Empfehlung des Europäischen Parlaments vom 20. Januar 2011 an den Rat zu den Verhandlungen über ein Rahmenabkommen zwischen der EU und Libyen (2010/2268(INI))
– unter Hinweis auf den von Ana Gomes im Namen der S&D-Fraktion eingereichten Vorschlag für eine Empfehlung an den Rat zu den laufenden Verhandlungen über ein Rahmenabkommen zwischen der EU und Libyen (B7-0615/2010),
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen vom 15. Oktober 2007 zur Eröffnung der Debatte über ein Rahmenabkommen zwischen der EU und Libyen sowie in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 18./19. Juni und 29./30. Oktober 2009 zu Fragen der Migration,
– in Kenntnis der von Kommissionsmitglied Ferrero-Waldner und dem Staatssekretär für europäische Angelegenheiten El Obeidi am 23. Juli 2007 gemeinsam unterzeichneten Vereinbarung,
– unter Hinweis auf die laufenden Verhandlungen über ein Rahmenabkommen zwischen der EU und Libyen,
– unter Hinweis auf den im November 2004 auf den Weg gebrachten „HIV-Aktionsplan für Bangasi“,
– unter Hinweis auf die derzeitige praktische Zusammenarbeit in Migrationsfragen zwischen der EU und Libyen und die am 4. Oktober 2010 von der Kommission und Libyen unterzeichnete Agenda für die Zusammenarbeit in Migrationsfragen,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948,
– unter Hinweis auf die Genfer Konvention vom 28. Juli 1951 und das Protokoll vom 31. Januar 1967 betreffend den Status von Flüchtlingen,
– unter Hinweis auf verschiedene Menschenrechtsinstrumente, die Libyen unterzeichnet hat, wie etwa den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (1970), den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (1970), das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (1968), das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (1989), das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (1989), das Übereinkommen über die Rechte des Kindes (1993) und die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen (2004),
– unter Hinweis auf die Resolution Nr. 62/149 der Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Nations General Assembly (UNGA)) vom 18. Dezember 2007 zu einem Moratorium für die Anwendung der Todesstrafe und auf die Resolution Nr. 63/168 der UNGA vom 18. Dezember 2008 zur Umsetzung der Resolution Nr. 62/149 der Generalversammlung,
– unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker und deren Protokoll über die Einrichtung des Afrikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte und Rechte der Völker, die Libyen am 26. März 1987 bzw. 19. November 2003 ratifiziert hat,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Afrikanischen Union zur Regelung der besonderen Aspekte der Flüchtlingsprobleme in Afrika vom September 1969, dessen Vertragspartei Libyen seit dem 17. Juli 1981 ist,
– unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 18. Januar 2007 zur Todesstrafe für medizinisches Personal in Libyen(1) und vom 17. Juni 2010 zu den Hinrichtungen in Libyen(2),
– gestützt auf Artikel 121 Absatz 3 und Artikel 97 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A7-0368/2010),
A. in der Erwägung, dass Libyen ungeachtet der fortdauernden autoritären Herrschaft und der systematischen Verletzung internationaler Übereinkommen zu Menschenrechten und Grundfreiheiten seine politischen und Handelsbeziehungen mit Mitgliedstaaten der EU ausgebaut hat und im Mittelmeerraum und in Afrika bei zahlreichen Fragen mit Auswirkungen auf Sicherheit und Stabilität, insbesondere Migration, öffentliche Gesundheit, Entwicklung, Handels- und Wirtschaftsbeziehungen, Klimawandel, Energie und kulturelles Erbe, als Partner der EU fungiert,
B. in Kenntnis der Tatsache, dass mehrere EU-Mitgliedstaaten enge Beziehungen zu Libyen unterhalten, bei denen nationale Unternehmen und Banken als Vehikel für libysche Finanzinvestitionen in Europa dienen, und in der Erwägung, dass Italien am 30. August 2008 ein Freundschaftsabkommen mit Libyen unterzeichnet hat, das die Beziehungen in verschiedenen Bereichen regelt, einschließlich der Zusammenarbeit bei der Steuerung der Migration und finanzieller Entschädigungen für Krieg und Kolonialherrschaft; unter Hinweis darauf, dass das italienische Parlament am 9. November 2010 die Regierung um eine Revision dieses Vertrags ersucht hat,
C. in der Erwägung, dass sich das Rahmenabkommen zwischen der EU und Libyen, das derzeit ausgehandelt wird, über viele Bereiche erstreckt, von der Stärkung des politischen Dialogs über die Steuerung der Migration, den Ausbau der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen bis zur Verbesserung der Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen; unter Hinweis darauf, dass von dem Rahmenabkommen erwartet wird, dass es eine Gelegenheit bietet, den politischen Dialog zwischen Libyen und der EU zu intensivieren,
D. in der Erwägung, dass die Achtung der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie die Ablehnung der Todesstrafe zu den Grundsätzen der EU gehören, und in der Erwägung, dass sich das Parlament nachdrücklich für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe einsetzt, dass es mehrfach nachdrücklich die Aufhebung der Todesurteile und die Freilassung der fünf bulgarischen Krankenschwestern und des palästinensischen Arztes aus dem Gefängnis gefordert hat, die mehrere Jahre lang in Libyen in Haft waren, und dass es die Hinrichtungen libyscher und nicht libyscher Bürger verurteilt, die in Libyen stattgefunden haben,
E. in der Erwägung, dass Libyen das Übereinkommen der Afrikanischen Union zur Regelung der besonderen Aspekte der Flüchtlingsprobleme in Afrika ratifiziert hat, in dessen Artikel 8 hervorgehoben wird, dass dieses Übereinkommen in Afrika als rechtskräftige Ergänzung der Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen von 1951 gilt und dass seine Mitglieder mit dem UNHCR zusammenarbeiten sollten; in der Erwägung, dass Libyen allerdings die Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen von 1951 nicht ratifiziert hat, die das einzige internationale Übereinkommen ist, das eine umfassende Definition des Begriffs „Flüchtling“ enthält und von verbindlichen Schutzmaßnahmen und einem besonderen Mechanismus für die Überwachung durch das Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen begleitet werden soll,
F. in der Erwägung, dass stichhaltige Belege vorliegen, dass Libyen eine Praxis der weit verbreiteten Diskriminierung gegen Wanderarbeitnehmer auf der Grundlage ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft übt, insbesondere seine rassische Verfolgung von afrikanischen Wanderarbeitnehmern, und in der Erwägung, dass das Europäische Parlament zutiefst besorgt ist über Akte sexueller Gewalt gegen Frauen, über die berichtet wurde,
G. in der Erwägung, dass nach Artikel 19 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der EU niemand in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder ausgeliefert werden darf, wenn die ernsthafte Gefahr der Vollstreckung der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht,
H. in der Erwägung, dass Libyen am 13. Mai 2010 in den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen gewählt wurde und verschiedene Menschenrechtsinstrumente ratifiziert hat, und in der Erwägung, dass Libyen folglich an konkrete internationale rechtliche Verpflichtungen zur Einhaltung der Menschenrechte gebunden ist, dass es aber bislang noch keine konkreten Maßnahmen zur Verbesserung seiner Menschenrechtsbilanz ergriffen und keine echte Zusammenarbeit mit den Sonderverfahren und Vertragsorganen der Vereinten Nationen aufgenommen hat; in der Erwägung, dass die Menschenrechte zwar unteilbar sind, dass aber Libyer und Ausländer in Libyen trotz einiger Wirtschafts- und Wohlfahrtsvergünstigungen, die auf die Verteilung des Nationaleinkommens durch den Staat zurückgehen, die meisten bürgerlichen und politischen Rechte nicht genießen, insbesondere freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, das Recht auf ein faires Verfahren, Arbeitnehmerrechte, Rechte der Frauen und freie Wahlen, und in der Erwägung, dass Fälle von willkürlicher Inhaftierung, Folter, unfreiwilligem Verschwinden und Diskriminierung von Migranten keine Seltenheit sind,
I. in der Erwägung, dass die Ausübung der staatlichen Macht in Libyen nicht in Rechtsstaatlichkeit oder demokratischer Rechenschaftspflicht verankert ist und zu willkürlichem und unvorhersehbarem Verhalten gegenüber Ausländern und ausländischen Interessen führt, wie etwa in dem Fall aus jüngster Zeit, bei dem Schweizer Geschäftsleute und Ausländer ohne Bekanntgabe der Identität wegen allgemeiner Straftaten hingerichtet wurden,
1. richtet sich vor dem Hintergrund der laufenden Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit den folgenden Empfehlungen an den Rat:
a)
nimmt zur Kenntnis, dass der Rat kürzlich entschieden hat, endlich einer beschränkten Anzahl von Mitgliedern des Parlaments zu gestatten, das der Kommission erteilte Mandat, ein Rahmenabkommen zwischen der EU und Libyen auszuhandeln, zu lesen; bedauert allerdings die Verzögerung bei dieser Entscheidung und fordert, dass dem EP Zugang zu den Mandaten aller internationalen Abkommen, die derzeit ausgehandelt werden, im Einklang mit Artikel 218 Absatz 10 AEUV gewährt wird, wonach das Parlament in allen Phasen des Verfahrens unverzüglich und umfassend zu unterrichten ist;
b)
begrüßt die Aufnahme von Verhandlungen zwischen der EU und Libyen als einen Schritt zur Entwicklung neuer Beziehungen der EU im Mittelmeerraum und in Afrika; hält die Zusammenarbeit mit Libyen für nützlich für die Behandlung von Fragen wie Sicherheit und Stabilität, Migration, öffentliche Gesundheit, Entwicklung, Handel, Klimawandel, Energie und Kultur;
c)
fordert den Rat und die Kommission nachdrücklich auf, Libyen dringend zu empfehlen, die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und deren Protokoll von 1967 zu ratifizieren, einschließlich uneingeschränkter Zusammenarbeit mit dem UNHCR, um Migranten einen angemessenen Schutz und angemessene Rechte zu garantieren, und ein Asylgesetz zu verabschieden, durch das der Status von Flüchtlingen und ihre Rechte entsprechend anerkannt werden, insbesondere das Verbot von Kollektivausweisungen und der Grundsatz der Nichtzurückweisung;
d)
erinnert den Rat und die Kommission daran, dass sie verpflichtet sind, dafür zu sorgen, dass die Außenpolitik der EU in vollständigem Einklang mit der Charta der Grundrechte steht, insbesondere ihrem Artikel 19, nach dem Kollektivausweisungen verboten sind und durch den der Grundsatz der Nichtzurückweisung gewährt wird;
e)
fordert den Rat und die Kommission nachdrücklich auf zu verlangen, dass die libyschen Staatsorgane eine Vereinbarung unterzeichnen, durch die dem UNHCR ein rechtmäßiger Aufenthalt im Land gewährt und es mit dem Mandat ausgestattet wird, die gesamte Bandbreite seiner Tätigkeiten im Bereich Zugang und Schutz zu entfalten;
f)
fordert den Rat und die Kommission nachdrücklich auf sicherzustellen, dass das Rückübernahmeabkommen mit Libyen nur für illegale Einwanderer in Betracht gezogen werden könnte, wodurch diejenigen ausgeschlossen würden, die sich als Asylbewerber, Flüchtlinge oder Personen, die Schutz benötigen, bezeichnen, und betont erneut, dass der Grundsatz der Nichtzurückweisung für alle Menschen gilt, die der Gefahr der Todesstrafe, unmenschlicher Behandlung oder Folter ausgesetzt sind;
g)
fordert den Rat auf, für Flüchtlinge, die über das UNHCR in Libyen identifiziert werden, eine Umsiedlung gemäß der vereinbarten Agenda für die Zusammenarbeit in Migrationsfragen vom 4. Oktober 2010 anzubieten;
h)
fordert den Rat und die Kommission auf, ihre Unterstützung für die Tätigkeiten des UNHCR zu verstärken und bei den libyschen staatlichen Stellen für die Einhaltung internationaler humanitärer Standards für Migranten ohne Papiere im Land einzutreten, einschließlich des systematischen Zugangs des UNHCR zu Gewahrsamszentren;
i)
fordert den Rat und die Kommission auf, Libyen unter Einbeziehung des UNHCR, der IOM, des ICMPD und anderer Fachagenturen Unterstützung anzubieten, um sich mit dem Problem des Menschenhandels in der Region auseinanderzusetzen, wobei dem Schutz von Frauen und Kindern besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist, einschließlich Unterstützung zur Integration legaler Migranten und zur Verbesserung der Bedingungen für Migranten, die illegal im Land angetroffen werden; begrüßt insofern die Vereinbarung über eine Agenda für die Zusammenarbeit in Migrationsfragen, die zwischen den Kommissionsmitgliedern Malmström und Füle und den libyschen Staatsorganen im Oktober 2010 unterzeichnet wurde;
j)
fordert die Kommission nachdrücklich auf, gegenüber dem Parlament alle detaillierten Informationen im Zusammenhang mit den Finanzierungsinstrumenten für Außenmaßnahmen, die für das Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und Libyen benutzt werden, offen zu legen;
k)
fordert den Rat nachdrücklich auf, Libyen zu empfehlen, sich zu einem Moratorium bei der Todesstrafe im Einklang mit den von der UNGA am 18. Dezember 2007 und 18. Dezember 2008 angenommenen Resolutionen im Hinblick auf die Abschaffung der Todesstrafe zu verpflichten, Statistiken zu den Personen zu veröffentlichen, die seit 2008 in Libyen hingerichtet wurden, und die betroffenen Personen und die Straftaten, wegen derer sie verurteilt wurden, zu nennen; fordert die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission auf, die politische Priorität, die die EU der Abschaffung der Todesstrafe beimisst, unter Beweis zu stellen und dazu das Thema bei libyschen staatlichen Stellen systematisch aufzugreifen;
l)
fordert den Rat auf, darauf zu bestehen, dass in das Rahmenabkommen eine Klausel über den Internationalen Strafgerichtshof aufgenommen wird, die dazu führt, dass Libyen das Römische Statut ratifiziert;
m)
fordert den Rat auf, Libyen eine Zusammenarbeit bei Programmen vorzuschlagen, durch die regionale Synergien in den Bereichen nachhaltige Entwicklung und Umweltschutz, beispielsweise zu Klimawandel, Wasserknappheit und Wüstenbildung, gestärkt werden;
n)
fordert den Rat und Kommission auf, während der Verhandlungen über das Rahmenabkommen für eine Beteiligung Libyens an der Partnerschaft Europa-Mittelmeer und den Tätigkeiten und Hauptprojekten der Union für den Mittelmeerraum einzutreten;
o)
fordert die Kommission auf, ihrer Verpflichtung gemäß Artikel 218 AEUV in vollem Umfange nachzukommen, indem sie das Parlament ordnungsgemäß darüber informiert, was die EU im Bereich „nukleare Zusammenarbeit“ mit Libyen im Rahmen des Kapitels „Energie“ in den Verhandlungen über das Rahmenabkommen anstrebt, einschließlich aller politischen und sicherheitsrelevanten Auswirkungen;
p)
beglückwünscht die libyschen Gesundheitsbehörden und Gesundheitsfachkräfte zu der bemerkenswerten Verbesserung bei den medizinischen und wissenschaftlichen Kapazitäten für den Umgang mit HIV-AIDS, die durch den gemeinsam durch die EU und Libyen umgesetzten Bengasi-Aktionsplan erreicht wurde, und unterstützt die Ausweitung einer solchen Zusammenarbeit auf andere Infektionskrankheiten und auf weitere medizinische Zentren in Libyen; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, spezialisierte Gesundheitsversorgung auf libysche Patienten auszuweiten, auch durch die Erleichterung einer befristeten Behandlung in spezialisierten Einrichtungen in Europa;
q)
vertritt die Auffassung, dass das Rahmenabkommen Unterstützung für den Aufbau institutioneller Kapazitäten als Mittel zur Stärkung der Zivilgesellschaft einschließen, die Modernisierung, demokratische Reformen, unabhängige Medien und eine unabhängige Justiz fördern und eine Öffnung für Möglichkeiten der Geschäftstätigkeit, der Hochschulforschung, von NRO und anderen libyschen Akteuren fördern sollte;
r)
fordert den Rat und die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass der Schwerpunkt von Programmen zu Gunsten des Handels auf die tatsächliche Unterstützung von Unternehmen, insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen, gelegt wird, um ihr Exportpotenzial optimal auszuschöpfen;
s)
fordert den Rat und die Kommission auf, Libyen zu ermuntern, seine Zusagen in vollem Umfang einzuhalten, die es gegeben hat, als es dem UNHRC beitrat, und deshalb Libyen nachdrücklich aufzufordern, ständige Einladungen an diejenigen auszusprechen, die gemäß den Sonderverfahren der Vereinten Nationen ernannt wurden, wie an den Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen, den Sonderberichterstatter über Folter, den Sonderberichterstatter über freie Meinungsäußerung und den Sonderberichterstatter über zeitgenössische Formen von Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit verbundene Intoleranz sowie an die Arbeitsgruppe zum erzwungenen und unfreiwilligen Verschwinden und die Arbeitsgruppe zu willkürlichen Inhaftierungen, wie dies in der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung zu Libyen gefordert wird; fordert in dem gleichen Geist einen ungehinderten Zugang zum Land für eine unabhängige Kontrolle der Menschenrechtslage insgesamt;
t)
fordert den Rat auf, dafür zu sorgen, dass Schengen-Visa für Libyer ohne unnötige Verzögerungen ausgestellt werden, andere Maßnahmen zur Erleichterung der Verfahren zu prüfen und die libyschen Staatsorgane dazu zu bewegen, Visa für Europäer, die in Libyen wohnen oder einer Geschäftstätigkeit nachgehen, zu vereinfachen;
u)
empfiehlt, eine EU-Delegation in Tripolis sobald möglich einzurichten;
2. beauftragt seinen Präsidenten, diese Empfehlung dem Rat und zur Information der Kommission und den Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu übermitteln.
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen und insbesondere auf seine Entschließung vom 15. November 2007 zu den schwerwiegenden Vorfällen, die die Existenz christlicher und anderer Religionsgemeinschaften gefährden(1), vom 21. Januar 2010 zu Angriffen auf christliche Gemeinschaften(2), vom 6. Mai 2010 zu den massenhaften Gräueltaten in Jos, Nigeria(3), vom 20. Mai 2010 zur Religionsfreiheit in Pakistan(4) und vom 25. November 2010 zum Irak – Todesstrafe, insbesondere im Fall von Tariq Aziz, und Angriffe auf christliche Gemeinschaften(5),
– unter Hinweis auf die Jahresberichte über die Lage der Menschenrechte weltweit und insbesondere auf seine Entschließung vom 16. Dezember 2010 zum Jahresbericht über die Lage der Menschenrechte weltweit 2009(6) und zur Menschenrechtspolitik der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948,
– unter Hinweis auf Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte von 1966,
– unter Hinweis auf die UN-Erklärung über die Beseitigung jeglicher Form von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder des Glaubens von 1981,
– unter Hinweis auf die Berichte der UN-Sonderberichterstatterin für Religions- oder Glaubensfreiheit und insbesondere ihre Berichte vom 29. Dezember 2009, vom 16. Februar 2010 und vom 29. Juli 2010,
– unter Hinweis auf Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1950,
– unter Hinweis auf Artikel 10 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,
– gestützt auf Artikel 3 Absatz 5 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),
– gestützt auf Artikel 17 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),
– unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers von Catherine Ashton, Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission, nach dem Überfall auf Gottesdienstbesucher einer koptischen Kirche in Alexandria, Ägypten, am 1. Januar 2011,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Präsidenten des Europäischen Parlaments, Jerzy Buzek, zu der tödlichen Explosion in einer ägyptischen Kirche am 1. Januar 2011,
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Europäische Union ihr Eintreten für Religions-, Gewissens- und Gedankenfreiheit wiederholt deutlich gemacht und betont hat, dass es Aufgabe der Regierungen ist, diese Freiheiten überall in der Welt zu garantieren, in der Erwägung, dass die Weiterentwicklung von Menschenrechten, Demokratie und bürgerlichen Freiheiten das gemeinsame Fundament ist, auf das die Europäische Union ihre Beziehungen zu Drittländern aufbaut, und von der Demokratieklausel in den Abkommen zwischen der EU und Drittländern vorgesehen wurde,
B. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte jedermann das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit hat, in der Erwägung, dass dieses Recht die Freiheit umfasst, eine Religion oder eine Weltanschauung eigener Wahl zu haben oder anzunehmen, und die Freiheit, diese Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Beachtung religiöser Bräuche, Ausübung und Unterricht zu bekunden,
C. in der Erwägung, dass die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit nicht nur für die Anhänger von Religionen, sondern auch für Atheisten, Agnostiker und Personen ohne Glaubensbekenntnis gilt,
D. in der Erwägung, dass die Zahl der Angriffe auf christliche Gemeinden 2010 weltweit gestiegen ist ebenso wie die Zahl der Gerichtsverfahren und Todesstrafen wegen Blasphemie, von denen häufig Frauen betroffen sind; in der Erwägung, dass Statistiken über Religionsfreiheit aus den letzten Jahren zeigen, dass sich die Mehrzahl der religiös motivierten Gewalttaten gegen Christen richten, was aus dem Bericht über die Religionsfreiheit in der Welt aus dem Jahr 2009 hervorgeht, der von der Organisation „Kirche in Not“ ausgearbeitet wurde, unter Hinweis darauf, dass in bestimmten Fällen die künftige Existenz christlicher Gemeinden gefährdet ist und dass ihr Verschwinden zum Verlust eines wichtigen Teils des religiösen Erbes der betroffenen Länder führen würde,
E. in der Erwägung, dass am 11. Januar 2011 in Nigeria einmal mehr Unschuldige bei grauenhaften Anschlägen ums Leben gekommen sind, die die christliche Gemeinde treffen sollten, in der Erwägung, dass am 24. Dezember 2010 Anschläge auf mehrere Kirchen in der Stadt Maiduguri verübt wurden und am 25. Dezember 2010 bei Bombenangriffen in der nigerianischen Stadt Jos 38 Zivilisten ums Leben kamen und Dutzende verletzt wurden, in der Erwägung, dass am 21. Dezember 2010 mit Schwertern und Macheten bewaffnete Männer in Turu, Nigeria, eine Gruppe christlicher Dorfbewohner angriffen, drei von ihnen töteten und zwei verletzten, unter Hinweis darauf, dass am 3. Dezember 2010 bei einem Angriff in der Stadt Jos in Nigeria sieben Christen, darunter Frauen und Kinder, getötet und vier weitere Personen verletzt wurden,
F. in der Erwägung, dass die Ermordung von Salman Taseer, Gouverneur von Punjab, am 4. Januar 2011 sowie der Fall Asia Noreen in Pakistan Proteste der internationalen Gemeinschaft ausgelöst haben,
G. in der Erwägung, dass bei einem Terrorangriff auf koptische Christen am 1. Januar 2011 in Alexandria unschuldige Zivilisten getötet bzw. verletzt wurden,
H. in der Erwägung, dass am 25. Dezember 2010 während des Weihnachtsgottesdiensts in einer Kapelle in der philippinischen Stadt Sulu eine Bombe gezündet wurde, die 11 Menschen, darunter ein Geistlicher und ein 9-jähriges Mädchen, schwer verletzte,
I. in der Erwägung, dass der Weihnachtsgottesdienst in den Dörfern Rizokarpaso und Ayia Triada im Norden Zyperns am 25. Dezember 2010 gewaltsam unterbrochen wurde,
J. unter Hinweis darauf, dass am 30. Dezember 2010 bei Dschihad-Terrorangriffen gegen Familien assyrischer Christen in einer Serie koordinierter Bombenangriffe auf christliche Wohngebiete in Bagdad, Irak, mindestens zwei Menschen getötet und 14 verletzt wurden, in der Erwägung, dass am 27. Dezember 2010 in Dujail, Irak, eine assyrische Christin durch einen Sprengsatz am Straßenrand getötet und ihr Ehemann verletzt wurde, in der Erwägung, dass zwei irakische Christen am 22. November 2010 in Mosul getötet wurden, in der Erwägung, dass am 10. November 2010 bei einer Serie von Angriffen gegen von Christen bewohnte Viertel in Bagdad unschuldige Zivilisten ums Leben kamen, in der Erwägung, dass bei dem Massaker vom 1. November 2010 in der syrisch-katholischen Erlöserkirche (Sayidat al-Najad) in Bagdad 52 Menschen, darunter Frauen und Kinder, getötet wurden,
K. in der Erwägung, dass die iranische Regierung ihre Kampagne gegen Christen in der Islamischen Republik verstärkt hat, wobei allein im letzten Monat 100 Personen verhaftet und viele Menschen gezwungen wurden, ins Ausland zu fliehen, damit nicht Strafanzeige gegen sie erstattet wurde oder sie gar zum Tode verurteilt wurden,
L. unter Hinweis darauf, dass auch in Vietnam die Aktivitäten der katholischen Kirche sowie anderer Religionen stark behindert werden, was anhand der ernsten Lage deutlich wird, in der sich die Gemeinschaften der vietnamesischen „Montagnards“ befinden, jedoch in der Erwägung, dass der Sinneswandel der vietnamesischen Regierung im Falle des Geistlichen Nguyen Van Ly, der zu dessen Freilassung geführt hat, zu begrüßen ist,
M. in der Erwägung, dass Angriffe von gewalttätigen islamistischen Extremisten auch Angriffe auf die Regierungen der betroffenen Staaten sind, die darauf abzielen, Unruhe zu stiften und einen Bürgerkrieg zwischen den einzelnen religiösen Gruppierungen auszulösen,
N. in der Erwägung, dass Europa, wie auch andere Teile der Welt, nicht frei von Verstößen gegen die Religionsfreiheit ist, Schauplatz von Angriffen auf Angehörige von Minderheiten aufgrund deren Religion sowie von Diskriminierung aus religiösen Gründen ist,
O. in der Erwägung, dass der Dialog zwischen den verschiedenen Gemeinschaften von entscheidender Bedeutung für die Förderung des Friedens und der Völkerverständigung ist,
1. verurteilt die jüngsten Angriffe auf christliche Gemeinden in mehreren Ländern und bringt seine Solidarität mit den Angehörigen der Opfer zum Ausdruck; zeigt sich besorgt über die Tatsache, dass sich die Fälle von Intoleranz gegenüber christlichen Gemeinden und deren Unterdrückung vor allem in den Ländern Afrikas, Asiens und im Nahen Osten häufen;
2. begrüßt die Bemühungen der Behörden der betroffenen Länder zur Ermittlung der Urheber und Täter der gegen christliche Gemeinschaften gerichteten Angriffe; fordert die Regierungen auf, dafür Sorge zu tragen, dass sämtliche Personen, die für diesen und für andere Gewaltakte gegen Christen oder andere Religionen oder Minderheiten die Verantwortung tragen, vor Gericht gestellt und in einem ordnungsgemäßen Verfahren verurteilt werden;
3. verurteilt aufs Schärfste jegliche Form von Gewalt gegen Christen und andere Religionsgemeinschaften sowie jegliche Form von Diskriminierung und Intoleranz aus Gründen der Religion und des Glaubens gegen Gläubige, Renegaten und Nichtgläubige; betont erneut, dass das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit ein grundlegendes Menschenrecht ist;
4. ist betroffen über den Exodus von Christen aus diversen Ländern, insbesondere aus Ländern des Nahen und Mittleren Ostens, in den letzten Jahren;
5. ist gleichermaßen beunruhigt, dass das pakistanische Blasphemiegesetz, gegen das sich der letzte Gouverneur Salman Taseer öffentlich aussprach, immer noch angewendet wird, um Glaubensgemeinschaften, darunter Christen wie Asia Noreen, eine Mutter von fünf Kindern, die zum Tod verurteilt wurde, zu verfolgen, und dass der Mörder von Gouverneur Salman Taseer von großen Teilen der pakistanischen Gesellschaft als Held betrachtet wird;
6. begrüßt die Reaktion der ägyptischen Öffentlichkeit, die den Terrorakt scharf verurteilt und schnell begriffen hat, dass der Angriff geplant war, um die tief verwurzelten, traditionellen Bande zwischen Christen und Moslems in Ägypten zu untergraben; begrüßt die gemeinsamen Demonstrationen von koptischen Christen und Moslems in Ägypten, um gegen den Überfall zu protestieren; begrüßt ferner die öffentliche Verurteilung des Überfalls durch den ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak, den Großscheich von Al-Azhar und den Großmufti von Ägypten;
7. verurteilt die gewaltsame Unterbrechung der von den verbliebenen 300 Christen im nördlichen Teil Zyperns an Weihnachten gefeierten Christmette durch die türkischen Behörden;
8. zeigt sich ernsthaft besorgt über den Missbrauch der Religion durch diejenigen, die in mehreren Teilen der Welt Terroranschläge begehen; verurteilt die Instrumentalisierung der Religion in diversen politischen Konflikten;
9. fordert die Behörden von Staaten mit einer beängstigend hohen Zahl von Angriffen auf Glaubensgemeinschaften nachdrücklich auf, Verantwortung zu übernehmen, um die normale und öffentliche Religionsausübung für alle Glaubensgemeinschaften zu gewährleisten, ihre Bemühungen zu verstärken, für einen verlässlichen und wirksamen Schutz der Glaubensgemeinschaften in ihren Ländern zu sorgen und die persönliche Sicherheit und körperliche Unversehrtheit von Angehörigen von Glaubensgemeinschaften dort sicherzustellen und dadurch den Verpflichtungen nachzukommen, die sie auf internationaler Ebene eingegangen sind;
10. betont erneut, dass die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, einschließlich der Religions- oder Glaubenfreiheit, zu den Grundprinzipien und Zielen der Europäischen Union gehört und eine gemeinsame Grundlage für ihre Beziehungen mit Drittstaaten bildet;
11. fordert den Rat, die Kommission und die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/ Vizepräsidentin der Europäischen Kommission auf, dem Thema der Religions- oder Glaubensfreiheit und der Lage von Religionsgemeinschaften, auch der Christen, in den Abkommen und bei der Zusammenarbeit mit Drittstaaten sowie in Menschenrechtsberichten erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken;
12. fordert den Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ auf, sich auf seiner nächsten Tagung am 31. Januar 2011 mit der Verfolgung der Christen und der Achtung der Religions- oder Glaubensfreiheit zu befassen, wobei diese Diskussion zu konkreten Ergebnissen führen sollte, insbesondere im Hinblick auf Instrumente, die dafür genutzt werden können, um bedrohten christlichen Glaubensgemeinschaften überall in der Welt Sicherheit und Schutz zu bieten;
13. fordert die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission auf, dringend eine EU-Strategie zur Durchsetzung des Menschenrechts auf Religionsfreiheit auszuarbeiten, einschließlich einer Liste von Maßnahmen gegen Staaten, von denen bekannt ist, dass sie Glaubensgemeinschaften nicht schützen;
14. fordert die Hohe Vertreterin auf, im Lichte der jüngsten Ereignisse und der zunehmenden Notwendigkeit, kulturelle und religiöse Entwicklungen in den internationalen Beziehungen und in den heutigen Gesellschaften zu analysieren und zu verstehen, innerhalb der Direktion Menschenrechte des Europäischen Auswärtigen Dienstes eine ständige Kapazität aufzubauen, die überwachen soll, wie Regierungen und die Gesellschaft die Religionsfreiheit und damit in Zusammenhang stehende Rechte einschränken, und dem Parlament jährlich Bericht zu erstatten;
15. fordert, dass der Rat, die Kommission, die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission und das Parlament ein Kapitel über Religionsfreiheit in ihren jährlichen Bericht über die Menschenrechte aufnehmen;
16. fordert die Organe der EU mit Nachdruck auf, der in Artikel 17 Absatz 3 AEUV verankerten Verpflichtung nachzukommen, einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit den Kirchen und den religiösen, philosophischen und nichtkonfessionellen Organisationen zu unterhalten, um zu gewährleisten, dass das Thema der Christenverfolgung und der anderen Religionsgemeinschaften Priorität hat und systematisch erörtert wird;
17. fordert die führenden Vertreter aller Religionsgemeinschaften in Europa auf, die Anschläge auf die christlichen Gemeinden und anderen Glaubensgemeinschaften auf der Grundlage der gleichen Achtung vor allen Glaubensgemeinschaften zu verurteilen;
18. unterstützt alle Initiativen, die die Förderung des Dialogs und des gegenseitigen Respekts zwischen den Gemeinschaften zum Ziel haben; appelliert an alle religiösen Autoritäten, sich für Toleranz einzusetzen und gegen den Hass sowie gegen die gewalttätige und extremistische Radikalisierung vorzugehen;
19. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten, dem Parlament und der Regierung Ägyptens, dem Parlament und der Regierung Irans, dem Parlament und der Regierung Iraks, dem Parlament und der Regierung Nigerias, dem Parlament und der Regierung Pakistans, dem Parlament und der Regierung der Philippinen, dem Parlament und der Regierung Vietnams sowie der Organisation der Islamischen Konferenz zu übermitteln.
