 1995, das immer noch in Kraft ist, vorgesehen ist; stellt warnend fest, dass dies zu einer langen Verzögerung des EU-Beitritts der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien führen kann, wenn nicht eine baldige Einigung beider Staaten erfolgt; ist der Auffassung, dass solche ungelösten bilateralen Themen auf dem Balkan den Beitritt nicht behindern und den Prozess der europäischen Integration nicht beeinträchtigen dürfen;

13.   nimmt die Einreichung eines Ersuchens der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien beim Internationalen Gerichtshof zu Artikel 11 des Interimsabkommens zur Kenntnis; verleiht der Hoffnung Ausdruck, dass die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien und Griechenland sich trotz der beim Internationalen Gerichtshof anhängigen Rechtsstreitigkeiten betreffend die Anwendung des Interimsabkommens weiterhin für die Fortsetzung der Verhandlungen engagieren; verleiht im Hinblick auf die neue im Rahmen des "Nimetz-Prozesses" angekündigte Verhandlungsrunde der Hoffnung Ausdruck, dass die Regierungen aller Nachbarländer die Integration des Landes in die Europäische Union und die NATO unterstützen und damit zu Stabilität und Wohlergehen der Region beitragen;

14.   begrüßt die Bemühungen der Behörden der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, mit benachbarten EU-Mitgliedstaaten in der Absicht zusammenzuarbeiten, mögliche geschichtsbezogene Diskrepanzen und Fehlinterpretationen, die zu Unstimmigkeiten führen können, zu revidieren, und dringt darauf, dass die Würdigung des gemeinsamen kulturellen und geschichtlichen Erbes, das das Land mit seinen Nachbarn teilt, verstärkt wird; ist besorgt aufgrund der mangelnden Fortschritte beim Vorgehen gegen das Wiederaufleben von "Hassreden" gegen Nachbarstaaten insbesondere in den Medien und im Bildungssystem und dringt nach wie vor darauf, dass die Regierung für die Einhaltung der einschlägigen Standards der Europäischen Union und des Europarats sorgt;

15.   weist darauf hin, dass in einer Demokratie ein Zusammenspiel zwischen Regierung und Opposition stattfindet, bei dem immer Platz für abweichende Meinungen ist, Alternativen berücksichtigt werden und die Möglichkeit gegeben ist, Mehrheiten für eine andere Politik zu bekommen, und dass vermieden werden muss, dass bei Teilen der Bevölkerung die Befürchtung entsteht, dass diese Toleranz abnimmt, wenn eine Partei über eine parlamentarische Mehrheit verfügt, so wie dies seit den jüngsten Parlamentswahlen in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien der Fall ist;

16.   dringt darauf, dass Einzelne, die Beschwerde über Machtmissbrauch und/oder Korruption einlegen, ein Dokument erhalten, aus dem eindeutig hervorgeht, dass sie dies getan haben; begrüßt die gängige Praxis, nach der Bürger von den Maßnahmen, die auf ihre Beschwerde hin ergriffen wurden, und vom Endergebnis unterrichtet werden, sowie die Tatsache, dass diese Beschwerden klar und einheitlich von Polizei und Justizbehörden registriert werden;

17.   fordert die Regierung der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien auf, die Bekämpfung der Querverbindungen der organisierten Kriminalität in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, Montenegro, Kosovo und Albanien zu intensivieren;

18.   bedauert, dass das neue "Gesetz über die Rechtsstellung von Kirchen, religiösen Gemeinschaften und religiösen Einrichtungen" vom 20. September 2007 noch nicht dazu geführt hat, dass Anhänger anderer Glaubensgemeinschaften meinen, dass sie die gleichen Möglichkeiten haben, ihren Glauben auszuüben und zu verbreiten und zu diesem Zweck Gebäude besitzen, benutzen und errichten dürfen, wie die seit jeher größten Glaubensgemeinschaften des Landes, die "mazedonisch"-orthodoxe Kirche und der Islam; erinnert daran, dass es Aufgabe des Staates ist, die Toleranz gegenüber Andersdenkenden und das Recht auf religiöse Vielfalt zu schützen;

19.   bedauert den wachsenden Druck, den Regierungskräfte insbesondere im Wahlkampf auf die Medien ausüben; dringt darauf, dass die unabhängige und vielseitige Information durch Rundfunk und Fernsehen aufrechterhalten wird, wobei die divergierenden Meinungen in der Gesellschaft sichtbar bleiben sollten, sowohl, indem die redaktionelle Freiheit bei der Bereitstellung von Informationen gewährleistet wird als auch dadurch, dass vermieden wird, dass kommerzielle Rundfunkanstalten eng mit bestimmten Parteien oder Politikern verbunden sind; zeigt sich ferner besorgt angesichts der großen finanziellen Abhängigkeit von Zeitungen und Fernsehsendern von Regierungswerbung und den dadurch erzielten Einkünften, was einen kritischen journalistischen Ansatz beeinträchtigen könnte;

20.   stellt fest, dass es auch nach der Annahme der Änderungen zu dem Arbeitsgesetz von 2005 noch keine Klarheit über die Art und Weise gibt, auf die mehrere nebeneinander existierende Gewerkschaften mit der Regierung und den Unternehmern rechtsgültige Verträge abschließen können, weil die Gewerkschaften nach den geltenden Vorschriften verpflichtet sind, 33 Prozent der betroffenen Arbeitnehmer zu repräsentieren, bevor sie Vertragspartner sein können, und diese Bestimmung Vielfalt verhindert und dazu führt, dass interessierte Kreise die tatsächliche Zahl der Mitglieder dieser Gewerkschaften ständig in Frage stellen;

21.   fordert die Regierung der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien auf, rasch neue Mülldeponien einzurichten, alte Deponien zu schließen und zu räumen und gleichzeitig praktische Maßnahmen auszuarbeiten, um den integrierten Abfallzyklus einschließlich getrennter Abfall unter anderem mithilfe von Konsortien auf den neuesten Stand zu bringen, sowie Anlagen zur Gewinnung von Energie und Brennstoff aus Abfall zu errichten;

22.   fordert, dass Wasserqualität und Wasserstand in den Grenzseen Ohridsee, Prespasee und Dojransee verbessert und vor Verschmutzung geschützt werden und dass diesbezüglich wirkungsvolle Vereinbarungen mit den Nachbarstaaten Albanien und Griechenland geschlossen werden; begrüßt auch den vorgeschlagenen Gesetzentwurf zum Wassermanagement und dringt darauf, dass dieser unverzüglich vom Parlament des Landes behandelt wird;

23.   nimmt alarmiert die nachteiligen Auswirkungen der OKTA-Ölraffinerie auf Mensch und Umwelt zur Kenntnis, die sich in der Stadt Ilinden bei Skopje befindet und der größte Umweltverschmutzer des Landes gilt;

24.   warnt, dass ohne neue Investitionen in Lagerung, Aufbereitung und Transport von Wasser die Kontinuität der Trinkwasserversorgung für die Städte gefährdet sein dürfte;

25.   fordert die Regierung der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien auf, den Prozess der Liberalisierung und Privatisierung örtlicher öffentlicher Dienstleistungen erneut anzukurbeln und besonderes Augenmerk auf den Stromerzeugungs-, Transport- und Vertriebsbereich zu legen;

26.   bedauert es, dass die Funktionsfähigkeit des Eisenbahnnetzes sich in den letzten Jahren verschlechtert hat; stellt insbesondere fest, dass sowohl die Anbindungen im inländischen Personenverkehr als auch die durchgehenden Zuganbindungen in die Nachbarländer auf ein Minimum eingeschränkt wurden und dass das eingesetzte Material für Personenverkehrsdienste für verhältnismäßig kurze Strecken weniger geeignet ist, sodass neue Investitionen notwendig sind, wenn man den Personenverkehr mit der Bahn für die Zukunft aufrechterhalten will; bedauert den mangelnden Fortschritt beim Bau der Eisenbahnverbindung zwischen der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und Bulgarien, die zur wirtschaftlichen Entwicklung und Stabilität der Region insgesamt beitragen würde;

27.   legt der Regierung nahe, Planung und Produktion aus erneuerbaren Energiequellen unter besonderer Berücksichtigung von Sonnen- und Windenergie zu beschleunigen; fordert in diesem Zusammenhang die Behörden in Skopje auf, jede nur mögliche Anstrengung zu unternehmen, um eine Energiepolitik auszuarbeiten, die im Einklang mit den Zielen der Europäischen Union steht, und die Position der Europäischen Union auf der bevorstehenden Konferenz in Kopenhagen zu einem Kyoto-Folgevertrag zu unterstützen;

28.   ist beunruhigt über die große Zahl der Opfer häuslicher Gewalt und dringt auf gesonderte Gesetze zur Bekämpfung der häuslichen Gewalt, zusätzlich zu dem bereits bestehenden Familienrecht, die es dem Staatsanwalt möglich machen sollen, Personen, die sich der häuslichen Gewalt schuldig gemacht haben, zu verfolgen;

29.   ist vor allem vor dem Hintergrund des jüngsten Berichts von Amnesty International alarmiert aufgrund der Benachteiligung von Roma im Land; dem Bericht zufolge haben 39 % der Roma-Frauen eine schlechte oder keine Schulbildung, 83 % hatten niemals einen offiziellen, bezahlten Arbeitsplatz, und 31 % sind chronisch krank - Prozentsätze, die strukturell höher sind als der Durchschnitt der nicht den Roma angehörenden Frauen;

30.   begrüßt die bislang bei der politischen Vertretung der Roma erzielten Fortschritte; fordert die Regierung gleichzeitig dringend auf, die Umsetzung der bestehenden Roma-Politik zu beschleunigen und angemessene Mittel dafür vorzusehen;

31.   begrüßt gemeinsam mit dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge (UNHCR), dass bisher keine Angehörige der aus Kosovo geflüchteten Minderheiten, deren Mitglieder keine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis bekommen haben, zur Ausreise gezwungen wurden, und hofft, dass die Regierung und der UNHCR sich bald darüber einigen, wer für die finanzielle Unterstützung dieser Gruppe zuständig ist;

32.   fordert die Kommission in Anbetracht der Tatsache, dass die internationale Finanzkrise Europa erreicht hat und indirekte Auswirkungen auf den Handel und die ausländischen Investitionen in den Ländern des westlichen Balkans haben kann, auf, die weitere Entwicklung zu überwachen und erforderlichenfalls adäquate Maßnahmen zu treffen, um den reibungslosen Fortgang des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses sowohl im Hinblick auf die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien als auch im Hinblick auf die anderen Länder des westlichen Balkan zu gewährleisten, der ein wichtiger Faktor für die Stabilität in der Region und von größtem Interesse für die Europäische Union selbst ist;

33.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Regierung und dem Parlament der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien zu übermitteln.

(1) ABl. L 80 vom 19.3.2008, S. 32.
(2) Angenommene Texte, P6_TA(2008)0363.
(3) Angenommene Texte, P6_TA(2008)0172.
(4) ABl. C 263 E vom 16.10.2008, S. 402.
(5) ABl. C 263 E vom 16.10.2008, S. 402.
(6) ABl. L 334 vom 19.12.2007, S. 120.
(7) ABl. L 334 vom 19.12.2007, S. 1.


Mandat des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien
PDF 139kWORD 55k
Empfehlung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 an den Rat zum Mandat des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (2008/2290(INI))
P6_TA(2009)0136A6-0112/2009

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Vorschlags für eine Empfehlung an den Rat, eingereicht von Annemie Neyts-Uyttebroeck und anderen im Namen der ALDE-Fraktion, zum Mandat des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien ("der Strafgerichtshof") (B6-0417/2008), das sich auf die Republiken erstreckt, die bis zum 25. Juni 1991 das Gebiet der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien bildeten, d. h. Bosnien und Herzegowina, Kroatien, die ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien, Montenegro, Serbien, Kosovo und Slowenien,

–   unter Hinweis darauf, dass der Strafgerichtshof ein Gerichtshof der Vereinten Nationen ist, der in Europa tätig ist und sich mit europäischen Fragen beschäftigt; er wurde 1993 als zeitweilige Institution eingerichtet, die gezielt schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, die seit 1991 im ehemaligen Jugoslawien begangen wurden, untersuchen und die Verantwortlichen strafrechtlich verfolgen soll,

–   unter Hinweis auf die Tatsache, dass die nationalen Justizbehörden im ehemaligen Jugoslawien zum damaligen Zeitpunkt nicht in der Lage oder gewillt waren, gegen die Hauptverantwortlichen zu ermitteln und sie strafrechtlich zu verfolgen,

–   unter Hinweis auf die Tatsache, dass der Strafgerichtshof 161 Personen angeklagt und die Verfahren gegen 116 Angeklagte abgeschlossen hat, dass sich derzeit zahlreiche Angeklagte in unterschiedlichen Verfahrensphasen vor dem Strafgerichtshof befinden, dass lediglich fünf Angeklagte noch das Vorverfahren durchlaufen und auf den Beginn ihrer Verhandlung warten, und dass von den angeklagten Personen lediglich zwei, Ratko Mladić und Goran Hadžić, noch auf freiem Fuß sind(1),

–   in Kenntnis der Resolutionen S/RES/1503 (2003) und S/RES/1534 (2004) des UN-Sicherheitsrates, in denen der Strafgerichtshof aufgefordert wird, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um seine gesamte Tätigkeit im Jahr 2010 abzuschließen ("die Abschlussstrategie"),

–   unter Hinweis auf die Tatsache, dass die in der "Abschlussstrategie" vorgesehenen Termine Zieltermine, jedoch keine absoluten Fristen sind,

–   unter Hinweis auf die halbjährlichen Bewertungen und Berichte, die der Präsident und der Ankläger des Strafgerichtshofs gemäß Absatz 6 der Resolution des UN-Sicherheitsrates S/RES/1534 (2004) zu den Fortschritten bei der Umsetzung der "Abschlussstrategie" vorgelegt haben,

–   unter Hinweis auf die Resolution Nr. A/RES/63/256 der Generalversammlung der Vereinten Nationen zu einem umfassenden Vorschlag für geeignete Anreize, um das Personal des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda und des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien am Weggang zu hindern, die einvernehmlich am 23. Dezember 2008 angenommen wurde,

–   unter Hinweis auf die beträchtliche und konsequente Unterstützung des Strafgerichtshofs durch die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten,

–   in Kenntnis der Tatsache, dass die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem Strafgerichtshof eines der wichtigsten Kriterien im Rahmen der Politik der Europäischen Union gegenüber den westlichen Balkanstaaten darstellt,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2009 zu Srebrenica(2),

–   gestützt auf Artikel 114 Absatz 3 und Artikel 83 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A6-0112/2009),

A.   in der Erwägung, dass der Strafgerichtshof mit Sitz in Den Haag und dessen Tätigkeit auch weiterhin der umfassenden Unterstützung der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten bedarf,

B.   in der Erwägung, dass der Strafgerichtshof Urteile mit Präzedenzwirkung zu Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gefällt hat und dass er bereits einen entscheidenden Beitrag zum Prozess der Aussöhnung in den westlichen Balkanstaaten und damit zur Wiedererlangung und zur Erhaltung des Friedens in der Region geleistet hat,

C.   in der Erwägung, dass die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem Strafgerichtshof eine der strikten Voraussetzungen darstellt, die die Europäische Union in Verträge mit Ländern der Region aufgenommen hat,

D.   in der Erwägung, dass der Strafgerichtshof dazu beigetragen hat, die Grundlagen für neue Maßstäbe bei der Konfliktbeilegung und der Konsolidierung in der Konfliktfolgezeit weltweit zu schaffen, es ermöglicht hat, Lehren für mögliche künftige Ad-hoc-Gerichtshöfe zu ziehen, und gezeigt hat, dass eine effiziente und transparente internationale Justiz möglich ist, und in der Erwägung, dass sein Beitrag zur Entwicklung des internationalen Strafrechts weithin anerkannt ist,

E.   in der Erwägung, dass einige der Anklagen, Entscheidungen und Urteile des Strafgerichtshofs in verschiedenen Teilen der westlichen Balkanstaaten und darüber hinaus umstritten sind; in der Erwägung, dass aus diesen Reaktionen wertvolle Lehren gezogen werden können, die Teil des Vermächtnisses des Strafgerichtshofs sein werden, dass sie jedoch auch die Notwendigkeit einer Berufungskammer sowie eines Sensibilisierungsprogramms unterstreichen,

F.   in der Erwägung, dass der Strafgerichtshof weiterhin ein breites Spektrum an Sensibilisierungsmaßnahmen mit dem Ziel durchführt, den betroffenen Ländern seine Arbeit näher zu bringen, so durch die Ermöglichung der Berichterstattung über Gerichtsverfahren in den lokalen Medien, direkte Öffentlichkeitsarbeit seiner Bediensteten vor Ort und Bemühungen um den Aufbau von Kapazitäten in nationalen Rechtssprechungsorganen, die Kriegsverbrechen untersuchen, sowie eine Reihe von Projekten, mit denen bewährte Verfahren ermittelt werden sollen,

