Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. März 2011 zum Prozess der Integration Montenegros in die Europäische Union
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Beschluss des Europäischen Rates vom 17. Dezember 2010, Montenegro den Status eines Bewerberlandes zuzuerkennen,
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Stellungnahme der Kommission zum Antrag Montenegros auf Beitritt zur Europäischen Union (KOM(2010)0670),
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat – Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen für den Zeitraum 2010-2011 (KOM(2010)0660),
– in Kenntnis des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens vom 29. März 2010 zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Montenegro andererseits(1),
– in Kenntnis des Rückübernahmeabkommens EU-Montenegro vom 8. November 2007(2) und der Verordnung (EG) Nr. 1244/2009 des Rates vom 30. November 2009, angenommen am 1. Dezember 2009, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind(3),
– unter Hinweis auf die Empfehlungen des Parlamentarischen Stabilisierungs- und Assoziierungsausschusses EU-Montenegro vom 27./28. September 2010,
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der Europäische Rat vom 19./20. Juni 2003 bekräftigt hat, dass die Zukunft der westlichen Balkanländer in der Europäischen Union liegt; in der Erwägung, dass der Europäische Rat von Brüssel diese Erklärung auf seinem Gipfeltreffen vom 15./16. Juni 2006 und den darauf folgenden Gipfeltreffen bekräftigt hat,
1. begrüßt, dass die Regierung und die Opposition in Montenegro sich generell für die Integration des Landes in die Europäische Union aussprechen und dieser Frage hohe Priorität einräumen, was dazu geführt hat, dass Montenegro seit seiner Unabhängigkeit erhebliche Fortschritte bei den Reformen erzielt hat; begrüßt die neue politische Führung in Podgorica und fordert die neue Regierung auf, den Prozess der Integration Montenegros in die Europäische Union fortzuführen und die Reformen, die zur Erfüllung der Kriterien von Kopenhagen führen, zu beschleunigen;
2. begrüßt den Beschluss des Europäischen Rates vom 17. Dezember 2010, Montenegro den Status eines Bewerberlandes zuzuerkennen; bedauert jedoch, dass der Kandidatenstatus von dem Recht abgekoppelt wird, die Verhandlungen aufzunehmen, und weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Entscheidung, die Verhandlungen einzuleiten, nicht ungebührlich und aus nicht nachvollziehbaren Gründen vertagt werden darf; geht davon aus, dass die Verhandlungen spätestens nach der Veröffentlichung des Fortschrittsberichts 2011 der Kommission beginnen, vorausgesetzt, Montenegro kann bei der Erfüllung der Auflagen der Kommission gute Fortschritte nachweisen;
3. begrüßt den Beschluss des Rates über die Visumbefreiung, durch die es den Bürgerinnen und Bürgern Montenegros seit dem 19. Dezember 2009 möglich ist, visumfrei in den Schengen-Raum der EU einzureisen; weist mit Nachdruck darauf hin, wie wichtig ein solcher Schritt für die Entwicklung der zwischenmenschlichen Kontakte ist, insbesondere in den Bereichen Bildung, Forschung, Fremdenverkehr, für die Geschäftsbeziehungen und die internationale Zusammenarbeit zwischen den Gewerkschaften; fordert die EU-Länder, die nicht dem Schengen-Raum angehören, auf, eine vergleichbare liberalisierte Visumregelung für die Bürger Montenegros zu erlassen, insbesondere angesichts der reibungslosen Umsetzung der Liberalisierung der Visumbestimmungen mit den EU-Ländern, die dem Schengen-Raum angehören;