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Lage in Belarus und insbesondere seine Entschließung zu Belarus vom 17. Dezember 2009(1),
– unter Hinweis auf den Beschluss 2010/639/GASP des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen einzelne belarussische Amtsträger(2), mit dem sowohl die restriktiven Maßnahmen als auch deren Aussetzung bis zum 31. Oktober 2011 verlängert wurden,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates („Auswärtige Angelegenheiten“) vom 25. Oktober 2010,
– unter Hinweis auf die Erklärung über vorläufige Erkenntnisse und Schlussfolgerungen zu den Präsidentschaftswahlen in Belarus, die am 20. Dezember 2010 vom Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der OSZE und von der Parlamentarischen Versammlung der OSZE (OSZE PV) abgegeben wurde,
– gestützt auf Artikel 110 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass sich auch Belarus in der Prager Erklärung des Gipfeltreffens zur Östlichen Partnerschaft zu den Grundsätzen des Völkerrechts und Grundwerten wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten bekannt hat,
B. in der Erwägung, dass der Rat die belarussische Staatsführung am 25. Oktober 2010 aufforderte, „dafür zu sorgen, dass die Wahlen entsprechend den internationalen Normen und Standards für demokratische Wahlen und den Verpflichtungen von Belarus im Rahmen der OSZE und der Vereinten Nationen durchgeführt werden“,
C. in der Erwägung, dass sich Belarus verpflichtet hat, die Empfehlungen der OSZE und ihres Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) hinsichtlich Verbesserungen seines Wahlgesetzes zu prüfen, um dieses mit den internationalen Standards für demokratische Wahlen in Einklang zu bringen, sowie die OSZE zu den vorgeschlagenen Änderungen zu konsultieren, in der Erwägung, dass die Nationalversammlung von Belarus vor Kurzem eine Reform des Wahlgesetzes ohne vorherige Konsultation der OSZE beschlossen hat,
D. in der Erwägung, dass der Rat erneut seine Bereitschaft bestätigt hat, „seine Beziehungen zu Belarus abhängig von den weiteren Entwicklungen in Belarus hin zu Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit zu vertiefen und das Land bei der Erreichung dieser Ziele zu unterstützen“, und bereit ist ' – vorbehaltlich der Fortschritte des Landes in diesen Bereichen – Schritte zu unternehmen, um seine vertraglichen Beziehungen mit Belarus auszubauen„,
E. in der Erwägung, dass der Rat nach einer Bewertung der Entwicklung in Belarus den Beschluss gefasst hat, die restriktiven Maßnahmen gegen bestimmte belarussische Amtsträger zu verlängern, die Einreiseverbote in die EU jedoch auszusetzen, und zwar beides bis zum 31. Oktober 2011,
F. in der Erwägung, dass es gemäß der Erklärung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE und des BDIMR der OSZE über vorläufige Erkenntnisse und Schlussfolgerungen zu den Präsidentschaftswahlen in Belarus einige Verbesserungen im Vorfeld der Wahlen gegeben habe, dass diese jedoch von gravierenden Unregelmäßigkeiten am Wahltag und von dem Gewaltausbruch am Abend des 19. Dezember 2010 überschattet wurden,
G. in der Erwägung, dass über 700 Personen wegen ihrer Teilnahme an der Demonstration vom 19. Dezember 2010 in Minsk festgenommen wurden, von denen die meisten nach Verbüßung einer kurzen Verwaltungsstrafe wieder freigelassen wurden, während 24 oppositionelle Aktivisten und Journalisten, unter ihnen sechs Präsidentschaftskandidaten, wegen „Anstiftung zu Massenunruhen“ in Verbindung mit gewalttätigen Angriffen und bewaffnetem Widerstand angeklagt wurden, wofür eine Gefängnisstrafe von bis zu 15 Jahren verhängt werden kann, sowie in der Erwägung, dass weitere 14 Personen demnächst angeklagt werden könnten,
H. in der Erwägung, dass die Zerschlagung der Demonstration am 19. Dezember 2010 durch die Polizei und weitere Maßnahmen der Ordnungskräfte gegen die demokratische Opposition, freie Medien und Bürgerrechtsaktivisten vom Präsidenten des Europäischen Parlaments, der Hohen Vertreterin der EU und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen verurteilt wurden,
I. in der Erwägung, dass den Anwälten, die Demonstranten, politische Oppositionelle oder deren Familien vertreten, der Entzug der Lizenz bzw. die Streichung aus dem Anwaltsregister droht,
1. ist – im Einklang mit den Erkenntnissen der vorläufigen Schlussfolgerungen der Parlamentarischen Versammlung der OSZE und des BDIMR der OSZE – der Ansicht, dass die Präsidentschaftswahlen vom 19. Dezember 2010 die internationalen Standards für freie, faire und transparente Wahlen nicht erfüllt haben; vertritt die Auffassung, dass diese Wahlen eine weitere verpasste Gelegenheit für einen demokratischen Übergang in Belarus darstellen, und fordert angesichts der zahlreichen und gravierenden Unregelmäßigkeiten, von denen das BDIMR der OSZE berichtet hat, die Abhaltung von Neuwahlen unter freien und demokratischen Bedingungen gemäß den OSZE-Standards;
2. verurteilt die brutale Gewalt, mit der die Polizei und KGB-Dienststellen am Tag der Wahlen gegen Demonstranten vorgingen; ist insbesondere empört über den brutalen Angriff auf Uladsimir Njakljajeu und betrachtet die beiden Fälle als schweren Verstoß gegen grundlegende demokratische Prinzipien, wie Versammlungs- und Meinungsfreiheit, sowie als Verletzung der Menschenrechte, und äußert insbesondere seine Sorge gegenüber den Versuchen der belarussischen Behörden, Daniil Sannikau, den dreijährigen Sohn von Präsidentschaftskandidat Andrej Sannikau und der Enthüllungsjournalistin Iryna Chalip, die beide seit den Wahlen am 19. Dezember 2010 festgehalten werden, in staatliche Obhut zu nehmen; ist insbesondere beunruhigt über den Gesundheitszustand von Nikolai Statkewitsch, der sich seit 31 Tagen im Hungerstreik befindet;
3. verurteilt auf das Schärfste die Festnahme und Inhaftierung von friedlichen Demonstranten und den meisten der Präsidentschaftskandidaten (z.B. Wladimir Nekljajew, Andrej Sannikow, Nikolai Statkewitsch und Alexej Michalewitsch), der Führer der demokratischen Opposition (z.B. Pawel Sewerinez, Anatoli Lebedko) und einer großen Zahl von Bürgerrechtsaktivisten, Journalisten, Lehrern und Studierenden, die zu bis zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt werden können; fordert eine unabhängige und unparteiische internationale Untersuchung der Ereignisse unter der Schirmherrschaft der OSZE; fordert, politisch motivierte Anklagen unverzüglich fallenzulassen;
4. verurteilt die Unterdrückungsmaßnahmen und fordert die belarussische Staatsführung nachdrücklich auf, jegliche Verfolgungsmaßnahmen, Einschüchterungen oder Drohungen gegenüber Bürgerrechtsaktivisten, wie etwa massenhaft durchgeführten Razzien und Durchsuchungen von Privatwohnungen sowie von Büroräumen von Medien und Organisationen der Zivilgesellschaft und bei diesen Gelegenheiten stattfindende Konfiszierungen, sowie Hochschulverweise und Entlassungen unverzüglich einzustellen;
5. fordert die unverzügliche und bedingungslose Freilassung aller am Wahltag und in dessen Folge Festgenommenen sowie der von Amnesty International anerkannten politischen Gefangenen; fordert die belarussischen Behörden auf, den Gefangenen ungehinderten Kontakt mit ihren Angehörigen und Zugang zu Rechtsbeistand und medizinischer Versorgung zu gewähren;
6. bedauert die Entscheidung der belarussischen Staatsführung, die Mission des OSZE-Büros in Belarus zu beenden, und fordert die belarussische Staatsführung auf, diese Entscheidung unverzüglich zurückzunehmen;
7. verurteilt die Sperrung zahlreicher wichtiger Internetseiten am Wahltag in Belarus, wie etwa die Seiten sozialer Netzwerke und die Websites der Opposition; hebt hervor, dass die gegenwärtige Mediengesetzgebung in Belarus nicht mit internationalen Standards vereinbar ist und fordert sie auf, sie zu überarbeiten und zu ändern;
8. fordert den Rat, die Kommission und die Hohe Vertreterin der EU auf, die Politik der EU gegenüber Belarus zu überprüfen und dabei auch gezielte Wirtschaftssanktionen und das Einfrieren aller makrofinanziellen Hilfen, die über IWF-Darlehen bereitgestellt werden, sowie aller Darlehen im Rahmen von EIB- und EBWE-Programmen in Erwägung zu ziehen; hebt hervor, dass die Ausrichtung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) und die nationalen Unterstützungsmaßnahmen für Belarus so umgeleitet werden sollten, dass sie die erforderliche Unterstützung für die Zivilgesellschaft sicherstellen; wiederholt mit Nachdruck, wie wichtig der wirksame Einsatz des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte ist;
9. fordert die Kommission auf, die Bemühungen der belarussischen Zivilgesellschaft sowie unabhängiger Medien (wie etwa der Sender TV Belsat, Europäisches Radio für Belarus, Radio Racyja und anderer) und nichtstaatlicher Organisationen in Belarus um die Förderung der Demokratie und den Widerstand gegen das Regime mit allen finanziellen und politischen Mitteln zu unterstützen; erachtet es als notwendig, die Beziehungen belarussischer nichtstaatlicher Organisationen zu der internationalen Gemeinschaft der nichtstaatlichen Organisationen auszuweiten und zu erleichtern; fordert die Kommission zugleich auf, die gegenwärtige Zusammenarbeit zu unterbrechen und ihre Unterstützung für die staatlichen Medien in Belarus zurückzuziehen; zugleich sollte die Kommission den Neudruck und den Vertrieb von Büchern mit Gedichten von Wladimir Nekljajew, die neulich von den belarussischen Behörden beschlagnahmt und verbrannt wurden, finanzieren;
10. fordert die Kommission auf, einen Registrierungsmechanismus für nichtstaatliche Organisationen zu schaffen, die sich aus politischen Gründen in Belarus nicht registrieren lassen können, damit sich diese an Programmen der Kommission beteiligen können;
11. fordert die Kommission auf, die finanzielle Unterstützung für die Europäische Humanistische Universität (EHU) in Vilnius (Litauen) fortzusetzen und aufzustocken, die Anzahl der Stipendien für belarussische Studierende, die aufgrund ihrer Bürgerrechtsaktivitäten Unterdrückungsmaßnahmen ausgesetzt sind und von den Universitäten ausgeschlossen wurden, zu erhöhen und einen Beitrag zur Geberkonferenz „Solidarität mit Belarus“ am 2. Februar 2011 in Warschau und zur anschließend, am 3. und 4. Februar 2011, in Vilnius stattfindenden Konferenz zu leisten;
12. fordert den Rat, die Kommission und die Hohe Vertreterin der EU auf, die Visumsperre für hochrangige belarussische Staatsvertreter umgehend wieder in Kraft zu setzen und sie auf Amtsträger, Mitglieder der Justizorgane und Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden auszuweiten, die als verantwortlich für die Wahlfälschungen und die brutalen Repressionen und Verhaftungen von Oppositionsmitgliedern nach den Wahlen betrachtet werden können, und ihre Vermögenswerte einzufrieren; ist der Auffassung, dass die Sanktionen mindestens so lange in Kraft bleiben sollten, bis alle politischen Gefangenen und Verhafteten auf freiem Fuß sind und freigesprochen werden; begrüßt das beispielhafte Verhalten der polnischen Regierung, die eigene Einreisebeschränkungen für Vertreter des Minsker Regimes verhängt und gleichzeitig für belarussische Bürger die Einreise in die Europäische Union erleichtert hat;
13. fordert den Rat auf, spätestens auf dem Gipfeltreffen zur Östlichen Partnerschaft in Budapest die Teilnahme von Belarus an Aktivitäten im Rahmen der Östlichen Partnerschaft auszusetzen, wenn keine annehmbare Erklärung für die Lage in Belarus gegeben wird und es nicht zu einer deutlichen Verbesserung kommt, wobei diese Aussetzung nicht für nichtstaatliche Organisationen und die Zivilgesellschaft gelten soll;
14. fordert die Kommission und den Rat auf, die Arbeit an den Richtlinien für die Verhandlungen über Rückführungsabkommen und Erleichterungen bei der Visumvergabe, einschließlich Visumgebühren in erschwinglicher Höhe, zu intensivieren, um zwischenmenschliche Kontakte zu erleichtern;
15. geht davon aus, dass die EU-Mitgliedstaaten die Maßnahmen der EU nicht mit eigenen bilateralen Initiativen mit dem belarussischen Regime unterlaufen werden, die die Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit der europäischen Außenpolitik untergraben;
16. ist der Auffassung, dass Sportveranstaltungen, wie etwa die Eishockey-Weltmeisterschaft 2014, nicht in Belarus abgehalten werden sollten, solange es in diesem Land politische Gefangene gibt;
17. bedauert die Anerkennung der Wahlen und die Bezeichnung der Unterdrückungsmaßnahmen als „interne Angelegenheiten“ durch die Russische Föderation; empfiehlt, dass sich die Kommission um Dialog, Konsultationen und politische Koordinierung mit denjenigen Anrainerstaaten von Belarus bemüht, die nicht Mitglieder der EU sind, traditionell besondere Beziehungen zu diesem Land unterhalten und darüber hinaus Partner der EU sind, nämlich Russland und die Ukraine, um der Politik der EU gegenüber Belarus möglichst große Wirksamkeit zu verleihen und zusammenzuarbeiten, damit ein Gleichgewicht hergestellt wird zwischen der Reaktion auf das Demokratiedefizit und die Menschenrechtsverletzungen in Belarus und der Notwendigkeit, eine internationale Isolierung von Belarus zu verhindern;
18. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Hohen Vertreterin der EU, den Mitgliedstaaten der EU, dem Staatspräsidenten, der Regierung und dem Parlament von Belarus sowie den Parlamentarischen Versammlungen des Europarates und der OSZE zu übermitteln.
