Index 
Angenommene Texte
Mittwoch, 19. Januar 2011 - Straßburg
Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung ***II
 Freiwillige FLEGT-Partnerschaftsabkommen
 Abkommen EU/Kamerun über das Recht im Forstsektor ***
 Abkommen EU/Republik Kongo über das Recht im Forstsektor ***
 Interims-Partnerschaftsabkommen zwischen der EG und den Pazifik-Staaten
 Interims-Partnerschaftsabkommen EG/Pazifik-Staaten ***
 Internationale Adoption in der Europäischen Union
 Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen der EG und Serbien
 Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen EG/Serbien ***
 Europäische Initiative zur Alzheimer-Krankheit und zu anderen Demenzerkrankungen
 Inhaliergeräte für Asthmatiker
 Lage in Haiti ein Jahr nach dem Erdbeben: Humanitäre Hilfe und Wiederaufbau
 Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung in Litauen

Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung ***II
PDF 204kWORD 40k
Entschließung
Text
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2011 zu dem Standpunkt des Rates in erster Lesung im Hinblick auf die Annahme einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung (11038/2/2010 – C7-0266/2010 – 2008/0142(COD))
P7_TA(2011)0007A7-0307/2010

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: zweite Lesung)

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis des Standpunkts des Rates in erster Lesung (11038/2/2010 – C7-0266/2010),

–  in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2008)0414),

–  gestützt auf Artikel 251 Absatz 2 und Artikel 95 des EG-Vertrags, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C6-0257/2008),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat mit dem Titel „Auswirkungen des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon auf die laufenden interinstitutionellen Beschlussfassungsverfahren“ (KOM(2009)0665),

–  gestützt auf Artikel 294 Absatz 7 und Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf seinen Standpunkt in erster Lesung(1),

–  in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 4. Dezember 2008(2),

–  in Kenntnis der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 12. Februar 2009(3),

–  in Kenntnis der vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 21. Dezember 2010 gemachten Zusage, den Standpunkt des Parlaments in zweiter Lesung gemäß Artikel 294 Absatz 8 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

–  gestützt auf Artikel 66 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit für die zweite Lesung (A7-0307/2010),

1.  legt den folgenden Standpunkt in zweiter Lesung fest;

2.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in zweiter Lesung am 19. Januar 2011 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2011/.../EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung

P7_TC2-COD(2008)0142


(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Richtlinie 2011/24/EU).

(1) ABl. C 184 E vom 8.7.2010, S. 368.
(2) ABl. C 175 vom 28.7.2009, S. 116.
(3) ABl. C 120 vom 28.5.2009, S. 65.


Freiwillige FLEGT-Partnerschaftsabkommen
PDF 128kWORD 43k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2011 zu den Freiwilligen Partnerschaftsabkommen über Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor
P7_TA(2011)0008B7-0028/2011

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Entwurf für einen Beschluss des Rates (10028/2010) (Republik Kongo) und den Entwurf für einen Beschluss des Rates (12796/2010) (Kamerun),

–  unter Hinweis auf den Entwurf eines Freiwilligen Partnerschaftsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Kongo über Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor sowie über die Einfuhr von Holzprodukten in die Europäische Union (FLEGT) (07636/2010),

–  unter Hinweis auf den Entwurf eines Freiwilligen Partnerschaftsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Kamerun über Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor sowie über die Einfuhr von Holzprodukten in die Europäische Union (FLEGT) (13187/2010),

–  in Kenntnis des vom Europäischen Rat gemäß Artikel 207 Absatz 3 Unterabsatz 1, Artikel 207 Absatz 4 Unterabsatz 1, Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer v und Artikel 218 Absatz 7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreiteten Ersuchens um Zustimmung (C7-0170/2010 und C7-0339/2010),

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker, die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 13. September 2007 mit der Resolution 61/295 angenommen wurde,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 995/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über die Verpflichtungen von Marktteilnehmern, die Holz und Holzerzeugnisse in Verkehr bringen(1),

–  unter Hinweis auf die Übereinkunft von Cancún,

–  unter Hinweis auf seine Standpunkte vom 19. Januar 2011 zu den Entwürfen der Beschlüsse des Rates über den Abschluss eines freiwilligen Partnerschaftsabkommen über FLEGT zwischen der Europäischen Union und der Republik Kongo(2) und der Republik Kamerun(3),

–  gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

1.  begrüßt die Freiwilligen Partnerschaftsabkommen (FPA) mit der Republik Kamerun und der Republik Kongo; vertritt die Auffassung, dass sich aus der Aushandlung dieser FPA Leitlinien für die gute Praxis gewinnen lassen, die bei den laufenden FPA-Verhandlungen mit anderen Holz erzeugenden Ländern als Beispiel dienen können;

2.  hebt hervor, dass die EU und die Länder, die den Markt der EU mit Tropenholzerzeugnissen versorgen, gemeinsam die Verantwortung dafür tragen, dass dem illegalen Holzeinschlag und dem damit verbundenen Handel ein Ende gesetzt wird und die Bemühungen um die Erhaltung und die nachhaltige Nutzung forstwirtschaftlicher Ressourcen weltweit verstärkt werden;

3.  begrüßt in dieser Hinsicht, dass die beteiligten Parteien sich für eine verantwortungsvolle Forstverwaltung einsetzen und dazu verpflichtet haben, die geltenden Rechtsvorschriften zu reformieren, wenn dies zur Gewährleistung der Transparenz, der Achtung der Rechte der indigenen Völker und der Verhinderung von Umweltschäden bei forstwirtschaftlichen Tätigkeiten notwendig sein sollte; begrüßt darüber hinaus, dass die EU sich verpflichtet hat, beim Aufbau von Kapazitäten in den Holz erzeugenden Ländern, vor allem bei der Einführung von Herkunftssicherungs- und Legalitätsnachweissystemen für Holz und Holzprodukte, Unterstützung zu leisten;

Biologische Vielfalt der Wälder, Klimaschutz und nachhaltige menschliche Entwicklung

4.  weist darauf hin, dass die FPA von der Idee getragen werden, dem Handel mit illegal geschlagenem Holz und daraus hergestellten Erzeugnissen gemeinsam ein Ende zu setzen und einen Beitrag dazu zu leisten, der Entwaldung, der Waldschädigung und deren Folgen in Gestalt von CO2-Emissionen sowie dem Verlust der biologischen Vielfalt weltweit Einhalt zu gebieten und gleichzeitig ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum, die nachhaltige menschliche Entwicklung, die Versorgung mit Nahrungsmitteln aus nachhaltigen Quellen und die Wahrung der Rechte indigener und lokaler Völker zu fördern;

5.  weist darauf hin, dass eine weitere großflächige Ausbeutung der tropischen und anderer besonders artenreicher Wälder mit hoher Kohlenstoffspeicherkapazität nicht zu verantworten ist und zu einer weiteren Entwaldung und Waldschädigung führen sowie weltweit verheerende Folgen für die Umwelt haben kann; weist auf den inneren Konflikt hin, der den FPA eigen ist und darin besteht, dass die EU mit den Abkommen den Handel mit Holzprodukten aus Ländern mit großen Naturwaldflächen fördert und damit die Ziele untergraben könnte, die sie sich in Bezug auf die Bekämpfung des Klimawandels, den Schutz der Umwelt und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt, die Armutsbekämpfung und den weltweiten Kampf gegen Entwaldung gesetzt hat; fordert die Kommission aus diesem Grund auf, dafür zu sorgen, dass die Politik der EU kohärent ist und die im Rahmen der FPA unterstützten Maßnahmen einen wirksamen Beitrag zu den internationalen Verpflichtungen aller FPA-Vertragsparteien leisten; fordert die Kommission und den Rat nachdrücklich auf, genau aufzuzeigen, welche ergänzenden Maßnahmen neben den FPA geplant sind, um gegen die Entwaldung und die Schädigung von Naturwäldern vorzugehen und deren Erhaltung zu unterstützen;

6.  weist darauf hin, dass Wälder zwar das unumschränkte Eigentum des Landes sind, in dessen Hoheitsgebiet sie liegen, das Ökosystem Wald aber zum gemeinsamen Erbe der Menschheit gehört und geschützt, erhalten und, wenn möglich, wiederhergestellt werden muss mit dem übergeordneten Ziel, die biologische Vielfalt und die Ökosystemfunktionen zu erhalten, das Klima zu schützen und die Rechte der indigenen Völker und der vom Wald abhängigen Gemeinschaften zu wahren; fordert die Regierungen der Partnerländer in Afrika und anderswo auf, Flächennutzungs- und Ressourcenbewirtschaftungspläne aufzustellen, mit denen diese Ziele erreicht werden können, und festzustellen, wo und in welchem Umfang die Unterstützung der ausländischen Partner und internationaler Organisationen gefordert ist, um in Bezug auf diese Ziele Fortschritte zu erzielen;

7.  fordert die Kommission vor diesem Hintergrund auf, unbedingt Sorge dafür zu tragen, dass die FPA einer Ausdehnung der industriellen Einschlagtätigkeiten auf intakte Waldlandschaften keinen Vorschub leisten, und mit den Regierungen der Republik Kamerun und der Republik Kongo sowie allen Regierungen, die in der Zukunft FPA unterzeichnen, bei der Überwachung zusammenzuarbeiten und gemeinsam Maßnahmen zu treffen, um durch den kommerziellen Holzeinschlag verursachte direkte und indirekte Schäden an der Natur auszuschließen;

Verhandlungsprozess

8.  begrüßt, dass die Abkommen durch einen Verhandlungsansatz zustande gekommen sind, der auf Freiwilligkeit ausgerichtet und partizipativ gestaltet sowie transparent und konsensorientiert war; empfiehlt, dass dieser Ansatz bei der Aushandlung von FPA mit anderen Holz erzeugenden Partnerländern zur Norm werden sollte;

9.  betont, dass unabhängige nationale Organisationen der Zivilgesellschaft und unabhängige externe Beobachter bei der Überwachung der ordnungsgemäßen Umsetzung der Abkommen durch alle Vertragsparteien eine tragende Rolle spielen, die unter anderem in der Verpflichtung zum Ausdruck kommt, dass die interessierten Kreise der Länder in die gemeinsamen Ausschüsse einbezogen werden müssen, die zur Überwachung des Umsetzungsprozesses eingerichtet werden; betont, dass lokale Organisationen der Zivilgesellschaft zur unabhängigen Überwachung der Durchsetzung der gesetzlichen Vorschriften sowie der Umsetzung der forstwirtschaftspolitischen Reformen der Regierung ermächtigt werden müssen;

10.  fordert die Kommission auf, einen Mechanismus zu schaffen, mit dem dafür gesorgt wird, dass die FPA in allen Phasen der Umsetzung wirksam und fristgerecht zur Anwendung kommen, sodass insbesondere sichergestellt ist, dass die Befugnisse lokaler interessierter Kreise gestärkt und die lokalen Gemeinschaften sowie die indigenen Bevölkerungsteile während der Umsetzung direkt einbezogen werden, damit die Reformen im Vorfeld der FPA breite Unterstützung finden und alle Einfuhren in die EU umfassend geprüft werden;

FLEGT-Genehmigungen und Rechtsrahmen

11.  erinnert daran, dass der für die Forstwirtschaft geltende rechtliche und ordnungspolitische Rahmen überprüft werden muss, damit ein FPA zustande kommt, das den Zielen des FLEGT-Aktionsplans entspricht, und die Umsetzung dieses FPA im Einklang mit den umwelt- und sozialpolitischen Übereinkommen und den internationalen Verträgen steht, an die die Vertragspartner des FPA gebunden sind;

12.  erinnert daran, dass die FPA auch darauf ausgerichtet sind, für mehr soziale Gerechtigkeit und die Wahrung der Rechte der lokalen und indigenen Gemeinschaften zu sorgen, sodass den Grundsätzen der Transparenz und der Partizipation der gleiche Stellenwert zukommt;

13.  erinnert daran, dass diesbezügliche Nachbesserungen an den Rechtsvorschriften abgeschlossen sein müssen, bevor FLEGT-Genehmigungen ausgestellt werden;

Umsetzung der Abkommen und Rechte der lokalen Bevölkerung

14.  fordert die Kommission auf, jeweils sechs Monate nach Inkrafttreten eines FPA einen Bericht über die Maßnahmen vorzulegen, die getroffen wurden, um dafür zu sorgen, dass der Dialog zwischen interessierten Kreisen und der Zivilgesellschaft, auch mit der lokalen und indigenen Bevölkerung, nicht unterbrochen und auch in der Phase der Umsetzung fortgesetzt wird; vertritt die Ansicht, dass in diesem Bericht auch die Folgen und Beiträge bewertet werden sollten, die mit dem Inhalt des FPA in Bezug auf die internationalen Verpflichtungen der EU und des betreffenden Unterzeichnerlandes für den Umweltschutz und eine nachhaltige Entwicklung, einschließlich der Erhaltung und der nachhaltigen Bewirtschaftung von Ressourcen der biologischen Vielfalt, verbunden sind bzw. tatsächlich geleistet werden;

15.  fordert beide Vertragsparteien eines FPA auf, dafür zu sorgen, dass die Zivilgesellschaft, die lokale Bevölkerung und indigene Völker in der Lage sind, frei und selbstbewusst ihren Beitrag zur Umsetzung und Anwendung der FPA zu leisten; vertritt die Auffassung, dass der gemeinsame Ausschuss zur Umsetzung des Abkommens der Zivilgesellschaft, den Organisationen der lokalen Bevölkerung und der indigenen Völker das Recht auf Beschwerde und, sollte die Beschwerde keinen Erfolg haben, das Recht auf Einspruch gewähren sollte;

16.  fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass sie über die aktuelle Lage der Menschenrechte in potenziellen FPA-Partnerländern stets gut informiert ist, und rät davon ab, mit Ländern in Gespräche über Verhandlungen zu treten, in denen es keinen Rechtsrahmen zum Schutz der grundlegenden Menschenrechte und sozialen Rechte gibt; hebt noch einmal hervor, dass in jedem an ein FPA gebundenen Land ein offener Dialog, das Recht auf freie Meinungsäußerung – einschließlich der Religionsfreiheit – und Pressefreiheit gewährleistet sein müssen, damit potenzielle Beschwerden Gehör finden;

17.  fordert die Kommission auf, regelmäßig Berichte über den Stand der Umsetzung der verschiedenen Bestimmungen der aktuellen und aller künftigen FPA auszuarbeiten und sie dem Europäischen Parlament vorzulegen;

18.  erwartet, dass in den kommenden Jahren weitere FPA unterzeichnet werden, für die weitere, gesonderte Mittel zur Entwicklung technischer und personeller Ressourcen bereitgestellt werden müssen; fordert die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten auf anzugeben, aus welchen Quellen die Aushandlung und Umsetzung dieser Abkommen finanziert werden soll;

Rolle des Europäischen Parlaments

19.  fordert die Kommission auf, das Parlament über den Stand der Aushandlung und Umsetzung der aktuellen und aller künftigen FPA zu unterrichten und über die Arbeit des gemeinsamen Ausschusses zur Umsetzung des Abkommens, die von dem mit dem Abkommen befassten unabhängigen Gutachter verfassten Missions- und Auditberichte, die Berichte zur Bewertung der Umsetzung des Abkommens – einschließlich der Studien zur gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Wirkung des Abkommens – und die Listen mit den Namen der Unternehmen, die eine Zulassung erhalten haben, rechtzeitig in Kenntnis zusetzen;

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o   o

20.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und den an ein FPA gebundenen Regierungen zu übermitteln.

(1) ABl. L 295 vom 12.11.2010, S. 23.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2011)0010.
(3) Angenommene Texte, P7_TA(2011)0009.


Abkommen EU/Kamerun über das Recht im Forstsektor ***
PDF 198kWORD 30k
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2011 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss eines freiwilligen Partnerschaftsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Kamerun über Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor sowie über die Einfuhr von Holzprodukten in die Europäische Union (FLEGT) (12796/2010 – C7-0339/2010 – 2010/0217(NLE))
P7_TA(2011)0009A7-0371/2010

(Zustimmung)

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis des Entwurfs eines Beschlusses des Rates (12796/2010),

–  in Kenntnis des Entwurfs eines freiwilligen Partnerschaftsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Kamerun über Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor sowie über die Einfuhr von Holzprodukten in die Europäische Union (FLEGT) (13187/2010),

–  in Kenntnis des vom Rat gemäß Artikel 207 Absatz 3 Unterabsatz 1 und Artikel 207 Absatz 4 Unterabsatz 1, Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer v und Artikel 218 Absatz 7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreiteten Ersuchens um Zustimmung (C7-0339/2010),

–  gestützt auf Artikel 81 und Artikel 90 Absatz 8 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für internationalen Handel sowie der Stellungnahme des Entwicklungsausschusses (A7-0371/2010),

1.  gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens;

2.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Republik Kamerun zu übermitteln.


Abkommen EU/Republik Kongo über das Recht im Forstsektor ***
PDF 198kWORD 30k
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2011 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss eines freiwilligen Partnerschaftsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Kongo über Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor sowie über die Einfuhr von Holzprodukten in die Europäische Union (FLEGT) (10028/2010 – C7-0170/2010 – 2010/0062(NLE))
P7_TA(2011)0010A7-0370/2010

(Zustimmung)

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis des Entwurfs eines Beschlusses des Rates (10028/2010),

–  in Kenntnis des Entwurfs eines freiwilligen Partnerschaftsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Kongo über Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor sowie über die Einfuhr von Holzprodukten in die Europäische Union (FLEGT) (07636/2010),

–  in Kenntnis des vom Rat gemäß Artikel 207 Absatz 3 Unterabsatz 1 und Artikel 207 Absatz 4 Unterabsatz 1, Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer v und Artikel 218 Absatz 7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreiteten Ersuchens um Zustimmung (C7-0170/2010),

–  gestützt auf Artikel 81 und 90 Absatz 8 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für internationalen Handel und der Stellungnahme des Entwicklungsausschusses (A7-0370/2010),

1.  gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens;

2.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Republik Kongo zu übermitteln.


Interims-Partnerschaftsabkommen zwischen der EG und den Pazifik-Staaten
PDF 147kWORD 59k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2011 zum Interims-Partnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Pazifik-Staaten
P7_TA(2011)0011B7-0022/2011

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 25. September 2003 zur 5. Ministerkonferenz der WTO in Cancún(1), vom 12. Mai 2005 zu der Bewertung der Doha-Runde nach dem Beschluss des Allgemeinen Rates der WTO vom 1. August 2004(2), vom 1. Dezember 2005 zu den Vorbereitungen für die 6. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation in Hongkong(3), vom 23. März 2006 zu den Auswirkungen von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) auf die Entwicklung(4), vom 4. April 2006 zur Bewertung der Doha-Runde im Anschluss an die Ministerkonferenz der WTO in Hongkong(5), vom 1. Juni 2006 zu Handel und Armut: Konzipierung von handelspolitischen Maßnahmen zur Optimierung der Beiträge des Handels zur Armutsminderung(6), vom 7. September 2006 zur Aussetzung der Verhandlungen über die Doha-Entwicklungsagenda (DDA)(7), vom 23. Mai 2007 zu Wirtschaftspartnerschaftsabkommen(8), vom 12. Dezember 2007 zu den WPA(9), seinen Standpunkt vom 5. Juni 2008 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über ein Schema allgemeiner Zollpräferenzen für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2011 und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 552/97, (EG) Nr. 1933/2006 und der Verordnungen (EG) Nr. 964/2007 und (EG) Nr. 1100/2006 der Kommission(10) und seine Entschließung vom 25. März 2009 zum Interims-Partnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und den Pazifik-Staaten andererseits(11),

–  unter Hinweis auf das Interims-Partnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und den Pazifik-Staaten andererseits,

–  unter Hinweis auf das am 23. Juni 2000 in Cotonou unterzeichnete Partnerschaftsabkommen zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (AKP) einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits (Abkommen von Cotonou),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1528/2007 des Rates vom 20. Dezember 2007 mit Durchführungsbestimmungen zu den Regelungen der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen oder der zu Wirtschaftspartnerschaftsabkommen führenden Abkommen für Waren mit Ursprung in bestimmten Staaten, die zur Gruppe der Staaten Afrikas, des Karibischen Raums und des Pazifischen Ozeans (AKP) gehören(12),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 23. Oktober 2007 mit dem Titel „Wirtschaftspartnerschaftsabkommen“ (KOM(2007)0635),

–  unter Hinweis auf das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT), insbesondere auf Artikel XXIV,

–  unter Hinweis auf die Ministererklärung der 4. Tagung der WTO-Ministerkonferenz, die am 14. November 2001 in Doha verabschiedet wurde,

–  unter Hinweis auf die Ministererklärung der 6. Tagung der WTO-Ministerkonferenz, die am 18. Dezember 2005 in Hongkong verabschiedet wurde,

–  unter Hinweis auf den Bericht und die Empfehlungen der Arbeitsgruppe für Handelshilfe, die am 10. Oktober 2006 vom Allgemeinen Rat der WTO angenommen wurden,

–  unter Hinweis auf die Millenniums-Erklärung der Vereinten Nationen vom 8. September 2000, in der die Millenniums-Entwicklungsziele als von der internationalen Gemeinschaft gemeinsam festgelegte Kriterien für die Beseitigung der Armut dargelegt sind,

–  unter Hinweis auf die am 22. November 2007 von der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU angenommene Erklärung von Kigali (Ruanda),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Dezember 2006 zur Lage in Fidschi(13), in der es die Machtübernahme durch die Streitkräfte von Fidschi entschieden missbilligte,

–  unter Hinweis auf den 103 Empfehlungen umfassenden Katalog des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen, der am 23. März 2010 zusammen mit dem Bericht der Arbeitsgruppe „Allgemeine Periodische Überprüfung“ vorgelegt wurde, sowie unter Hinweis auf die offizielle Antwort der Regierung von Fidschi vom 10. Juni 2010, in der diese erklärte, dass die seit langem geforderten und oft verschobenen Parlamentswahlen nunmehr für 2014 anberaumt seien und dass dieser Termin nicht verhandelbar sei,

–  unter Hinweis auf die Anfragen vom 16. Dezember 2010 an die Kommission über den Abschluss des Interims-Partnerschaftsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und den Pazifik-Staaten andererseits (O-0212/2010 – B7-0807/2010),

–  gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die früheren Handelsbeziehungen der Europäischen Union mit den AKP-Staaten, durch die diesen Staaten ein präferenzieller Zugang zu den EU-Märkten ohne Gegenseitigkeit gewährt wurde, seit 1. Januar 2008 nicht mehr im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) stehen,

