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Verfahren : 2011/2572(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B7-0135/2011

Aussprachen :

PV 17/02/2011 - 10.2
CRE 17/02/2011 - 10.2

Abstimmungen :

PV 17/02/2011 - 11.2

Angenommene Texte :

P7_TA(2011)0073

Angenommene Texte
PDF 136kWORD 41k
Donnerstag, 17. Februar 2011 - Straßburg
Jemen: Todesstrafe für jugendliche Straftäter, besonders der Fall Muhammed Taher Thabet Samoum
P7_TA(2011)0073RC-B7-0135/2011

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Februar 2011 zu Jemen: Strafverfolgung von minderjährigen Straftätern, insbesondere der Fall Mohammed Taher Thabet Samoum

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Februar 2010 zur Lage in Jemen(1),

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen über die Rechte des Kindes (UNCRC) und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR), zu deren Vertragsstaaten Jemen gehört,

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Abschaffung der Todesstrafe, insbesondere seine Entschließung vom 7. Oktober 2010 zum Internationalen Tag gegen die Todesstrafe(2),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Dezember 2010 zu dem Jahresbericht zu Menschenrechten in der Welt 2009 und zu der Politik der Europäischen Union in diesem Bereich(3),

–  unter Hinweis auf das Strategiepapier der Europäischen Gemeinschaft zu Jemen für den Zeitraum 2007–2013,

–  unter Hinweis auf die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedeten Resolutionen 65/206 vom 21. Dezember 2010 zu einem Moratorium für die Anwendung der Todesstrafe, 62/149 vom 18. Dezember 2007 zu einem Moratorium für die Anwendung der Todesstrafe und 63/168 vom 18. Dezember 2008 zur Umsetzung der Resolution 62/149,

–  unter Hinweis auf die 2008 in Alexandria angenommene Erklärung, in der die Regierungen der Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas (MENA) aufgefordert werden, als ersten Schritt hin zur Abschaffung der Todesstrafe ein Moratorium für Hinrichtungen in Kraft zu setzen,

–  unter Hinweis auf die revidierte und aktualisierte Fassung der EU-Leitlinien zur Todesstrafe, die am 16. Juni 2008 vom Rat angenommen wurde,

–  gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.  unter Hinweis darauf, dass im Jemen ähnlich wie in anderen arabischen Ländern, vor allem in Tunesien und Ägypten, in den letzten Wochen bei Demonstrationen mehr Demokratie und Reformen des Staates gefordert wurden; unter Hinweis darauf, dass zahlreiche Demonstranten angegriffen oder von den Sicherheitskräften in Gewahrsam genommen worden sind,

B.  unter Hinweis darauf, dass das Strafgericht in Ibb im September 2001 die Todesstrafe gegen Mohammed Taher Thabet Samoum verhängte, nachdem er wegen eines Mordes verurteilt worden war, den er im Juni 1999 begangen haben soll, als er mutmaßlich das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte; unter Hinweis darauf, dass das Todesurteil im Mai 2005 wegen einer fehlenden Geburtsurkunde von einem Berufungsgericht ausgesetzt wurde, vom Obersten Gerichtshof im April 2010 bestätigt wurde und mittlerweile vom Präsidenten Jemens unterzeichnet worden ist; unter Hinweis darauf, dass die Hinrichtung von Mohammed Taher Thabet ursprünglich für den 12. Januar 2011 geplant war, dass ihm jedoch vom Generalstaatsanwalt Jemens ein befristeter Aufschub gewährt wurde,

C.  unter Hinweis darauf, dass gegen Fuad Ahmed Ali Abdulla die Todesstrafe verhängt wurde, nachdem er wegen eines Mordes verurteilt worden war, den er angeblich begangen haben soll, als er noch keine 18 Jahre alt war, obwohl diese Vermutung vom Gericht zurückgewiesen wurde; unter Hinweis darauf, dass seine für den 19. Dezember 2010 geplante Hinrichtung im Anschluss an entsprechende Appelle der internationalen Gemeinschaft – insbesondere der EU – und seines Anwalts ausgesetzt wurde,

D.  in der Erwägung, dass die Todesstrafe die grausame, unmenschliche und entwürdigende Bestrafung schlechthin ist und gegen das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankerte Recht auf Leben verstößt,

E.  in der Erwägung, dass Jemen Vertragspartei des UNCRC und des ICCPR ist; unter Hinweis darauf, dass in beiden Dokumenten ausdrücklich die Hinrichtung von Personen untersagt wird, die wegen Straftaten verurteilt wurden, welche sie vor Vollendung des 18. Lebensjahres begangen haben; unter Hinweis darauf, dass die Verhängung der Todesstrafe gegen minderjährige Straftäter auch in Artikel 31 des jemenitischen Strafgesetzbuchs ausdrücklich untersagt wird,

F.  unter Hinweis darauf, dass in Jemen im Jahre 2010 eine zweistellige Zahl von Hinrichtungen durchgeführt wurde; unter Hinweis darauf, dass sich Berichten von Menschenrechtsorganisationen zufolge Hunderte von Häftlingen im Todestrakt befinden sollen,

