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Verfahren : 2009/2219(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A7-0312/2010

Eingereichte Texte :

A7-0312/2010

Aussprachen :

PV 24/11/2010 - 20
CRE 24/11/2010 - 20

Abstimmungen :

PV 25/11/2010 - 8.2
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P7_TA(2010)0434

Angenommene Texte
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Donnerstag, 25. November 2010 - Straßburg
Menschenrechte, Sozial- und Umweltnormen in internationalen Handelsabkommen
P7_TA(2010)0434A7-0312/2010

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. November 2010 zu Menschenrechten, Sozial- und Umweltnormen in internationalen Handelsabkommen (2009/2219(INI))

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf die Artikel 2, 3, 6 und 21 des Vertrags über die Europäische Union,

–  gestützt auf die Artikel 153, 191, 207 und 218 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf die Artikel 12, 21, 28, 29, 31 und 32 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948) und andere Instrumente der Vereinten Nationen im Bereich Menschenrechte, insbesondere den Pakt über bürgerliche und politische Rechte (1966), den Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (1966), das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (1965), das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (1979), das Übereinkommen über die Rechte des Kindes (1989), die VN-Erklärung über die Rechte der indigenen Bevölkerungen (2007) und das Abschlussdokument des Millenniumsgipfels der Vereinten Nationen vom 20. bis 22. September 2010 in New York,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommens von Marrakesch zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) und die auf der vierten Ministerkonferenz in Doha im November 2001 angenommene Erklärung, insbesondere deren Ziffer 31,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. September 1996 zu der Mitteilung der Kommission über die Berücksichtigung der Wahrung der Grundsätze der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte in den Abkommen zwischen der Gemeinschaft und Drittländern (KOM(1995)0216)(1) und auf seine Entschließung vom 14. Februar 2006 zu der Menschenrechts- und Demokratieklausel in Abkommen der Europäischen Union(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. Oktober 2001 zu Offenheit und Demokratie im Welthandel(3), in der es die die Einhaltung der grundlegenden Sozialnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) durch die WTO und die Anerkennung der Beschlüsse der IAO durch die Europäische Union, einschließlich etwaiger Aufforderungen, bei schwerwiegenden Verstößen gegen die grundlegenden Sozialnormen Sanktionen zu verhängen, fordert,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. April 2002 zu der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlaments: Rolle der Europäischen Union bei der Förderung der Menschenrechte und der Demokratisierung in Drittländern (KOM(2001)0252)(4),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Die soziale Dimension der Globalisierung – der politische Beitrag der EU zu einer gleichmäßigen Verteilung des Nutzens“ (KOM(2004)0383),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 2005 zu der sozialen Dimension der Globalisierung(5),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 5. Juli 2005 zur Ausbeutung von Kindern in Entwicklungsländern unter besonderer Berücksichtigung der Kinderarbeit(6),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Juni 2010 zum Thema Kinderarbeit(7),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Juli 2006 zu fairem Handel und Entwicklung(8),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. Mai 2007 zu dem Thema „Europa im Zeitalter der Globalisierung – externe Aspekte der Wettbewerbsfähigkeit“(9) als Antwort auf die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament mit dem Titel „Ein wettbewerbsfähiges Europa in einer globalen Welt – ein Beitrag zur EU-Strategie für Wachstum und Beschäftigung“ (KOM(2006)0567),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Menschenwürdige Arbeit für alle fördern – Der Beitrag der Europäischen Union zur weltweiten Umsetzung der Agenda für menschenwürdige Arbeit“ (KOM(2006)0249),

–  unter Hinweis auf die Ministererklärung des Wirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2006 über Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit, in der die produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle als zentraler Bestandteil der nachhaltigen Entwicklung anerkannt wurde,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Mai 2007 zu dem Thema „Menschenwürdige Arbeit für alle fördern“(10), in der es zur Förderung menschenwürdiger Arbeit die Einbeziehung von Sozialnormen in Handelsabkommen der Europäischen Union, insbesondere in bilaterale Abkommen, fordert,