B.  in der Erwägung, dass es sich bei WPA um WTO-konforme Abkommen handelt, die darauf abzielen, regionale Integrationsprozesse zu unterstützen und die allmähliche Eingliederung der AKP-Volkswirtschaften in die Weltwirtschaft zu fördern, und die dadurch eine nachhaltige gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung in den AKP-Staaten begünstigen und einen Beitrag zu den Gesamtbemühungen um die Bekämpfung der Armut in diesen Staaten leisten,

C.  in der Erwägung, dass WPA dazu genutzt werden sollten, langfristige Beziehungen aufzubauen, bei denen die Entwicklung durch Handel gefördert werden kann,

D.  in der Erwägung, dass das in den sukzessiven Lomé-Abkommen und im Cotonou-Abkommen enthaltene Zuckerprotokoll kleinen Pazifik-Inseln, deren landwirtschaftliches Diversifikationspotenzial begrenzt ist, vorhersehbare Einnahmen verschaffte,

E.  in der Erwägung, dass Interims-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Interims-WPA) Abkommen über den Warenhandel sind, mit denen Störungen der Handelsbeziehungen zwischen den AKP-Staaten und der EU verhindert werden sollen,

F.  in der Erwägung, dass die Handelspolitik aufgrund der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise für die Entwicklungsländer wichtiger denn je ist,

G.  in der Erwägung, dass von den AKP-Staaten des Pazifikraums bislang nur Papua-Neuguinea und die Republik Fidschi-Inseln Ende 2009 ein IWPA unterzeichnet haben; in der Erwägung, dass die übrigen AKP-Staaten des Pazifikraums alle entweder von der Initiative „Alles außer Waffen“, die einen zoll- und quotenfreien Zugang zur EU ermöglicht, oder von dem regulären Allgemeinen Präferenzsystem der EU profitieren,

H.  in der Erwägung, dass mit der vorläufigen Anwendung des Abkommens mit Papua-Neuguinea am 20. Dezember 2009 begonnen wurde; in der Erwägung, dass mit der Anwendung im Falle der Republik Fidschi-Inseln begonnen wird, sobald das Land mitgeteilt hat, ob es sich für die vorläufige Anwendung oder die Ratifizierung entschieden hat,

I.  in der Erwägung, dass derzeit mit allen 14 AKP-Staaten des Pazifikraums Verhandlungen über ein umfassendes WPA geführt werden,

J.  in der Erwägung, dass das IWPA alle wesentlichen Bestimmungen eines Warenhandelsabkommens abdeckt,

K.  in der Erwägung, dass die in dem Abkommen enthaltenen Verpflichtungen erhebliche Auswirkungen auf die betreffenden Staaten und den Pazifikraum haben können,

L.  in der Erwägung, dass das IWPA Umfang und Inhalt zukünftiger Abkommen zwischen Papua-Neuguinea bzw. der Republik Fidschi-Inseln und anderen Handelspartnern sowie die Haltung dieser Region in den WPA-Verhandlungen beeinflussen wird,

M.  in der Erwägung, dass es zwischen der EU und den Pazifik-Staaten nur einen eingeschränkten Wettbewerb gibt, da die überwiegende Mehrheit der EU-Ausfuhren hauptsächlich aus Waren besteht, die die Pazifik-Staaten selbst nicht herstellen, aber oftmals für den unmittelbaren Verbrauch oder als Vorleistungen für die heimische Industrie benötigen,

N.  in der Erwägung, dass die Fischerei und fischereibezogene Tätigkeiten und Branchen über ein erhebliches Potenzial für künftige Ausfuhrsteigerungen verfügen, wenn die Fischerei ökologisch nachhaltig betrieben wird,

O.  in der Erwägung, dass neue Handelsregeln so konzipiert sein müssen, dass sie die Entwicklung einheimischer Branchen unterstützen und der Ressourcenverknappung und dem Klimawandel entgegenwirken, und dass sie mit einer Aufstockung der Mittel für handelsbezogene Hilfe einhergehen müssen,

P.  in der Erwägung, dass die Initiative für Handelshilfe („Aid for Trade“) darauf abzielt, die Fähigkeit der Entwicklungsländer zur Nutzung neuer Handelsmöglichkeiten zu fördern,

Q.  in der Erwägung, dass neue, flexiblere und verbesserte Ursprungsregeln zwischen der EU und den AKP-Staaten ausgehandelt worden sind, die den AKP-Staaten bei ordnungsgemäßer Umsetzung in völliger Übereinstimmung mit dem Zweck dieses Abkommens und bei gebührender Berücksichtigung der eingeschränkten Kapazitäten dieser Länder erhebliche Vorteile bieten werden,

R.  in der Erwägung, dass die Ausnahmeregelung zu den Ursprungsregeln des Interims-WPA die gesamte Produktionskette vom Abbau der Rohstoffe über die Verarbeitung und Vermarktung bis hin zur Ausfuhr umfasst,

S.  in der Erwägung, dass Thunfischprodukte aufgrund der großen Nachfrage besondere Merkmale aufweisen, darunter ihre große Abhängigkeit von Preisschwankungen, was dazu geführt hat, dass sie auf dem Weltmarkt als „sensible Erzeugnisse“ eingestuft worden sind, was bei den Verhandlungen über Handelsabkommen zu berücksichtigen ist,

T.  in der Erwägung, dass nach Angaben der Fischereikommission für den westlichen und mittleren Pazifik (WCPFC), die über die Nachhaltigkeit der Fischbestände dieser Region wachen soll, Drittstaaten, insbesondere China, seit Bestehen der neuen Ursprungsregeln in industrielle Großprojekte in Papua-Neuguinea investieren und ihre Fangkapazitäten in der Region exponentiell zugenommen haben und voraussichtlich weiter ansteigen werden, was eine immer größere Gefahr der Überfischung in sich birgt,

1.  ist der Ansicht, dass die Handelsbeziehungen zwischen dieser Region und der EU zur Förderung und Stärkung des Handels, der nachhaltigen Entwicklung und der regionalen Integration und gleichzeitig zur Förderung der wirtschaftlichen Diversifizierung sowie zur Verringerung der Armut beitragen sollten; weist darauf hin, dass das IWPA zum Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele beitragen muss;

2.  unterstreicht, dass der positive Ausgang der Verhandlungen über das IWPA mit Papua-Neuguinea und Fidschi gezeigt hat, dass die Europäische Union ein starkes Interesse daran hat, die engen wirtschaftlichen Beziehungen zu den Pazifik-Staaten auf hoher Ebene fortzusetzen; hofft, dass dieses IWPA, das momentan auf zwei Staaten beschränkt ist, den Weg zu einem umfassenderen Abkommen ebnen wird, dem sich weitere Staaten aus dem Pazifikraum anschließen;

3.  betont, dass das IWPA darauf abzielt, den Markt für die Ausfuhren Papua-Neuguineas und der Republik Fidschi-Inseln offenzuhalten und – falls die betreffenden Staaten dies wünschen – Verhandlungen über ein umfassendes WPA zu ermöglichen;

4.  betont, dass Papua-Neuguinea und die Republik Fidschi-Inseln – die beiden AKP-Staaten des Pazifikraums mit erwähnenswerten Ausfuhren in die EU – bislang die einzigen Staaten in diesem Raum sind, die dem Abkommen beigetreten sind, während die anderen Mitgliedstaaten der pazifischen Regionalgruppe aufgrund ihres geringen Warenhandelsvolumens mit der EU beschlossen haben, nicht zu unterzeichnen;

5.  weist darauf hin, dass das IWPA zwar als erster Schritt auf dem Weg zu einem umfassenden WPA betrachtet werden kann, dass es sich im rechtlichen Sinne jedoch um ein vollkommen unabhängiges internationales Abkommen handelt, das nicht automatisch zu einem umfassenden WPA oder zu einem von allen Vertragsparteien des IWPA unterzeichneten umfassenden WPA führen muss;

6.  weist die Organe und Regierungen der EU darauf hin, dass weder Abschluss noch Kündigung eines WPA zu einer Situation führen sollten, in der ein AKP-Staat in eine ungünstigere Situation gerät als die, in der es sich nach den Handelsbestimmungen des Abkommens von Cotonou befand;

7.  betont, dass die mögliche Zustimmung des Parlaments zu dem IWPA keinen Schluss auf den Standpunkt des Parlaments in Bezug auf die Zustimmung zu einem umfassenden WPA zulässt, da sich das Verfahren auf zwei unterschiedliche internationale Abkommen bezieht;

8.  weist darauf hin, dass ein wirklich regionaler Markt eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung des IWPA – und gleichermaßen eines künftigen umfassenden WPA – ist und dass die regionale Integration und Zusammenarbeit eine wichtige Grundlage für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der Pazifikstaaten bildet; ist der Auffassung, dass dies bei der Umsetzung berücksichtigt werden muss;

9.  betont, dass der Zweck der spezifischen Bestimmungen bezüglich der Ursprungsregeln für Fischereiprodukte die Entwicklung von Kapazitäten an Land für die Verarbeitung von Fisch in den AKP-Staaten des Pazifikraums ist, um vor Ort Arbeitsplätze und Einkommensmöglichkeiten zu schaffen;

10.  weist darauf hin, dass in Papua-Neuguinea durch das Interims-WPA Industrieprojekte wie die Pacific Marine Industrial Zone (PMIZ) im Golf von Madang entstanden sind, wo in zwei Jahren über 400 000 Tonnen Thunfischkonserven produziert werden sollen;

11.  bringt daher seine große Besorgnis über Maßnahmen zum Ausdruck, wie die jüngst von den Behörden Papua-Neuguineas durchgeführte Änderung der Umweltgesetze, wodurch in der Praxis für diese Art von Projekten fortan kein Umweltgutachten mehr vorgelegt werden muss und Beschwerden erschwert werden;

12.  unterstreicht, welche Bedeutung die Fischereiwirtschaft als einer der Haupterwerbszweige für Frauen im Pazifikraum hat; ist der Auffassung, dass die Kommission technische, politische und finanzielle Unterstützung leisten sollte, um die Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen in den Pazifik-Staaten zu verbessern;

13.  nimmt die Angaben der WCPFC bezüglich der Steigerung der Fangkapazitäten von Drittstaaten in diesen Pazifikgewässern mit Sorge zur Kenntnis, da damit das Risiko der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei sowie der Überfischung einhergeht, was sich nachteilig auf die nachhaltige Entwicklung der einheimischen Fischereiwirtschaft auswirken wird;

14.  hebt hervor, dass – obwohl Papua-Neuguinea und Fidschi über begrenzte Fangkapazitäten und somit über ein begrenztes Angebot von vollständig gewonnenen oder hergestellten Fischerzeugnissen und begrenzte Verarbeitungskapazitäten an Land verfügen – die Ausnahme von den Ursprungsregeln für verarbeitete Fischereierzeugnisse, von der Papua-Neuguinea aktiv Gebrauch macht, dazu geführt hat, dass dieses Land zu einer wahren „Drehscheibe“ für die Verarbeitung enormer Mengen von Thunfisch jeglicher Herkunft (Philippinen, Thailand, China, Vereinigte Staaten, Australien usw.) geworden ist; weist darauf hin, dass die Ausnahme von den Ursprungsregeln destabilisierende Auswirkungen auf die Fischverarbeitungs- und Fischkonservenindustrie in der EU haben könnte;

15.  fordert die Kommission auf, dem Parlament so bald wie möglich einen Bericht über diese besonderen Merkmale des Fischereisektors der Pazifik-Staaten sowie über die Bewirtschaftung der Fischbestände im Pazifik einschließlich der Verfahren im Bereich der nachhaltigen Entwicklung vorzulegen; fordert die Kommission auf, die in Artikel 6 Absatz 6 Unterabsatz d des Protokolls II zum IWPA vorgesehenen Konsultationen unverzüglich einzuleiten und die Aussetzung der Ausnahmeregelung zu den Ursprungsregeln für Fischereierzeugnisse in Kraft zu setzen, falls im Bewertungsbericht eine destabilisierende Auswirkung auf die Fischverarbeitungs- und Fischkonservenindustrie der EU nachgewiesen wird;

16.  weist darauf hin, dass ein solcher Bericht über die Umsetzung der besonderen Ursprungsregeln im Laufe des Jahres 2011 erstellt werden muss, d. h. drei Jahre, nachdem Papua-Neuguinea mitgeteilt hat, dass es die Verordnung (EG) 1528/2007 angenommen hat, und dass darin die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen, die die Ausnahmeregelung in Bezug auf globale Beschaffung auf die Bevölkerung Papua-Neuguineas, insbesondere die Küstenbevölkerung, hat, untersucht werden sollten; fordert in diesem Zusammenhang, dass umgehend Informationen über die Vorgaben für diesen Bericht und darüber vorgelegt werden, ob alle Interessenträger und betroffenen Parteien, auch die Organisationen der Zivilgesellschaft Papua-Neuguineas, bei den Vorbereitungen für den Bericht konsultiert werden;

17.  ermuntert Fidschi, entsprechend den Empfehlungen der internationalen Gemeinschaft die Verfahrensweisen einer guten Regierungsführung zu übernehmen; ist der Ansicht, dass diese Schritte zur Freigabe der Finanzhilfen für die Zuckerindustrie Fidschis führen sollten; erkennt an, dass dieses Geld für die Unterstützung der Zuckerindustrie dringend erforderlich ist, die eine der wichtigsten Quellen für Beschäftigung darstellt;

18.  betont, dass jedes regionale WPA von der Billigung eines Fahrplans für demokratische Wahlen durch alle maßgeblichen politischen Gruppierungen in der Republik Fidschi-Inseln abhängig gemacht werden sollte;

19.  empfiehlt für die laufenden Verhandlungen über ein umfassendes WPA flexible, asymmetrische und pragmatische Ansätze; pocht darauf, dass ein Kapitel über die Entwicklungszusammenarbeit in das umfassende Wirtschaftspartnerschaftsabkommen aufgenommen wird;

20.  weist darauf hin, dass sich das Abkommen möglicherweise auch auf die Beziehungen zwischen dem Pazifikraum und seinen engsten und größten Handelspartnern, Australien und Neuseeland, auswirken wird und dass sichergestellt werden muss, dass die Bestimmungen des gegenwärtigen Abkommens zukünftigen Handelsabkommen mit diesen Staaten nicht im Wege stehen;

21.  erinnert daran, dass das WPA nicht nur in Struktur und Inhalt, sondern auch in Art und Geist seiner Umsetzung einen Beitrag zu den Entwicklungszielen, den Maßnahmen und den Prioritäten der Pazifik-Staaten leisten muss;

22.  weist darauf hin, dass im Oktober 2007 die EU-Strategie für Handelshilfe beschlossen wurde, die die Verpflichtung beinhaltet, die gemeinsame handelsbezogene Hilfe der EU bis 2010 auf zwei Milliarden Euro jährlich (jeweils eine Milliarde Euro von der Gemeinschaft und von den Mitgliedstaaten) zu erhöhen; fordert, dass der Pazifikraum einen angemessenen und gerechten Anteil dieser Hilfe erhält;

23.  fordert, dass der Anteil an den Mitteln für die Handelshilfe frühzeitig festgelegt und bereitgestellt wird; betont, dass diese Mittel aus zusätzlichen Quellen und nicht nur aus einer Umschichtung der Mittel im Rahmen des Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) stammen sollten, dass sie den Prioritäten von Papua-Neuguinea und der Republik Fidschi-Inseln sowie dem Pazifikraum entsprechen sollten und ihre Auszahlung fristgerecht, kalkulierbar und in Übereinstimmung mit den Zeitplänen zur Ausführung der nationalen und regionalen Pläne für die strategische Entwicklung erfolgen sollte;

24.  fordert die Kommission in Anbetracht der vom Rat im September 2007 eingegangenen Verpflichtungen in Bezug auf die handelsbezogenen Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) und den Zugang zu Arzneimitteln auf, davon abzusehen, im Rahmen des WPA „TRIPS+“-Bestimmungen in Bezug auf pharmazeutische Erzeugnisse auszuhandeln, die die öffentliche Gesundheit und den Zugang zu Arzneimitteln betreffen, die Einhaltung oder Billigung der im Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens sowie der im Patentrechtsvertrag enthaltenen Verpflichtungen zu fordern und die Bestimmungen der Richtlinie 2004/48/EG(14) oder neue Bereiche wie den Schutz von nicht-originalen Datenbanken in das WPA aufzunehmen;

25.  sichert seine weitere Unterstützung für ein umfassendes WPA zwischen der EU und den Pazifik-Staaten zu; stimmt zu, dass die wichtigsten Verhandlungskapitel Folgendes umfassen müssen:

   a) Rechte des geistigen Eigentums – wobei es nicht nur um den Schutz westlicher Technologiegüter, sondern auch um den Schutz überlieferten Wissens geht;
   b) Transparenz der öffentlichen Aufträge und deren Öffnung für EU-Vertragspartner zu einem für die Pazifik-Staaten passenden Zeitpunkt;
   c) Arbeitsvisa, die Staatsangehörigen der pazifischen Inselstaaten für mindestens 24 Monate zur Verfügung gestellt werden müssen, damit sie als Pfleger oder in ähnlichen Berufen arbeiten können;

26.  fordert die Kommission dennoch auf, weiter auf ein umfassenderes Abkommen hinzuarbeiten und nach möglichen praktikablen und tragfähigen Alternativen zu suchen, die im Einklang mit den WTO-Regeln – unter kreativer Nutzung sämtlicher Spielräume, die diese Regeln bieten, wie etwa Ausnahmeregelungen – denjenigen Staaten Marktzugang garantieren, die weder dem Interims-WPA noch dem umfassenden WPA beitreten möchten;

27.  ist der Auffassung, dass in einem umfassenden WPA die Einrichtung eines Parlamentarischen Ausschusses zur Überwachung der Durchführung des Abkommens vorgesehen sein sollte, wobei sich die Zusammensetzung dieses Ausschusses von Seiten des EP an der des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses CARIFORUM-EU orientieren sollte;

28.  betont, dass sowohl das Interims-WPA als auch das umfassende WPA eine Überprüfungsklausel enthalten sollten, in der eine unabhängige allgemeine Folgenabschätzung vorgesehen ist, in der auf die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen des Abkommens sowie auf die Kosten und Folgen der Umsetzung eingegangen wird und die innerhalb von drei bis fünf Jahren nach seiner Unterzeichnung vorgenommen werden sollte; hebt hervor, dass die Überprüfungsklausel des Interims-WPA bzw. des künftigen WPA vorsehen sollte, dass alle Unterzeichner befugt sind, sich auf der Grundlage der erwähnten Folgenabschätzung auf diese Klausel zu berufen; fordert, dass das Europäische Parlament und die Parlamente der Pazifik-Staaten an eventuellen Überprüfungen des Abkommens beteiligt werden;

29.  unterstützt in diesem Zusammenhang die Zusage der Kommission, wonach diese umfassende Abweichung von den Ursprungsregeln bei künftigen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen die Ausnahme bleiben und nicht zur Regel werden soll;

30.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der AKP-Staaten, dem AKP-EU-Rat und der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU zu übermitteln.

(1) ABl. C 77 E vom 26.3.2004, S. 393.
(2) ABl. C 92 E vom 20.4.2006, S. 397.
(3) ABl. C 285 E vom 22.11.2006, S. 126.
(4) ABl. C 292 E vom 1.12.2006, S. 121.
(5) ABl. C 293 E vom 2.12.2006, S. 155.
(6) ABl. C 298 E vom 8.12.2006, S. 261.
(7) ABl. C 305 E vom 14.12.2006, S. 244.
(8) ABl. C 102 E vom 24.4.2008, S. 301.
(9) ABl. C 323 E vom 18.12.2008, S. 361.
(10) ABl. C 285 E vom 26.11.2009, S. 126.
(11) ABl. C 117 E vom 6.5.2010, S. 118.
(12) ABl. L 348 vom 31.12.2007, S. 1.
(13) ABl. C 317 E vom 23.12.2006, S. 898.
(14) ABl. L 157 vom 30.4.2004, S. 45.


Interims-Partnerschaftsabkommen EG/Pazifik-Staaten ***
PDF 197kWORD 29k
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2011 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Interims-Partnerschaftsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und den Pazifik-Staaten andererseits (05078/2010 – C7-0036/2010 – 2008/0250(NLE))
P7_TA(2011)0012A7-0365/2010

(Zustimmung)

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis des Entwurfs eines Beschlusses des Rates (05078/2010),

–  in Kenntnis des Entwurf eines Interims-Partnerschaftsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und den Pazifik-Staaten andererseits (05558/2/2009),

–  in Kenntnis des vom Rat gemäß Artikel 207 Absatz 4 und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreiteten Ersuchens um Zustimmung (C7-0036/2010),

–  gestützt auf Artikel 81 und Artikel 90 Absatz 8 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für internationalen Handel sowie der Stellungnahme des Fischereiausschusses (A7-0365/2010),

1.  gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens;

2.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Pazifik-Staaten zu übermitteln.