– unter Hinweis auf den Bericht der Kommission über die Wettbewerbspolitik 2009 (KOM(2010)0282) und das diesem Bericht beigefügte Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen (SEK(2010)0666),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln(1),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“)(2),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 13. Oktober 2008 „Die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen auf Maßnahmen zur Stützung von Finanzinstituten im Kontext der derzeitigen globalen Finanzkrise“(3) (Bankenmitteilung),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. Dezember 2008 „Die Rekapitalisierung von Finanzinstituten in der derzeitigen Finanzkrise: Beschränkung der Hilfen auf das erforderliche Minimum und Vorkehrungen gegen unverhältnismäßige Wettbewerbsverzerrungen(4) (Rekapitalisierungsmitteilung),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 25. Februar 2009 über die Behandlung wertgeminderter Aktiva im Bankensektor der Gemeinschaft(5) (Mitteilung über die Behandlung wertgeminderter Aktiva),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 23. Juli 2009 über die Wiederherstellung der Rentabilität und die Bewertung von Umstrukturierungsmaßnahmen im Finanzsektor im Rahmen der derzeitigen Krise gemäß den Beihilfevorschriften(6) (Umstrukturierungsmitteilung), wobei diese vier letztgenannten Mitteilungen nachstehend gemeinsam als „die vier Mitteilungen zum Finanzsektor“ bezeichnet werden,
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 17. Dezember 2008 über einen vorübergehenden Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise(7) (Vorübergehender Gemeinschaftsrahmen),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 9. Februar 2009 „Erläuterungen zu den Prioritäten der Kommission bei der Anwendung von Artikel 82 des EG-Vertrags auf Fälle von Behinderungsmissbrauch durch marktbeherrschende Unternehmen“(8),
– unter Hinweis auf die Bekanntmachung der Kommission über einen Verhaltenskodex für die Durchführung von Beihilfeverfahren(9), die Mitteilung der Kommission über ein vereinfachtes Verfahren für die Würdigung bestimmter Kategorien staatlicher Beihilfen(10) und die Bekanntmachung der Kommission über die Durchsetzung des Beihilferechts durch die einzelstaatlichen Gerichte(11) (Vereinfachungspaket),
– unter Hinweis auf die Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Umweltschutzbeihilfen(12),
– unter Hinweis auf den Anzeiger für staatliche Beihilfen – Frühjahrsausgabe 2009 (KOM(2009)0164), Herbst 2009 (KOM(2009)0661) und Frühjahr 2010 (KOM(2010)0255),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. März 2009 zu den Berichten über die Wettbewerbspolitik 2006 und 2007(13) und auf seine Entschließung vom 9. März 2010 zur Wettbewerbspolitik 2008(14),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. März 2009 zu Lebensmittelpreisen in Europa(15),
– unter Hinweis auf seine Erklärung vom 19. Februar 2008 zu der Untersuchung des Machtmissbrauchs durch große Supermarktketten, die in der Europäischen Union tätig sind, und zu entsprechenden Abhilfemaßnahmen(16),
– gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Währung und der Stellungnahmen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie, des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sowie des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr (A7-0374/2010),
A. in der Erwägung, dass die außergewöhnlichen wirtschaftlichen Umstände der Finanz- und Wirtschaftskrise der letzten beiden Jahre außergewöhnliche Maßnahmen erforderten; in der Erwägung ferner, dass die Bemühungen der Kommission dazu beigetragen haben, die Finanzmärkte zu stabilisieren und gleichzeitig die Integrität des Binnenmarktes zu schützen,
B. in der Erwägung, dass es für effiziente Märkte in Krisenzeiten von entscheidender Bedeutung ist, die finanzielle Stabilität sicherzustellen, die Kreditvergabe wiederherzustellen und das Finanzsystem zu reformieren, und dass die Wettbewerbsvorschriften deshalb flexibel aber konsequent angewandt werden sollten,
C. in der Erwägung, dass Protektionismus und eine mangelnde Durchsetzung der Wettbewerbsbestimmungen die Krise nur vertiefen und verlängern würden,
D. in der Erwägung, dass die Wettbewerbspolitik ein wesentliches Instrument darstellt, das die Europäische Union in die Lage versetzt, über einen dynamischen, effizienten und innovativen Binnenmarkt zu verfügen, auf weltweiter Ebene wettbewerbsfähig zu sein und die Finanzkrise zu überwinden,
E. in der Erwägung, dass das wachsende Haushaltsdefizit und die zunehmende öffentliche Verschuldung in vielen Mitgliedstaaten den wirtschaftlichen Aufschwung und das Wirtschaftswachstum um Jahre verlangsamen können,
F. in der Erwägung, dass die Regierungen der Mitgliedstaaten als Reaktion auf die Finanzkrise in erheblichem Umfang staatliche Beihilfen gewährt haben, beispielsweise in Form von Garantieschirmen, Rekapitalisierungsinstrumenten und Zusatzinstrumenten der Liquiditätsversorgung für die Finanzierung von Banken; in der Erwägung ferner, dass diese Maßnahmen den Banken in erheblichem Umfang Geldmittel und Versicherungsschutz gegenüber jenen Risiken eingebracht haben, denen der Finanzsektor üblicherweise ausgesetzt ist,
G. in der Erwägung, dass empirische Untersuchungen darauf hinweisen, dass die Garantien der Regierungen der Mitgliedstaaten zu zahlreichen Auswirkungen und Verzerrungen wie einer verringerten Streuung von privaten Anleihen geführt haben, ein Umstand, der bei der Prüfung einer möglichen Ausweitung der Beihilfen oder einer Verlängerung der derzeit geltenden Sonderregelungen berücksichtigt werden muss,
H. in der Erwägung, dass ein verantwortungsvolles Handeln in Steuerangelegenheiten eine wichtige Voraussetzung für die Aufrechterhaltung günstiger Bedingungen für einen fairen Wettbewerb und für die Förderung der Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes ist,
I. in der Erwägung, dass der Wettbewerb im Energiesektor, in der landwirtschaftlichen Produktion und in anderen Sektoren nach wie vor unvollkommen ist,
J. in der Erwägung, dass die erfolgreiche Entwicklung von KMU unter Bedingungen des freien Wettbewerbs eine der grundlegenden Voraussetzungen für eine effiziente Überwindung der Finanzkrise darstellt,
Allgemeine Bemerkungen
1. begrüßt den Bericht über die Wettbewerbspolitik 2009;
2. stellt erfreut fest, dass die Kommission rasch auf die Krise reagiert hat und beglückwünscht sie zu ihrem konsequenten Einsatz wettbewerbspolitischer Maßnahmen unter außergewöhnlichen Umständen;
3. setzt sich auch weiterhin für eine aktivere Rolle des Parlaments bei der Ausgestaltung der Wettbewerbspolitik durch die Einführung einer Mitentscheidungsbefugnis im Gesetzgebungsverfahren ein; verlangt, über alle Initiativen in diesem Bereich regelmäßig unterrichtet zu werden;
4. fordert die Kommission als die einzige unionsweit zuständige Wettbewerbsbehörde erneut auf, ihm ausführlich und jährlich über die Weiterbehandlung der Empfehlungen des Parlaments Bericht zu erstatten und jede Abweichung von seinen Empfehlungen zu erläutern; stellt fest, dass die Antwort der Kommission auf den Wettbewerbsbericht des Parlaments für 2008 lediglich eine Zusammenfassung der ergriffenen Maßnahmen darstellt und in keiner Weise Einblick in die Wirksamkeit der Maßnahmen gewährt;
5. weist darauf hin, dass die Wettbewerbspolitik der EU, die auf den Grundsätzen freier Märkte beruht, und gleiche Wettbewerbsbedingungen in allen Bereichen einen Eckstein für einen erfolgreichen Binnenmarkt und eine grundlegende Voraussetzung für die Schaffung nachhaltiger und wissensbasierter Arbeitsplätze darstellen;
6. verweist insbesondere auf seine wiederholt vorgebrachte Forderung, die einzelnen Politikbereiche der EU und die Schwerpunkte der EU-Strategie 2020 für Wachstum und Beschäftigung aufeinander abzustimmen; betont, dass dies für die Wettbewerbspolitik von besonderer Bedeutung ist;
7. betont die Bedeutung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse bei der Deckung der grundlegenden Bedürfnisse der Bevölkerung; fordert die Kommission auf, beim Abschluss ihrer Arbeiten im Hinblick auf die Anwendung der EU-Wettbewerbsbestimmungen auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse den durch den Vertrag von Lissabon bereitgestellten Rahmen zu prüfen und fordert eine enge Einbeziehung des Parlaments in die von der Kommission zu besorgende Nachbearbeitung der offenen Konsultation über Regelungen für staatliche Beihilfen zugunsten von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse;
8. betont die Notwendigkeit eindeutiger Wettbewerbsbestimmungen, die für KMU hilfreich und nützlich sind;
9. weist darauf hin, dass die KMU für die gesamte europäische Wirtschaft von besonderer Bedeutung sind; verweist ferner auf das beträchtliche Innovationspotential von KMU und fordert die Kommission erneut auf, ein entsprechendes Kapitel über faire und diskriminierungsfreie Wettbewerbsbedingungen für KMU hinzuzufügen;
10. fordert die Kommission auf, für die im Hinblick auf die Entwicklung der Wettbewerbspolitik notwendigen Beurteilungen und Untersuchungen unabhängige und zuverlässige Sachverständige heranzuziehen, und fordert sie nachdrücklich auf, die Ergebnisse zu veröffentlichen;
11. fordert die Kommission auf, sicherzustellen, dass bei künftigen Rechtsvorschriften für den Binnenmarkt Artikel 12 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Anwendung findet, in dem eindeutig festgelegt ist, dass „den Erfordernissen des Verbraucherschutzes (...) bei der Festlegung und Durchführung der anderen Unionspolitiken und -maßnahmen Rechnung getragen“ wird;
12. fordert die Kommission auf, in ihrem jährlichen Bericht über die Wettbewerbspolitik die Vorteile des Wettbewerbs für die Verbraucher deutlicher herauszustellen;
13. nimmt mit Interesse den von der Kommission vorgelegten Bericht über das Funktionieren der Verordnung des Rates (EG) Nr. 1/2003 fünf Jahre nach deren Inkrafttreten zur Kenntnis und teilt die Auffassung, dass sie einen Eckstein im Prozess der Modernisierung der gemeinschaftlichen Wettbewerbsvorschriften und der Verknüpfung der Maßnahmen der gemeinschaftlichen und nationalen Behörden darstellt, stellt jedoch fest, dass Divergenzen bei der Festlegung von Prioritäten, bei den für die Entwicklung der Wettbewerbspolitik wichtigen Aspekten und bei der Funktionsweise von Mechanismen der Zusammenarbeit überwunden werden müssen, um eine größere Effizienz bei ihrer Anwendung zu erreichen;
14. betont, dass Synergien zwischen der Wettbewerbs- und der Verbraucherschutzpolitik entwickelt werden müssen, wobei auch eine europäische Form des kollektiven Rechtsschutzes für individuelle Opfer von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht geschaffen werden muss, und zwar auf der Grundlage des Grundsatzes der Einwilligung (Opt-in-Grundsatz) und unter Beachtung der in der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 26. März 2009 festgelegten Kriterien, denen zufolge dem identifizierten Personenkreis oder den von diesem benannten Personen ein Ersatz ausschließlich für den tatsächlich erlittenen Schaden gezahlt werden sollte; fordert die Kommission auf, zu prüfen, auf welche Art und Weise ein derartiger Mechanismus in die bestehenden nationalen Rechtsordnungen eingefügt werden könnte;
15. verweist auf seine Entschließung vom 25. April 2007 zum Grünbuch: „Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts“(17) und betont, dass in dem diesbezüglich anhängigen Legislativvorschlag der Inhalt seiner Entschließung vom 26. März 2009 zum Weißbuch: „Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts“(18) übernommen werden sollte; betont, dass die Kommission unbedingt und ohne unnötige Verwässerungen Rechtsvorschriften vorschlagen sollte, um die Durchführung individueller und kollektiver Rechtsbehelfe im Hinblick auf einen tatsächlichen Schadenersatz aufgrund von Verstößen gegen das EU-Wettbewerbsrecht zu erleichtern, wobei diese Rechtsvorschriften einem horizontalen Ansatz entsprechen, die Übertreibungen des nordamerikanischen Systems vermeiden und nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (Mitentscheidung) angenommen werden müssen;
16. betont, dass es den Antrag der Kommission auf zusätzliche Planstellen für den Mitarbeiterstab der Kommission im Bereich der Wettbewerbspolitik im Haushaltsplan 2011 unterstützt hat; fordert die Kommission auf, es darüber zu unterrichten, wie die zusätzlichen Planstellen eingesetzt wurden; wiederholt seine Forderung, vorhandene Mitarbeiter der Kommission in den wesentlichen Zuständigkeitsbereichen der Kommission einzusetzen;
17. betont, dass die Umsetzung einer erfolgreichen Wettbewerbspolitik und das uneingeschränkte Funktionieren des Binnenmarkts wesentliche Grundvoraussetzungen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union sind;
18. betont, dass die derzeitigen Bemühungen im Sinne einer steuerpolitischen Konsolidierung und eines nachhaltigen Wirtschaftsaufschwungs von den Mitgliedstaaten dazu genutzt werden sollten, um Fortschritte im Bereich gleicher Wettbewerbsbedingungen in der Steuerpolitik zu erzielen;
19. vertritt die Auffassung, dass die Wettbewerbspolitik dazu beitragen sollte, offene Standards und die Interoperabilität zu fördern und zu stärken, um eine von einer Minderheit von Marktteilnehmern herbeigeführte technologische Handlungsunfähigkeit der Verbraucher und Kunden zu verhindern;
Schwerpunktthema: Wettbewerbspolitik und die Finanz- und Wirtschaftskrise
20. begrüßt die zeitlich befristeten staatlichen Beihilfebestimmungen als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise, namentlich die vier Mitteilungen zum Finanzsektor und den zeitlich befristeten Rahmen für die übrigen Sektoren; nimmt die Verlängerung der Anwendung zeitlich befristeter Maßnahmen der staatlichen Beihilfe um ein weiteres Jahr zur Kenntnis;
21. bekundet seine Besorgnis darüber, dass diese Maßnahmen, die einen zeitlich befristeten Charakter haben, letztlich nicht zeitlich befristet sein könnten; unterstreicht, dass die zeitlich befristeten Maßnahmen und Ausnahmeregelungen vor allem im Automobilsektor so rasch wie möglich eingestellt werden sollten; fordert die Kommission auf, in Bezug auf die Beendigungskriterien, die für eine Entscheidung über die mögliche Verlängerung dieser Maßnahmen herangezogen werden sollen, Klarheit zu schaffen;
22. fordert die Kommission auf, erneut zu prüfen, inwieweit der bestehende zeitlich befristete Rahmen tatsächlich zu gleichen Wettbewerbsbedingungen in der ganzen Union beiträgt und inwieweit die ermessensmäßige Anwendung dieses Rahmens diesbezüglich zu optimalen Ergebnissen führt;
23. fordert die Kommission auf, eine eingehende Beurteilung der im Rahmen der Anwendung der zeitlich befristeten Maßnahmen für staatliche Beihilfe als Antwort auf die Wirtschafts- und Finanzkrise getroffenen Entscheidungen vorzubereiten, dabei den Umfang, das Ausmaß an Transparenz und die Einheitlichkeit der einzelnen auf diesem Rahmen beruhenden Maßnahmen zu berücksichtigen und diese Beurteilung ihrem nächsten Jahresbericht über die Wettbewerbspolitik als Anlage beizufügen;
24. fordert die Kommission erneut auf, im Laufe des Jahres 2010 einen umfassenden Bericht über die Wirksamkeit der staatlichen Beihilfen, die für ein umweltgerechtes Konjunkturprogramm gewährt wurden, und der staatlichen Beihilfen für Umweltschutzmaßnahmen zu veröffentlichen;
25. unterstreicht die Notwendigkeit, die Wettbewerbsposition jener Finanzinstitute wiederherzustellen, die die zeitlich befristeten Bestimmungen über staatliche Beihilfen nicht in Anspruch genommen haben;
26. fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Banken die ihnen gewährten Staatshilfen zurückerstatten, sobald sich der Finanzsektor wieder erholt hat, um dadurch einen fairen Wettbewerb im Binnenmarkt und gleiche Marktaustrittsbedingungen sicherzustellen;
27. fordert die Kommission nachdrücklich auf, genauer anzugeben, welche Umstrukturierungsmaßnahmen bei möglichen Wettbewerbsverzerrungen vorgeschrieben werden, die bezüglich der Rückzahlungsbedingungen zu Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten führen;
28. betont jedoch, dass die derzeitige Konsolidierung im Bankensektor den Marktanteil mehrerer großer Finanzinstitute faktisch vergrößert hat und fordert deshalb die Kommission eindringlich auf, den Sektor weiterhin sorgfältig zu beobachten, um den Wettbewerb auf den europäischen Bankenmärkten zu erhöhen, und dabei auch Umstrukturierungspläne vorzusehen, die eine Aufspaltung der Bankaktivitäten in den Fällen erforderlich machen, in denen Spareinlagen dazu verwendet wurden, um risikoreichere Investmentbankaktivitäten auszugleichen;
Überprüfung der als Antwort auf die Krise erlassenen zeitlich befristeten Bestimmungen über staatliche Beihilfe
29. fordert die Kommission nachdrücklich auf, eine Untersuchung zu erstellen, aus der die Auswirkungen der staatlichen Beihilfemaßnahmen auf die Wirtschaft ersichtlich werden;
30. fordert die Kommission nachdrücklich auf, ihm eine eingehende Untersuchung über die Auswirkungen der staatlichen Beihilfe auf den Wettbewerb während der Krise vorzulegen;
31. fordert die Kommission nachdrücklich auf, im Anschluss an eine entsprechende umfassende Impaktprüfung bei Bedarf Korrekturmaßnahmen umzusetzen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt zu gewährleisten;
32. fordert die Kommission auf, eine sorgfältige Untersuchung der Folgen der als Antwort auf die Krise eingeleiteten überarbeiteten Mechanismen für staatliche Beihilfe in Bezug auf den Wettbewerb und die Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen in der Union sowie in Bezug auf die Finanzreform und die Schaffung von Arbeitsplätzen durchzuführen;
33. ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, bei der Ausarbeitung und Beurteilung der befristeten Bestimmungen als Antwort auf die Finanz- und Wirtschaftskrise aktiv mit der Kommission zusammenzuarbeiten und dazu fristgerecht ausführliche Berichte über die Umsetzung dieser Bestimmungen und ihre Wirksamkeit vorzulegen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, eine Beurteilung ihrer Funktionsweise und eine Untersuchung über die Auswirkungen der Maßnahmen von Drittstaaten auf die Europäische Union durchzuführen;
34. fordert die Kommission auf, ein Höchstmaß an Transparenz zu gewährleisten und sich bei der Genehmigung staatlicher Beihilfen und bei der Verordnung von Veräußerungsmaßnahmen streng an den Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit zu halten;
35. fordert die Kommission auf, eine Untersuchung über die möglichen Auswirkungen der von der EZB gewährten Liquiditätsunterstützung in Bezug auf Wettbewerbsverzerrungen zu erstellen;
36. fordert die Kommission auf, die M3-Liquiditätsversorgung in Bezug auf staatliche Beihilfen, die genehmigt wurden, um eine unerwünschte und wettbewerbsverzerrende Überkapitalisierung von Unternehmen zu unterbinden, aufmerksam zu beobachten;
Kontrolle der staatlichen Beihilfen
37. stellt fest, dass die Politik im Bereich der staatlichen Beihilfen integraler Bestandteil der Wettbewerbspolitik ist und dass die Kontrolle staatlicher Beihilfen Ausdruck der Notwendigkeit ist, für alle im Binnenmarkt tätigen Unternehmen gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten;
38. betont, wie wichtig es ist, dass die Kommission die Anwendung staatlicher Beihilfen aufmerksam beobachtet, um sicherzustellen, dass diese Stützungsmechanismen nicht angewendet werden, um nationale Industrien in einer Weise zu schützen, die dem Binnenmarkt und den europäischen Verbrauchern schadet;
39. hält es bei der Beurteilung der Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Vertrag für wichtig, dass ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den negativen Auswirkungen der staatlichen Beihilfen auf den Wettbewerb und auf die öffentlichen Finanzen und ihren positiven Auswirkungen im Hinblick auf gemeinsame Interessen gefunden wird;
40. fordert die Festlegung eindeutiger Kriterien für Veräußerungen unter Berücksichtigung der mittelfristigen Auswirkungen von Veräußerungen auf die betreffenden Unternehmen, insbesondere in Bezug auf Wachstum, Innovation und Beschäftigung sowie in Bezug auf den Rückgang der Bedeutung dieser Unternehmen auf dem weltweiten Markt;
41. fordert die Kommission nachdrücklich auf, die in einigen Mitgliedstaaten geltenden staatlichen Steuerhilfsprogramme sorgfältig zu prüfen, um sie auf ihren diskriminierungsfreien und transparenten Charakter hin zu untersuchen;
42. fordert die Kommission auf, ihre Dienststelle Staatliche Steuerbeihilfen wieder einzurichten und zu verstärken;
43. vertritt die Auffassung, dass der von der Arbeitsgruppe EU-Verhaltenskodex für Unternehmensbesteuerung im Jahre 2002 gefasste Beschluss über die automatische Mitteilung von Steuergesetzen (Ratsdokument 11077/02) von den Mitgliedstaaten unbedingt umfassend umgesetzt werden muss, damit die Kommission die Möglichkeit erhält, wettbewerbsschädliche Steuersysteme besser zu identifizieren;
44. stellt besorgt fest, dass die Rückforderung rechtswidrig gewährter staatlicher Beihilfen nach wie vor ein langatmiger und schwerfälliger Prozess ist; ermutigt die Kommission, die Verfahren weiter zu verschärfen und insbesondere bei wiederholten Verstößen weiter Druck auf die Mitgliedstaaten auszuüben;
45. fordert die Kommission auf, zu prüfen, in welchem Umfang eine allzu großzügige Gewährung freier Zertifikate der EU in bestimmten Bereichen zu Wettbewerbsverzerrungen führen kann, da diese Zertifikate, deren Effizienz seit der Verlangsamung der wirtschaftlichen Aktivitäten zurückgegangen ist, bei manchen Unternehmen zu unerwarteten Gewinnen geführt, gleichzeitig aber die Anreize für diese Unternehmen, ihren Teil beim Übergang zu einer umwelteffizienten Wirtschaft zu übernehmen, verringert haben;
46. betont, dass staatliche Beihilfen in erster Linie darauf ausgerichtet sein sollten, Projekte von gemeinsamem Interesse innerhalb der Union wie die Entwicklung von Breitband- und Energieinfrastrukturen zu fördern;
47. begrüßt die Annahme der Leitlinien über staatliche Beihilfen im Breitbandsektor für grundlegende Breitbandnetze (ADSL, kabelgebundene, mobile, drahtlose oder satellitengestützte Breitbanddienste) und die Unterstützung von Hochgeschwindigkeitsnetzen der nächsten Generation (die zum gegenwärtigen Zeitpunkt hauptsächlich auf der Glasfasertechnologie oder weiterentwickelten modernisierten Kabelnetzen beruhen) und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bewährte Verfahren zu verbreiten und zu fördern und den Wettbewerb anzukurbeln;
48. fordert in Anbetracht der Tatsache, dass die Vollendung des Binnenmarktes für alle Verkehrsträger erforderlich ist, die Kommission auf, einen Bericht mit einer Übersicht über alle staatlichen Beihilfen für den öffentlichen Verkehrssektor zu veröffentlichen;
49. bekräftigt seine Unterstützung für die Leitlinien der Kommission für staatliche Umweltschutzbeihilfen im Verkehrswesen mit Blick auf eine Stärkung der Nachhaltigkeit des europäischen Verkehrssektors; ermutigt die Kommission, den Anreizcharakter der im Verkehrssektor genehmigten staatlichen Beihilfen zu stärken;
Kartellrecht
50. begrüßt, dass die Kommission in den letzten Jahren entschlossen gegen wettbewerbswidrige Verhaltensweisen vorgegangen ist;
51. begrüßt die Verlängerung der vertikalen Gruppenfreistellungsverordnung, da sie das Gleichgewicht zwischen Hersteller und Vertrieb sicherstellt; weist jedoch darauf hin, dass die Kommission den spezifischen Gegebenheiten des Online-Verkaufs nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen hat, vor allem in Bezug auf die Digitale Agenda und unter Berücksichtigung ihrer laufenden Bestrebungen, den Binnenmarkt für den elektronischen Handel zu vollenden;
52. weist vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Überprüfung des Handelsmarktes durch die Kommission besonders auf die kartellrechtliche Fragwürdigkeit von Einkaufsgemeinschaften großer, international operierender Handelsketten hin;
53. weist jedoch darauf hin, dass eine Missachtung der zeitlichen Bindung von Wettbewerbsklauseln in der Praxis durchaus nicht unüblich ist, und fordert die Kommission auf, ein besonderes Augenmerk auf solche missbräuchlichen Praktiken zu werfen;
54. fordert die Kommission auf, im Rahmen des integrierten Regelungsrahmens zum Schutz der Rechte auf geistiges Eigentum die Wettbewerbsbestimmungen zu nutzen, um Missbräuchen in diesem Bereich vorzubeugen;
55. fordert die Kommission nachdrücklich auf, im Interesse eines funktionierenden Binnenmarkts und zur Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung der Wettbewerbsvorschriften der Union die Rechtsprechung der einzelstaatlichen Gerichte bei der Anwendung des Wettbewerbsrechts aufmerksam zu verfolgen und dazu alle zur Erreichung dieses Ziels erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen;
56. erinnert daran, dass Kartelle eine der schwerwiegendsten Verletzungen des Wettbewerbsrechts darstellen; vertritt die Auffassung, dass solche Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht dem Interesse der Unionsbürger zuwiderlaufen, da sie bedeuten, dass die wettbewerbsbedingten Vorteile in Form niedrigerer Preise nicht an die Verbraucher weitergegeben werden können;
57. fordert die Kommission erneut auf, ihre wettbewerbsrechtlichen Maßnahmen besser mit den verbraucherrechtlichen Maßnahmen abzustimmen;
58. fordert die Kommission auf, die Auswirkungen verhaltensorientierter Maßnahmen auf den Wettbewerb und die Konsequenzen dieser Maßnahmen für Kunden und Verbraucher zu beurteilen;
59. fordert die Kommission nachdrücklich auf, sich bei der Prüfung einer möglichen missbräuchlichen Ausnutzung marktbeherrschender Stellungen eingehender mit der wirtschaftswissenschaftlichen Theorie des Trickle-down-Effektes zu befassen, wenn sie feststellt, dass die marktbeherrschende Stellung nicht missbraucht worden ist;
60. vertritt die Auffassung, dass sich die Verhängung immer höherer Geldbußen als zu kurzsichtig erweisen könnte, nicht zuletzt angesichts potenzieller Arbeitsplatzverluste infolge von Zahlungsunfähigkeit, und fordert die Ausarbeitung einer breiteren Palette differenzierter Instrumente zur Behandlung von Aspekten wie die individuelle Verantwortung, Transparenz und Rechenschaftspflicht von Unternehmen, kürzere Verfahren, das Recht auf Verteidigung und ordnungsgemäße Verfahren, Mechanismen, mit denen die Wirksamkeit der Anwendung der Kronzeugenregelung sichergestellt wird (insbesondere um Konflikte zu beheben, die durch Verfahren mit Ausforschungsbeweis in den Vereinigten Staaten entstehen), Programme zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen Verhaltens von Unternehmen und die Ausarbeitung europäischer Normen; unterstützt einen Ansatz nach dem Motto „Fordern und Fördern“ mit Geldbußen als einem wirksamen Abschreckungsmittel, insbesondere bei wiederholten Verstößen, und Anreizen für ordnungsgemäßes Verhalten;
61. fordert die Kommission erneut auf, die Grundlage für die Berechnung von Geldbußen und die neuen Grundsätze für die Verhängung von Geldbußen gegebenenfalls in die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 aufzunehmen;
62. ersucht die Kommission, allgemeine Ermittlungen in Bezug auf die Preisgestaltung von Eisenerz in die Wege zu leiten;