4. zeigt sich erfreut darüber, dass die Schaffung des Rechts- und Verfassungsrahmens des Landes nahezu fertig gestellt ist; weist jedoch darauf hin, dass die Frist für die Angleichung des geltenden Rechtssystems an die neue Verfassung jetzt zum vierten Mal verlängert wurde, und fordert die staatlichen Stellen auf, die noch ausstehenden Rechtsvorschriften rasch zu verabschieden, insbesondere die Änderungen zum Rechtsrahmen für die Wahlen; fordert alle Parteien auf, umgehend zu einem Konsens über den Gesetzentwurf zu gelangen, der den Empfehlungen des OSZE/BDIMR und der Venedig-Kommission entspricht, und die Mechanismen zur Überprüfung der Beschwerden im Zusammenhang mit den Wahlen durch die Wahlkommission oder die Gerichte zu verbessern; fordert das Parlament Montenegros auf, seine Kapazitäten in Bezug auf die Aufgabe der Prüfung, ob von der Regierung vorgeschlagene Gesetze mit dem Besitzstand übereinstimmen, dringend und in erheblichem Maße zu verstärken, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, in diesem Zusammenhang und im Rahmen des Instruments zur Vorbereitung auf den Beitritt die notwendige technische Unterstützung zu leisten; fordert die Regierung mit Nachdruck auf, den Prozess der Gesetzgebung transparenter zu gestalten und verstärkt öffentlich zugänglich zu machen;
5. nimmt mit Zufriedenheit zur Kenntnis, dass die IPA-Hilfe in Montenegro gut funktioniert; fordert sowohl die Regierung Montenegros als auch die Kommission auf, das Verwaltungsverfahren für die Beantragung von IPA-Mitteln zu vereinfachen, damit diese für kleinere und dezentral organisierte Bürgerorganisationen, Gewerkschaften und andere Empfänger einfacher zugänglich sind;
6. bekräftigt, wie wichtig die Rechtsstaatlichkeit für die Entwicklung des Landes und für die Glaubwürdigkeit der staatlichen Einrichtungen bei den Bürgern ist; begrüßt in diesem Zusammenhang dass Regierung und Parlament verstärkt an der Vorbereitung und Verabschiedung der notwendigen Rechtsvorschriften an den Tag gearbeitet haben; hält es jedoch für unbedingt notwendig, dass die Öffentlichkeit an der Entwicklung neuer Rechtsvorschriften beteiligt wird und dass diese auch effektiv umgesetzt werden, damit der Fortschritt für die Bürger sichtbar ist;
7. begrüßt die Initiative des montenegrinischen Parlaments, das Amt des Vorsitzenden der Staatlichen Wahlkommission zu professionalisieren, fordert jedoch, dass die Ämter der anderen Mitglieder dieses Organs ebenfalls professionalisiert werden und seine Kapazitäten aufgestockt werden, um eine transparente, demokratische und effiziente Handhabung des Wahlprozesses zu gewährleisten;
8. stellt fest, dass bei der Annahme wichtiger Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Korruption gute Fortschritte erzielt wurden, und begrüßt die Annahme einer neuen Strategie und eines Aktionsplans sowie die Einrichtung der Nationalen Kommission zu ihrer Umsetzung; weist jedoch mit Nachdruck darauf hin, dass nach wie vor in vielen Bereichen Korruption herrscht, vor allem im Bauwesen, bei der Privatisierung und bei der öffentlichen Auftragsvergabe, und dass dies ein ernsthaftes Problem darstellt; stellt darüber hinaus fest, dass die Bilanz in Bezug auf die Ermittlungen, Strafverfolgungen und abschließenden Verurteilungen in Korruptionsfällen immer noch sehr zu wünschen übrig lässt; hält es für außerordentlich wichtig, einen klar abgesteckten, umfassenden Rahmen zur Bekämpfung der Korruption zu schaffen, der nicht nur eine verbesserte Umsetzung des Gesetzes über den freien Zugang zur Information und eine verbesserte Koordinierung zwischen den Strafvollzugsbehörden, sondern auch eine Behörde umfasst, die allein dafür zuständig ist, die Verpflichtungen der Regierungsstellen zu überwachen und für deren Umsetzung zu sorgen und den Beschwerden der Öffentlichkeit nachzugehen (Ombudsmann); hält es für notwendig, die in diesem Bereich erlassenen Rechtsvorschriften effektiv umzusetzen, um den Strafvollzugsbehörden neue Instrumente zur Bekämpfung der Korruption an die Hand zu geben; hält eine Änderung des Rechtsrahmens für die Finanzierung der Parteien und der Wahlkampagnen für dringend notwendig, damit eine unabhängige Kontrolle und Transparenz der Finanzierungsmechanismen gewährleistet sind;