Internationale Adoption in der Europäischen Union
PDF 121kWORD 38k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2011 zur internationalen Adoption in der Europäischen Union
P7_TA(2011)0013RC-B7-0029/2011

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, das am 20. November 1989 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurde, insbesondere auf Artikel 21,

–  unter Hinweis auf das Europäische Übereinkommen von 1967 über die Adoption von Kindern,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (unterzeichnet am 29. Mai 1993 in Den Haag) und auf die Europäische Konvention über die Ausübung der Rechte des Kindes vom 25. Januar 1996 (ETS Nr. 160),

–  unter Hinweis auf Artikel 24 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

–  gestützt auf Artikel 3 Absätze 3 und 5 des EU-Vertrags,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Dezember 1996 zur Verbesserung des Rechts und der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Adoption von Minderjährigen(1),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Januar 2008 im Hinblick auf eine EU-Kinderrechtsstrategie(2),

–  gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass das Wohl jedes Kindes und dessen Gewährleistung von größter Bedeutung sind, und in der Erwägung, dass der Schutz der Rechte der Minderjährigen zu den Zielen der Europäischen Union gehört,

B.  in der Erwägung, dass der Bereich Adoption in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, die die entsprechenden Verfahren mit Blick auf das Wohl des Kindes in Gang setzen,

C.  in der Erwägung, dass Übereinkommen über den Schutz Minderjähriger und die elterliche Verantwortung existieren, insbesondere das Europäische Übereinkommen von 1967 über die Adoption von Kindern zur Annäherung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Adoptionen, bei denen das Kind von einem Land in ein anderes zieht, und das Übereinkommen von 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (Haager Übereinkommen),

D.  in der Erwägung, dass alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union Unterzeichner des Haager Übereinkommens sind,

E.  in der Erwägung, dass auf der Grundlage des Haager Übereinkommens erhebliche Fortschritte erzielt wurden,

F.  in der Erwägung, dass die Familie im Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes und im Haager Übereinkommen als entscheidende gesellschaftliche Gruppe und als natürliches Umfeld für die Entwicklung und das Wohlergehen des Kindes und in der überwiegenden Zahl der Fälle als erste Wahl für die Kindesfürsorge definiert wird,

G.  in der Erwägung, dass Adoption als eine alternative Standardoption zulässig sein sollte, wenn die primäre Fürsorge für die Kinder nicht von der Familie geleistet werden kann, während die institutionelle Fürsorge die allerletzte Option sein sollte,

H.  in der Erwägung, dass das Problem der unsicheren Kindheit in Europa, insbesondere ausgesetzter und in Heimen untergebrachter Kinder, eine bedeutende Rolle spielt und äußerst ernst genommen werden sollte,

I.  in der Erwägung, dass die Missachtung der Rechte Minderjähriger, Gewalt gegen Minderjährige und der Handel mit Kindern zwecks Adoption, Prostitution, Schwarzarbeit, Zwangsheirat und Betteln auf der Straße oder in jedem anderen illegalen Kontext nach wie vor ein Problem in der EU sind,

J.  in der Erwägung, dass es wichtig ist, das Recht eines Kindes auf ein Familienleben zu schützen und sicherzustellen, dass Kinder nicht gezwungen sind, lange in Waisenhäusern leben,

K.  in der Erwägung, dass nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon die Charta der Grundrechte der Europäischen Union rechtsverbindlich geworden ist, in der Erwägung, dass Kinder gemäß Artikel 24 „Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge [haben], die für ihr Wohlergehen notwendig sind“, und in der Erwägung, dass es überdies in Artikel 3 des Vertrags von Lissabon heißt, dass der Schutz der Rechte Minderjähriger zu den Zielen der Union gehört,

1.  fordert, dass geprüft wird, ob sich die Strategien, die sich auf das Instrument für die internationale Adoption beziehen, im Einklang mit den internationalen Übereinkommen auf europäischer Ebene koordinieren lassen, um die Unterstützung im Bereich der Informationsdienste, die Vorbereitung Länder überschreitender Adoptionen, die Bearbeitung der Antragsverfahren für internationale Adoptionen und die Dienstleistungen nach der Adoption zu verbessern, wobei zu berücksichtigen ist, dass in sämtlichen internationalen Übereinkommen über den Schutz der Rechte Minderjähriger anerkannt wird, dass Waisenkinder oder ausgesetzte Kinder Anspruch auf eine Familie und Schutz haben;

2.  fordert die Kommission auf, die Arbeitsweise der nationalen Systeme auf europäischer Ebene zu prüfen;

3.  vertritt die Auffassung, dass nach Möglichkeit und im Interesse des Kindes Adoptionen im Herkunftsland des Kindes oder alternativen Versorgungslösungen, wie Pflegefamilien und Pflegeeltern, oder der Unterbringung in einer Familie mittels internationaler Adoption – im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und internationalen Übereinkommen – Vorrang eingeräumt werden sollte und dass eine Unterbringung in Heimen nur eine Übergangslösung darstellen sollte;

4.  hebt hervor, dass die nationalen Rechtsvorschriften des Herkunftslandes der Familien anzuwenden sind, die ein Kind für eine internationale Adoption suchen, damit langfristig für den Schutz der Rechte der Kinder gesorgt ist;

5.  fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission dringend auf, in Zusammenarbeit mit der Haager Konferenz, dem Europarat und Kinderschutzorganisationen einen Rahmen zu entwickeln, durch den Transparenz und eine wirksame Überwachung des Schicksals ausgesetzter und adoptierter Kinder, einschließlich derer, die ein Verfahren der internationalen Adoption durchlaufen haben, gewährleistet wird und die Maßnahmen in einer Weise zu koordinieren, dass dem Kinderhandel zu Adoptionszwecken vorgebeugt wird;

6.  fordert die Organe der EU auf, eine aktivere Rolle auf der Haager Konferenz zu spielen, auf der Konferenz Druck auszuüben, damit die Verfahren für internationale Adoptionen verbessert, rationalisiert und vereinfacht werden, um unnötige Bürokratie abzubauen und sich gleichzeitig zum Schutz der Rechte von Kindern aus Drittländern zu verpflichten;

7.  fordert die zuständigen nationalen Behörden auf, dem Herkunftsmitgliedstaat regelmäßig über die Entwicklung der Kinder zu berichten, die ein Verfahren der internationalen Adoption durchlaufen haben;

8.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die psychologischen, emotionalen, physischen und sozialen bzw. erzieherischen Folgen des Wegzugs eines Kindes von seinem Geburtsort anzuerkennen und den Adoptiveltern und dem adoptierten Kind angemessene Unterstützung zu gewähren;

9.  fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Kinder mit besonderen Bedürfnissen, beispielsweise Kinder, die medizinische Betreuung benötigen, und behinderte Kinder, besonders zu berücksichtigen,

10.  stellt fest, dass Verfahrensgarantien und eine ordnungsgemäße Überprüfung sämtlicher zur Adoption gehörenden Unterlagen, einschließlich Geburtsurkunden, dazu beitragen, Kinder vor Verletzungen ihrer Rechte zu schützen, die in Zweifeln über ihr Alter oder ihre Identität begründet sind; vertritt die Auffassung, dass illegale Adoptionen durch ein sicheres Geburtenregistrierungssystem verhindert werden können; und fordert, dass rechtliche Lösungen zur Förderung der gegenseitigen Anerkennung der Unterlagen, die für eine Adoption notwendig sind, geprüft werden;

11.  fordert alle Organe der EU und sämtliche Mitgliedstaaten auf, sich aktiv am Kampf gegen den Kinderhandel zum Zwecke der illegalen Adoption zu beteiligen;

12.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Präsidenten des Europäischen Rates, dem Rat, der Kommission, der Haager Konferenz sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten.

(1) ABl. C 20 vom 20.1.1997, S. 176.
(2) ABl. C 41 E vom 19.2.2009, S. 24.


Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen der EG und Serbien
PDF 167kWORD 80k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2011 zur Integration Serbiens in Europa
P7_TA(2011)0014B7-0021/2011

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten und der Republik Serbien, das derzeit von den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament ratifiziert wird, und des Interimsabkommens über Handel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Republik Serbien, das am 1. Februar 2010 in Kraft getreten ist,

–  in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates vom 25. Oktober 2010, in denen die Kommission aufgefordert wird, eine Stellungnahme zu Serbiens Antrag auf Beitritt zur Europäischen Union auszuarbeiten, sowie der Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Juni 2010,

–  unter Hinweis auf die Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs vom 22. Juli 2010 über die Vereinbarkeit der einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo mit dem Völkerrecht und die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. September 2010, in der der Inhalt des Gutachtens gewürdigt und die Bereitschaft der Europäischen Union begrüßt wurde, den Dialog zwischen Belgrad und Pristina zu unterstützen(1),

–  in Kenntnis des Beschlusses 2008/213/EG des Rates vom 18. Februar 2008 über die Grundsätze, Prioritäten und Bedingungen der Europäischen Partnerschaft mit Serbien und zur Aufhebung des Beschlusses 2006/56/EG(2),

–  in Kenntnis des Fortschrittsberichts der Kommission 2010 zu Serbien(3) und der Mitteilung der Kommission vom 9. November 2010 mit dem Titel „Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2010 – 2011“(4),

–  in Kenntnis der gemeinsamen Erklärung der Interparlamentarischen Versammlung EU-Serbien vom 4./5. Oktober 2010,

–  in Kenntnis des Rückübernahmeabkommens EU-Serbien vom 8. November 2007(5) und der Verordnung des Rates (EG) Nr. 1244/2009 vom 30. November 2009 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind(6),

–  unter Hinweis auf seine Empfehlung an den Rat vom 25. Oktober 2007 zu den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Serbien(7) und seine Entschließung vom 26. November 2009 zum Strategiepapier 2009 der Kommission zur Erweiterung betreffend die Länder des westlichen Balkans, Island und die Türkei(8),

–  in Kenntnis der Berichte des Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (IStGHJ), die dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 18. Juni 2010 bzw. am 6. Dezember 2010 vorgelegt wurden,

–  in Kenntnis der Erklärung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidentin der Kommission, Catherine Ashton, vom 8. September 2010 über die nächsten Schritte bei den Vereinten Nationen bezüglich des Gutachtens zum Kosovo,

–  gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass in den im Anschluss an die Tagung des Europäischen Rates vom 19./20. Juni 2003 in Thessaloniki veröffentlichten Schlussfolgerungen des Vorsitzes allen westlichen Balkanstaaten zugesagt wurde, dass sie der Europäischen Union beitreten würden, sobald sie die festgelegten Kriterien erfüllen, und dass diese Zusage in dem erneuerten Konsens über die Erweiterung, der auf der Tagung des Europäischen Rates vom 14./15. Dezember 2006 gebilligt wurde, und in den Schlussfolgerungen des Rates vom 25. Oktober 2010 zu Serbien wiederholt wurde,

B.  in der Erwägung, dass das Tempo der Integration der Länder des westlichen Balkans in die EU von Land zu Land variiert und von den Ergebnissen jedes einzelnen Landes vor allem im Hinblick auf die Entschlossenheit abhängt, alle Anforderungen zu erfüllen, allen Verpflichtungen nachzukommen, die Reformen durchzuführen und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, die eine Mitgliedschaft in der EU mit sich bringt,

C.  in der Erwägung, dass ein konstruktives Konzept für die regionale Zusammenarbeit und gutnachbarliche Beziehungen Schlüsselelemente des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses darstellen und ausschlaggebend für die Umwandlung des westlichen Balkans in ein Gebiet dauerhafter Stabilität und nachhaltiger Entwicklung sind,

D.  in der Erwägung, dass Serbien in der Lage ist, eine wichtige Rolle bei der Gewährleistung der Sicherheit und Stabilität in der Region zu spielen,

E.  in der Erwägung, dass die EU selbst auf Grundsätzen wie Versöhnung, Kompromiss und friedliche Koexistenz beruht, dass die EU-Politik auf dem westlichen Balkan den gleichen Zielen folgt, um die Beziehungen zwischen den Völkern der Region zu verbessern, und dass die EU im Einklang mit dieser Politik alle Kriegsverbrechen verurteilt, die im ehemaligen Jugoslawien begangen wurden, und die Arbeit des IStGHJ und der lokalen Kriegsverbrechenkammern in ihrem Bemühen um Gerechtigkeit und Verantwortlichkeit unterstützt,

1.  bekräftigt, dass die Zukunft Serbiens in der EU liegt, und ermutigt das Land, seine Anstrengungen zur Erreichung dieses Ziels fortzusetzen; beglückwünscht Serbien zu den im Reformprozess erzielten Fortschritten; begrüßt den Beschluss des Rates vom 14. Juni 2010, das Ratifizierungsverfahren für das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Serbien einzuleiten, sowie die Tatsache, dass 11 Mitgliedstaaten das Abkommen bereits ratifiziert haben; fordert die übrigen Mitgliedstaaten auf, das Ratifizierungsverfahren rasch durchzuführen;

2.  begrüßt den am 22. Dezember 2009 übermittelten Antrag Serbiens auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union und den Beschluss des Ministerrates vom 25. Oktober 2010, die Kommission zur Prüfung des Antrags Serbiens aufzufordern; vertritt die Auffassung, dass der Beschluss des Rates ein positives Signal an Serbien sendet, und bestärkt das Land darin, die für die Erfüllung der Kopenhagener Kriterien erforderlichen Reformen zu beschleunigen; unterstreicht, dass der Beschluss des Rates einen wichtigen Beitrag zur Stabilität des westlichen Balkans darstellt; fordert die Kommission auf, in dieser Frage gemäß dem Verfahren von Artikel 49 des Vertrags über die Europäische Union eine Stellungnahme auszuarbeiten;

3.  begrüßt den Beschluss des Rates über die Visaliberalisierung, durch die es den serbischen Bürgerinnen und Bürgern seit dem 19. Dezember 2009 möglich ist, visumfrei in den Schengen-Raum einzureisen; begrüßt den Beschluss der serbischen Regierung, es EU-Bürgerinnen und Bürgern zu gestatten, mit ihrem Personalausweis nach Serbien einzureisen, und fordert weitere Initiativen zur Erleichterung der Kontakte zwischen den Menschen und der Mobilität der Menschen in den westlichen Balkanstaaten; fordert die serbischen staatlichen Stellen auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen und alle Anstrengungen zu unternehmen, um die Möglichkeiten eines Missbrauchs der Visumfreiheit zu begrenzen, insbesondere um sicherzustellen, dass serbische Bürgerinnen und Bürger über ihre Rechte und Pflichten im Rahmen der Visumfreiheit ordnungsgemäß unterrichtet werden;

4.  stellt mit Befriedigung fest, dass die IPA-Hilfe in Serbien gut funktioniert; ermutigt die Regierung und die EU, die Verwaltungsverfahren für die IPA-Finanzierung zu vereinfachen, um sie für kleinere und nicht zentralisierte Begünstigte besser zugänglich zu machen; betont, dass bei der bevorstehenden Überprüfung des Finanzrahmens der EU eine angemessene Höhe der Heranführungshilfe aufrechterhalten werden muss;

5.  begrüßt die gemeinsame Entschließung der EU und Serbiens zu dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs zur Vereinbarkeit der einseitigen Erklärung der Unabhängigkeit des Kosovo mit dem Völkerrecht, das am 9. September 2010 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen durch Zuruf angenommen wurde; begrüßt die Bereitschaft der serbischen Regierung, innerhalb eines EU-Rahmens in einen erneuten Dialog mit dem Kosovo zu treten, und fordert, dass die Gespräche unverzüglich aufgenommen werden; fordert Serbien auf, in einen Dialog mit dem Kosovo zu treten, ohne weiter auf neue Verhandlungen über den Status des Kosovo zu verweisen; äußert seine Zuversicht, dass zum Nutzen aller Einwohner des Kosovo ein schrittweiser Ansatz verfolgt werden kann; betont, dass für den erfolgreichen Verlauf des Dialogs von beiden Seiten Engagement sowie Kompromissbereitschaft mit Blick auf ihre gemeinsame europäische Zukunft und ihr gemeinsames Interesse an der Herstellung dauerhaften Friedens sowie dauerhafter Stabilität in der Region und an der Verbesserung des Wohlergehens der Menschen erforderlich sind; betont, dass die Fähigkeit, diesen Prozess zu erleichtern, einen Prüfstein für die Glaubwürdigkeit und den politischen Weitblick der EU in der gesamten Region darstellt; weist darauf hin, dass gute nachbarschaftliche Beziehungen eine der wichtigsten Voraussetzungen für alle westlichen Balkanstaaten sind, um auf dem Weg zur Mitgliedschaft in der EU Fortschritte zu erzielen;

6.  begrüßt die verbesserte Zusammenarbeit mit EULEX, unterstreicht jedoch, dass diesbezüglich weitere Anstrengungen erforderlich sind, insbesondere mit Blick auf die Verbesserung des Informationsaustausches; fordert die serbischen Staatsorgane auf, die Zusammenarbeit von EULEX mit den Kosovo-Serben im Zusammenhang mit ihren Bemühungen, im Norden des Kosovo Rechtsstaatlichkeit durchzusetzen, zu unterstützen;

7.  fordert die serbische Regierung nachdrücklich auf, serbische Parallelstrukturen im Kosovo abzubauen, die den Prozess der Dezentralisierung untergraben und die vollständige Integration der serbischen Gemeinschaft in die Institutionen des Kosovo verhindern; fordert in diesem Zusammenhang die serbischen Staatsorgane auf, eine konstruktive Rolle beim Aufbau und bei der Tätigkeit der kommunalen Einrichtungen in serbischen multiethnischen Gemeinden sowohl im Norden als auch südlich des Ibar zu übernehmen;

8.  fordert die serbischen Behörden auf, eine konstruktive Haltung gegenüber den bevorstehenden Parlamentswahlen im Kosovo einzunehmen; weist darauf hin, dass stabile und multiethnische Institutionen im Kosovo im Interesse sowohl Serbiens als auch der anderen Nachbarländer liegen, und betrachtet in diesem Zusammenhang die Beteiligung der Kosovo-Serben am Wahlprozess als unverzichtbares Element, um eine Ausgrenzung der kosovo-serbischen Gemeinschaft zu verhindern;

9.  nimmt die Bemühungen Serbiens und des Kosovo um das Auffinden von seit dem Konflikt der Jahre 1998/99 vermissten Personen im Rahmen der „Arbeitsgruppe zu Personen, die im Zusammenhang mit den Ereignissen im Kosovo vermisst werden“ zur Kenntnis; betont, wie wichtig die Lösung dieses Problems ist, um den Konflikt der Jahre 1998/99 hinter sich zu lassen; nimmt die schätzungsweise 1862 Fälle von Personen, die noch vermisst werden, zur Kenntnis und fordert sowohl Serbien als auch das Kosovo auf, sich gegenseitig, dem IKRK, der EULEX und anderen an der Suche nach diesen Personen beteiligten Stellen weitestgehend Hilfe zu leisten;

10.  betont, dass der Ausbau der regionalen Zusammenarbeit nach wie vor einen Hauptschwerpunkt für die EU bildet und als Motor für Aussöhnung, gute Nachbarschaft und die Verstärkung der Kontakte zwischen den Menschen auf dem westlichen Balkan gedacht ist; fordert Serbien daher auf, einen konstruktiven Ansatz für eine integrativere regionale Zusammenarbeit zu verfolgen, der es gestattet, eine praktische und nachhaltige Lösung für die Vertretung des Kosovo in regionalen Foren zu finden; begrüßt in diesem Zusammenhang die Durchführung der Hochrangigen Tagung EU–Westliche Balkanstaaten am 2. Juni 2010 in Sarajewo;

11.  erinnert daran, dass die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem IStGHJ eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass Serbien auf dem Weg zur Mitgliedschaft in der EU Fortschritte erzielt; stellt fest, dass Serbien den Amtshilfeersuchen des IStGHJ angemessen nachkommt, und fordert die serbische Regierung auf, weiterhin eng mit dem Gerichtshof zusammenzuarbeiten, einschließlich einer raschen Übergabe aller angeforderten Unterlagen und des zeitnahen Abschlusses aller vom IStGHJ zurückverwiesenen Fälle; weist jedoch auf die jüngste Einschätzung des Chefanklägers des IStGHJ hin, der zufolge die Bemühungen Serbiens, die beiden noch Flüchtigen festzunehmen, weiterhin als problematisch zu bezeichnen sind; betont, dass nur die Festnahme der Flüchtigen und ihre Auslieferung nach Den Haag als der überzeugendste Beweis für die vollständige Zusammenarbeit betrachtet werden kann, und fordert, dass mit Blick auf ihre Festnahme systematischere Schritte unternommen werden, damit das Mandat des Gerichtshofs endgültig erfüllt werden kann, und fordert nachdrücklich insbesondere eine Neubewertung des gegenwärtigen Konzepts im Einklang mit den Empfehlungen des IStGHJ; betont, dass Serbien den Status eines Bewerberlandes nur erlangen und/oder die Beitrittsverhandlungen mit der EU eröffnen kann, wenn der Ankläger des IStGHJ zu der Einschätzung gelangt, dass Serbien uneingeschränkt zusammengearbeitet hat;

12.  begrüßt die vom serbischen Parlament angenommene Entschließung zu Srebrenica als einen bedeutenden Schritt hin zu einer Sensibilisierung für die Gräueltaten, die in der jüngeren Vergangenheit verübt wurden, sowie zur regionalen Aussöhnung; lobt die Entscheidung von Staatspräsident Tadić, an der Begehung des 15. Jahrestags des Völkermords von Srebrenica teilzunehmen, als einen weiteren Schritt in diese Richtung; begrüßt ebenso seine Reise nach Vukovar, wo er der Opfer des Massakers von Ovčara von 1991 gedachte und Worte der Entschuldigung gegenüber den Opfern äußerte, um der Entwicklung guter nachbarschaftlicher Beziehungen zwischen Serbien und Kroatien neue Impulse zu verleihen; begrüßt das Engagement und die Professionalität der Sonderstaatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen, unter anderem die rasche Reaktion im Zusammenhang mit den Ermittlungen betreffend den Perućac-See;

13.  nimmt die Reform des Justizwesens zur Kenntnis und fordert weitere energische Anstrengungen zur Gewährleistung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Richter und zur Verbesserung der Effizienz der Arbeit der Gerichte; begrüßt die politische Entscheidung, das Verfahren zur Wiederernennung von Richtern einzuleiten, betont jedoch, dass dieses transparent durchgeführt werden sollte, wobei das Recht der nicht wieder ernannten Richter gewährleistet sein muss, diese Entscheidungen wirksam anzufechten, und warnt vor einer Politisierung dieses Prozesses; weist auf die Verzögerungen bei der Annahme der einschlägigen Rechtsvorschriften hin und fordert die Regierung auf, dem Parlament die verbleibenden Gesetzesentwürfe rasch zu übermitteln; fordert vollständige Transparenz in der Rechtspflege; fordert darüber hinaus, dass Gerichten, unter anderem dem Verfassungsgericht, Finanz- und Verwaltungsressourcen zugewiesen werden, damit ihre Funktionsweise verbessert und der Rückstau anhängiger Rechtssachen aufgelöst wird; vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass die Rückgabe von Eigentum an die früheren Besitzer erheblichen Vorrang genießen sollte; betont, dass die Unschuldsvermutung ein zentraler rechtlicher Grundsatz zur Gewährleistung der Rechtsstaatlichkeit ist; fordert die Staatsorgane und insbesondere die Exekutive auf, diesen Grundsatz streng einzuhalten;