G.   in der Erwägung, dass der UN-Sicherheitsrat in seinen Resolutionen S/RES/1503 (2003) und S/RES/1534 (2004) den Strafgerichtshof und den Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda aufgefordert hat, die Ermittlungen bis Ende 2004, alle Gerichtsverfahren der ersten Instanz bis Ende 2008 und die gesamte Tätigkeit im Jahr 2010 abzuschließen; in Kenntnis der Tatsache, dass der Strafgerichtshof allerdings angekündigt hat, dass er, auch wegen der hohen Anzahl der Rechtsmittel, die Gerichtsverfahren erster Instanz nicht vor Ende 2009 werde abschließen können; in der Erwägung, das es deshalb eines neuen Beschlusses des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen bedarf, um das Mandat des Strafgerichtshofs zu verlängern,

H.   in der Erwägung, dass der Strafgerichtshof die Initiative ergriffen und einen Plan entwickelt hat, der vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in den obengenannten Resolutionen unterstützt wurde und der als "Abschlussstrategie" bekannt geworden ist und dessen Ziel darin besteht sicherzustellen, dass der Strafgerichtshof seinen Auftrag erfolgreich, zügig und in Abstimmung mit den innerstaatlichen Rechtssystemen der betreffenden Länder erfüllt,

I.   in der Erwägung, dass der Plan drei Phasen und Fristen für den Abschluss des Mandats des Strafgerichtshofs umfasst und dass das derzeitige Ziel darin besteht, alle Verfahren (Hauptverhandlungen und Berufungsverfahren) bis 2011 und spätestens Anfang 2012 abzuschließen; in der Erwägung, dass sich der Strafgerichtshof, um diese Ergebnisse zu erzielen, auf die ranghöchsten Personen konzentriert, die der Begehung von Straftaten verdächtigt werden, die seiner Gerichtsbarkeit unterliegen, und Verfahren gegen mittlere und rangniedrige Angeklagte den zuständigen nationalen Gerichten übertragen hat und dass er verbundene Verfahren gegen Angeklagte durchführt, wobei allerdings darauf geachtet werden muss, dass sichergestellt ist, dass diese Praxis nicht zulasten der Rechte der Angeklagten geht; in der Erwägung, dass nationale Staatsanwälte und Gerichte ebenfalls zahlreiche Verfahren selbst einleiten und durchführen können und dies auch tun, dass aber einige nationale Gerichte unter Umständen nicht in der Lage oder willens sind, Strafverfahren im Einklang mit internationalen Standards und Normen für ein faires Verfahren durchzuführen, und dass die Übertragung auf nationale Gerichte in einigen Fällen auf den Widerstand von unmittelbar betroffenen Opfern und Zeugen stößt,

J.   in der Erwägung, dass die drei Strafkammern und eine Berufungskammer des Strafgerichtshofs weiterhin uneingeschränkt arbeiten und Sammelverfahren durchführen; in der Erwägung, dass die Überweisung von Fällen an zuständige nationale Gerichte wesentliche Auswirkungen auf den allgemeinen Arbeitsanfall des Strafgerichtshofs hatte, dass jedoch Faktoren, die nicht seiner Kontrolle unterliegen, zu einigen Verzögerungen geführt haben und weitere unvorhergesehene Verzögerungen nicht ausgeschlossen werden können,

K.   in der Erwägung ferner, dass die beiden verbleibenden Angeklagten, Ratko Mladić und Goran Hadžić, vor Gericht gebracht werden müssen, und dass ihre Festnahme von der obligatorischen Zusammenarbeit der Staaten gemäß Artikel 29 des Statuts des Strafgerichtshofs, abhängen wird, die die Suche nach Flüchtigen und deren Verhaftung und Überstellung sowie die Herausgabe von Beweisen, die sich beispielsweise in inländischen Archiven befinden, einschließt, und in der Erwägung, dass die Verhaftung und Überstellung von flüchtigen Angeklagten sowie die Herausgabe von Beweisen nicht immer erfolgt ist,

L.   in der Erwägung, dass Artikel 21 des Statuts des Strafgerichtshofs jedem Angeklagten das Recht auf Anwesenheit bei der Verhandlung einräumt, und in der Erwägung, dass der Strafgerichtshof, selbst wenn er im Besitz überwältigender Beweise wäre, keine Verfahren gegen Abwesende durchführen könnte,

M.   in der Erwägung, dass die Verpflichtung des Strafgerichtshofs zum zügigen Abschluss seines Mandats anerkannt wird, die anhängigen Fälle jedoch ohne unnötigen Zeitdruck verhandelt werden müssen, da ein solcher Druck das Recht des Angeklagten auf einen fairen Prozess beeinträchtigen könnte; in der Erwägung dass keine "Abkürzungen" genommen werden dürfen, die die Sicherheit und das Wohlergehen von Opfern und Zeugen, die vor dem Strafgerichtshof aussagen, weiter gefährden könnten, und in der Erwägung, dass die in der Abschlussstrategie des Strafgerichtshofs vorgesehene Frist keine Straflosigkeit für die beiden noch Flüchtigen oder unnötigen Zeitdruck für die anhängigen Verfahren bedeuten darf,

1.   richtet folgende Empfehlungen an den Rat:

   a) erinnert daran, dass einer der grundlegenden Werte, die im Beschluss der internationalen Gemeinschaft zur Einsetzung des Strafgerichtshofs zum Ausdruck kamen, das Streben nach Gerechtigkeit und die Bekämpfung von Straflosigkeit war; unterstützt zwar vorbehaltlos die Arbeit des Strafgerichtshofs, weist jedoch darauf hin, dass dies nur vollständig erreicht werden kann, sofern anhängige Verfahren ohne unnötige Eile abgeschlossen und die beiden noch verbleibenden Angeklagten, Ratko Mladić und Goran Hadžić, vor Gericht gestellt werden;
   b) betont, dass die Forderung nach zügigeren Verfahren nicht auf Kosten der Anforderungen an ordnungsgemäße Verfahren gehen darf, und bekräftigt die heute weithin vertretene Ansicht, dass das Vermächtnis des Strafgerichtshofs nicht nur daran gemessen werden wird, ob es ihm gelingt, die Verantwortlichen für die schwersten seiner Gerichtsbarkeit unterliegenden Verbrechen zu verurteilen, sondern auch daran, ob dies unter Wahrung der strengsten Normen der Fairness geschieht;
   c) betont, dass der Verbleib hochqualifizierten Personals beim Strafgerichtshof ein entscheidender Faktor für den erfolgreichen Abschluss der Haupt- und Berufungsverfahren ist und dass der Verlust von Fachwissen der Institution, das für den Abschluss der anhängigen Verfahren benötigt wird, durch den in der Abschlussstrategie vorgesehenen Zeitplan noch verstärkt werden könnte; begrüßt in diesem Zusammenhang die vorstehend erwähnte Resolution A/RES/63/256 der Generalversammlung der Vereinten Nationen, nach der dem Strafgerichtshof gestattet wird, dem Personal Verträge nach Maßgabe des Zeitplans der Abschlussstrategie anzubieten und nicht-geldliche Anreize zu prüfen, durch die Schlüsselkräfte gehalten werden sollen;
   d) betont die Tatsache, dass einerseits ein festes Datum für die Erreichung der Abschlussstrategie zur Produktivität des Gerichtshofs beiträgt, dass aber andererseits dieses Datum in keiner Weise eine Ausschlussfrist für die Tätigkeiten des Strafgerichtshofs darstellen darf, wenn Recht gesprochen und das Verfahren gegen Ratko Mladić und Goran Hadžić geführt werden soll;
   e) fordert den Rat daher auf, dringend zu prüfen, ob eine zweijährige Verlängerung des Mandats des Strafgerichtshofs erwogen werden sollte, und ob dies ausreichend wäre, wenn man berücksichtigt, dass eine Verlängerung nicht allein in Hinblick auf die Zeit, sondern auch auf die Ergebnisse beurteilt werden sollte, und fordert den Rat auf, die Prüfung dieser Fragen den geeigneten Strukturen der Vereinten Nationen anzutragen;
   f) fordert den Rat auf, beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dafür einzutreten, dass er zusagt, dem Strafgerichtshof ausreichende Ressourcen und Unterstützung über den Gesamthaushaltsplan der Vereinten Nationen bis zum Ablauf des Mandats des Strafgerichtshofs zu gewähren;
   g) fordert den Rat nachdrücklich auf, weiterhin die Bemühungen des Strafgerichtshofs zu unterstützen, dass sich die betreffenden Länder verstärkt um eine Zusammenarbeit bemühen und ihre Bemühungen beschleunigen, um die beiden noch auf freiem Fuß befindlichen Angeklagten zu fassen, wodurch es dem Strafgerichtshof ermöglicht würde, sein Mandat zu erfüllen, und darüber hinaus bei den Vereinten Nationen eindeutig klarzustellen, dass die beiden noch verbleibenden Flüchtigen entweder vor den Strafgerichtshof gestellt oder nach den Mechanismen für unerledigte Fälle angeklagt werden müssen, damit jeder Anschein von Straflosigkeit vermieden wird;
   h) betont, dass die Schlüsseldokumente, die für die Anklage gegen General Ante Gotovina, Mladen Markać und Ivan Čermak unerlässlich sind, von den verantwortlichen Behörden übergeben werden sollten; betont, dass die Forderung, die der Chefankläger des Strafgerichtshofs Serge Brammertz vor kurzem erhoben hat, fehlende relevante Dokumente aufzuspüren und dem Strafgerichtshof zur Verfügung zu stellen, erfüllt werden sollte;
   i) erklärt, die Europäische Union sollte weiterhin hervorheben, dass das Bestehen voll funktionsfähiger Gerichte, die in der Lage sind, Verfahren wegen Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht auch dann noch durchzuführen, wenn der Strafgerichtshof als Rahmen hierfür nicht mehr besteht, zu den Kriterien von Kopenhagen gehört; fordert den Rat auf, klare Maßstäbe für die Bewertung der Leistungen der Justiz in den Ländern des westlichen Balkans nach Beendigung des Mandats des Strafgerichtshofs durchzuführen, um unter anderem sicherzustellen, dass die Haftbedingungen internationalen Standards entsprechen und dass den Urteilen des Strafgerichtshofs Folge geleistet wird, und fordert die Europäische Union auf, Untersuchungen und Verfahren wegen Kriegsverbrechen in den jeweiligen Ländern verstärkt zu unterstützen, beispielsweise indem den Vollstreckungs-, Justiz- und Anklagebehörden Hilfestellung geleistet wird, einschließlich von Mitteln für die Fortbildung und den Zeugenschutz;
   j) erkennt an, dass die Vorrangstellung der Staaten weiterhin ein Grundpfeiler des internationalen Systems ist, und weist darauf hin, dass auch die internationale Gemeinschaft die Entwicklung von innerstaatlichen Kapazitäten in den Balkanstaaten unterstützen muss, damit die örtlichen Gerichte die Arbeit fortsetzen können, die der Strafgerichtshof begonnen hat; unterstützt die bestehende Finanzierung der Europäischen Union, beispielsweise der Sensibilisierungsprogramme im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte; fordert den Rat in diesem Zusammenhang auf, eine Verstärkung seiner Unterstützung für die Kontinuitätsstrategie des Strafgerichtshofs in Erwägung zu ziehen, und fordert eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Gerichten und Staatsanwaltschaften der westlichen Balkanstaaten, insbesondere in Fällen, in denen es auch um Auslieferung und gegenseitige Rechtshilfe geht;
   k) stellt fest, dass ein konkretes Instrument für die Bearbeitung der noch nicht abgeschlossenen Aufgaben des Strafgerichtshofs nach dessen Abwicklung geschaffen werden muss um sicherzustellen, dass durch sein Vermächtnis die Grundsätze gestärkt werden, die für seine Einrichtung maßgebend waren;
   l) fordert den Rat auf, innerhalb der geeigneten Strukturen der Vereinten Nationen unverzüglich die Verfahren zur Einrichtung eines Instruments einzuleiten, das die unmittelbaren und längerfristigen unerledigten Aufgaben übernimmt, beispielsweise Zeugenschutz, Schutz vor der Einschüchterung von Zeugen, Fragen der Missachtung des Gerichts, Wiederaufnahmeverfahren, falls entlastendes Beweismaterial eingeht, Überwachung von Verfahren, die an die Region überwiesen wurden (deren Überwachung derzeit durch die Anklagebehörde des Strafgerichtshofs über die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erfolgt), Haftbedingungen und Fragen im Zusammenhang mit Begnadigung oder Strafumwandlung usw.; schlägt vor, dem UN-Sicherheitsrat einen Vorschlag zur möglichen Einrichtung eines gemeinsamen Büros zu unterbreiten, das künftig die noch nicht abgeschlossenen Aufgaben des Strafgerichtshofs, des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda und des Sondergerichtshofs für Sierra Leone übernimmt;
   m) erinnert den Rat daran, dass die Europäische Union besonderes Interesse an der Sicherung des Vermächtnisses des Strafgerichtshofs zeigen sollte, indem sie dafür Sorge trägt, dass dessen Archiv an einem geeigneten sicheren Ort – unter Umständen in der Region der westlichen Balkanstaaten –untergebracht wird, dass das Archiv so vollständig und leicht zugänglich wie möglich ist und dass die Dokumente im Internet verfügbar sind; schlägt vor, auch allen Staatsanwälten und Strafverteidigern und – nach einem angemessenen Zeitraum – Historikern und Forschern geeignete Garantien des freien Zugangs zu geben;
   n) unterstreicht, dass das Vermächtnis des Strafgerichtshofs auch mit dem Aussöhnungsprozess insgesamt in Verbindung stehen sollte; fordert die westlichen Balkanstaaten und die Europäische Union in diesem Zusammenhang auf, die Arbeit von nichtstaatlichen Organisationen und anderen Einrichtungen zu unterstützen, die den Opfern helfen, den Dialog und das Verständnis zwischen den Volksgruppen fördern und zur Wahrheitsfindung und Aussöhnung beitragen;

2.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Empfehlung dem Rat und – zur Information – der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sowie dem Präsidenten des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien zu übermitteln.

(1) Schreiben des Präsidenten des Strafgerichtshofs an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, S/2008/729, 24. November 2008.
(2) Angenommene Texte, P6_TA(2009)0028.


5.Weltwasserforum in Istanbul 16.- 22. März 2009
PDF 139kWORD 52k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zum Wasser im Hinblick auf das fünfte Weltwasserforum vom 16. bis 22. März 2009 in Istanbul
P6_TA(2009)0137B6-0113/2009

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis der Schlusserklärungen der vier ersten Weltwasserforen in Marrakesch (1997), Den Haag (2000), Kioto (2003) und Mexiko (2006),

–   in Kenntnis der Erklärung der Konferenz von Dublin über das Wasser im Hinblick auf die nachhaltige Entwicklung (1992), in der eine integrierte Wasserbewirtschaftung empfohlen wird, die den Wert des Wassers in jeder seiner Verwendungen anerkennt, und in der das Prinzip der Erhebung von Gebühren für Wasser eingeführt wird,

–   in Kenntnis der Resolution A/RES/58/217 der Generalversammlung der Vereinten Nationen, in der der Zeitraum 2005 bis 2015 zur Internationalen Aktionsdekade "Wasser – Quelle des Leben" und der 22. März jedes Jahres zum "Weltwassertag" erklärt wurden,

–   in Kenntnis der Ministererklärung anlässlich der Internationalen Süßwasserkonferenz (Bonn, 2001), in der die dringende Notwendigkeit betont wird, neue Finanzmittel von allen möglichen Arten von Investoren zu mobilisieren und die öffentliche Finanzierung des Wassers durch Einbindung privatwirtschaftlichen Kapitals zu stärken und gleichzeitig Maßnahmen auf lokaler Ebene zu fördern,

–   unter Hinweis auf die Konferenz von Monterrey (2002), auf der das Konzept einer globalen Wasserpartnerschaft eingeführt wurde, die ein multidimensioneller Dialog gleichberechtigter Partner sein soll, der auf Unternehmen, Finanzinstitutionen und die Zivilgesellschaft ausgedehnt wird, eine Initiative, die von der neuen Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas (NEPAD) und der G8 im Jahr 2001 in Genau sowie vom Forum für die Partnerschaft mit Afrika im Jahr 2003 aufgegriffen wurde,

–   unter Hinweis auf das 1992 in Helsinki abgeschlossene und 1996 in Kraft getretene Übereinkommen der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa, das den Rechtsrahmen für eine regionale Zusammenarbeit beim Schutz und der Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationalen Seen bildet,

–   unter Hinweis auf den Weltgipfel der Vereinten Nationen zum Millennium (New York, 6. bis 8. September 2000), auf dem die "Millenniums-Entwicklungsziele" erarbeitet wurden, nach denen vorgesehen ist, bis 2015 den Anteil der Bevölkerung ohne dauerhaften Zugang zu Trinkwasser zu halbieren,

–   im Hinblick auf die Charta von Saragossa 2008 mit dem Titel "A New Comprehensive Vision of Water" (ein neues und umfassendes Verständnis von Wasser) und auf die Empfehlungen die die "Water Tribune" am 14. September 2008, dem letzten Tag der Internationalen Ausstellung von Saragossa 2008 verabschiedet und an den Generalsekretär der Vereinten Nationen weitergeleitet hat,

–   in Kenntnis des 2006 veröffentlichten, zweiten Weltwasserentwicklungsberichts der Vereinten Nationen mit dem Titel "Wasser, eine geteilte Verantwortung",

–   unter Hinweis auf Ziffer 5 seiner Entschließung vom 11. März 2004 zur Binnenmarktstrategie ‐ Vorrangige Aufgaben 2003-2006(1), in der es seine Auffassung äußerte, dass "Wasser ein gemeinsames Gut der Menschheit darstellt" und dass "die Bewirtschaftung der Wasserressourcen nicht den Regeln des Binnenmarkts unterliegen darf",