9. fordert ein energisches Vorgehen zur Beseitigung der Fälle von Interessenkonflikten in der öffentlichen Verwaltung, indem die für Interessenkonflikte zuständige Kommission gestärkt und mit den nötigen Befugnissen ausgestattet wird, damit sie Erklärungen von Beamten über ihre Vermögensverhältnisse prüfen und Unregelmäßigkeiten sanktionieren kann; fordert ebenfalls eine Abänderung des Gesetzes zur Vermeidung von Interessenkonflikten bei der Wahrnehmung öffentlicher Ämter, das es den Mitgliedern des Parlaments und anderen gewählten Vertretern erlaubt, Aufgaben als Mitglied von Leitungsorganen oder Aufsichtsbehörden wahrzunehmen, wobei dieser Konflikt in bestimmten Fällen durch vollständige Transparenz und eine Interessenerklärung der gewählten Vertreter zu lösen wäre;
10. weist darauf hin, dass das Gesetz über die Informationsfreiheit nur unter Schwierigkeiten umgesetzt wird, besonders wenn es um die Bereitstellung von Dokumenten geht, anhand derer Korruption im Bereich der Privatisierung und des öffentlichen Auftragswesens aufgedeckt werden könnte; fordert die Regierung mit Nachdruck auf, den Zugang zu wichtigen Daten zu erleichtern; fordert die staatlichen Stellen auf, die nichtstaatlichen Organisationen und die Akteure der Bürgergesellschaft im Allgemeinen, die Fälle von Korruption und organisierter Kriminalität untersuchen und eine Rolle als Kontrollinstanz spielen, nicht länger unter Druck zu setzen;
11. nimmt zur Kenntnis, dass bei der Reform der Justiz Fortschritte erzielt wurden, die sich darin äußern, dass wichtige Änderungen in der Strafprozessordnung und bei anderen wichtigen Rechtsvorschriften vorgenommen, die verfügbaren Humanressourcen aufgestockt wurden und der Überhang bei den anhängigen Rechtssachen abgebaut wurde; hält es jedoch für unbedingt notwendig, die Rechenschaftspflicht und Effizienz der Gerichte und Staatsanwälte und ihre Unabhängigkeit vor politischer Einflussnahme zu gewährleisten; hält es für unabdingbar, dass der Ethik-Kodex vollständig umgesetzt wird; fordert nachdrücklich, dass das System zur Ernennung von Richtern und Staatsanwälten geändert wird und dass die Praxis, nach der die Staatsanwälte und Mitglieder der Gremien von Richtern und Staatsanwälten ausschließlich vom Parlament mit einfacher Mehrheit und von der Regierung benannt werden, eingestellt wird; ist ferner besorgt darüber, dass die Ämter des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs und der Generalstaatsanwaltschaft potenziell mit einer übermäßigen Machtfülle verbunden sind; fordert die Annahme eines Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu unentgeltlichem Rechtsbehelf; fordert die Vereinheitlichung der Rechtsprechung, um ein vorhersehbares Justizsystem und das Vertrauen der Öffentlichkeit zu gewährleisten; hält es für dringend notwendig, dass die internationale Zusammenarbeit verbessert wird, besonders mit den Nachbarländern;
12. fordert Montenegro auf, die gemeinsamen Kriterien für die Ausbildung von Richtern und Staatsanwälten weiter zu verbessern, die vom Justizausbildungszentrum anzuwenden sind, und die erforderlichen Mittel zu diesem Zweck bereitzustellen;
13. fordert die Kommission auf, in ihren nächsten Fortschrittsbericht eine Bewertung der Auswirkungen und Ergebnisse aufzunehmen, die sich durch die Zuteilung von EU-Mitteln bei der Reform der Justiz und der Bekämpfung der Korruption ergeben haben;
14. weist mit Nachdruck darauf hin, dass die organisierte Kriminalität, vor allem Geldwäsche und Schmuggel, trotz der Verbesserungen beim Rechtsrahmen und dessen Umsetzung nach wie vor ein Problem darstellt; fordert die staatlichen Stellen auf, die Strafverfolgungskapazitäten zu stärken, insbesondere die Fähigkeit der Ermittlungsbehörden, von Amts wegen Untersuchungen einzuleiten, und die Koordinierung zwischen den diversen Organen und Ämtern sowie die Zusammenarbeit mit den entsprechenden Stellen der Nachbarländer und den internationalen Stellen zu verbessern, um Erfolge bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität aufweisen zu können; begrüßt die Annahme der Strafprozessordnung und fordert, dass diese rasch und angemessen umgesetzt wird;