14.  weist darauf hin, dass die Staatsorgane den Anstrengungen zur Aufrechterhaltung der Rechtsstaatlichkeit größte Priorität einräumen sollten; begrüßt die Fortschritte bei der Bekämpfung der Korruption, die unter anderem durch Gerichtsverfahren, die jüngst großes Aufsehen erregten, und durch die Schaffung des geeigneten Rechtsrahmens sowie durch die Aufnahme der Tätigkeit der Korruptionsbekämpfungsbehörde im Januar 2010 zum Ausdruck gekommen sind, unterstreicht jedoch, dass Korruption im Land weiterhin weit verbreitet ist, und fordert daher, dass größere Anstrengungen unternommen werden, um sie auszurotten; nimmt insbesondere die Rolle des illegalen Handels und der negativen Folgen dieser und anderer gesetzwidriger Aktivitäten bei der Aufrechterhaltung krimineller Netze zur Kenntnis; weist auf die Praxis hin, zwei Ämter gleichzeitig auszuüben, die eine große Gefahr von Interessenkonflikten in sich birgt und gegen die vorrangig vorgegangen werden sollte; ist in diesem Zusammenhang besorgt über die jüngsten Änderungen des Gesetzes über die Korruptionsbekämpfungsbehörde, die in die entgegen gesetzte Richtung deuten, und nimmt zur Kenntnis, dass die Korruptionsbekämpfungsbehörde das Verfassungsgericht mit der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen befasst hat; fordert die Staatsorgane auf, der Korruptionsbekämpfungsbehörde die für ihre Tätigkeit erforderliche politische und administrative Unterstützung zukommen zu lassen, und unterstreicht die Notwendigkeit, die von der Korruptionsbekämpfungsbehörde gemeldeten Korruptionsfälle rasch zu untersuchen; fordert die Annahme von Änderungen zum Gesetz über die Parteienfinanzierung zur Gewährleistung umfassender Transparenz und eines wirkungsvollen Überwachungssystems für die Parteienfinanzierung; ermutigt die staatlichen Stellen, Rechtsvorschriften zu erlassen, die einen wirksamen Schutz von Informanten bewirken; betont, wie bedeutsam die Rückgabe von Eigentum als ein wichtiger Schritt mit Blick auf die Rechtspflege ist; unterstreicht die Bedeutung der strengen Einhaltung etablierter Verfahren, um das Vertrauen der Gesellschaft in die Unparteilichkeit der Rechtspflege zu stärken;

15.  begrüßt die Fortschritte bei der Reformierung der öffentlichen Verwaltung; betont, dass weitere Anstrengungen in Bezug auf die Schaffung eines unabhängigen öffentlichen Dienstes unternommen werden sollten, und fordert dazu die Einführung eines leistungsorientierten Laufbahnsystems, einschließlich eines professionellen und transparenten Einstellungsprozesses und eines effizienten Personalmanagements, und weist in diesem Zusammenhang auf die schädliche Praxis hin, Personal auf eine Weise einzustellen, die nicht im Einklang mit dem Gesetz für öffentliche Bedienstete steht, oftmals auf der Grundlage politischer Beziehungen; verweist auf die Unterrepräsentierung von Angehörigen nationaler Minderheiten in der öffentlichen Verwaltung und in den Gerichten sowie in staatseigenen Unternehmen; weist auf die kontinuierliche Notwendigkeit des Kapazitätsaufbaus in der Verwaltung hin, sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene; fordert eine weitere Stärkung der Kapazitäten und der Koordinierung der öffentlichen Verwaltung auf dem Gebiet der EU-Integration und fordert die Kommission auf, die staatlichen Stellen diesbezüglich in Abstimmung mit anderen Gebern weiterhin zu unterstützen;

16.  begrüßt die Fortschritte bei der Polizeireform und die zunehmende Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten und EU-Staaten im Polizeibereich; begrüßt insbesondere die Vereinbarung über die polizeiliche Zusammenarbeit mit Kroatien, Montenegro sowie Bosnien und Herzegowina; begrüßt die Unterzeichnung eines Fahrplans für die Zusammenarbeit mit Europol mit Blick auf den Abschluss eines operativen Abkommens mit dieser EU-Strafverfolgungsbehörde; betont jedoch, dass verstärkte Bemühungen notwendig sind, um die Herausforderungen des Fahrplans zu bewältigen, vor allem in Bereichen des Schutzes von personenbezogenen Daten und Verschlusssachen, die auch Schlüsselelemente einer Kooperationsvereinbarung mit Eurojust darstellen;

17.  weist auf die Fälle unangemessenen Verhaltens der Polizei hin, einschließlich Machtmissbrauch und Gewalt von Polizeibeamten gegen Bürgerinnen und Bürger, und fordert weitere energische Anstrengungen zur Bestrafung der Täter; begrüßt daher die Zusammenarbeit der Polizei mit unabhängigen Aufsichtsbehörden und die Umsetzung ihrer Erkenntnisse; betrachtet die Neutralität der Polizei und anderer Strafverfolgungsorgane beim Umgang mit Angehörigen aller Minderheiten als höchste Priorität und fordert die Behörden auf, das Sensibilitätstraining auf diesem Gebiet zu verbessern; begrüßt die Anstrengungen zur Erhöhung des Frauenanteils bei den Polizeikräften;

18.  begrüßt die bisherigen Bemühungen um Beseitigung des durch die Tätigkeit der Sicherheitskräfte entstandenen Erbes aus der Vergangenheit; weist in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit einer weiteren Reformierung des Sicherheitssektors hin, insbesondere der Lustration, und einer verstärkten parlamentarischen Aufsicht und Kontrolle der Sicherheitsdienste; weist die Staatsorgane darauf hin, dass die Öffnung der Archive von Sicherheitsdiensten für die Öffentlichkeit für eine erfolgreiche regionale Aussöhnung erforderlich ist, insbesondere mit Blick auf die Grausamkeiten, die während des Zweiten Weltkrieges und danach verübt wurden; weist auf den unzureichenden Schutz der Rechte auf Privatsphäre hin und fordert in diesem Zusammenhang weitere Reformen;

19.  begrüßt die verbesserte Koordinierung zwischen der Polizei und den Staatsanwälten, die zu Ergebnissen bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Drogenhandels geführt hat, die gemeinsame Herausforderungen für die EU und Serbien darstellen; nimmt die Unterzeichnung von Vereinbarungen über Zusammenarbeit mit lateinamerikanischen Ländern zur Kenntnis, die auf eine wirksamere Bekämpfung des überseeischen Drogenhandels abzielt; fordert, dass weitere Anstrengungen unternommen werden, um die internen polizeilichen und justiziellen Kapazitäten zu verbessern, und betont, dass der Drogenhandel von und über Serbien der EU weiterhin Anlass zur Sorge gibt;

20.  erinnert daran, wie wichtig ein gut funktionierendes Parlament als eine zentrale Einrichtung innerhalb des demokratischen Systems ist, und begrüßt die verfahrenstechnischen Neuerungen infolge der Verabschiedung des neuen Gesetzes über die Nationalversammlung; fordert die sofortige Abschaffung der verfassungswidrigen Praktiken im Zusammenhang mit den „Blankomandaten“, die es den politischen Parteien ermöglichen, die Aktivitäten der Mitglieder des Parlaments zu kontrollieren; fordert ferner die Abschaffung der willkürlichen Zuteilung der Parlamentssitze; fordert die politischen Parteien auf, so bald wie möglich, auf jeden Fall aber vor Ablauf der aktuellen Wahlperiode des Parlaments, geeignete Bestimmungen einzuführen, die den europäischen demokratischen Standards entsprechen; begrüßt die Annahme der Geschäftsordnung des neuen Parlaments; fordert eine Stärkung der Kontrolle der Tätigkeiten der Regierung und würdigt die zu diesem Zweck förmlich in die Geschäftsordnung aufgenommenen öffentlichen Anhörungen; begrüßt, dass die Geschäftsordnung erstmals Bestimmungen über die Kontrolle unabhängiger Gremien enthält; äußert allerdings Bedenken hinsichtlich der möglichen Einmischung des Parlaments in die Arbeit dieser Gremien; fordert die Ausarbeitung neuer Bestimmungen im Einklang mit den Empfehlungen der Venedig-Kommission, die den Rechtsrahmen abgesteckt hat, damit diese Gremien ihre Arbeit unabhängig durchführen können;

21.  würdigt die Arbeit des Bürgerbeauftragten zum Schutz der Rechte der Bürger im Hinblick auf das reibungslose Funktionieren der staatlichen Institutionen, einschließlich der Maßnahmen zur Unterstützung der Kinder- und Minderheitenrechte auf staatlicher Ebene und auf Provinzebene; fordert die Staatsorgane auf, diese Bemühungen zu erleichtern und angemessene Folgemaßnahmen zu den Empfehlungen des Bürgerbeauftragten sicherzustellen; begrüßt die Einrichtung von drei lokalen Büros des Bürgerbeauftragten in den Städten Preševo, Bujanovac und Medvedja;

22.  erinnert daran, dass starke und unabhängige Medien für die Demokratie äußerst wichtig sind, und fordert, dass Schritte unternommen werden, um ihre Unabhängigkeit von politischem oder sonstigem Einfluss zu gewährleisten; begrüßt die Bemühungen der serbischen Regierung zur Schaffung eines Rechtsrahmens, der die Redefreiheit gewährleistet, äußert sich jedoch besorgt über Versuche, den Mediensektor zu kontrollieren und sich in diesen Bereich einzumischen; ist besorgt über die Meinungsverschiedenheiten betreffend die Privatisierung der Tageszeitung „Večernje novosti“ und fordert die Regierung auf, die Gleichbehandlung aller ausländischen und inländischen Investoren sicherzustellen; verurteilt die gegen serbische Journalisten gerichteten Angriffe und Drohungen und fordert die staatlichen Stellen auf, diese Fälle umfassend zu untersuchen und die Täter vor Gericht zu stellen; weist auf die Konzentration von Eigentumsrechten und die mangelnde Transparenz im Mediensektor hin; weist auf Fälle von Veröffentlichung personenbezogener Daten hin und unterstreicht die Notwendigkeit der Selbstregulierung seitens der Journalisten und der Einhaltung des Ethik-Kodexes; weist darauf hin, dass die Zahl der Internetzugänge nach wie vor gering ist, erkennt die Bedeutung des Internets für die Freiheit der Medien an und fordert die Staatsorgane nachdrücklich auf, in diesem Bereich positive Schritte zu unternehmen;

23.  betont, wie wichtig der Prozess der Dezentralisierung für ein besseres Funktionieren des Staates ist, im Rahmen dessen den Bürgerinnen und Bürgern der Staat nähergebracht wird und gleichzeitig ihrem Recht auf Autonomie der Provinzen und lokale Selbstverwaltung Rechnung getragen wird; begrüßt in diesem Zusammenhang die Annahme des Gesetzes über die nationalen Minderheitenräte, das die Befugnisse und die Wahl der nationalen Minderheitenräte im Einklang mit internationalen Standards regelt; erkennt die Fortschritte bei der Umsetzung der Verfassung vom November 2006 durch die Annahme des Statuts und des Gesetzes über die Befugnisse der Vojvodina an; fordert, dass der Prozess der Machtübertragung durch die Annahme des Gesetzes über die öffentlichen Einnahmen und des Gesetzes über das öffentliche Eigentum der Vojvodina und der Kommunen fortgesetzt wird, die es der Vojvodina ermöglichen werden, mit der Ausübung ihrer Befugnisse gemäß dem neuen Statut zu beginnen; fordert außerdem weitere politische Anstrengungen, um den Bestrebungen der albanischen Minderheit im Preševo-Tal in Bezug auf eine örtliche Verwaltung durch die rasche Bereitstellung angemessener Mittel im Einvernehmen mit der Koordinierungsstelle für die Gemeinden Preševo, Bujanovac und Medvedja Rechnung zu tragen; weist zugleich darauf hin, dass die Hauptverantwortung bei den Vertretern der albanischen Minderheit liegt, und fordert diese nachdrücklich auf, gegen schrille nationalistische und sezessionistische Rhetorik vorzugehen, die in krassem Gegensatz zu den europäischen Grundwerten steht; betont gleichermaßen, wie wichtig die Einbeziehung von Serben in diese Kommunalregierungen ist;

24.  begrüßt die Bemühungen Serbiens auf dem Gebiet des Minderheitenschutzes; betont jedoch, dass der Zugang zu Informationen und Bildung in Minderheitensprachen noch verbesserungswürdig ist, insbesondere was die bosnische, die bulgarische, die bunjewakische und die rumänische Minderheit betrifft;

25.  begrüßt die Bildung der Mehrheit der nationalen Minderheitenräte, durch die es den Minderheiten ermöglicht wird, Entscheidungen in den Bereichen Bildung, Kultur, Gebrauch von Minderheitensprachen und öffentliche Informationen zu treffen; weist auf die Bedeutung der vollständigen Umsetzung der Befugnisse dieser Minderheitenselbstverwaltungen sowie auf die Notwendigkeit angemessener finanzieller Zuschüsse hin, die im Gesetz über die nationalen Minderheitenräte zugesichert werden; nimmt die Beschwerden über Unregelmäßigkeiten bei den Vorbereitungen und den rechtlichen Anforderungen für die Einrichtung der Räte sowie die Beschwerden über Verstöße gegen die garantierten Befugnisse der nationalen Räte durch einige Ministerien und Kommunen zur Kenntnis und fordert die staatlichen Stellen auf, sie zu bearbeiten; äußert Bedenken in Bezug auf die Bildung des bosnischen nationalen Rats und fordert einen raschen Abschluss des Prozesses im Einklang mit den Vorschriften und eine legitime Vertretung der Bosnier in dem Rat; ist besorgt über die zunehmenden Spannungen in Sandžak, die unter anderem in jüngsten gewaltsamen Zwischenfällen zum Ausdruck kamen, und fordert nachdrücklich, dass politischer Streit im Dialog in demokratischen Institutionen gelöst wird;

26.  begrüßt die Fortschritte bei der Förderung der Gleichstellung der Geschlechter, insbesondere die Annahme des Gleichstellungsgesetzes und des nationalen Aktionsplans zur Verbesserung der Stellung der Frauen und zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter; erinnert jedoch daran, dass die Umsetzung der betreffenden Maßnahmen noch aussteht und dass Frauen nach wie vor diskriminiert werden, vor allem auf dem Arbeitsmarkt; fordert daher die serbischen staatlichen Stellen auf, den neuen Rechtsrahmen für die Gleichstellung der Geschlechter rasch in die Praxis umzusetzen und die Fragen anzugehen, die im umfassenderen Sinne mit der Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts zu tun haben, wie zum Beispiel die Zunahme der häuslichen Gewalt in Serbien;

27.  fordert, dass weitere Schritte unternommen werden, um das Antidiskriminierungsgesetz vollständig umzusetzen, und begrüßt die Fortschritte auf diesem Gebiet, insbesondere die Schaffung des Amtes des Beauftragten für Chancengleichheit als einen wichtigen Schritt zur Gewährleistung der Gleichbehandlung aller Bürgerinnen und Bürger Serbiens;

28.  ruft in Erinnerung, dass die Meinungs- und Versammlungsfreiheit europäische Grundwerte sind, und begrüßt die Tatsache, dass die Schwulen- und Lesbenparade in Belgrad am 10. Oktober 2010 stattfand; betrachtet diese Veranstaltung als einen Schritt von herausragender Bedeutung für die Schaffung einer offenen, toleranten und vielfältigen Gesellschaft und als ein Zeichen für das Engagement der Regierung, die EU-Toleranzstandards aufrechtzuerhalten und gefährdete Minderheiten in der Gesellschaft zu schützen; begrüßt die angemessenen Sicherheitsmaßnahmen, die zum Schutz der Teilnehmer an der Parade getroffen wurden;

29.  bedauert allerdings die gewalttätigen Ausschreitungen, die mit der Parade einhergingen und die zu einer hohen Zahl Verletzter führten, hauptsächlich in den Reihen der Polizei; weist darauf hin, dass die beteiligten Extremisten indirekt von bestimmten politischen Parteien und prominenten religiösen Führern unterstützt wurden; fordert die serbischen Staatsorgane auf, die Rechtsstaatlichkeit sicherzustellen, indem sie die Gewalttäter verfolgen, die die Parade gestört haben, und die extremistischen Organisationen, denen diese angehören, wirksam zu verbieten; stellt fest, dass diese Organisationen in der Vergangenheit, insbesondere am 17. Februar 2008 und bei einigen Sportveranstaltungen, für schwerwiegende Gewalttaten verantwortlich waren; nimmt in diesem Zusammenhang zur Kenntnis, dass einige dieser Fälle derzeit vor dem Verfassungsgericht anhängig sind; fordert angemessene Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung aller Arten von Extremismus und Radikalismus in der Gesellschaft;

30.  hebt hervor, dass viele Roma nach wie vor in extremer Armut leben, die sich besonders nachteilig auf die Lebenschancen junger Roma auswirkt; hebt außerdem hervor, dass sie auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert werden und nur 5 % von ihnen über einen festen Arbeitsplatz verfügen; fordert die staatlichen Stellen auf, dringend Maßnahmen in Bezug auf die Lage der Roma durch Ausstellung von Personalausweisen für alle zu ergreifen sowie ihren Zugang zu angemessenem Wohnraum, zum Arbeitsmarkt, zu Bildung und zum Gesundheitssystem zu verbessern; weist auf die ständige Diskriminierung sowie jüngste Fälle von gegen die Romabevölkerung gerichteter Gewalt und von gewaltsamer Umsiedlung von Roma durch serbische Behörden hin;

31.  verweist darauf, dass Serbien das Land mit der höchsten Zahl von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen in Europa ist, betont deren schwierige Lage in Bezug auf Wohnraum und Armut und fordert die serbischen Staatsorgane auf, die nationale Flüchtlingsstrategie zu überprüfen; begrüßt die Initiativen Serbiens zur Wiederbelebung der regionalen Bemühungen um eine dauerhafte Lösung der Flüchtlingsproblematik und fordert die Unterzeichnerländer der Erklärung von Sarajevo auf, in diesem Bereich greifbarere Fortschritte zu erzielen; weist in diesem Zusammenhang auf die gemeinsame Zusage des serbischen und des kroatischen Präsidenten hin, das Schicksal der Vermissten zu untersuchen und Lösungen für Probleme zu finden, die im Zusammenhang mit den Flüchtlingen und Rückkehrern stehen; fordert die Kommission auf, ihren politischen Einfluss auf die Bewerberländer und die potenziellen Bewerberländer in der Region zu nutzen, um für eine Beseitigung der Hindernisse für die Rückführung der Flüchtlinge zu sorgen; weist ferner darauf hin, dass infolge von Rückübernahmeabkommen mit EU-Staaten bis zu 150 000 Rückkehrer zu erwarten sind und dass deren erfolgreiche Wiedereingliederung gründliche Vorbereitungen erfordern wird, insbesondere auf der Ebene der lokalen staatlichen Stellen; betont die wichtige Rolle, die die Organisationen der Zivilgesellschaft in diesem Prozess spielen;

32.  begrüßt die Reformen im Militärbereich, insbesondere die der Professionalisierung der serbischen Streitkräfte geltenden Reformen, die am 1. Januar 2011 in Kraft traten, als einen wichtigen Schritt zur Modernisierung der Streitkräfte und zur weiteren Stärkung der zivilen Kontrolle des Militärs;

33.  betont die wichtige Rolle, die die Zivilgesellschaft bei der Festlegung der politischen Prioritäten spielt; betont die Bedeutung des Dialogs mit den Organisationen der Zivilgesellschaft und unterstreicht, dass die Akteure der Zivilgesellschaft dank ihrem Beitrag zur verstärkten regionalen Zusammenarbeit bei gesellschaftlichen und politischen Aspekten eine maßgebliche Rolle spielen; begrüßt die Tatsache, dass das neue Gesetz über Vereinigungen, das 2009 verabschiedet wurde, den Rechtsstatus von NRO klargestellt hat, und dass Verbesserungen bei der Zusammenarbeit zwischen der serbischen Verwaltung und der Zivilgesellschaft erzielt wurden; erkennt die Bemühungen der Regierung zur Konsultation der Zivilgesellschaft an; fordert die staatlichen Stellen auf, weitere Schritte zu unternehmen, um die Beteiligung von Akteuren der Zivilgesellschaft am politischen Entscheidungsprozess und an der Überwachung der Tätigkeit der staatlichen Stellen zu formalisieren und zu verstärken; unterstreicht, dass Menschen, die sich für die Verteidigung der Bürgerrechte einsetzen, insbesondere LGBT-Aktivisten, Personen, die sich mit Kriegsverbrechen befassen, sowie Personen, die eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo anstreben, unterstützt und geschützt werden müssen;

34.  bekundet in dieser Hinsicht seine Unterstützung für die RECOM-Initiative (Regionalkommission für Wahrheitsfindung und Aufrichtigkeit in Bezug auf Kriegsverbrechen und andere schwere Verstöße gegen die Menschenrechte im ehemaligen Jugoslawien), um den Sensibilisierungs- und Aussöhnungsprozess in den westlichen Balkanstaaten weiter voranzutreiben, und fordert von den staatlichen Stellen in Serbien und anderen betroffenen Ländern Unterstützung für diesen Prozess;

35.  betont, wie außerordentlich wichtig das Bildungssystem für die Jugend des Landes und die künftigen Wirtschaftsaussichten ist; unterstreicht, dass moderne und hohe Bildungsstandards, die Generationen hochqualifizierter Arbeitnehmer hervorbringen, zu den wichtigsten Voraussetzungen sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung gehören; bedauert die in dem Land herrschende hohe Arbeitslosigkeit, insbesondere unter den Jugendlichen, und den geringen Anteil an Universitätsabsolventen; fordert die staatlichen Stellen auf, die Bestimmungen des Bologna-Prozesses vollständig umzusetzen und das serbische Bildungssystem mit den europäischen Standards in Einklang zu bringen; begrüßt die Fortschritte im Bereich Wissenschaft und Forschung, weist jedoch darauf hin, dass für den Beitritt Serbiens zum Europäischen Forschungsraum weitere Anstrengungen erforderlich sind; fordert die staatlichen Stellen ferner auf, die Investitionen in die nationalen Forschungskapazitäten zu erhöhen, damit die Forschungsstandards und -kapazitäten nicht hinter denen Europas zurückbleiben;

36.  erkennt den erweiterten allgemeinen Tarifvertrag an, den die serbische Regierung mit den Gewerkschaften und dem Arbeitgeberverband im November 2008 geschlossen hat; ermutigt die serbische Regierung, die derzeitige Aussetzung des Vertrags zu beenden; betont, dass die Gewerkschaftsrechte trotz der verfassungsrechtlichen Garantien nach wie vor beschränkt sind, und fordert Serbien auf, die Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte zu verbessern; ist besorgt über die Tatsache, dass der soziale Dialog weiterhin schwach ausgeprägt ist und die Anhörung der Sozialpartner unregelmäßig erfolgt; erkennt an, dass der Wirtschafts- und Sozialrat häufiger getagt hat und alle Fachgremien arbeitsfähig sind, ist jedoch besorgt darüber, dass die Kapazitäten dieser Einrichtung nach wie vor schwach sind; fordert weitere Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschafts- und Sozialrats, um sicherzustellen, dass dieser bei der Stärkung des sozialen Dialogs eine tatkräftigere Rolle spielen und eine aktivere beratende Funktion bei der Gesetzgebung wahrnehmen kann;