–   in Kenntnis des "Berichts über die menschliche Entwicklung 2006" des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) mit dem Titel "Macht, Armut und die globale Wasserkrise", in dem diese Agentur der Vereinten Nationen dargelegt hat, dass die Armut – und nicht die physische Knappheit des Wassers – der Hauptgrund dafür ist, dass mehr als eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu Wasser haben,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. März 2007 zu den lokalen Gebietskörperschaften und zur Entwicklungszusammenarbeit(2),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. März 2006 zum vierten Weltwasserforum vom 16. bis 22. März 2006 in Mexiko(3),

–   in Kenntnis der bedeutenden Initiativen der europäischen Zivilgesellschaft zu Wasser und zum Recht auf Zugang zu Trinkwasser für alle, die im Europäischen Parlament durchgeführt wurden, insbesondere die "World Water Assembly for Citizens and Elected Officials" (WWACE / AMECE, vom 18. bis 20. März 2007) und "Peace with Water - Faire la Paix avec l'Eau'  (12. bis 13. Februar 2009) sowie das "Memorandum für ein Welt-Wasserprotokoll", das erörtert wurde,

–   in Kenntnis der mündlichen Anfrage B6-0113/2009 an die Kommission zum Fünften Weltwasserforum vom 16. bis 22. März 2009 in Istanbul,

–   gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.   unter Hinweis auf die Tatsache, dass fehlende Wasserversorgung und Abwasserentsorgung jährlich 8 Millionen Todesopfer fordern, dass mehr als 1 Milliarde Menschen keinen problemlosen Zugang zu Trinkwasser zu akzeptablen Preisen haben und dass fast 2,5 Milliarden Menschen über keinerlei Abwasserentsorgung verfügen,

B.   unter Hinweis auf die Tatsache, dass 2,8 Milliarden Menschen an wasserarmen Orten leben und dass diese Zahl bis 2030 auf 3,9 Milliarden ansteigen wird,

C.   in der Erwägung, dass arme Bevölkerungsgruppen am stärksten durch den Klimawandel gefährdet und auch am wenigsten in der Lage sind, sich an ihn anzupassen,

D.   in der Erwägung, dass die multinationale Agroindustrie Hauptnutzer von Trinkwasser in der Welt ist (70 % der weltweiten Entnahmen), dass sie einen unangemessen niedrigen Preis bezahlt und dass die übermäßige Nutzung von Wasserressourcen zur Verschlimmerung und Ausweitung des Prozesses der Wasserverschmutzung und der Bodendegradation geführt hat, was Ursache für die verstärkt auftretenden Dürren ist, die mehr und mehr struktureller Art sind,

E.   in der Erwägung, dass bei Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Nutzung von Wasser und bei einer rationellen Bewirtschaftung ein Preisniveau festgelegt werden muss, das die Verschwendung durch bestimmte Sektoren verhindert und Investitionen in die Wartung und Verbesserung der Infrastrukturen zusammen mit Begleitmaßnahmen ermöglicht, die es möglich machen, eine gerechte Verteilung des Wassers sicherzustellen, wobei die Regierungen Unterstützung leisten müssen, damit arme Familien für ihre Grundbedürfnisse an Wasser bezahlen können,

F.   in der Erwägung, dass die weltweite Subventionierung von Wasser, die zu künstlich niedrig gehaltenen Wasserpreisen führt, der Verschwendung durch bestimmte Sektoren Vorschub leistet und einer der Hauptgründe für den Wassermangel ist,

G.   in der Erwägung, dass die Wasserverteilung äußerst ungleich ist, während sie doch ein grundlegendes universelles Recht sein sollte, wobei die kommunale Ebene für ihre Regelung und ihre Bewirtschaftung am besten geeignet ist,

H.   in der Erwägung, dass die Liberalisierung und Deregulierung der Wasserverteilung in den Entwicklungsländern und insbesondere in den am wenigsten entwickelten Ländern zu Preissteigerungen, vor denen die Ärmsten betroffen sind und die ihren Zugang zum Wasser verringern, führen können, wenn es keinen soliden Regelungsrahmen gibt, der diese Maßnahmen begleitet,

I.   in der Erwägung, dass dagegen öffentlich-private Partnerschaften, die eine strenge und transparente Regulierung des öffentlichen Eigentums mit privaten Investitionen verbinden müssen, auf die Verbesserung des Zugangs zu Wasser und zum sanitären System sowie auf eine effizientere Nutzung auf der Kostenebene ausgerichtet sein müssen,

J.   in der Erwägung, dass die Haupthindernisse für eine effiziente Wasserbewirtschaftung folgende sind: die Tatsache, dass dem Wasser kaum eine politische und finanzielle Priorität eingeräumt wird, die schlechte Bewirtschaftung, ein unzureichender Rechtsrahmen, der Mangel an Transparenz bei der Aushandlung und der Bewilligung von Verträgen, die Korruption und das Fehlen von Diskussionen über das Preisniveau,

K.   in Kenntnis der Aussagen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), wonach der Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA) für Wasser und Abwasserentsorgung nur 9 % der bilateralen ODA und 4,5 % der multilateralen ODA ausmacht, und dass sie schlecht verteilt ist, denn die am wenigsten entwickelten Länder (LDC) haben nur 24 % der Mittel erhalten, obwohl sie sie am dringendsten benötigen,

L.   in der Erwägung, dass das Weltwasserforum, das alle drei Jahre einberufen wird, ein Ort der Diskussion und der Ausrichtung weltweiter politischer Entscheidungen über den Umgang mit Wasser und Wasserressourcen ist, und mit Bedauern darüber, dass bislang die Aktionen des Weltwasserforums nur in geringem Maße in die Arbeiten der Vereinten Nationen eingebunden sind,

1.   erklärt, dass Wasser ein Gemeingut der Menschheit ist und dass der Zugang zu Trinkwasser ein universelles Grundrecht sein sollte; fordert, dass bis 2015 alle notwendigen Anstrengungen unternommen werden, um den Zugang der ärmsten Bevölkerungsgruppen zu Wasser zu gewährleisten;

2.   erklärt, dass Wasser als öffentliches Gut angesehen wird und der öffentlichen Kontrolle unterstellt werden sollte, selbst wenn es teilweise oder gänzlich vom Privatsektor bewirtschaftet werden sollte;

3.   unterstreicht, dass jede Wasserbewirtschaftungspolitik auch den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und den Umweltschutz beinhalten muss und dass das Weltwasserforum auf demokratische, partizipative und konsensuelle Weise dazu beitragen sollte, Strategien zu entwickeln, die eine Form der wirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Entwicklung fördern, die ein hohes Qualitätsniveaus des Wassers gewährleistet;

4.   fordert die Abschaffung der globalen Subventionsregelungen für die Verteilung von Wasser, die Anreize für eine effiziente Wasserbewirtschaftung schwächen und zu einer übermäßigen Nutzung führen, damit Mittel frei werden, die gezielt für Beihilfen eingesetzt werden, insbesondere für arme und ländliche Bevölkerungsgruppen, um allen einen Zugang zu Wasser zu gewähren;

5.   unterstreicht das Interesse daran, dass in den Anrainerstaaten von Grundwasserbecken eine gemeinsame Wasserbewirtschaftung organisiert wird, um Solidarität zu schaffen oder zu stärken und so etwaige Spannungen abzubauen oder bestehende Konflikte zu lösen;

6.   erinnert an die entscheidende Rolle der Frauen bei der Beschaffung, der Bewirtschaftung und dem Schutz von Wasser;

7.   fordert die Mitgliedstaaten auf, trotz der Finanzkrise ihren Beitrag zur ODA zu erhöhen, um das Millenniums-Entwicklungsziel hinsichtlich der Trinkwasserversorgung zu erreichen, was Investitionen von jährlich 180 000 000 000 US-Dollar erfordert;

8.   fordert, die Mittel des Europäischen Wasserfonds für die Länder Afrikas, der Karibik und des pazifischen Raumes im Rahmen des 10. Europäischen Entwicklungsfonds aufzustocken und neue Finanzierungsinstrumente – auch privatwirtschaftliche Instrumente – und innovative Partnerschaften – insbesondere die solidarische Finanzierung – zu entwickeln;

9.   wünscht, dass durch die bilaterale ODA bestimmte multilaterale Maßnahmen, wie die afrikanische Wasserinitiative, unterstützt werden;

10.   meint, dass die ODA in Verbindung mit Ressourcen der lokalen Gebietskörperschaften, freiwilligen Spenden, Bankkrediten und privatem Kapital genutzt werden muss, um eine möglichst vollständige Finanzierung für den Wassersektor sicherzustellen;

11.   besteht auf der Einrichtung von Garantiemechanismen, die von Finanz- und Entwicklungsinstitutionen geschaffen werden könnten, um der Zurückhaltung von Investoren im Wassermarkt entgegenzuwirken;

12.   bekräftigt, dass der Staat mit seinen Aufgaben der Bestimmung der Politik und der notwendigen Mittel, der Auswahl von Partnern und der Aufteilung der Zuständigkeiten, auch wenn er die Ausführung auf die lokalen Gebietskörperschaften überträgt, weiterhin ein Hauptakteur der Wasserpolitik ist;

13.   fordert mit Nachdruck, die Bewirtschaftung der Wasserressourcen auf einen dezentralisierten, partizipativen und integrierten Ansatz zu gründen, in dem die Benutzer und Entscheidungsträger an der Bestimmung der Wasserpolitik im lokalen Bereich beteiligt sind;

14.   fordert die Kommission auf, Programme zur Sensibilisierung für Wasserfragen sowohl in der Europäischen Union als auch in den Partnerländern der Europäischen Union zu entwickeln;

15.   besteht auf der Notwendigkeit, die lokalen Behörden bei ihren Anstrengungen zu unterstützen, eine demokratische Wasserbewirtschaftung einzuführen, die effizient, transparent und reglementiert ist und den Zielen der nachhaltigen Entwicklung zur Deckung des Bedarfs der Bevölkerung gerecht wird;

16.   fordert den Rat und die Kommission auf, die maßgebliche Rolle der lokalen Gebietskörperschaften beim Schutz und bei der Bewirtschaftung von Wasser anzuerkennen, damit sie überall für die Steuerung der Wasserwirtschaft verantwortlich werden, und bedauert, dass die Kompetenzen der lokalen Gebietskörperschaften der Europäischen Union von den europäischen Kofinanzierungsprogrammen nur unzureichend genutzt werden;

17.   fordert daher den Rat und die Kommission auf, die lokalen Gebietskörperschaften der Europäischen Union dazu anzuregen, einen Teil der von den Benutzern für die Bereitstellung der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung erhobenen Gebühren für Maßnahmen dezentraler Zusammenarbeit bereitzustellen;

18.   fordert im Kontext der Aufrechterhaltung des öffentlichen Eigentums und im geeigneten Regelungs- und Rechtsrahmen, dass verstärkte Anstrengungen unternommen werden, um den Privatsektor in die Wasserverteilung mit dem Ziel einzubeziehen, seine Kapitalkraft, sein Know-how und die Technologie zu nutzen, um den Zugang zu Wasser und zu sanitären Einrichtungen für alle zu verbessern, und die Anerkennung des Zugangs zu Wasser als Grundrecht;

19.   meint, dass es Aufgabe der Staaten ist, private Anbieter von kleiner Größe in ihre nationalen Strategien der Wasserversorgung einzubeziehen;

20.   ist der Meinung, dass die Systeme der öffentlich-privaten Partnerschaft, bei denen die öffentlichen Stellen Eigentümer der Infrastrukturen bleiben und einen Bewirtschaftungsvertrag mit dem Privatsektor abschließen, eines der Mittel sein können, um einen erschwinglichen Zugang zu Wasser und sanitären Anlagen zu erleichtern;

21.  besteht auf der Förderung neuer Ansätze, wie der Bewässerung ländlicher Gebiete und der Schaffung von Grüngürteln im Umkreis der Städte, um die Nahrungsmittelsicherheit und die lokale Autonomie zu stärken;

22.   meint, dass die Vermittlerrolle der nichtstaatlichen Organisationen vor Ort mit den Bevölkerungsgruppen eine unverzichtbare Ergänzung ist, um den Erfolg von Projekten in armen Ländern zu gewährleisten;

23.   wünscht die Einführung eines Gebührenausgleichs, der es ermöglicht, die am stärksten benachteiligten Personen zu einem erschwinglichen Preis mit Zugang zu Wasser zu versorgen;

24.   ist davon überzeugt, dass auch örtliche Ersparnisse genutzt werden müssen, wobei klar ist, dass dies erfordert, dass die Regierungen alle Hindernisse rechtlicher, steuerlicher oder administrativer Art beseitigen, die die Entwicklung örtlicher Finanzmärkte behindern;

25.   rät der Kommission und den Mitgliedstaaten, eine Politik zur Unterstützung der Wasserbewirtschaftung zu verabschieden, die auf dem Grundsatz des allgemeinen, gerechten und diskriminierungsfreien Zugangs zu gesundem Wasser beruht;

26.   fordert, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten die Bemühungen der Entwicklungsländer im Bereich der Anpassung und der Verringerung der Auswirkungen des Klimawandels erleichtern und unterstützen; erinnert in diesem Zusammenhang daran, wie wichtig es ist, rasch die Globale Allianz gegen den Klimawandel einzurichten;

27.   fordert, dass die Problematik der Wasserbewirtschaftung, der Wasserressourcen sowie des Rechts auf Zugang zu Wasser für alle in die Agenda der Abkommen aufgenommen wird, die auf der COP 15 in Kopenhagen (7. bis 18. Dezember 2009) zur Zukunft des Kyoto-Protokolls bestimmt werden, und zwar auch im Hinblick auf die Arbeit der Zwischenstaatlichen Sachverständigengruppe für Klimaänderungen (IPCC);

28.   betont, wie wichtig es ist, die Bedürfnisse armer Menschen bei der Erarbeitung einer Politik der Wasserversorgung und -bewirtschaftung zu berücksichtigen, insbesondere der Bevölkerungsgruppen, die am meisten durch den Klimawandel gefährdet sind;

29.   fordert die amtierende Ratspräsidentschaft auf, die Europäische Union auf dem Forum in Istanbul mit folgendem Auftrag zu vertreten:

   den Zugang zum Trinkwasser als lebenswichtiges Grundrecht des Menschen zu betrachten und nicht nur als Handelsware, die allein den Regeln des Marktes unterliegt,
   die in dieser Entschließung zum Ausdruck gebrachten Leitlinien zu verteidigen;

30.   wünscht, dass Verhandlungen im Rahmen der Vereinten Nationen aufgenommen werden, die auf einen internationalen Vertrag hinauslaufen, durch den dieses Recht Anerkennung findet; fordert die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie den Vorsitz der Union auf, politische und diplomatische Initiativen in dieser Hinsicht in der Generalversammlung sowie im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu ergreifen;

31.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem AKP-EU-Ministerrat, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und dem Generalsekretariat des Internationalen Komitees für den Weltwasservertrag zu übermitteln.

(1) ABl. C 102 E vom 28.4.2004, S. 857.
(2) ABl. C 301 E vom 13.12.2007, S. 249.
(3) ABl. C 291E vom 30.11.2006, S. 294.


