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Verfahren : 2011/2573(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B7-0133/2011

Aussprachen :

PV 17/02/2011 - 10.3
CRE 17/02/2011 - 10.3

Abstimmungen :

PV 17/02/2011 - 11.3
CRE 17/02/2011 - 11.3

Angenommene Texte :

P7_TA(2011)0074

Angenommene Texte
PDF 130kWORD 44k
Donnerstag, 17. Februar 2011 - Straßburg
Uganda: Ermordung von David Kato
P7_TA(2011)0074RC-B7-0133/2011

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Februar 2011 zum Mord an David Kato in Uganda

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die internationalen Verpflichtungen und Übereinkommen im Bereich der Menschenrechte, einschließlich der in den Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen und in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten enthaltenen Verpflichtungen, die die Menschenrechte und Grundfreiheiten garantieren und Diskriminierung verbieten,

–  unter Hinweis auf das Partnerschaftsabkommen zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits, unterzeichnet am 23. Juni 2000 in Cotonou (Abkommen von Cotonou) und geändert am 23. Juni 2010 in Ouagadougou, und die darin enthaltenen Menschenrechtsklauseln, insbesondere Artikel 8,

–  unter Hinweis auf die Artikel 6, 7 und 21 des Vertrags über die Europäische Union (EUV), welche die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten zur Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten verpflichten und Mittel zur Bekämpfung von Diskriminierung und Menschenrechtsverletzungen auf EU-Ebene vorsehen,

–  unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere deren Artikel 21, der Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Ausrichtung untersagt,

–  unter Hinweis auf alle Maßnahmen der Europäischen Union zur Bekämpfung der Homophobie und der Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Ausrichtung,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Homophobie, Minderheitenschutz und Antidiskriminierungspolitik,

–  unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 17. Dezember 2009 zu dem Entwurf eines Gesetzes zum Verbot von Homosexualität in Uganda(1) und vom 16. Dezember 2010 zu Uganda: der sogenannte „Bahati-Gesetzentwurf“ und die Diskriminierung von lesbischen, schwulen, bisexuellen und transsexuellen Personen(2),

–  unter Hinweis auf die Erklärungen der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, und des Präsidenten des Europäischen Parlaments, Jerzy Buzek, zum Internationalen Tag gegen Homophobie vom 17. Mai 2010,

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Parlamentarischen Versammlung der AKP vom 28. September 2010 zur friedlichen Koexistenz der Religionen und zur Bedeutung des Phänomens der Homosexualität in der Partnerschaft EU-AKP,

–  unter Hinweis auf die Erklärung vom 6. Dezember 2010, die als Antwort auf die Erklärung der AKP von europäischen Mitgliedern der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU aus den Fraktionen PPE, S&D, ALDE, Verts/ALE und GUE/NGL des Europäischen Parlaments abgegeben wurde,

–  unter Hinweis auf die Entschließung der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU vom 3. Dezember 2009 zur sozialen und kulturellen Integration und Teilhabe von Jugendlichen,

–  gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass David Kato Kisule, Menschenrechtsaktivist und führende Persönlichkeit der Organisation „Sexual Minorities Uganda“ (SMUG), die sich für die Rechte von Schwulen und Lesben einsetzt, sowie ganz allgemein der ugandischen Gemeinschaft der Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen, am 26. Januar 2011 in Uganda auf brutale Weise ermordet wurde,

B.  in der Erwägung, dass David Kato einen Rechtsstreit gegen die örtliche Boulevardzeitung „Rolling Stone“ angestrengt hatte, die am 9. Oktober und 15. November 2010 die Namen, persönlichen Daten und Fotos von über einhundert angeblich homosexuellen Personen, darunter David Kato, veröffentlicht und ihre Leser aufgefordert hatte, diesen Personen Schaden zuzufügen oder sie zu hängen, und dass er diesen Rechtsstreit gewonnen hat,

C.  in der Erwägung, dass der Oberste Gerichtshof Ugandas am 3. Januar 2011 geurteilt hat, dass die Zeitung „Rolling Stone“ das grundlegende, von der Verfassung garantierte Recht aller Bürger auf Würde und Privatsphäre verletzt habe und dass selbst die derzeit gültigen ugandischen Gesetze zur Bekämpfung der Homosexualität nicht im Sinne einer Billigung von Gewalt gegen Homosexuelle oder einer Billigung der Ermordung Homosexueller verstanden werden könnten, sowie in der Erwägung, dass sich David Kato nach seinem Sieg vor Gericht über eine Zunahme der Drohungen und Drangsalierungen beklagt hat,

