Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Februar 2011 zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG) (2010/2053(INI))
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),
– gestützt auf die Artikel 9, 49 und 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt(1),
– unter Hinweis auf den an den Rat (Wettbewerbsfähigkeit) gerichteten Informationsvermerk der Kommission vom 18. Mai 2010 über den Stand der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte“ (KOM(2010)0608),
– unter Hinweis auf den Bericht an die Kommission „Eine neue Strategie für den Binnenmarkt“,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Mai 2010 zur Schaffung eines Binnenmarktes für Verbraucher und Bürger(2),
– gestützt auf Artikel 48 und auf Artikel 119 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und des Ausschusses für regionale Entwicklung (A7-0012/2011),
A. in der Erwägung, dass die Dienstleistungsrichtlinie auf die Vollendung des Binnenmarkts für Dienstleistungen abzielt und gleichzeitig ein hohes Maß an Qualität und an sozialem Zusammenhalt gewährleisten soll,
B. in der Erwägung, dass die Dienstleistungsrichtlinie ein Instrument zur Förderung des Wachstums in der Europäischen Union bildet und ihre Umsetzung mit der Strategie Europa 2020 und der Binnenmarktakte im Einklang stehen muss,
C. in der Erwägung, dass die Dienstleistungsfreiheit in den Verträgen verankert ist,
D. in der Erwägung, dass die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie aufgrund ihrer Bestimmungen über das Niederlassungsrecht und das Recht auf Erbringung von Dienstleistungen, aber auch aufgrund der vorgesehenen Einrichtung von einheitlichen Ansprechpartnern für Dienstleistungserbringer, insbesondere KMU, die Mitgliedstaaten, Verwaltungen und lokalen Behörden vor große Herausforderungen stellt,
E. in der Erwägung, dass die Auswirkungen der Richtlinie auf die Wirtschaft, die Unternehmen und die Bürger erst dann bewertet werden können, wenn sie in allen EU-Mitgliedstaaten vollständig und ordnungsgemäß umgesetzt worden ist,
F. in der Erwägung, dass die Qualität der Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten ebenso bedeutend ist wie die Einhaltung der Umsetzungsfrist,
G. in der Erwägung, dass die Dienstleistungsrichtlinie es insbesondere Selbstständigen und kleinen und mittleren Unternehmen erheblich erleichtert, in anderen Mitgliedstaaten tätig zu werden, neue Geschäftsfelder zu erschließen und auch neues Personal einzustellen,
H. in der Erwägung, dass die von der Dienstleistungsrichtlinie abgedeckten Aktivitäten 40,5 % des BIP und der Arbeitsplätze in der EU ausmachen und deshalb ein ausschlaggebender Bereich für das wirtschaftliche Wachstum und ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit sind; in der Erwägung, dass die Zielvorgabe der Dienstleistungsrichtlinie darin besteht, das beträchtliche wirtschaftliche und arbeitsplatzschaffende Potenzial des europäischen Binnenmarktes für Dienstleistungen, das mit 0,6-1,5 % des BIP der EU veranschlagt wird, auszuschöpfen; in der Erwägung ferner, dass die Dienstleistungsrichtlinie auf die Verwirklichung der in Artikel 3 AEUV aufgelisteten Zielvorgaben abzielt,
I. in der Erwägung, dass ein dynamischerer und arbeitsintensiverer Dienstleistungssektor zur Stützung des Wachstums beitragen könnte,
1. erinnert an die beispiellose öffentliche und politische Debatte über die Dienstleistungsrichtlinie sowie an die entscheidende Rolle, die das Europäische Parlament dabei gespielt hat; ist daher der Auffassung, dass das Europäische Parlament eine wirksame Weiterverfolgung der Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten gewährleisten muss; fordert die Kommission auf, das Parlament regelmäßig über den Stand der Umsetzung zu informieren;