–  unter Hinweis auf die Agenda für menschenwürdige Arbeit und den Globalen Beschäftigungspakt der IAO, die auf der Internationalen Arbeitskonferenz am 19. Juni 2009 durch weltweite Zustimmung beschlossen wurden, und auf die Erklärung der IAO über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung aus dem Jahr 2008,

–  unter Hinweis auf das Brüsseler Übereinkommen von 1968, das durch die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen konsolidiert wurde(11),

–  unter Hinweis auf das Allgemeine Präferenzsystem (APS), das seit dem 1. Januar 2006 in Kraft ist und den zollfreien Zugang bzw. Zollvergünstigungen für eine steigende Zahl von Produkten garantiert und außerdem neue Anreize für wenig entwickelte Länder mit besonderem Handels-, Finanz- und Entwicklungsbedarf umfasst,

–  unter Hinweis auf alle Abkommen zwischen der Europäischen Union und Drittstaaten,

–  unter Hinweis auf das am 23. Juni 2000 in Cotonou unterzeichnete Partnerschaftsabkommen zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (AKP) und der Europäischen Union und auf seine Neufassungen von 2005 und 2010,

–  unter Hinweis auf seine Entschließungen zu den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den AKP-Regionen und -Staaten, insbesondere auf jene vom 26. September 2002(12), vom 23. Mai 2007(13) und vom 12. Dezember 2007(14),

–  unter Hinweis auf internationale Umweltschutzübereinkommen, z. B. das Montrealer Protokoll über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen, von 1987, das Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle von 1989, das Protokoll von Cartagena über die biologische Sicherheit von 2000 und das Protokoll von Kyoto von 1997,

–  unter Hinweis auf Kapitel 13 des im Oktober 2009 zwischen der Europäischen Union und Südkorea unterzeichneten Freihandelsabkommens,

–  unter Hinweis auf den Abschluss der Verhandlungen zwischen der Europäischen Union, Kolumbien und Peru über die Unterzeichnung eines mehrseitigen Handelsabkommens,

–  unter Hinweis auf die am 14. Januar 2010 vom Europäischen Parlament veranstaltete Anhörung zu der Anwendung von Sozial- und Umweltnormen in Handelsverhandlungen,

–  gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für internationalen Handel sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des Entwicklungsausschusses, des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (A7-0312/2010),

A.  in der Erwägung, dass der Zusammenhang zwischen Handel, Menschenrechten und Sozial- und Umweltnormen zu einem zentralen Aspekt in den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen geworden und fester Bestandteil von Verhandlungen im Rahmen von Freihandelsabkommen ist,

B.  in der Erwägung, dass es immer häufiger zu Wettbewerbsverzerrungen kommt und immer öfter ein Risiko von Umwelt- bzw. Sozialdumping besteht, und zwar insbesondere zu Lasten der in Europa ansässigen Unternehmen und Arbeitnehmer, die strengere sozial-, umwelt- und steuerrechtliche Normen einhalten müssen,

C.  in der Erwägung, dass die EU in ihren Beziehungen zu Drittländern eine Strategie beschließen muss, die auf Gegenseitigkeit beruht, aber nach dem Entwicklungsniveau ihrer Partner differenziert ist, was sowohl ihre Forderungen im Sozial- und Umweltbereich als auch die Liberalisierung des Handels betrifft, damit die Voraussetzungen für einen gerechten und fairen internationalen Wettbewerb gegeben sind,

D.  in der Erwägung, dass diese politischen Ziele nunmehr insofern hauptsächlich in bilateralen Gremien verfolgt werden, als die Aussichten, im Rahmen der WTO multilaterale Vorschriften für die Beziehungen zwischen Handel, Beschäftigung und Umwelt auszuarbeiten, nicht besonders vielversprechend sind,

E.  in der Erwägung, dass das Verhältnis zwischen dem Handelsrecht und den Grundrechten gleichwohl neu austariert und der Dialog zwischen den wichtigsten internationalen Organisationen – hauptsächlich zwischen der IAO und der WTO – gestärkt werden sollte, um die internationale Politik kohärenter zu gestalten und den weltweiten Ordnungsrahmen zu verbessern,