15. begrüßt die Verbesserungen bei der Arbeit des Parlaments, empfiehlt jedoch weitere Anstrengungen, damit die hohe Qualität der erlassenen Rechtsvorschriften und ihre Übereinstimmung mit dem Besitzstand gewährleistet sind; fordert, dass intern mehr Mittel und mehr Personal bereitgestellt werden, und dass die EU das Parlament Montenegros verstärkt unterstützt, zum Beispiel durch Partnerschaften mit den Parlamenten der Mitgliedstaaten oder mit dem Europäischen Parlament, um die Kapazitäten der Mitglieder des Parlaments und seines Sekretariats zu erhöhen, was Überwachung und Kontrolle der Regierung betrifft, wie dies in der Stellungnahme der Kommission dargelegt ist;
16. fordert weitere Reformen der öffentlichen Verwaltung, die nach wie vor unterbesetzt und offen politisch beeinflusst ist, und fordert insbesondere eine Überprüfung des Gesetzes über Beamte und Staatsbedienstete, damit ein umfassendes und auf Verdiensten beruhendes Beschäftigungssystem eingeführt wird, das auch transparente Einstellungsregeln und Vorschriften zur Festlegung von Verfahren für die Beförderung enthält; hält es ebenfalls für notwendig, den Personalbestand der Verwaltungen auf lokaler Ebene aufzustocken und die notwendigen Mittel bereitzustellen, damit diese funktionieren, um so Effizienz und Transparenz zu gewährleisten, die vor allem im Hinblick auf den derzeitigen Prozess der Dezentralisierung wichtig sind; weist darauf hin, dass die rechtverbindlichen Beschlüsse der Behörde für Personalverwaltung zu achten sind; hält es für notwendig, den rechtlichen und institutionellen Rahmen zu verbessern, um die Rechenschaftspflicht und die Achtung der Rechtsstaatlichkeit in der öffentlichen Verwaltung zu stärken, insbesondere in Bereichen wie Steuerverwaltung, öffentliche Auftragsvergabe, Städteplanung, Erteilung von Genehmigungen in der lokalen Verwaltung und beim Zoll; begrüßt die Eröffnung der Regionalen Schule für öffentliche Verwaltung in Danilovgrad;
17. begrüßt die Annahme des allgemeinen Gesetzes über ein Verbot von Diskriminierung am Arbeitsplatz oder bei öffentlichen Dienstleistungen, wobei Unterscheidung aus jedem anderen Grund als der Verdienst zu verbieten ist, und ist der Auffassung, das dies ein wichtiger Schritt bei der Schaffung eines Rechtsrahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung ist; stellt jedoch fest, dass es im Gesetz möglicherweise noch Mängel gibt und fordert, dass diese behoben werden; weist mit Nachdruck darauf hin, dass schutzbedürftige Gruppen wie etwa Roma, Aschkali, Ägypter und Personen mit Behinderungen angeblich nach wie vor diskriminiert werden, und dass Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung und der Geschlechtsidentität immer noch weit verbreitet ist; fordert die staatlichen Stellen Montenegros auf, die Durchführungsmechanismen zur Verhütung, Beobachtung, Sanktionierung und strafrechtlichen Verfolgung von Diskriminierung zu stärken; ist besorgt darüber, dass die Arbeitnehmerrechte von Menschen mit Behinderung nicht uneingeschränkt geachtet werden, und begrüßt in diesem Zusammenhang die vom Gewerkschaftsbund Montenegros (CTUM) und von nichtstaatlichen Organisationen unterzeichnete Erklärung über die Situation von Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt;
18. ist besorgt darüber, dass Frauen bei der Beschlussfassung und in Führungspositionen sowohl in der öffentlichen und lokalen Verwaltung, zum Beispiel im Parlament, in den Ministerien, in Spitzenämtern in der Regierung, als auch im Management von öffentlichen Unternehmen nach wie vor unterrepräsentiert sind; fordert Maßnahmen, damit die Gleichstellungspolitik in die anderen Politikbereiche einfließt, indem der Aktionsplan über die Gleichstellung der Geschlechter rasch durchgeführt und damit der Grundsatz des gleichen Entgelts eingeführt wird;
19. begrüßt die Annahme des Gesetzes zum Schutz vor häuslicher Gewalt und fordert die Regierung auf, es rasch umzusetzen, und die Organisationen, die Leistungen für die Opfer bereitstellen, finanziell zu unterstützen; fordert die staatlichen Stellen auf, eine Sensibilisierungskampagne zu fördern, um die Frauen über ihre Rechte zu informieren und in Fällen von häuslicher Gewalt eine Null-Toleranz-Politik zu verfolgen;
