Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2010 zu Simbabwe, insbesondere zum Fall Farai Maguwu
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine zahlreichen früheren Entschließungen zu Simbabwe, insbesondere seine letzte Entschließung vom 17. Dezember 2008(1),
– unter Hinweis auf den Gemeinsamen Standpunkt 2010/92/GASP des Rates vom 15. Februar 2010(2) zur Verlängerung der restriktiven Maßnahmen gegen Simbabwe, die mit dem Gemeinsamen Standpunkt 2004/161/GASP(3) verhängt wurden, bis zum 20. Februar 2011 sowie auf die Verordnung (EG) Nr. 1226/2008 der Kommission vom 8. Dezember 2008(4) zur Änderung des Gemeinsamen Standpunkts,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 22. Februar 2010 zu Simbabwe sowie auf die Schlussfolgerungen des 10. Ministeriellen Politischen Dialogs zwischen der EU und Südafrika vom 11. Mai 2010 zu Simbabwe,
– unter Hinweis auf die früheren UN-Resolutionen zu Blutdiamanten, insbesondere auf die Resolution 1459 (2003) des UN-Sicherheitsrates zum Zertifizierungssystem des Kimberley-Prozesses,
– unter Hinweis auf das Zertifizierungssystem des Kimberley-Prozesses (KPCS – Kimberley Process Certification Scheme), wonach die Mitglieder bescheinigen, dass Rohdiamanten nicht zur Finanzierung von bewaffneten Konflikten verwendet werden,
– unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker, die Simbabwe ratifiziert hat,
– unter Hinweis auf die Erklärung der Siebten Plenartagung des KPCS in Swakopmund, Namibia, vom 5. November 2009, insbesondere die Absätze 13, 14 und 22,
– unter Hinweis auf die Zwischentagung des Kimberley-Prozesses in Tel Aviv, Israel, vom 21. bis 24. Juni 2010,
– unter Hinweis auf das am 23. Juni 2000 unterzeichnete Partnerschaftsabkommen von Cotonou zwischen der EU und den AKP-Ländern,
– gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass Simbabwe ein freiwilliges Mitglied des Zertifikationssystems des Kimberley-Prozesses ist, das es den Mitgliedern ermöglicht, Rohdiamanten auf dem legalen Weltmarkt zu verkaufen, sofern dieser Handel nicht zur Finanzierung bewaffneter Konflikte verwendet wird,
B. in der Erwägung, dass der Kimberley-Prozess derzeit nicht mit Menschenrechtsverletzungen befasst ist,
C. in der Erwägung, dass Simbabwe in den nächsten Jahren voraussichtlich zu einem der größten Diamantproduzenten der Welt werden könnte, wenn der Diamantabbau in Marange (Chiadzwa) in der Provinz Manicaland voll ausgebaut wird, was möglicherweise Einnahmen von mehreren Milliarden Euro schafft,
D. in der Erwägung, dass Simbabwe im November 2009 in Swakopmund (Namibia) die Verpflichtung eingegangen ist, Maßnahmen zu treffen, um den Diamantabbau in Marange mit dem KPCS in Einklang zu bringen,
E. in der Erwägung, dass bei der Zwischentagung des Kimberley-Prozesses in Tel Aviv vom 21. bis 23. Juni 2010 kein Konsens hinsichtlich der möglichen Aufnahme von Menschenrechtsfragen in den Kimberley-Prozess erreicht werden konnte,
F. in der Erwägung, dass zahlreiche internationale NRO (einschließlich Human Rights Watch, Global Witness und Partnership for Africa-Canada) ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Menschrechtslage in Chiadzwa geäußert haben, insbesondere was Menschenrechtsverletzungen durch Angehörige der Sicherheitskräfte von Simbabwe angeht,
G. in der Erwägung, dass Farai Maguwu, ein Staatsangehöriger Simbabwes und Gründer/Leiter des Forschungs- und Entwicklungszentrums (CRD - Centre for Research and Development), einer Menschrechts-NRO mit Sitz in Manicaland, auf schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen durch die staatlichen Sicherheitskräfte Simbabwes in verschiedenen Diamantabbaugebieten in Simbabwe, insbesondere in Chiadzwa, hingewiesen hat,