F.  in der Erwägung, dass es zahlreiche Gründe dafür gibt, Menschenrechtsklauseln und Sozial- und Umweltnormen in internationale Handelsabkommen aufzunehmen, die von dem Willen, für gerechten und fairen Handel zu sorgen und bestimmte gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten, bis zu der stärker normativen Absicht reicht, für die allgemeinen Werte der Europäischen Union einzutreten und alle europäischen Politikbereiche kohärent zu gestalten,

G.  in der Erwägung der Erklärung der Vereinten Nationen über das Recht auf Entwicklung von 1986, in der bekräftigt wird, dass das Recht auf Entwicklung ein unveräußerliches Menschenrecht ist, in dessen Rahmen allen Menschen und Völkern das Recht eingeräumt wird, an der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung teilzuhaben, ihren Beitrag zu dieser Entwicklung zu leisten und von ihr zu profitieren; in der Erwägung, dass die EU deshalb dieses Recht nicht untergraben darf, sondern vielmehr dazu verpflichtet ist, es in internationale Abkommen zu integrieren und als Richtschnur ihres politisches Handelns einzusetzen,

H.  in der Erwägung, dass im Vertrag von Lissabon betont wird, dass sich die Europäische Union in ihrer Außenpolitik, deren fester Bestandteil der Handel ist, von den gleichen Grundsätzen leiten lassen sollte, die auch zu ihrer Gründung geführt haben; in der Erwägung, dass das europäische Sozialmodell, in dem die Nachhaltigkeit des Wirtschaftswachstums und verbesserte Arbeits- und Lebensbedingungen kombiniert sind, auch als Modell für andere Partner dienen kann; in der Erwägung, dass Handelsabkommen außerdem mit anderen internationalen Pflichten und Übereinkommen, deren Einhaltung die Vertragsstaaten nach ihrem nationalen Recht zugesagt haben, kompatibel sein müssen,

I.  in der Erwägung, dass das Niveau der in der Europäischen Union geltenden Sozial- und Umweltnormen beibehalten und gewährleistet werden muss, dass diese auch von den auf dem europäischen Binnenmarkt tätigen ausländischen Unternehmen eingehalten werden,

J.  in der Erwägung, dass Handelsabkommen einen Mehrwert generieren können, wenn die Menschenrechte und Sozial- und Umweltnormen in sie aufgenommen werden, weil dadurch die Interaktion mit der Zivilgesellschaft verbessert und die politische und soziale Stabilität stärker gefördert werden kann und überdies ein besseres Klima für den Handel geschaffen wird,

K.  in der Erwägung, dass der Handel und die Wahrung von Menschenrechts-, Sozial- und Umweltnormen wichtige Aspekte bei der Sicherstellung von Frieden und Wohlstand in der Welt sind, aber nicht zur Lösung aller Probleme zwischen den Staaten auf der Welt taugen; jedoch auch in der Erwägung, dass politisch festgefahrene Situationen durch Stärkung der Handelsbeziehungen überwunden werden können, wenn dadurch gewährleistet wird, dass gemeinsame Interessen, insbesondere im Bereich des Umweltschutzes, zur Konfliktbewältigung genutzt werden,

L.  in der Erwägung, dass andere Länder bei der Aufnahme von Sozialnormen in Handelsabkommen mit gutem Beispiel vorangegangen sind,

M.  in der Erwägung, dass das Allgemeine Präferenzsystem der Bedingung unterliegt, dass die Empfängerländer die Grundsätze der internationalen Menschenrechtskonventionen und die Kernarbeitsnormen einhalten, dass es eine Sonderregelung zu zusätzlichen Zollpräferenzen enthält, mit der die Ratifizierung und wirksame Umsetzung grundlegender internationaler Übereinkommen über Menschen- und Arbeitnehmerrechte, den Umweltschutz und verantwortungsvolle Staatsführung vorangebracht werden soll, und dass die Nichteinhaltung der Bedingungen die Aussetzung dieser Handelsregelung nach sich ziehen kann,