Fusionskontrolle
63. weist mehr als fünf Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen nachdrücklich darauf hin, dass Bereiche ermittelt werden sollten, in denen Verwaltungsabläufe vereinfacht werden können und eine größere Übereinstimmung zwischen den geltenden nationalen Bestimmungen und den Bestimmungen der Union erzielt werden kann;
64. betont, dass die derzeitige Wirtschaftskrise eine Lockerung der Fusionskontrollpolitik der Union nicht rechtfertigt;
65. betont, dass die Anwendung von Wettbewerbsbestimmungen auf Zusammenschlüsse vor dem Hintergrund des gesamten Binnenmarktes beurteilt werden muss;
Sektorale Entwicklungen
66. fordert die Kommission auf, im Zuge der Beschlüsse des Europäischen Rats vom Juni 2008 (Ziffer 40) die Entwicklungen an den Rohstoffmärkten zu beobachten und gegebenenfalls gegen Spekulationen vorzugehen;
67. anerkennt, dass eine hohe Marktkonzentration und eine fehlende Transparenz der Rohstoffmärkte ein schwerwiegendes Wettbewerbshindernis darstellen und sich nachteilig auf die europäische Wirtschaft auswirken können; fordert die Kommission deshalb auf, die Rohstoffmärkte zu analysieren, wie z. B. die Märkte für Eisenerz und insbesondere die Märkte für die von der Kommission festgestellten 14 wesentlichen Rohstoffe, um festzustellen, inwieweit auf diesen Märkten mehr Transparenz und Wettbewerb erforderlich sind, da einige dieser Rohstoffe für die Verbreitung umwelteffizienter Technologien (Photovoltaikanlagen, Lithium-Ionen-Batterien usw.) von größter Bedeutung sind;
68. bekräftigt, dass Transparenz eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass die Finanzmärkte ordnungsgemäß funktionieren können; fordert die Kommission auf, energisch darauf hinzuwirken, dass gewährleistet wird, dass Daten über die Finanzmärkte nur unter strenger Beachtung des Wettbewerbsrechts der Union verbreitet werden, und begrüßt in diesem Zusammenhang die Maßnahmen zur Vermeidung von Missbräuchen bei der Verwendung der ISIN und RIC-Codes zur Wertebestimmung;
69. fordert die Kommission nachdrücklich auf, den einheitlichen Zahlungsraum SEPA sorgfältig zu beobachten, um sicherzustellen, dass das Zahlungssystem zugänglich, diskriminierungsfrei sowie transparent und effizient ist und den Wettbewerb in keiner Weise behindert; fordert, dass die für die Wettbewerbspolitik der Union relevanten Aspekte des Zahlungssystems aufmerksam verfolgt werden;
70. fordert die Kommission auf, ihre Bemühungen fortzusetzen, damit die Zahlungskartenmärkte effizient und im Einklang mit den Grundsätzen des einheitlichen Zahlungsraums SEPA miteinander konkurrieren, um die grenzüberschreitenden Zahlungen zu erleichtern und das Potenzial des Binnenmarkts weitestgehend auszuschöpfen; fordert, dass die Entwicklungen auf diesen Märkten systematisch beobachtet und entsprechende Fortschrittsindikatoren in die nachfolgenden Jahresberichte über die Wettbewerbspolitik einbezogen werden;
71. ist der Auffassung, dass sich Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht auf dem Zahlungskartenmarkt nachteilig auf die Verbraucher auswirken; unterstützt die Kommission in ihren Bemühungen, gegen ungewöhnlich hohe grenzüberschreitende multilaterale Wechselgebühren vorzugehen, die zu höheren Produktpreisen für die Verbraucher führen;
72. bedauert, dass die Energieverbraucher in der Union nach wie vor unter einem verzerrten Energiemarkt leiden; hebt hervor, dass ein wirksamer Wettbewerb auf den Energiemärkten zu mehr Innovation, zu einer sichereren und erschwinglicheren Energieversorgung und zu geringeren Umweltauswirkungen führt; stellt fest, dass die hartnäckigen Behinderungen im Energiebereich eine unzureichende Interkonnektivität, eine mangelhafte Transparenz beim Übertragungssystem, mit dem die Operateure Kapazitäten an die Produzenten zuteilen, und unterschiedliche Definitionen der Kategorien von Dienstleistungsempfängern in den Mitgliedstaaten umfassen;
73. ersucht die Kommission, die Umsetzung des dritten Energieliberalisierungspakets durch die Mitgliedstaaten genauestens zu beobachten und die Wirksamkeit des Pakets in Bezug auf die Schaffung eines funktionierenden Binnenmarktes zu bewerten; ermuntert die Kommission, weitere Untersuchungen im Energiebereich durchzuführen. falls die Bewertung zu einer negativen Schlussfolgerung gelangt;
74. betont die besondere Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnologien bei der Förderung von Innovationen, die Nutzung des vollen Potenzials der digitalen Wirtschaft und die Entwicklung der Wissensgesellschaft; hält es für äußerst wichtig, die Interoperabilität zu gewährleisten, den Ausbau der Netze zu erleichtern und die Märkte offen zu halten, so dass die Wirtschaftsakteure mit den Vorzügen ihrer Erzeugnisse konkurrieren können;
75. weist darauf hin, dass digitale Konvergenz und die wachsende Bedeutung von Interoperabilität und Normen in einem zunehmend vernetzten globalen Umfeld von zentraler Bedeutung für den IKT-Sektor sind; betont ferner, dass im IKT-Sektor ein ständiger freier Wettbewerb gewährleistet sein muss, da neue digitale Produkte und Dienstleistungen auf den Markt kommen; fordert die Kommission deshalb auf, diese Fragen in den anstehenden Leitlinien für Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit zu berücksichtigen;
76. befürwortet die Förderung von Unterstützungsmaßnahmen durch die Kommission, die dazu dienen, eine angemessene Breitbandversorgung zu erschwinglichen Preisen für alle europäischen Bürger anzubieten, und fordert die Kommission auf, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um die Entwicklung der Roaming-Gebühren in der grenzüberschreitenden elektronischen Kommunikation zu kontrollieren und in den nachfolgenden Jahresberichten über die Wettbewerbspolitik über die entsprechenden Fortschritte zu berichten;
77. verweist insbesondere auf die neue und gewichtige Bedeutung der Wettbewerbspolitik in der digitalen Wirtschaft; fordert die Kommission auf, die technologischen Entwicklungen auf dem digitalen Markt aufmerksam zu verfolgen und gegebenenfalls rasch zu reagieren, um digitale Plattformen unter genauer Anwendung der Wettbewerbsbestimmungen so offen wie möglich zu halten;
78. betont die Wichtigkeit der Förderung eines digitalen Binnenmarkts; betont in diesem Zusammenhang, dass das Vertrauen der Verbraucher in Online-Dienste und deren Zugangsmöglichkeiten verbessert werden müssen, insbesondere durch eine Ausweitung der Verbraucherrechte, den Schutz privater Informationen und die Beseitigung aller verbliebenen Hindernisse für den grenzüberschreitenden Online-Handel und grenzüberschreitende Online-Transaktionen;
79. fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass sich die nationalen Regulierungsbehörden für den Telekommunikationssektor an die Empfehlung der Kommission in Bezug auf die Anrufzustellungsentgelte halten, um so Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen; dringt darauf, dass die Kommission weitergehende Maßnahmen in Erwägung zieht, falls sich die erwünschten Resultate, d.h. niedrigere Verbraucherpreise, nicht einstellen;
80. verweist auf die Verordnung (EG) Nr. 544/2009 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Gemeinschaft, die am 1. Juli 2010 in Kraft getreten ist, wodurch die Verbraucher von Preissenkungen für Sprach- und SMS-Roaming-Dienste profitieren; stellt jedoch fest, dass sich der Wettbewerb auf den Roaming-Märkten noch nicht ausreichend entwickelt hat und strukturelle Probleme nach wie vor fortbestehen; fordert die Kommission auf, in ihrer Überprüfung für das Jahr 2011 die Möglichkeit ins Auge zu fassen, innerhalb der Union Roaming-Gebühren vollständig abzuschaffen;
81. bedauert die Fälle einer nicht transparenten Versteigerung neuer Mobilfunkfrequenzen der vierten Generation in einigen Mitgliedstaaten; fordert die Kommission auf, die entsprechenden Aktivitäten der Mitgliedstaaten weiterhin sehr aufmerksam zu verfolgen und die Mitgliedstaaten anzuhalten, eine genaue Beurteilung der Auswirkungen von Frequenzentscheidungen auf den Wettbewerb durchzuführen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um im Einklang mit der GSM-Richtlinie wettbewerbsfeindlichen Erscheinungen vorzubeugen und so gleiche Wettbewerbsbedingungen für Marktteilnehmer und neue Anbieter sicherzustellen;
82. begrüßt die überarbeitete Fassung der Rundfunkmitteilung vom Juli 2009, in der die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten bestätigt wird, Aufgaben, Finanzierung und Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks festzulegen, während gleichzeitig die Verantwortung der Kommission, offensichtliche Fehler zu kontrollieren, anerkannt wird, und fordert die Mitgliedstaaten auf, ein Gleichgewicht bei den angebotenen digitalen Mediendiensten aufrecht zu erhalten und einen lauteren Wettbewerb zu gewährleisten und dadurch eine lebendige Medienlandschaft im Online-Umfeld zu bewahren;
83. ersucht die Kommission, über die Anwendung staatlicher Beihilferegelungen im Postwesen zu berichten und ihre Untersuchungen in diesem Bereich beschleunigt fortzusetzen;
84. unterstreicht die Notwendigkeit einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden, um für den Wettbewerb auf dem Lebensmittelmarkt ein gemeinsames Konzept zu entwickeln, das auf einem laufenden Informationsaustausch, der Früherkennung von Problemen und einer effizienten Aufgabenverteilung zwischen den Mitgliedern des Europäischen Wettbewerbsnetzes beruht, da die Lebensmittelmärkte eher national begrenzt sind und unter unterschiedlichen rechtlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Voraussetzungen funktionieren;
85. betont, dass diese verstärkte Zusammenarbeit auf die Entwicklung eines kohärenten Ansatzes abzielen sollte, was den Schutz, die Überwachung und die Durchsetzung der Wettbewerbsbestimmungen betrifft, um einen fairen Wettbewerb auf den Lebensmittelmärkten und eine optimale und leistungsstarke Lebensmittel-Versorgungskette zum Wohle der Verbraucher sicherzustellen;
86. ist der Ansicht, dass die Kommission vor dem Hintergrund der laufenden Marktüberwachung die Tätigkeiten internationaler Einkaufsgemeinschaften kritisch hinterfragen sollte, da die von ihnen aufgrund ihrer Einkaufsstärke erwirkten Preisvorteile eindeutig nicht in Form von geringeren Einzelhandelspreisen an die Verbraucher weitergegeben werden;
87. erinnert daran, dass die Hochrangige Arbeitsgruppe, die im Oktober im Anschluss an die für die Erzeuger verheerende Krise im Milchsektor eingesetzt wurde, ihre Empfehlungen vorgelegt hat, die vor allem die Vertragsbeziehungen und die Verhandlungsmacht der Erzeuger betreffen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, unverzüglich tätig zu werden, um im Einklang mit den Bestimmungen des Wettbewerbsrechts der Union Fortschritte zu begünstigen;
88. fordert die Kommission auf, sich in Zusammenarbeit mit den nationalen Wettbewerbsbehörden eingehender mit dem Wettbewerb im Bereich der industriellen Landwirtschaft in Bezug auf Transparenz und die Entwicklung der Verbraucherpreise zu befassen; fordert die Kommission auf, eine Untersuchung zu erstellen, die sich in erster Linie mit den Auswirkungen der Marktstärke befasst, über die die großen Lebensmittelanbieter und Großhändler verfügen und die es ihnen ermöglicht, den Betrieb des Lebensmittelmarktes zu beeinflussen;
89. bekräftigt in diesem Zusammenhang seine früheren Forderungen nach branchenspezifischen Untersuchungen in den Bereichen Online-Werbung, Suchmaschinen und Lebensmittelindustrie; fordert eine Untersuchung der Medienkonzentrationen, einschließlich aller Kanäle zur Verbreitung von Inhalten, wie Printmedien, Fernsehen und Hörfunk sowie Internet; fordert die Kommission auf, eine Untersuchung zu den Wettbewerbsbedingungen in den Bereichen Telekommunikation und Automobilindustrie vorzulegen;
90. vertritt die Auffassung, dass der Wettbewerb bei der Agrarproduktion eine Voraussetzung für niedrige Preise für die Verbraucher in den Ländern Europas darstellt und fordert die Kommission auf, sich eingehender mit dem Wettbewerb im Bereich der industriellen Landwirtschaft in Bezug auf Unterstützung, Transparenz und die Entwicklung der Verbraucherpreise zu befassen;
91. bedauert es, dass Fortschritte bei der Intensivierung des Wettbewerbs im Arzneimittelsektor bislang ausgeblieben sind, und fordert die Kommission auf, die Vollendung des Arzneimittelbinnenmarkts voranzutreiben und dazu beispielsweise der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMEA) eine größere Rolle bei zentral zugelassenen Arzneimitteln zuzuweisen; ersucht die Kommission, gegen möglichen Missbrauch durch die systematische Praxis der Patentcluster vorzugehen, die den Marktzugang für Generika verzögern und den Zugang von Patienten zu erschwinglichen Arzneimitteln erschweren; fordert die Kommission nachdrücklich auf, im Falle irreführender Informationskampagnen, die sich gegen Generika richten, Sanktionen zu ergreifen;
92. ist der Auffassung, dass der Wettbewerb im Gesundheitswesen die Qualität der Gesundheitsdienste zugunsten der europäischen Patienten verbessern könnte; fordert die Kommission auf, das Gesundheitswesen und insbesondere den Wettbewerb zwischen staatlichen und privaten Krankenhäusern zu beobachten; fordert die Kommission auf, jene Fälle eingehender zu untersuchen, in denen sich private Krankenhäuser über Quersubventionen zugunsten staatlicher Krankenhäuser in Ländern beklagen, in denen das Gesundheitswesen liberalisiert worden ist;
93. betont, dass im Hinblick auf die Ausgestaltung transparenter und überschaubarer Preisstrukturen und einer entsprechenden Preispolitik ein lauterer Wettbewerb innerhalb der Verkehrsträger und zwischen diesen hergestellt und überwacht werden muss;
94. fordert die Kommission auf, die Auswirkungen der umfangreichen Unterstützung, die neben anderen Sektoren auch die Automobilindustrie in den letzten Jahren erhalten hat, auf den Wettbewerb zwischen den einzelnen Verkehrsträgern zu analysieren;
95. fordert die Kommission auf, für Transparenz im Hinblick auf die Zuteilung und effektive Nutzung von Zeitfenstern zu sorgen, um einen echten Wettbewerb im Flugverkehrssektor zu gewährleisten;
96. ersucht die Kommission, einen Überblick über jene Fälle bereitzustellen, in denen Billigfluganbieter gegenüber anderen Anbietern durch Sonderkonditionen, die ihnen über den für den Aufbau von Fluggesellschaften vorgesehenen Zeitraum von drei Jahren hinaus für die Nutzung bestimmter Flughäfen eingeräumt worden waren, staatliche Unterstützung erhalten hatten;
97. unterstreicht die Notwendigkeit, den Marktanteil maritimer Konsortien von Containerreedereien in geeigneter Weise zu begrenzen und betriebliche Vorteile für Dienstleistungen zur See wie für Dienstleistungen im Hinterland gemäß den allgemeinen Bestimmungen der Union über den lauteren Wettbewerb und vorbehaltlich der in der Verordnung (EG) Nr. 906/2009 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union genannten Voraussetzungen auszuweiten; unterstreicht ferner die Notwendigkeit, die betriebliche Zusammenarbeit im Hinblick auf die gemeinsame Erbringung von Reedereidiensten durch Seeschifffahrtsunternehmen sicherzustellen, um die Effizienz und die Qualität von Seeschifffahrtsdiensten zu gewährleisten;
98. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, für die Vollendung des Binnenmarkts für Verkehr und für einen lauteren Wettbewerb im Verkehrsbereich zu sorgen und dabei auch auf andere Politikziele der Europäischen Union, wie ordnungsgemäß funktionierende Verkehrs- und Mobilitätsdienste, Politikziele in den Bereichen öffentliche Dienstleistungen, Sicherheit und Umweltschutz sowie die mit der Strategie Europa 2020 verfolgten Ziele zur Senkung des CO2-Ausstoßes und zur Verringerung der Abhängigkeit von Erdöl zu achten;
99. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, gleiche Wettbewerbsbedingungen sowohl für die verschiedenen Verkehrsträger als auch für die öffentlichen und privaten Unternehmen ein und desselben Verkehrsträgers zu gewährleisten;
100. fordert die Kommission auf, für mehr Transparenz in den Beziehungen zwischen dem Staat und den Bahngesellschaften im öffentlichen Eigentum, einschließlich deren Tochtergesellschaften für den Straßengüterverkehr, sowie bei der Übertragung von Finanzmitteln zu sorgen;
101. ersucht die Kommission, einen Überblick über die Steuern und Abgaben, die Finanzierung der Infrastrukturen und Erhebung von Entgelten sowie die Mehrwertsteuersysteme für die verschiedenen Verkehrsträger und für die einzelnen Mitgliedsländer und über ihre Auswirkungen auf den Wettbewerb innerhalb und zwischen den Verkehrsträgern zu erstellen und in diesem Überblick die Auswirkungen der verbindlichen und in ihrer Höhe nicht begrenzten Gebühren für die Schienennutzung im Vergleich zu den nicht verbindlichen und in ihrer Höhe begrenzten Gebühren für die Nutzung der Straßeninfrastruktur darzulegen;
102. fordert die Kommission auf, bei der Überprüfung der Rechtsvorschriften über Passagierrechte und Erstattungen bei Verspätungen faire und gleiche Entschädigungsregelungen für Verspätungen bei allen Verkehrsträgern und die Einsetzung unabhängiger Gremien zur Schlichtung zwischen Betreibern und Kunden zu gewährleisten;
103. betont die Notwendigkeit, durch die Gewährleistung der ordnungsgemäßen Anwendung der Sozial-, Sicherheits- und Umweltvorschriften unter besonderer Berücksichtigung der Öffnung dieses Marktes gegenüber Kabotage und Dumping unlauteren Wettbewerb im liberalisierten Straßenverkehrssektor zu verhindern;
104. fordert die Kommission auf, die Vollendung des Binnenmarkts für den Schienenverkehr durch eine Liberalisierung der inländischen Märkte für den Personenverkehr anzustreben; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, in der Übergangszeit eine Gegenseitigkeitsklausel für jene Mitgliedstaaten vorzuschlagen, die beschließen, ihre eigenen Märkte vorzeitig zu öffnen;
105. weist die Kommission auf die indirekten Wettbewerbsbeschränkungen aufgrund unterschiedlicher Vorschriften zur Sicherheit, zur Interoperabilität und zur Zulassung im Verkehrswesen hin;
106. ruft die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass mit Hilfe der auf einzelstaatlicher und auf Unionsebene getroffenen Entscheidungen eine einheitliche und harmonisierte Umsetzung der Wettbewerbsbestimmungen im Schienenverkehrssektor gewährleistet wird; betont insbesondere die Notwendigkeit der Kohärenz zwischen den Bahnkontrollbehörden (Regulierungsbehörden) und den einzelstaatlichen und europäischen Wettbewerbsbehörden;
107. unterstützt mit Nachdruck die Schaffung eines EU-Patents sowie eines unionsweiten Systems zur Beilegung von Patentstreitigkeiten, um Wettbewerbsverzerrungen aufgrund der derzeit geltenden Patentbestimmungen zu beseitigen;
108. betont, dass wissenschaftliche und technische Innovationen, Patente und die Kulturindustrie in sehr hohem Maße zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft beitragen; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, rasch eine Lösung für die anstehenden Fragen im Rahmen eines unionsweit einheitlichen Patentsystems zu finden; begrüßt in diesem Zusammenhang, dass gemäß der Leitinitiative der Strategie Europa 2020 – Innovationsunion die ersten EU-Patente im Jahre 2014 erteilt werden sollen;
109. weist erneut darauf hin, dass die Wettbewerbsfähigkeit der EU in sehr hohem Maße von ihrer Innovationsfähigkeit, ihren Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen und der Vernetzung von Innovationen mit dem Produktionsprozess abhängt;
110. betont die zentrale Bedeutung der Forschung für die Verbesserung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit; fordert deshalb die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass das Ziel von 3 % für Investitionen in Forschung und Entwicklung erreicht wird;
o o o
111. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
– unter Hinweis auf das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS), das am 10. Dezember 1982 abgeschlossen wurde und seit dem 16. November 1994 in Kraft ist,
– unter Hinweis auf die Kommission der Vereinten Nationen zur Begrenzung des Festlandsockels,
– unter Hinweis auf das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) und das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD),
– unter Hinweis auf die Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker vom 13. September 2007,
– unter Hinweis auf die am 19. September 1996 unterzeichnete Erklärung über die Gründung des Arktischen Rates,
– unter Hinweis auf den Vertrag über die Europäische Union, den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und insbesondere den vierten Teil dieses Vertrags sowie auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR),
– unter Hinweis auf die Erklärung über die Zusammenarbeit in der euro-arktischen Barentsregion, die am 11. Januar 1993 in Kirkenes unterzeichnet wurde,
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission über die Europäische Union und die Arktis vom 20. November 2008 (KOM(2008)0763),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Oktober 2008 zu der Politik für den Arktischen Raum(1),
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates zur Arktis vom 8. Dezember 2009(2) und zur Europäischen Union und der Arktis vom 8. Dezember 2008(3),
– in Kenntnis der am 28. Mai 2008 auf der Arktiskonferenz angenommenen Erklärung von Ilulissat (Grönland),
– unter Hinweis auf den am 9. Februar 1920 zwischen Dänemark, Frankreich, Großbritannien, den britischen Überseegebieten, Italien, Irland, Japan, den Niederlanden, Norwegen, Schweden und den Vereinigten Staaten von Amerika geschlossenen Vertrag über Spitzbergen/Svalbard,
– unter Hinweis auf die Politik der Nördlichen Dimension und ihre Partnerschaften sowie die „Gemeinsamen Räume“ EU-Russland,
– unter Hinweis auf das Partnerschaftsabkommen EU-Grönland 2007-2012,
– unter Hinweis auf das Fünfte, Sechste und Siebte Rahmenprogramm der EU für Forschung und technologische Entwicklung,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation 169, das am 27. Juni 1989 angenommen wurde,
– unter Hinweis auf die Nordische Samenkonvention vom November 2005,
– unter Hinweis auf die Erklärung der Generalversammlung der Vereinten Nationen 61/295 vom 13. September 2007 über die Rechte der indigenen Völker,
– unter Hinweis auf die Resolutionen des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen 6/12 vom 28. September 2007, 6/36 vom 14. Dezember 2007, 9/7 vom 24. September 2008, 12/13 vom 1. Oktober 2009 und 15/7 vom 5. Oktober 2010,
– in Kenntnis der am 4. Juni 2010 angenommenen Strategie Finnlands für die Arktis,
– in Kenntnis der Stellungnahme des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des schwedischen Parlaments zu der Mitteilung der Kommission KOM(2008)0763(4),
– in Kenntnis der gemeinsamen dänisch-grönländischen Strategie für die Arktis in einer Zeit des Übergangs vom Mai 2008,
– in Kenntnis der Strategie der norwegischen Regierung für den hohen Norden aus dem Jahre 2007 und ihre Weiterentwicklung vom März 2009,
– in Kenntnis des „Nordregio Report 2009:2. Strong, Specific and Promising – Towards a Vision for the Northern Sparsely Populated Areas in 2020“,
– in Kenntnis des Kooperationsprogramms für die Arktis 2009-2011 des Nordischen Ministerrates, des Programms des Euro-Arktischen Barents-Rates (BEAC) und des Programms des Vorsitzes des Arktischen Rates,
– in Kenntnis der kanadischen Strategie für den Norden vom August 2009 und der an diese anschließenden Erklärung zur Außenpolitik Kanadas für die Arktis vom 20. August 2010,
– in Kenntnis des kanadischen Gesetzes zur Änderung des „Arctic Waters Pollution Prevention Act“ vom August 2009,
– in Kenntnis der am 18. September 2008 angenommenen Grundlagen der staatlichen Politik der Russischen Föderation in der Arktis für den Zeitraum bis 2020 und für eine weitere Perspektive und der russischen nationalen Sicherheitsstrategie bis 2020 vom Mai 2009,
– in Kenntnis der „American National Security Presidential Directive“ und der „Homeland Security Presidential Directive“ vom 9. Januar 2009,
– in Kenntnis des „Responsible Arctic Energy Development Act“ der USA von 2010,
– in Kenntnis des „Arctic Oil Spill Research and Prevention Act“ der USA von 2009,
– in Kenntnis des „Arctic Marine Shipping Assessment Implementation Act“ der USA von 2009,
– in Kenntnis der Erklärung von Monaco vom November 2008,
– in Kenntnis der am 26. September 2009 auf dem Ersten Parlamentarischen Forum zur Nördlichen Dimension in Brüssel angenommenen Abschlusserklärung,
– in Kenntnis der Erklärung anlässlich der 9. Konferenz der Parlamentarier des Arktischen Raums vom 15. September 2010,
– – unter Hinweis auf das neue Strategische Konzept der NATO, das auf dem Gipfel von Lissabon im November 2010 von den Staats- und Regierungschefs angenommen wurde, und seine Auswirkungen auf die Sicherheitsaussichten in der Arktis, insbesondere die militärischen Aspekte des hohen Nordens,
– gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A7-0377/2010),
A. in der Erwägung, dass die Mitteilung der Kommission einen ersten formalen Schritt als Reaktion auf die Forderung des Europäischen Parlaments, eine EU-Politik für die Arktis zu formulieren, darstellt; in der Erwägung, dass die Schlussfolgerungen des Rates zur Arktis als ein weiterer Schritt zur Festlegung einer EU-Politik für die Arktis anerkannt werden sollten,
B. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament über seine Delegation für die Beziehungen zur Schweiz, Island und Norwegen seit etwa zwei Jahrzehnten aktiv an der Arbeit des Ständigen Ausschusses der Parlamentarier des Arktischen Raums beteiligt ist und sogar die Konferenz der Parlamentarier des Arktischen Raums im September 2010 in Brüssel ausgerichtet hat,
C. in der Erwägung, dass Dänemark, Finnland und Schweden Anrainerstaaten der Arktis sind und dass Teile Finnlands und Schwedens innerhalb des Polarkreises liegen; in der Erwägung, dass das einzige indigene Volk der EU, die Samen, in den arktischen Regionen Finnlands und Schwedens sowie Norwegens und Russlands lebt,
D. in der Erwägung, dass sich durch den Antrag Islands auf Beitritt zur EU eine größere Notwendigkeit für die EU ergibt, dem Arktischen Raum in seiner geopolitischen Perspektive Rechnung zu tragen,
E. in der Erwägung, dass Norwegen, ein zuverlässiger Partner, durch das EWR-Abkommen mit der EU assoziiert ist,
F. in Erwägung des langen Engagements der EU in der Arktis durch ihre Einbindung in die Gemeinsame Politik der Nördlichen Dimension mit Russland, Norwegen und Island, einschließlich des „Arktischen Fensters“, sowie in die Zusammenarbeit in der Region der Barentssee und insbesondere in den Euro-Arktischen Barents-Rat (BEAC), durch die Auswirkungen der strategischen Partnerschaft mit Kanada, den Vereinigten Staaten und Russland und durch ihre Beteiligung als ein aktiver Ad-hoc-Beobachter im Arktischen Rat,
G. in der Erwägung, dass der allmählichen Formulierung einer EU-Politik für die Arktis die Anerkennung der bestehenden internationalen, multilateralen und bilateralen Rechtsrahmen zugrunde liegen sollte, wie etwa des umfassenden Regelwerks des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (UNCLOS) und verschiedener sektoraler und bilateraler Abkommen sowie multilateraler Übereinkommen, durch die bereits einige der für die Arktis wichtigen Fragen geregelt sind,