37.  weist auf die schwierige Lage im Strafvollzugssystem hin und fordert, dass Maßnahmen ergriffen werden, um Abhilfe für überfüllte Strafvollzugsanstalten zu schaffen, die unzumutbaren Haftbedingungen zu verbessern und angemessene Wiedereingliederungsprogramme und Schulungsmaßnahmen für Häftlinge vorzusehen;

38.  betont die nachteiligen Folgen der Finanzkrise für das Land; nimmt die jüngste Überarbeitung des Standby-Abkommens mit dem IWF zur Kenntnis, die mit einer positiven Bewertung der makroökonomischen Maßnahmen des Landes einherging, und begrüßt die Einrichtung des Investitionsrahmens für den westlichen Balkan zur Förderung der Integration und der wirtschaftlichen Erholung der Region durch Bereitstellung von Darlehen für vorrangige Infrastrukturprojekte; fordert die Ausweitung dieses Rahmens auf die Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen und legt Serbien nahe, diese neuen finanziellen Ressourcen sowie die Möglichkeiten der IPA-Hilfe auch dafür zu nutzen, die am stärksten gefährdeten Gruppen in der Gesellschaft wirksamer vor den Auswirkungen der Krise zu schützen;

39.  erinnert daran, dass das Bestehen von Monopolen die Entwicklung einer voll funktionsfähigen Marktwirtschaft erheblich behindert; fordert die Regierung daher auf, entschlossene Maßnahmen zu ihrer Beseitigung zu ergreifen, um eine wirksame Wettbewerbspolitik sicherzustellen; betont, dass die Hindernisse, die es kleinen und mittleren Unternehmen erschweren, in der Wirtschaft Fuß zu fassen, nach wie vor erheblich größer sind, als dies wünschenswert wäre; begrüßt die Einrichtung von Regulierungsstellen in mehreren Bereichen und erwartet, dass die staatlichen Stellen die Unabhängigkeit dieser Gremien sicherstellen, um zu vermeiden, dass diese „vereinnahmt“ werden;

40.  stellt darüber hinaus fest, dass die nationale Statistik und die Wirtschaftsstatistik des Landes einer weiteren Verbesserung bedürfen, und fordert die staatlichen Stellen auf, deren Niveau anzuheben;

41.  fordert die serbischen staatlichen Stellen und politischen Bewegungen auf, sich entschlossener für eine Beschäftigungspolitik und sozialen Zusammenhalt einzusetzen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die der Entwicklung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, freier Marktwirtschaft und Achtung der Menschenrechte zuträglich sind;

42.  fordert weitere Anstrengungen zur Entwicklung eines nachhaltigen öffentlichen Verkehrsnetzes in Serbien und im gesamten westlichen Balkan sowie zur Verbesserung der Straßeninfrastruktur einschließlich des schnellen Abschlusses des Korridors X sowie des ebenso bedeutsamen Schienen- und Binnenschifffahrtsverkehrs; betont, wie wichtig ein integriertes Verkehrssystem sowohl für die wirtschaftliche Entwicklung der serbischen Regionen als auch für den Ausbau des regionalen Handels ist; äußert besonderes Interesse an der Entwicklung der Donaustrategie, die darauf gerichtet ist, die Anbindungs- und Kommunikationssysteme zu verbessern (und die sich insbesondere auf Verkehrs- und Energiefragen sowie auf die Informationsgesellschaft erstreckt), die Umwelt zu schützen, Naturgefahren vorzubeugen und die sozioökonomische Entwicklung zu stärken;

43.  bedauert in diesem Zusammenhang die schlechten Rahmenbedingungen im öffentlichen Verkehr, insbesondere im Eisenbahnverkehr; fordert die serbische Regierung auf, die IPA-Mittel voll auszuschöpfen, um das Eisenbahnnetz auszubauen, zu verbessern und zu modernisieren und die Verbindungen mit den angrenzenden Ländern für den Personen- und Güterverkehr zu verbessern;

44.  äußert sich anerkennend über die guten Fortschritte Serbiens auf dem Gebiet des Umweltschutzes; ermutigt jedoch zu verstärkten Anstrengungen im Bereich erneuerbare Energiequellen und Energieeffizienz und weist darauf hin, dass die Umsetzung der wichtigsten Bestandteile des Besitzstands bei den erneuerbaren Energiequellen noch aussteht und dass ein Rechtsrahmen für die Energieeffizienz noch erlassen werden muss;

45.  begrüßt, dass die Agentur für chemische Stoffe ein Regelwerk angenommen hat, mit dem die Herstellung von chemischen Stoffen, die eine Gefahr für die menschliche Gesundheit und die Umwelt darstellen, begrenzt oder verboten wird und der Chemiesektor in Einklang mit den Rechtsvorschriften der EU gebracht wird; bedauert jedoch, dass sich die Anwendung einiger Vorschriften, die moderne Technologie und damit verbundene Investitionen erfordern, verzögert hat, da sie nach Aussagen von Branchenvertretern zu finanziellen Verlusten führen und die Geschäftstätigkeit der Branche in Serbien erheblich stören würde; fordert die rasche und vollständige Umsetzung des grünen Gesetzgebungspakets von 2009;

46.  begrüßt die Abkommen mit Montenegro und Kroatien, welche die Auslieferung der Bürger dieser Staaten ermöglichen, die im Verdacht stehen, an Straftaten beteiligt gewesen zu sein, die der organisierten Kriminalität zuzurechnen sind, sowie die vorgesehenen Gespräche über die Festlegung der Grenzen zwischen Serbien und Kroatien; ermutigt die serbische Regierung, ähnliche Abkommen mit anderen Nachbarstaaten abzuschließen, und begrüßt die in dieser Hinsicht von Serbien und Montenegro ergriffenen Schritte; ermutigt Serbien, mit den benachbarten Ländern weiterhin Erkenntnisse und Beweismaterial zu grenzübergreifenden kriminellen Netzen auszutauschen, insbesondere zu Netzen, die am Drogenhandel beteiligt sind, um die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität auf dem Balkan wirksam zu bekämpfen;

47.  unterstreicht die wichtige Rolle Serbiens für die Stabilität des gesamten westlichen Balkans und insbesondere für die Stabilität und den Zusammenhalt von Bosnien und Herzegowina; fordert die serbischen Staatsorgane in diesem Zusammenhang auf, alle erforderlichen Verfassungsänderungen aktiv zu unterstützen, die die staatlichen Institutionen von Bosnien und Herzegowina in die Lage versetzen würden, die ehrgeizigen Reformen im Prozess der europäischen Integration durchzuführen; fordert Belgrad insbesondere auf, die Konsolidierung, Straffung und Stärkung der bosnischen staatlichen Institutionen zu unterstützen;

48.  fordert die serbischen staatlichen Stellen auf, die Annäherung an die EU-Rechtsvorschriften und Standards im Umweltbereich fortzusetzen und die verabschiedeten Rechtsvorschriften anzuwenden und durchzusetzen;

49.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie der Regierung und dem Parlament Serbiens zu übermitteln.

(1) A/RES/64/298.
(2) ABl. L 80 vom 19.3.2008, S. 46.
(3) SEK(2010)1330.
(4) KOM(2010)0660.
(5) ABl. L 334 vom 19.12.2007, S. 46.
(6) ABl. L 336 vom 18.12.2009, S. 1.
(7) ABl. C 263 E vom 16.10.2008, S. 626.
(8) ABl. C 285 E vom 21.10.2010, S. 47.


Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen EG/Serbien ***
PDF 197kWORD 30k
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2011 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates und der Kommission über den Abschluss des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Serbien andererseits (15619/1/2007 – C7-0341/2010 – 2007/0255(NLE))
P7_TA(2011)0015A7-0362/2010

(Zustimmung)

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis des Entwurfs eines Beschlusses des Rates und der Kommission (15619/1/2007),

–  in Kenntnis des Entwurfs eines Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Serbien andererseits (16005/2007),

–  in Kenntnis des vom Rat gemäß Artikel 217, Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a und Artikel 218 Absatz 8 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie gemäß Artikel 101 Absatz 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft unterbreiteten Ersuchens um Zustimmung (C7-0341/2010),

–  gestützt auf Artikel 81 und Artikel 90 Absatz 8 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A7-0362/2010),

1.  gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens;

2.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Republik Serbien zu übermitteln.


Europäische Initiative zur Alzheimer-Krankheit und zu anderen Demenzerkrankungen
PDF 172kWORD 81k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2011 zu einer europäischen Initiative zur Alzheimer-Krankheit und zu anderen Demenzerkrankungen (2010/2084(INI))
P7_TA(2011)0016A7-0366/2010

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf Artikel 168 des EG-Vertrags,

–  unter Hinweis auf Artikel 35 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates über Maßnahmen zur Bekämpfung von neurodegenerativen Krankheiten, insbesondere Alzheimer, durch gemeinsame Programmplanung im Bereich der Forschung und auf die Schlussfolgerungen des Rates zu Strategien im Bereich des Gesundheitswesens zur Bekämpfung altersbedingter neurodegenerativer Erkrankungen, insbesondere der Alzheimer-Krankheit,

–  unter Hinweis auf die im Rahmen des von „Alzheimer Europe“ koordinierten und von der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz finanzierten EU-Projekts EuroCoDe (Europäische Zusammenarbeit im Bereich der Demenz) (2006/2008) gewonnenen Erkenntnisse und den Welt-Alzheimer-Bericht 2010, der von „Alzheimer's Disease International“ (ADI) im Zusammenhang mit dem Welt-Alzheimer-Tag am 21. September 2010 veröffentlicht wurde,

–  unter Hinweis auf die Ergebnisse des von der Kommission finanzierten europäischen „Alzheimer Europe“-Projekts EuroCoDe (Europäische Zusammenarbeit im Bereich der Demenz),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über eine europäische Initiative zur Alzheimer-Krankheit und zu anderen Demenzerkrankungen (KOM(2009)0380),

–  unter Hinweis auf das strategische Ziel der EU, Gesundheit in einem alternden Europa zu fördern, das auf der Grundlage des Weißbuchs der Kommission mit dem Titel „Gemeinsam für die Gesundheit: Ein strategischer Ansatz der EU für 2008-2013“ festgelegt wurde, in dem betont wurde, dass die Forschung bezüglich der Palliativversorgung und eines besseren Verständnisses neurodegenerativer Erkrankungen intensiviert werden muss,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. September 2010 zur Langzeitpflege von älteren Menschen(1),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. September 2010 zur Rolle der Frauen in einer alternden Gesellschaft(2),

–  gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (A7-0366/2010),

A.  in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge 2010 weltweit 35,6 Millionen Menschen mit Demenz gleich welcher Art leben und sich diese Zahl voraussichtlich alle 20 Jahre verdoppeln wird, sodass 2030 schon 65,7 Millionen Menschen betroffen sein könnten (Jahresbericht 2010 von „Alzheimer's Disease International“), und in der Erwägung, dass die Zahl der an Alzheimer Erkrankten aufgrund der Schwierigkeiten bei der Frühdiagnose zu niedrig veranschlagt wird,

B.  in der Erwägung, dass schätzungsweise 9,9 Millionen Menschen in Europa an Demenz leiden, die meisten davon an Alzheimer (Jahresbericht 2010 von „Alzheimer's Disease International“), dass neurodegenerative Erkrankungen Menschen aller Altersgruppen treffen können und zu den Hauptursachen für Behinderungen und Abhängigkeit bei alten Menschen zählen, wobei die Zahl der Menschen, die an diesen Krankheiten leiden, angesichts der zunehmenden Lebenserwartung und der fehlenden sozialen Kontakte von Rentnern bis 2020 voraussichtlich drastisch steigen wird, sowie in der Erwägung, dass sich die Zahl der Betroffenen beinahe verdreifacht, wenn die Zahl der nicht professionellen Pfleger von Demenzkranken mitberücksichtigt wird,

C.  in der Erwägung, dass dem Alzheimer-Weltbericht 2009 zufolge über 28 % aller Menschen, die an Demenz leiden, in Europa leben, das damit nach Asien (35 %) weltweit den zweiten Platz einnimmt, und dass Westeuropa weltweit die Region mit der höchsten Quote an Demenzkranken (19 %) ist,

D.  in der Erwägung, dass die Bevölkerung Europas immer stärker altert, wobei in den meisten europäischen Staaten Menschen über 80 die am schnellsten wachsende Altersgruppe bilden, in der Erwägung, dass sich das zahlenmäßige Verhältnis zwischen erwerbstätiger Bevölkerung und Rentnern verschlechtert und dass Demenz daher in den nächsten Jahrzehnten voraussichtlich eine der größten Herausforderungen für die Nachhaltigkeit der nationalen Sozial- und Gesundheitssysteme, einschließlich der nicht professionellen Pflege und Langzeit-Pflegeeinrichtungen, sein wird,

E.  in der Erwägung, dass sich bestimmten Schätzungen zufolge (Jahrsbericht 2010 von „Alzheimer's Disease International“) die Kosten der unmittelbaren medizinischen und sozialen Pflege von Patienten mit Alzheimer in Europa auf 135,04 Milliarden USD belaufen,

F.  in der Erwägung, dass eine frühzeitige Diagnose dazu beitragen kann, die Ausgaben für das Gesundheitswesen in ganz Europa in den Griff zu bekommen,

G.  in der Erwägung, dass die Europäische Union zurzeit über keine hinreichend präzise bezifferten Angaben in Bezug auf Demenzerkrankungen, insbesondere neurodegenerative Erkrankungen, verfügt und dass die Schätzungen je nach Untersuchung um den Faktor 3 voneinander abweichen können, und in der Erwägung, dass deshalb europaweite epidemiologische Untersuchungen auf der Grundlage gemeinsamer und strenger Indikatoren unentbehrlich sind,

H.  in der Erwägung, dass Demenz sowohl soziale als auch wirtschaftliche Auswirkungen hat und alle Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten belastet,

I.  in der Erwägung, dass mit Blick auf die wirtschaftlichen und sozialen Folgen von Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen für die Gesellschaft rechtzeitig in die Forschung und in wirksame Konzepte für Pflege und Betreuung investiert werden muss,

J.  in der Erwägung, dass in erster Linie die Mitgliedstaaten die Forschung in diesem Bereich finanzieren, wobei relativ wenig staatenübergreifende Koordinierung betrieben wird, was Fragmentierung und eine nur begrenzte gemeinsame Nutzung von Wissen und bewährten Verfahren in den Mitgliedstaaten bedingt, sowie in der Erwägung, dass bei Alzheimer verglichen mit anderen wichtigen Krankheiten ein Forschungsrückstand besteht,

K.  in der Erwägung, dass aus aktuellen Erkenntnissen von „Alzheimer Europe“ hervorgeht, dass Alzheimer in der EU zu spät diagnostiziert wird und zwischen den Mitgliedstaaten viele Unterschiede bestehen, was die Prävention, den Zugang zu Therapien und die Bereitstellung geeigneter Dienste betrifft,

L.  in der Erwägung, dass in der derzeitigen Forschung davon ausgegangen wird, dass die Ernährungsweise möglicherweise ursächlich an der Entstehung von Alzheimer beteiligt ist und daher die Prävention von Demenzerkrankungen Priorität genießen sollte, wobei die Maßnahmen den Gegebenheiten anzupassen sind, und dass präventiven Faktoren, wie gesunder Ernährung, mehr Bewegung und geistiger Aktivität, und der Überwachung kardiovaskulärer Risikofaktoren, wie Diabetes, erhöhte Cholesterinwerte, Bluthochdruck und Rauchen, besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte,

M.  in der Erwägung, dass sich zunehmend die Erkenntnis durchsetzt, dass neurodegenerative Erkrankungen so weit reichende Auswirkungen auf die europäische Bevölkerung haben werden, dass sie von keinem Mitgliedstaat allein bewältigt werden können, und dass daher zur Bekämpfung neurodegenerativer Erkrankungen, insbesondere der Alzheimer-Krankheit, die zu einer großen Herausforderung für die europäische Gesellschaft geworden ist, die Zusammenarbeit und die Koordinierung der innovativen, fachgebietsübergreifenden klinischen Forschungsanstrengungen in den Mitgliedstaaten und in der EU, die sich den Ursachen, der Prävention und der Therapie von Alzheimer widmen, sowie der Informationsaustausch erheblich verstärkt werden müssen und wesentlich mehr in diesen Bereich investiert werden muss,

N.  in der Erwägung, dass diese europäische Initiative die bereits bestehenden nationalen Pläne zur Bekämpfung der Alzheimer-Krankheit und anderer Formen von Demenzerkrankungen nicht ersetzen soll, sondern dass sie dazu eingesetzt werden muss, die europäischen Forschungsbemühungen in diesem Bereich besser zu koordinieren,

O.  in der Erwägung, dass Demenz nicht nur eine verheerende Funktionsstörung für die Patienten selbst ist, sondern – falls es keine angemessenen hochwertigen Dienste gibt – angesichts der emotionalen, körperlichen und finanziellen Schwierigkeiten für die Angehörigen und Freunde der an einer Demenzerkrankung leidenden Menschen auch zu einer schweren Belastung für die Angehörigen und Pfleger der Patienten werden kann, und in der Erwägung, dass in jeder Familie, in der ein Mitglied an Alzheimer erkrankt ist, durchschnittlich drei Personen direkt mit dieser Belastung konfrontiert sind, was bedeutet, dass schätzungsweise 19 Millionen Europäer unmittelbar durch Demenzerkrankungen belastet sind,

P.  in der Erwägung, dass es einen Mangel an stationären Pflegekräften von Alzheimer-Patienten sowie an Fachkräften im Gesundheits- und Sozialdienst zur Pflege von Alzheimer-Patienten gibt, der sich weiter verschärfen wird, und in der Erwägung, dass es nach heutigem Erkenntnisstand am besten ist, diesen Patienten dabei zu helfen, in ihrem gewohnten Umfeld zuhause zu bleiben,

Q.  in der Erwägung, dass die Europäische Union und die Mitgliedstaaten in Bezug auf die Pflege von Demenzkranken und auf die Begleitung ihrer Pflegepersonen ein dreifaches Ziel verfolgen müssen: Gewährleistung einer hochwertigen Betreuung der Kranken, Sicherstellung einer Erholungszeit für die Pflegepersonen, die ihren Bedürfnissen gerecht wird, und Vorkehrungen dafür, dass die Erkrankten zuhause bleiben oder hochwertige innovative Unterbringungsstrukturen in Anspruch nehmen können,

R.  in der Erwägung, dass die modernen Dienste der Telemedizin eine sehr wirksame Hilfe für Alzheimer-Patienten und ihre Pflegekräfte darstellen und somit dazu beitragen, dass die Patienten ein besseres Leben in ihrem gewohnten Umfeld führen können, was eine gute Alternative zur stationären Pflege ist,

S.  in der Erwägung, dass die Alzheimer-Krankheit stigmatisiert wird und die Haltung der Öffentlichkeit zu dieser Krankheit und den davon betroffenen Personen zu einer Isolierung der Kranken und ihrer Angehörigen führt, in der Erwägung, dass im Allgemeinen noch falsch an das Problem herangegangen wird, was soziale Ausgrenzung der Betroffenen und ihrer Angehörigen bewirkt, in der Erwägung, dass daher ein stärkeres Bewusstsein für das Stigma, die Vorurteile und die Diskriminierung, die mit Demenzerkrankungen verbunden sind, entwickelt werden muss, und dass auch erforscht werden muss, wie soziale Ausgrenzung verhindert und erreicht werden kann, dass Demenzkranke aktiv am Leben der Gesellschaft teilnehmen, damit die Würde der Betroffenen gewahrt bleibt und ihnen bei allen Maßnahmen Achtung entgegengebracht wird,

T.  in der Erwägung, dass die Lebensqualität der Patienten oft von der Gefühlslage ihrer Angehörigen abhängt,

U.  in der Erwägung, dass Hilfegruppen einen geeigneten Rahmen für gemeinsame Überlegungen bieten, wobei die „bewusste Verantwortung“ der Angehörigen der Patienten gefördert und gemeinsam getragen werden soll,

V.  in der Erwägung, dass Alzheimer oder andere Demenzkrankheiten nicht als „normales“ Problem dargestellt werden dürfen, mit dem die Bürger im Alterungsprozess konfrontiert sind, ohne eine angemessene Behandlung, medizinische Betreuung und fachgerechte Pflege in Anspruch nehmen zu können,

W.  in der Erwägung, dass das gesellschaftliche Bewusstsein und die wissenschaftlichen Kenntnisse über Alzheimer zwar stark zugenommen haben, wobei die wichtigste Erkenntnis darin bestand, dass sich die Krankheit nicht erst in Form der klinischen Demenz, sondern bereits zu einem früheren Zeitpunkt mit dem Einsetzen von Symptomen der Prä-Demenz manifestiert, die Behandlungsmöglichkeiten aber nach wie vor auf symptomatische Arzneimittel beschränkt sind, in der Erwägung, dass es derzeit erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten und selbst innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten sowie Schwachstellen im Bereich der Ausbildung und Qualifizierung des Personals und bei der Verfügbarkeit medizinischer Ausrüstungen zur Durchführung der Diagnose und für die Forschung gibt, und in der Erwägung, dass die Diagnose Alzheimer oft erst Jahre nach Ausbruch der Krankheit gestellt wird, sodass eine Therapie, mit der das Fortschreiten der Erkrankung aufgehalten werden könnte, erst verzögert begonnen wird,

X.  in der Erwägung, dass aktuelle Fortschritte beim Einsatz zuverlässiger Biomarker für die Alzheimer-Krankheit die Ausarbeitung neuer Kriterien zur Definition der Alzheimer-Krankheit als klinische Größe angestoßen haben, wonach die Krankheit nicht nur das Stadium umfasst, in dem Gedächtnis und Wahrnehmung betroffen sind, sondern auch ein früheres Stadium,

Y.  in der Erwägung, dass die Alzheimer-Krankheit und andere Demenzerkrankungen nicht nur ältere Menschen betreffen, sondern auch jüngere Bevölkerungsschichten betreffen können und dass deshalb der Zugang zur Diagnose, die Forschung und die Pflegedienste sowie die Begleitung und Unterbringung für jüngere Erkrankte verbessert werden müssen,