1.  fordert dementsprechend, dass bei der zukünftigen Handelsstrategie der Europäischen Union der Handel nicht als Selbstzweck, sondern als Handhabe betrachtet werden sollte, mit dem die Werte und Handelsinteressen der EU vertreten werden können und auch der faire Handel gefördert werden kann, damit die wirksame Einbeziehung und Durchsetzung von Sozial- und Umweltnormen in Bezug auf alle Handelspartner der EU allgemein Anwendung findet; ist der Ansicht, dass die Europäische Union mit einer positiven Haltung an Verhandlungen herangehen, dabei aber durchaus auch auf rechtsverbindliche Formulierungen achten sollte; betont, dass die Aufnahme von Bestimmungen über die nachhaltige Entwicklung, insbesondere in bilaterale Abkommen, allen Vertragsparteien zugute kommen wird;

2.  weist darauf hin, dass die Handelspolitik im Dienst der globalen Ziele der Europäischen Union steht, dass die Handelspolitik der Europäischen Union gemäß Artikel 207 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union „im Rahmen der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union“ zu gestalten ist und dass sie gemäß Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union insbesondere „einen Beitrag zu globaler nachhaltiger Entwicklung, Solidarität und gegenseitiger Achtung unter den Völkern, zu freiem und gerechtem Handel, zur Beseitigung der Armut und zum Schutz der Menschenrechte, insbesondere der Rechte des Kindes, sowie zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen“ zu leisten hat;

Menschenrechte, Sozial- und Umweltnormen in multilateralen Handelsbeziehungen

3.  fordert, dass die Zusammenarbeit auf multilateraler Ebene zwischen der WTO und den wichtigsten Organen der Vereinten Nationen im Bereich Menschenrechte gestärkt wird; ist der Ansicht, dass engere Verbindungen zum Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte und zu den Sonderverfahren besonders nützlich wären, was die Ausarbeitung eines multilateralen Handelsrahmens angeht, mit dem zur Achtung der Menschenrechte beigetragen wird; ist gleichfalls der Auffassung, dass den Gutachten des Hochkommissariats in den WTO-Panels und im WTO-Berufungsgremium in Fällen Rechnung getragen werden könnte, in denen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen festgestellt werden;

4.  hält es für durchaus sinnvoll, die Einhaltung der Menschenrechtsklauseln in internationalen Handelsabkommen durch eine allgemeine regelmäßige Prüfung im Menschenrechtsrat zu überwachen;

5.  betont, dass die Vertiefung der Zusammenarbeit mit der IAO – dem Organ, das dafür zuständig ist, internationale Arbeitsnormen auszuarbeiten und auszuhandeln und deren rechtliche und praktische Anwendung zu überwachen – und die umfassende Beteiligung der IAO an der Tätigkeit der WTO von entscheidender Bedeutung sind;

   a) fordert zu diesem Zweck, der IAO den Status eines offiziellen Beobachters in der WTO und das Rederecht auf Ministerkonferenzen der WTO zu gewähren;
   b) regt an, in der WTO einen Ausschuss für Handel und menschenwürdige Arbeit nach dem Muster des Ausschusses für Handel und Umwelt einzurichten; fordert, dass beide Ausschüsse klar definierte Aufgaben und konkreten Einfluss erhalten;
   c) schlägt vor, dass die IAO in relevanten Fällen, in denen es in Handelsstreitigkeiten um die Verletzung internationaler Arbeitsübereinkommen geht, in gleicher Weise wie das Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte befasst werden kann;
   d) ist der Ansicht, dass es einen Rechtsbehelf bei der IAO geben sollte, wenn ein WTO-Mitgliedstaat einen Beschluss des Streitbeilegungsorgans als Infragestellung der Beschlüsse der IAO zur Einhaltung der Arbeitsübereinkommen auffasst;

6.  betont, dass sich die Ziele, einerseits ein offenes und diskriminierungsfreies multilaterales Handelssystem zu erhalten und fortzuführen und andererseits für den Umweltschutz und die Förderung der nachhaltigen Entwicklung einzutreten, gegenseitig verstärken müssen; hebt hervor, dass die Mitgliedstaaten gemäß Artikel XX des GATT handelspolitische Maßnahmen zum Schutz der Umwelt beschließen dürfen, sofern diese Maßnahmen nicht zur willkürlichen oder durch nichts zu rechtfertigenden Diskriminierung missbraucht werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Bestimmung in vollem Umfang zu nutzen;