H. in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten einen großen Beitrag zur Arktisforschung leisten und dass EU-Programme wie das aktuelle Siebte Rahmenprogramm wichtige Projekte zur Erforschung dieser Region fördern,
I. in der Erwägung, dass etwa ein Fünftel der weltweit noch nicht entdeckten Kohlenwasserstoffressourcen in der Arktis liegen, wobei eine eingehendere Erforschung vonnöten ist, um den Umfang der in der Region lagernden Gas- und Erdölvorkommen und die Wirtschaftlichkeit ihrer Ausbeutung genauer zu bestimmen,
J. in der Erwägung, dass weltweit auch ein großes Interesse an anderen erneuerbaren und nicht erneuerbaren Ressourcen der Arktis wie Mineralien, Wäldern, Fisch und unberührten Landschaften für den Tourismus besteht,
K. in der Erwägung, dass das wachsende Interesse anderer Akteure am Arktischen Raum, die keine Anrainerstaaten der Arktis sind, wie China, das in der Inauftraggabe eines ersten Eisbrechers durch China, in der Zuweisung von Fördermitteln für die Polarforschung und nicht zuletzt in den Bewerbungen Chinas, der EU, Italiens, Japans, Singapurs und Südkoreas um den Status eines ständigen Beobachters im Arktischen Rat zum Ausdruck kommt, auf eine unterschiedliche geopolitische Bewertung der Arktis auf einer breiteren Ebene hindeutet,
L. in der Erwägung, dass die kürzlich eingeführte Selbstverwaltung in Grönland im Hinblick auf die relevanten Politikbereiche, einschließlich der Umweltvorschriften und Ressourcen sowie die jüngste Aktualisierung des Partnerschaftsabkommens EU-Grönland, zu einem vermehrten Interesse an der Erkundung und Ausbeutung der Ressourcen in Grönland und auf dem grönländischen Festlandsockel geführt haben,
M. in der Erwägung, dass die hauptsächlich außerhalb der Arktis verursachten Folgen des Klimawandels und die Globalisierung der Weltwirtschaft Auswirkungen auf diesen Raum haben werden; in der Erwägung, dass insbesondere das Schmelzen des Meereises sowie das Potenzial für Ressourcen und die mögliche Nutzung neuer Technologien unvorhersehbare Folgen für die Umwelt und Auswirkungen auf andere Teile der Welt haben könnten und zu einer Zunahme des Schiffsverkehrs vor allem zwischen Europa, Asien und Nordamerika, einer vermehrten Erforschung und Ausbeutung natürlicher Ressourcen, namentlich von Erdgas, Erdöl und anderen Mineralien, jedoch auch von natürlichen Ressourcen wie Fischbeständen, einer Ausbeutung genetischer Meeresressourcen, einem verstärkten Bergbau und Holzeinschlag sowie zunehmendem Fremdenverkehr und intensiveren Forschungstätigkeiten führen könnten; in der Erwägung, dass diese Auswirkungen neue Herausforderungen schaffen, jedoch auch neue Chancen in der Arktis und andernorts bieten werden,
N. in der Erwägung, dass der Klimawandel durch Überwachungs-, Eindämmungs- und Anpassungsmethoden bewältigt wird; in der Erwägung, dass die Förderung der nachhaltigen Entwicklung bei der Nutzung natürlicher Ressourcen und beim Bau neuer Infrastrukturen durch strategische Planungsprozesse erfolgt,
Die EU und die Arktis
1. weist darauf hin, dass drei EU-Mitgliedstaaten – Dänemark, Finnland und Schweden – Anrainerstaaten der Arktis sind; räumt ein, dass die EU bislang keine Küste entlang des Arktischen Ozeans hat; bekräftigt das berechtigte Interesse der EU und anderer Drittstaaten als Interessenträger aufgrund ihrer Rechte und Pflichten gemäß dem Völkerrecht, ihres Engagements in der Umwelt- und Klimapolitik und in sonstigen Politikbereichen, ihrer Fördermittel, Forschungstätigkeit und wirtschaftlichen Interessen, einschließlich der Schifffahrt und der Ausbeutung natürlicher Ressourcen; verweist darüber hinaus darauf, dass die EU große arktische Landgebiete in Finnland und Schweden hat, die von der einzigen indigenen Volksgruppe Europas, den Samen, bewohnt werden;
2. trägt der Tatsache Rechnung, dass die EU durch ihre nördlichen Mitgliedstaaten und Beitrittsländer von der Arktispolitik betroffen ist und ihrerseits Einfluss auf die Arktispolitik hat, und erkennt die laufenden Arbeiten im Rahmen der verschiedenen Partnerschaften der Nördlichen Dimension sowie eine gemeinsame Politik der EU, Russlands, Norwegens und Islands an;
3. betont, dass manche der für die Arktis relevanten Politikbereiche ausschließliche Zuständigkeiten der Union sind, wie etwa die Erhaltung der biologischen Meeresschätze im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik, während andere Zuständigkeiten mit den Mitgliedstaaten teilweise geteilt werden;
4. betont, dass die EU entschlossen ist, ihre politischen Maßnahmen in der Arktis auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse und des entsprechenden Verständnisses der Einflüsse zu gestalten, denen die Arktis ausgesetzt ist, und dass sie dementsprechend bereits erhebliche Forschungsanstrengungen unternimmt, um fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse zur Unterstützung der politischen Entscheidungen zu gewinnen;
5. ist sich der Notwendigkeit bewusst, die empfindliche Umwelt der Arktis zu schützen; betont, wie wichtig die generelle Stabilität und der Frieden in diesem Raum sind; unterstreicht, dass die EU eine Politik betreiben sollte, die sicherstellt, dass die Maßnahmen zur Bewältigung von Umweltproblemen den Interessen der Bevölkerung des Arktischen Raumes, einschließlich seiner indigenen Bevölkerungsgruppen, durch den Schutz und die Weiterentwicklung dieses Raumes Rechnung tragen; betont die Gemeinsamkeiten im Konzept, in der Analyse und den Prioritäten zwischen der Mitteilung der Kommission und den Strategiepapieren der Anrainerstaaten der Arktis; unterstreicht die Notwendigkeit, eine Politik einzuschlagen, die das Interesse an einer nachhaltigen Bewirtschaftung und Nutzung der nicht erneuerbaren und der erneuerbaren Land- und Meeresressourcen der Arktis respektiert, die wiederum wichtige Ressourcen für Europa sind und eine Haupteinkommensquelle für die Bewohner dieses Raumes darstellen;
6. weist darauf hin, dass ein künftiger Beitritt Islands zur Europäischen Union die Union zu einem Arktisanrainer machen würde, und stellt fest, dass der Status Islands als Beitrittsland der EU die Notwendigkeit einer koordinierten Arktispolitik auf EU-Ebene verdeutlicht und eine strategische Gelegenheit für die EU darstellt, eine aktivere Rolle bei der multilateralen Governance im Arktischen Raum zu spielen und einen entsprechenden Beitrag zu leisten; vertritt die Auffassung, dass Islands Beitritt zur EU die europäische Präsenz im Arktischen Rat weiter stärken würde;
7. betont, dass es wichtig ist, mit den arktischen Gemeinschaften zusammenzuarbeiten und die Programme zum Aufbau von Kapazitäten zu unterstützen, um die Lebensqualität der indigenen und lokalen Gemeinschaften in der Region zu verbessern und ein besseres Verständnis der Lebensbedingungen und Kulturen dieser Gemeinschaften zu erlangen; fordert die EU auf, einen verstärkten Dialog mit den indigenen Bevölkerungsgruppen und den lokalen Bewohnern der Arktis zu fördern;
8. betont das Erfordernis einer einheitlichen koordinierten EU-Politik für den Arktischen Raum, in der sowohl die Prioritäten der EU als auch die potenziellen Herausforderungen und eine Strategie klar definiert sind; Neue weltweite Transportrouten
9. betont die große Bedeutung der Sicherheit neuer Welthandelsrouten durch das arktische Meer, insbesondere für die EU und die Volkswirtschaften ihrer Mitgliedstaaten, da diese 40% der weltweiten Handelsschifffahrt kontrollieren; begrüßt die Arbeit der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) an einem verbindlichen Polarkodex für die Schifffahrt und die Arbeit der Arbeitsgruppen des Arktischen Rates, insbesondere der Arbeitsgruppe Such- und Rettungsdienste (SAR); unterstreicht, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten die Freiheit der Meere und das Recht auf freie Durchfahrt durch internationale Wasserstraßen aktiv bewahren sollten;
10. unterstreicht, dass es wichtig ist, neue Eisenbahn- und Verkehrskorridore in der euro-arktischen Barents-Verkehrsregion (Beata) zu entwickeln, um dem wachsenden Bedarf für den internationalen Handel, den Bergbau und die sonstige wirtschaftliche Entwicklung nachzukommen, sowie neue Flugverbindungen in den hohen Norden einzurichten; verweist in diesem Zusammenhang auf die neue Partnerschaft der Nördlichen Dimension für Transport und Logistik;
11. schlägt vor, bedeutende nichtarktische Schifffahrtsnationen, die den Arktischen Ozean nutzen, in die Ergebnisse der Initiative des Arktischen Rates für Such- und Rettungsarbeiten einzubeziehen; empfiehlt daher der Kommission und dem Rat, die Maßnahmen der EU und der Mitgliedstaaten in diesem speziellen Bereich zusammen mit der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) im Rahmen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO), des Arktischen Rates und anderer Organisationen zu koordinieren;
12. weist darauf hin, dass ungeachtet der Bemühungen um einen verbindlichen Polarkodex für die Schifffahrt die Koordinierung und Angleichung der nationalen Rechtsvorschriften zu einer schnelleren Lösung für die Frage der Sicherheit des Seeverkehrs in arktischen Gewässern führen könnte, und fordert die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) auf, sich uneingeschränkt für die Schifffahrt in arktischen Gewässern einzusetzen;
13. begrüßt weitere Initiativen zur Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit der Schifffahrt in der Arktis und zu einem besseren Zugang zu den verschiedenen nördlichen Seerouten; betont, dass dies nicht nur eine Frage des gewerblichen Verkehrs ist, sondern auch beim unter anderem von Unionsbürgern genutzten touristischen Schiffsverkehr in der Arktis ein hohes und zunehmendes Verkehrsaufkommen zu verzeichnen ist; fordert weitere Untersuchungen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die arktischen Navigations- und Schifffahrtsrouten; fordert gleichermaßen Folgenabschätzungen zu dem Anstieg der Schifffahrts- und Handelstätigkeit, einschließlich Offshore-Tätigkeiten, auf die Umwelt der Arktis und ihre Bewohner;
14. fordert die Staaten in der Region auf sicherzustellen, dass die derzeitigen Verkehrsrouten sowie die Verkehrsrouten, die möglicherweise in der Zukunft entstehen, dem internationalen Schiffsverkehr offenstehen, und von der Einführung einseitiger willkürlicher Belastungen finanzieller oder verwaltungstechnischer Art abzusehen, die den Schiffsverkehr in der Arktis behindern könnten, mit Ausnahme der international vereinbarten Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit oder zum Schutz der Umwelt;
Natürliche Ressourcen
15. ist sich bewusst, dass Ressourcen für eine wachsende Weltbevölkerung benötigt werden, und erkennt das steigende Interesse an ihnen sowie die souveränen Hoheitsrechte der Anrainerstaaten der Arktis gemäß dem Völkerrecht an; empfiehlt allen Beteiligten, Schritte zu unternehmen, um die höchstmöglichen Sicherheits-, Sozial- und Umweltstandards bei der Erforschung und Ausbeutung der natürlichen Ressourcen zu gewährleisten;
16. betont, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sowie die Verfahren zur Abschätzung der strategischen und sozialen Auswirkungen zentrale Instrumente für die Verwaltung konkreter Projekte und Programme in der Arktis sein werden; verweist auf die Richtlinie 2001/42/EG(5) über die strategische Umweltprüfung (SUP) sowie auf die Tatsache, dass Finnland, Schweden und Norwegen das UNECE-Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (Espoo-Übereinkommen) ratifiziert haben, das eine gute Grundlage für die aktive Förderung der Folgenabschätzungsverfahren in der Arktis darstellen wird; verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Erklärung von Bergen, die vom Ministertreffen der OSPAR-Kommission vom 23. und 24. September 2010 verabschiedet wurde;
17. fordert die Staaten in der Region auf, alle aktuellen oder zukünftigen Konflikte im Zusammenhang mit dem Zugang zu den natürlichen Ressourcen in der Arktis im Wege des konstruktiven Dialogs, möglicherweise im Rahmen des Arktischen Rates, zu lösen, der ein gutes Forum für Diskussionen dieser Art darstellt; unterstreicht die Rolle der Kommission der Vereinten Nationen zur Begrenzung des Festlandsockels (UNCLCS) bei der Suche nach Lösungen für Konflikte zwischen Anrainerstaaten der Arktis, die die Abgrenzung ihrer ausschließlichen Wirtschaftszonen betreffen;
18. weist insbesondere darauf hin, dass es den Anrainerstaaten der Arktis obliegt sicherzustellen, dass Erdölgesellschaften, die planen, innerhalb ihrer jeweiligen Seegrenzen Offshore-Ölförderung zu betreiben, über die notwendige Sicherheitstechnologie und das entsprechende Know-how verfügen und finanziell gerüstet sind, Bohrinselkatastrophen und Ölhavarien zu verhindern bzw. darauf zu reagieren; stellt fest, dass in Anbetracht der extremen Witterungsbedingungen und der hohen ökologischen Sensibilität des Arktischen Raums alle betreffenden Erdölgesellschaften spezielles Know-how für die Verhütung und Bekämpfung von Ölhavarien in der Region entwickeln müssen;
19. begrüßt das neue Abkommen(6) zwischen Norwegen und Russland über die Abgrenzung der Meeresgewässer, insbesondere den zum Ausdruck gebrachten Willen, zu einer engeren Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Bewirtschaftung von Ressourcen und der weiteren gemeinsamen Bewirtschaftung von Fischbeständen in der Barentssee durch die beiden Länder, auch mit Blick auf die Nachhaltigkeit, zu kommen; betrachtet besonders die bilaterale Zusammenarbeit zwischen Norwegen und Russland als ein Bespiel für die gemeinsame Anwendung der höchsten verfügbaren technischen Standards im Bereich des Umweltschutzes bei der Exploration von Erdöl und Erdgas in der Barentssee; verweist insbesondere auf die Bedeutung der umstrittenen Entwicklung neuer Technologien, die speziell für die Umwelt der Arktis konzipiert wurden, wie die Technologie für Installationen unterhalb des Meeresbodens;
20. ist sich der unterschiedlichen Auslegungen des Svalbard-/Spitzbergen-Vertrags im Hinblick auf dessen Anwendbarkeit auf den Festlandsockel und die Seegebiete von Svalbard/Spitzbergen bewusst und würde in Anbetracht der relativ guten Zugänglichkeit der Ressourcen im Bereich des Festlandsockels ein Übereinkommen über den rechtlichen Status des Festlandsockels begrüßen, mit dem die Rechte und Pflichten der Festlandsockelstaaten anerkannt werden; ist zuversichtlich, dass möglicherweise auftretende Konflikte konstruktiv angegangen werden;
21. weist auf die Position der EU als wichtiger Verbraucher natürlicher Ressourcen der Arktis sowie auf die Beteiligung europäischer Wirtschaftsakteure hin; fordert die Kommission auf, sich weiter für die Förderung der Zusammenarbeit und des Technologietransfers einzusetzen, damit die höchsten Standards und adäquate Verwaltungsverfahren sichergestellt werden, eine fundierte wissenschaftliche Grundlage für künftige Entwicklungstendenzen und den Bedarf an Governance für die arktischen Ressourcen wie etwa Fischerei, Bergbau, Forstwirtschaft und Tourismus gelegt wird und die Rechtssetzungsbefugnisse der EU in diesem Bereich voll und ganz ausgeschöpft werden; fordert die EU angesichts der Tatsache, dass die Wirtschaftstätigkeit in der Arktis zunehmen wird, auf, in diesem Zusammenhang die Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung zu fördern;
22. weist nachdrücklich darauf hin, dass vor der Öffnung neuer gewerblicher Fischereien in der Arktis zuverlässige und vorbeugende wissenschaftliche Bestandsabschätzungen durchgeführt werden müssen, um den Fischereiaufwand zu ermitteln, bei dem die Bestände der Zielfischarten erhalten und eine Erschöpfung der Bestände anderer Arten sowie eine ernsthafte Schädigung der Meeresumwelt vermieden werden; ist der Ansicht, dass die Hochseefischerei durch eine regionale Fischereiorganisation reguliert werden muss, die sich an die wissenschaftlichen Gutachten hält und über ein belastbares Kontroll- und Überwachungsprogramm verfügt, um die Einhaltung der Bewirtschaftungsmaßnahmen zu gewährleisten und dass die Fischerei innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) den gleichen Standards genügen muss;
23. vertritt die Auffassung, dass die Einrichtung und Durchsetzung geschützter Meeresgebiete von ausreichender Größe und Vielfalt ein wichtiges Instrument für die Erhaltung der Meeresumwelt darstellt;
Klimawandel und Auswirkungen der Verschmutzung auf die Arktis
24. erkennt an, dass die EU wie andere Industrieländer der Welt beträchtlich zum Klimawandel beiträgt und daher eine besondere Verantwortung trägt und eine führende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel übernehmen muss;
25. erkennt an, dass der beste Schutz für die Arktis ein ehrgeiziges langfristiges globales Klimaübereinkommen ist, stellt jedoch fest, dass die rasche Erwärmung der Arktis es notwendig macht, zusätzlich an möglichen weiteren kurzfristigen Maßnahmen zur Begrenzung der Arktiserwärmung zu arbeiten;
26. betrachtet die Arktis als einen sensiblen Raum, in dem die Folgen des Klimawandels besonders sichtbar sind und schwerwiegende Auswirkungen auf andere Regionen der Welt haben; unterstützt daher die Schlussfolgerungen des Rates zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) und den „Sustaining Arctic Observing Networks“ (SAON) und die Bemühungen, das „Svalbard Integrated Observation System“ (SIOS) und die arktischen Komponenten des „European Multidisciplinary Seafloor Observatory“ (EMSO) umzusetzen, da diese Initiativen einen einzigartigen europäischen Beitrag zum Verständnis des Klima- und Umweltwandels im Arktischen Raum gewährleisten;
27. erkennt an, dass Rußemissionen aus der EU und anderen Regionen in der nördlichen Hemisphäre unverhältnismäßig stark zur Erwärmung der Arktis beitragen, und betont, dass Rußemissionen in die einschlägigen Rahmenvorschriften der UN/ECE und der EU, wie das Übereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung und die Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen, aufgenommen werden müssen;
28. begrüßt das Verbot der Verwendung und Beförderung von schwerem Heizöl auf Schiffen, die die Antarktis befahren, das vom Meeresumweltschutzausschuss (MEPC) der IMO verabschiedet wurde und am 1. August 2011 in Kraft treten soll; betont, dass ein ähnliches Verbot auch für die arktischen Gewässer angemessen wäre, um die Risiken für die Umwelt bei Unfällen zu verringern;
29. unterstützt eine verstärkte Zusammenarbeit mit Anrainerstaaten und Nicht-Anrainerstaaten der Arktis beim Aufbau des „Sustaining Arctic Observing Networks“ (SAON) und ermutigt die Europäische Umweltagentur, ihre wertvolle Arbeit fortzusetzen und die Zusammenarbeit über das Europäische Umweltinformations- und Umweltbeobachtungsnetz (EIONET) unter Anwendung der Grundsätze des Gemeinsamen Europäischen Umweltinformationssystems (SEIS) zu fördern;
30. betont die wichtige Rolle, die die EU und die im Polargebiet gelegenen Länder bei der Reduzierung der Verschmutzung spielen müssen, die im Arktischen Raum durch Langstreckentransporte, z.B. Schifffahrt, entsteht; unterstreicht in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Durchführung europäischer Rechtsvorschriften wie der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006(7); weist darauf hin, dass der Klimawandel in der Arktis erhebliche Auswirkungen auf die Küstenregionen in Europa und anderswo sowie auf die klimaabhängigen Bereiche in Europa wie die Landwirtschaft und die Fischerei, erneuerbare Energieträger, Rentierhaltung, Jagd, Tourismus und Verkehr haben wird;
Nachhaltige sozioökonomische Entwicklung
31. räumt ein, dass die Folgen der Eisschmelze und der milderen Temperaturen nicht nur indigene Bevölkerungsgruppen verdrängen und dadurch die indigene Lebensweise bedrohen, sondern auch Chancen für die wirtschaftliche Entwicklung im Arktischen Raum eröffnen; erkennt den Wunsch der Bewohner und der Regierungen im Arktischen Raum, die hoheitliche Rechten und Pflichten haben, an, die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung fortzusetzen und gleichzeitig die traditionellen Lebensgrundlagen der indigenen Bevölkerungsgruppen und die sehr sensible Natur des arktischen Ökosystems unter Berücksichtigung ihrer Erfahrungen bei der nachhaltigen Nutzung und der Entwicklung der verschiedenen Ressourcen des Raumes zu schützen; empfiehlt die Anwendung ökosystembasierter Bewirtschaftungsgrundsätze, um die wissenschaftlichen ökologischen Erkenntnisse mit den sozialen Werten und Erfordernissen zu verbinden;
32. unterstreicht, dass die EU zusammen mit den Vertretern der Regionen dieses Gebiets erörtern sollte, wie wichtig die Strukturfonds für die Entwicklung und Zusammenarbeit sind, um sich den künftigen globalen Herausforderungen für den Fortschritt zu stellen und das Entwicklungspotenzial des Gebiets ausschöpfen zu können;
33. vertritt die Auffassung, dass es, um das spezifische Potenzial jedes Ortes zu erkennen und entsprechende Ansiedlungsstrategien unter Berücksichtigung der regionalen Unterschiede zu entwickeln, eines umfassenden Prozesses mit Unterstützung der nationalen und der EU-Ebene bedarf; ist der Ansicht, dass Partnerschaften und der Dialog zwischen den betreffenden Verwaltungsebenen sicherstellen, dass die Maßnahmen auf der am besten geeigneten Ebene umgesetzt werden können;
34. nimmt die besondere Stellung der indigenen Bevölkerungsgruppen der Arktis zur Kenntnis und erkennt deren Rechte an; weist insbesondere auf die rechtliche und politische Lage der indigenen Bevölkerungsgruppen in den Anrainerstaaten der Arktis und in ihrer Vertretung im Arktischen Rat hin; fordert eine stärkere Einbeziehung der indigenen Bevölkerungsgruppen in die politischen Entscheidungen; betont, dass es notwendig ist, so wie im ILO-Übereinkommen 169 festgelegt, besondere Maßnahmen zum Schutz der Kultur und Sprache sowie der Rechte der indigenen Bevölkerungsgruppen an Grund und Boden zu treffen; betont, dass es eines ständigen Dialogs zwischen den Vertretern der indigenen Bevölkerungsgruppen und den EU-Organen bedarf und fordert die EU auf, den besonderen Bedürfnissen dünn besiedelter Randgebiete in Bezug auf regionale Entwicklung, Lebensgrundlagen und Bildung Rechnung zu tragen; unterstreicht, wie wichtig die Unterstützung von Aktivitäten ist, die die Kultur, Sprache und Bräuche der indigenen Bevölkerungsgruppen fördern;
35. stellt fest, dass die Wirtschaftstätigkeiten der indigenen Bevölkerungsgruppen in hohem Maße auf der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen beruhen und dass daher die Eindämmung des Klimawandels und seiner Auswirkungen und das Recht der indigenen Bevölkerungsgruppen auf eine saubere natürliche Umwelt auch die Menschenrechte betreffen;
36. begrüßt die Arbeit des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen zur Lage der Menschenrechte und grundlegenden Freiheiten der indigenen Völker sowie die Arbeit des Expertenmechanismus der Vereinten Nationen für die Rechte der indigenen Völker;
37. begrüßt die Tatsache, dass der Expertenmechanismus seinen Fortschrittsbericht zur Studie über indigene Völker und das Recht auf Beteiligung am Entscheidungsprozess erfolgreich abgeschlossen hat;
38. ermutigt die Mitgliedstaaten, die Anrainerstaaten der Arktis sind, Verhandlungen aufzunehmen, die zu einer neuen ratifizierten Nordischen Samenkonvention führen;
39. fordert die EU nachdrücklich auf, die Kultur und Sprache der in Nordrussland lebenden finno-ugrischen Völker aktiv zu fördern;
40. nimmt die jüngsten rechtlichen Entwicklungen betreffend das EU-Verbot der Einfuhr von Robbenerzeugnissen zur Kenntnis, vor allem die Klage auf Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 1007/2009(8) (Rechtssache T-18/10, Inuit Tapiriit Kanatami/Parlament und Rat), die vor dem Gericht anhängig ist; nimmt das Konsultationsverfahren unter der Schirmherrschaft der Welthandelsorganisation (WTO) zur Kenntnis, welches von Kanada und Norwegen beantragt wurde; äußert seine Hoffnung, dass die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien infolge der Urteile des EuGH und der Ergebnisse der WTO-Verfahren beigelegt werden können;
41. ist sich des zunehmenden Interesses an der Ausbeutung der Ressourcen bewusst; verweist in dieser Hinsicht auf die Notwendigkeit eines breiten, allumfassenden ökosystembasierten Ansatzes, der wahrscheinlich am ehesten geeignet ist, den vielfachen Herausforderungen, denen sich die Arktis im Zusammenhang mit Klimawandel, Schiffsverkehr, Umweltgefahren und -Kontaminanten, Fischerei und anderen menschlichen Tätigkeiten gegenübersieht, im Einklang mit der integrierten Meerespolitik der EU bzw. dem integrierten Bewirtschaftungsplan Norwegens für die Barentssee und das Meeresgebiet vor der Küste der Lofoten gerecht zu werden; empfiehlt den Mitgliedstaaten, die überarbeiteten Leitlinien des Arktischen Rates für die Offshore-Erdöl- und –Erdgasförderung von 2009 zu unterstützen;
Governance
42. erkennt die Institutionen und den aus dem Völkerrecht und Übereinkommen bestehenden umfangreichen Rechtsrahmen an, durch die für die Arktis wichtige Bereiche geregelt werden, wie etwa UNCLOS (einschließlich der Grundprinzipien der Freiheit der Schifffahrt und friedlichen Durchfahrt), die IMO, das OSPAR-Übereinkommen(9), die Kommission für die Fischerei im Nordostatlantik (NEAFC), das CITES-Übereinkommen(10) und das Stockholmer Übereinkommen sowie die zahlreichen bestehenden bilateralen Abkommen und Regelwerke, die zusätzlich zu den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften in den Anrainerstaaten der Arktis gelten; zieht daher die Schlussfolgerung, dass der Arktische Raum nicht als ein rechtliches Vakuum zu betrachten ist, sondern als ein Gebiet mit gut entwickelten Instrumenten für die Governance; weist dennoch darauf hin, dass die bestehenden Regelungen aufgrund der Herausforderungen des Klimawandels und der zunehmenden wirtschaftlichen Entwicklung von allen Beteiligten weiter entwickelt, gestärkt und angewendet werden müssen;
43. betont, dass Staaten zwar eine entscheidende Rolle für die Governance in der Arktis spielen, dass jedoch anderen Akteuren auch eine wichtige Rolle zukommt, z. B. internationalen Organisationen, indigenen und lokalen Bevölkerungsgruppen sowie Behörden subnationaler Verwaltungseinheiten; weist darauf hin, wie wichtig es ist, das Vertrauen zwischen den Akteuren, die ein berechtigtes Interesse an der Region haben, zu stärken, indem ein partizipativer Ansatz verfolgt und auf den Dialog als Instrument zur Entwicklung einer gemeinsamen Vorstellung über die Zukunft der Arktis gesetzt wird;
44. ist der Auffassung, dass der Eindruck, den manche Beobachter von einem so genannten Wettlauf um die Arktis erwecken, nicht gerade zur Förderung des gegenseitigen Verständnisses und der konstruktiven Zusammenarbeit in diesem Raum beiträgt; weist darauf hin, dass die Anrainerstaaten der Arktis mehrmals zugesagt und in einigen Fällen darauf hingearbeitet haben, mögliche Interessenkonflikte nach den Grundsätzen des Völkerrechts zu lösen;