EG-Entwicklungshilfe für die Gesundheitsversorgung in afrikanischen Ländern südlich der Sahara
PDF 131kWORD 46k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zu einem Konzept für die Entwicklungshilfe der EG für die Gesundheitsversorgung in afrikanischen Ländern südlich der Sahara
P6_TA(2009)0138B6-0114/2009

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Sonderberichts des Europäischen Rechnungshofes Nr. 10/2008 mit dem Titel "Entwicklungshilfe der EG für die Gesundheitsversorgung in afrikanischen Ländern südlich der Sahara",

–   unter Hinweis auf die Millenniumserklärung der Vereinten Nationen vom 18. September 2000, in der die Millenniums-Entwicklungsziele gemeinsam von der Völkergemeinschaft als Kriterien für die Beseitigung der Armut aufgestellt wurden,

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 7. Oktober 2005 mit dem Titel "Beschleunigte Verwirklichung der entwicklungspolitischen Millenniumsziele – Der Beitrag der Europäischen Union" (KOM(2005)0132),

–   unter Hinweis auf das 1994 von der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung verabschiedete Aktionsprogramm(1),

–   unter Hinweis auf die am 22. November 2007 von der 14. Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU verabschiedete Entschließung zum Zugang zur Gesundheitsversorgung und zu Medikamenten, mit besonderem Schwerpunkt auf vernachlässigten Krankheiten(2),

–   unter Hinweis auf das Strategiepapier für das Thematische Programm 2007-2013 mit dem Titel "In die Menschen investieren", das auf der Verordnung (EG) Nr. 1905/2006 zur Schaffung eines Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit beruht,

–   unter Hinweis auf den Weltgesundheitsbericht 2008 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit dem Titel "Primäre Gesundheitsfürsorge – heute mehr denn je",

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Juni 2007 zu den Millenniums-Entwicklungszielen – Zwischenbilanz(3) und seine Entschließung vom 4. September 2008 zu dem Thema Müttersterblichkeit im Vorfeld der hochrangigen Veranstaltung der Vereinten Nationen zu den Millenniums-Entwicklungszielen am 25. September 2008(4),

–   in Kenntnis der mündlichen Anfrage an die Kommission zum Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofes Nr. 10/2008 mit dem Titel "Entwicklungshilfe der EG für die Gesundheitsversorgung in afrikanischen Ländern südlich der Sahara"( O-0030/2009 -B6–0016/2009),

–   gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.   in der Erwägung, dass die EG trotz der Zusage der Kommission, die Millenniums-Entwicklungsziele zu erreichen, und trotz der Krise der Gesundheitsversorgung in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara die Mittel für den Gesundheitssektor anteilig an der gesamten Hilfe für die Entwicklungszusammenarbeit seit dem Jahr 2000 nicht erhöht hat,

B.   in der Erwägung, dass die EG nicht systematisch dafür gesorgt hat, dass im Bereich Gesundheit ausreichende Fachkompetenz zur Verfügung steht, um ihre gesundheitspolitischen Maßnahmen angemessen in die Tat umzusetzen,

C.   in der Erwägung, dass die allgemeine Budgethilfe zwar so gestaltet ist, dass Verbindungen zum Gesundheitssektor bestehen, diese Verbindungen aber bei der Umsetzung weder in ausreichendem Maße ausgelotet wurden, noch auf die Bedürfnisse der ärmeren Bevölkerungsschichten eingegangen wurde,

D.   in der Erwägung, dass die sektorbezogene Budgethilfe für den Gesundheitssektor von der Kommission in afrikanischen Ländern südlich der Sahara kaum in Anspruch genommen wurde,

E.   in der Erwägung, dass die Hälfte der Bevölkerung in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara immer noch in Armut lebt und dass Afrika der einzige Kontinent ist, der keine Fortschritte bei den Millenniums-Entwicklungszielen verzeichnet, vor allem nicht bei den drei Zielen, die die Gesundheit betreffen, d. h. der Kindersterblichkeit, der Müttersterblichkeit und der Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria, die sich maßgeblich auf die Bekämpfung der Armut auswirken, aber bei denen es am wenigsten wahrscheinlich ist, dass sie bis 2015 erreicht werden,

F.   in der Erwägung, dass bei den gesundheitsbezogenen Projekten zwar Probleme im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit zu beobachten waren, dass diese Methode der Hilfeleistung sich aber durchaus als sinnvoll zur Unterstützung des Gesundheitswesens in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara erwiesen hat,

G.   in der Erwägung, dass jedes Jahr 3,5 Millionen Kinder infolge von Durchfall und Lungenentzündung vor ihren fünften Geburtstag sterben,

1.   ist der Auffassung, dass die schwachen Gesundheitssysteme im Verein mit der Personalkrise ein Haupthindernis darstellen, das der Erreichung der gesundheitsbezogenen Millenniumsentwicklungsziele im Weg steht, und betont, dass die Stärkung der Gesundheitssysteme ein wesentliches Element der Armutsbekämpfung sein sollte; ist davon überzeugt, dass grundlegende Gesundheitsinfrastrukturen stabile langfristige finanzielle Unterstützung benötigen, wenn die gesundheitsbezogenen Millenniums-Entwicklungsziele erreicht werden sollen;

2.   ist der Auffassung, dass es mit Blick darauf, bessere Ergebnisse bei der Gesundheitsversorgung zu erzielen und die international vereinbarten Entwicklungsziele für das Gesundheitswesen zu erreichen, einer gemeinsamen Anstrengung bedarf; begrüßt in diesem Zusammenhang, dass die Entwicklungsländer in Abuja, Nigeria im April 2001 die Zusage geben haben, alles zu tun, um das Ziel, 15 % ihres jeweiligen Staatshaushaltes für die Gesundheitsversorgung auszugeben (das Abuja-Ziel von 15%), auch tatsächlich zu erreichen; bedauert, dass die Kommission nur 5,5 % der gesamten Hilfe aus dem 9. Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) für die Gesundheitsversorgung bereitgestellt hat;

3.   fordert die Kommission nachdrücklich auf, ihre Unterstützung der Gesundheitsdienste in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara aufzustocken und im Zuge einer Überprüfung der Bilanz der EG-Finanzierung der Unterstützung für das Gesundheitswesen Priorität einzuräumen;

4.   fordert die Kommission eindringlich auf, die für den Gesundheitssektor bereitgestellten Mittel bei der Halbzeitbilanz des 10. EEF aufzustocken, unabhängig von einer umfassenden Strategie, die zwangsläufig auch Sektoren einbezieht, die die Ergebnisse des Gesundheitssektors stark beeinflussen, beispielsweise die Bereiche Bildung, Wasser und sanitäre Einrichtungen, ländliche Entwicklung und gute Staatsführung;

5.   unterstreicht, dass sich die im Rahmen des Instrument für Entwicklungszusammenarbeit (DCI) eingegangene Verpflichtung, bis 2009 20 % der Mittel für die Bereiche gesundheitliche Grundversorgung und Grundschulbildung aufzuwenden, aus Gründen der Kohärenz auf alle europäischen Ausgaben im Bereich der Entwicklungspolitik, einschließlich des EEF, erstrecken muss; fordert die Kommission auf, die zuständigen Ausschüsse des Parlaments bis zum 10. April 2009 davon in Kenntnis zu setzen, welcher Prozentsatz der gesamten Entwicklungshilfe für die afrikanischen Länder südlich der Sahara, aufgeschlüsselt nach dem jeweiligen Land, für die Grundschulbildung bzw. weiterführende Bildung sowie für die gesundheitliche Grundversorgung ausgegeben wurde;

6.   fordert den Rat auf, den EEF in den Haushaltsplan der Europäischen Union zu überführen, wie das Parlament es mehrfach gefordert hat, damit größere politische Kohärenz gegeben wäre und eine parlamentarische Kontrolle der Entwicklungshilfeausgaben stattfinden könnte;

7.   fordert die Kommission mit Nachdruck auf, für ausreichende gesundheitliche Fachkompetenz zu sorgen, damit die Experten sich maßgeblich am Dialog mit dem Gesundheitssektor beteiligen können, indem sie sicherstellt, dass in allen Delegationen, in denen die Gesundheit ein zentrale Rolle spielt, Gesundheitsexperten vertreten sind, indem sie die Zusammenarbeit mit den Gesundheitsberatern des Europäischen Amts für humanitäre Hilfe (ECHO) in Ländern, in denen vor kurzem ein Konflikt stattgefunden hat, intensiviert und enge Partnerschaften mit der WHO eingeht, um auf deren Fachkenntnis zurückzugreifen, und indem sie förmliche Vereinbarungen mit den EU-Mitgliedstaaten eingeht, um von deren Sachkenntnis zu profitieren; fordert die Kommission auf, den zuständigen Ausschüssen des Parlaments bis zum 10. April 2009 eine Übersicht über die jeweilige Zahl der Gesundheits- und Bildungsexperten vorzulegen, die sie in der Region eingesetzt hat, und zwar sowohl in den Delegationen als auch in ihrer Zentrale, und einen genauen Zeitplan bzw. eine genaue Aufstellung für 2009 und 2010 zu liefern, aus dem/der hervorgeht, wie sie diese Zahl aufstocken will und wo diese Experten zum Einsatz kommen sollen, damit ihre Antworten beim Entlastungsverfahren für das Jahr 2007 berücksichtigt werden können;

8.   fordert die Kommission auf, dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria Unterstützung für die technische Hilfe zuzusichern, damit auf Länderebene die Ausarbeitung von Anträgen auf Zuschüsse gestellt und die Zuschussverträge in die Tat umgesetzt werden können bzw. eine Rückmeldung an die Kommissionszentrale über die wirksame Mitarbeit im Direktorium dieses Fonds erfolgt;

9.   fordert die Kommission eindringlich auf, ihre personellen und materiellen Kapazitäten sowohl in ihrer Zentrale als auch auf Delegationsebene aufzustocken, um ihre Gesundheitsstrategie in den betreffenden Ländern zu unterstützen und sicherzustellen, dass die aus dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria ausgezahlten Mittel Wirkung zeigen; fordert außerdem, dass leicht vermeidbare Krankheiten größere Priorität bekommen, wie beispielsweise Durchfallerkrankungen, die sich großenteils verhindern ließen, wenn überall auf der Welt Seife zur Verfügung stünde und wenn mit Sensibilisierungskampagnen angemessen darauf hingewiesen würde, wie wichtig Händewaschen ist;

10.   fordert die Kommission nachdrücklich auf, die allgemeine Budgethilfe in höherem Maße zur Stärkung der Gesundheitsversorgung zu verwenden, indem Leistungsindikatoren festgesetzt werden, an denen die Fortschritte auf dem Weg zu dem Abuja-Ziel von 15% gemessen werden, und die Umsetzungsraten (im Einzelnen die Schwachpunkte bei der Verwaltung der öffentlichen Finanzen und bei der Beschaffung) geprüft werden, technische Hilfe im Rahmen des Dialogs über die Gesundheitspolitik geleistet wird und solide Statistikverfahren eingeführt werden;

11.   bestätigt, dass die Verträge im Zusammenhang mit den Millenniums-Entwicklungszielen das Potenzial haben, tragfähige langfristige Investitionen in die Gesundheitsversorgung in Entwicklungsländern sicherzustellen und ihnen dabei behilflich zu sein, diese Ziele zu erreichen, aber nur, wenn die Kommission gewährleistet, dass diese Verträge sich vorrangig auf die Bereiche Gesundheit und Bildung konzentrieren; hebt jedoch hervor, dass diese Verträge lediglich Teil der Lösung sind, wenn es darum geht, die Effizienz der Hilfe zu verbessern und schneller Fortschritte auf dem Weg zu den gesundheitspolitischen Millenniums-Entwicklungszielen zu machen; dringt darauf, dass die Kommission auch alternative Konzepte erarbeitet, besonders für diejenigen Länder, die bislang für Vertragsschließungen im Rahmen der Millenniums-Entwicklungsziele noch nicht in Frage kommen und häufig von der Erreichung der gesundheitspolitischen Ziele noch weiter entfernt sind und den größten Bedarf an verstärkter Entwicklungshilfe haben;

12.   fordert die Kommission auf, Ziele zu setzen, an denen die Ergebnisse der Politik unmittelbar gemessen werden können und Mechanismen sowie Überwachungsinstrumente einzuführen, mit denen sichergestellt wird, dass ein angemessener Teil der allgemeinen Budgethilfe die grundlegenden Bedürfnisse deckt, insbesondere im Bereich der Gesundheit; betont, dass dies mit einer Unterstützung für den Kapazitätsaufbau einhergehen muss; fordert die Kommission auf, das Parlament bis Ende 2009 darüber zu informieren, welche Schritte sie unternommen hat;

13.   fordert einen Kapazitätsaufbau in allen Ministerien, damit im Bereich der Gesundheit durch Budgethilfe größere Effizienz gewährleistet wird, da die Eigenverantwortung der Länder sich allzu häufig auf die Finanzministerien beschränkt;

14.   fordert die Kommission nachdrücklich auf, die sektorbezogene Budgethilfe stärker in Anspruch zu nehmen; fordert die Kommission auf, die allgemeine Auflage, wonach die sektorbezogene Budgethilfe nur in Anspruch genommen werden darf, wenn die Gesundheit ein Schwerpunktbereich ist, einer Überprüfung zu unterziehen und die derzeitige Verteilung der Mittel zwischen sektorbezogener Budgethilfe und allgemeiner Budgethilfe zu überdenken;

15.   fordert die Kommission auf, Unterstützung für die Kontrolle der Budgethilfe durch die Parlamente, die Zivilgesellschaft und die Lokalbehörden zu leisten, damit eine starke und klare Verbindung zwischen der Budgethilfe und der Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele sichergestellt ist;

16.   bedauert, dass der Gesundheitssektor im Rahmen des 10. EEF nur in einer beschränkten Zahl von Partnerländern (sechs) als Schwerpunkt gewählt wurde; fordert die Kommission auf, die Länder systematisch dazu anzuhalten, ihre nationalen Gesundheitsbudgets aufzustocken, indem sie die Leistungsindikatoren heranzieht und Zielvorgaben für derartige Aufstockungen in den Finanzierungsabkommen über allgemeine Budgethilfe festsetzt;

17.   fordert die Kommission auf, sich stärker als Vermittlerin des Dialogs zwischen den Regierungen der Partnerländer und der Zivilgesellschaft, der Privatwirtschaft und den nationalen Parlamenten zu engagieren;

18.   drängt die Kommission, klare Leitlinien vorzugeben und zu verbreiten, was die Frage betrifft, wann jedes einzelne Instrument zum Einsatz kommen soll und wie sie in Kombination zu nutzen sind, um möglichst große Synergieeffekte zu erzielen; fordert die Kommission auf, für Kohärenz zwischen den verschiedenen Finanzinstrumenten zu sorgen und dabei die Lage in den einzelnen Ländern zu berücksichtigen, damit Fortschritte in Bezug auf die gesundheitspolitischen Millenniums-Entwicklungsziele möglich werden;

19.   fordert nachdrücklich, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten den Verhaltenskodex der Europäischen Union in Bezug auf die Arbeitsteilung bei der Entwicklungszusammenarbeit anwenden, um zu gewährleisten, dass die Gesundheitsausgaben und die Programme besser koordiniert sind und die Länder stärker im Vordergrund stehen, die bislang bei den Hilfen leer ausgegangen sind, einschließlich der Länder, die sich in einer Krise befinden, und fragiler Staaten;

20.   fordert die Kommission auf, in enger Abstimmung mit dem Rechnungshof zu ermitteln, wie die Schwachstellen, die im Bericht des Rechnungshofs angesprochen wurden, behoben werden können, und den zuständigen Ausschüssen des Parlaments bis Ende 2009 einen Bericht über die Ergebnisse dieser Beratungen vorzulegen;

21.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Rechnungshof sowie den Regierungen und Parlamenten der betreffenden afrikanischen Staaten zu übermitteln.

(1) A/CONF.171/13/Rev.1.
(2) ABl. C 58 vom 1.3.2008, S. 29.
(3) ABl. C 146 E vom 12.6.2008, S. 232.
(4) Angenommene Texte, P6_TA(2008)0406.


Einführung des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums (SEPA)
PDF 119kWORD 37k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zur Umsetzung des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums (SEPA)
P6_TA(2009)0139B6-0111/2009

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Kommission und der Europäischen Zentralbank vom 4. Mai 2006 zum einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum,

–   unter Hinweis auf das Occasional Paper Nr. 71 der Europäischen Zentralbank vom August 2007 zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums,

–   unter Hinweis auf die Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt(1) (Zahlungsdiensterichtlinie),

–   in Kenntnis des Vorschlags der Kommission vom 13. Oktober 2008 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über grenzüberschreitende Zahlungen in der Gemeinschaft (KOM(2008)0640),

–   in Kenntnis des sechsten SEPA-Fortschrittsberichts der Europäischen Zentralbank vom November 2008,

–   gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.   in der Erwägung, dass der einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum (SEPA) als integrierter Markt für Zahlungsdienste gedacht ist, der einem tatsächlichen Wettbewerb unterliegt und in dem nicht zwischen grenzüberschreitenden und nationalen Zahlungen in Euro unterschieden wird,

B.   in der Erwägung, dass es sich bei SEPA nicht nur um eine Selbstregulierungsinitiative des Europäischen Zahlungsverkehrsausschusses (EPC) handelt, sondern auch um eine wichtige im öffentliche Interesse liegende Initiative zur Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion und der Lissabon-Agenda; in der Erwägung, dass SEPA von der Zahlungsdiensterichtlinie, die für den notwendigen harmonisierten Rechtsrahmen sorgt, unterstützt wird, und dass der Erfolg von SEPA für das Parlament von besonderem Interesse ist,

C.   in der Erwägung, dass die Migration zu SEPA am 28. Januar 2008 mit dem Start des SEPA-Zahlungsinstruments für Überweisungen offiziell in die Wege geleitet wurde, während das Rahmenwerk für die Abwicklung von SEPA-Kartenzahlungen seit dem 1. Januar 2008 in Kraft ist und das SEPA-Lastschriftverfahren am 1. November 2009 anlaufen soll,

D.   in der Erwägung, dass kein rechtlich verbindlicher Termin für den Abschluss der Migration zu SEPA-Instrumenten festgelegt wurde, und dass alle beteiligten Parteien inzwischen darin übereinstimmen, dass die Festlegung eines solchen Termins eine unverzichtbare Voraussetzung für den Erfolg von SEPA ist,

E.   in der Erwägung, dass die Migration zu SEPA sehr schleppend vorangeht: bis 1. Oktober 2008 wurden lediglich 1,7 % aller Transaktionen mit Hilfe des SEPA-Überweisungsformats durchgeführt,

F.   in der Erwägung, dass alle beteiligten Akteure – Gesetzgeber, Bankenindustrie und Zahlungsdienstenutzer (insbesondere der öffentliche Sektor, der ein riesiges Volumen an Zahlungsprodukten nutzt) – zur Verwirklichung von SEPA beitragen müssen,

G.   in der Erwägung, dass die Nutzung von SEPA-Instrumenten allein für grenzüberschreitende Zahlungen nicht zum Erfolg des SEPA-Projekts führen würde, da die Fragmentierung fortbestehen würde und die erwarteten Vorteile für die Bankenindustrie und ihre Kunden ausbleiben könnten,

