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Verfahren : 2010/2602(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B7-0188/2010

Aussprachen :

PV 11/03/2010 - 12.2
CRE 11/03/2010 - 12.2

Abstimmungen :

PV 11/03/2010 - 13.2

Angenommene Texte :

P7_TA(2010)0067

Angenommene Texte
PDF 196kWORD 43k
Donnerstag, 11. März 2010 - Straßburg
Eskalierende Gewalt in Mexiko
P7_TA(2010)0067RC-B7-0188/2010

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. März 2010 zur Gewalteskalation in Mexiko

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf das Abkommen über wirtschaftliche Partnerschaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Mexikanischen Staaten,

–   unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 12. März 2009 an den Rat zu einer strategischen Partnerschaft EU-Mexiko,

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 15. Juli 2008 an den Rat und das Europäische Parlament „Für eine strategische Partnerschaft EU-Mexiko“ (KOM(2008)0447),

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 30. September 2009 an das Europäische Parlament und den Rat zum Thema: „Die Europäische Union und Lateinamerika: Global Players und Partner“ (KOM(2009)0495),

   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Oktober 2007 zu den Frauenmorden (Feminizide) in Mexiko und Mittelamerika und der Rolle der Europäischen Union bei der Bekämpfung dieses Phänomens,

–   in Kenntnis der Erklärung der EU zu den Morden an den Journalisten José Luis Romero, Valentín Valdés Espinosa und Jorge Ochoa Martínez,

–   unter Hinweis auf die auf den fünf Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, Lateinamerikas und der Karibik (EU-LAK) in Rio de Janeiro (28./29. Juni 1999), Madrid (17./18. Mai 2002), Guadalajara (28./29. Mai 2004), Wien (12./13. Mai 2006) und Lima (16./17. Mai 2008) abgegebenen Erklärungen,

–   unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des Vierten Gipfeltreffens EU-Mexiko vom 17. Mai 2008 in Lima,

–   unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses EU-Mexiko anlässlich seiner neunten Sitzung, die im November 2009 in Brüssel stattfand,

–   gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.   in der Erwägung, dass Mexiko und die Europäische Union gemeinsame Werte haben, die ihren Ausdruck in ihren demokratischen, pluralistischen, die Grundfreiheiten und die Menschenrechte, die Umwelt und die nachhaltige Entwicklung verteidigenden Gesellschaften sowie dem Engagement für die Festigung der Demokratie, die Rechtssicherheit, die Bekämpfung der Armut und die gerechte wirtschaftliche und soziale Entwicklung finden,

B.   in der Erwägung, dass die demokratischen Systeme beider Partner die Aufgabe und die Verpflichtung haben, das Funktionieren der Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte zu gewährleisten und dafür zu sorgen, dass infolgedessen die uneingeschränkte Wahrnehmung und Ausübung der Freiheiten sowie das Recht auf körperliche Unversehrtheit einen der Grundpfeiler der Rechtsstaatlichkeit bilden,

C.   in der Erwägung, dass die Ursachen der Gewalt und der Unsicherheit in Mexiko nicht von dem strukturellen Problem der Armut, Ungleichheit und Ausgrenzung zu trennen sind, Bereichen, in denen es seit Ausbruch der weltweiten Wirtschaftskrise zu Rückschritten gekommen ist, und dass es einer strategischen Gesamtsicht der – auch langfristigen – Entwicklung bedarf, um im Bereich des sozialen Zusammenhalts voranzukommen,

D.   in der Erwägung, dass die strategische Partnerschaft EU-Mexiko die Tür zu einer engeren Zusammenarbeit zwischen Mexiko und der EU zu Themen von weltweiter Bedeutung und insbesondere zu einem erweiterten Dialog, zu stärkerer Koordinierung und zu einem Ausbau des Erfahrungsaustauschs in Bereichen wie der Sicherheit, den Menschenrechten, der Wahlrechtsreform, der regionalen Entwicklung und der Handels- und Regulierungspolitik öffnet,

E.   folglich in der Erwägung, dass zur strategischen Partnerschaft eine verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Menschenrechte gehört und dass beide Seiten ihren Willen bekräftigt haben, an dem gemeinsamen Ziel, in Bezug auf die Menschenrechte höchsten Ansprüchen zu genügen, eng zusammenzuarbeiten,

F.   in der Erwägung, dass Mexiko an allen regionalen und weltweiten Foren teilnimmt und dass es alle internationalen Übereinkommen im Bereich der Menschenrechte und Grundfreiheiten, selbstverständlich auch zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen, unterzeichnet hat, und in der Erwägung, dass Mexiko die Gesetze für die Gleichstellung der Geschlechter unterstützt,