2. unterstreicht, dass die Dienstleistungsrichtlinie ein wesentlicher Schritt hin zu einem wirklichen Binnenmarkt für Dienstleistungen ist, der die Unternehmen und insbesondere die KMU befähigen sollte, für die Bürger auf dem gesamten Gebiet des Binnenmarktes bessere Dienstleistungen zu wettbewerbsfähigen Preisen zu erbringen; ist jedoch der Auffassung, dass es nach der vollständigen Umsetzung wichtig ist, dass eine umfassende Bewertung der Auswirkungen der Dienstleistungsrichtlinie durchgeführt wird;
3. begrüßt es, dass die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie in allen Mitgliedstaaten eine beispiellose Modernisierungsdynamik auslöst, die sich in neuen Arbeits- und Beurteilungsmethoden niederschlägt; unterstreicht die wichtige Rolle, die den Sozialpartnern und Berufsverbänden beim Umsetzungsprozess zukommt; fordert die Kommission auf, letztere umfassend in die Phase der gegenseitigen Evaluierung einzubeziehen;
4. stellt fest, dass die meisten Mitgliedstaaten einer Umsetzung mittels horizontaler Rechtsvorschriften den Vorzug eingeräumt haben; weist jedoch darauf hin, dass die Umsetzungsmethode von der jeweiligen internen Organisation des betreffenden Mitgliedstaats abhängt; fordert daher die betreffenden Mitgliedstaaten auf, insbesondere durch eine bessere Einbeziehung der nationalen Parlamente in die Erstellung der Übereinstimmungstabellen eine größere Transparenz zu gewährleisten;
5. erinnert daran, dass die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie von den meisten Mitgliedstaaten nicht nur als reine Routinemaßnahme angesehen werden sollte, bei der mechanisch und horizontal Regelungen und spezielle Bestimmungen abgeschafft werden, sondern vielmehr als Gelegenheit zur Modernisierung und Vereinfachung ihrer Rechtsordnung und zur Neustrukturierung ihrer Dienstleistungswirtschaft und zwar mit dem Ziel, dem öffentlichen Interesse zu dienen, wie dies auch in der Richtlinie selbst festgeschrieben ist;
6. vertritt die Auffassung, dass die umfassende und rechtzeitige Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie – in rechtlicher wie in technischer Hinsicht – in sämtlichen Mitgliedstaaten gewährleistet werden sollte, damit die Dienstleistungserbringer die Vorzüge der Dienstleistungsrichtlinie angemessen in Anspruch nehmen können;
7. fordert die Kommission auf, die Anwendung dieser Richtlinie in allen Mitgliedstaaten genau zu überwachen und in regelmäßigen Abständen einen Bericht über ihre Umsetzung vorzulegen; ist der Ansicht, dass in diesen Berichten die tatsächlichen mittel- und langfristigen Auswirkungen der Richtlinie auf die Beschäftigungssituation in der EU berücksichtigt werden sollten;
8. hofft, dass die Dienstleistungsrichtlinie hinsichtlich der Schaffung von menschenwürdigen, dauerhaften und hochwertigen Arbeitsplätzen und der Verbesserung der Qualität und der Sicherheit der angebotenen Dienstleistungen tatsächlich positive Auswirkungen haben wird;
9. erkennt die Möglichkeiten der Dienstleistungsrichtlinie für das weitere Zusammenwachsen der EU-Wirtschaft und die Wiederbelebung des Binnenmarktes durch Förderung des wirtschaftlichen Wohlstands und der Wettbewerbsfähigkeit und durch Leistung eines Beitrags zur Beschäftigung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen an, da die Dienstleistungen in der EU einen erheblichen Anteil am BIP und an den Arbeitsplätzen ausmachen; ist der Auffassung, dass die rasche und ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie in allen Mitgliedstaaten eine wichtige Bedingung für die Erreichung der Ziele der Kohäsion und der Regionalpolitik ist und zu einer weiteren gegenseitigen Verbesserung des Verhältnisses zwischen Binnenmarkt und Kohäsionspolitik führen und zur Erfüllung der Ziele der EU-Strategie für 2020 beitragen und gleichzeitig dazu dienen kann, die vorhandene Binnenmarktmüdigkeit im Dienstleistungssektor zu überwinden;