Z.  in der Erwägung, dass eine stärkere Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der einschlägigen Berufsgruppen für die Alzheimer-Krankheit sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene dazu beitragen sollte, dass die Menschen die ersten Anzeichen der Krankheit erkennen, die Krankheit in einem frühen Stadium diagnostiziert wird, frühzeitig eine Therapie begonnen wird und entsprechende Dienste in Anspruch genommen werden,

AA.  in der Erwägung, dass die Ausarbeitung geeigneter Therapiemaßnahmen, mit denen das Fortschreiten der Krankheit verlangsamt und der endgültige Ausbruch einer schweren Alzheimer-Krankheit – der Form der Krankheit, die mit den schwersten Beeinträchtigungen einhergeht – hinausgezögert wird, vorangebracht werden könnte, indem der Schwerpunkt auf das Stadium der Prä-Demenz gelegt wird,

AB.  in der Erwägung, dass die Entwicklung wirksamer, den Krankheitsverlauf beeinflussender Wirkstoffe (im Gegensatz zu rein symptomatisch wirkenden Stoffen) für Alzheimer-Patienten sehr wichtig ist und dass dem in diesem Bereich bestehenden dringenden Bedarf bisher noch nicht entsprochen worden ist,

AC.  in der Erwägung, dass die Diagnose der Alzheimer-Krankheit, die für annähernd 70 % aller Demenzfälle gilt, der Unterschiedlichkeit der festgestellten Hirnschäden und dem Umstand, dass jüngere und ältere Erkrankte unterschiedliche pathologische und klinische Krankheitsbilder aufweisen, nicht vollständig Rechnung trägt,

1.  fordert den Rat auf, Demenz zu einer gesundheitspolitischen Priorität der EU zu erklären, und drängt die Mitgliedstaaten, spezifische nationale Pläne und Strategien für die Alzheimer-Krankheit aufzustellen, um den Folgen von Demenzerkrankungen für die Gesellschaft und das Gesundheitswesen Rechnung zu tragen und Dienstleistungen und Unterstützung für Menschen mit Demenzerkrankungen und ihre Familien bereitzustellen, wie es in manchen Mitgliedstaaten der Fall ist, wo der im Jahre 2008 auf den Weg gebrachte Plan „Alzheimer und verwandte Krankheiten“ es ermöglichte, die medizinische und soziale Betreuung, die klinische Forschung und die Grundlagenforschung zu diesen Krankheiten auf nationaler Ebene zu strukturieren;

2.  begrüßt die Initiative, die die EU im Interesse einer gemeinsamen Programmplanung der Mitgliedstaaten ergriffen hat, um die Forschung im Bereich Alzheimer und andere neurodegenerative Erkrankungen voranzutreiben, und fordert die Kommission auf, weitere Maßnahmen auf den Weg zu bringen, um den Herausforderungen zu begegnen, die sich bei der Behandlung von Alzheimer und anderen neurodegenerativen Erkrankungen in medizinischer, gesellschaftlicher und technischer Hinsicht sowie mit Blick auf das Umfeld der Patienten stellen;

3.  fordert den Rat und die Kommission auf, der Demenz als Krankheitsbild bei der Vorbereitung künftiger Maßnahmen im Bereich der Gesundheitsvorsorge Rechnung zu tragen, insbesondere was Maßnahmen im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, psychischer Gesundheit und körperlicher Aktivität, gesundheitsbezogener Ausbildung und neuen Technologien betrifft;

4.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die Unionsbürger über Lebensweisen aufzuklären, durch die der Ausbruch von Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen verzögert oder verhindert werden kann, indem das Motto „gesund leben für ein gesundes Gehirn“ gefördert wird;

5.  empfiehlt, dass der Rat und die Kommission in Ergänzung zum Welttag gegen die Alzheimer-Krankheit am 21. September die Einführung eines Europäischen Jahres der psychischen Gesundheit in Erwägung ziehen, um altersbedingte Erkrankungen des Gehirns und Maßnahmen zur Feststellung und Diagnostizierung frühzeitiger Symptome solcher Erkrankungen sowie Informationskampagnen über die Verhütung und Behandlung von Schlaganfällen stärker ins Bewusstsein zu rücken; vertritt die Ansicht, dass dieses Europäische Jahr auch als Chance wahrgenommen werden sollte, den Austausch bewährter Verfahren zwischen den Ländern Europas voranzubringen;

6.  weist darauf hin, dass a) die Überalterung der Bevölkerung und b) der durch den Anstieg der Ausgaben für diese alternde Bevölkerung bedingte steigende Druck auf die öffentlichen Finanzen und die privatwirtschaftliche Produktivität die Mitgliedstaaten vor ein strukturelles Problem stellen werden; vertritt aus diesem Grund die Auffassung, dass die Europäische Union die Politik der entschiedenen Förderung des Vorsorgegrundsatzes (sowohl in medizinischer Hinsicht als auch im Sinn der Förderung eines gesünderen Lebensstils) zum festen Bestandteil ihrer langfristigen Strategie erklären sollte; ist der Ansicht, dass Gesundheitsindikatoren zu einer erheblichen Verbesserung der Wirtschaftsindikatoren beitragen werden;

7.  fordert den Rat und die Kommission auf, die Rolle der Patientenvereinigungen im Bereich der neurodegenerativen Erkrankungen zu würdigen und diese Vereinigungen in die Informations- und Verhütungskampagnen sowie in die Maßnahmen zur Unterstützung von Demenzkranken, ebenso aber auch in die Vorbereitung der Forschungsprogramme einzubinden;

8.  regt an, dass die Kommission in Erwägung ziehen sollte, einen „Tag der Pflege und Fürsorge“ einzuführen, um die Öffentlichkeit verstärkt für die wichtige Rolle professioneller und nicht professioneller Pfleger und Betreuer in ganz Europa zu sensibilisieren und diese Arbeit zu würdigen;

9.  unterstreicht, dass es in jeder Hinsicht immer dringlicher wird, wirksame Maßnahmen zu erforschen, die den Ausbruch von Alzheimer verhindern oder das Fortschreiten dieser Krankheit aufhalten;

10.  fordert den Rat und die Kommission auf, die Maßnahmen zur Aufklärung der Bürger über Demenz zu verbessern, damit die frühen Symptome von Demenz rechtzeitig erkannt, diagnostiziert und entsprechend behandelt werden können und die notwendige Unterstützung gewährt werden kann;

11.  betont, dass Prävention grundsätzlich Vorrang hat und die frühzeitige Diagnose wesentlich für wirksame Maßnahmen ist; betont, dass im Hinblick auf die Unterstützung der Forschung, der Therapie und der entsprechenden Maßnahmen, insbesondere während der beschwerdefreien Phasen und vor dem Auftreten der Invalidität, die epidemiologischen und klinischen Daten verbessert werden müssen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen;

12.  stellt fest, dass es derzeit keine speziellen Maßnahmen zur Verhütung der Alzheimer-Krankheit gibt, und fordert deshalb die Einführung einer entsprechenden Politik auch auf europäischer Ebene, die auf einem Umfeld, das die körperliche und intellektuelle Tätigkeit der Patienten begünstigt, auf einer Ernährung, die den Empfehlungen der Europäischen Aktionsplattform für Lebensmittel, körperliche Betätigung und Gesundheit gerecht wird, sowie auf der Förderung aller Maßnahmen zur Verringerung des aktiven und passiven Rauchens beruhen sollte;

13.  bekundet seine Überzeugung, dass die von der Internationalen Arbeitsgruppe zu den neuen Kriterien für die Alzheimer-Krankheit kürzlich vorgeschlagenen Tests zur Früherkennung, die Forschung zu den Risikofaktoren und die Festlegung von Kriterien für die Früherkennung von zentraler Bedeutung sind;

14.  legt allen Mitgliedstaaten nahe, sich aktiv um die Festlegung, Entwicklung und Durchführung gemeinsamer Protokolle für die frühzeitige Diagnose, die Festlegung von Biomarken, damit alsbald neue Therapien zur Behandlung von Demenz und Prä-Demenz zur Anwendung gelangen können, und die Festlegung einer gemeinsamen Forschungsagenda im Bereich der neurodegenerativen Krankheiten und des Austauschs bewährter Praxis im Bereich der Erforschung neurodegenerativer Krankheiten zu bemühen und so die bestehenden Ungleichheiten zwischen den Mitgliedstaaten und innerhalb der Mitgliedstaaten im Hinblick auf Diagnose und Behandlung zu verringern; betont, dass die operationellen Standardverfahren für die Bewertung von Krankheitsmarkern eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von Arzneimitteln und einer wirkungsvolleren technologie-gestützten Pflege von Patienten mit Alzheimer spielen werden;

15.  fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass nicht nur die Patienten, bei denen eine schwere Alzheimer-Krankheit diagnostiziert wurde, sondern alle an der Krankheit leidenden Patienten Medikamente erhalten, die das Fortschreiten der Krankheit aufhalten;

16.  legt der Kommission nahe, Leitlinien für die Entwicklung und Durchführung einer gemeinsamen Früherkennung auf der Grundlage einer fachgebietsübergreifenden Bewertung des Gedächtniszustands des Patienten und eines geeigneten Melde- und Informationssystems auszuarbeiten, damit den Kranken und ihren Angehörigen der bestmögliche Rahmen für die Auseinandersetzung mit dem aufgetretenen Krankheitsbild zur Verfügung steht;

17.  legt den Mitgliedstaaten nahe, in ihrem gesamten Hoheitsgebiet Fachzentren einzurichten und für eine ausreichende medizinische Ausrüstung Sorge zu tragen (vor allem bei der Kernspintomographie, deren Beitrag für die Erforschung von Demenzerkrankungen unbestritten ist);

18.  fordert den Rat und die Kommission auf, die rasche Ausbreitung von Demenzerkrankungen und Alzheimer und ihre Folgen bei der Ausarbeitung von Forschungsaktionsplänen zu berücksichtigen;

19.  legt den Mitgliedstaaten nahe, den Zugang zu den für die Demenz- und Alzheimerforschung, einschließlich der Forschung im Bereich Prävention, bereitgestellten Fördermitteln durch Maßnahmen zu vereinfachen, die in einem angemessenen Verhältnis zu den wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Erkrankung auf die Gesellschaft stehen;

20.  betont, wie wichtig ein fachgebietsübergreifender Ansatz ist, wenn es darum geht, wie Zusammenarbeit und Koordinierung im Bereich der Forschung auf europäischer Ebene die Kenntnisse über neurodegenerative Erkrankungen sowie deren Diagnostizierung, Behandlung und Prävention verbessern können, und welche herausragende Rolle dabei die sozialwissenschaftliche Forschung über die Bedürfnisse von Patienten, Angehörigen und Pflegepersonen spielt; betrachtet Forschungsvorhaben, die auf die Validierung neuer Diagnosekriterien, die Entwicklung von Früherkennungstests und das Aufzeigen von Risikofaktoren für den Übergang der Krankheit von der Prä-Demenz zu einem fortgeschritteneren Stadium ausgerichtet sind, als wesentlich; empfiehlt die Einbeziehung von Vertretern der Patienten, der Pflegeorganisationen und der Anbieter von Gesundheitsdiensten; erwartet deshalb einen deutlichen Mehrwert von der Durchführung groß angelegter epidemiologischer und klinischer Studien in staatenübergreifender Zusammenarbeit;

21.  würdigt den derzeitigen Umfang der Unterstützung durch die Europäischen Union, die sich auf einen Betrag von insgesamt 159 Millionen EUR für 34 Projekte zu neurodegenerativen Erkrankungen beläuft; hält es jedoch im Rahmen des künftigen 8. Forschungs-Rahmenprogramms für unentbehrlich, der Fragmentiertheit der Forschung insbesondere im Bereich der Alzheimer-Krankheit entgegenzuwirken und Projekte in den noch nicht hinlänglich erforschten Bereichen der arzneimittelfreien Therapie, der Verhaltenstherapie und der kognitiven Therapie aufzunehmen;

22.  hält Tests für die Frühdiagnose, die Erforschung von Risikofaktoren und Kriterien für die Frühdiagnose für entscheidende Elemente; erwartet deshalb einen deutlichen Mehrwert von der Durchführung groß angelegter epidemiologischer und klinischer Studien in staatenübergreifender Zusammenarbeit; hält das Europäische Gesundheitserhebungssystem, durch das auf der Grundlage kognitiver Tests Angaben zu der Anzahl der Menschen mit kognitiven Defiziten im Frühstadium gemacht werden können, für ebenso wichtig;

23.  fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten auf, den besonderen Bedürfnissen von Frauen im Rahmen der medizinischen und soziologischen Forschung sowie in der Gesundheits-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik Rechnung zu tragen, da doppelt so viele Frauen an der Krankheit leiden und Frauen unverhältnismäßig häufig die Pflege und Betreuung von Patienten übernehmen;

24.  fordert die Mitgliedstaaten auf, langfristige Strategien und Aktionspläne im Bereich der Pflege und Prävention zu entwickeln, um bestimmte soziale und demografische Tendenzen rechtzeitig erkennen und ihnen vorbeugen zu können, und sich darauf zu konzentrieren, Angehörige von Patienten zu unterstützen, wenn sie diese pflegen, und so schutzbedürftigen Demenzkranken sozialen Schutz zu bieten;

25.  weist auf die Bedeutung der Vorbeugung gegen Alzheimer durch die Förderung einer gesünderen Lebensweise – unter anderem in Form von geistiger Aktivität, sozialen Kontakten, gesunder Ernährung und Bewegung – hin;

26.  fordert die Mitgliedstaaten auf, einen Aktionsplan für die strategische Forschung auszuarbeiten, in dem sie die mittel- bis langfristigen Erfordernisse und Ziele für die Forschung auf dem Gebiet der neurodegenerativen Erkrankungen, auch im Bereich der Pflege und insbesondere bezogen auf die Alzheimer-Krankheit, festlegen; weist darauf hin, dass diese Aktionspläne darauf abzielen sollten, das Potenzial der jungen Forscher zu stärken und innovative Forschungsansätze im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften zu unterstützen; empfiehlt, den Aufbau von Spitzenforschungsstätten für bestimmte Forschungsgebiete voranzutreiben und dabei Vertreter der Patientenverbände, der Organisationen der Pfleger sowie staatlicher und privater Anbieter gesundheitlicher Dienste einzubeziehen;

27.  fordert die Mitgliedstaaten auf, in Zusammenarbeit mit der Kommission zu prüfen, mit welchen Maßnahmen die Kommission die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung und Umsetzung des gemeinsamen Forschungsplans unterstützen könnte;

28.  fordert die Mitgliedstaaten auf, Aktionspläne auszuarbeiten, um das Wohlbefinden und die Lebensqualität von Patienten, die an Alzheimer oder anderen Demenzerkrankungen leiden, und deren Angehörigen zu fördern;

29.  fordert die EU-Institutionen auf, die von „Alzheimer Europe“ geleitete wissenschaftliche Beobachtungsstelle für Demenzerkrankungen möglichst weitgehend zu unterstützen, da sie eine geeignete Plattform bietet, um bewährte Verfahren sowie Forschungsergebnisse bei den Patienten und ihren Pflegern bekannt zu machen;

30.  betont, wie wichtig die Erforschung der Zusammenhänge, aber auch der Unterschiede zwischen Alterungsprozess und Demenz sowie zwischen Demenz und Depression bei älteren Menschen und der geschlechtsspezifischen Unterschiede in Bezug auf die einzelnen Demenzarten ist; legt den Mitgliedstaaten zudem nahe, spezifische Gesundheitsleistungen und Forschungsprogramme zu fördern, in denen den Wahlmöglichkeiten und Zukunftsperspektiven der Patienten besonderes Gewicht beigemessen wird, und Empfehlungen zu formulieren, die auf den Grundsätzen der menschlichen Würde und der sozialen Integration basieren und so dazu beitragen, dass die Erkrankten ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben führen können;

31.  fordert die Mitgliedstaaten auf, in angemessenem Umfang Mittel für die Gesundheitsversorgung von Alzheimer-Patienten, den Austausch von Informationen und die Vernetzung der in diesem Bereich erzielten Ergebnisse bereitzustellen;

32.  weist darauf hin, dass es ambulante Pflegedienste für die Patienten und ältere Menschen geben muss, und dass nicht gewinnorientierte und gemeinnützige Organisationen ganz erheblich an der Betreuung von Patienten beteiligt sind, die an Alzheimer und anderen altersbedingten Erkrankungen leiden; fordert die Mitgliedstaaten auf, Formen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit diesen Organisationen zu entwickeln und sie bei ihrer Tätigkeit zu unterstützen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die von den Angehörigen der Patienten geleistete nicht professionelle Pflege gebührend zu würdigen und anzuerkennen;

33.  erachtet Maßnahmen für erforderlich, die nach Ausbruch der Alzheimer-Krankheit über eine medikamentöse Therapie hinausgehen, aber auch Präventivmaßnahmen – unter anderem im Bereich der Ernährung –, mit denen die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer zu erkranken, gesenkt werden kann; fordert, dass der Zusammenhang zwischen Ernährungsweise und Alzheimer eingehend erforscht wird, und dass für die Allgemeinheit in einschlägigen Sensibilisierungskampagnen Empfehlungen formuliert und verbreitet werden, die die Vorbeugung gegen die Krankheit, auch über die Ernährung, betreffen;

34.  betont, dass zum Verständnis der psychischen und gesellschaftlichen Aspekte der Demenz Forschung in den Bereichen Gesundheitsökonomie, Sozialwissenschaften und Geisteswissenschaften betrieben werden muss und auch nicht medikamentöse Ansätze gefunden werden müssen;

35.  stellt fest, dass die Diagnose früher Symptome von Gedächtnisstörungen in der betrieblichen Gesundheitsfürsorge als Schwerpunkt behandelt werden muss;

36.  legt der Kommission, dem Rat und den Mitgliedstaaten nahe, die Ausarbeitung von Sicherheitsnormen für Einrichtungen, die auf die Pflege älterer Menschen spezialisiert sind, für die Gemeinschaften, denen sie angehören, und für die häusliche Pflege in Erwägung zu ziehen;

37.  fordert die Mitgliedstaaten auf, in enger Zusammenarbeit mit der Kommission und gemeinsam mit Forschungsgesellschaften gemeinsame Leitlinien für die Aus- und Weiterbildung von Personal, das in irgendeiner Funktion mit Alzheimer-Patienten arbeitet (medizinische und paramedizinische Berufe), und für die Aus- und Weiterbildung und die Begleitung von Angehörigen und nicht professionellen Pflegepersonen auszuarbeiten, um die sachkundige und effiziente Nutzung der bestehenden Ressourcen zu gewährleisten; weist darauf hin, dass der Bedarf an Personal, das für die Arbeit mit Demenzkranken qualifiziert ist, rasant steigt;

38.  fordert die Mitgliedstaaten auf, auch die im Rahmen der Strategie EU 2020 vorgesehenen Maßnahmen „Agenda für neue Beschäftigungsmöglichkeiten“ und „Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen“ gebotenen Möglichkeiten zu berücksichtigen, wenn es gilt, die künftigen Beschäftigungskapazitäten für die Betreuung von an Alzheimer oder anderen Demenzformen leidenden Menschen auszubauen; weist darauf hin, dass die Schaffung neuer Stellen mit konkreten Qualifikationsprofilen in ganz Europa gefördert werden muss, damit die immer hilfsbedürftigere alternde Bevölkerung versorgt werden kann;

39.  fordert die Kommission auf, Finanzierungsquellen für die Leitinitiative „Innovationsunion“ im Rahmen der Strategie Europa 2020 und die als Pilotprojekt definierte Partnerschaft „Aktives und gesundes Altern“ (Start: Anfang 2011) aufzuzeigen, damit das Problem der Demenzerkrankungen in Europa angegangen werden kann;

40.  betont, dass die aktuellen Fortschritte bei der Erforschung bildgebender Verfahren und biologischer Marker den Weg zur Entdeckung der lautlosen molekularen Prozesse und der Vorzeichen der Alzheimer-Krankheit eröffnen, etwa durch ein zur Zeit untersuchtes Kennzeichnungsmittel, das es ermöglicht, im Gehirn die Amyloid-Ablagerungen, eine von zwei mit dieser Krankheit verbundenen Schädigungen, sichtbar zu machen;

41.  würdigt den wesentlichen Beitrag, den Angehörige, Pfleger und das soziale Umfeld leisten, um den Patienten ein möglichst normales Leben zu ermöglichen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, Familienangehörige, Pfleger und das soziale Umfeld dabei zu unterstützen;

42.  weist nachdrücklich darauf hin, wie wichtig psychologische Unterstützung für die Patienten und ihre Angehörigen ist; unterstreicht die Bedeutung einer Verknüpfung des psychosozialen Ansatzes zum Thema des Alterns mit den Ergebnissen der medizinischen und biomedizinischen Forschung; verweist auf den Bedarf an Forschung in den Bereichen Gesundheitsökonomie, Sozialhumanismus und nichtpharmazeutische Behandlungsansätze im Hinblick auf das Verständnis der psychologischen, ökonomischen und sozialen Aspekte von Demenz und die Förderung der Anwendung bestehender Technologien (netzgestützte Gesundheitsfürsorge, IKT, unterstützende Technologien usw.);

43.  empfiehlt der Kommission zu prüfen, wie die Maßnahmen der EU zur Wahrung der Rechte von Demenzkranken, auch in Bezug auf Vorausverfügungen (Patientenverfügungen) und die Ausstellung von Betreuungsverfügungen, erweitert werden können;

44.  fordert die Mitgliedstaaten auf zu prüfen, ob im Rahmen der Aktionspläne vorgesehen werden sollte, den Einsatz von Antipsychotika bei Alzheimer-Patienten zu verringern, da es zurzeit zwar üblich ist, diese Medikamente gegen Demenzsymptome zu verabreichen, ihr Nutzen jedoch nachweislich begrenzt ist, und jedes Jahr zu viele Todesfälle auf die Verabreichung dieser Medikamente zurückzuführen sind;

45.  betont, dass die menschliche Würde von Alzheimer-Patienten gewahrt werden muss, und dass gegen das mit der Krankheit verbundene Stigma und die entsprechende Diskriminierung vorgegangen werden muss;

46.  fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die Verbreitung von Informationen über und den Markteintritt von innovativen Therapien und Diagnoseverfahren, mit denen derzeit noch bestehende Lücken in der Betreuung von Alzheimer-Patienten geschlossen werden können, mit neuen, politisch verankerten Anreizen zu fördern;