20. fordert die staatlichen Stellen Montenegros auf, zu gewährleisten, dass die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen, einschließlich des Gesetzes über die Rechte und Freiheiten der Minderheiten, umfassend umgesetzt werden; weist darauf hin, dass alle Minderheiten durch eine strikte Umsetzung des Gesetzes zur Bekämpfung der Diskriminierung geschützt werden müssen; fordert Montenegro auf, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um das Bewusstsein für jede Art von Diskriminierung zu schärfen; fordert die staatlichen Stellen Montenegros auf, die Umsetzung seines Aktionsplans im Hinblick auf eine Lösung für den Status der Vertriebenen weiterhin uneingeschränkt zu unterstützen;
21. begrüßt die grundsätzlich guten Beziehungen zwischen den Bevölkerungsgruppen und den allgemein guten Schutz der Minderheitenrechte im Land, und bekräftigt, dass dies eine positive Grundlage ist, von der aus ein Prozess der Friedensbildung beginnen kann in einer Region, die einmal von Gewalt zwischen den Bevölkerungsgruppen und massiven Vertreibungen gekennzeichnet war, fordert jedoch, dass die Meinungen der Minderheiten von den staatlichen Stellen und in der Verwaltung verstärkt gehört werden, um die Aussöhnung in der Region voranzutreiben; hält es in diesem Zusammenhang für geboten, die Bestimmung über eine realitätsgetreue Vertretung der Minderheiten in der Verfassung abzuklären, und begrüßt, dass Schritte unternommen wurden, um genaue Statistiken in diesem Bereich zu erstellen; fordert, dass das Gesetz über die Staatsbürgerschaft und das Gesetz über Ausländer an europäische Standards angeglichen werden; fordert die politischen und religiösen Führungskräfte auf beiden Seiten der serbisch-montenegrinischen Grenze auf, zu einem positiven Klima zwischen den Bevölkerungsgruppen und Religionen beizutragen, indem sie Kompromisslösungen zu kontroversen Themen finden, u.a. auch zu umstrittenen religiösen Stätten;
22. stellt fest, dass die Bevölkerungsgruppen der Roma, Aschkali und Ägypter nach wie vor häufig diskriminiert werden; fordert die staatlichen Stellen auf, die Lebensbedingungen dieser Gruppen, ihren Zugang zur Sozialversicherung, zu Gesundheit, zu Bildung und Arbeitsvermittlungsdiensten zu verbessern und ihnen Ausweise auszustellen, da dies eine Voraussetzung für den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen jeder Art ist; weist insbesondere darauf hin, dass die Lebensbedingungen im Lager Konik dringend verbessert werden müssen, und dass eine nachhaltige Strategie zur Verbesserung der Lebensbedingungen im Lager und gegebenenfalls für die Schließung des Lagers angenommen und umgesetzt werden muss;
23. weist erneut darauf hin, wie wichtig aktive und unabhängige Organisationen der Bürgergesellschaft für die Demokratie sind; begrüßt die verbesserte Zusammenarbeit der Regierung mit nichtstaatlichen Organisationen, insbesondere bei der Bekämpfung der Korruption; fordert eine weitere Stärkung dieser Beziehungen und eine stärkere Einbindung der nichtstaatlichen Organisationen in die Politik, auch bei der Ausgestaltung von politischen Strategien und Maßnahmen und Rechtvorschriften und bei der Überwachung der Tätigkeiten der Behörden; betont den wichtigen Beitrag, den Akteure der Bürgergesellschaft zur Verbesserung der regionalen Zusammenarbeit in Bezug auf soziale und politische Aspekte leisten; begrüßt die Arbeit des Nationalen Rates für europäische Integration, der die Bürgergesellschaft, die Regierung, die Justiz und die Opposition umfasst, fordert jedoch, dass er stärker am Integrationsprozess beteiligt wird;