G.   in der Erwägung, dass im Jahr 2008 im Rahmen des Programms für bilaterale Zusammenarbeit EU-Mexiko 2007–2013 das Programm für eine Zusammenarbeit zwischen der EU und Mexiko im Bereich der Menschenrechte in Kraft trat und dass es als Priorität die Vorbeugung von Gewalt gegen Frauen und die Förderung der Frauenrechte mit einer Reihe einschlägiger Programme enthält,

H.   in der Erwägung, dass die Schaffung des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte, zu dessen Schwerpunkten die Unterstützung für die Überwindung der Gewalt gegen Frauen und Kinder, die Förderung der Achtung der Menschenrechte seitens der Mitglieder der öffentlichen Sicherheitskräfte, die Unterstützung für die Überwindung der Diskriminierung und die Einbindung internationaler Justiz- und Menschenrechtsnormen gehören,

I.   in der Erwägung, dass Mexiko – hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Drogenhandel, vor allem im Grenzgebiet zu den Vereinigten Staaten – eine Gewalteskalation erlebt, die in erster Linie auf den Kampf zwischen kriminellen Banden um die Kontrolle des Angebots in der Produktion und im Handel mit dem riesigen Markt, den die Vereinigten Staaten von Amerika darstellen, und an zweiter Stelle auf die Auswirkungen der Offensive der mexikanischen Regierung zur Eindämmung dieses Bandenkriegs zurückzuführen ist,

J.   in Erwägung der Bedeutung des von der Regierung ins Leben gerufenen Plans für Gesundheit, Bildung und sozialen Zusammenhalt sowie der Verstärkung der politischen Strategie zur Rückgewinnung der Kontrolle in Ciudad Juárez, und in der Erwägung, dass dieser mit 200 Millionen Euro dotierte Plan dazu beitragen wird, die gesellschaftlichen Ursachen der Gewalt zu beseitigen, wenngleich dazu vermutlich die Bemühungen in dieser Richtung verstärkt werden müssen;

K.   in der Erwägung, dass die mexikanische Regierung ein energisches Engagement an den Tag gelegt hat, um die Sicherheitslage im Land zu verbessern, und dazu auch den Haushalt der Sicherheitskräfte erheblich aufgestockt und die staatlichen Sicherheitsorgane reformiert hat, um die Effektivität bei der Durchsetzung der Gesetze und die Wirksamkeit der Justiz zu erhöhen, und sich so dem organisierten Verbrechen entgegenstellt,

L.   in der Erwägung, dass Mexiko nach Angaben der Internationalen Journalisten-Föderation einer der weltweit gefährlichsten Orte für die Ausübung von Journalismus ist, wo seit dem Jahr 2000 mindestens 53 Journalisten – 13 davon allein im Jahr 2009 – ermordet wurden, wie auch aus den Berichten der Nationalen Menschenrechtskommission Mexikos hervorgeht,

M.   in der Erwägung, dass es häufig zu Drangsalierungen und Drohungen gegen Mitglieder von Organisationen kommt, die sich für die Verteidigung und Förderung der Menschenrechte einsetzen, und dass viele der Vorermittlungen zu den Angriffen und zu den Morden an Menschenrechtsverteidigern in den einzelnen Bundesstaaten und auf Bundesebene ohne triftigen Grund verzögert werden,

N.   in der Erwägung, dass nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen zahlreiche Vorwürfe wegen Menschenrechtsverletzungen bei bestimmten Einsätzen der Sicherheitskräfte erhoben haben,

1.   teilt mit der mexikanischen Regierung die Sorge über die Gewalteskalation und solidarisiert sich mit dem mexikanischen Volk im Kampf gegen den Drogenhandel;

2.   spricht den Angehörigen und Freunden der Opfer sowie dem mexikanischen Volk sein Mitgefühl und seine Solidarität aus und ermutigt das mexikanische Volk, weiter für den Schutz des demokratischen Systems und der Rechtsstaatlichkeit zu kämpfen;

3.   unterstützt die mexikanische Regierung in ihrem Willen, das organisierte Verbrechen des Drogenhandels zu bekämpfen, bekundet aber zugleich seine tiefe Sorge über die Zunahme der Gewalt im Zusammenhang mit dem Drogenhandel und über den Mangel an Respekt der Drogenkartelle vor jeglicher Autorität und das Gefühl der Straflosigkeit, insbesondere in den nahe an der Grenze zu den Vereinigten Staaten von Amerika liegenden mexikanischen Bundesstaaten;

4.   verurteilt jede Art von Gewalt, insbesondere die Gewalt und die ständigen Morddrohungen gegen die Bürger, die sich für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte in Mexiko einsetzen, und fordert dazu auf, die Bemühungen seitens der mexikanischen Staatorgane zur Verteidigung und zum rechtlichen und persönlichen Schutz der genannten Personengruppen zu verstärken; fordert ferner die Europäische Union auf, die Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern wirksam umzusetzen;