47.  legt den Mitgliedstaaten nahe, nach dem wesentlichen Grundsatz der Maximierung der Abdeckung und der Gewährleistung des gleichberechtigten Zugangs und der Gleichheit medizinische und soziale Betreuungsdienste zu entwickeln, die bei der Erbringung der Dienste in den Städten und Gemeinden und den Privathaushalten einen integrativen Ansatz verfolgen und Menschen mit Demenzerkrankungen unabhängig von ihrem Alter, ihrem Geschlecht, ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihren finanziellen Mitteln, ihren Behinderungen und ihrem Wohnsitz in der Stadt oder auf dem Land zugute kommen; fordert die Mitgliedstaaten auf, sich mit diesen Faktoren zu befassen, die sich ungleich auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirken, obwohl dies vermeidbar wäre; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Erfassung der Daten zu Ungleichheiten in der Gesundheitsfürsorge weiter auszubauen;

48.  appelliert an die Mitgliedstaaten, der Prävention die nötige Aufmerksamkeit zu widmen, da der Ausbruch der Demenz durch Präventionsmaßnahmen hinausgezögert werden kann, und dafür zu sorgen, dass die Patienten Zugang zu erschwinglichen, hochwertigen Betreuungsangeboten haben; weist die Mitgliedstaaten darauf hin, dass solche Dienstleistungen in Zeiten der Haushaltskonsolidierung in Europa geschützt werden müssen;

49.  fordert die Mitgliedstaaten auf, ein europäisches Netz miteinander verbundener Referenzzentren aufzubauen, die ein Höchstmaß an Fachwissen über die Diagnose und die Therapie von Demenz und Alzheimer sowie über die Betreuung der Betroffenen besitzen und über die Informationen und Daten zwischen den Mitgliedstaaten ausgetauscht und entsprechend ausgewertet werden können;

50.  legt den Mitgliedstaaten nahe, personalisierte Verfahren für fachgebietsübergreifende Behandlung und Betreuung unter Beteiligung verschiedener Berufsgruppen zu entwickeln, die nach der Mitteilung der Diagnose von einem einzigen Ansprechpartner koordiniert werden, um die Behandlung zuhause durch eine verstärkte Inanspruchnahme verschiedener Dienstleister, die auf Unterstützung und Betreuung zuhause, Domotik und neue Informations- und Kommunikationstechnologien spezialisiert sind, zu erleichtern;

51.  fordert die Mitgliedstaaten auf, vielfältige innovative und hochwertige Erholungsstrukturen für die Betreuungspersonen, wie etwa zeitweilige Unterkünfte und Aufnahmeeinrichtungen, zu entwickeln und die Überwachung des Gesundheitszustands der Betreuungspersonen beispielsweise dadurch zu gewährleisten, dass ihnen eine angemessene medizinische Behandlung und psychologische oder soziale Unterstützung angeboten wird;

52.  fordert die Europäische Union und die Mitgliedstaaten auf, die Forschung zu intensivieren, den Zugang zur Diagnose zu verbessern und die Dienstleistungen der Betreuung und der Begleitung an die Bedürfnisse jüngerer Kranker anzupassen;

53.  legt den Mitgliedstaaten nahe, neue Behandlungen, deren therapeutische Wirksamkeit überprüft und festgestellt worden ist, den Patienten so schnell wie möglich zugänglich zu machen, sobald diese zur Verfügung stehen;

54.  fordert die Mitgliedstaaten auf, in der Öffentlichkeit und den einschlägigen Berufsgruppen das Bewusstsein für Demenzerkrankungen zu stärken – d. h. bei den qualifizierten Fachkräften sowie bei den angehenden Pflegern, den gesundheitspolitischen Entscheidungsträgern und den Medien –, damit die Symptome der Alzheimer-Krankheit besser erkannt werden und die Krankheit sowie die Anforderungen an die Pflege der Kranken besser verstanden werden; weist darauf hin, dass sich die Sensibilisierung auf verschiedene Aspekte, wie Diagnose, Therapie und geeignete Hilfsangebote, erstrecken muss;

55.  weist die Kommission auf den Bericht Bowis aus dem Jahr 2006 hin, in dem die Arbeitgeber aufgefordert werden, Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz als wichtigen Teil ihrer Verantwortung für die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass Menschen mit psychischen Störungen sich so gut wie möglich in die Arbeitswelt eingliedern können, und stellt fest, dass diese Maßnahmen gemäß den geltenden Rechtsvorschriften für Gesundheit und Sicherheit veröffentlicht und überwacht werden sollten; erinnert die Kommission daran, dass das Parlament noch immer auf die Veröffentlichung dieser Maßnahmen wartet;

56.  verweist auf das Ausmaß der Behandlungskosten, die Alzheimer und andere Demenzerkrankungen verursachen, und die Notwendigkeit, praktikable Lösungen zu finden, die folgende Faktoren berücksichtigen sollten: unmittelbare Behandlungskosten (Kosten des Gesundheitssystems: Kosten für die Spezialisierung, Arzneimittel, ärztliche Untersuchungen und regelmäßige Kontrollen); unmittelbare soziale Kosten (Kosten für reguläre Dienste außerhalb des Gesundheitssystems: Gemeindedienste, häusliche Pflege, Lebensmittelversorgung, Transport, Einweisung der Patienten in Heime, die auf die Pflege von Senioren spezialisiert sind, in denen sie auch ärztlich betreut werden können); indirekte Kosten (Kosten im Zusammenhang mit der sinkenden Produktivität bei weiterer Berufstätigkeit und mit Produktivitätsverlusten infolge des vorzeitigen Eintritts in den Ruhestand, etwaigen Beurlaubungen aus gesundheitlichen Gründen bzw. Sterbefällen);

57.  fordert die Mitgliedstaaten auf, Informationskampagnen für die Allgemeinheit und für bestimmte Zielgruppen wie etwa Schulkinder, Angehörige der Gesundheitsberufe und Sozialarbeiter durchzuführen und dazu Erfahrungen in Bezug auf die Unterstützung von Angehörigen und nicht professionellen Pflegepersonen, Patientenorganisationen und nichtstaatlichen Organisationen zu vergleichen und auszutauschen, indem die Veröffentlichung und Verteilung von Informationsbroschüren – auch über das Internet – über die Aus- und Weiterbildung von freiwilligen Helfern sowie Rechtsberatern, psychologischen Betreuern und Pflegehelfern sowie die Organisation der entsprechenden Hilfsdienste sowohl zuhause als auch in Tagespflegestätten gefördert wird und Vereinigungen im Zusammenhang mit Alzheimer unterstützt bzw. eingerichtet werden, sodass die Betroffenen ihre Erfahrungen austauschen können; unterstreicht, dass es in allen Sensibilisierungs- und Aufklärungskampagnen hauptsächlich darum gehen muss, dass die Symptome der Demenz erkannt werden;

58.  fordert die Mitgliedstaaten auf, denjenigen Bevölkerungsgruppen, bei denen das Risiko, an Alzheimer oder einer anderen Form der Demenz zu erkranken, nach wissenschaftlichen Erkenntnissen besonders hoch ist, die freiwillige Teilnahme an kostenlosen Untersuchungen zur Überprüfung des Gedächtnisses zu ermöglichen;

59.  legt den Mitgliedstaaten und der Kommission nahe, die Berücksichtigung der Bedürfnisse der Patienten und einen ethischen Ansatz gegenüber den Patienten zu unterstützen, um die Achtung der menschlichen Würde zu gewährleisten; fordert sie auf, die rechtliche Stellung der an neurodegenerativen Erkrankungen Leidenden zu prüfen, um einen Rechtsrahmen im Hinblick auf den Freiheitsverlust und den rechtlichen Schutz von Kranken zu schaffen;

60.  fordert, dass Alzheimer-Vereinigungen als wichtigste Partner einbezogen werden, wenn es darum geht, 1) Empfehlungen und bewährte Verfahren für die Prävention festzulegen und in der Bevölkerung bekannt zu machen, 2) dringend benötigte Informationen zur Verfügung zu stellen und Demenzpatienten und ihren Pflegern Hilfe zu bieten, 3) sich bei Entscheidungsträgern für die Bedürfnisse von Demenzpatienten und ihren Pflegern einzusetzen und 4) Partnerschaften zwischen Medizinern im Interesse eines gesamtheitlichen Ansatzes zu fördern; weist darauf hin, dass die EU-Institutionen in diesem Zusammenhang prüfen sollten, inwieweit europäische Alzheimer-Vereinigungen mit Mitteln aus dem Europäischen Aktionsprogramm im Bereich der öffentlichen Gesundheit dauerhaft unterstützt werden können, und fordert die Mitgliedstaaten auf, Alzheimer-Vereinigungen auf nationaler Ebene zu unterstützen;

61.  fordert die Mitgliedstaaten auf, Hilfegruppen für das medizinische Personal in Pflegeeinrichtungen, für die Angehörigen von stationären Patienten, für Angehörige, die Kranken zuhause Hilfe leisten, und für das medizinische Personal einzurichten, das in ambulanten Pflegediensten tätig ist;

62.  fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, gemeinsam mit dem Europäischen Parlament die Unabhängigkeit, Würde und soziale Einbindung von Demenzkranken mit Hilfe des Aktionsplans im Gesundheitsbereich zu fördern und Informationen über bewährte Verfahren zur Wahrung der Rechte von Schutzbedürftigen und zur Bekämpfung der Misshandlungen von Demenzkranken bereitzustellen;

63.  fordert die Kommission und den Rat auf, bei der Umsetzung von Forschungsprojekten die Entwicklung von institutionellen Partnerschaften und Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Einrichtungen zu fördern, um auf diese Weise Kapazitäten, Ressourcen und Erfahrungen aus dem privaten und öffentlichen Sektor nutzbar zu machen, damit die Folgen von Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen wirksam bekämpft werden können;

64.  weist darauf hin, dass noch erhebliche Fortschritte beim Zugang zu Therapieversuchen für von Alzheimer und verwandten Krankheiten betroffene Patienten gemacht werden müssen, um die Wirksamkeit der neuen Moleküle zu gewährleisten; betont, dass diese Fragestellung bei der nächsten Überarbeitung der EU-Richtlinie 2001/20/EG über die klinischen Prüfungen mit Arzneimitteln berücksichtigt werden sollte;

65.  fordert die Mitgliedstaaten angesichts der zerstörerischen Auswirkungen der Alzheimer-Krankheit auf das Gedächtnis und die geistigen Fähigkeiten auf, innerstaatliche Strategien auszuarbeiten, mit denen dafür gesorgt wird, dass die für die finanzielle Unterstützung der Betroffenen zuständigen Stellen auch überwachen, dass diese Unterstützung ausschließlich für die Betroffenen verwendet wird;

66.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P7_TA(2010)0313.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2010)0306.


Inhaliergeräte für Asthmatiker
PDF 205kWORD 35k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2011 zur Petition 0473/2008, eingereicht von Christoph Klein, deutscher Staatsangehöriger, zur Nichtweiterverfolgung eines Schutzklauselverfahrens durch die Kommission und die sich daraus ergebenden schädlichen Auswirkungen auf das betroffene Unternehmen
P7_TA(2011)0017B7-0026/2011

Das Europäische Parlament,

  unter Hinweis auf die an die Kommission gerichtete mündliche Anfrage vom 10. November 2010 zur Petition 0473/2008, eingereicht von Christoph Klein, deutscher Staatsangehöriger, zur Nichtweiterverfolgung eines Schutzklauselverfahrens durch die Kommission und zu sich daraus ergebenden schädlichen Auswirkungen auf das betroffene Unternehmen (O-0182/2010 – B7-0666/2010),

  unter Hinweis auf Artikel 227 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

–  gestützt auf die Artikel 201 und 202 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass im vorliegenden Fall die anwendbare Rechtsgrundlage die Richtlinie 93/42/EWG(1) des Rates über Medizinprodukte ist, nach der Hersteller von Medizinprodukten der Klasse I diese Geräte ohne Beteiligung einer benannten Stelle oder einer Behörde in Verkehr bringen können, und dass es Aufgabe des Herstellers ist nachzuweisen, dass sein Gerät den Bestimmungen der Richtlinie entspricht,

B.  in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten – um sicherzustellen, dass diese Auflagen erfüllt werden – verpflichtet sind, den Markt zu überwachen und die erforderlichen Maßnahmen, u. a. das Schutzklauselverfahren nach Artikel 8 und Maßnahmen nach Artikel 18 im Falle einer unberechtigten Anbringung der CE-Kennzeichnung, zu ergreifen,

C.  in der Erwägung, dass der betreffende Hersteller der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats gegenüber nachgewiesen hat, dass sein Gerät alle rechtlichen Anforderungen erfüllt, um als Gerät der Klasse I und als ein mit dem CE-Zeichen gekennzeichnetes Produkt in den Verkehr gebracht zu werden,

D.  in der Erwägung, dass ein Mitgliedstaat die Kommission unverzüglich über die zuständige Behörde zu unterrichten hat, wenn er geeignete einstweilige Maßnahmen ergreift, um ein Gerät vom Markt zu nehmen oder seinen Vertrieb zu untersagen oder einzuschränken, und verpflichtet ist, die Gründe für diese Entscheidung anzugeben,

E.  in der Erwägung, dass die deutschen Behörden seit 1996 Sicherheitsbedenken hinsichtlich des fraglichen Geräts (eines Inhalators) geäußert und die Kommission mit Blick auf ein Schutzklauselverfahren über die Angelegenheit unterrichtet haben, die Kommission jedoch den Hersteller nicht konsultiert und nie eine Entscheidung erlassen hat, und dass infolgedessen eine Entscheidung in dieser Angelegenheit immer noch aussteht und dem Petenten keinerlei Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen,

F.  in der Erwägung, dass die Behörden von Sachsen-Anhalt auf Drängen der bayerischen Behörden 1997 den Vertrieb des Geräts verboten haben,

G.  in der Erwägung, dass das Unternehmen bis 1997, als das erste Vertriebsverbot verhängt wurde, seine Produkte legal vertrieben und nach Angaben der zuständigen Behörde allen Bestimmungen der Richtlinie 93/42/EWG des Rates entsprochen hat,

H.  in der Erwägung, dass der Hersteller das Gerät 2003 unter einem neuen Namen in den Verkehr brachte und die Regierung von Oberbayern 2005 anordnete, das Gerät auf der Grundlage des deutschen Gesetzes über Medizinprodukte vom Markt zu nehmen, ohne der Kommission davon Mitteilung zu machen,

I.  in der Erwägung, dass der Hersteller 2006 die Kommission über das zweite Vertriebsverbot unterrichtet hat in der Hoffnung, dass ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen eines Verstoßes gegen Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie 93/42/EWG eingeleitet werden würde,

J.  in der Erwägung, dass nach Ansicht der Kommission nicht hinreichend nachgewiesen wurde, dass der Inhalator die grundlegenden Erfordernisse gemäß der Richtlinie erfüllte, und gemäß ihrer Schlussfolgerung eine erneute Überprüfung der Produktsicherheit nicht erforderlich gewesen sei, weil der Fall eher unter Artikel 18 als unter Artikel 8 der Richtlinie 93/42/EWG falle,

K.  in der Erwägung, dass der Hersteller 2008 eine Petition beim Europäischen Parlament eingereicht hat, wonach die Kommission mit ihrer Vorgehensweise in diesem Fall gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen habe und ihrer Pflicht, als Hüterin der Verträge zu agieren, nicht nachgekommen sei,

1.  ist der Ansicht, dass die Kommission in ihrer Antwort an den Petitionsausschuss nicht ausreichend auf die von dem Petenten und den Ausschussmitgliedern aufgeworfenen Fragen und die Bedenken, die in der Stellungnahme des Rechtsausschusses zum Ausdruck gebracht worden waren, eingegangen ist;

2.  fordert die Kommission auf, unverzüglich die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um das immer noch anhängige Verfahren, das 1997 auf der Grundlage der Schutzklausel nach Artikel 8 der Richtlinie 93/42/EWG eingeleitet wurde, abzuschließen;

3.  fordert die Kommission auf, auf die berechtigten Anliegen des Petenten einzugehen, der seit 13 Jahren dieser untragbaren Situation ausgesetzt ist und infolgedessen erhebliche Einnahmeverluste erlitten hat, und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit der Petent seine Rechte geltend machen kann;

4.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland zu übermitteln.

(1) ABl. L 169 vom 12.07.1993, S. 1.


Lage in Haiti ein Jahr nach dem Erdbeben: Humanitäre Hilfe und Wiederaufbau
PDF 225kWORD 51k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2011 zur Lage in Haiti ein Jahr nach dem Erdbeben: humanitäre Hilfe und Wiederaufbau
P7_TA(2011)0018RC-B7-0023/2011

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die internationale Geberkonferenz zum Thema „Eine neue Zukunft für Haiti“ vom 31. März 2010 in New York und den Bericht über die Reise einer Delegation seines Entwicklungsausschusses nach New York,

–  unter Hinweis auf den Aktionsplan für den Wiederaufbau und die nationale Entwicklung Haitis – die großen Zukunftsaufgaben – vom März 2010,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der außerordentlichen Tagung des Rates der Außenminister vom 18. Januar 2010 in Brüssel,

–  unter Hinweis auf die am 19. Januar 2010 abgegebene Erklärung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zum Erdbeben in Haiti,

–  in Kenntnis des Ergebnisses der vorbereitenden Ministerkonferenz vom 25. Januar 2010 in Montreal,

–  unter Hinweis auf den im Dezember 2007 von den drei europäischen Organen unterzeichneten Europäischen Konsens über die humanitäre Hilfe,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Februar 2010 zu dem jüngsten Erdbeben in Haiti(1),

–  unter Hinweis auf den Bericht über die Reise einer Delegation seines Entwicklungsausschusses nach Haiti (25.–27. Juni 2010),

  unter Hinweis auf den Bericht der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU zur Erkundungsmission in Haiti und in der Dominikanischen Republik vom 30. August 2010,

–  unter Hinweis auf das gemeinsame Dokument von Catherine Ashton, Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, und Kristalina Georgieva, Mitglied der Kommission, über die Lehren, die aus der Reaktion der Europäischen Union auf die Katastrophe in Haiti zu ziehen sind, vom Juni 2010,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission zur Europäischen Notfallabwehrkapazität vom 26. Oktober 2010 (KOM(2010)0600),

–  unter Hinweis auf die Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Haiti (MINUSTHA),

–  unter Hinweis auf den Bericht von Michel Barnier vom Mai 2006 „Für eine europäische Katastrophenschutztruppe: Europe Aid“,

–  gestützt auf Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass das Erdbeben der Stärke 7,3 auf der Richterskala, das Haiti am 12. Januar 2010 erschüttert hatte, 222 750 Todesopfer gefordert, drei Millionen Menschen in Mitleidenschaft gezogen und ca. 1,7 Millionen Menschen vertrieben hat, wovon eine Million nach wie vor in Notunterkünften, die eigentlich nur vorübergehenden Charakter haben sollten, untergebracht sind, und dass die Menschenrechtsorganisationen die „entsetzlichen“ Lebensbedingungen in den Lagern und vor allem „die Gefahren von Vergewaltigungen und sexueller Gewalt“, denen die Frauen ausgesetzt sind, anprangern,

B.  in der Erwägung, dass in einem Land, in dem 60 % der Bevölkerung in ländlichen Gebieten und 80 % der Menschen in absoluter Armut leben, die Nahrungsmittelversorgung von 2,5 bis 3,3 Millionen Menschen zurzeit nicht gesichert ist,

C.  in der Erwägung, dass ein Jahr nach dem Erdbeben die Lage in Haiti weiterhin chaotisch ist und dass in dem Land nach wie vor eine Notstandssituation herrscht und der Wiederaufbau nur schwer in Gang kommt,

D.  in der Erwägung, dass jahrzehntelange Armut, Umweltzerstörung, Gefährdung durch verschiedenste Naturkatastrophen, Gewalt, politische Instabilität und Diktatur dieses Land zum ärmsten Amerikas gemacht haben, wo bereits vor der Katastrophe die Mehrheit der 12 Millionen Einwohner Haitis mit weniger als zwei Dollar am Tag überleben mussten, und dass die von dem Erdbeben verursachten Schäden das Unvermögen des Staates, grundlegende öffentliche Dienstleistungen zu erbringen und damit aktiv auf die Hilfs- und Wiederaufbaubemühungen zu reagieren, noch vergrößert haben,

E.  in der Erwägung, dass bis heute von den zehn Milliarden Dollar (für zwei Fälligkeiten: 18 Monate und drei Jahre), die auf der Internationalen Geberkonferenz für den Wiederaufbau Haitis vom 31. März 2010 in New York versprochen worden waren, 1,2 Mrd. tatsächlich ausbezahlt wurden,

F.  in der Erwägung, dass die jüngste Tragödie in Haiti gezeigt hat, dass die Instrumente der EU, um auf Katastrophen zu reagieren (humanitäre Hilfe und der EU-Katastrophenschutzmechanismus) im Hinblick auf Wirksamkeit, Schnelligkeit, Koordinierung und Sichtbarkeit verbessert werden müssen,

G.  in der Erwägung, dass auf Vorschlag Haitis eine Interimskommission für den Wiederaufbau Haitis (CIRH) geschaffen wurde, um für die Koordinierung und den wirksamen Einsatz der Ressourcen Sorge zu tragen und um den Aktionsplan für die Entwicklung Haitis umzusetzen, und die Europäische Kommission als wichtigste Geberin in der CIRH vertreten ist und dort Stimmrecht besitzt,

H.  in der Erwägung, dass die Beseitigung der Trümmer eine der größten Herausforderungen für den Wiederaufbau des Landes darstellt – ein winziger Teil wurde bisher beseitigt – , und dass, falls in der derzeitigen Geschwindigkeit weitergearbeitet wird, sechs Jahre notwendig sein werden, um die Millionen Kubikmeter Trümmer zu beseitigen,

I.  in der Erwägung, dass die Choleraepidemie, die am 19. Oktober 2010 ausgebrochen ist, bis jetzt mehr als 3 000 Todesopfer gefordert hat und dass mehr als 150 000 Menschen an Cholera erkrankt sind, dass die Ausbreitung der Epidemie die offensichtlichen strukturellen Mängel des haitianischen Staates und die Grenzen des Systems der internationalen Hilfe und der Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Haiti (MINUSTAH) vor Augen führt und dass die Maßnahmen zur Bekämpfung der Cholera insbesondere von der derzeitigen politischen Krise nach den Wahlen beeinträchtigt werden,

J.  in der Erwägung, dass die VN von den 174 Mio. Dollar nur 44 Mio. Dollar für die Bekämpfung der Choleraepidemie erhalten haben,

K.  in der Erwägung, dass die WHO für die nächsten 12 Monate 400 000 neue Cholerafälle vorhersagt, falls die Epidemie nicht eingedämmt wird,