10. spricht die Hoffnung aus, dass mit der Verwirklichung der in dieser Richtlinie festgelegten Ziele in naher Zukunft begonnen werden kann und dass die gesamte EU und ihre Regionen Nutzen daraus ziehen können und somit zu einem wirklichen wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt beitragen;
11. fordert die Kommission auf, die Auswirkungen der Richtlinie auf die Regionen von Anfang an zielgerichtet zu beobachten und zu bewerten und eine effiziente Koordinierung aller Maßnahmen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinie zu gewährleisten; fordert die Kommission auf, die Durchführung einer Informationskampagne für lokale und regionale Körperschaften über die Umsetzung der Richtlinie zu unterstützen, um die Verwirklichung der Ziele der Richtlinie zu erleichtern;
12. geht davon aus, dass die Verwaltungslasten sowie Fälle von Rechtsunsicherheit durch die Richtlinie tatsächlich verringert werden können, insbesondere für die KMU, die im Dienstleistungssektor den größten Anteil ausmachen; ist der Auffassung, dass die Verringerung der Verwaltungslasten auch dazu beitragen wird, dass zusätzliche Dienstleistungen in ländlichen und abgelegenen Gebieten und Gebieten in äußerster Randlage entwickelt werden können;
13. befürwortet die Durchführung nationaler Strategien zur Unterstützung innovativer KMU, die am stärksten von den Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise betroffen sind;
Evaluierungsverfahren
14. ist der Auffassung, dass das Verfahren zur Überprüfung der nationalen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit ein grundlegendes Element der Richtlinie darstellt; weist darauf hin, dass dieses Verfahren eine Modernisierung der Genehmigungsregelungen und der Anforderungen auf dem Gebiet der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit ermöglichen muss, um die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen zu erleichtern;
15. ist der Überzeugung, dass die gegenseitige Evaluierung wesentlich zu Qualität und Wirksamkeit des Binnenmarktregelwerks beiträgt, da eine systematische Umsetzungsevaluierung und die damit verbundene Umsetzungskontrolle fördern, dass sich nationale Behörden mit EU-Vorgaben und ihrer innerstaatlichen Umsetzung auseinandersetzen;
16. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf zusammenzuarbeiten, um die Entwicklungen des Binnenmarkts für Dienstleistungen auf der Grundlage des in der Dienstleistungsrichtlinie vorgesehenen Verfahrens der Gegenseitigen Evaluierung, das derzeit von den Mitgliedstaaten umgesetzt wird, weiter voranzubringen;
17. erinnert daran, dass die Mitgliedstaaten ihre Genehmigungsregelungen und bestimmte Anforderungen nur dann beibehalten dürfen, wenn diese offenkundig erforderlich, verhältnismäßig und nicht diskriminierend sind; unterstreicht, dass die Mitgliedstaaten eine Reihe von Genehmigungsregelungen beibehalten und für Dienstleistungserbringer zugänglicher und transparenter gemacht haben; bedauert, dass einige Mitgliedstaaten nicht ehrgeiziger waren und das Potenzial der Dienstleistungsrichtlinie im Hinblick auf eine Vereinfachung von Verwaltung und Regulierung nicht ganz ausgeschöpft haben;
18. weist auf die Schwierigkeiten hin, die auf dem Gebiet der Anerkennung von Berufsabschlüssen – insbesondere bei den medizinischen Berufen – aufgetreten sind; erinnert daran, dass de Dienstleistungsrichtlinie auf Bestimmungen anwendbar ist, die bereits von sektorspezifischen Richtlinien erfasst sind; fordert die Kommission auf, diese Situation im Rahmen einer Überarbeitung der Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen zu klären;
19. erinnert an den spezifischen Charakter der Bestimmungen über das Niederlassungsrecht und derjenigen, die die vorübergehende Erbringung von Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat betreffen; fordert die Kommission auf, diesem spezifischen Charakter in ihrer Bewertung umfassend Rechnung zu tragen;
20. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, der ungerechtfertigten Diskriminierung von Verbrauchern auf der Grundlage der Staatsangehörigkeit oder des Wohnortes ein Ende zu bereiten, indem sie die effektive Durchsetzung von Artikel 20 Absatz 2 der Dienstleistungsrichtlinie gewährleistet und dafür sorgt, dass die nationalen Bestimmungen zur Übernahme dieses Diskriminierungsverbots in die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten von den nationalen Behörden und Gerichten ordnungsgemäß durchgesetzt werden; verweist darauf, dass Artikel 20 Absatz 2 nicht darauf abzielt, einer unterschiedlichen Behandlung bei den allgemeinen Geschäftsbedingungen auf der Grundlage objektiver Überlegungen wie z.B. der Entfernung oder der höheren Kosten der Erbringung der Dienstleistung für Empfänger in anderen Mitgliedstaaten vorzubeugen;
21. hebt hervor, dass das im Rahmen der Richtlinie durchgeführten Überprüfungsverfahren für die nationalen Behörden mit einem hohen Arbeitsaufwand verbunden ist und dass diese Belastung bei der Bewertung der Umsetzung berücksichtigt werden muss;
22. nimmt die Anstrengungen zur Kenntnis, die die Mitgliedstaaten unternehmen, um das Verfahren der gegenseitigen Evaluierungen durchzuführen; ist der Auffassung, dass das Evaluierungsverfahren ein wichtiges Instrument darstellt, um die Fortschritte bei der Umsetzung der Richtlinie in den Mitgliedstaaten zu bewerten; ist der Auffassung, dass der derzeitige Stand dieses Verfahrens es noch nicht ermöglicht, dessen Wirksamkeit zu bewerten; betont, dass bei dem besagten Verfahren überprüft werden muss, ob die in den Mitgliedstaaten geltenden Regelungen mit den Binnenmarktvorschriften in Einklang stehen oder ob sie womöglich neue Hindernisse schaffen; fordert die Kommission auf, die Möglichkeiten dieser neuen Methode im Rahmen der Binnenmarktakte eingehend zu untersuchen;
23. bedauert es, dass das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente nicht stärker in den Prozess der gegenseitigen Evaluierung eingebunden sind;
24. fordert die Kommission auf, einzelne Berufsgruppen und Branchen zu ermitteln, die im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen problematisch sind, und eine eingehende Untersuchung der anwendbaren Rechtsvorschriften und der Gründe für die Unzulänglichkeiten durchzuführen;
Einheitlicher Ansprechpartner
25. ist der Auffassung, dass die Einrichtung einheitlicher Ansprechpartner ein wesentliches Element einer wirksamen Umsetzung der Richtlinie darstellt; erkennt an, dass die Einrichtung solcher Stellen beachtliche finanzielle, technische und organisatorische Anstrengungen von Seiten der Mitgliedstaaten erfordert; hebt hervor, dass die Sozialpartner und die Wirtschaftsverbände hieran beteiligt werden müssen;
26. fordert die Mitgliedstaaten auf, die einheitlichen Ansprechpartner zu umfassenden eRegierungsportalen für Dienstleistungserbringer zu entwickeln, die ein Unternehmen gründen oder grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringen wollen; fordert die Mitgliedstaaten auf, den Zugang zu den einheitlichen Ansprechpartnern zu verbessern – unter anderem durch die Möglichkeit, Verfahren und Formalitäten durch Fernzugang zu einzelnen einheitlichen Ansprechpartnern sowie auf elektronischem Wege abzuwickeln und die Qualität und Stichhaltigkeit der den Dienstleistungserbringern und insbesondere KMU zur Verfügung gestellten Informationen weiter zu verbessern, unter anderem durch Informationen und die Abwicklung von Verfahren nach dem geltenden Arbeits- und Steuerrecht des jeweiligen Mitgliedstaats, die für Dienstleistungserbringer relevant sind, wie etwa Verfahren im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer und der Anmeldung zur Sozialversicherung; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass die einheitlichen Ansprechpartner die Informationen auch in anderen Sprachen als der Sprache des betreffenden Landes zur Verfügung stellen, wobei insbesondere die Sprachen der Nachbarländer zu berücksichtigen sind;
27. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Verfügbarkeit der elektronischen Erledigung von Verfahren zu fördern, einschließlich einer Übersetzung aller einschlägigen Formulare; fordert die Mitgliedstaaten auf, den Nutzern der einheitlichen Ansprechpartner Einrichtungen für die elektronische Verfolgung zur Verfügung zu stellen, damit sie den Fortschritt laufender Verfahren überprüfen können;
28. erkennt die Probleme an, die bei der Arbeitsweise der einheitlichen Partner entstehen und sich auf den Nachweis der Identität, die Verwendung von e-Unterschriften, die Einreichung von Originaldokumenten oder beglaubigten Kopien – insbesondere im grenzüberschreitenden Kontext – beziehen; fordert die Kommission auf, Maßnahmen zur Lösung dieser Probleme vorzuschlagen, um die KMU in die Lage zu versetzen, Nutzen aus dem Binnenmarkt zu ziehen, und rechtlichen und technischen Ungewissheiten vorzubeugen;
29. unterstreicht, dass es mit Blick auf die Benutzerfreundlichkeit besonders wichtig ist, die Frage zu klären, welche Auflagen für die ständige Niederlassung eines Unternehmens im Gegensatz zur befristeten grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen gelten;
30. bedauert, dass das Beratungsangebot der einheitlichen Ansprechpartner die voraussichtlichen Dienstleistungserbringer noch nicht erreicht und dass die Informationen darüber, wie die einheitlichen Ansprechpartner kontaktiert werden können, nicht einer breiten Öffentlichkeit bekannt sind; fordert die Kommission auf, im Entwurf des Haushaltsplans für 2012 ausreichend Finanzmittel für eine europaweite Informationskampagne vorzusehen, um darauf aufmerksam zu machen, welches Serviceangebot die einheitlichen Ansprechpartner für Dienstleistungserbringer bereithalten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in Zusammenarbeit mit allen interessierten Gruppen schnellstmöglich zielgerichtete Werbe-, Informations- und Schulungskampagnen einzuleiten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Sichtbarkeit und Erkennbarkeit der Domäne eu-go zu verbessern und Fallstudien von Unternehmen bekannt zu machen, die sich an die einheitlichen Ansprechpartner gewendet und Nutzen daraus gezogen haben;
31. ist der Auffassung, dass der Dialog und der Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten für die Verbesserung und Entwicklung der einheitlichen Ansprechstellen sehr wichtig sind; betont, dass in jenen Ländern dringend gehandelt werden muss, in denen es noch keine einheitlichen Ansprechpartner gibt oder diese nicht ordnungsgemäß funktionieren; fordert, die meisten Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zu intensivieren, damit alle Verfahren und Formalitäten über die einheitlichen Ansprechpartner abgewickelt werden können;
32. fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Webseiten der einheitlichen Ansprechpartner auf nationaler Ebene über die neuen Auskunftspflichten informieren, die von den Dienstleistungserbringern zum Nutzen der Verbraucher eingehalten werden müssen;
33. fordert die Mitgliedstaaten auf, der Kommission regelmäßig die statistischen Vergleichsdaten zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um die Funktionsweise der einheitlichen Ansprechpartner und deren Auswirkungen auf nationaler und europäischer Ebene, insbesondere auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen, zu bewerten; fordert die Kommission auf, eindeutige Kriterien für die Bewertung der einheitlichen Ansprechpartner zu erstellen; ist der Auffassung, dass sich diese Kriterien sowohl aus quantitativen als auch aus qualitativen Faktoren zusammensetzen sollten;