H.   in der Erwägung, dass die Kommission und die Europäische Zentralbank am 4. September 2008 gegenüber dem EPC erklärt haben, dass sie bereit seien, den Vorschlag für die Einführung eines Interbankenentgelts (Multilateral Interchange Fee – MIF) für grenzüberschreitende SEPA-Lastschriften zu unterstützen, sofern dieses Entgelt objektiv gerechtfertigt ist und nur für einen begrenzten Zeitraum gelten würde,

I.   in der Erwägung, dass die Kommission Bedenken im Zusammenhang mit bestehenden Interbankenentgelten geäußert hat und es der Industrie schwerfällt, eine geeignete Lösung zu entwickeln,

J.   in der Erwägung, dass im Zusammenhang mit einer EU-Kartenlösung auf der Grundlage des Rahmenwerks für die Abwicklung von SEPA-Kartenzahlungen die Erhebung eines Interbankenentgelts ebenfalls geklärt werden sollte,

K.   in der Erwägung, dass die weitere rechtliche Gültigkeit bestehender Lastschrifteinzugsermächtigungen sichergestellt werden sollte, da es aufwändig wäre, beim Übergang vom nationalen Lastschriftverfahren zum SEPA-Lastschriftverfahren die Unterzeichnung neuer Einzugsermächtigungen zu verlangen,

1.   unterstreicht, dass es sich weiterhin für die Schaffung eines einheitlichen Zahlungsverkehrsraums einsetzt, der einem tatsächlichen Wettbewerb unterliegt und in dem nicht zwischen grenzüberschreitenden und nationalen Zahlungen in Euro unterschieden wird;

2.   fordert die Kommission auf, einen klaren, geeigneten und verbindlichen Termin für den Abschluss der Migration auf SEPA-Instrumente bis spätestens 31. Dezember 2012 festzulegen, wobei ab diesem Termin alle Zahlungen in Euro unter Verwendung der SEPA-Standards erfolgen müssten;

3.   fordert die Kommission auf, für Rechtsklarheit hinsichtlich der Erhebung eines Interbankenentgelts für grenzüberschreitende Lastschriften zu sorgen, was insbesondere für die Festlegung eines Übergangszeitraums gilt, nach dessen Ablauf es möglich sein sollte, Interbankenentgelte beizubehalten, sofern sie den Leitlinien der Kommission entsprechen, die möglichst rasch verabschiedet werden und auf den Grundsätzen der Transparenz und der Vergleichbarkeit sowie der Beobachtung der Kosten und Gebühren für von den Zahlungsverkehrsdienstleistern erbrachte Leistungen beruhen sollten;

4.   fordert die Kommission auf, die Frage eines Interbankenentgelts für Kartenzahlungen genauer zu klären;

5.   fordert verstärkte Anstrengungen, um in den Mitgliedstaaten angemessene Lösungen zur Sichersicherstellung der weiteren rechtlichen Gültigkeit bestehender Lastschrifteinzugsermächtigungen im Rahmen des SEPA-Lastschriftverfahrens zu ermitteln;

6.   fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre öffentlichen Verwaltungen darin zu bestärken, so bald wie möglich SEPA-Instrumente zu verwenden, und ihnen im Rahmen des Migrationsprozesses eine Katalysatorrolle zu übertragen;

7.   fordert die Kommission auf zu gewährleisten, dass die Migration zu SEPA-Instrumenten nicht zu einem für die Bürger der Europäischen Union teureren Zahlungssystem führt;

8.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Europäischen Zentralbank und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABL. L 319 vom 5.12.2007, S. 1.


Strategische Partnerschaft EU/Brasilien
PDF 138kWORD 51k
Empfehlung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 an den Rat zu einer strategischen Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Brasilien (2008/2288(INI))
P6_TA(2009)0140A6-0062/2009

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Vorschlags für eine Empfehlung an den Rat von Véronique De Keyser im Namen der PSE-Fraktion zu einer strategischen Partnerschaft Europäische Union-Brasilien (B6-0449/2008),

–   gestützt auf Titel V des Vertrags über die Europäische Union,

–   in Kenntnis des Rahmenabkommens über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Föderativen Republik Brasilien(1),

–   in Kenntnis des interregionalen Rahmenabkommens über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Mercado Común del Sur und seinen Teilnehmerstaaten andererseits(2),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 2001 zu einer globalen Partnerschaft und einer gemeinsamen Strategie für die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika(3),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 27. April 2006 zu einer festeren Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika(4),

–   in Kenntnis der Mitteilung der Kommission mit dem Titel "Auf dem Weg zu einer strategischen Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Brasilien" (KOM(2007)0281),

–   in Kenntnis der Gemeinsamen Erklärung des ersten Gipfeltreffens EU-Brasilien vom 4. Juli 2007 in Lissabon,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. April 2008 zum fünften Gipfeltreffen EU-Lateinamerika/Karibik in Lima(5),

–   unter Hinweis auf die Erklärung von Lima, die auf dem fünften Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs Lateinamerikas, der Karibik und der Europäischen Union in Lima, Peru, am 16. Mai 2008 verabschiedet wurde,

–   in Kenntnis der Gemeinsamen Erklärung des zweiten Gipfeltreffens EU-Brasilien vom 22. Dezember 2008 in Rio de Janeiro,

–   gestützt auf Artikel 114 Absatz 3 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sowie der Stellungnahme des Entwicklungsausschusses (A6-0062/2009),

A.   in der Erwägung, dass Brasilien als ein regionaler und globaler Akteur zunehmend an Bedeutung gewinnt und sich für die Europäische Union zu einem maßgeblichen Gesprächspartner entwickelt hat,

B.   in der Erwägung, dass Brasilien und die Europäische Union Partner sind, die dasselbe Weltbild teilen und auf internationaler Ebene Veränderungen und Lösungen fördern können,

C.   in der Erwägung, dass die strategische Partnerschaft EU-Brasilien anlässlich des ersten Gipfeltreffens EU-Brasilien auf der Grundlage der engen historischen, kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Partnern begründet wurde und dass auf dem zweiten Gipfeltreffen EU-Brasilien ein gemeinsamer Aktionsplan angenommen wurde, der während eines Zeitraums von drei Jahren als Aktionsrahmen für ihre strategische Partnerschaft dienen soll,

D.   in der Erwägung, dass beide Partner wesentliche Werte und Grundsätze, wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Förderung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Marktwirtschaft und sozialer Zusammenhalt, gemeinsam haben, die die Grundvoraussetzungen für die Entwicklung der strategischen Partnerschaft darstellen,

E.   in der Erwägung, dass u. a. die Prozesse der politischen und wirtschaftlichen Integration, die immer weiter fortschreitende wirtschaftliche Globalisierung und die Bedeutung der Debatte über Demokratie, Menschenrechte und Umwelt die Prioritäten der Agenda beider Regionen verändert haben,

F.   in der Erwägung, dass Brasilien bei der Integration Südamerikas im Zuge der Gründung der Union Südamerikanischer Staaten (UNASUR) eine führende Rolle gespielt hat,

G.   in der Erwägung, dass die strategische Partnerschaft die Errichtung der vom Parlament in seiner oben genannten Entschließung vom 27. April 2006 vorgeschlagenen europäisch-lateinamerikanischen Zone umfassender interregionaler Partnerschaft bis 2012 deutlich voranbringen wird,

H.   in der Erwägung, dass die Einrichtung der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika (EuroLat) einen entscheidenden Schritt zur Stärkung der demokratischen Legitimierung und der politischen Dimension der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika darstellte und dass der kommende Beitritt des Mercosur-Parlaments zu dieser Versammlung EuroLat in seiner Rolle als ständiges Forum für den politischen Dialog zwischen den beiden Regionen stärken wird,

1.   richtet folgende Empfehlungen an den Rat:

   a) die strategische Partnerschaft sollte Teil des biregionalen Ansatzes und der globalen Betrachtung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union, Lateinamerika und der Karibik sein, die die Grundlage für die auf den Gipfeltreffen EU/Lateinamerika und Karibik (LAK) beschlossene biregionale strategische Partnerschaft bilden;
   b) die privilegierten Mechanismen des politischen Dialogs, die durch die strategische Partnerschaft geschaffen werden, sollten den Beziehungen zu den einzelnen regionalen Integrationsprozessen und zwischen diesen neuen Auftrieb geben, und zwar mit Blick auf die Werte der strategischen Partnerschaft und Stärkung des Multilateralismus in den internationalen Beziehungen;
   c) die strategische Partnerschaft sollte neue Impulse für den Abschluss des Assoziierungsabkommens EU-Mercosur geben, welches ein strategisches Ziel der Europäischen Union zur Vertiefung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen und zur Ausweitung des politischen Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen den beiden Regionen ist;
   d) die strategische Partnerschaft sollte gemessen am derzeitigen Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit mit Brasilien, dem derzeitigen Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit mit dem Mercosur und dem künftigen Assoziierungsabkommen mit dem Mercosur einen wirklichen Mehrwert schaffen;
   e) den Schwerpunkt der politischen Tagesordnung der strategischen Partnerschaft sollte die Förderung gemeinsamer Strategien zur Bewältigung globaler Herausforderungen bilden, einschließlich u. a. Frieden und Sicherheit, Demokratie und Menschenrechte, Klimawandel, Finanzkrise, Artenvielfalt, Sicherheit der Energieversorgung, nachhaltige Entwicklung und Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung;
   f) effektiver Multilateralismus, der sich auf das System der Vereinten Nationen (VN) stützt, ist die effizienteste Art und Weise des Umgangs mit globalen Herausforderungen; die Partner sollten versuchen, ihre Standpunkte durch enge Zusammenarbeit und systematische Konsultationen vor den Tagungen der Vereinten Nationen und anderer internationaler Gremien (z.B. Welthandelsorganisation (WTO)) und Foren (z.B. G20) aufeinander abzustimmen;
   g) die strategische Partnerschaft sollte unterstreichen, wie bedeutsam die Umsetzung des derzeitigen Reformprozesses der VN, einschließlich der Reform ihrer maßgeblichen Gremien, ist, der auf dem VN-Gipfel 2005 verabschiedet wurde;
   h) die Partner sollten sich bemühen, die Fähigkeiten zur Konfliktprävention und zur Krisenbewältigung in der VN, in regionalen Organisationen und auf bilateraler Ebene zu stärken und die Anstrengungen im Rahmen der Friedenssicherungs- und Stabilisierungseinsätze der VN zu koordinieren;
   i) die strategische Partnerschaft sollte ein Instrument zur Förderung der Demokratie und der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit und der verantwortlichen Regierungsführung auf globaler Ebene darstellen; die Partner sollten im Menschenrechtsrat der VN und im Dritten Ausschuss der Generalversammlung der VN stärker zusammenzuarbeiten, um die Menschenrechte weltweit zu fördern;
   j) die Partner müssen weiterhin an der Stärkung des multilateralen Handelssystems auf WTO-Ebene arbeiten; vor dem Hintergrund der derzeitigen weltweiten Finanzkrise und der engen Beziehungen zwischen der Finanz- und Handelswelt, sollte Protektionismus vermieden werden; die Partner sollten ihre Zusammenarbeit auf einen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen über die Entwicklungsagenda von Doha ausrichten;
   k) die strategische Partnerschaft sollte genutzt werden, um die Zusammenarbeit zwischen den Partnern in anderen internationalen Foren wie der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds und der G20 zu fördern, damit Lösungen für die derzeitige weltweite Finanzkrise gefunden werden, die die dringende Notwendigkeit einer Reformierung der internationalen Finanzarchitektur aufgezeigt hat;
   l) die in der Mitteilung der Kommission vom 18. September 2008 mit dem Titel "Mehrsprachigkeit: Trumpfkarte Europas, aber auch gemeinsame Verpflichtung" (KOM(2008)0566) zum Ausdruck gebrachte Auffassung, die den strategischen Wert der "externen Dimension der Mehrsprachigkeit" für die EU in der heutigen globalisierten Welt unterstreicht, sollte unterstützt werden; die Tatsache, dass "einige EU-Sprachen […] auch in vielen Nichtmitgliedstaaten auf verschiedenen Kontinenten gesprochen werden", dass sie "ein wichtiges Bindeglied zwischen Völkern und Staaten […] darstellen" und "ein wertvolles Kommunikationsinstrument für die Wirtschaft" sind, insbesondere in "aufstrebende[n] Märkte[n] wie Brasilien", und dass sie auch von Vorteil für die entsprechende Zusammenarbeit und Entwicklung sind, sollte betont werden;
   m) die beiden Partner müssen gemeinsam an der Bewältigung der dringendsten globalen Herausforderungen im Bereich von Frieden und Sicherheit arbeiten, einschließlich u. a. der Abrüstung, der Nichtverbreitung und Rüstungskontrolle, insbesondere hinsichtlich der atomaren, biologischen und chemischen Waffen und ihrer Trägersysteme, Korruption, der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität, konkret im Bereich Drogenhandel, Geldwäsche, Handel mit Kleinwaffen und leichten Waffen und Munition sowie des Menschenhandels und des Terrorismus; die Partner sollten deutlich machen, dass sie rückhaltlos hinter dem EU/LAK-Mechanismus zur Drogenbekämpfung stehen;
   n) die strategische Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und der Föderativen Republik Brasilien muss sich auf die gegenseitige Anerkennung endgültiger Urteile stützen;
   o) die Partner sollten eng zusammenarbeiten, um die Millenniums-Entwicklungsziele zu fördern und zu verwirklichen, damit Armut sowie wirtschaftliche und soziale Ungleichheiten weltweit bekämpft werden können; sie sollten die Zusammenarbeit im Bereich der Entwicklungshilfe einschließlich der dreiseitigen Zusammenarbeit intensivieren und ebenfalls bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus, des Drogenhandels und der Kriminalität zusammenarbeiten;
   p) die Anstrengungen Brasiliens, die Millenniums-Entwicklungsziele zu verwirklichen, sollten begrüßt und Brasilien sollte zu den positiven Entwicklungen in Bereichen wie Linderung der Armut, Verminderung der Unterernährung von Kindern und Grundausbildung beglückwünscht werden; es sollte betont werden, dass Brasilien noch erhebliche Anstrengungen unternehmen muss, um bis 2015 alle Millenniums-Entwicklungsziele zu erreichen, beispielsweise durch die Gewährleistung einer hinreichenden Qualität der Grundausbildung für alle Mädchen und Jungen und durch die weitere Verringerung der Sterblichkeitsrate der unter fünfjährigen Kinder; man sollte darauf hinweisen, dass die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern ein grundlegendes Menschenrecht und ein Instrument zur Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele ist und Bestandteil der strategischen Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Brasilien sein muss;
   q) es sollte festgestellt werden, dass in Brasilien trotz der wirtschaftlichen Entwicklung und der Anhäufung von Reichtum nach wie vor eine große Zahl armer Menschen lebt; man sollte betonen, dass die brasilianische Regierung in ihren Anstrengungen unterstützt werden muss, die Armut in den ärmsten Regionen und Gesellschaftsschichten zu bekämpfen, wobei zu berücksichtigen ist, dass 65% der ärmsten Brasilianer Schwarze oder gemischter ethnischer Herkunft sind, wohingegen 86% derer, die zur privilegiertesten Gesellschaftsschicht zählen, Weiße sind;
   r) die strategische Partnerschaft sollte ein Forum für Diskussionen und den Austausch bewährter Verfahren der Partner im Bereich des sozialen und regionalen Zusammenhalts sein; in diesem Zusammenhang sollten die ausgesprochen positiven Auswirkungen des brasilianischen Programms "Bolsa Família" auf die Verminderung der Armut im Land und auf den Anstieg der Indikatoren für die menschliche Entwicklung anerkannt werden;
   s) es sollte ein breit angelegter Dialog über Migration eingeleitet werden, wobei neben dem Schutz der Menschenrechte von Migranten und der Erleichterung von Überweisungen aus dem Ausland den Fragen der legalen und illegalen Migration Priorität eingeräumt werden sollte;
   t) die Partner sollten zusammenarbeiten, um die Diskussionen in internationalen Foren voranzubringen, damit im Jahr 2009 eine globale und umfassende Vereinbarung über den Klimawandel für die Zeit nach 2012, die sich insbesondere auf den Grundsatz der gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung stützt, erreicht werden kann;
   u) die Partner sollten auch im Hinblick auf die Durchführung der Bestimmungen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt und die Erreichung des für 2010 gesetzten Ziels für die biologische Vielfalt eng zusammenarbeiten;
   v) die Partner sollten die internationale Zusammenarbeit in Bezug auf die Erhaltung und nachhaltige Bewirtschaftung aller Waldarten, einschließlich des Regenwaldes im Amazonasgebiet, stärken; sie sollten bewährte Praktiken für die nachhaltige Forstwirtschaft und die Rechtsdurchsetzung im Forstsektor austauschen;
   w) die Partner sollten Energietechnologien mit geringem Kohlendioxidausstoß entwickeln und für eine nachhaltige Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien, einschließlich nachhaltiger Biokraftstoffe, die den Anbau von Nahrungspflanzen und die Artenvielfalt nicht beeinträchtigen, Sorge tragen; sie sollten den Anteil an erneuerbaren Energien in ihrem globalen Energiemix erhöhen, die Energieeffizienz und den Zugang zu Energie fördern und eine größere Sicherheit der Energieversorgung erzielen;
   x) die Partner sollten die Zusammenarbeit im Bereich der Kernforschung verstärken, damit sich Brasilien an dem Projekt ITER (Internationaler Thermonuklearer Versuchsreaktor) zur Erzeugung thermonuklearer Energie beteiligen kann;
   y) da der Zugang zu Arzneimitteln und die öffentliche Gesundheit übergeordnete Ziele sind, sollten die Anstrengungen Brasiliens, AIDS mit kostengünstigen Arzneimitteln zu bekämpfen, unterstützt werden, und die Europäische Union sollte weitere Untersuchungen im Bereich der Erteilung von Zwangslizenzen für Arzneimittel durchführen, mit denen vernachlässigte pandemische Krankheiten, unter denen in Armut lebende Menschen leiden, bekämpft werden können;
   z) die Mittel, die Brasilien im Rahmen des Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit(6) (DCI) bereitgestellt werden, müssen für Maßnahmen eingesetzt werden, die Brasilien bei der Bekämpfung der Armut und der Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele unterstützen, und für andere Maßnahmen, die als echte Entwicklungshilfe betrachtet werden können, wie etwa Maßnahmen im Umweltbereich;
  

aa) der bestehende Dialog sollte ausgebaut werden, und in den Bereichen Umwelt und nachhaltige Entwicklung, Energie, Verkehr, Ernährungssicherheit, Wissenschaft und Technologie, Informationsgesellschaft, Beschäftigung und Soziales, finanzpolitische und makroökonomische Fragen, regionale Entwicklung, Kultur und Bildung sollten neue sektorspezifische Dialoge aufgenommen werden;

  

ab) die strategische Partnerschaft sollte Kontakte zwischen Organisationen der Zivilgesellschaft, den Foren von Unternehmen und der Sozialpartner herstellen und den Austausch in den Bereichen Bildung und Kultur fördern;

  

Maßnahmen zugunsten der politischen Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Brasilien, des gegenseitigen Kennenlernens und des Verständnisses füreinander sowie Austauschprogramme sollten aus einem anderen Instrument als dem DCI finanziert werden;

  

ad) im Rahmen der strategischen Partnerschaft sollte ein regelmäßiger strukturierter Dialog zwischen den Mitgliedern des brasilianischen Nationalkongresses und denen des Europäischen Parlaments eingerichtet werden;

  

ae) es sollte vorgesehen werden, dass die Organe der Europäischen Union und die Regierung Brasiliens dem Europäischen Parlament und EuroLat regelmäßig umfassende Informationen über den aktuellen Stand der strategischen Partnerschaft vorlegen;

2.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Empfehlung dem Rat und – zur Information – der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie dem Präsidenten und dem Nationalkongress der Föderativen Republik Brasilien zu übermitteln.