D.  in der Erwägung, dass der Ko-Präsident der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU, die Vorsitzende des Unterausschusses Menschenrechte des Europäischen Parlaments, der Präsident des Europäischen Parlaments, die Leiter der EU-Mission in Kampala, der Präsident und die Außenministerin der Vereinigten Staaten, die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte und andere führende Persönlichkeiten der internationalen Gemeinschaft David Kato als Menschenrechtsaktivist gewürdigt und die staatlichen Stellen in Uganda aufgefordert haben, den oder die Täter vor Gericht zu stellen,

E.  in der Erwägung, dass das Europäische Parlament, internationale nichtstaatliche Organisationen sowie Regierungsvertreter aus den Vereinigten Staaten und der EU wiederholt ihre Besorgnis über die Lage der Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen in Uganda, über andauernde Diskriminierung und Verfolgung sowie über die Anstachelung zu Hass auf Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle durch öffentliche und private Personen und Organisationen in Uganda zum Ausdruck gebracht haben,

F.  in der Erwägung, dass die Organisation, der David Kato angehört hat, sich öffentlich gegen den Entwurf eines Gesetzes zum Verbot von Homosexualität gewandt hat, den der Abgeordnete David Bahati am 25. September 2009 im ugandischen Parlament eingereicht hatte und der für homosexuelle Handlungen Haftstrafen zwischen sieben Jahren und lebenslänglich oder sogar die Todesstrafe vorsieht, in der Erwägung, dass der Gesetzentwurf Haftstrafen von bis zu drei Jahren vorsieht, wenn die Homosexualität eines Kindes oder eines Patienten nicht gemeldet wird, sowie in der Erwägung, dass dieser Gesetzentwurf noch geprüft wird,

G.  in der Erwägung, dass die Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen in Uganda sowie diejenigen, deren Bilder und persönliche Daten in der Zeitung „Rolling Stone“ erschienen sind und deren persönliche Angaben danach im Radio und im Fernsehen vorgelesen wurden, sich nun ernsthaft in Gefahr befinden, verfolgt zu werden, und in den meisten Fällen nun obdachlos und arbeitslos sind sowie öffentliche Plätze meiden und sich vor den Blicken der Öffentlichkeit verstecken müssen,

H.  in der Erwägung, dass Homosexualität in Afrika nur in 13 Ländern nicht unter Strafe gestellt und in 38 Ländern als Straftat betrachtet wird, in der Erwägung, dass Homosexualität in Mauretanien, in Somalia, in Sudan und im nördlichen Teil Nigerias mit dem Tode bestraft wird, in der Erwägung, dass unter anderem politische und extremistische religiöse Führer zu Gewalt gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle aufrufen, während die Behörden Straftaten gegen Personen wegen deren sexueller Ausrichtung tolerieren und ungestraft lassen, sowie in der Erwägung, dass Diskriminierung, willkürliche Verhaftungen und Misshandlungen aufgrund der sexuellen Ausrichtung ständig zunehmen,

1.  verurteilt den brutalen Mord an dem ugandischen Menschenrechtsaktivisten David Kato Kisule auf das Schärfste;

2.  fordert die staatlichen Stellen in Uganda auf, eine gründliche und unparteiische Untersuchung dieses Mordes vorzunehmen und die Täter vor Gericht zu stellen sowie bei allen Fällen von Verfolgung, Diskriminierung und Gewalt gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle in derselben Weise zu verfahren; fordert die ugandischen Behörden auf, die Personen, die öffentlich zur Ermordung von David Kato aufgerufen haben, sowie deren Organisationen, deren Rolle und deren Finanzierung zu ermitteln;

3.  bedauert, dass die Regierung Ugandas nicht zu den diskriminierenden Äußerungen über Homosexuelle Stellung nimmt, und weist sie auf ihre Verpflichtungen nach dem Völkerrecht und dem Abkommen von Cotonou hin, insbesondere auf die Pflicht, alle Menschen – unabhängig von deren sexueller Ausrichtung oder Geschlechtsidentität – vor Drohungen oder Gewalt zu schützen;

4.  weist erneut darauf hin, dass im Hinblick auf die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 18. Februar 2011 jegliches Vorgehen gegen Homosexualität klar und deutlich missbilligt werden muss und dass geeignete Maßnahmen ergriffen werden müssen, um homophoben Pressekampagnen und Aufrufen zu Hass auf Minderheiten oder Rechtfertigungen dafür, die auf der geschlechtlichen oder sexuellen Ausrichtung beruhen, ein Ende zu bereiten;