34. stellt fest, dass einige Mitgliedstaaten eine Reihe von rechtlichen und technischen Problemen in Angriff nehmen müssen, um die grenzüberschreitende Inanspruchnahme der einheitlichen Ansprechpartner zu gestatten; fordert die betreffenden Mitgliedstaaten auf, die notwendigen Maßnahmen unter besonderer Berücksichtigung der Anerkennung von elektronischen Unterschriften zu ergreifen; fordert die Kommission auf, die laufenden Bemühungen zur Förderung der Interoperabilität und gegenseitigen Anerkennung von elektronischen Verfahren zu intensivieren und die erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen zur Erleichterung der grenzüberschreitenden Inanspruchnahme der einheitlichen Ansprechpartner zu ergreifen; empfiehlt der Kommission, den Dienstleistungserbringern in allen Amtssprachen der Union einen direkten elektronischen Link zu den einheitlichen Ansprechpartnern der Mitgliedstaaten anzubieten;
35. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die Bemühungen um die Gewährleistung der uneingeschränkten elektronischen Interoperabilität der einheitlichen Ansprechpartner zu verstärken; unterstreicht die Verknüpfung mit Vorschlag 22 der Binnenmarktakte zu e-Unterschriften, e-Authentifizierung und e-Identifizierung;
36. verweist darauf, dass die Mitgliedstaaten die Verpflichtung haben, eine Risikobewertung vorzunehmen, um sicherzustellen, dass die Unternehmen nicht mit einer übermäßigen Belastung konfrontiert sind, wenn sie ihre Verfahren elektronisch erledigen wollen; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob es Unternehmen ermöglicht werden kann, ihre eigenen nationalen Mittel zur elektronischen Identifizierung/Authentifizierung einzusetzen, wenn sie die einheitlichen Ansprechpartner in anderen Mitgliedstaaten in Anspruch nehmen;
37. ist der Ansicht, dass angesichts des komplexen Charakters der Rechtsvorschriften jeder Bürger die Möglichkeit haben muss, die zuständigen Behörden zu konsultieren, um eine genaue Antwort auf seine Anfragen zu erhalten; ist der Auffassung, dass daher sowohl auf dem Gebiet des Arbeitsrechts als auch in der Sozialversicherung das Konzept der vorgreifenden Verwaltungserlasse ausgebaut werden muss, um die Rechtsunsicherheit zu bekämpfen; ist ferner der Ansicht, dass die getroffenen Entscheidungen veröffentlicht werden müssen, damit Transparenz gewährleistet ist;
Administrative Zusammenarbeit
38. verweist auf die Bedeutung der Bestimmungen über die Verwaltungszusammenarbeit und die gegenseitige Amtshilfe; ist der Auffassung, dass die Umsetzung dieser Bestimmungen eine Voraussetzung für die Gewährleistung einer effektiven Kontrolle der Dienstleistungserbringer und die Erbringung qualitativ hochwertiger und sicherer Dienstleistungen in der Europäischen Union bildet;
39. begrüßt die zunehmende Zahl von Anmeldungen von für die Kontrolle von Dienstleistungen zuständigen nationalen Behörden zum Binnenmarkt-Informationssystem (BIS), das einen unmittelbaren, schnellen und wirksamen Informationsaustausch ermöglicht; ist der Auffassung, dass das BIS für andere einschlägige Richtlinien genutzt werden kann;
40. ist der Auffassung, dass das Informationssystem für den Binnenmarkt und die einheitlichen Ansprechpartner ein hohes Maß an Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Behörden erfordern und dadurch einer weiteren Interoperabilität und Vernetzung auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene in der gesamten EU den Weg ebnen können; ist der Auffassung, dass bei der Festlegung von Regeln und Verfahren, um ihr Funktionieren zu gewährleisten, eine gewisse Flexibilität gegeben sein muss, um den regionalen Unterschieden innerhalb der EU Rechnung zu tragen, und dass die Maßnahmen deshalb partnerschaftlich und auf der Grundlage einer wirklichen Debatte auf lokaler und regionaler Ebene angenommen werden sollten;
41. hält die Zusammenarbeit im Rahmen eines europäischen Netzes der öffentlichen Verwaltungen der Mitgliedstaaten und einen Informationsaustausch über die Zuverlässigkeit von Dienstleistungserbringern für nützlich, um zusätzliche Kontrollen bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten abbauen zu können;