7.  begrüßt, dass es den WTO-Ausschuss für Handel und Umwelt gibt, der ein maßgebliches Forum für die fortlaufende Zusammenführung und stärkere Vernetzung der Bereiche Umwelt und Handel sein sollte; wünscht, dass sich die Aufgaben und die Arbeit des Ausschusses so entwickeln, dass die größten Herausforderungen in den Bereichen Handel und Umwelt, vor denen die internationale Gemeinschaft steht, positiv angegangen werden;

8.  hält es für außerordentlich wichtig, den Zugang zu umweltfreundlichen Gütern und Technologien zu verbessern, um die Ziele der nachhaltigen Entwicklung zu erreichen, und fordert alle an den Verhandlungen beteiligten Parteien auf, ihre Bemühungen um einen schnellen Abschluss der Verhandlungen über den Abbau oder die Beseitigung tarifärer und nichttarifärer Handelshemmnisse bei Umweltgütern und -dienstleistungen zu verstärken, um neue Formen der Beschäftigungspolitik, die Schaffung von Arbeitsplätzen unter Einhaltung der IAO-Normen für menschenwürdige Arbeitsbedingungen und die Wachstumsmöglichkeiten der europäischen Unternehmen und KMU zu fördern;

9.  betont, dass Fortschritte bei den Verhandlungen über die anderen Punkte von Ziffer 31 der Doha-Erklärung erzielt werden müssen, die das Verhältnis zwischen den WTO-Regeln und den besonderen, in multilateralen Umweltübereinkommen (MEA) genannten handelspolitischen Verpflichtungen betreffen, und dass eine engere Zusammenarbeit zwischen den MEA-Sekretariaten und den WTO-Ausschüssen vorangebracht werden muss, was im Hinblick auf die kohärente Fortentwicklung der Handels- und Umweltvorschriften von entscheidender Bedeutung ist;

10.  ist der Ansicht, dass ein multilaterales Klimaschutzübereinkommen am besten geeignet wäre, negative externe Umwelteffekte im Zusammenhang mit CO2-Emissionen zu internalisieren, dieses Ziel jedoch in naher Zukunft wohl kaum erreicht werden dürfte; vertritt deshalb die Auffassung, dass die Europäische Union weiterhin prüfen sollte, ob sich für Branchen, in denen de facto ein Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen besteht, geeignete umweltpolitische Instrumente einführen ließen, mit denen die Versteigerungen im Rahmen des Systems für den Handel mit Emissionsberechtigungen ergänzt werden, insbesondere einen Mechanismus, mit dem die Kosten von CO2-Emissionen unter Einhaltung der WTO-Vorschriften einbezogen werden, weil mit einem solchen Mechanismus gegen das Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen in Drittländer vorgegangen werden könnte;

11.  regt an, dass nach den Verhandlungen über ein Klimaschutzübereinkommen und dessen Unterzeichnung eine regelrechte Weltumweltorganisation gegründet wird, die dafür sorgt, dass die gegebenen Zusagen und die Umweltnormen auch wirklich eingehalten werden; ist der Ansicht, dass diese zukünftige Organisation beispielsweise in Fällen von Umweltdumping obligatorisch zu befassen wäre;

Menschenrechte, Sozial- und Umweltnormen in bilateralen Handelsabkommen

12.  unterstützt ausdrücklich die Praxis, rechtsverbindliche Menschenrechtsklauseln in internationale Übereinkommen der Europäischen Union aufzunehmen, stellt aber fest, dass die Herausforderungen in Bezug auf die Überwachung und Durchsetzung dieser Klauseln nach wie vor groß sind; bekräftigt, dass solche Klauseln auch in alle Handels- und sektorbezogenen Abkommen aufgenommen werden müssen, und zwar nach einem klaren und präzisen Konsultationsverfahren nach dem Muster des Artikels 96 des Cotonou-Abkommens; erklärt sich in diesem Zusammenhang erfreut über die Aufnahme einer solchen Klausel in die Freihandelsabkommen der neuen Generation;