5.  fordert die Regierung Ugandas auf zu gewährleisten, dass Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle sowie alle anderen Minderheiten in Uganda angemessen gegen Gewalt geschützt werden, und umgehend Maßnahmen gegen jede Art von Drohungen oder Hassreden zu ergreifen, die zu Gewalt, Diskriminierung oder Feindseligkeit gegenüber Minderheiten führen könnten;

6.  verurteilt folglich – und zum wiederholten Male – den „Bahati-Gesetzentwurf“ zum Verbot von Homosexualität und fordert das Parlament Ugandas auf, Homosexualität zu entkriminalisieren und den Einsatz der Todesstrafe unter allen Umständen abzulehnen; schließt sich dem Aufruf des Generalsekretärs der Vereinten Nationen , Ban Ki-moon, vom 10. Dezember 2010 zu einer weltweiten Entkriminalisierung der Homosexualität an;

7.  verurteilt jeglichen Versuch, zu Hass auf Minderheiten aufzurufen oder für Gewalt gegen Minderheiten einzutreten, einschließlich aus Gründen der geschlechtlichen oder sexuellen Ausrichtung; schließt sich dem Aufruf von David Katos Organisation SMUG und anderer Organisationen an Regierung, politische und religiöse Führer und Medien an, die Dämonisierung sexueller Minderheiten und die Schaffung eines Klimas der Gewalt gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle zu beenden;

8.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, diejenigen, die sich für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen einsetzen, in ihr Programm zur Unterstützung von Menschenrechtsaktivisten einzubeziehen; fordert alle nichtstaatlichen Organisationen in Uganda auf, mit der ugandischen Menschenrechtskoalition – und auch mit Organisationen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen – zusammenzuarbeiten;

9.  fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass bei ihrer Außenpolitik, einschließlich ihrer Politik der Zusammenarbeit und Entwicklung, gegenüber Drittstaaten – ob gegenüber Regierungen oder nichtstaatlichen Organisationen – die Menschenrechtslage aller Minderheiten, auch von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen, gebührend berücksichtigt wird, und zu gewährleisten, dass greifbare Fortschritte auf diesem Gebiet erzielt werden; fordert die Kommission, den Rat und den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, den Maßnahmenkatalog zur Förderung und zum Schutz der Ausübung aller Menschenrechte durch Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle in den Beziehungen zu Uganda uneingeschränkt anzuwenden, die Verteidiger der Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen in Uganda umfassend zu schützen und deren Tätigkeiten zu unterstützen; fordert die Kommission auf, diese Themen in den Fahrplan zur Bekämpfung der Homophobie, zu dessen Ausarbeitung das Europäische Parlament die Kommission aufgefordert hat(3), einzubeziehen;

10.  ist äußerst besorgt darüber, dass internationale Geber, internationale Organisationen, nichtstaatliche Organisationen, humanitäre Organisationen und Ärzte ihre Tätigkeiten in bestimmten Bereichen überdenken oder einstellen müssten, falls der Gesetzentwurf angenommen wird, und stellt fest, dass Deutschland beschlossen hat, die Hälfte seiner 33 Millionen USD Auslandshilfe für Malawi aufgrund der Kriminalisierung der Homosexualität und der Einschränkung der Pressefreiheit zurückzuhalten, und dass danach auch die Vereinigten Staaten beschlossen haben, 350 Millionen USD Auslandshilfe für Malawi nicht auszuzahlen, wenn nicht weitere Gespräche über die Gesetze zur Einschränkung individueller Freiheiten geführt werden;

11.  bekräftigt sein Bekenntnis zu den allgemeinen Menschenrechten, weist erneut darauf hin, dass die sexuelle Ausrichtung unter das individuelle Recht auf Privatsphäre fällt, das durch die internationalen Menschenrechtnormen garantiert wird, denen zufolge Gleichstellung und Nichtdiskriminierung geschützt werden sollten und die Meinungsfreiheit garantiert werden sollte, und erinnert die Regierung Ugandas an ihre Verpflichtungen nach dem Völkerrecht und dem Abkommen von Cotonou, das zur Achtung der allgemeinen Menschenrechte aufruft;

12.  fordert die Mitgliedstaaten und die EU-Organe auf, den Grundsatz neu zu formulieren, nach dem für Menschen, denen Verfolgung droht, die Gewährung des Flüchtlingsstatus in Betracht gezogen werden sollte;

13.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Präsidenten der Republik Uganda, dem Präsidenten des ugandischen Parlaments, der Ostafrikanischen Legislativversammlung sowie der Afrikanischen Union und ihren Organen zu übermitteln.

(1) ABl. C 286 E vom 22.10.2010, s. 25.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2010)0495.
(3) Ziffer 7 der Entschließung P7_TA(2011)0019 vom 19. Januar 2011.

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