42. hebt hervor, dass für Beamte aus nationalen und regionalen Behörden, die für die Dienstleistungsaufsicht zuständig sind, Schulungen entwickelt werden müssen; erkennt die Bemühungen an, die die Mitgliedstaaten diesbezüglich bereits unternommen haben, und fordert die Mitgliedstaaten auf, die nationalen BIS-Netze weiter zu konsolidieren, indem sie deren praktische Tätigkeit kontinuierlich überwachen und eine angemessene Weiterbildung sicherstellen; verweist darauf, dass der nachhaltige Erfolg des BIS von angemessenen Investitionen auf der Ebene der Gemeinschaft abhängt; fordert die Kommission deshalb auf, zu diesem Zweck ein mehrjähriges Programm aufzulegen und sämtliche Mittel zu mobilisieren, die für eine ordnungsgemäße Durchführung des Programms erforderlich sind;
43. ist der Auffassung, dass die Verwaltungsverfahren effizienter werden müssen; hält es in diesem Zusammenhang für nützlich, dass eine enge Kooperation zwischen den einheitlichen Ansprechpartnern geschaffen wird, so dass die Erfahrungen im Bereich der grenzüberschreitenden Dienstleistungen in den verschiedenen Regionen Europas ausgetauscht werden können;
Anwendungsbereich
44. weist darauf hin, dass eine Reihe von Bereichen, einschließlich der nicht-wirtschaftlichen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, der Gesundheitsdienstleistungen und des überwiegenden Teils der sozialen Dienstleistungen, vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen sind; weist ferner drauf hin, dass die Richtlinie keine Anwendung auf das Arbeitsrecht findet und auch die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten im Bereich der sozialen Sicherheit nicht von ihr berührt werden;
45. nimmt die in einigen Mitgliedstaaten geführte Debatte über die Dienstleistungen zur Kenntnis, die vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen sind; nimmt zur Kenntnis, dass die Mehrheit der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie keine signifikanten Probleme im Zusammenhang mit dem Geltungsbereich der Richtlinie hatte; erinnert daran, dass diese Dienstleistungen aufgrund ihrer speziellen Natur vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen wurden und dass in manchen Fällen eine sektorspezifische europäische Regelung erforderlich sein könnte; nimmt zur Kenntnis, dass in der Mitteilung der Kommission „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte“ für 2011 ein Maßnahmenpaket zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse angekündigt wird;
46. fordert, dass die Anwendung der in der Richtlinie festgelegten Einschränkungen in Bezug auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse angemessen und gründlich überwacht wird, wobei gleichzeitig der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der EU und den Mitgliedsaaten Rechnung zu tragen ist; weist darauf hin, dass diese Richtlinie nicht das Recht der Mitgliedstaaten berührt, im Einklang mit dem EU-Recht festzulegen, welche Leistungen sie als von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erachten, wie diese Dienstleistungen unter Beachtung der Vorschriften über staatliche Beihilfen organisiert und finanziert werden sollten und welchen spezifischen Verpflichtungen sie unterliegen sollten;
47. fordert, dass das Grundprinzip der kommunalen Selbstverwaltung auch bei der Umsetzung der Richtlinie stärkere Berücksichtigung findet und bürokratische Verwaltungslasten und Einschränkungen der Entscheidungsbefugnisse der lokalen Ebene in Bezug auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse weitestgehend vermieden werden;
48. ist der Auffassung, dass sich die zusätzlichen Maßnahmen, die für die Vollendung des Binnenmarkts für Dienstleistungen erforderlich sind, in den durch die Diskussion über die Binnenmarktakte vorgegebenen Rahmen einfügen müssen;
o o o
49. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.