H. in der Erwägung, dass Farai Maguwu am 3. Juni 2010 von den Behörden Simbabwes unter der Beschuldigung verhaftet wurde, für den Staat Simbabwe schädliche Informationen veröffentlicht zu haben, und seither unter elenden Bedingungen festgehalten wird, wobei ihm verwehrt wurde, notwendige Arzneimittel einzunehmen, innerhalb von 48 Stunden nach der Verhaftung rechtliches Gehör zu erhalten und Kaution zu stellen,
1. fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung von Farai Maguwu und verurteilt die Umstände seiner Festnahme und seine Haftbedingungen;
2. fordert mit Nachdruck, dass die Regierung Simbabwes ihren bei dem Treffen in Swakopmund eingegangenen Verpflichtungen im Rahmen des Kimberley-Prozesses nachkommt und das Militär vollständig aus dem Diamantabbaugebiet Marange abzieht sowie angemessene Maßnahmen zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung trifft, in deren Rahmen die Rechte der einheimischen Bevölkerung geachtet werden;
3. fordert eine Überprüfung des Kimberley-Prozesses, in deren Rahmen dem Grundsatz der Achtung der Menschenrechte Rechnung getragen wird;
4. betont, dass die Regierung Simbabwes die erheblichen Einnahmen aus dem Diamantabbau in Chiadzwa als Grundlage für die Wiederbelebung der gesamten Wirtschaft Simbabwes und als Instrument dazu verwenden muss, Leistungen in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Soziales bereitzustellen, die derzeit von internationalen Gebern erbracht werden, und fordert die Regierung zu diesem Zweck auf, einen souveränen Diamant-Treuhandfonds einzurichten, der den Interessen der Bevölkerung Simbabwes dienen soll;
5. fordert die Regierung Simbabwes auf, das uneingeschränkte Recht auf Redefreiheit in Simbabwe zu gewährleisten und aufrechtzuerhalten, so dass NRO (wie das CRD von Farai Maguwu) ungehindert und ohne Angst vor Verfolgung und Inhaftierung ihre Meinung äußern können;
6. fordert, dass der Kimberley-Prozess sicherstellt, dass der für Simbabwe zuständige Überwacher völlig unabhängig, integer und unter Achtung der Menschenrechte handelt;
7. fordert Südafrika und die Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC) auf, sich im eigenen Interesse sowie im Interesse Simbabwes und der gesamten südafrikanischen Region aktiv um die Rückkehr zu umfassender Demokratie in Simbabwe und zur Achtung der Rechtstaatlichkeit und der Menschenrechte der Bevölkerung Simbabwes zu bemühen; räumt ein, dass Mugabe und seine engen Unterstützer nach wie vor Stolpersteine auf dem Weg zum politischen und wirtschaftlichen Wiederaufbau und zur Wiederaussöhnung in Simbabwe darstellen, da sie die wirtschaftlichen Ressourcen nur zu ihrer eigenen Bereicherung ausbeuten;
8. begrüßt die jüngst erfolgte Aktualisierung (Februar 2010) der Schwarzen Liste der EU von Personen und Körperschaften mit Verbindungen zum Mugabe-Regime; betont, dass diese restriktiven Maßnahmen ausschließlich auf Angehörige des Regimes in Simbabwe ausgerichtet sind und in keiner Weise Auswirkungen auf die Bevölkerung Simbabwes insgesamt haben werden;
9. unterstreicht, wie wichtig ein Dialog zwischen der Europäischen Union und Simbabwe wäre, und begrüßt die diesbezüglichen Fortschritte;
10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten und Kandidatenländer, der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, den Regierungen und Parlamenten Simbabwes und Südafrikas, den Ko-Vorsitzenden der Gemischten Parlamentarischen Versammlung EU-AKP, den Einrichtungen der Afrikanischen Union einschließlich des Panafrikanischen Parlaments, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär der SADC, dem amtierenden Vorsitzenden des Kimberley-Prozesses (Israel) und dem Generalsekretär des Commonwealth zu übermitteln.