45. erkennt die wichtige Rolle des Arktischen Rates als das maßgebliche regionale Forum für die Zusammenarbeit im gesamten Arktischen Raum an; weist darauf hin, dass neben den EU-Mitgliedstaaten Dänemark, Schweden und Finnland sowie dem Bewerberland Island, die Mitglieder des Arktischen Rates sind, die EU-Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich, das Vereinigte Königreich, die Niederlande, Spanien und Polen aktive ständige Beobachter sind; bekräftigt seine Zusage, keine Vereinbarungen zu unterstützen, die einen EU-Mitgliedstaat, der ein Anrainerstaat der Arktis ist, ein Beitrittsland oder einen EWR/EFTA-Mitgliedstaat, der ein Anrainerstaat der Arktis ist, ausschließen; erkennt die konkrete Arbeit an, die die Arbeitsgruppen des Arktischen Rates unter Einbeziehung der Beobachter geleistet haben, und fordert die Kommission und die EU-Agenturen auf, sich nach Möglichkeit weiterhin aktiv an allen einschlägigen Arbeitsgruppen zu beteiligen; befürwortet die Stärkung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlage des Arktischen Rates;
46. erkennt an, dass die Herausforderungen, mit denen sich die Arktis konfrontiert sieht, global sind, und dass daher alle betroffenen Akteure einbezogen werden sollten;
47. begrüßt die Ergebnisse umfangreicher Berichte über die arktischen Erdöl- und Erdgasvorkommen, die Auswirkungen der globalen Erwärmung und die erforderlichen Notfallmaßnahmen, die die Arbeitsgruppen des Arktischen Rates in den letzten Jahren erstellt haben;
48. begrüßt den Grad der politischen Organisation der indigenen Interessen in den Samenparlamenten und im Samenrat in Nordeuropa und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Organisationen der indigenen Bevölkerungsgruppen rund um den Polarkreis und erkennt die einzigartige Rolle des Arktischen Rates hinsichtlich der Beteiligung der indigenen Bevölkerungsgruppen an; erkennt die Rechte der indigenen Völker der Arktis an, die in der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker verankert sind, und ermutigt die Kommission, das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) zur Stärkung der Position der arktischen indigenen Bevölkerungsgruppen einzusetzen;
49. begrüßt die breit angelegte Zusammenarbeit bei Fragen wie etwa dem Schutz der arktischen Meeresumwelt (PAME-Arbeitsgruppe) nicht nur auf regionaler, sondern auch auf bilateraler und internationaler Ebene; interpretiert in diesem Zusammenhang die im Arktischen Rat geleistete Arbeit zu Such- und Rettungsdiensten (SAR) als einen ersten Schritt zu Mechanismen, mit denen auch verbindliche Beschlüsse gefasst werden können;
50. begrüßt es, dass der Arktische Rat Umfang und Struktur seiner Arbeit einer kontinuierlichen Bewertung unterzieht, und ist zuversichtlich, dass er die Grundlage für Entscheidungsfindungsprozesse weiter verbreitern wird, um Akteure einzubeziehen, die nicht dem Arktischen Rat angehören;
51. gibt seiner Hoffnung Ausdruck, dass der Arktische Rat seine wichtige Arbeit weiter ausbauen und die Grundlage für Entscheidungsfindungsprozesse verbreitern wird, um andere Akteure in der Arktis, die ihre Präsenz im Arktischen Raum verstärken, einzubinden und somit deren Wissen und Fähigkeiten einzubeziehen und ihre legitimen Interessen nach dem Völkerrecht zu berücksichtigen, während gleichzeitig die deutlich größere Bedeutung der Interessen der Anrainerstaaten hervorgehoben werden sollte; begrüßt das interne Verfahren des Arktischen Rates zur Überprüfung des Beobachterstatus und des möglichen künftigen Umfangs der Aufgaben des Arktischen Rates;
52. ist der Auffassung, dass ein gestärkter Arktischer Rat eine führende Rolle bei der Zusammenarbeit in Bezug auf die Arktis spielen sollte und würde es daher begrüßen, wenn die Fähigkeiten des Arktischen Rates politisch und verwaltungstechnisch gestärkt würden, z.B. durch die Einrichtung eines ständigen Sekretariats, die derzeit erörtert wird, eine ausgewogenere Teilung der Kosten, häufigere Ministertreffen und ein jährlicher Arktisgipfel auf höchster Ebene, wie es vom Außenminister des EU-Mitgliedstaates Finnland, das auch ein Mitglied des Arktischen Rates ist, vorgeschlagen wurde; würde darüber hinaus eine stärkere Einbeziehung der Parlamentarier der Arktis begrüßen, um die parlamentarische Dimension hervorzuheben und sicherzustellen, dass wichtige Akteure, die keine Anrainerstaaten der Arktis sind, einbezogen werden; weist darüber hinaus nachdrücklich darauf hin, dass fortgesetzte hochrangige Treffen einer exklusiven Kerngruppe von Staaten lediglich den Status und die Rolle des Arktischen Rates insgesamt untergraben werden; wünscht, dass der Arktische Rat seinen offenen und integrativen Ansatz beibehält und somit für alle Interessenträger aufgeschlossen bleibt;
53. betrachtet die Nördliche Dimension als einen Schwerpunkt für die regionale Zusammenarbeit in Nordeuropa; stellt fest, dass die vier Partner, d. h. die EU, Island, Norwegen und die Russische Föderation sowie der Arktische Rat, der Euro-Arktische Barents-Rat (BEAC), der Rat der Ostseestaaten, der Nordische Ministerrat, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE), die Europäische Investitionsbank (EIB), die Nordische Investitionsbank (NIB) und die Weltbank (IBRD) an der Nördlichen Dimension beteiligt sind und dass sowohl Kanada als auch die Vereinigten Staaten Beobachterstatus bei der Nördlichen Dimension haben; unterstreicht, dass eine enge Abstimmung zwischen der Politik der Nördlichen Dimension und der sich ständig weiterentwickelnden Arktispolitik der EU erfolgen muss; nimmt das „Arktische Fenster“ der Nördlichen Dimension zur Kenntnis; betont die wertvolle Erfahrung der Partnerschaften der Nördlichen Dimension, insbesondere die neue Partnerschaft der Nördlichen Dimension für Transport und Logistik und ihre Vorteile für die Zusammenarbeit in der Arktis;
54. bestätigt seine Unterstützung für einen ständigen Beobachterstatus für die EU im Arktischen Rat; erkennt an, dass die EU-Mitgliedstaaten über verschiedene internationale Organisationen (wie IMO, OSPAR, NEAFC und das Stockholmer Übereinkommen) in die Arbeit des Arktischen Rates eingebunden sind, und unterstreicht die Notwendigkeit der Kohärenz aller politischen Maßnahmen der EU gegenüber der Arktis; fordert die Kommission auf, das Parlament gebührend über die Sitzungen und die Arbeit des Arktischen Rates und seiner Arbeitsgruppen zu unterrichten; betont indessen, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten bereits als Mitglieder oder Beobachter in anderen internationalen Organisationen, die für die Arktis von Bedeutung sind, wie etwa in der IMO, der OSPAR, der NEAFC und im Rahmen des Stockholmer Übereinkommens, vertreten sind, und dass sie daher den Schwerpunkt konsequenter auf die Arbeit in diesen Organisationen legen sollten; betont in diesem Zusammenhang insbesondere, dass alle Maßnahmen der EU gegenüber der Arktis kohärent sein müssen; ermutigt den Arktischen Rat, die Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen als Ad-hoc-Beobachter enger einzubeziehen;
55. betrachtet den Euro-Arktischen Barents-Rat (BAEC) als ein wichtiges Forum für die Zusammenarbeit zwischen Dänemark, Finnland, Norwegen, Russland, Schweden und der Europäischen Kommission; nimmt die Arbeit des BAEC in den Bereichen Gesundheit und Soziales, Bildung, Forschung, Energie, Kultur und Tourismus zur Kenntnis; stellt die beratende Funktion der Arbeitsgruppe Indigene Völker (WGIP) des BAEC fest;
Schlussfolgerungen und Forderungen
56. fordert die Kommission auf, die bestehende dienststellenübergreifende Gruppe in eine ständige dienststellenübergreifende Struktur umzuwandeln, damit ein kohärenter, abgestimmter und integrierter strategischer Ansatz, der alle wichtigen Politikfelder umfasst, die für die Arktis bedeutsam sind, wie Umwelt, Energie, Verkehr und Fischerei, gewährleistet wird; empfiehlt, die gemeinsame Leitung dieser Struktur dem EAD und der GD MARE zu übertragen und letztere mit der sektorübergreifenden Koordinierung innerhalb der Kommission zu betrauen; empfiehlt außerdem, dementsprechend ein Referat für die Arktis innerhalb des EAD zu schaffen;
57. fordert die Kommission auf, bei der Aushandlung von bilateralen Abkommen zu berücksichtigen, dass das sensible Ökosystem der Arktis geschützt werden muss, dass die Interessen der arktischen Bevölkerung, einschließlich seiner indigenen Bevölkerungsgruppen, gewahrt und die natürlichen Ressourcen der Arktis nachhaltig genutzt werden müssen, und fordert die Kommission auf, bei allen Aktivitäten diesen Prinzipien entsprechend zu agieren;
58. stellt fest, dass die wissenschaftlichen Daten eindeutig belegen, dass sich das Ökosystem der Arktis derzeit klimabedingt stark verändert und dass diese Situation ein vorbeugendes und wissenschaftlich fundiertes Konzept für die künftige Entwicklung der Arktis erfordert; verlangt, dass im Rahmen einer multilateralen Vereinbarung weitere wissenschaftliche Studien abgeschlossen werden, damit auf internationaler Ebene die Kenntnis des arktischen Ökosystems und der es betreffenden Entscheidungen verbessert wird, bevor es zu weiteren wichtigen Entwicklungen kommt;
59. betont die Tatsache, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten einen großen Anteil zur Arktis-Forschung, regionalen Zusammenarbeit und Entwicklung von Technologie, die für den Raum und jenseits von ihm relevant ist, beisteuern, und fordert die Kommission auf, Möglichkeiten zu erkunden, Initiativen für die gemeinsame Finanzierung und Planung im Polargebiet zu entwickeln, um eine reibungslosere und effektivere Zusammenarbeit der Sachverständigen aus den beteiligten Staaten zu ermöglichen; fordert die EU auf, Aktivitäten der Zusammenarbeit mit den USA, Kanada, Norwegen, Island, Grönland und Russland auf dem Gebiet der multidisziplinären Erforschung der Arktis zu fördern und auf diese Weise koordinierte Finanzierungsmechanismen zu schaffen; fordert die Kommission darüber hinaus auf, eine Möglichkeit der direkten Zusammenarbeit mit den arktischen Mitgliedstaaten, indigenen Organisationen und in der Arktis ansässigen Forschungsinstituten zu schaffen, um dazu beizutragen, die EU über relevante Fragen, wichtige Forschungsthemen sowie über Angelegenheiten zu informieren, die diejenigen betreffen, die in der Arktis leben und arbeiten, um einen Beitrag zur Festlegung künftiger Forschungstätigkeiten zu leisten;
60. ist der Auffassung, dass die EU ihre Kapazitäten weiter ausbauen sollte, und fordert die Kommission auf, die Aufnahme sowie die Fortsetzung von Aktivitäten der EU in der Arktis wie etwa dem Programm zur Finanzierung der gemeinsamen multilateralen Forschung im Polargebiet, das eine leichtere und weniger bürokratische Zusammenarbeit vorsieht, und gemeinsamen Vorhaben der Forschungsgemeinschaft zu untersuchen und einen Bericht dazu vorzulegen; fordert die Kommission auf, unter Berücksichtigung geeigneter Vorschläge die Schaffung eines Informationszentrums EU-Arktis in Form eines gemeinsamen vernetzten Unternehmens als oberste Priorität zu prüfen; nimmt hierzu den Vorschlag der Universität Lappland zur Kenntnis; ist der Auffassung, dass ein solches Informationszentrum in der Lage sein sollte, sowohl einen ständigen Zugang der Hauptakteure in der Arktis zur EU zu organisieren als auch den EU-Organen und -Interessenträgern die Arktis betreffende Informationen und Dienste bereitzustellen;
61. unterstreicht, dass für eine objektive Beurteilung der Art und der Geschwindigkeit der Veränderungen in der natürlichen Umwelt der Arktis internationalen Forschergruppen ein ungehinderter Zugang zu Forschungen in dieser besonders sensiblen Region unseres Planeten gewährt werden muss; weist darauf hin, dass die Europäische Union ihre Präsenz und ihr Engagement insbesondere im europäischen Teil der Arktis durch den Aufbau einer gemeinsamen Forschungsinfrastruktur und die Erhöhung der Anzahl von in der Arktis durchgeführten Forschungsprogrammen verstärkt; unterstützt vor allem Forscherteams, die sich aus Wissenschaftlern aus verschiedenen Gebieten zusammensetzen und alle beteiligten Länder vertreten; begrüßt die oftmals gute und offene Forschungszusammenarbeit und vertritt die Auffassung, dass diese Forschung im Interesse der gesamten internationalen Gemeinschaft offen sein und für letztere nutzbar gemacht werden sollte;
62. betont den Beitrag des Ziels der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit der EU als einen eindeutigen europäischen zusätzlichen Nutzen, insbesondere die Programme der grenzübergreifenden Zusammenarbeit in Kolartic und Karelien sowie das CBC-Programm für den Ostseeraum, das die Barentsregion einschließt; fordert die Kommission auf zu prüfen, inwiefern ein entsprechend erweitertes Programm für die nördlichen Randgebiete im nächsten Programmplanungszeitraum ähnliche Auswirkungen auf eine Strategie für die Arktis haben könnte;
63. fordert die Kommission auf, die Bemühungen zur raschen und effizienten Verwirklichung der Observatorien SIOS und EMSO zu unterstützen, da sie einzigartige Beiträge zu einem besseren Verständnis und Schutz der Umwelt der Arktis leisten;
64. fordert die Kommission auf, Vorschläge dazu zu unterbreiten, wie das Projekt Galileo oder Vorhaben wie „Global Monitoring for Environment and Security“, die Auswirkungen auf die Arktis haben könnten, so entwickelt werden könnten, dass sie eine sicherere und schnellere Navigation in arktischen Gewässern ermöglichen, damit in die Sicherheit und Zugänglichkeit der Nord-Ost-Passage investiert wird, insbesondere, um zu einer besseren Vorhersehbarkeit von Eisbewegungen, einer besseren Kartierung des arktischen Meeresbodens und dem Verständnis der für die Geodynamik dieses Gebiets ausschlaggebenden Prozesse beizutragen, die für die Geodynamik der Erde, den Wasserkreislauf in Polarregionen sowie eine bessere Kenntnis einzigartiger Ökosysteme von entscheidender Bedeutung sind;
65. fordert alle Regierungen im Arktischen Raum, insbesondere die Regierung von Russland, auf, die Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker, die am 13. September 2007 von der Generalversammlung angenommen wurde, anzunehmen und zu unterstützen;
66. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, alle wichtigen Übereinkommen über die Rechte der indigenen Völker wie das ILO-Übereinkommen 169 zu ratifizieren;
67. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, im Rahmen der derzeitigen Arbeit der IMO an einem verbindlichen Polarkodex für die Schifffahrt vorzuschlagen, dass Rußemissionen und schweres Heizöl gesondert geregelt werden; fordert die Kommission auf, für den Fall, dass die betreffenden Verhandlungen ergebnislos bleiben, Vorschläge für Vorschriften für Schiffe vorzulegen, die vor oder nach der Durchfahrt durch arktische Gewässer EU-Häfen anlaufen, um eine strenge Regelung zur Begrenzung der Rußemissionen sowie der Verwendung und Beförderung von schwerem Heizöl einzuführen;
o o o
68. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vize-Präsidentin/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und den Regierungen und Parlamenten der Anrainerstaaten der Arktis zu übermitteln.
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Die Schwarzmeersynergie – Eine neue Initiative der regionalen Zusammenarbeit“ (KOM(2007)0160),
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates zur Initiative Schwarzmeersynergie vom 14. Mai 2007,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Januar 2008 zu einem neuen Ansatz in der Politik für die Schwarzmeerregion(1),
– in Kenntnis der Gemeinsamen Erklärung der Außenminister der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des weiteren Schwarzmeerraums, die am 14. Februar 2008 in Kiew angenommen wurde,
– in Kenntnis des Berichts der Kommission über das erste Umsetzungsjahr der Schwarzmeersynergie, der am 19. Juni 2008 angenommen wurde (KOM(2008)0391),
– in Kenntnis der Gemeinsamen Erklärung, mit der die Umweltpartnerschaft der Initiative Schwarzmeersynergie ins Leben gerufen wurde (Brüssel, 16. März 2010),
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Stärkung der Europäischen Nachbarschaftspolitik“ (KOM(2006)0726) und der Absicht der Kommission, im Jahr 2011 eine Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) vorzulegen,
– unter Hinweis auf die Beitrittspartnerschaft mit der Türkei,
– unter Hinweis auf die mit Armenien, Aserbaidschan, Georgien, der Republik Moldau und der Ukraine abgeschlossenen Partnerschafts- und Kooperationsabkommen und die laufenden Verhandlungen über neue Assoziierungsabkommen sowie auf die entsprechenden ENP-Aktionspläne,
– unter Hinweis auf die ENP-Fortschrittsberichte über Armenien, Aserbaidschan, die Republik Moldau, Georgien und die Ukraine, die die Kommission am 12. Mai 2010 angenommen hat,
– unter Hinweis auf das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit der Russischen Föderation sowie auf die laufenden Verhandlungen über ein neues Abkommen EU-Russland,
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 3. Dezember 2008 an das Europäische Parlament und den Rat über die „Östliche Partnerschaft“ (KOM(2008)0823),
– in Kenntnis der am 7. Mai 2009 auf dem Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft in Prag abgegebenen Gemeinsamen Erklärung,
– unter Hinweis auf die jüngsten Fortschritte beim Dialog über Visaerleichterungen mit Ländern der Region,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 2007 zur Stärkung der europäischen Nachbarschaftspolitik(2),
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Republik Moldau, zur Russischen Föderation, zur Türkei, zur Ukraine und zu den Ländern des Südkaukasus sowie zur Integrierten Meerespolitik,
– gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für internationalen Handel, des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie sowie des Ausschusses für regionale Entwicklung (A7-0378/2010),
A. in der Erwägung, dass der Schwarzmeerraum eine strategische Brücke darstellt, die Europa mit der Region des Kaspischen Meeres, Zentralasien und dem Nahen Osten sowie im weiteren Sinne mit Südostasien und China verbindet, und durch enge Bindungen und ein erhebliches Potenzial, aber auch durch Unterschiede und Rivalitäten gekennzeichnet ist; in der Erwägung, dass die Region die EU-Mitgliedstaaten Bulgarien, Griechenland und Rumänien, das Beitrittsland Türkei und die ENP-Partner Armenien, Aserbaidschan, Georgien, die Republik Moldau und die Ukraine sowie die Russische Föderation als einen strategischen Partner umfasst,
B. in der Erwägung, dass der Schwarzmeerraum für die EU von strategischer Bedeutung ist; in der Erwägung, dass das Schwarze Meer zum Teil innerhalb der EU liegt und geografisch in erster Linie ein europäisches Meer ist, was gemeinsame Herausforderungen und Möglichkeiten für die EU und die Länder der Region bedeutet und zur Folge hat, dass gemeinsam sichergestellt werden muss, dass der Schwarzmeerraum zu einer Region des Friedens, der Demokratie, der Sicherheit, der Stabilität, der regionalen Zusammenarbeit und des nachhaltigen Wohlstands wird; in der Erwägung, dass für den Schwarzmeerraum ein mehr auf Kohäsion ausgerichteter, nachhaltigerer und strategischerer Ansatz notwendig ist,
C. in der Erwägung, dass der Schwarzmeerraum ein aus gesellschaftlicher, kultureller und religiöser Sicht reiches Umfeld aufweist, in dem der kultur- und religionsübergreifende Dialog eine zentrale Rolle spielen sollte,
D. in der Erwägung, dass ein positiver Aspekt der Schwarzmeersynergie darin besteht, dass der Schwarzmeerraum als für die EU von strategischer Bedeutung anerkannt wurde, ebenso wie die Notwendigkeit eines verstärkten Engagements der EU in der Region; in der Erwägung, dass die Ergebnisse der Schwarzmeersynergie bisher eher bescheiden ausgefallen sind und dass kein klares und umfassendes Bild über die derzeitigen Ergebnisse der Umsetzung der Schwarzmeersynergie vorliegt, was die EU der Kritik aussetzt, dass es ihr an einer strategischen Vision für die Region fehlt und dass sie bei der Umsetzung nicht einheitlich vorgeht,
E. in der Erwägung, dass bisher kein Aktionsplan mit konkreten Zielen und Benchmarks erarbeitet wurde und Mechanismen zur Berichterstattung, Überwachung, Evaluierung und für das Follow-up, wie sie das Parlament in seiner allerersten Entschließung zum Schwarzmeerraum gefordert hat, fehlen,
F. in der Erwägung, dass nur ein Fortschrittsbericht veröffentlicht wurde (im Jahr 2008), auf den keine regelmäßigen Berichterstattungsmechanismen folgten; in der Erwägung, dass nur wenige Projekte durchgeführt wurden und dass bis dato nur eine Umweltpartnerschaft ins Leben gerufen wurde,
G. in der Erwägung, dass seit 2008 keine Ministerkonferenz stattgefunden hat, was ein Schlaglicht auf den Mangel an Sichtbarkeit, strategischer Vision und politischer Führung in Bezug auf die Schwarzmeersynergie wirft,
H. in der Erwägung, dass die bisherigen Anstrengungen zwar lobenswert sind, aber durch eine schlechte Organisation der Verwaltung, durch fehlendes institutionelles und politisches Engagement sowie einen Mangel an Humanressourcen und Mittelzuweisungen gravierend behindert wurden,
I. in der Erwägung, dass seit 2008 viele Entwicklungen im Schwarzmeerraum stattgefunden haben; ferner in der Erwägung, dass bei der regionalen Zusammenarbeit in einigen technischen Bereichen wie Umwelt, Bildung, Forschung und Technologie sowie bei der Angleichung der Rechtsvorschriften offenbar Fortschritte verzeichnet werden, dass einige Herausforderungen wie langwierige Konflikte im Kaukasus und in Transnistrien, Sicherheit auf See und Such- und Rettungsoperationen, Militarisierung, vertriebene Bevölkerungsgruppen und die Verschlechterung der Lage der Demokratie aber weiterhin bestehen und sich sogar noch verschärft haben,
J. in der Erwägung, dass die Europäische Union durch die Mission der französischen Ratspräsidentschaft sowie durch die Maßnahmen ihrer Mitgliedstaaten ihr Engagement bei der Deeskalation und der Lösung des Konflikts in Georgien bewiesen hat,
K. in der Erwägung, dass der Schwarzmeerraum von geostrategischer Bedeutung für die Energiesicherheit der EU ist, insbesondere was die Diversifizierung der Energieversorgung betrifft,
L. in der Erwägung, dass andere Initiativen der EU, die Länder im Schwarzmeerraum betreffen, nicht als Konkurrenz zur Schwarzmeersynergie, sondern als Ergänzung zu ihr angesehen werden sollten,
M. in der Erwägung, dass die Kommission ersucht wurde, eine EU-Strategie für den Donauraum zu entwickeln, die dessen enger Verflechtung mit dem Schwarzmeerraum Rechnung tragen sollte,
1. vertritt die Ansicht, dass – angesichts der strategischen Bedeutung des Schwarzmeerraums für die EU und der eher begrenzten Ergebnisse der Schwarzmeersynergie – eine Strategie entwickelt werden sollte, um die Kohärenz und Sichtbarkeit der Maßnahmen der EU in der Region zu erhöhen, und dass die Schwarzmeerstrategie der EU ein integraler Bestandteil der weiteren außen- und sicherheitspolitischen Vision der EU sein sollte;
2. fordert die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) auf, gleichzeitig mit der Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik eine Strategie für den Schwarzmeerraum zu erarbeiten und damit einen integrierten und umfassenden Ansatz der EU festzulegen, der die Herausforderungen und Chancen der Region aufzeigt und einen detaillierten Aktionsplan, klare Ziele, Leitinitiativen und Benchmarks umfasst; ist der Ansicht, dass die Strategie eine wirksame Koordinierung der Tätigkeiten und eine Aufteilung der Aufgaben sicherstellen wird;
3. wiederholt erneut seine Forderung an die Kommission und den EAD, die Umsetzung der Strategie durch die Schaffung konkreter Überwachungs-, Evaluierungs-, Follow-up- und Berichterstattungsmechanismen regelmäßig zu überprüfen; drängt darauf, dass die zuständigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments in den wichtigsten Phasen dieses Prozesses konsultiert werden;
4. weist darauf hin, dass die Kohärenz zwischen den Maßnahmen auf EU-Ebene und den nationalen Strategien der EU-Mitgliedstaaten im Schwarzmeerraum sichergestellt werden muss;
5. betont, dass die Mitgliedstaaten der EU sich auf klare Prioritäten einigen müssen, damit in der Folge ein realistischer und finanziell tragfähiger Aktionsplan – gemeinsam mit einem entsprechenden System zur Bewertung seiner Wirksamkeit – erstellt werden kann;
6. betont, dass für die Erreichung der Ziele der neuen Strategie angemessene Humanressourcen vorgesehen werden müssen, insbesondere indem in der Organisationsstruktur und bei der personellen Ausstattung des EAD dieser Strategie ausdrücklich Rechnung getragen wird;
7. begrüßt die Aufstellung des Gemeinsamen Operationellen Programms für die grenzübergreifende Zusammenarbeit im Schwarzmeerraum im Rahmen des ENPI und vertritt die Ansicht, dass die große Zahl der eingegangenen Anträge das große Interesse an gemeinsamen Kooperationsvorhaben im Schwarzmeerraum widerspiegelt; begrüßt die Billigung von 16 neuen Vorhaben durch den Gemeinsamen Monitoring-Ausschuss im November 2010; vertritt jedoch die Auffassung, dass die schwerfällige Arbeitsweise dieses Programms die Mängel der gegenwärtigen Finanzierungsmechanismen aufzeigt; weist insbesondere auf die rechtlichen Schwierigkeiten hin, die sich aus der Tatsache ergeben, dass Teilnehmer im Rahmen verschiedener Finanzinstrumente Mittel erhalten, und ersucht die Kommission, mögliche Lösungen zur Überwindung derartiger Schwierigkeiten zu entwickeln; ist der Auffassung, dass Investitionsvorhaben auch unter dieses Programm fallen könnten;
8. fordert, dass ein Gemeinsames Operationelles Programm für den Schwarzmeerraum für den nächsten Programmplanungszeitraum erstellt wird, damit alle Ziele, die im Strategiepapier 2007-2013 für die Programme zur grenzübergreifenden Zusammenarbeit des Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments (ENPI-CBC) vorgesehen sind, in vollem Umfang angegangen und weitergeführt werden; betont, dass einheitliche Bestimmungen für Anträge erarbeitet werden sollten, damit sich jede juristische Person in jedem Staat, der an dem Programm teilnimmt, als federführender Antragsteller bewerben kann; ist der Ansicht, dass alle am Gemeinsamen Operationellen Programm für den Schwarzmeerraum beteiligten Länder in den nächsten Programmplanungszeitraum eingebunden und zu ihrer aktiven Teilnahme ermutigt werden sollten;
9. ist daher überzeugt davon, dass der Erfolg der Strategie von der Bereitstellung angemessener und identifizierbarer Finanzmittel abhängt; fordert die Schaffung einer spezifischen Haushaltslinie für die Schwarzmeerstrategie sowie die Entwicklung wirksamer Auszahlungsmethoden, die auf die Besonderheiten der Region zugeschnitten sind, sowie Kontrollen des Mitteleinsatzes; ruft dazu auf, kleinere Entwicklungsvorhaben vorrangig zu finanzieren; fordert die Kommission und die Regionen auf, People-to-People-Projekte im Rahmen der grenzübergreifenden Zusammenarbeit zu fördern und das Finanzinstrument des Fonds für Kleinprojekte bereitzustellen und zu stärken;
10. betont die Bedeutung eines projektorientierten Ansatzes mit Blick auf die Einbeziehung von Kommunalverwaltungen, Wirtschaftskreisen, NRO und anderen Organisationen der Zivilgesellschaft, was die Gestaltung, gemeinsame Verantwortung und Durchführung der Maßnahmen der Schwarzmeerstrategie betrifft; hebt hervor, wie wichtig die Überwachung der Maßnahmen der Schwarzmeerstrategie mittels Festlegung von Benchmarks oder anderer geeigneter Indikatoren ist;