G.  unter Hinweis darauf, dass es Jemen an angemessenen Instrumenten fehlt, um das Alter von Angeklagten ohne Geburtsurkunde zu bestimmen, einschließlich der erforderlichen gerichtsmedizinischen Einrichtungen und des notwendigen Personals,

H.  in der Erwägung, dass hinsichtlich der Entwicklungen in Jemen in den Bereichen Demokratie, Menschenrechte und Unabhängigkeit der Justiz schwerwiegende Bedenken bestehen; unter Hinweis darauf, dass es Fälle der Verfolgung von Journalisten und Menschenrechtsaktivisten gibt; unter Hinweis darauf, dass die Lage von Frauen besonders schwierig ist, was darin zum Ausdruck kommt, dass sich für sie der Zugang zur Bildung weiter verschlechtert und sie nicht aktiv am politischen Leben teilnehmen,

I.  in der Erwägung, dass die Europäische Union entschieden für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe eintritt und die weltweite Anerkennung dieses Grundsatzes anstrebt,

J.  unter Hinweis darauf, dass 2010 einschlägigen Berichten zufolge nur ein Land einen minderjährigen Straftäter hingerichtet hat, während es 2009 noch drei Länder waren; unter Hinweis darauf, dass Jemen beträchtliche Fortschritte erzielt hat, was das Verbot der Vollstreckung der Todesstrafe gegen jugendliche Straftäter beträgt; unter Hinweis darauf, dass dies große Hoffnungen weckt, dass die Hinrichtung von minderjährigen Straftätern demnächst weltweit per Gesetz und in der Praxis geächtet wird,

1.  bekundet seine tiefe Besorgnis über die lange anhaltenden politischen sowie sozialen und wirtschaftlichen Probleme im Jemen und fordert beträchtliche Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, um einer Eskalation der gegenwärtigen Krise vorzubeugen;

2.  bekundet seine Solidarität mit den Demonstranten, die demokratische Reformen und verbesserte Lebensbedingungen einfordern; begrüßt in diesem Zusammenhang die Ankündigung von Präsident Saleh, im Jahre 2013 zurückzutreten und fordert die Regierungsstellen auf, sämtlicher Gewalt gegen friedliche Demonstranten ein Ende zu bereiten und alle Demonstranten, die ihren Protest auf friedliche Weise bekundet haben, frei zu lassen;

3.  verurteilt alle Hinrichtungen unabhängig vom Ort ihrer Vollstreckung und betont erneut, dass die Abschaffung der Todesstrafe zur Förderung der Menschenwürde und zur schrittweisen Entwicklung der Menschenrechte beiträgt;

4.  fordert den Präsidenten Jemens und die jemenitischen Behörden auf, von der Hinrichtung von Mohammed Taher Thabet Samoum abzusehen, und fordert die jemenitischen Regierungsstellen auf, die Todesurteile gegen Mohammed Taher Thabet Samoum und Fuad Ahmed Ali Abdulla umzuwandeln;

5.  fordert die jemenitische Regierung auf, der Hinrichtung von Personen für Straftaten, die sie mutmaßlich vor Vollendung des 18. Lebensjahres begangen haben, ein Ende zu setzen, da diese Strafe sowohl gegen jemenitisches Recht als auch gegen die Verpflichtungen Jemens nach internationalen Menschenrechtsübereinkommen verstößt;

6.  fordert die jemenitischen Regierungsstellen auf, Artikel 31 des jemenitischen Strafgesetzbuches zu achten, wonach Straftaten, die von Personen unter 18 Jahren begangen werden, nicht mit der Todesstrafe geahndet werden;

7.  fordert die jemenitischen Regierungsstellen auf, die international anerkannten rechtlichen Schutzvorkehrungen für Minderjährige zu achten, wie den ICCPR und das UNCRC über die Rechte des Kindes;

8.  fordert die jemenitischen Regierungsstellen auf, eine allgemeine Eintragung bei der Geburt einzuführen sowie die Verfahren zur Bestimmung des Alters von Angeklagten, die keine Geburtsurkunde vorlegen können, zu verbessern;

9.  unterstreicht die Notwendigkeit von Reformen in Jemen, wie sie von zahlreichen Demonstranten eingefordert werden, um die Lebensbedingungen für die Bevölkerung zu verbessern und freie und faire Wahlen, die Achtung der Menschenrechte, insbesondere die Freiheit der Medien, und das Recht auf ein faires Verfahren sowie die Gleichbehandlung von Männern und Frauen sicherzustellen;

10.  fordert den Rat und die Kommission auf, insbesondere nach der Einrichtung des Europäischen Auswärtigen Dienstes zügig einen koordinierten und umfassenden Ansatz der EU gegenüber Jemen umzusetzen;

11.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem EAD, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Präsidenten der Generalversammlung der Vereinten Nationen, den Regierungen der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen sowie der Regierung und dem Präsidenten der Republik Jemen.

(1) ABl. C 341 E vom 16.12.2010, S. 14.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2010)0351.
(3) Angenommene Texte, P7_TA(2010)0489.

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