13.  betont, dass eine solche Klausel systematisch auch in die Kapitel zur nachhaltigen Entwicklung in bilateralen Übereinkommen aufgenommen werden sollte;

14.  stellt fest, dass künftige Handelsabkommen vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Finanzkrise geschlossen werden können; ist der Ansicht, dass dies nicht dazu führen darf, dass Sozial- und Umweltnormen – insbesondere über Treibhausgasemissionen und die Entsorgung gefährlicher Abfälle – vernachlässigt werden, um andere Ziele zu erreichen;

15.  fordert die Kommission unter Berücksichtigung der genannten Ziele auf, systematisch in alle Freihandelsabkommen, die sie mit Drittstaaten aushandelt, eine Reihe von Sozial- und Umweltnormen aufzunehmen, darunter

   a) eine Liste der Mindestnormen, die von allen Handelspartnern der EU eingehalten werden müssen; im Bereich Soziales müssen diese Normen den acht Kernarbeitsnormen der IAO entsprechen, die in der Erklärung der IAO zu den grundlegenden Prinzipien und Rechten bei der Arbeit (1998) aufgeführt sind, wobei für die Industrieländer zu den acht Kernarbeitsnormen noch die vier vorrangigen Übereinkommen der IAO hinzukommen; in den Bereichen Umwelt und Menschenrechte müssen die Mindestnormen eingehalten werden, die in der Verordnung über ein Schema allgemeiner Zollpräferenzen in der Liste der Übereinkommen über den Umweltschutz bzw. die Grundsätze der verantwortungsvollen Staatsführung, aufgeführt sind;
   b) eine Liste der zusätzlichen Normen, die schrittweise und flexibel nach Maßgabe der Entwicklung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Situation des jeweiligen Partners eingeführt werden sollten, wobei als sozialpolitisches Fernziel anzustreben ist, dass die IAO-Agenda für menschenwürdige Arbeit vollständig umgesetzt wird;

16.  betont, dass unter der Einhaltung dieser Normen zu verstehen ist, dass sie ratifiziert und in nationales Recht umgesetzt werden und im gesamten Hoheitsgebiet tatsächlich Anwendung finden;

17.  fordert, dass in allen zukünftigen Handelsabkommen das Verbot von ausbeuterischer Kinderarbeit, insbesondere bei der Natursteingewinnung und -verarbeitung, festgeschrieben und ein einheitliches Europäisches Zertifizierungssystem festgelegt wird, mit für eingeführten Naturstein und daraus hergestellte Erzeugnisse in der gesamten Wertschöpfungskette der Nachweis geführt werden kann, dass dabei keine Kinder ausgebeutet werden – wie es im Sinne IAO-Übereinkommen 182 gefordert wird;

18.  hebt hervor, dass im Rahmen von Freihandelsabkommen bedingte Liberalisierungen, beispielsweise die Verkürzung der Fristen für die Abschaffung von Beschränkungen oder der Zugang zu weiteren Märkten, in Betracht gezogen werden könnten, sofern die Umwelt- und Sozialnormen eingehalten werden;

19.  hält es für wichtig, die Umsetzung des Übereinkommens ständig zu überwachen und dabei in allen Phasen offen und ohne Beschränkungen vorzugehen:

   a) nimmt zur Kenntnis, dass Untersuchungen zu den Auswirkungen auf die nachhaltige Entwicklung erfolgen, ist aber der Ansicht, dass diese Untersuchungen auch vor, während und nach den Verhandlungen durchgeführt werden sollten, damit eine fortlaufende Bewertung sichergestellt ist; hebt es außerdem als wichtig hervor, durchweg ergebnisorientiert vorzugehen; vertritt die Auffassung, dass bei den Verhandlungen den Prioritäten und bedenklichen Sachverhalten, die bei den Folgenabschätzungen zutage treten, stärker Rechnung getragen werden sollte;
   b) fordert die Kommission auf, eventuelle Auswirkungen auf die Menschenrechte untersuchen zu lassen, um die Untersuchungen zu den Auswirkungen auf die nachhaltige Entwicklung um nachvollziehbare, auf die Menschenrechte und die Umwelt- und Sozialnormen gestützte handelspolitische Indikatoren zu ergänzen;
   c) fordert beide Parteien auf, regelmäßig Berichte über die allgemeinen Fortschritte bei der Verwirklichung der im Rahmen des Übereinkommens gegebenen Zusagen vorzulegen;
   d) fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Parlamente der Partnerländer im Interesse einer Verbesserung der verantwortungsvollen Staatsführung und der demokratischen Kontrolle in den Entwicklungsländern in die Handelsverhandlungen einbezogen werden;
   e) hält es für geboten, die Bürger in allen Phasen der Verhandlungen und bei den Folgemaßnahmen zu den Übereinkommen mitwirken zu lassen, und fordert in diesem Zusammenhang die Einrichtung von Foren für die nachhaltige Entwicklung oder die Gründung von Beiräten, in denen die Konsultation der Sozialpartner und der Vertreter der unabhängigen Zivilgesellschaft vorgesehen ist;

20.  fordert, dass in den Handelsabkommen der EU in wirksamer Art und Weise für ein größtmögliches Maß an Transparenz gesorgt wird, strenge Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge erlassen werden und eine nach Ländern aufgeschlüsselte Berichterstattung seitens der Unternehmen sowohl in Industrie- als auch Entwicklungsländern vorgegeben wird, damit die illegale Kapitalflucht unterbunden wird;

21.  fordert, dass die Union bei der Aushandlung von Handelsabkommen dem Recht auf Zugang zu den natürlichen Ressourcen Geltung verschafft und für die Rechte der einheimischen und indigenen Völker in Bezug auf den Zugang zu lebenswichtigen natürlichen Ressourcen eintritt; fordert die Kommission auf, die Problematik des Landerwerbs und -besitzes in Drittländern, insbesondere in den am wenigsten entwickelten Ländern und den Entwicklungsländern, in die internationalen Handelsverhandlungen und Handelsabkommen einzubeziehen;

22.  stellt fest, dass das Kapitel über die nachhaltige Entwicklung in bilateralen Übereinkommen, über die gegenwärtig verhandelt wird, verbindlich behandelt werden muss, seine Bedeutung aber noch gestärkt werden könnte, wenn es Folgendes vorsähe:

   a) ein den Sozialpartnern offenstehendes Beschwerdeverfahren;
   b) ein unabhängiges Gremium, das rasch und effizient Streitigkeiten im Zusammenhang mit sozialen oder ökologischen Problemen beilegt, beispielsweise einer Gruppe von Sachverständigen, die von beiden Parteien anhand ihrer Erfahrung auf den Gebieten Menschenrechte, Arbeitsrecht und Umweltrecht ausgewählt werden und deren Empfehlungen Teil eines durchdachten Verfahrens mit entsprechenden Durchführungsbestimmungen sein müssten;
   c) ein Streitbeilegungsverfahren wie in den anderen Übereinkommensteilen, das Geldbußen, durch die die Situation in den betroffenen Bereichen verbessert werden soll, oder eine zumindest vorübergehende Aussetzung bestimmter im Abkommen geregelter Handelsvorteile vorsieht, falls die genannten Normen erheblich missachtet werden;

23.  betont, dass die Übereinkommen um Begleitmaßnahmen ergänzt werden müssen, etwa um Maßnahmen zur technischen Unterstützung und Kooperationsprogramme, mit denen die Durchführungskapazitäten verbessert werden sollen, insbesondere im Hinblick auf die grundlegenden Menschenrechtskonventionen und die Sozial- und Umweltnormen;

Menschenrechte, Sozial- und Umweltnormen in unilateralen Handelsbeziehungen: APS und APS+