11. ermutigt zur Entwicklung von Synergieeffekten zwischen den verschiedenen Politikbereichen der Union, die bei der Strategie zum Tragen kommen, insbesondere zwischen den Strukturfonds, dem Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung und den Transeuropäischen Verkehrsnetzen, um die Nachhaltigkeit der finanzierten Maßnahmen sicherzustellen; ist der Auffassung, dass Möglichkeiten, die durch eine Initiative zur wirtschaftlichen Entwicklung geschaffen werden, durch eine andere ergänzende Initiative aufgegriffen werden können;
12. erachtet Partizipation und regionale Eigenverantwortung als wichtige Grundsätze des Ansatzes der EU gegenüber der Region und sieht die Türkei und Russland als Partner an, die idealiter in angemessener Weise in die regionale Zusammenarbeit im Schwarzmeerraum einbezogen werden sollten; vertritt die Ansicht, dass die zweifache Funktion, die Bulgarien, Rumänien und Griechenland als Anrainerstaaten und als EU-Mitgliedstaaten erfüllen, für den Erfolg der EU-Politik im Schwarzmeerraum von ausschlaggebender Bedeutung ist;
13. ist der Ansicht, dass zur Sicherstellung der Sichtbarkeit, strategischen Führung und hochrangigen Koordination regelmäßig Ministertreffen zwischen der EU und dem weiteren Schwarzmeerraum abgehalten werden sollten, an denen alle Akteure und Staaten in der Region beteiligt werden sollten, einschließlich der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit im Schwarzmeerraum (BSEC), der Kommission für den Schutz des Schwarzen Meeres vor Verschmutzung, der EBWE und der EIB; ist überzeugt, dass ein institutioneller Dialog, der die EU und die BSEC zusammenbringt, einen Schritt hin zur Schaffung einer echten Partnerschaft in der Region darstellen könnte; stellt aber fest, dass die BSEC derzeit offenbar mit strukturellen Problemen zu kämpfen hat und einer Verjüngung und Reform bedarf, um zu einem wirksamen regionalen Partner zu werden;
14. bedauert, dass das Schwarzmeerforum für Dialog und Partnerschaft durch regionale Spannungen beeinträchtigt und deshalb bislang nicht realisiert wurde; ist der Überzeugung, dass ein solches Forum zur Entwicklung von Konzepten und zur Förderung des Dialogs zwischen den regionalen Akteuren beitragen könnte;
15. vertritt die Ansicht, dass die Schwarzmeerstrategie auf allen Ebenen der regionalen Zusammenarbeit entwickelt werden sollte; begrüßt die parlamentarische Zusammenarbeit zwischen der EU und den Anrainerstaaten des Schwarzmeerraums;
16. erkennt an, wie wichtig regionale und lokale Behörden und die beteiligten Kreise für die Planung und Umsetzung der Strategie sind, da sie enge Verbindungen zu dem jeweiligen Gebiet und den Menschen vor Ort unterhalten; fordert daher, dass deren Bedürfnisse festgestellt und sie umfassend in die Strategie einbezogen werden;
17. begrüßt die Einrichtung eines Forums für die Zivilgesellschaft im Schwarzmeerraum und ermuntert zu einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen Kommunalverwaltungen, Zivilgesellschaft und Unternehmen; fordert die Kommission auf, die Zivilgesellschaft, auch zivilgesellschaftliche Netzwerke, verstärkt zu unterstützen; unterstreicht die Bedeutung, die dem nicht-staatlichen Bereich im Hinblick auf die Sicherstellung einer wirksamen Durchführung der Maßnahmen der Schwarzmeerstrategie und des Erfolgs der vertrauensbildenden Maßnahmen zukommt;
18. hebt den ergänzenden Charakter der Schwarzmeersynergie und der Östlichen Partnerschaft hervor und fordert die Kommission auf, die unterschiedlichen Ansätze der beiden Initiativen positiv zu nutzen und auf allen Ebenen zu klären, wie diese beträchtliche Komplementarität ausgeschöpft werden sollte; fordert die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, sicherzustellen, dass der EAD die einzelnen Initiativen und Instrumente der EU im weiteren Schwarzmeerraum wirksam koordiniert;
19. begrüßt die Entwicklung der EU-Strategie für den Donauraum, die bis Jahresende abgeschlossen sein soll, und fordert ihre Genehmigung und den Beginn ihrer Durchführung in der ersten Hälfte des Jahres 2011; unterstreicht, wie wichtig es ist, die EU-Strategie für den Donauraum auf den Schwarzmeerraum auszuweiten; weist darauf hin, dass die nachhaltige Entwicklung des Donauraums die geostrategische Bedeutung des Schwarzmeerraumes noch erhöhen wird; erkennt deshalb zwar den eigenständigen Charakter der Regionen und den unterschiedlichen geografischen Schwerpunkt der beiden Strategien an, vertritt aber die Ansicht, dass sie einander ergänzen und gegenseitig verstärken sollten;
20. betont, dass das von der EU und den Mitgliedstaaten mit der EU-Strategie für den Schwarzmeerraum verfolgte Hauptziel die Schaffung eines Raums des Friedens, der Demokratie, des Wohlstands und der Stabilität, der sich auf die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten gründet, sein sollte; ist der Ansicht, dass eine verantwortungsvolle Staatsführung, Rechtstaatlichkeit, die Förderung der Achtung der Menschenrechte, die Steuerung der Migration, Energie, Verkehr, Umwelt und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Bereiche für prioritäre Maßnahmen darstellen sollten;
Sicherheit und verantwortungsvolle Staatsführung
21. weist erneut darauf hin, dass der Schwarzmeerraum aktive Maßnahmen und langfristige Lösungen braucht, um die großen regionalen und transnationalen Herausforderungen zu bewältigen, wie langwierige Konflikte, vertriebene Bevölkerungsgruppen, bilaterale Streitigkeiten, geschlossene Grenzen und strategische Rivalitäten, die zu Militarisierung und Verbreitung von Waffen, schwachen Institutionen und einer schwachen Staatsführung, einer Verschlechterung der Lage der Demokratie, grenzüberschreitender Kriminalität und illegalem Handel, Grenzschutz und Kontrolle des Güter- und Personenverkehrs sowie einer schlechten Sicherheit und Gefahrenabwehr im maritimen Bereich führen;
22. betont, wie wichtig es ist, gut nachbarschaftliche Beziehungen zwischen den Schwarzmeeranrainerstaaten als eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit herzustellen, zu fördern und weiterzuentwickeln, und hält es für inakzeptabel, dass die Region nach wie vor mit dem Problem geschlossener Grenzen zwischen Nachbarn konfrontiert ist;
23. ist der Auffassung, dass die EU eine aktivere Rolle bei der Gestaltung des Sicherheitsumfelds im Schwarzmeerraum spielen kann und sollte; fordert, dass sich die EU im regionalen strategischen Dialog stärker engagiert und mit ihren strategischen Partnern in den Bereichen Sicherheit sowie Verhütung und Beilegung von Konflikten im Einklang mit dem Völkerrecht zusammenarbeitet; betont, dass die umfassende Entwicklung der Schwarzmeerstrategie auch im Zusammenhang mit konkreten Forschritten im Hinblick auf die friedliche Beilegung ungelöster Konflikte steht; fordert die EU daher auf, sich bei den Verhandlungen und Friedensprozessen unmittelbarer zu engagieren und eine Führungsrolle zu übernehmen, um vertrauensbildende Maßnahmen und Hilfsprogramme zu fördern, damit die Grundlage für dauerhafte und umfassende Lösungen geschaffen wird und die Folgen der Konflikte für die örtliche Bevölkerung gemildert werden; lobt die Arbeit der EUBAM und der EUMM;
24. fordert die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik zur Intensivierung ihrer Bemühungen auf, Russland zur Einhaltung des Sechs-Punkte-Plans von Präsident Sarkozy zur Stabilisierung und Beilegung des Konflikts in Georgien zu bewegen;
25. weist darauf hin, dass die Überwachungssysteme gestärkt werden müssen, und ersucht die EU, ein Frühwarnsystem als ein Instrument zur Verhütung von Konflikten und zur Vertrauensbildung im Schwarzmeerraum zu entwickeln, um eine Destabilisierung und eine Eskalation von Konflikten zu vermeiden; fordert, sich auf konkrete Fälle zu konzentrieren, anstatt allgemein seine Besorgnis zum Ausdruck zu bringen; fordert die Prüfung vertrauensbildender Maßnahmen, wie die Offenlegung von Waffenverkäufen und der militärischen Aktivitäten der Marine; ist besonders besorgt über die Verlängerung der Hafenvereinbarung für die russische Schwarzmeerflotte auf der Krim und ihre möglichen Auswirkungen auf die Stabilität in der Region;
26. fordert die EU auf, Maßnahmen zur Schaffung eines regionalen Rechtsrahmens sowie von Mechanismen zu ergreifen, um die Verbreitung von Waffen im Schwarzmeerraum zu bekämpfen;
27. fordert, dass das Problem der grenzüberschreitenden Kriminalität und des illegalen Handels, insbesondere des illegalen Drogen- und Menschenhandels, und der illegalen Migration im Rahmen der Schwarzmeerstrategie angegangen wird, und fordert auch, dass die Zusammenarbeit im Bereich Grenzschutz und Kontrolle des Güter- und Personenverkehrs weiter verbessert wird;
28. betont, wie wichtig es ist, die Steuerung der Migrationsströme in den und aus dem Schwarzmeerraum zu verbessern, indem die politische, wirtschaftliche und soziale Integration der Migranten – basierend auf den Grundsätzen des Gesamtansatzes der EU zur Migrationsfrage – gestärkt wird;
29. nimmt die Zunahme der Unfälle auf See in den letzten Jahren zur Kenntnis, die Menschenleben gefordert und zu einer Schädigung der Umwelt geführt sowie das Unvermögen der Anrainerstaaten aufgezeigt haben, koordinierte und erfolgreiche Rettungsmaßnahmen durchzuführen; fordert die EU in diesem Zusammenhang auf, sich der Integrierten Meerespolitik zu bedienen, um die Such- und Rettungsdienste und die Unfallverhütung im Schwarzmeerraum zu koordinieren; fordert die Ausarbeitung einer Strategie zur Überwachung des Schwarzen Meeres;
30. ist der Ansicht, dass eine Sicherheitsstrategie für den Schwarzmeerraum auch die Ziele der Verbesserung der Staatsführung, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und der staatlichen Fähigkeiten beinhalten sollte; fordert die Kommission und den EAD auf, ein Mainstreaming der Initiativen im Hinblick auf den Aufbau von Institutionen und eine demokratische Staatsführung – die für jeden Staat, der sich erfolgreich entwickeln möchte, unerlässlich sind – durchzuführen; unterstreicht, dass das Ziel, die Staatsführung, Rechtstaatlichkeit und die staatlichen Strukturen in den ehemaligen Sowjetrepubliken der Region zu verbessern, an sich schon eine Sicherheitsstrategie darstellt, da ein völliger oder teilweiser Staatszerfall und politische Stagnation ein Umfeld schaffen, das Einmischung von außen und transnationale Bedrohungen begünstigt;
31. betont, dass die Strategie der EU für den Schwarzmeerraum der Verteidigung der Menschenrechte und der Verbesserung der Demokratie in der gesamten Region einen hohen Stellenwert beimessen muss und die Förderung einer erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen ihren Nichtregierungsorganisationen und Menschenrechtsverteidigern beinhalten sollte;
32. stellt fest, dass die Verbesserung der Achtung der Menschenrechte und der Demokratie auf der ganzen Welt zu den Prioritäten der EU zählt; weist darauf hin, dass es im besetzten Südossetien und Abchasien tagtäglich zu Menschenrechtsverletzungen kommt; fordert die EU und insbesondere den EAD deshalb auf, aktiv auf alle Arten von Menschenrechtsverletzungen im Schwarzmeerraum zu reagieren;
33. betont die wichtige Rolle, die die OSZE in der Region spielt, und erachtet es für wesentlich, dass die EU mit der OSZE in den Bereichen Aufbau von Institutionen, Rechtstaatlichkeit, Wahlbeobachtung, Freiheit der Medien sowie Demokratie und Menschenrechte zusammenarbeitet;
Energie, Verkehr und Umwelt
34. erachtet den Schwarzmeerraum einerseits als von strategischer Bedeutung für die Energiesicherheit und die Diversifizierung der Energieversorgung der EU und weist in diesem Zusammenhang erneut auf die dringende Notwendigkeit hin, eine kohärente Strategie für den Schwarzmeerraum zu entwickeln; ist andererseits der Ansicht, dass die Zusammenarbeit in den Bereichen Energie, Verkehr und Umwelt von entscheidender Bedeutung für eine harmonische und nachhaltige Entwicklung der Region ist; begrüßt die Schaffung der Umweltpartnerschaft und sieht dem Beginn der beiden anderen Partnerschaften in den Bereichen Verkehr und Energie erwartungsvoll entgegen; fordert ihre rasche und wirksame Durchführung; ist der Ansicht, dass die Entwicklung eines gemeinsamen Rechtsrahmens auf regionaler Ebene im Hinblick auf eine wirksamere Zusammenarbeit und die Schaffung von Synergien in diesen Bereichen von großem Nutzen wäre; vertritt die Auffassung, dass die Einrichtung und Unterstützung fachlicher und institutioneller Netze die Fähigkeit zu kooperativer und wirksamer Beschlussfassung verbessern könnte;
35. unterstreicht die Notwendigkeit, die multilaterale Energiekooperation im Schwarzmeerraum zu stärken, für die die WTO und der Vertrag über die Energiecharta die Hauptprinzipien liefern; unterstützt die vollständige Markt- und Regulierungsintegration auf der Grundlage des Energie- und Umweltrechts der EU und tritt für die Beteiligung von Ländern des größeren Schwarzmeerraums an dem Vertrag zur Gründung der Energiegemeinschaft sowie für EU-, EIB- und EBWE-Hilfe für die Modernisierung der Energieinfrastruktur im Schwarzmeerraum ein;
36. betont, wie wichtig es ist, dass die Mitgliedstaaten eine gemeinsame Strategie gegenüber dem Schwarzmeerraum verfolgen, um die langfristigen Ziele der EU im Bereich der Sicherheit der Energieversorgung und der Stabilität in ihrer Nachbarschaft zu erreichen;
37. weist auf die Notwendigkeit energischerer Maßnahmen der Kommission zur Unterstützung von Initiativen für eine Diversifizierung der Gasversorgungsquellen sowie der Schaffung eines gemeinsamen Rechtsrahmens zur Förderung eines transparenten, wettbewerbsfähigen und regelgestützten Gasmarkts hin; fordert die EU gleichzeitig auf, die Zusammenarbeit mit den Staaten im Schwarzmeerraum aktiv auszubauen und ihnen bessere Möglichkeiten zur Unterstützung von Energieprojekten, die für die EU von Interesse sind, zu bieten; begrüßt in diesem Zusammenhang den Beitritt der Republik Moldau und der Ukraine zur Energiegemeinschaft;
38. betont, wie dringend notwendig die Einrichtung der Parlamentarischen Versammlung Euronest ist, die zur Erreichung der Ziele der Östlichen Partnerschaft beitragen und so eine positive Wirkung auf die mit der Energiesicherheit im Zusammenhang stehenden Themen haben wird;
39. weist erneut auf das Ziel der EU hin, Versorgungswege und -quellen zu diversifizieren und eine gemeinsame Energiepolitik der EU auszuarbeiten; verweist auf die Bedeutung der Vorhaben des südlichen Korridors, insbesondere auf die grundlegende Bedeutung des unter strategischen Gesichtspunkten vorrangigen Nabucco-Projekts der EU und dessen rasche Verwirklichung für die Energieversorgungssicherheit Europas; nimmt das Vorhaben South Stream zur Kenntnis; betont darüber hinaus, wie wichtig die Beförderung von verflüssigtem Erdgas (LNG) nach Europa – in Form des AGRI-Projekts – sowie der Bau von Flüssiggasterminals in Schwarzmeerhäfen und der paneuropäischen Ölpipeline von Constanta nach Triest sind;
40. fordert die Kommission nachdrücklich auf, bis Ende 2011 Vereinbarungen mit den potentiellen Lieferländern für die Nabucco-Pipeline abzuschließen;
41. ist der Ansicht, dass in dem Energieinfrastrukturpaket, das demnächst von der Kommission vorgelegt werden soll, den im Schwarzmeerraum geplanten Energievorhaben ein großer Stellenwert zukommen muss; macht darauf aufmerksam, dass durch die Transitwege, von denen die Staaten der Region durchzogen sind, die Versorgungssicherheit der EU erheblich verbessert werden kann;
42. betont das Potenzial erneuerbarer Energiequellen im Schwarzmeerraum, das einen bedeutenden Beitrag zu einer sicheren Energiezukunft auf globaler Ebene und zu einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum leisten könnte, und fordert die Kommission und die Schwarzmeeranrainerstaaten auf, dieses Potenzial auszuschöpfen;
43. fordert, dass die Partnerschaft EU-Schwarzmeerraum den Wissens- und Technologietransfer in den Bereichen erneuerbare Energien, Energieeffizienz und technische Unterstützung für das Netzdesign umfasst, und betont, dass Energieeinsparungen der Schlüssel zur Erhöhung der Versorgungssicherheit sind; unterstützt die Forschung im Bereich alternativer Energiequellen und insbesondere erneuerbarer Energiequellen, Energieeffizienz und Energieeinsparung, die unverzichtbare Voraussetzungen sind, um die Herausforderungen des Klimawandels zu meistern und zu den weltweiten Bemühungen um die Verringerung der Treibhausgasemissionen beizutragen;
44. unterstützt die weitere Entwicklung von Initiativen im Rahmen der Programme TRACECA und INOGATE; fordert die EU auf, ihre Unterstützung von Infrastrukturprojekten in der Region – direkt und durch die Koordinierung mit anderen Gebern und Investoren – weiter zu verstärken;
45. vertritt die Ansicht, dass der Ausbau der EU-Schwarzmeerhäfen und der EU-Häfen im Mündungsgebiet der Donau, einschließlich Öl- und Gasterminals, und die intermodale Verkehrinfrastruktur von entscheidender Bedeutung für den internationalen Handel und den Transport von Kohlenwasserstoffen in der Region sind; hält es für erforderlich, die Infrastruktur im Schwarzmeerraum zu modernisieren und Verknüpfungen mit den europäischen Verkehrskorridoren herzustellen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Abschluss der als vorrangig eingestuften transeuropäischen Verkehrsvorhaben auf den Verkehrsachsen 7, 18, 21 und 22 zu beschleunigen, die in Anhang II der Entscheidung Nr. 884/2004/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Änderung der Entscheidung Nr. 1692/96/EG über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes genannt werden, und ihre schrittweise Einbindung in den TRACECA-Korridor, die Zentralachse, die Südostachse und in die für den internationalen Transport festgelegten Seewege gemäß der Mitteilung „Ausdehnung der wichtigsten transeuropäischen Verkehrsachsen auf die Nachbarländer – Leitlinien für den Verkehr in Europa und den Nachbarregionen“ (KOM(2007)0032) der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament, sowie der gesamteuropäischen Verkehrskorridore 8 und 9;
46. ersucht die Schwarzmeeranrainerstaaten, eine Vereinbarung über die Einrichtung von Seeverkehrskorridoren im Schwarzen Meer zu schließen, und fordert die Kommission auf, aus der Haushaltslinie TEN-V eine Finanzierungshilfe für die Seekorridore im Schwarzen Meer zu gewähren, ähnlich wie für die Seekorridore in der Ostsee, der Nordsee und im Mittelmeer;
47. begrüßt die Maßnahmen, die zur Ausweitung des Gemeinsamen Europäischen Luftverkehrsraums auf die Schwarzmeerländer ergriffen wurden; fordert die Kommission auf, den Dialog mit der Republik Moldau über die Liberalisierung ihres Luftverkehrssektors fortzusetzen und rasch Verhandlungen über den Beitritt der Republik Moldau zum Gemeinsamen Europäischen Luftverkehrsraum aufzunehmen;
48. betont die Bedeutung des Schwarzen Meeres als natürliche Ressource und bringt seine große Besorgnis über die Umweltsituation in dieser Region zum Ausdruck; hebt hervor, dass ein Gleichgewicht zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Umweltschutz geschaffen werden muss, und betont, wie wichtig ein gemeinsamer Ansatz zur Bewältigung dieser Herausforderung ist; unterstreicht daher die Notwendigkeit einer umfassenden Durchführung des Übereinkommens zum Schutz des Schwarzen Meeres vor Verschmutzung;
49. fordert die Kommission auf, bei der Förderung von Infrastrukturvorhaben, denen eine positive Umweltverträglichkeitsprüfung zugrunde liegen sollte, den Erfordernissen der Energieeffizienz und des Umwelt- und Klimaschutzes Priorität einzuräumen; weist erneut auf die Herausforderungen hin, die sich aus den Folgen des Klimawandels für den Schwarzmeerraum ergeben, und fordert daher eindringlich eine verstärkte Zusammenarbeit der Schwarzmeeranrainerstaaten, insbesondere im Bereich der Notfallverhütung;
50. fordert die EU auf, den Schwarzmeerraum in die Integrierte Meerespolitik und insbesondere in die Gemeinsame Fischereipolitik einzubeziehen und ihn dabei mit den anderen europäischen Meeresräumen gleichzustellen; weist darauf hin, dass die EU alle erforderlichen diplomatischen Anstrengungen unternehmen sollte, um die Schwarzmeeranrainerstaaten, die keine EU-Mitgliedstaaten sind, davon zu überzeugen, die Grundsätze der Gemeinsamen Fischereipolitik so genau wie möglich einzuhalten; unterstreicht, wie wichtig es ist, ein eigenes Gremium für die Bewirtschaftung der gemeinsamen Bestände im Schwarzen Meer zu schaffen und den Mechanismus mehrjähriger Bewirtschaftungspläne anzuwenden;
Wirtschaftliche, soziale und menschliche Entwicklung
51. ist der Ansicht, dass die wirtschaftliche, soziale und menschliche Entwicklung der Region insgesamt gefördert werden sollte; misst der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten in der Region besondere Bedeutung zu; weist darauf hin, dass die Region über einen außerordentlichen Reichtum an Bodenschätzen verfügt, der ein rasches Wirtschaftswachstum bewirken könnte; betont, dass eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung dieser Ressourcen für die Erleichterung dieser Entwicklung unerlässlich ist;
52. betont, dass eine weitere Liberalisierung des Handels und die Intensivierung des Handels innerhalb der Region für die wirtschaftliche Entwicklung der Region wesentlich sind; betont, wie wichtig die Schaffung eines Raums mit wirtschaftlichen Möglichkeiten und Wohlstand im Schwarzmeerraum für die Bevölkerung vor Ort und ihre Handelspartner ist; unterstreicht die Notwendigkeit, Betrug und Korruption zu bekämpfen, um die Region für Investoren attraktiver zu machen; betont, wie wichtig die Zusammenarbeit in den Bereichen Tourismus, Häfen und Entwicklung der Küsten ist; unterstützt die Integrierte Meerespolitik der EU, die auf die sozioökonomische Entwicklung der maritimen Regionen abzielt, bedauert aber, dass die Schwarzmeerdimension nur wenig entwickelt ist; begrüßt die Ergebnisse, die bei der Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung, Forschung und Technologie erzielt wurden; spricht sich ferner dafür aus, die soziale Entwicklung und eine starke Zivilgesellschaft als Ziel zu verfolgen; unterstreicht, dass die EU ihren Dialog über Visaerleichterungen mit den Ländern der Region weiterführen sollte;
53. ist überzeugt davon, dass die EU eine wichtigere Rolle im Schwarzmeerraum spielen sollte, indem sie den Ländern der Region größere Aussichten auf eine umfassendere Einbindung in die EU-Politik bietet; betont, dass die Möglichkeiten für eine Liberalisierung des Handels und die Schaffung eines Freihandelsraums gemäß den Grundsätzen der WTO gründlich geprüft, genau untersucht und gefördert werden sollten,
54. verweist auf die seit langem bestehende strategische Partnerschaft EU-Russland und das gemeinsame Interesse der beiden Länder an der Stärkung des bilateralen Handels und der bilateralen Investitionen, an der Vereinfachung und Liberalisierung des Handels in einer globalen Wirtschaft sowie an der Stärkung und Entwicklung des Wettbewerbs, auch im Schwarzmeerraum;
55. erkennt an, dass die weltweite Finanzkrise den Schwarzmeerraum hart getroffen und ein Wachstum von jährlich 6% sowie den für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Schwarzmeeranrainerstaaten benötigten Zufluss von ausländischem Kapital jäh unterbrochen hat und dabei das Finanzsystem der Region außerordentlich unter Druck gesetzt hat; weist mit Nachdruck darauf hin, dass dieses Problem angegangen werden muss, indem die Finanz- und Bankenvorschriften verschärft und die haushaltspolitische Glaubwürdigkeit und Transparenz verbessert, Steuerbetrug, Steuerflucht und Korruption stärker bekämpft, die regionale Zusammenarbeit vertieft und die Koordinierung zwischen den regionalen Organisationen wie der BSEC verbessert werden;
56. ermutigt dazu, im Rahmen dieser Strategie ein integriertes Konzept zu entwickeln und die anerkannten Grundsätze der EU-Kohäsions- und Nachbarschaftspolitik zu nutzen, was zu effektiven Ergebnissen beitragen und gleichzeitig den Aufbau von Kapazitäten für Regionen mit Entwicklungsrückstand erleichtern wird; ist insbesondere der Auffassung, dass die grenzübergreifende Zusammenarbeit zwischen Regionen verstärkt werden sollte, damit gemeinsame Probleme durch abgestimmte Maßnahmen gelöst werden; weist darauf hin, dass der Europäische Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) einen geeigneten Rahmen für die Zusammenarbeit bietet, um eine strukturierte Verwaltung auf mehreren Ebenen sicherzustellen; fordert die Kommission auf, über eine bessere Koordinierung der verschiedenen europäischen Instrumente nachzudenken, die eine grenzübergreifende Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Europäischen Union ermöglichen;
57. weist darauf hin, dass der Austausch bewährter Verfahren zwischen den Regionen von herausragender Bedeutung für alle Bereiche der Zusammenarbeit ist, weil Regionen mit einer langen Erfahrung bei der Entwicklung und Durchführung von Vorhaben andere Regionen bei der Verbesserung ihrer Leistungen unterstützen könnten;
58. hält die Verbesserung der Verwaltungskapazitäten aller örtlichen und regionalen Beteiligten im Schwarzmeerraum für außerordentlich wichtig, um eine effiziente Durchführung und wirtschaftliche Haushaltsführung der EU-Vorhaben, eine größere Transparenz und Rechenschaftspflicht sowie eine ausgewogene territoriale Entwicklung im ganzen Gebiet zu gewährleisten;
59. unterstreicht, wie wichtig Visaerleichterungen und die Mobilität der Menschen in der Region sind, und fordert die Kommission dringend auf, die Ausarbeitung von Regelungen zur bevorzugten Ausstellung von Visa für Unternehmen, Wissenschaftler, Jugendliche, Bedienstete von Kommunalbehörden und andere Gruppen zu prüfen, um die Kontakte innerhalb der gesamten Region, insbesondere mit Blick auf die Vertrauensbildung, zu intensivieren; ermuntert zur Entwicklung gemeinsamer Vorhaben – unter der Schirmherrschaft der EU – im Zusammenhang mit der Förderung des kulturellen Erbes und des Tourismus in der Region;
60. vertritt ferner die Ansicht, dass Programme zur Förderung des kultur- und religionsübergreifenden Dialogs nachhaltig vorangetrieben werden müssen, um die Zusammenarbeit in der Region zu fördern; ist der Ansicht, dass gemeinsame Initiativen in den Bereichen Bildung und Medien dringend gebraucht werden, um gehaltvolle Kontakte zwischen den Menschen und meinungsbildenden Akteuren in der Region herzustellen und zu vertiefen; ist ferner der Auffassung, dass Initiativen, wie das Netz der Schwarzmeer-Universitäten, ein gutes Beispiel dafür sind, wie die akademische Interaktion zu positiven Synergien in der Region führen kann; fordert die Stärkung von akademischen und Studentennetzwerken, elektronischen Infrastrukturen und gemeinsamen Forschungsprojekten; begrüßt die Initiative zur Einrichtung und Förderung eines Schwarzmeer-Kollegs, um die Schaffung einer regionalen Elite zu unterstützen, die die Zusammenarbeit als eine natürliche Methode zur Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen ansieht;
61. erkennt die Ergebnisse des Projekts „Black Sea Interconnection“ bei der Einrichtung eines regionalen Forschungs- und Bildungsnetzes im größeren Schwarzmeerraum und seine Verbindung zu GEANT an und fordert die Kommission auf, weiterhin Forschungsprojekte im Schwarzmeerraum zu unterstützen, wie etwa HP-SEE, SEE-GRID, SCENE, CAREN und BSRN;
o o o
62. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und allen Schwarzmeeranrainerstaaten zu übermitteln.