(1) ABl. L 262 vom 1.11.1995, S. 54.
(2) ABl. L 69 vom 19.3.1996, S. 4.
(3) ABl. C 140 E vom 13.6.2002, S. 569.
(4) ABl. C 296 E vom 6.12.2006, S. 123.
(5) Angenommene Texte, P6_TA(2008)0177.
(6) Verordnung (EG) Nr. 1905/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Schaffung eines Finanzierungsinstrumentes für die Entwicklungszusammenarbeit (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 41).


Strategische Partnerschaft EU/Mexiko
PDF 194kWORD 50k
Empfehlung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 an den Rat zu einer strategischen Partnerschaft EU-Mexiko (2008/2289(INI))
P6_TA(2009)0141A6-0028/2009

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des von José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra im Namen der PPE-DE-Fraktion eingereichten Entwurfs einer Empfehlung an den Rat zu einer strategischen Partnerschaft EU-Mexiko (B6-0437/2008),

–   in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 15. Juli 2008 mit dem Titel "Für eine strategische Partnerschaft EU-Mexiko" (KOM(2008)0447),

   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Oktober 2007 zu den Frauenmorden (Femiziden) in Mexiko und Mittelamerika und der Rolle der Europäischen Union bei der Bekämpfung dieses Phänomens(1),

–   unter Hinweis auf das am 8. Dezember 1997 unterzeichnete Abkommen über wirtschaftliche Partnerschaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten Mexikanischen Staaten andererseits(2) ('Globalabkommen'),

–   in Kenntnis der auf den bisherigen fünf Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, Lateinamerikas und der Karibik (EU-LAK) in Rio de Janeiro (28./29. Juni 1999), Madrid (17./18. Mai 2002), Guadalajara (28./29. Mai 2004), Wien (12./13. Mai 2006) und Lima (16./17. Mai 2008) abgegebenen Erklärungen,

–   unter Hinweis auf das auf dem Vierten Gipfeltreffen Europäische Union/Mexiko in Lima, am 17. Mai 2008 angenommene gemeinsame Kommuniqué,

–   unter Hinweis auf das anlässlich der achten Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses EU/Mexiko am 13./14. Oktober 2008 in Mexiko-Stadt angenommene gemeinsame Kommuniqué,

–   unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des Siebten Treffens des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses (GPA) Vereinigte Mexikanische Staaten/Europäische Union am 28. und 29. Oktober 2008 in Mexiko,

–   in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates "Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen" vom 13. Oktober 2008,

–   unter Hinweis auf die Botschaft der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika (EuroLat) an das Fünfte Gipfeltreffen Europäische Union/Lateinamerika und Karibik vom 1. Mai 2008,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. April 2008 zum Fünften Gipfeltreffen Lateinamerika/Karibik und Europäische Union in Lima(3),

–   unter Hinweis auf die anlässlich des 18. iberoamerikanischen Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs vom 29. bis 31. Oktober 2008 angenommene Erklärung von San Salvador,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Februar 2006 über die Menschenrechts- und Demokratieklausel in Abkommen der Europäischen Union(4),

–   gestützt auf Artikel 114 Absatz 3 und Artikel 83 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sowie der Stellungnahme des Ausschusses für internationalen Handel (A6-0028/2009),

A.   in der Erwägung, dass sich sowohl Mexiko als auch die Europäische Union zu bestimmten Grundwerten und gemeinsamen Grundsätzen bekennen und dass zwischen beiden Seiten historische und kulturelle Bindungen bestehen,

B.   in der Erwägung, dass die Achtung der demokratischen Grundsätze und der Menschenrechte, auf die sich die Demokratieklausel bezieht, ein wesentliches Element der strategischen Partnerschaft und des Globalen Abkommens ist, das von beiden Seiten umgesetzt werden muss,

C.   in der Erwägung, dass Mexiko sowohl auf internationaler Ebene als auch auf regionaler Ebene sein politisches Gewicht konsolidiert, wie seine kürzliche Ernennung zum nichtständigen Mitglied des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (für den Zeitraum 2009 bis 2010) bzw. die Übernahme des Vorsitzes im Pro-Tempore-Sekretariat der Rio-Gruppe (Zeitraum 2008 bis 2010) belegen,

D.   in der Erwägung, dass die Europäische Union den Beitrag Mexikos zum multilateralen System anerkennen muss, da der Multilateralismus eines der Grundprinzipien ist, zu dessen Förderung auf internationaler Ebene sich beide Seiten, Mexiko und die Europäische Union, verpflichtet haben,

E.   in der Erwägung, dass Mexiko in strategisch wichtigen Sektoren Strukturreformen eingeleitet und mittlerweile in der Reihe der Wirtschaftsmächte weltweit die zehnte Position erreicht hat, Mitglied der G-20 und der G-5 (Brasilien, China, Indien, Südafrika und Mexiko) und darüber hinaus das einzige lateinamerikanische Land ist, das der OECD angehört,

F.   in der Erwägung, dass Mexiko mehr als 100 Millionen Einwohner hat und ein ausgesprochen junges Land ist, da 45 % der Bevölkerung jünger als 20 Jahre sind, und dass ihm als "Brücke" zwischen Nord- und Südamerika und zwischen Karibik und Pazifik eine wichtige geostrategische Position zukommt,

G.   in der Erwägung, dass sich das Globalabkommen auf drei Säulen stützt: den politischen Dialog, den schrittweisen Aufbau einer Freihandelszone und die Zusammenarbeit, und dass sich seit seinem Inkrafttreten im Jahr 2000 die Beziehungen zwischen beiden Seiten in diesen drei Bereichen – Politik, Handel und Zusammenarbeit – vertieft und gefestigt haben,

H.   in der Erwägung, dass die Europäische Union und Mexiko anlässlich des Gipfeltreffens in Lima auf die positive Entwicklung der Handels- und Investitionsströme im Rahmen des Globalabkommens hingewiesen haben,

I.   in der Erwägung, dass die Europäische Union und Mexiko sowohl im bilateralen Bereich als auch im Rahmen des Globalabkommens ihre Kontakte auf allen Ebenen und mit allen Institutionen, besonders im Bereich der parlamentarischen Zusammenarbeit im Rahmen des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses EU-Mexiko und der EuroLat verstärkt haben,

J.   in der Erwägung, dass der Vorschlag für eine strategische Partnerschaft mit der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise zusammenfällt und dass diese Krise das wirtschaftliche und soziale Gleichgewicht der bilateralen Beziehungen beeinflussen kann,

K.   in der Erwägung, dass die Vertiefung der Beziehungen zwischen Mexiko und der Europäischen Union die Einigung zwischen der Europäischen Union und ihren lateinamerikanischen Partnern über regionale und globale Fragen begünstigen und ein gemeinsames Eintreten für ihre gemeinsamen Werte und Interessen in den internationalen und regionalen Gremien ermöglichen könnte,

L.   in der Erwägung, dass diese strategische Partnerschaft eine qualitative Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Mexiko auf zweierlei Ebenen bewirken sollte: auf multilateraler Ebene die Koordinierung zwischen beiden Seiten in globalen Fragen und auf bilateraler Ebene den Ausbau ihrer besonderen Beziehungen und Initiativen,

M.   in der Erwägung, dass die Prozesse der politischen und wirtschaftlichen Integration, das zunehmende Voranschreiten der wirtschaftlichen Globalisierung und die sehr bedeutsame Diskussion über Demokratie, Menschenrechte, Umwelt usw. die Prioritäten auf der Tagesordnung beider Regionen verändert haben,

N.   in der Erwägung, dass Mexiko aufgrund seiner strategischen Lage und seines Netzwerks von Handelsabkommen für die europäischen Ausfuhren große strategische Bedeutung erlangt hat und die Europäische Union die zweitwichtigste Quelle ausländischer Direktinvestitionen in Mexiko ist,

O.   in der Erwägung, dass die Freihandelszone zwischen der Europäischen Union und Mexiko in den bilateralen Beziehungen der Europäischen Union eine wichtige Rolle spielt, da ihr Geltungsbereich sehr umfassend ist (Waren, Dienstleistungen, Beschaffungswesen, Wettbewerb, Rechte des geistigen Eigentums, Investitionen und damit zusammenhängende Zahlungen),

P.   in der Erwägung, dass die Auswanderung von Mexikanern u. a. in die Europäische Union für Mexiko wegen der großen Zahl der mexikanischen Einwanderer in der Europäischen Union, von denen viele hoch qualifiziert sind, eines der wichtigsten und sensibelsten Themen ist,

1.   richtet folgende Empfehlungen an den Rat:

   a) hofft, dass diese strategische Partnerschaft eine qualitative Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Mexiko auf multilateraler Ebene in Fragen von globaler Bedeutung mit sich bringen und auch zum Ausbau der bilateralen Beziehungen beitragen wird,
   b) plädiert dafür, im Rahmen der strategischen Partnerschaft jährliche Gipfeltreffen zwischen der Europäischen Union und Mexiko zu einer festen Einrichtung zu machen, wie dies auch mit den Vereinigten Staaten, Russland, China und Brasilien der Fall ist,
   c) ist zuversichtlich, dass diese strategische Partnerschaft dem Globalabkommen EU-Mexiko in seinen verschiedenen Komponenten, d. h. in politischen (einschließlich die Menschenrechte betreffenden), sicherheitsrelevanten, die Bekämpfung des Drogenhandels betreffenden, ökologischen, die technische und kulturelle Zusammenarbeit betreffenden und sozioökonomischen Fragen, neue Impulse geben wird,
   d) wünscht, dass sich das Handelskapitel auf gleichberechtigten Umgang, Solidarität, Dialog und Achtung der Besonderheiten Mexikos und der Europäischen Union gründet;
   e) sichert der mexikanischen Regierung und Präsident Calderón erneut seine Unterstützung bei der wichtigen Aufgabe zu, einige staatliche Stellen zu sanieren; vertritt die Auffassung, dass dies notwendig ist, um Korruption zu vermeiden und zu verhindern, dass die Gesellschaft der Schutzlosigkeit preisgegeben wird;
   f) trägt im Rahmen seiner Tätigkeit der Bekämpfung des Phänomens der Femizide in beiden Regionen im Wege des Dialogs, der Zusammenarbeit und des Austauschs bewährter Verfahren Rechnung;
   g) vertraut darauf, dass die strategische Partnerschaft die Koordinierung von Standpunkten in Krisensituationen und globalen Fragen auf der Grundlage der beiderseitigen Interessen und Anliegen ermöglichen wird;
   h) wünscht die Ausarbeitung klarer Leitlinien für eine möglichst effiziente enge Zusammenarbeit, um wirksamen Multilateralismus zu fördern und die Fähigkeiten zur Sicherung und Festigung des Friedens sowie der Achtung der Menschenrechte seitens der Vereinten Nationen zu stärken sowie im Einklang mit der Erklärung von Lima im Rahmen des Völkerrechts gemeinsamen Bedrohungen des Friedens und der Sicherheit einschließlich des Drogenhandels, des Waffenhandels, der organisierten Kriminalität, des Terrorismus und des Menschenhandels zu begegnen;
   i) ist der Auffassung, dass die strategische Partnerschaft eine Gelegenheit zu Gesprächen darüber bietet, wie die effizientere Anwendung der Klausel für Menschenrechte und Demokratie erreicht werden könnte und wie sich ihre Einhaltung bewerten lässt, etwa durch den Ausbau der positiven Dimension der Klausel, da Menschenrechte und Demokratie für beide Seiten wesentliche Elemente in allen Abkommen sind;
   j) versichert die mexikanische Regierung seiner Unterstützung bei ihren Beiträgen zur Tätigkeit der Vereinten Nationen und ihrem Kampf gegen Drogenhandel, internationalen Terrorismus und organisierte Kriminalität, insbesondere angesichts der steigenden Zahl der Opfer des Drogenhandels und des Drogenkonsums;
   k) ist zuversichtlich, dass die aus der strategischen Partnerschaft EU-Mexiko erwachsenden privilegierten Mechanismen des politischen Dialogs zu einem echten Impuls für die Beziehungen zu den einzelnen Prozessen regionaler Integration und zwischen diesen zum Schutz der Werte und Interessen der strategischen Partnerschaft und zur Stärkung des Multilateralismus im Bereich der internationalen Beziehungen werden;
   l) schlägt vor, dem Forum der Zivilgesellschaft EU-Mexiko größere Bedeutung zukommen zu lassen und so weit wie möglich seinen Empfehlungen zu folgen;
   m) betont, dass diese strategische Partnerschaft zu einem Instrument zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten in internationalen Gremien wie der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds, der OECD, der G-20 und der G-8+5 werden muss, um im Einklang mit der Erklärung von San Salvador Lösungen für die weltweite Finanzkrise zu finden und gemeinsam Maßnahmen zu ergreifen, damit das Vertrauen in die Finanzinstitute wiederhergestellt wird;
   n) betont insbesondere in Anbetracht der weltweiten Finanzkrise die Notwendigkeit, die Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen, die für die Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Gefüges und die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze unerlässlich sind, zu unterstützen;
   o) betont die Bedeutung aller zwischen der Europäischen Union und Mexiko geschlossenen bilateralen Abkommen, insbesondere des Globalabkommens, das eine Freihandelszone umfasst, sowie der strategischen Partnerschaft;
   p) verweist auf die positiven Auswirkungen der Durchführung des Globalabkommens für beide Seiten in Anbetracht des zu verzeichnenden Anstiegs des bilateralen Handels um mehr als 100 %;
   q) unterstreicht, dass die Strategische Partnerschaft den bilateralen Beziehungen neue Impulse verleihen und den Weg für eine Entwicklung und Verbesserung von Kooperationsprogrammen wie dem Umfassenden Programm zur Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen ("Programa Integral de Apoyo a Pequeñas y Medianas Empresas – PIAPYME") bereiten wird, deren Ergebnisse beiden Seiten zugute kommen werden; fordert, in diesem Zusammenhang eine Informationskampagne mit dem Ziel durchzuführen, alle Programme, die im Rahmen dieser Vertiefung der Beziehungen für beide Seiten von Nutzen sein werden, bekannt zu machen; hebt hervor, dass die strategische Partnerschaft dazu dienen wird, die Koordinierung zwischen beiden Seiten in den wichtigsten multilateralen Foren und Institutionen weiter zu verstärken;
   r) empfiehlt, dass Mexiko ständiges Mitglied der neuen internationalen Finanz- und Wirtschaftsarchitektur der G-20 wird, weil in diesem Zusammenhang die bilaterale strategische Partnerschaft mit der Europäischen Union noch wichtiger werden wird;
   s) betont die Notwendigkeit, Gemeinsamkeiten zu ermitteln, um im Hinblick auf die für 2009 in Kopenhagen geplante Konferenz der Vereinten Nationen zum Klimawandel und den Abschluss eines weltweiten Abkommens eine weitreichende gemeinsame Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels auszuarbeiten;
   t) fordert mit Nachdruck kohärentere Anstrengungen zur Förderung des Wissenschafts- und Technologietransfers, um eine wirkliche Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Klimawandels voranzutreiben und den Umweltschutz zu verbessern;
   u) fordert, darüber hinaus einen umfassenden und strukturierten Dialog zum Thema Migration zu entwickeln, der sowohl legale als auch illegale Migration und die Zusammenhänge zwischen Migration und Entwicklung einschließt, aufbauend auf den Erfahrungen Mexikos und der Europäischen Union in dieser Hinsicht und im Einklang mit der Erklärung von Lima;
   v) fordert den Gemischten Rat EU-Mexiko auf der Grundlage der Evolutivklausel gemäß Artikel 43 des Globalabkommens auf zu prüfen, ob es an der Zeit ist, zwischen beiden Seiten u. a. ein Abkommen über eine Einwanderungspolitik zu schließen, insbesondere was die Mode-4-Verfahren betrifft;
   w) fordert, dass die im Hinblick auf die Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele eingegangenen Verpflichtungen bekräftigen und sich erneut die Notwendigkeit vor Augen halten, in Fragen des sozialen Zusammenhalts, der Geschlechtergerechtigkeit, des Klimawandels, der nachhaltigen Entwicklung, der Bekämpfung des internationalen Terrorismus, des Drogenhandels und der organisierten Kriminalität, der Lebensmittelsicherheit und der Bekämpfung von Armut eng zusammenzuarbeiten;
   x) fordert, dass das Europäische Parlament, EuroLat und der Gemischte Parlamentarische Ausschuss EU-Mexiko von den Organen der Europäischen Union und der mexikanischen Regierung regelmäßig über den Stand der strategischen Partnerschaft und der in diesem Zusammenhang ergriffenen Maßnahmen unterrichtet werden;

2.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Empfehlung dem Rat und – zur Information – der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie der Regierung und dem Kongress der Vereinigten Mexikanischen Staaten zu übermitteln.