24.  hält die 27 Übereinkommen, deren Ratifizierung und wirksame Umsetzung erforderlich ist, damit das APS+ genutzt werden kann, für ein einzigartiges Paket von Übereinkommen über Normen in den Bereichen Menschenrechte, Arbeitsrecht, Umweltschutz und verantwortungsvolle Staatsführung; betont, dass sich das APS+ bislang zwar positiv und sichtbar auf die Ratifizierung der Übereinkommen, aber in geringerem Maße auf deren Durchführung ausgewirkt hat, und ist deshalb der Ansicht, dass die Begleitmaßnahmen zur Verbesserung der Durchführungskapazitäten stärker in den Vordergrund gerückt werden sollten; vertritt außerdem die Auffassung, dass die Kommission, um die Glaubwürdigkeit des APS+ zu sichern, Untersuchungen durchführen muss, wenn übereinstimmende Hinweise darauf vorliegen, dass bestimmte Länder die 27 Übereinkommen nicht umsetzen, und gegebenenfalls Präferenzen aussetzen muss;

25.  vertritt die Auffassung, dass die Menschenrechtsklauseln und das APS+ in Übereinkommen der Europäischen Union mit Drittländern, insbesondere in Bezug auf die Folgemaßnahmen, stärker miteinander verknüpft werden könnten;

26.  fordert die Kommission auf, bei der Überarbeitung des APS darauf hinzuarbeiten, dass es vor allem den Ländern zugute kommt, die am stärksten darauf angewiesen sind, und dass die Ursprungsbestimmungen vereinfacht werden, damit die Länder, die von der Initiative „Alles außer Waffen“ und der Sonderregelung APS+ profitieren, den größtmöglichen Nutzen aus den ihnen gewährten Präferenzen ziehen können; fordert, dass Vergleichsmaßstäbe, Mechanismen und transparente Kriterien für die Gewährung und den Entzug von Präferenzen im Rahmen dieses Systems ausgearbeitet werden; fordert außerdem, dass das Europäische Parlament am gesamten Prozess umfassend beteiligt wird, insbesondere in Bezug auf den Vorschlag des Rates, der die Liste der Empfängerländer, die Einleitung von Untersuchungen oder die vorübergehende Aussetzung der Sonderregelung APS+ betrifft;

27.  fordert die Kommission auf, rasch einen Vorschlag für eine Verordnung über ein Einfuhrverbot der EU in Bezug auf Waren vorzulegen, die unter Verletzung grundlegender Menschenrechtsnormen durch moderne Formen der Sklaverei, Zwangsarbeit, insbesondere Zwangsarbeit besonders schutzloser Gruppen, hergestellt wurden;

28.  fordert, von der Kommission auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission während Verhandlungen über internationale Handelsabkommen umfassend über alle relevanten Themen informiert zu werden;

29.  fordert die Kommission auf, in Anbetracht der durch den Vertrag von Lissabon erweiterten Befugnisse des Parlaments einen effizienten Informationsfluss sicherzustellen und dem Parlament in Gestalt seiner entsandten Vertreter stets Beobachterstatus und folglich jederzeit Zugang zu allen relevanten Sitzungen und Dokumenten zu gewähren;

o
o   o

30.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. C 320 vom 28.10.1996, S. 261.
(2) ABl. C 290 E vom 29.11.2006, S. 107.
(3) ABl. C 112 E vom 9.5.2002, S. 326.
(4) ABl. C 131 E vom 5.6.2003, S. 147.
(5) ABl. C 280 E vom 18.11.2006, S. 65.
(6) ABl. C 157 E vom 6.7.2006, S. 84.
(7) Schlussfolgerungen des Rates vom 14.6.2010 zur Kinderarbeit, 10937/1/10.
(8) ABl. C 303 E vom 13.12.2006, S. 865.
(9) ABl. C 102 E vom 24.4.2008, S. 128.
(10) ABl. C 102 E vom 24.4.2008, S. 321.
(11) ABl. L 12 vom 16.1.2001, S. 1.
(12) ABl. C 273 E vom 14.11.2003, S. 305.
(13) ABl. C 102 E vom 24.04.2008, S. 301.
(14) ABl. C 323 E vom 18.12.2008, S. 361.

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