24. fordert die Regierung Montenegros auf, enger mit den nichtstaatlichen Organisationen, den Gewerkschaften und anderen Organisationen der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten und einen regelmäßigen Dialog mit ihnen zu führen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Einsetzung des Rates für die Zusammenarbeit zwischen der Regierung Montenegros und den nichtstaatlichen Organisationen; hält es für außerordentlich wichtig, den institutionellen Rahmen für die Zusammenarbeit zwischen der Regierung, den nichtstaatlichen Organisationen, den Gewerkschaften und anderen Organisationen der Zivilgesellschaft zu stärken;
25. begrüßt, dass bei der Umsetzung des Bologna-Reformprozesses Fortschritte erzielt wurden, und fordert weitere Anstrengungen zur Verbesserung der Qualität der Bildung, sowohl der Allgemeinbildung als auch der Berufsausbildung, um den Jugendlichen die erforderlichen Fähigkeiten an die Hand zu geben, damit sie auf dem Arbeitsmarkt bestehen können; fordert nachdrücklich eine effizientere Umsetzung der Strategie zur Förderung einer auf Integration ausgerichteten Bildung, auch für Kinder aus schutzbedürftigen Gruppen;
26. erkennt die Schritte an, die die Regierung Montenegros durch die Annahme des Gesetzes über die elektronischen Medien sowie durch Änderungen am Strafgesetzbuch unternommen hat, um die freie Meinungsäußerung in den Medien zu gewährleisten, fordert jedoch weitere Maßnahmen, um die Unabhängigkeit und Professionalität der Medienunternehmen zu gewährleisten, wozu auch die Stärkung der Kapazitäten und der Unabhängigkeit des öffentlichen Rundfunks gehört; fordert die staatlichen Stellen Montenegros auf, ihr Engagement zu zeigen, um sicherzustellen, dass der Mediensektor ohne politische Einmischung arbeitet und die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden gewährleistet ist; verweist auf die unverhältnismäßig hohen Geldbußen für Verleumdung, die die Freiheit und die Unabhängigkeit der Arbeit der Journalisten nach wie vor behindern, und fordert, dass die Rechtsvorschriften und die Verfahren bei Verleumdung vollständig an die Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte angeglichen werden; weist mit Nachdruck darauf hin, dass gemeldete Fälle von Einschüchterung und körperlicher Gewalt gegen Journalisten und gegen Akteure der Zivilgesellschaft rückhaltlos aufgeklärt und erforderlichenfalls geahndet werden müssen; weist mit Nachdruck darauf hin, dass für Journalisten hohe berufliche Standards und ein Ethik-Kodex für ihren Berufsstand gelten müssen;
27. begrüßt, dass das Land bei der Umsetzung der Wirtschaftsreformen gut vorangekommen ist, hebt jedoch hervor, dass die Finanzkrise potenzielle Defizite seines Wirtschaftsmodells aufgezeigt und deutlich gemacht hat, dass dringend weitere Strukturänderungen vorgenommen werden müssen; fordert insbesondere weitere Maßnahmen, mit denen Privatisierungsverträge besser überwacht und durchgesetzt werden können, Transparenz bei der Bereitstellung von staatlichen Beihilfen gewährleistet wird und eine bessere und einfachere Regulierung des Unternehmensumfeldes, insbesondere, was die Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen betrifft, erlassen werden kann;
28. nimmt die Verbesserungen im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes zur Kenntnis, ist jedoch besorgt über das hohe Niveau der informellen Beschäftigung; hält die Schattenwirtschaft für ein tief sitzendes Problem, dessen Lösung gründliche Strategien erfordert, die allen Aspekten der Gesellschaft Rechnung tragen müssen; weist darauf hin, dass der Arbeitsmarkt nach wie vor durch strukturelle Arbeitslosigkeit gekennzeichnet ist, und dass gleichzeitig freie Stellen für hochqualifizierte Arbeitsplätze nicht besetzt werden, was zeigt, dass ein Missverhältnis zwischen den verlangten und den angebotenen Fähigkeiten besteht; begrüßt die Annahme des Nationalen Qualifikationsrahmens, der die rechtlichen Voraussetzungen zur Behebung dieses Missverhältnisses enthält und fordert die Regierung Montenegros auf, ihn rasch umzusetzen;
29. hält es für wichtig, dass die Verkehrsinfrastruktur verbessert und gewährleistet wird, dass die Verbindungen des Verkehrssystems zu denen der Nachbarländer für die Entwicklung Montenegros funktionieren; fordert den Ausbau und die Modernisierung der Eisenbahn, die eine tragfähige und umweltfreundliche Alternative zum Straßenverkehr ist und einen nicht unerheblichen Teil der Beförderung von Waren und Passagieren übernehmen könnte;