(1) ABl. C 227 E vom 4.9.2008, S. 140.
(2) ABl. L 276 vom 28.10.2000, S. 45.
(3) Angenommene Texte, P6_TA(2008)0177.
(4) ABl. C 290 E vom 29.11.2006, S. 107.


50.Jahrestag des tibetischen Aufstands und Dialog zwischen dem Dalai Lama und der chinesischen Regierung
PDF 117kWORD 35k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zum 50. Jahrestag des tibetischen Aufstands und zum Dialog zwischen dem Dalai Lama und der chinesischen Regierung
P6_TA(2009)0142RC-B6-0135/2009

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu China und Tibet, insbesondere seine Entschließungen vom 10. April 2008 zu Tibet(1) und vom 10. Juli 2008 zur Lage in China nach dem Erdbeben und im Vorfeld der Olympischen Spiele(2),

–   unter Hinweis auf die vom Dalai Lama am 4. Dezember 2008 vor dem Europäischen Parlament abgegebene Erklärung,

–   unter Hinweis auf die Erklärung der Regierung der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union zu Tibet auf dem Gipfeltreffen USA-EU vom 10. Juni 2008,

–   gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.   in der Erwägung, dass sich im März 2009 die Flucht des Dalai Lama aus Tibet und der Beginn seines Exils in Indien zum fünfzigsten Male jähren,

B.   in der Erwägung, dass acht Gesprächsrunden zwischen den Abgesandten des Dalai Lama und Vertretern der chinesischen Regierung zu keinem Durchbruch geführt haben und keine weiteren Gespräche geplant sind,

C.   in der Erwägung, dass das Memorandum über echte Autonomie für das tibetische Volk, das auf Ersuchen der chinesischen Regierung erstellt und von den Abgesandten des Dalai Lama in der achten Gesprächsrunde im November 2008 in Peking vorgelegt wurde, die Grundprinzipien der chinesischen Verfassung und die territoriale Integrität der Volksrepublik China respektiert, von der chinesischen Regierung jedoch als Versuch einer "halben Unabhängigkeit" und einer "versteckten Unabhängigkeit" abgelehnt wurde,

D.   in der Erwägung, dass der Dalai Lama zum Gewaltverzicht aufruft, für seine Bemühungen 1989 den Friedensnobelpreis erhielt und nicht die Unabhängigkeit Tibets fordert, sondern eine Wiederaufnahme der Verhandlungen mit den chinesischen Behörden, um zu einer umfassenden politischen Einigung im Sinne einer echten Autonomie im Rahmen der Volksrepublik China zu gelangen,

E.   in der Erwägung, dass die chinesischen Behörden in den vergangenen Tagen die Sicherheitsvorkehrungen in Tibet verschärft und Journalisten und Ausländern Reisen in die Region untersagt und bereits an Ausländer ausgestellte Einreisegenehmigungen wieder aufgehoben haben, wodurch eine Kampagne des harten Vorgehens gegen die tibetische Bevölkerung eingeleitet wurde,

F.   in der Erwägung, dass eine große Zahl von Mönchen aus dem Kloster An Tuo in der chinesischen Provinz Qinghai am 25. Februar 2009 während eines friedlichen Marsches anlässlich des tibetischen Neujahrs verhaftet wurde,

1.   fordert die chinesische Regierung nachdrücklich auf, das Memorandum über echte Autonomie für das tibetische Volk vom November 2008 als Grundlage für substantielle Diskussionen zu betrachten, um zu einem positiven und bedeutsamen Wandel in Tibet unter Beachtung der in der Verfassung und den Gesetzen der Volksrepublik China niedergelegten Grundsätze zu gelangen;

2.   fordert den Rat auf, in Erfahrung zu bringen, was genau während der Verhandlungen zwischen der Volksrepublik China und den Abgesandten des Dalai Lama geschehen ist;

3.   fordert den Ratsvorsitz auf, anlässlich des 50. Jahrestages des Exils des Dalai Lama in Indien eine Erklärung anzunehmen, in der die chinesische Regierung aufgefordert wird, in einen konstruktiven Dialog einzutreten, um eine umfassende politische Einigung zu erzielen, und dabei auch eine Bezugnahme auf das Memorandum über echte Autonomie für das tibetische Volk in die Erklärung aufzunehmen;

4.   verurteilt alle Gewaltakte, und zwar unabhängig davon, ob sie auf Demonstranten zurückzuführen sind oder auf eine unverhältnismäßige Unterdrückung durch die Ordnungskräfte;

5.   fordert die chinesische Regierung auf, alle Personen, die lediglich wegen ihrer Teilnahme an friedlichen Protesten inhaftiert wurden, unverzüglich und bedingungslos freizulassen und eine Aufstellung aller Personen vorzulegen, die getötet wurden oder vermisst werden, sowie aller Inhaftierten, einschließlich der Art der gegen sie erhobenen Anschuldigungen;

6.   fordert die chinesischen Behörden auf, ausländischen Medien Zugang zu Tibet zu gewähren, auch zu den tibetischen Gebieten außerhalb des Autonomen Gebiets Tibet, und das System der für den Zugang zum Autonomen Gebiet Tibet erforderlichen Sonderausweise abzuschaffen;

7.   fordert die chinesischen Behörden auf, Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen und anerkannten internationalen Nichtregierungsorganisationen ungehinderten Zugang nach Tibet zu gewähren, damit sie die Lage vor Ort untersuchen können;

8.   fordert den Ratsvorsitz auf, die Tibet-Frage auf die Tagesordnung einer Sitzung des Rates "Allgemeine Angelegenheiten" zu setzen, um darüber zu beraten, wie die Europäische Union Fortschritte bei einer Lösung für Tibet begünstigen könnte;

9.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Volksrepublik China sowie dem Dalai Lama zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P6_TA(2008)0119.
(2) Angenommene Texte, P6_TA(2008)0362.


Guinea-Bissau
PDF 209kWORD 43k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zu Guinea-Bissau
P6_TA(2009)0143RC-B6-0115/2009

Das Europäische Parlament,

   unter Hinweis auf die Erklärung des Ratsvorsitzes der Europäischen Union vom 2.März 2009 zu den tragischen Ereignissen in Guinea-Bissau,

   unter Hinweis sowohl auf die Präsidentschaftswahlen vom Juni und Juli 2005 als auch auf die Parlamentswahlen vom 16. November 2008 in Guinea-Bissau,

   unter Hinweis auf die Erklärung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 3. März 2009 zur derzeitigen politischen Krise in Guinea-Bissau,

   unter Hinweis auf die Erklärung der Kommission der Afrikanischen Union (AU) vom 2. März 2009,

–   gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.   in der Erwägung, dass am 2. März 2009 der Präsident von Guinea-Bissau João Bernardo Vieira von meuternden Soldaten erschossen wurde, am Tag nach einem Bombenanschlag, bei dem der Stabschef der Armee, General Batista Tagme Na Waie, getötet worden war; in der Erwägung, dass diese Morde zum Tod von zwei sehr mächtigen Personen und Rivalen geführt haben, die in den vergangenen vier Monaten mehreren Mordanschlägen entgangen waren,

B.   in der Erwägung, dass diese Anschläge nicht als Staatsstreich betrachtet wurden und dass der Friedens- und Sicherheitsrat der Afrikanischen Union Guinea-Bissau nicht suspendiert hat, wie dies bei den Nachbarländern Guinea und Mauretanien nach den im vergangenen Jahr verübten Staatsstreichen der Fall gewesen ist,

C.   in der Erwägung, dass der kürzlich gewählte Präsident der Nationalversammlung, Raimundo Pereira, in Erwartung von Neuwahlen verfassungsgemäß nur für einen begrenzten Zeitraum als Präsident vereidigt worden ist; in der Erwägung ferner, dass Raimundo Pereira die internationale Gemeinschaft aufgefordert hat, bei der Stabilisierung des Landes mitzuwirken,

D.   in der Erwägung, dass die seit Jahrzehnten andauernde politische Instabilität in Guinea-Bissau das Land in eine tiefe Krise gestürzt hat, die gekennzeichnet ist von einem fehlenden Zugang zu sauberem Trinkwasser, zu Gesundheitsdiensten und Bildungseinrichtungen, sowie dadurch, dass in zahlreichen Ministerien die Angestellten seit Monaten auf ihre Löhne warten, sowie in der Erwägung, dass dieses Land zu jenen wenigen Staaten gehört, die sich auf der Agenda der Kommission der Vereinten Nationen für Friedenskonsolidierung befinden, die darauf hinarbeitet, arme Länder in ihren Bemühungen zu unterstützen, zu vermeiden, in Krieg oder Chaos zurückzuverfallen; in der Erwägung ferner, dass die Mordanschläge zu einer Zeit stattgefunden haben, zu der sich die Europäische Union und die internationale Gemeinschaft verstärkt um den Aufbau eines demokratischen und stabilen Guinea-Bissau bemühen,

E.   in der Erwägung, dass die Europäische Union seit Juni 2008 mit Hilfe ihrer GASP-Mission "EU-Unterstützung der Reform des Sicherheitssektors in Guinea-Bissau" für die Reform des Sicherheitssektors in Guinea-Bissau Beistand und Unterstützung bereitgestellt hat,

F.   in der Erwägung, dass die Parlamentswahlen vom November 2008 ein wichtiger Test für Guinea-Bissau gewesen sind, da der Übergang des Landes zu demokratischen Regeln dringend eines neuen Antriebs bedurfte; in der Erwägung ferner, dass die Wahlen sowohl von den Bürgern als auch von den internationalen Beobachtern und insbesondere von der Wahlbeobachtungsmission der Europäischen Union gelobt wurden und den Weg für eine verstärkte Unterstützung der Vereinten Nationen für die friedensstiftenden Bemühungen des Landes ebneten; in der Erwägung ferner, dass sich das Militär während der Wahlperiode aus dem Wahlprozess heraus hielt und sich unentwegt der Gewährleistung eines friedlichen Umfelds verpflichtet fühlte,

G.   in der Erwägung, dass die Mordanschläge offenbar mit der politischen Spannung auf Grund alter Rivalitäten, ethnischer Zersplitterungen und der Instabilität in den militärischen Rängen sowie mit dem stets stärker werdenden Auftauchen von Drogenhandelsinteressen im Lande zu tun haben, was alles in allem zu einer überaus komplexen und gefährlichen Hintergrundsituation führt, die die Fähigkeit des Landes, sich zu erholen, permanent untergräbt,

H.   in der Erwägung, dass Guinea-Bissau mit dem Problem des Drogenhandels konfrontiert ist und als wichtiger Drogenumschlagsort zwischen Südamerika und Europa dient und in der Erwägung der schweren Bedrohung für die politische Stabilität des Landes, die der Drogenhandel darstellt,

I.   in der Erwägung, dass der nachgewiesene Drogenhandel in und durch die Region laufend deutlicher zu Tage tritt und dass dies zeigt, wie sehr der Drogenhandel zu einer großen Gefahr für ganz Westafrika und dadurch, dass er bereits benachbarte Regionen angesteckt hat, auch zu einer großen Gefahr für die Europäische Union geworden ist,

1.   verurteilt energisch die Ermordung des Präsidenten von Guinea-Bissau, João Bernardo Vieira, und des Oberbefehlshabers der Streitkräfte, General Tagmé Na Waié;

2.   bekundet den Familien des verstorbenen Präsidenten João Bernardo Vieira und des verstorbenen Generals Tagme Na Waié sowie der ganzen Bevöllkerung von Guinea-Bissau seine aufrichtige Anteilnahme;

3.   fordert die Behörden von Guinea-Bissau auf, diese Verbrechen sorgfältig zu untersuchen und die dafür Verantwortlichen vor Gericht zu stellen, und fordert die internationale Gemeinschaft auf, jeden erforderlichen Einfluss geltend zu machen und alle erforderliche Unterstützung bereitzustellen, um dieses Ziel zu erreichen; weist darauf hin, dass die Fälle in Bezug auf die Ermordnung von General Ansumane Mané (2000) und von General Veríssimo Correia Seabra (2004) bislang nicht aufgeklärt worden sind und dass auch ihre jeweiligen Mörder bislang weder identifiziert noch angeklagt noch verurteilt wurden; betont, dass Straflosigkeit keine Antwort darstellt;

4.   begrüßt die verbindliche Erklärung der Armee, die Verfassung von Guinea-Bissau zu beachten, und fordert eine uneingeschränkte Beachtung der verfassungsmäßigen Ordnung des Landes;

5.   fordert alle Parteien nachdrücklich auf, ihre Differenzen mit Hilfe politischer und friedvoller Mittel im Rahmen der Institutionen von Guinea-Bissau zu lösen, und lehnt jeden Versuch ab, mit nicht verfassungskonformen Mitteln einen Regierungswechsel herbeizuführen;

6.   gibt seiner Hoffnung Ausdruck, dass innerhalb der nächsten 60 Tage Präsidentschaftswahlen stattfinden werden, wie dies in der Verfassung vorgesehen ist, und fordert die Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, sicherzustellen, dass Guinea-Bissau die für die Durchführung glaubwürdiger Wahlen erforderliche finanzielle und technische Unterstützung erhält;

7.   betont, dass die Gefahr besteht, dass Guinea-Bissau instabil bleiben und sich außerstande sehen wird, die mehr und mehr um sich greifende Korruption einzudämmen oder seinen Status als bedeutender Drogenumschlagplatz zu verändern, solange seine Institutionen in struktureller Hinsicht schwach sind;

8.   fordert den Rat, die Kommission, die Mitgliedstaaten, die Vereinten Nationen, die Afrikanische Union, die Wirtschaftsgemeinschaft der Westafrikanischen Staaten (ECOWAS), die Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder (CPLP) und die übrigen Mitglieder der internationalen Gemeinschaft auf, die Entwicklungen in Guinea-Bissau zu beobachten, das Land bei der Aufrechterhaltung seiner verfassungsmäßigen Ordnung zu unterstützen und die friedensstiftenden Bemühungen im Lande weiter zu unterstützen;

9.   fordert die unverzügliche Aufnahme von Gesprächen zwischen den einzelnen politischen Gruppierungen des Landes im Hinblick auf die Erstellung eines für alle Beteiligten verbindlichen Programms, das unter anderem eine Beschleunigung der Reform des Sicherheitssektors, eine Überarbeitung des Wahlgesetzes, eine Reform der öffentlichen Verwaltung, Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption, eine makroökonomische Stabilisierung und eine Konsultation der Zivilgesellschaft in Bezug auf eine nationale Aussöhnung umfassen sollte;

10.   begrüßt den am 3. März 2009 von der ECOWAS gefassten Beschluss, eine aus Ministern aus Nigeria, Burkina Faso, Cap Verde, Gambia und Senegal bestehende Ministerdelegation in Begleitung des Präsidenten der ECOWAS-Kommission nach Guinea-Bissau zu entsenden, und den am selben Tag gefassten ähnlichen Beschluss der Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder CPLP, eine politische Mission unter der Führung des portugiesischen Staatssekretärs für auswärtige Angelegenheiten und Zusammenarbeit nach Guinea-Bissau zu entsenden, da durch diese beiden Beschlüsse alle Beteiligten in die Bemühungen zur Wiederherstellung des Vertrauens zwischen den politischen Akteuren, den Sicherheitskräften und der Zivilgesellschaft und zur Rückkehr des Landes zur verfassungsmäßigen Normalität einbezogen werden;

11.   weist mit tiefer Besorgnis auf die Gefahr hin, die der Drogenumschlag aus so entfernten Ländern wie Kolumbien und Afghanistan und auch der Menschenhandel für die Konsolidierung des Friedensprozesses in Guinea-Bissau und für die Stabilität in der Region Westafrika bedeuten, und fordert die Agenturen der Vereinten Nationen auf, mit der entsprechenden Unterstützung der ECOWAS einen regionalen Aktionsplan auszuarbeiten, um dieser Herausforderung zu begegnen;

12.   fordert die Kommission der Vereinten Nationen für Friedenskonsolidierung auf, daran mitzuarbeiten, dass die zugesagte Geberunterstützung (sowohl finanzieller als auch technischer Natur), insbesondere für den Sicherheitsbereich und für administrative Reformen sowie für die Bekämpfung des Drogenhandels weiterhin bereitgestellt wird;

13.   fordert den Rat und die Kommission auf, mit Hilfe der GASP-Mission "EU-Unterstützung der Reform des Sicherheitssektors in Guinea-Bissau" die Reform des Sicherheitssektors in Guinea-Bissau auch weiterhin beratend und unterstützend zu begleiten und über die bereits erzielten Fortschritte Bericht zu erstatten;

14.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär der Wirtschaftsgemeinschaft der Westafrikanischen Staaten ECOWAS, den Institutionen der Afrikanischen Union, der Gemeinsamen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU, dem Sekretariat der Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder CPLP sowie der Regierung und dem Parlament von Guinea-Bissau zu übermitteln.