5.   appelliert an die mexikanische Regierung, weiter an der Stärkung des institutionellen Rahmens zu arbeiten und dabei besonderes Augenmerk auf die Frauen zu legen, die auf besonders dramatische Weise der Gewalt ausgesetzt sind; vertritt die Auffassung, dass es Aufgabe der Regierung ist, die Frauenmorde (Feminizide) zu bekämpfen, indem sie dafür sorgt, dass die Drahtzieher und ihre Komplizen vor Gericht gestellt werden, und fordert gleichzeitig, weiterhin wirksame Maßnahmen anzuwenden, um solchen Verbrechen vorzubeugen;

6.   verurteilt in diesem Zusammenhang die Gewalt und die Morde, denen Mitarbeiter der Medien zum Opfer fallen, und unterstützt die zuständigen Stellen bei der Anwendung aller Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Drahtzieher dieser Verbrechen zu identifizieren, festzunehmen und vor Gericht zu stellen; begrüßt die Billigung legislativer und institutioneller Maßnahmen zur Gewährleistung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und der Sicherheit der Journalisten durch den mexikanischen Gesetzgeber;

7.   empfiehlt in diesem Sinne der mexikanischen Regierung, zur Eindämmung einiger der strukturellen Probleme, die zu den Menschenrechtsverletzungen geführt haben, weiter an der Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und konkret an der Justizreform zu arbeiten; weist in diesem Sinne darauf hin, wie wichtig eine unabhängige Justiz ist, die die Unparteilichkeit und den entschlossenen Kampf gegen die Straflosigkeit garantiert;

8.   ersucht die Regierungen der Mitgliedstaaten – im Rahmen ihrer bilateralen Beziehungen zu Mexiko – sowie die europäischen Organe, ihre Unterstützung für die Verteidigung der Menschenrechte durch Kooperationsprogramme sowie finanzielle und technische Mittel zu verstärken; fordert ferner, eine Aufstockung der Haushaltsmittel für die Mitwirkung an der Stärkung und Reform der Justizorgane, Sicherheitskräfte und Staatsanwaltschaften, damit die Drahtzieher verfolgt und bestraft werden, sowie die Schaffung wirksamer Systeme zum Schutz von Zeugen, Opfern und ihren Familien vorzusehen;

9.   weist auf die Mitwirkung der mexikanischen Regierung an der Förderung eines wirksamen Multilateralismus und der Stärkung der Fähigkeiten der Vereinten Nationen hin, den Frieden zu sichern und zu konsolidieren und die Achtung der Menschenrechte zu gewährleisten, so dass gleichzeitig gegen Bedrohungen des Friedens und der Sicherheit, wie sie durch den Drogen- und Waffenhandel entstehen, gegen das organisierte Verbrechen, den Terrorismus und den Menschenhandel gemäß der Erklärung von Lima im Rahmen des Völkerrechts vorgegangen werden kann;

10.   fordert dazu auf, die strategische Partnerschaft als Gelegenheit zu Gesprächen darüber zu betrachten, wie die in allen zwischen beiden Seiten geschlossenen Vereinbarungen enthaltene Klausel für Menschenrechte und Demokratie effizienter angewandt werden kann und wie sich ihre Einhaltung – etwa durch den Ausbau ihrer positiven Dimension – bewerten lässt, da Menschenrechte und Demokratie wesentliche Werte darstellen;

11.   ist der Auffassung, dass die gesellschaftliche Integration der Jugendlichen eines der grundlegenden Elemente für ihre Anerkennung im demokratischen System darstellt; erachtet ihre Frustration als eine der Ursachen, die am stärksten zum Aufkommen von Gewalt beitragen, und geht davon aus, dass deshalb die Zusammenarbeit der EU im Bereich des sozialen Zusammenhalts verstärkt werden muss; fordert ferner die mexikanische Regierung auf, die notwendigen Mittel bereitzustellen, um den Jugendlichen zu helfen, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden, und Programme zur Drogenprävention sowie zur Rehabilitation und gesellschaftlichen Wiedereingliederung Drogenabhängiger aufzustellen;

12.   ersucht die Kommission und die Regierung Mexikos, anlässlich der Halbzeitüberprüfung des für den Zeitraum 2007–2013 ausgelegten Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit im Schwerpunktbereich 1 („sozialer Zusammenhalt“) die Sicherheit und die Stärkung der Staatsführung und der Institutionen als vorrangig einzustufen;

13.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika (EuroLat) sowie dem Präsidenten und dem Kongress der Vereinigten Mexikanischen Staaten zu übermitteln.

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