30. weist mit Nachdruck darauf hin, dass Montenegro die acht wichtigsten Arbeitnehmerrechtsübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und die revidierte Europäische Sozialcharta ratifiziert hat; unterstreicht, dass die grundlegenden Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte im Arbeitsrecht zwar vorgesehen sind, es jedoch noch Einschränkungen gibt; fordert Montenegro auf, die Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte weiter zu stärken; hält den sozialen Dialog für äußerst wichtig und fordert die Regierung Montenegros auf, ehrgeizigere Ziele in Bezug auf den Sozialrat zu verfolgen und diesen weiter zu stärken; hält es für äußerst wichtig, die Transparenz und die Effizienz des Sozialrates zu verbessern;
31. begrüßt, dass Montenegro sich in seiner Verfassung zu einem ökologischen Staat erklärt hat; stellt fest, dass der Fremdenverkehr eine erhebliche wirtschaftliche Rolle spielt und einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung des Landes leisten könnte; nimmt jedoch zur Kenntnis, dass der Fremdenverkehr Gefahren für die Umwelt bedeutet, und fordert die Regierung auf, weitere Schritte zum Schutz der Natur zu unternehmen, zum Beispiel das Gesetz über die Umwelt und die ausstehenden Verordnungen rasch umzusetzen, und hält weitere energische Anstrengungen für nötig, um eine mögliche Zerstörung der Küste am Adriatischen Meer zu verhindern; weist insbesondere darauf hin, dass es eine effiziente Abfallbewirtschaftung geben muss, insbesondere auf lokaler Ebene, damit eine sichere Entsorgung gewährleistet ist; begrüßt die Maßnahmen, mit denen der CO2-Ausstoß dadurch verringert werden soll, dass das erhebliche Wasserkraftpotenzial und die anderen erneuerbaren Energieressourcen des Landes stärker ausgeschöpft werden, die zur Befriedigung der Binnennachfrage beitragen und sogar ein bedeutendes Exportgut und eine wichtige Devisenquelle für das Land darstellen dürften; warnt jedoch davor, dass große Staudämme oft erhebliche negative Auswirkungen auf die Umwelt haben, und fordert angemessene und transparente Umweltverträglichkeitsprüfungen, einschließlich „aus ökologischer Sicht bessere Optionen“, Beteiligung der Öffentlichkeit und Einbeziehung der Zivilgesellschaft, in Übereinstimmung mit dem Besitzstand der EU, bevor solche Projekte gebilligt oder genehmigt werden;
32. fordert die staatlichen Stellen Montenegros, insbesondere das Wirtschaftsministerium, mit Nachdruck auf, sämtliche Anhänge und Dokumente im Zusammenhang mit dem jüngsten Abkommen über den Bau einer Unterwasser-Stromleitung zwischen Montenegro und Italien auf ihrer Website zu veröffentlichen; fordert, dass alle Folgen des Projekts, auch die Auswirkungen auf die Umwelt, offengelegt werden;
33. stellt mit Zufriedenheit fest, dass Montenegro sich der regionalen Zusammenarbeit ernsthaft verpflichtet fühlt und ein konstruktiver regionaler Partner ist; lobt Montenegro für seine guten Beziehungen zu seinen Nachbarländern und seine allgemein stabilisierende Rolle in der Region; stellt fest, dass das Land aktives Mitglied der meisten regionalen Organisationen ist und eine Reihe justizieller und polizeilicher Vereinbarungen mit seinen Nachbarn geschlossen hat; begrüßt die kürzlich mit Kroatien und Serbien geschlossenen Rückübernahmeabkommen sowie das jüngst mit Serbien und Kroatien geschlossene Auslieferungsabkommen; fordert das Land auf, seinen Grenzkonflikt mit Kroatien rasch vor dem Internationalen Gerichtshof zu lösen;
34. weist mit Nachdruck darauf hin, dass das Parlament Montenegros das erste in der Region war, das die Entschließung zum Massaker von Srebrenica angenommen hat, und begrüßt diesen Schritt als wichtigen Beitrag zur regionalen Aussöhnung;
35. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie der Regierung und dem Parlament von Montenegro zu übermitteln.