Philippinen
PDF 123kWORD 41k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zu den Philippinen
P6_TA(2009)0144RC-B6-0121/2009

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis der im Namen der Europäischen Union abgegebenen Erklärung vom 15. September 2008 zur Lage in Mindanao,

–   in Kenntnis des Appells der Botschafter der Europäischen Union, der Vereinigten Staaten und des stellvertretenden Leiters der Botschaft Australiens vom 29. Januar 2009,

–   unter Hinweis auf die dritte Sitzung der Dreiseitigen Überprüfung der Umsetzung des Friedensabkommen von 1996 zwischen der Moro National Liberation Front (MNLF) und der Regierung der Republik der Philippinen vom 11. bis zum 13. März 2009,

–   unter Hinweis auf die Gemeinsame Haager Erklärung der Regierung der Republik der Philippinen und der Nationalen Demokratischen Front der Philippinen (NDFP) vom 1. September 1992 und auf die Erste sowie Zweite Gemeinsame Osloer-Erklärung vom 14. Februar und 3. April 2004,

–   gestützt auf das Länderstrategiepapier 2007-2013 der Kommission für die Philippinen, das Programm zur Unterstützung des Friedensprozesses im Rahmen des Stabilitätsinstruments und die Verhandlungen über ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Philippinen,

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu den Philippinen, insbesondere die vom 26. April 2007(1), und in Bekräftigung seiner Unterstützung für die Friedensverhandlungen zwischen der Regierung der Republik der Philippinen und der NDFP, wie sie in seinen Entschließungen vom 17. Juli 1997(2) und 14. Januar 1999(3) zum Ausdruck gebracht wurde,

–   gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.   in der Erwägung, dass mehrere bewaffnete Gruppen, insbesondere die Moro Islamic Liberation Front (MILF) Regierungstruppen im südlichen Teil der Philippinen seit 1969 bekämpft haben, in einer der in Asien am längsten anhaltenden Unruhen,

B.   in der Erwägung, dass der Konflikt zwischen der Regierung der Republik der Philippinen und den Aufständischen der NDFP mehr als 40 000 Menschenleben gefordert hat und trotz des Waffenstillstands des Jahres 2003 und Friedensverhandlungen weiterhin sporadische Gewalt an der Tagesordnung ist,

C.   in der Erwägung, dass die Feindseligkeiten zwischen den Regierungstruppen und der MILF in Mindanao im August 2008 wieder aufgeflammt sind, nachdem der Oberste Gerichtshof der Philippinen die Vereinbarung zwischen der MILF und der Regierung der Republik der Philippinen zum angestammten Siedlungsgebiet ("Ancestral Domain") für verfassungswidrig erklärt hat, die der Bangsamoro Nation eine beträchtlichen Autonomie eröffnet hätte,

D.   in der Erwägung, dass durch die wiederaufgenommenen Kämpfe über 100 Menschen getötet und etwa 300 000 Menschen vertrieben wurden, von denen viele noch immer in Flüchtlingslagern leben,

E.   in der Erwägung, dass Malaysia, der Friedensvermittler, im April 2008 auf Grund der fehlenden Fortschritte im Friedensprozess seine Waffenstillstandsbeobachter aus Mindanao abgezogen hat, jedoch bereit ist, seine Rolle zu überdenken, wenn die Regierung der Republik der Philippinen ihre Verhandlungsposition klärt,

F.   in der Erwägung, dass Friedensgespräche zwischen der Regierung der Republik der Philippinen und der NDFP seit 2004 zum Stillstand gekommen sind, und in der Erwägung, dass die norwegische Regierung große Anstrengungen unternommen hat, um beide Seiten zu ermutigen, formelle Gespräche wieder aufzunehmen,

G.   in der Erwägung, dass seit 2001 hunderte von Aktivisten, Gewerkschaftern, Journalisten und religiösen Führern auf den Philippinen getötet und entführt wurden und die Regierung der Republik der Philippinen trotz ausreichender Beweise des Gegenteils jegliche Beteiligung der Sicherheitskräfte und der Armee an diesen politischen Morden leugnet,

H.   in der Erwägung, dass es 2008 mehrere Fälle gegeben hat, in denen lokale Gerichte, die Festnahme und Inhaftierung von Aktivisten als rechtswidrig bewertet und ihre Freilassung angeordnet haben, die gleichen Menschen jedoch in der Folge erneut verhaftet und wegen Rebellion oder Mord angeklagt wurden,

I.   in der Erwägung, dass die Justiz in den Philippinen nicht unabhängig ist und Anwälte und Richter auch Opfer von Schikanen und Morden sind, und in der Erwägung, dass fehlende Sicherheit für Zeugen es unmöglich macht, Straftaten effektiv zu untersuchen und die dafür Verantwortlichen zu verfolgen,

J.   in der Erwägung, dass wegen der meisten dieser Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren keine formellen strafrechtlichen Untersuchungen eröffnet wurden und die Täter ungestraft bleiben, trotz zahlreicher Behauptungen der Regierung, sie habe Maßnahmen erlassen, um die Hinrichtungen zu beenden und die Täter vor Gericht zu stellen,

K.   in der Erwägung, dass im April 2008 der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen die Lage auf den Philippinen untersucht und auf die Straffreiheit für die für außergerichtliche Hinrichtungen und Verschleppungen Verantwortlichen hingewiesen hat, die philippinische Regierung jedoch Empfehlungen für einen Nachfolgebericht abgelehnt hat,

L.   in der Erwägung, dass es für eine Beendigung der Entführungen und Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren notwendig ist, die grundlegenden wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Ursachen von Gewalt auf den Philippinen anzugehen,

1.   bekundet seine tiefe Besorgnis über die hunderttausende von Binnenvertriebenen in Mindanao; fordert die Regierung der Republik der Philippinen und die MILF auf, alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen, um eine Situation herzustellen, die es den Menschen gestattet, nach Hause zurückkehren, und fordert verstärkte nationale und internationale Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung der Rehabilitierung von Vertriebenen;

2.   ist zutiefst davon überzeugt, dass der Konflikt nur durch einen Dialog gelöst werden kann und dass die Beendigung dieser langjährigen Unruhen von wesentlicher Bedeutung für die allgemeine Entwicklung der Philippinen ist;

3.   fordert die Regierung der Republik der Philippinen auf, umgehend die Friedensverhandlungen mit der MILF wieder aufzunehmen und den Status sowie die Zukunft der Vereinbarung nach dem oben genannten Urteil des Obersten Gerichtshofes zu klären; begrüßt die Ankündigung der Regierung der Republik Philippinen, ihre Bedingungen für die Wiederaufnahme der Gespräche fallen zu lassen;

4.   begrüßt die von Norwegen unterstützten Gespräche zwischen der Regierung der Republik der Philippinen und der NDFP in Oslo vom November 2008 in Utrecht und hofft auch in diesem Fall, dass formelle Verhandlungen rasch wieder aufgenommen werden können; fordert die Parteien auf, ihre bilateralen JMC-Abkommen einzuhalten, sich entsprechend dem Umfassenden Abkommen über die Achtung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts ("CARHRIHL") zu treffen und gemeinsame Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen zu ermöglichen;

5.   fordert den Rat und die Kommission auf, den Parteien bei der Umsetzung des CARHRIHL Unterstützung zu gewähren und zu erleichtern, insbesondere durch Entwicklungs-, Hilfs- und Rehabilitationsprogramme;

6.   fordert den Europäischen Rat und die Kommission auf, die Regierung der Republik der Philippinen bei ihren Bemühungen um ein Vorankommen bei den Friedensverhandlungen zu unterstützen, einschließlich gegebenenfalls durch Erleichterungen, sowie das internationale Beobachterteam zu unterstützen, das mit der Überwachung der Waffenruhe zwischen dem Militär und der MILF beauftragt ist;

7.   schlägt vor, dass die Rolle des internationalen Beobachterteams durch ein stärkeres Mandat für Untersuchungen und durch eine abgestimmte Politik zur Veröffentlichung seiner Ergebnisse aufgewertet werden könnte;

8.   fordert die Regierung der Republik der Philippinen zur Erhöhung der Entwicklungshilfe für Mindanao auf, um die verzweifelten Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung zu verbessern, und begrüßt die finanzielle Unterstützung in Höhe von mehr als 13 Millionen Euro in Form von im Lebensmittel- und anderen Hilfen der Europäischen Union für Mindanao seitdem die Kämpfe im August 2008 wieder aufgenommen wurden;

9.   bekundet seine tiefe Besorgnis über die hunderte von Fällen von Hinrichtungen von politischen Aktivisten und Journalisten ohne Gerichtsverfahren, die in den letzten Jahren auf den Philippinen vorgenommen wurden, und über die Rolle, die die Sicherheitskräfte bei der Steuerung und Beauftragung dieser Morde gespielt haben;

10.   fordert die Regierung der Republik der Philippinen auf, Fälle außergerichtlicher Hinrichtungen und von Zwangsverschleppungen zu untersuchen; fordert gleichzeitig die Regierung der Republik der Philippinen auf, einen unabhängigen Beobachtungsmechanismus einzurichten, um die Ermittlung und Verfolgung von solchen Tätern zu kontrollieren;

11.  fordert die Regierung der Republik der Philippinen auf, Maßnahmen zu treffen, um die systematische Einschüchterung und das Bedrängen von politischen und Menschenrechtsaktivisten, Mitgliedern der Zivilgesellschaft, Journalisten und Zeugen im Zuge strafrechtlicher Verfolgung zu beenden und einen wirklich effektiven Zeugenschutz zu gewährleisten;

12.   bekräftigt seine Forderung an die philippinischen Behörden, den UN-Sondergremien, die sich mit dem Schutz der Menschenrechte beschäftigen, im Land eine umfassende Bewegungsfreiheit zu gestatten; fordert die Behörden ferner auf, Rechtsvorschriften rasch zu verabschieden und umzusetzen, die die ratifizierten internationalen Instrumente für Menschenrechte (z.B. gegen Folter und Verschleppung) in nationales Recht überführen;

13.  fordert den Rat und die Kommission auf, sicherzustellen, dass die finanzielle Unterstützung der Europäischen Union zur wirtschaftlichen Entwicklung auf den Philippinen begleitet wird durch die Kontrolle möglicher Verletzungen wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte mit besonderer Berücksichtigung der Förderung des Dialogs und der Einbeziehung aller Gruppen der Gesellschaft;

14.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Präsidenten und der Regierung der Republik der Philippinen, der MILF, der NDFP, der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte sowie den Regierungen der ASEAN-Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. C 74 E vom 20.3.2008, S. 788.
(2) ABl. C 286 vom 22.9.1997, S. 245.
(3) ABl. C 104 vom 14.4.1999, S. 116.


Ausweisung der nichtstaatlichen Organisationen aus Darfur
PDF 114kWORD 34k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2009 zur Ausweisung von Hilfsorganisationen aus Darfur
P6_TA(2009)0145RC-B6-0127/2009

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis der Erklärung des Vorsitzes im Namen der Europäischen Union im Anschluss an den Beschluss des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) über die Ausstellung eines Haftbefehls gegen den sudanesischen Präsidenten Omar Hassan al-Bashir vom 6. März 2009,

–   in Kenntnis der Erklärung von Kommissionsmitglied Louis Michel vom 5. März 2009 zur Ausweisung von humanitären nichtstaatlichen Organisationen aus dem Sudan,

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Lage im Sudan bzw. in Darfur, in denen es insbesondere seine stete Unterstützung des IStGH zum Ausdruck gebracht hat,

–   in Kenntnis des Römischen Statuts des IStGH, das am 1. Juli 2002 in Kraft getreten ist,

–   in Kenntnis der am 31. März 2005 angenommenen Resolution S/RES/1593 (2005) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, in der die Lage in Darfur an den Internationalen Strafgerichtshof verwiesen wurde,

–   gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.   in der Erwägung, dass die Vorverfahrenskammer des IStGH im Zusammenhang mit angeblichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in der sudanesischen Konfliktprovinz Darfur am 4. März 2009 einen Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten Omar Hassan al-Bashir ausgestellt hat,

B.   in der Erwägung, dass die sudanesische Regierung als Reaktion darauf beschlossen hat, 13 führende nichtstaatliche Organisationen aus Darfur auszuweisen,

C.   in der Erwägung, dass die Hilfsorganisationen in Darfur die weltweit größte humanitäre Operation durchführen; in der Erwägung, dass laut einem Bericht der Vereinten Nationen bis zu 4,7 Millionen Menschen, darunter 2,7 Millionen Binnenvertriebene, auf Hilfsleistungen angewiesen sind,

D.   in der Erwägung, dass die Ausweisung der Hilfsorganisationen aufgrund der Unterbrechung der Gesundheitsversorgung und des Ausbruchs von Infektionskrankheiten, wie Durchfall und Infektionen der Atemwege, zu einem Anstieg der Mortalität und der Morbidität führen könnte; in der Erwägung, dass die Ausweisung u. a. zur Folge haben könnte, dass die Immunisierungsversorgung abnimmt und die Sterblichkeit von Kindern steigt, wenn sie keinen Zugang zu therapeutischer Ernährung und generell zur Versorgung mit Nahrungsmitteln haben,

E.   in der Erwägung, dass die nichtstaatlichen Organisationen zu einem Zeitpunkt ausgewiesen wurden, zu dem ihre Leistungen lebensnotwendig sind, insbesondere weil West-Darfur derzeit von einer Meningitisepidemie heimgesucht wird; in der Erwägung, dass Menschen, die krank sind, infolge der Ausweisung einen stark eingeschränkten oder überhaupt keinen Zugang zu ärztlicher Behandlung haben,

F.   in der Erwägung, dass aufgrund der "Verantwortung für den Schutz", wie sie die Vereinten Nationen verstehen, gilt, dass es anderen Seiten obliegt, für den notwendigen Schutz zu sorgen, wenn der betreffende Staat seiner Bevölkerung diesen Schutz offenkundig nicht bietet,

G.   in der Erwägung, dass die Regierung des Sudan als Mitglied der Vereinten Nationen verpflichtet ist, im Einklang mit der vom Sicherheitsrat entsprechend seinen Befugnissen gemäß Kapitel 7 angenommenen Resolution S/RES/1593 (2005) mit dem IStGH zusammenzuarbeiten,

H.   bestürzt darüber, dass sich die sudanesische Regierung seit Ausstellung des Haftbefehls mehrfach geweigert hat, mit dem IStGH zusammenzuarbeiten und sogar vielfach eine Trotzhaltung gegenüber dem IStGH und der internationalen Gemeinschaft eingenommen hat,

1.   verurteilt mit allem Nachdruck, dass 13 humanitäre Hilfsorganisationen als Reaktion darauf, dass der IStGH am 4. März 2009 einen internationalen Haftbefehl gegen den Präsidenten al-Bashir ausgestellt hat, aus Darfur ausgewiesen wurden;

2.   fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung sämtlicher Hilfskräfte der belgischen Sektion von Ärzte ohne Grenzen, die am 11. März 2009 aus ihren Büros in Saraf-Umra, 200 Kilometer westlich von El-Facher, der Hauptstadt von Nord-Darfur entführt wurden.;

3.   ist sehr besorgt darüber, dass die Ausweisung unmittelbare Auswirkungen auf die Bereitstellung humanitärer Hilfe hat, die für Hunderttausende lebenswichtig ist;

4.   fordert, dass die sudanesische Regierung unverzüglich ihren Beschluss, 13 Hilfsorganisationen auszuweisen, zurücknimmt und ihnen erlaubt, ihre für das Überleben der gefährdeten Bevölkerungsgruppen in Darfur wesentliche Arbeit fortzusetzen; fordert den Rat und die Kommission auf, sich bei der Afrikanischen Union, der Liga der Arabischen Staaten und China intensiver darum zu bemühen, dass diese die sudanesische Regierung hierzu bewegen;

5.   fordert die sudanesische Regierung auf, konkrete Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass Menschenrechtsaktivisten im Sudan nicht verfolgt werden, wenn sie sich positiv zu dem Beschluss des IStGH äußern, und sie weder zu verfolgen noch einzuschüchtern;

6.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem EU-Sonderbeauftragten für den Sudan, der sudanesischen Regierung, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, den Organen der Afrikanischen Union, den Organen der Liga der Arabischen Staaten sowie dem Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs zu übermitteln.

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