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Menschenrechten und Demokratie in Pakistan, insbesondere die Entschließungen vom 20. Mai 2010(1) sowie vom 12. Juli 2007(2), 25. Oktober 2007(3) und 15. November 2007(4),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Dezember 2010 zu dem Jahresbericht 2009 zur Menschenrechtslage in der Welt und zur Menschenrechtspolitik der Europäischen Union(5),
– unter Hinweis auf die vom Rat am 16. November 2009 angenommenen Schlussfolgerungen zur Religions- und Glaubensfreiheit, in denen der Rat die strategische Bedeutung dieser Freiheit und die Notwendigkeit der Bekämpfung religiöser Intoleranz hervorgehoben hat,
– unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung der EU und Pakistans vom 4. Juni 2010, in der beide Seiten ihre Entschlossenheit bekräftigt haben, Fragen der regionalen und der weltweiten Sicherheit gemeinsam anzugehen, sich für die Achtung der Menschenrechte einzusetzen und im Interesse einer weiteren Stärkung der demokratischen Regierung Pakistans und der demokratischen Institutionen des Landes zusammenarbeiten,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Präsidenten des Europäischen Parlaments vom 19. November 2010 zum Todesurteil gegen Asia Bibi,
– unter Hinweis auf die Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, vom 4. Januar 2011 zur Ermordung von Gouverneur Salman Taseer und auf ihre Erklärung vom 12. November 2010 zu einem Verfahren in Pakistan, bei dem die Todesstrafe verhängt wurde,
– unter Hinweis auf Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahr 1948,
– unter Hinweis auf die UN-Erklärung über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Überzeugung aus dem Jahr 1981,
– gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass Salman Taseer, der Gouverneur der Provinz Punjab, zu den schärfsten und bekanntesten Kritikern der pakistanischen Blasphemiegesetze und deren Missbrauch durch extremistische Gruppen gehörte – wie im Fall der Christin Asia Bibi, gegen die nach Artikel 295-C des pakistanischen Strafgesetzbuchs unter dem Vorwurf der Gotteslästerung die Todesstrafe verhängt wurde,
B. in der Erwägung, dass Salman Taseer am 4. Januar 2011 in Islamabad von Malik Mumtaz Hussein Qadri, einem seiner Leibwächter, der Taseers Widerstand gegen die pakistanischen Blasphemiegesetze ablehnte, ermordet wurde,
C. in der Erwägung, dass keiner der anderen Leibwächter, die Zeugen des Mordes an Gouverneur Taseer wurden, einen Versuch unternahm, sich dem Mörder in den Weg zu stellen; in der Erwägung, dass der Mörder von Hunderten von Anwälten bejubelt und unterstützt wurde, als er vor Gericht erschien, und dass Tausende von Demonstranten durch die Straßen Karachis marschierten, um zum Ausdruck zu bringen, dass sie die Tat billigen; in der Erwägung, dass ein führender Imam Berichten zufolge gegen die ehemalige pakistanische Ministerin, Reformpolitikerin und bekannte Journalistin Sherry Rehman eine Fatwa ausgesprochen hat, die sie als nächstes Ziel für ein Attentat nennt,
D. in der Erwägung, dass die Organisation „Jamaate Ahle Sunnat Pakistan“, die als Wortführer der gemäßigten Barelvi-Sekte agiert, im Anschluss an den tragischen Vorfall in einer Erklärung im Namen einer breiten Allianz pakistanischer Geistlicher die Ermordung von Gouverneur Taseer gutheißt, den Täter als Helden darstellt und dazu aufruft, dass kein Muslim an dem Begräbnis teilnehmen oder auch nur versuchen sollte, für Salman Taseer zu beten oder in irgendeiner Form seiner Trauer über den Vorfall oder seinem Beileid Ausdruck zu verleihen, sowie fordert, dass kein Muslim sich zu einem Beerdigungsgebet und sich generell kein Geistlicher zur Ausrichtung der Beerdigung des ermordeten Gouverneurs bereit erklären sollte,
E. in der Erwägung, dass das in der Verfassung Pakistans von 1973 enthaltene Kapitel zu den Grundrechten nicht nur die Freiheit garantiert, sich zu einer Religion zu bekennen und eine religiöse Einrichtung zu betreiben (Artikel 20), sondern auch die Gleichberechtigung aller Bürger (Artikel 25) und die legitimen Rechte und Interessen von Minderheiten (Artikel 26),
F. in der Erwägung, dass Präsident Asif Ali Zardari am 25. Dezember 2009 das Versprechen der Pakistanischen Volkspartei bekräftigte, das Recht aller Angehöriger von Minderheiten, als gleichberechtigte Bürger behandelt zu werden, zu achten,
G. in der Erwägung, dass die 1982 und 1986 eingeführten, als Blasphemiegesetzte bekannten Rechtsvorschriften die durch die Verfassung garantierten grundlegenden Religions- und Minderheitenrechte untergraben, von Extremisten sowie von Personen missbraucht werden, die danach trachten, auf diese Weise persönliche Rechnungen zu begleichen, und zu einer Zunahme der Gewalt gegen Mitglieder religiöser Minderheiten und kritische Bürger geführt haben, die den Mut haben, die Stimme gegen das Unrecht zu erheben,
H. in der Erwägung, dass die überwiegende Mehrheit der nach den Blasphemiegesetzen Angeklagten Muslime sind, dass Anklagen gegen Angehörige religiöser Minderheiten jedoch Auslöser für unverhältnismäßige Gewalt gegen ihre gesamte Glaubensgemeinschaft sein können,
I. in der Erwägung, dass die pakistanische Regierung ihr in einer entsprechenden Grundsatzerklärung gegebenes Versprechen, die diskriminierenden Gesetze einer Überprüfung zu unterziehen, am 30. Dezember 2010 in aller Öffentlichkeit gebrochen hat, als sie in einer politischen Erklärung verkündete, dass sie nicht beabsichtige, die Blasphemiegesetzte aufzuheben oder zu ändern,
J. in der Erwägung, dass die Ermordung von Gouverneur Taseer für mit Blasphemieverfahren befasste Richter Sicherheitsprobleme aufwirft, zumal Richter an den erstinstanzlichen pakistanischen Gerichten bereits von muslimischen Extremisten unter Druck gesetzt werden und selbst Richter an Gerichten höherer Instanz sich aus Angst vor terroristischen Anschlägen unter Umständen dagegen entscheiden werden, bei Verfahren, in denen es um religiöse Verfolgung geht, unparteiische Urteilssprüche zu verkünden,
K. in der Erwägung, dass gemäßigte Stimmen, religiöse Minderheiten und Menschenrechtsaktivisten seit der Ermordung von Gouverneur Taseer zunehmend um ihre Sicherheit fürchten,
L. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 3 Absatz 5 des Vertrags über die Europäische Union die Förderung der Demokratie sowie die Achtung der Menschenrechte und der bürgerlichen Freiheiten zu den Grundprinzipien und Zielen der Europäischen Union gehören und gemeinsam die Grundlage für ihre Beziehungen mit Drittstaaten bilden, in der Erwägung, dass die EU handels- und entwicklungspolitische Unterstützung nur unter der Voraussetzung gewährt, dass die Menschenrechte und die Rechte der Minderheiten geachtet werden,
1. verurteilt die brutale Ermordung des Gouverneurs der pakistanischen Provinz Punjab, Salman Taseer, am 4. Januar 2011 auf einem Markt von Islamabad aufs Schärfste; würdigt den Mut und die Charakterstärke, die er mit seinem Engagement für religiöse Toleranz und eine menschenwürdige Behandlung der Wehrlosen und Schwachen trotz des polarisierten politischen Klimas bewiesen hat, und spricht der Familie des Opfers und dem pakistanischen Volk sein Beileid aus;
2. fordert die pakistanische Regierung eindringlich auf, alle Aspekte des Mordes genau zu untersuchen und alle an diesem Verbrechen beteiligten Täter unter strenger Einhaltung der rechtsstaatlichen Grundsätze umgehend vor Gericht zu bringen;
3. weist darauf hin, dass viele Menschenrechtsgruppen kritisieren, dass der mutige Einsatz von Gouverneur Taseer bei führenden Vertretern sowohl der Politik als auch des Militärs in Pakistans keine Unterstützung fand, und bringt angesichts des starken Rückhalts für religiöse Intoleranz und kaltblütigen Mord in der Bevölkerung, der auf den Demonstrationen zutage trat und sich in der öffentlichen Unterstützung für den Täter selbst durch Juristen offenbarte, seine Bestürzung und große Besorgnis zum Ausdruck; appelliert an die pakistanische Regierung, nicht zuzulassen, dass die gemäßigten Stimmen im Land von Extremisten zum Schweigen gebracht werden;
4. ist zutiefst besorgt darüber, dass Teile des Militärs, der Justiz und der politischen Klasse stillschweigend oder sogar ganz unverholen eine Politik der Verharmlosung in Bezug auf politische und religiöse Extremisten unterstützen;
5. hält es für ausgesprochen besorgniserregend, dass es sich bei dem Mörder von Gouverneur Taseer in Islamabad um einen Polizisten aus der persönlichen Schutzeinheit des Gouverneurs handelte; fordert die pakistanische Regierung auf, islamistische Extremisten aus den pakistanischen Sicherheitskräften zu entfernen und dafür zu sorgen, dass die Sicherheitskräfte die Verfassung und den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit respektieren;
6. befürwortet alle Maßnahmen, die von der pakistanischen Regierung im Kampf gegen die Verbreitung extremistischer Gewalt getroffen werden;
7. ist besorgt darüber, dass die pakistanischen Blasphemiegesetzte, die von dem verstorbenen Gouverneur Taseer offen kritisiert wurden, nach wie vor zur Verfolgung religiöser Glaubensgemeinschaften – auch von Christen instrumentalisiert werden, wie im Fall der zum Tode verurteilten fünffachen Mutter Asia Bibi;
8. fordert die pakistanischen Behörden auf, Asia Bibi umgehend freizulassen und mit entsprechenden Maßnahmen für die Sicherheit der Christin und ihrer Familie, die sich verstecken musste, zu sorgen; fordert Präsident Zadari auf, im Fall Asia Bibi nach Abschluss des Verfahrens über das in ihrem Namen eingelegte Rechtsmittel von der Gnadenbefugnis Gebrauch zu machen, die ihm gemäß der Verfassung zusteht;
9. missbilligt es ausdrücklich, dass die beiden größten religiösen politischen Parteien in Pakistan erklärt haben, Salman Taseer habe es wegen seiner Ansichten verdient, getötet zu werden, wodurch die Angst weiter geschürt wurde und sowohl politischer als auch religiöser Terrorismus und entsprechende Verbrechen relativiert wurden;
10. befürchtet, dass es in Pakistan nach Taseers Ermordung zur Einschränkung der Redefreiheit, auch im Internet, kommt, weil religiöse Gelehrte, die der Organisation „Jamaat Ahle Sunnat Pakistan“ nahestehen, offen verkünden, Unterstützer eines Gotteslästerers seien ebenso schuldig wie der Gotteslästerer selbst und Politiker, die Medien und andere sollten ihre Lehren aus dem Exempel ziehen, das mit der Tötung statuiert wurde;
11. begrüßt, dass weite Teile der pakistanischen Presse den Mord verurteilt haben, und nimmt zur Kenntnis, dass die pakistanische Medienaufsicht als Reaktion auf die Inhalte, die im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Fall verbreitet wurden, Maßnahmen gegen einige Fernsehsender ergriffen hat;
12. unterstützt den Aufruf führender pakistanischer Journalisten, zu untersuchen, welche Rolle die Medien als Plattform für Randgruppen vertretende Prediger und andere Extremisten, die Taseer offen bedroht haben, sowie Persönlichkeiten ähnlicher Gesinnung spielen;
13. ist höchst besorgt, dass die Blasphemiegesetze, die in Pakistan zur Todesstrafe führen können und oft als Rechtfertigung von Zensur, Kriminalisierung, Verfolgung und – in bestimmten Fällen – Mord an Angehörigen politischer, rassischer und religiöser Minderheiten dienen, in Pakistan gegen Angehörige aller Glaubensrichtungen missbraucht werden können;
14. fordert die Regierung Pakistans nochmals auf, die Blasphemiegesetze und ihre gegenwärtige Anwendung, einschließlich der obligatorischen Todesstrafe und der lebenslänglichen Gefängnisstrafe, die Artikel 295 C des Strafgesetzbuches für jeden vorschreibt, der wegen Schmähung des Propheten Mohammed für schuldig erklärt wird, eingehend und mit dem Ziel, Änderungen vorzunehmen, zu prüfen;
15. würdigt insbesondere die Bemühungen des Ministers für Angelegenheiten der Minderheiten, Shahbaz Bhatti, der ein Gesetz zur Abschaffung der Todesstrafe für den Tatbestand der Blasphemie vorgelegt hat; geht in jedem Fall davon aus, dass die pakistanische Regierung alles in ihrer Macht Stehende unternimmt, um all jene zu schützen, deren Leben aufgrund ihrer säkularen oder abweichenden Vorstellungen von islamistischen Extremisten bedroht ist, vor allem Anwälte, Richter und Menschenrechtsaktivisten, die sich für Rechtsstaatlichkeit einsetzen;
16. erwartet, dass die pakistanische Regierung alle notwendigen Maßnahmen trifft, um die Sicherheit der Richter in Pakistan zu gewährleisten, sodass diese ohne Angst vor Einschüchterung, Gewalt oder Bedrohung ihren verfassungsmäßigen Pflichten nachkommen können;
17. bewertet die Unterzeichnung der Ratifizierungsurkunden für den Internationalen Pakt der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) und das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter (CAT) durch Pakistan positiv; fordert die pakistanische Regierung auf, die Vorbehalte zu diesen beiden Übereinkommen zurückzuziehen und die Glaubensfreiheit zu gewährleisten, wie sie im Übereinkommen der Vereinten Nationen verankert ist, um den pakistanischen Bürgern und Bürgerinnen den zur freien Ausübung ihres Glaubens notwendigen Schutz zu bieten;
18. fordert die pakistanische Regierung auf, die Menschenrechte von Minderheiten zu garantieren, wie sie in der Verfassung und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte – insbesondere in Artikel 18 dieser Erklärung – niedergelegt sind, wonach jeder „das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit“ hat;
19. unterstützt alle Initiativen, die auf die Förderung des Dialogs und des gegenseitigen Respekts zwischen den Gemeinschaften gerichtet sind; fordert die in Pakistan politisch und religiös Verantwortlichen auf, Toleranz zu fördern und Maßnahmen gegen Hass und extremistische Gewalt zu ergreifen;
20. fordert die pakistanische Regierung eindringlich auf, die vorgeschlagene Bildungsreform umzusetzen und Madrassen einer Aufsicht zu unterstellen sowie Inspektionen zu unterziehen; fordert die pakistanischen Behörden auf, jegliche Propaganda zur Förderung des Hasses, der Propagierung religiöser Überlegenheit und der Verleumdung von Religionen aus den Lehrbüchern zu entfernen, die von der für die nationalen Lehrpläne verantwortlichen Abteilung des Bildungsministeriums genehmigt wurden;
21. fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, die religiöse Toleranz in der Gesellschaft im Dialog mit Pakistan zu thematisieren, da diese Frage von zentraler Bedeutung für den langfristigen Kampf gegen religiösen Extremismus ist;
22. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die finanzielle Unterstützung für Menschenrechtsorganisationen und -aktivisten fortzusetzen und in Umrissen darzustellen, welche praktischen Maßnahmen zur Unterstützung des Engagements der Zivilgesellschaft in Pakistan gegen die Blasphemiegesetze und andere diskriminierende Rechtsvorschriften ergriffen werden können;
23. fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, nachdrücklich darauf zu bestehen, dass die Regierung Pakistans sich an die Demokratie- und Menschenrechtsklausel des Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Islamischen Republik Pakistan hält; fordert die Kommission auf, einen Bericht über die Umsetzung des Kooperationsabkommens und die Demokratie- und Menschenrechtsklausel vorzulegen;
24. fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, die Regierung Pakistans beim Aufbau seines Ministeriums für Menschenrechte und bei der Schaffung einer zweckgemäßen, unabhängigen und maßgebenden nationalen Menschenrechtskommission zu unterstützen;
25. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung und dem Parlament Pakistans zu übermitteln.
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 5. Februar 2009 zu der Weigerung Brasiliens, Cesare Battisti auszuliefern(1),
– unter Hinweis auf seine Empfehlung an den Rat vom 12. März 2009 zu einer strategischen Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Brasilien(2), insbesondere auf Ziffer 1 Buchstabe n, in dem die gegenseitige Anerkennung endgültiger Urteile ausdrücklich genannt ist,
– unter Hinweis auf das Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Föderativen Republik Brasilien,
– unter Hinweis auf den Vertrag über die Europäische Union und die in ihm verankerten Grundsätze betreffend die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit, auf denen die Europäische Union beruht,
– gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass sich die Partnerschaft zwischen der EU und Brasilien auf gegenseitiges Vertrauen und Achtung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte stützt,
B. in der Erwägung, dass die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen sowie die politischen Beziehungen zwischen Brasilien und der EU hervorragend und rege sind und unter anderem auf gemeinsamen Grundsätzen wie der Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit beruhen,
C. in der Erwägung, dass der italienische Staatsangehörige, Cesare Battisti, in sieben Gerichtsverfahren schuldig gesprochen und von den italienischen Gerichten im Rahmen rechtskräftiger Urteile wegen vierfachen Mordes, Mitgliedschaft in einer bewaffneten Vereinigung, Raubes und Waffenbesitzes in Abwesenheit zwei Mal zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt wurde,
D. in der Erwägung, dass Cesare Battisti untergetaucht war, bis er im März 2007 in Brasilien festgenommen wurde,
E. in der Erwägung, dass Cesare Battisti beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen seine Auslieferung an Italien Beschwerde eingelegt hat und dass diese Beschwerde im Dezember 2006 für unzulässig erklärt wurde,
F. in der Erwägung, dass die Bestimmungen und Regeln des Auslieferungsabkommens zwischen Italien und der Föderativen Republik Brasilien von 1989 darauf abzielen, Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen den Behörden der beiden Staaten im Bereich der Auslieferung unter uneingeschränkter Wahrung der in der jeweiligen Rechtsordnung vorgesehenen Garantien festzulegen,
G. in der Erwägung, dass der Oberste Gerichtshof Brasiliens am 18. November 2009 entschieden hat, die Auslieferung von Cesare Battisti zu bewilligen, und den amtierenden Präsidenten der Föderativen Republik Brasilien bevollmächtigte, den Gefangenen gemäß den Regeln des Auslieferungsabkommens zwischen Italien und Brasilien an Italien zu überstellen,
H. in der Erwägung, dass der damals amtierende Präsident am 31. Dezember 2010 beschlossen hat, die Auslieferung von Cesare Battisti abzulehnen,
I. in der Erwägung, dass dieser Beschluss von der italienischen Regierung vor dem Obersten Gerichtshof Brasiliens angefochten wird,
J. in der Erwägung, dass die Rechtsanwälte von Cesare Battisti vor dem Obersten Gerichtshof Brasiliens förmlich die unverzügliche Freilassung beantragt haben,
K. in der Erwägung, dass der Präsident des Obersten Gerichtshofs Brasiliens am 6. Januar 2011 die unverzügliche Freilassung von Cesare Battisti ablehnte und die Rechtssache von Amts wegen wieder aufnahm, die im Februar geprüft wird, wenn der Gerichtshof wieder tätig wird,
1. erkennt an, dass die Achtung der Rechtmäßigkeit und Unabhängigkeit der Justiz, einschließlich einer fairen Behandlung derjenigen, die verurteilt wurden, zu den Grundwerten der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten sowie Brasiliens gehört;
2. weist darauf hin, dass die Partnerschaft zwischen der EU und der Föderativen Republik Brasilien auf dem gegenseitigen Verständnis beruht, dass beide Partner sich der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Grundrechte, einschließlich des Rechts auf Verteidigung und des Rechts auf ein gerechtes und faires Verfahren, verschrieben haben;
3. bringt seine Zuversicht zum Ausdruck, dass die zuständigen staatlichen Stellen Brasiliens im Lichte dieser Erwägungen ihr Recht wahrnehmen – und ihrer Pflicht nachkommen – werden, den neuen Antrag der italienischen Regierung zu bearbeiten, den Beschluss über die Auslieferung von Cesare Battisti zu überprüfen, und auszuloten, wie gewährleistet werden kann, dass das bilaterale Auslieferungsabkommen korrekt ausgelegt wird;
4. fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, einen politischen Dialog mit Brasilien zu führen und zu gewährleisten, dass jede Entscheidung vollständig im Einklang mit den Grundprinzipien der EU steht und den guten Beziehungen mit den Mitgliedstaaten förderlich ist;
5. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der brasilianischen Regierung, dem Präsidenten der Föderativen Republik Brasilien, dem Präsidenten des brasilianischen Kongresses und dem Vorsitzenden der Delegation für die Beziehungen zu den Ländern des Mercosur zu übermitteln.
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Iran, insbesondere jene, die die Frage der Menschenrechte betreffen, und vor allem auf die Entschließungen vom 10. Februar 2010(1) und vom 8. September 2010(2),
– unter Hinweis auf die Erklärung der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navy Pillay, vom 23. November 2010, in der sie sich besorgt über den Fall von Nasrin Sotoudeh äußert und die Auffassung vertritt, dass dieser als Teil eines breit angelegten scharfen Vorgehens gesehen werden müsse und dass die Lage der Menschenrechtsaktivisten in Iran immer schwieriger werde,
– unter Hinweis darauf, dass die Staaten nach der von der Generalversammlung der Vereinten Nationen 1998 einvernehmlich angenommenen Erklärung zu Menschenrechtsaktivisten verpflichtet sind, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die zuständigen Stellen Menschenrechtsaktivisten vor jeder Art von Gewalt, Bedrohung, Vergeltung, tatsächlicher oder rechtlicher Diskriminierung, Druck sowie jeglichen anderen Willkürhandlungen schützen, die eine Folge des rechtmäßigen Engagements dieser Aktivisten für die Menschenrechte sind,
– unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie das Übereinkommen über die Rechte des Kindes, zu deren Vertragsstaaten Iran gehört,
– unter Hinweis auf die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 21. Dezember 2010 zur Lage der Menschenrechte in der Islamischen Republik Iran,
– gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass Nasrin Sotoudeh, eine bekannte iranische Menschenrechtsanwältin, wegen „Aktivitäten gegen die nationale Sicherheit“, „Mitgliedschaft im Zentrum für Menschenrechtsverteidiger“, Nichttragens des Hidschab (islamische Bekleidung) während einer Videobotschaft und „staatsfeindlicher Propaganda“ zu elf Jahren Haft verurteilt wurde, sowie in der Erwägung, dass ferner ein zwanzigjähriges Berufsverbot als Anwältin und ein ebenso langes Ausreiseverbot gegen sie verhängt wurde, die beide nach Verbüßung ihrer Strafe in Kraft treten,
B. in der Erwägung, dass Nasrin Sotoudeh, die zweifache Mutter ist, am 4. September 2010 verhaftet, lange in Einzelhaft gehalten und Berichten zufolge gefoltert wurde und dass sie keinen Kontakt zu ihrer Familie und ihrem Rechtsbeistand haben durfte, sowie in der Erwägung, dass sie nach einem Hungerstreik, in den sie aus Protest gegen ihre Haftbedingungen und gegen die Weigerung, ihr ein ordnungsgemäßes Gerichtsverfahren zu gewähren, getreten war, fast gestorben wäre,
C. in der Erwägung, dass Nasrin Sotoudehs Ehemann, Reza Khandan, am 15. Januar 2011 bei der Polizei vorgeladen, über Nacht festgehalten und dank der Bürgschaft eines Dritten wieder freigelassen wurde und dass er verfolgt wird, weil er sich für seine Frau einsetzt,
D. in der Erwägung, dass Nasrin Sotoudeh die niederländische Staatsangehörige Zahra Bahrami als Rechtsanwältin vertreten hat, die nach den Protesten am Ashura-Tag am 27. Dezember 2009 verhaftet worden war und vor Kurzem zum Tode verurteilt wurde,
E. in der Erwägung, dass die Verurteilung von Nasrin Sotoudeh Bestandteil eines systematischen Vorgehens gegen Menschenrechtsanwälte und –aktivisten in Iran ist, wozu auch die Verurteilung von Shiva Nazar Ahari, der Mitbegründerin der Menschenrechtsorganisation „Committee of Human Rights Reporters“ und bekannten Menschenrechtsaktivistin, am 7. Januar 2011 zu vier Jahren Haft und 74 Peitschenhieben und die Verurteilung von Mohammad Seifzadeh, eines bekannten Rechtsanwalts, am 30. Oktober 2010 zu neun Jahren Haft und einem zehnjährigen Berufsverbot als Anwalt gehören, in der Erwägung, dass der Menschenrechtsanwalt Mohammad Oliyifard eine einjährige Haftstrafe dafür verbüßt, dass er sich für seine Klienten eingesetzt hat, sowie in der Erwägung, dass mit Mohammad Ali Dadkhah, Abdolfattah Soltani und Houtan Kian weitere Menschenrechtsaktivisten in Iran akut von Verfolgung bedroht sind,
F. in der Erwägung, dass mehr als ein Jahr nach den Demonstrationen vom Ashura-Tag im Dezember 2009 Hunderte von iranischen Bürgern, die damals verhaftet wurden, immer noch inhaftiert sind und die Behörden weiterhin das ganze Jahr über Menschen festgenommen haben, insbesondere anlässlich des Tags der Studenten am 7. Dezember 2010, sowie in der Erwägung, dass sich nach Berichten von Amnesty International mehr als 70 Studenten nach wie vor in Haft befinden,
G. in der Erwägung, dass auch Journalisten und Blogger weiterhin belangt werden, wobei derzeit über 30 Journalisten inhaftiert sein sollen, und selbst gefeierten Vertretern der iranischen Kultur wie dem Filmregisseur Dschafar Panahi, der im Dezember 2010 mit einem zwanzigjährigen Berufsverbot als Regisseur belegt und zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde, das Recht auf freie Meinungsäußerung verwehrt wird,
H. in der Erwägung, dass erzwungene Geständnisse, Folter und Misshandlung von Häftlingen, Schlafentzug, Einzelhaft, geheime Inhaftierungen, grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung, körperliche Misshandlung einschließlich sexueller Gewalt sowie Straffreiheit für Vertreter des Staates in Iran nach wie vor weit verbreitet sind, was starke Zweifel an der Fairness und der Transparenz der Rechtspflege in diesem Land weckt,
I. in der Erwägung, dass außergerichtliche Hinrichtungen nicht untersucht werden und stattdessen die trauernden Angehörigen der Opfer von Verhaftung bedroht sind, wie im Fall von Mahdi Ramazani, der im Dezember 2010 am Grab seines Sohnes verhaftet wurde und von dem eine Bürgschaft in maßlos übertriebener Höhe verlangt wird, die er zu leisten außerstande ist,
J. in der Erwägung, dass Iran der internationalen Gemeinschaft zugesichert hat, dass es den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte einhalten wird,
1. fordert die Regierung der Islamischen Republik Iran auf, Nasrin Sotoudeh und alle anderen Gefangenen aus Gewissensgründen unverzüglich und bedingungslos freizulassen, und ist der Auffassung, dass Nasrin Sotoudehs Verurteilung aus politischen Gründen erfolgt ist und darauf abzielt, eine der führenden Menschenrechtsaktivistinnen Irans aus dem Verkehr zu ziehen;
2. verurteilt auf das Schärfste das außergewöhnlich harte Urteil gegen Nasrin Sotoudeh und die Einschüchterungsmaßnahmen gegen ihren Ehemann und spricht ihr für ihren Mut und ihr Engagement seine Hochachtung aus;
3. fordert die Islamische Republik Iran auf, die Normen einzuhalten, die sich aus den Grundprinzipien der Vereinten Nationen betreffend die Rolle der Rechtsanwälte ergeben, in denen es heißt, dass es Rechtsanwälten ermöglicht werden muss, ihre Aufgaben „ohne Einschüchterung, Behinderung, Schikanen oder unstatthafte Beeinflussung“ wahrzunehmen, und in denen Rechtsanwälten die Freiheit der Meinungsäußerung zuerkannt wird, darunter „das Recht, sich an öffentlichen Erörterungen über Angelegenheiten des Rechts, der Rechtspflege und der Förderung und des Schutzes der Menschenrechte zu beteiligen“;
4. bedauert zutiefst, dass die Rechtspflege in Iran von einem Mangel an Fairness und Transparenz gekennzeichnet ist, und fordert die offiziellen Stellen Irans auf, in den Rechtsvorschriften und in der Praxis ordnungsgemäße Gerichtsverfahren zu gewährleisten; fordert den Chef der iranischen Justiz, Ajatollah Sadegh Amoli Laridschani, auf, eine unabhängige Kommission zur Untersuchung der Verfolgung von Menschenrechtsanwälten einzurichten und alle Amtsträger, die an unrechtmäßigen Verfahren beteiligt waren, zur Rechenschaft zu ziehen;
5. fordert die staatlichen Stellen Irans auf, die Straffreiheit von Menschenrechtsverletzern in den Sicherheitskräften zu bekämpfen; wiederholt seine Forderung, eine unabhängige Untersuchung der außergerichtlichen Hinrichtungen, die seit den umstrittenen Präsidentschaftswahlen vom Juni stattgefunden haben sollen, durchzuführen und Personen, die der Gesetzesübertretung beschuldigt werden, vor Gericht zu bringen;
6. fordert die iranische Regierung auf, umfassend mit allen internationalen Menschenrechtsmechanismen zusammenzuarbeiten, die Sondierungen bezüglich einer Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen in den Bereichen Menschenrechte und Justizreform fortzusetzen und die Empfehlungen der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung vollständig umzusetzen;
7. fordert die erneute Schaffung eines Mandats der Vereinten Nationen für einen Sonderberichterstatter für die Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen und die Förderung der Rechenschaftspflicht derjenigen, die im Iran Menschenrechtsverletzungen begehen;
8. fordert die staatlichen Stellen Irans auf, dem Roten Halbmond Zugang zu allen Häftlingen zu gewähren und internationalen Menschenrechtsorganisationen die Beobachtung der Lage im Land zu gestatten;
9. fordert die staatlichen Stellen Irans auf, das Urteil gegen Zahra Bahrami zu überprüfen und ihr ein faires Gerichtsverfahren sowie – aufgrund ihrer niederländischen Staatsangehörigkeit und im Einklang mit den internationalen Normen – Zugang zu den niederländischen Behörden zu gewähren;
10. fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, weitere Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Europäischen Instrument für Demokratie und Menschenrechte zu ersinnen, um die Sicherheit der Menschenrechtsaktivisten in Iran aktiv zu schützen, und bestärkt die Mitgliedstaaten und örtlichen Stellen, Initiativen wie das europäische „Shelter City“-Programm und das internationale Netzwerk „Städte der Zuflucht“ zu unterstützen;
11. fordert, dass die Liste der Personen und Organisationen, für die ein Einreiseverbot in die EU gilt und deren Vermögenswerte eingefroren sind, auf diejenigen iranischen Amtsträger ausgeweitet wird, die für Menschenrechtsverletzungen, Unterdrückung und die Einschränkung der Freiheitsrechte in Iran verantwortlich sind;
12. fordert die Vertreter der EU und die Vizepräsidentin der Kommission / Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, die Menschenrechtsgespräche mit der Islamischen Republik Iran wiederaufzunehmen;
13. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Irans sowie der Regierung und dem Parlament der Islamischen Republik Iran zu übermitteln.