L.  in der Erwägung, dass die Wahlen vom 28. November 2010, deren Ergebnis Anfang Dezember bekanntgegeben wurde, zu gewalttätigen Demonstrationen in Haiti und zu zahlreichen Vorwürfen hinsichtlich Wahlbetrugs geführt haben und dass die internationale Gemeinschaft zu einem transparenten und ordnungsgemäßen Ablauf der Wahlen beitragen sollte, um die Integrität der Wahlen zu gewährleisten, die für den Wiederaufbau des Landes unerlässlich ist, und dass der Schutz er Zivilbevölkerung vorrangig ist,

1.  versichert den Einwohnern Haitis, die Opfer des Erdbebens und der Cholera sind, erneut seiner Solidarität und unterstreicht, dass die Wiederaufbaubemühungen in Absprache und unter Einbeziehung der Menschen auf Haiti erfolgen müssen;

2.  besteht auf einem starken und langfristigen Engagement seitens der internationalen Gemeinschaft, einschließlich der EU, zur Einhaltung aller während der internationalen Geberkonferenz in New York gegebenen Zusagen und auf einer unverzüglichen Abwicklung; betont ferner, dass jegliche humanitäre Hilfe und Wiederaufbauhilfe der Union nur in Form von Zuwendungen, nicht jedoch von Krediten, die neue Schulden nach sich ziehen, gewährt wird;

3.  erinnert an die starke Mobilisierung der internationalen Gemeinschaft nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti und deren echten politischen Willen, bei ihrem Beitrag zum Wiederaufbau Haitis die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen und ein für allemal die tieferen Ursachen der Armut in Haiti zu bekämpfen;

4.  bedauert das Ausmaß der Katastrophe in Haiti, deren Folgen ein Jahr danach immer noch weithin sichtbar sind; begrüßt die Höhe der humanitären Hilfe der Kommission zugunsten Haitis, die sich auf 120 Millionen Euro beläuft (davon 12 Millionen Euro für die Bekämpfung der Cholera), und die der Mitgliedstaaten der Union in Höhe von ca. 200 Millionen Euro sowie das Engagement des für internationale Zusammenarbeit, humanitäre Hilfe und Krisenreaktion zuständigen Kommissionsmitglieds und der GD ECHO und ihrer Sachverständigen;

5.  betont, dass durch die Einrichtung von Clustern eine Vor-Ort-Koordinierung der humanitären Einsätze möglich geworden ist, dass diese Methode jedoch angesichts der großen Vielfalt der Akteure im humanitären Bereich und der durch die städtischen Ballungsräume bedingten Komplexität der Notlage an ihre Grenzen gestoßen ist;

6.  begrüßt die Bemühungen und die Arbeit der humanitären Organisationen (Rotes Kreuz, nichtstaatliche Organisationen, Vereinte Nationen) und der Mitgliedstaaten und weist nachdrücklich darauf hin, dass die nicht sichtbaren Folgen der humanitären Einsätze kommuniziert werden müssen, und darauf, dass die Lage insbesondere durch die Versorgung der Verletzten, die Versorgung mit Trinkwasser und Lebensmitteln sowie die Bereitstellung von Notunterkünften unter Kontrolle gebracht werden konnte;

7.  stellt fest, dass die Choleraepidemie die nahezu völlige Machtlosigkeit des haitianischen Staates gegenüber einer Krankheit, der leicht vorgebeugt und die leicht geheilt werden kann, sowie die Grenzen des Systems der internationalen Hilfe aufgezeigt hat, und dies in einem Land, dem humanitäre Unterstützung größten Ausmaßes zuteil wird (12 000 nichtstaatliche Organisationen); betont, dass die Akteure im humanitären Bereich nicht weiterhin die Defizite des haitianischen Staates ausgleichen oder diesen ersetzen müssen und können und dass endlich Maßnahmen für eine langfristige Entwicklung ergriffen werden müssen, insbesondere was den Zugang zu Gesundheitsfürsorge und Trinkwasser sowie die Abwasserentsorgung betrifft;

8.  begrüßt es, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten auf der internationalen Geberkonferenz für den Wiederaufbau Haitis gemeinsam 1,2 Milliarden Euro – davon 460 Millionen Euro an nichthumanitärer Hilfe der Kommission – zugesagt haben; wiederholt seine Forderung, dass die Europäische Union als wichtigste Geldgeberin eine führende politische Rolle bei den Wiederaufbaubemühungen spielen sollte;

9.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen ihres gemeinsamen Ansatzes bei der Ressourcenplanung für den Wiederaufbau Haitis und der Halbzeitüberprüfung im Hinblick auf die Verplanung der noch ausstehenden Mittel der Kommission – nämlich 169 der 460 Millionen Euro, die in New York zugesagt wurden – die örtliche Lebensmittelerzeugung und die Lebensmittelsicherheit in die Wiederaufbaubemühungen in Haiti einzubeziehen, und zwar durch die Entwicklung der Infrastrukturen auf dem Lande und die Unterstützung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe; fordert die Umsetzung des neuen Politikrahmens für Nahrungsmittelsicherheit, den die Kommission im März 2010 angekündigt hat;

10.  bedauert, dass die Interimskommission für den Wiederaufbau Haitis, die eine Schlüsselrolle bei der Koordinierung des Wiederaufbaus spielen soll, ihre Arbeiten mit Verspätung aufgenommen hat; bedauert ferner den Mangel an Informationen hinsichtlich der Funktionsweise und Effizienz dieser Kommission und fordert die Europäische Kommission, die in der CIRH vertreten ist, dazu auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Durchführung des Mandats der CIRH zu beschleunigen, ihre Arbeitsweise zu überprüfen und dem Europäischen Parlament einen Bericht über die Tätigkeiten der CIRH und den Einsatz der Ressourcen sowie darüber, wie viele der auf der Konferenz von New York zugesagten Mittel tatsächlich in den Wiederaufbau investiert wurden, vorzulegen;

11.  erkennt an, dass die CIRH, eine zentrale Struktur für die Verwaltung des Wiederaufbaus, nur wirksam funktionieren kann, wenn die staatlichen Kapazitäten Haitis wiederhergestellt werden und die haitianische Führung im Anschluss an eine transparente und ordnungsgemäße Wahl neu bestimmt wird und wenn ein echter politischer Wille vorhanden ist, diejenigen Entscheidungen zu treffen, die erforderlich sind, um diese gewaltige Aufgabe in Angriff zu nehmen;

12.  fordert die Regierung Haitis nachdrücklich auf, den Verpflichtungen aus dem Nationalen Wiederaufbauplan nachzukommen und umzusetzen, um die staatliche Autorität zu festigen, lokales Regieren effektiver zu machen, die Kapazitäten lokaler und nationaler Einrichtungen aufzubauen sowie das Konzept der politischen, wirtschaftlichen und institutionellen Dezentralisierung einzubeziehen;

13.  ist der Ansicht, dass die lokalen Behörden wie auch die Vertreter der Zivilgesellschaft besser unterstützt und in den Entscheidungsprozess eingebunden werden sollten;

14.  bedauert die Tatsache, dass der haitianischen Bevölkerung nur Schaufeln, Hacken und Schubkarren zur Verfügung stehen, um die Tonnen von Trümmern zu beseitigen, welche die Hauptstadt lahmlegen, was angesichts des Ausmaßes der Notlage lächerlich erscheint; betont, dass die Beseitigung der Trümmer von entscheidender Bedeutung für den Wiederaufbau Haitis ist, und bedauert, dass praktisch keinerlei Mittel für die Beseitigung der Trümmer freigemacht wurden, und fordert die Kommission auf, finanzielle Hilfe und technische Unterstützung für die Trümmerbeseitigung bereitzustellen;

15.  fordert die Vereinten Nationen auf, das Mandat von MINUSTAH zu überprüfen, wobei ein Schwerpunkt auf Sicherheitsproblemen liegen soll, und hat Bedenken hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bezüglich der letzten Ereignisse, Choleraepidemie und laufende Wahlen;

16.  bedauert die schwere Wohnungskrise in Haiti; betont, dass die Umsiedlung der Obdachlosen, die größtenteils in Notunterkünften in der Hauptstadt Port-au-Prince untergebracht sind, daran scheitert, dass nicht genügend Grundstücke zur Verfügung stehen, es kein Grundbuchsystem gibt und zahlreiche Landflächen von Menschen, die ihre Wohnung verloren haben, in Besitz genommen wurden, und appelliert an den politischen Willen der haitianischen Regierung, voluntaristische Maßnahmen zu ergreifen, wozu insbesondere Enteignungen gehören;

17.  bringt seine zunehmende Besorgnis angesichts der Lage der schutzbedürftigsten Menschen, vor allem der Frauen und Kinder, zum Ausdruck, die nach dem Erdbeben, von dem mehr als 800 000 Kinder in schwerwiegender Weise betroffen waren, von Gewalt, sexuellem Missbrauch, Menschenhandel, Ausbeutung und Aussetzung bedroht sind, und fordert die Europäische Union (Kommission) auf, sich entschieden dafür einzusetzen, ein schützendes und sicheres Umfeld für die Kinder wiederherzustellen, um den Prozess der Schaffung eines Systems der sozialen Absicherung in Haiti zu unterstützen und die Reform des Bildungswesens zu fördern; und fordert, dass die Lebens- und Sicherheitsbedingungen in den Lagern verbessert werden;

18.  fordert die Europäische Union auf, mit der Regierung Haitis zusammenzuarbeiten, um umfassende Rechtsvorschriften zum Schutz der Rechte von Kindern auszuarbeiten und die Verpflichtungen, die sich aus zahlreichen von Haiti ratifizierten internationalen Instrumenten im Bereich der Rechte des Kindes, der Menschenrechte, der Abschaffung der Sklaverei und des Schutzes der Rechte des Kindes ergeben, in nationales Recht umzusetzen;

19.  hält es für äußerst wichtig, dass die Kommission die Durchführung des Prozesses der Identifizierung, Erfassung und Suche nach den Familien derjenigen Kinder, die von ihren Familien getrennt sind, unterstützt und an den Grenzen besondere Wachsamkeit walten lässt, um Kinderhandel und die illegale Adoption von Kindern zu verhindern;

20.  betont, wie wichtig es ist, unverzüglich die Kapazitäten des haitianisches Staates aufzubauen, Demokratie und eine gute Regierungsführung, die für den Wiederaufbau des Landes unerlässlich sind, zu gewährleisten und dafür Sorge zu tragen, dass die Zivilgesellschaft und die Bevölkerung Haitis einbezogen werden;

21.  äußert sich tief besorgt angesichts der derzeitigen politischen Krise infolge der heftig umstrittenen Ergebnisse der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen, die von den ausländischen Wahlbeobachtungsmissionen zurückhaltend bestätigt wurden und in Bezug auf die derzeit eine erneute Auszählung der Stimmen durch Sachverständige der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) erfolgt, die in ihrem am Donnerstag, 13. Januar 2011, vorgelegten Bericht empfohlen haben, aufgrund des festgestellten Betrugs den Kandidaten der Machthaber, Jude Célestin, zugunsten von Michel Martelly zurückzuziehen,

22.  fordert die Europäische Union auf, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen und sich nach Kräften für eine ordnungsgemäße und transparente Durchführung der Wahlen und einen reibungslosen Ablauf des auf Februar vertagten zweiten Wahlgangs einzusetzen, um zu verhindern, dass sich die Krise in Haiti noch ausweitet; ist der Auffassung, dass nur ein gewählter und rechtmäßiger Präsident sowie rechtmäßige Abgeordnete die notwendigen Entscheidungen treffen können und dass der Wiederaufbau Stabilität und politischen Willen erfordert;

23.  fordert die internationale Gemeinschaft und die Europäische Union inständig auf, eng mit der künftigen haitianischen Regierung zusammenzuarbeiten und sie bei der Organisation ihrer Institutionen und staatlichen Kapazitäten, auf dem Weg zu einem neuen Gleichgewicht auf allen Ebenen und zu einer voll funktionsfähigen Demokratie sowie während des gesamten Wiederaufbauprozesses zu begleiten;

24.  unterstreicht den hohen Stellenwert der Überweisungen aus der haitianischen Diaspora, da das Kapital direkt in die Hände der haitianischen Bevölkerung gelangt, die solche Gelder rasch für den dringendsten Bedarf verwenden kann; fordert die Mitgliedstaaten und die haitianische Regierung auf, die Auszahlung der Überweisungen zu erleichtern und auf eine Senkung ihrer Kosten hinzuwirken;

25.  fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, den Wiederaufbau und die Rehabilitation Haitis auch in Zukunft ganz oben auf ihre Agenda zu setzen; betont, dass es jetzt an der Zeit ist, Haiti zu helfen, zu einem wirtschaftlich und politisch stabilen und sich selbstversorgenden Land zu werden, und fordert die internationale Gemeinschaft auf, dies als Chance zu nutzen, die grundlegenden Ursachen der Armut in Haiti für immer zu beseitigen;

26.  fordert die Kommission auf, im Geiste des Europäischen Konsenses über die humanitäre Hilfe erhebliche Anstrengungen zu unternehmen, um in Zusammenarbeit mit der Regierung, den lokalen Behörden und der Zivilgesellschaft die Vorbereitung auf den Katastrophenfall und die Katastrophenvorsorge in die Notfallphase und die langfristige Entwicklung einzubeziehen;

27.  fordert die Kommission nachdrücklich auf, möglichst bald Vorschläge zur Einsetzung einer europäischen Katastrophenschutztruppe vorzulegen, die auf dem EU-Katastrophenschutzmechanismus beruht;

28.  stellt fest, dass in Haiti seit Jahrzehnten humanitäre Hilfe geleistet wird und dass sich gerade in dieser Krise zeigt, wie wichtig die Verknüpfung von Notfallhilfe, Wiederaufbau und Entwicklung ist; betont, dass es für die UNO entscheidend ist, alle zivilen und militärischen Operationen im Hinblick auf die Wiederherstellung der Sicherheit und die humanitäre Hilfe wie auch hinsichtlich Wiederaufbau und Entwicklung wie bisher weiter zu koordinieren;

29.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, den Mitgliedstaaten, dem Präsidenten und der Regierung Haitis, dem Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten und Nothilfekoordinator der Vereinten Nationen sowie der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds zu übermitteln.

(1) ABl. C 341 E vom 16.12.2010, S. 5.


Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung in Litauen
PDF 125kWORD 40k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2011 zur Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und zur Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung in Litauen
P7_TA(2011)0019B7-0031/2011

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die internationalen Abkommen, durch die die Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet werden und Diskriminierung verboten wird, insbesondere die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK),

–  unter Hinweis auf die Artikel 6 und 7 des Vertrags über die Europäische Union und Artikel 19 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, in denen die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten zur Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten verpflichtet und europäische Mittel zur Bekämpfung von Diskriminierung und Menschenrechtsverletzungen vorgesehen werden,

–  unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 11, in dem das Recht auf freie Meinungsäußerung gewährleistet wird, und Artikel 21, in dem die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung verboten wird,

–  unter Hinweis auf die Änderungsentwürfe zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten der Republik Litauen (Nr. XIP-2595),

–  unter Hinweis auf den Entwurf einer Stellungnahme des Justizministeriums der Republik Litauen (Nr. 11-30-01),

–  unter Hinweis auf die Maßnahmen der Europäischen Union zur Bekämpfung von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung und Homophobie,

–  unter Hinweis auf den Bericht der Agentur für Grundrechte über „Homophobie, Transphobie und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung und der Geschlechtsidentität“ vom November 2010,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. September 2009 zur Lage in Litauen nach der Annahme des Gesetzes zum Schutz von Minderjährigen(1),

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Homophobie, zum Schutz von Minderheiten und zu Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung und insbesondere auf die Entschließungen zur Homophobie in Europa(2),

–  gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass der Seimas am 16. Dezember 2010 eine Abstimmung über einen Gesetzentwurf vertagt hat, durch den das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten dahingehend geändert würde, dass bei „öffentlicher Unterstützung homosexueller Beziehungen“ eine Geldstrafe zwischen LTL 2 000 und 10 000 (EUR 580 - 2 900) verhängt werden kann, weil die Änderungsvorschläge dazu von den zuständigen parlamentarischen Ausschüssen noch nicht geprüft wurden und ihre Prüfung durch die nationalen litauischen Behörden noch nicht abgeschlossen ist,

B.  in der Erwägung, dass der Ausschuss für Erziehung, Wissenschaft und Kultur des Seimas am 8. Dezember 2010 den Begriff „sexuelle Ausrichtung“ aus dem Verzeichnis der schutzwürdigen Belange in den die Chancengleichheit betreffenden Bestimmungen des Bildungsgesetzes (Artikel 5 Absatz 1) gestrichen hat,

C.  in der Erwägung, dass die Änderungsentwürfe zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten gegen Artikel 25 der Verfassung der Republik Litauen, in dem es heißt, dass „kein Mensch daran gehindert werden darf, Informationen und Ideen zu begehren, zu empfangen und weiterzugeben“, und gegen Artikel 29 verstoßen, in dem festgelegt wird, dass „alle Menschen vor dem Gesetz, vor Gericht und anderen staatlichen Institutionen und Beamten gleich sind. Die Rechte des Einzelnen dürfen wegen seines Geschlechts, seiner Rasse, seiner Nationalität, seiner Sprache, seiner Herkunft, seines sozialen Status, seiner Weltanschauung, seiner Überzeugungen oder Ansichten weder eingeschränkt werden, noch dürfen dafür Privilegien gewährt werden“,

D.  in der Erwägung, dass der Justizminister der Republik Litauen die Auffassung vertritt, die Änderungsentwürfe zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten stünden im Widerspruch zu den Verpflichtungen Litauens gemäß seiner Verfassung, der Europäischen Charta der Grundrechte, der Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte,

E.  in der Erwägung, dass im jüngsten Bericht der Agentur für Grundrechte über „Homophobie, Transphobie und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung und der Geschlechtsidentität“ vom November 2010 die Schlussfolgerung gezogen wird, dass durch „die Änderungen potenziell fast jede öffentliche Äußerung, Darstellung oder Aufklärung über Homosexualität kriminalisiert“ wird,

F.  in der Erwägung, dass der Seimas im Juni 2009 mit überwältigender Mehrheit dafür stimmte, das „Gesetz über den Schutz von Minderjährigen vor schädlichen Folgen öffentlicher Informationen“ dahingehend zu ändern, dass Minderjährigen der Zugang zu Informationen über Homosexualität verboten wird,

G.  in der Erwägung, dass die Bedeutung von „Offenbarung oder Unterstützung einer bestimmten sexuellen Ausrichtung“ in der Werbegesetzgebung unklar bleibt,

H.  in der Erwägung, dass eine Reihe von besorgniserregenden Vorfällen, wie die Annahme des Gesetzes über den Schutz von Minderjährigen vor schädlichen Folgen öffentlicher Informationen, der Versuch der lokalen Behörden, die Abhaltung von Demonstrationen für Gleichstellung und Homosexuellen-Paraden zu verbieten, und die Verwendung von aufstachelnden oder drohenden Ausdrucksweisen und von Hasstiraden durch Politiker und Parlamentarier, Anlass für diese Entschließung waren,

I.  in der Erwägung, dass die Vizepräsidentin der Kommission Viviane Reding, die Hohe Vertreterin der Europäischen Union Catherine Ashton, der Präsident des Europäischen Rates Herman van Rompuy und der Präsident des Europäischen Parlaments Jerzy Buzek am 17. Mai 2010, dem Internationalen Tag gegen Homophobie, jegliche Form von Homophobie und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung einhellig verurteilt haben,

J.  in der Erwägung, dass Homosexualität 1990 von der Weltgesundheitsorganisation nicht mehr als Geisteskrankheit eingestuft wurde, ferner in der Erwägung, dass es in keiner glaubwürdigen Studie Anhaltspunkte dafür gibt, dass die sexuelle Aufklärung von Kindern und Jugendlichen deren sexuelle Ausrichtung beeinflussen könnte, und in der Erwägung, dass die Aufklärung über sexuelle Vielfalt Toleranz und die Akzeptanz von Unterschieden fördert,

1.  verteidigt die Grundwerte und -prinzipien, auf denen die Union beruht, vor allem die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte aller Minderheiten;

2.  bekräftigt, dass die Organe und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention, der Europäischen Charta der Grundrechte und Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union verpflichtet sind, die Achtung, den Schutz und die Förderung der Menschenrechte in der Europäischen Union ohne Unterscheidung nach der sexuellen Ausrichtung zu gewährleisten;

3.  fordert den Seimas auf, die Änderungsentwürfe zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten abzulehnen, die sexuelle Ausrichtung in das Verzeichnis der schutzwürdigen Belange im Bildungsgesetz aufzunehmen, Minderjährigen freien Zugang zu Informationen über die sexuelle Ausrichtung zu gewähren, und die Bedeutung des Verbots in der Werbegesetzgebung näher zu erläutern;

4.  weist darauf hin, dass über die vorgeschlagenen Änderungen noch nicht im Plenum des litauischen Parlaments abgestimmt wurde und dass ihre Prüfung durch die nationalen litauischen Behörden noch nicht abgeschlossen ist;

5.  verweist auf die konsequente Haltung, die die Präsidentin der Republik Litauen Dalia Grybauskaitė immer wieder an den Tag gelegt hat, indem sie den homophoben Gesetzentwurf als schädlich für die Bürger und das Ansehen Litauens anprangerte, und fordert die Präsidentin auf, ihr Veto gegen die Änderungen des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten einzulegen, falls sie gebilligt werden sollten;

6.  begrüßt, dass Homophobie vor kurzem als strafschärfender Umstand bei Verbrechen eingestuft wurde;

7.  lobt die bisher von der Kommission durchgeführten bilateralen Maßnahmen; fordert die Kommission auf, eine rechtliche Bewertung der vorgeschlagenen Änderungen zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vorzunehmen und einen EU-Fahrplan mit konkreten Maßnahmen zur Bekämpfung von Homophobie und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung zu veröffentlichen;

8.  begrüßt die Absicht der litauischen Regierungsstellen, die Änderungsvorschläge, die europäischem Recht insbesondere in Bezug auf das Prinzip der Nichtdiskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung widersprechen, zu überprüfen;

9.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Bewerberländer, der Präsidentin und dem Parlament der Republik Litauen, der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte und dem Kommissar für Menschenrechte des Europarats zu übermitteln.

(1) ABl. C 224 E vom 19.8.2010, S. 18.
(2) ABl. C 287 E vom 24.11.2006, S. 179; ABl. C 300 E vom 9.12.2006, S. 491; ABl. C 74 E vom 20.3.2008, S.776.

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