Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. Mai 2011 zu der Entwicklung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon (2010/2299(INI))
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf Titel V des Vertrags über die Europäische Union und auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen,
– in Kenntnis der europäischen Sicherheitsstrategie mit dem Titel „Ein sicheres Europa in einer besseren Welt“, die vom Europäischen Rat am 12. Dezember 2003 angenommen wurde, und des Berichts über ihre Umsetzung mit dem Titel „Sicherheit schaffen in einer Welt im Wandel“, der vom Europäischen Rat am 11. und 12. Dezember 2008 gebilligt wurde,
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ (Verteidigung) zur GSVP, die am 9. Dezember 2010 und am 31. Januar 2011 angenommen wurden,
– unter Hinweis auf das Ergebnis des Gipfeltreffens zwischen dem Vereinigten Königreich und Frankreich über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit und Verteidigung am 2. November 2010,
– unter Hinweis auf die Strategie der inneren Sicherheit der Europäischen Union, die vom Europäischen Rat am 25. und 26. März 2010 gebilligt wurde,
– in Kenntnis des Beschlusses des Rates vom 26. Juli 2010 über die Organisation und die Arbeitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes(1),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. November 2010 über die Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen Akteuren und die Entwicklung zivil-militärischer Fähigkeiten(2),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. März 2010 zu der Umsetzung der Europäischen Sicherheitsstrategie und der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik(3),
– gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A7-0166/2011),
Sicherheit und Außenpolitik
1. weist darauf hin, dass die Weltordnung aufgrund der Machtverlagerung zugunsten aufstrebender internationaler Akteure und der zunehmenden gegenseitigen Abhängigkeit in Bezug auf wirtschaftliche und finanzielle Probleme, die Umweltzerstörung und den Klimawandel, die Energie- und Ressourcenknappheit sowie ineinandergreifende sicherheitspolitische Herausforderungen raschen und tiefgreifenden Veränderungen unterworfen ist;
2. erkennt an, dass die Europäische Union in dem sich rasch wandelnden globalen Kontext und vor dem Hintergrund der Wirtschafts- und Finanzkrise ihre strategische Eigenständigkeit verstärken muss, um ihre Werte zu verteidigen, ihre Interessen zu vertreten und ihre Bürger zu schützen, indem sie ein gemeinsames Konzept für die größten Herausforderungen und Bedrohungen entwickelt, ihre Fähigkeiten und Ressourcen in geeigneter Weise anpasst, um auf sie zu reagieren, und somit u. a. durch einen wirksamen Multilateralismus zur Erhaltung des internationalen Friedens und der globalen Sicherheit beiträgt;
3. ist der Ansicht, dass die Verstärkung der strategischen Eigenständigkeit der Europäischen Union in Sicherheitsfragen ihre Fähigkeit erfordert, sich auf gemeinsame politische Ziele und strategische Leitlinien zu einigen, strategische Partnerschaften mit einschlägigen internationalen Organisationen einschließlich der NATO und Staaten aufzubauen, geeignete Informationen zu sammeln und gemeinsame Analysen und Bewertungen zu erstellen, finanzielle, zivile und militärische Ressourcen zu nutzen und gegebenenfalls zu bündeln, im Rahmen des erweiterten Spektrums der Petersberg-Aufgaben wirksame Krisenbewältigungseinsätze zu planen und durchzuführen und eine gemeinsame Verteidigungspolitik zu definieren und umzusetzen, die erste konkrete Grundlagen schafft, auf denen eine gemeinsame Verteidigung aufgebaut werden kann;
4. betont, dass die durch den Vertrag von Lissabon eingeführten neuen Bestimmungen über die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) fester politischer Ausdruck der Absicht der Union sind, als stabilisierende Kraft in der Welt zu wirken, und einen klaren Rechtsrahmen für die Verstärkung ihrer Fähigkeiten zur Verfolgung ihrer Außen- und Sicherheitspolitik mit einem umfassenden Ansatz darstellen, gemäß dem alle der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehenden Instrumente eingesetzt werden können, um Krisen und Konflikte zu verhüten oder zu bewältigen und dauerhaften Frieden zu schaffen;
5. weist insbesondere darauf hin:
a)
dass die GASP und die GSVP, die ein fester Bestandteil der GASP ist, in dem rechtsverbindlichen institutionellen Rahmen der Grundsätze der EU (Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Achtung der Menschenwürde, Grundsatz der Gleichheit und Grundsatz der Solidarität sowie Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und der Grundsätze des Völkerrechts, einschließlich der Schutzverantwortung) verankert wurden und dass ihre Ziele mit den allgemeinen Zielen des auswärtigen Handelns der EU verschmolzen wurden;
b)
dass die EU bei der Gestaltung ihrer Außen- und Sicherheitspolitik auf die Konsistenz und Kohärenz zwischen den einzelnen Bereichen ihres auswärtigen Handelns sowie zwischen externen und internen Politikbereichen achten muss; stellt fest, dass der HV/VP in diesem Bereich eine besondere Verantwortung zukommt;
c)
dass die HV/VP in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die GASP gestaltet, GSVP-Beschlüsse, Missionen und den Rückgriff auf nationale Mittel sowie EU-Instrumente gemeinsam mit der Kommission vorschlägt und gegebenenfalls deren zivile und militärische Aspekte koordiniert, den Vorsitz im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ führt, gleichzeitig Vizepräsidentin der Kommission ist und in dieser Eigenschaft sowohl für die Außenbeziehungen der Kommission als auch für die Koordinierung und die Kohärenz des auswärtigen Handelns der EU insgesamt zuständig ist;
d)
dass die HV/VP in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik ein Vorschlagsrecht gegenüber dem Rat hat, entweder auf Eigeninitiative oder auf Ersuchen des Europäischen Rates und unter der Gesamtleitung des Europäischen Rates, wobei der Rat in diesem Fall mit qualifizierter Mehrheit beschließt;
6. unterstreicht, dass die Kohärenzverpflichtung gemäß dem Vertrag, der neue Wortlaut von Artikel 40 EUV (wonach die Durchführung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und der anderen EU-Politikbereiche die Anwendung der jeweiligen Verfahren unberührt lässt) und die jüngste Rechtsprechung des EuGH (siehe die Rechtssache betreffend „leichte Waffen und Kleinwaffen“ (SALW)) sowohl das Primat der Gemeinschaftsmethode und die Besonderheiten und Vorrechte der GASP schützen, während gleichzeitig die Zusammenführung verschiedener Politikbereiche, Instrumente, Ressourcen und Rechtsgrundlagen in einem ganzheitlichen und umfassenden Ansatz gefördert wird, gemäß dem der Beitrag zu Frieden und Sicherheit in der Welt zu einem bereichsübergreifenden Ziel des außen- und innenpolitischen Handelns der EU wird, zu dessen Instrumenten u. a. die GSVP gehört; weist darauf hin, dass militärische Mittel auch im Fall von Naturkatastrophen und durch den Menschen verursachten Katastrophen eingesetzt werden können, wie sich in der Praxis bei der Koordinierung der militärischen Fähigkeiten durch den Militärstab der EU zur Unterstützung der humanitären Katastrophenhilfe unter ziviler Leitung im Einklang mit den anwendbaren Leitlinien der Vereinten Nationen für den Einsatz von Militär- und Zivilschutzmitteln bei der internationalen Katastrophenhilfe (Osloer Leitlinien) und infolge des Ersuchens der Kommission während der Überschwemmungen in Pakistan im Jahr 2010 zeigte;
7. ist daher besorgt darüber, dass mehr als ein Jahr nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon noch immer keine klaren Anzeichen für einen umfassenden Ansatz der EU für die Zeit nach Lissabon erkennbar sind, durch den traditionelle verfahrenstechnische und institutionelle Hindernisse überwunden werden können, während gleichzeitig die jeweiligen rechtlichen Vorrechte gewahrt bleiben, wenn die Sicherheit der europäischen Bürger auf dem Spiel steht;
8. ist davon überzeugt, dass für eine glaubwürdige Politik der äußeren Sicherheit eine stärkere Interdependenz zwischen den Mitgliedstaaten, ein besserer innerer Zusammenhalt sowie gegenseitiges Vertrauen und Solidarität erforderlich sind, wie sie im Bereich der inneren Sicherheit über die Schengen-Zusammenarbeit erzielt worden ist (bei der die Schengen-Staaten durch den Schutz ihrer eigenen Grenzen auch die Grenzen der anderen Mitgliedstaaten schützen, die einzelstaatlichen Regeln eine kontinentale Tragweite haben und Aufgaben, die mit dem Schutz der nationalen Sicherheit in Verbindung stehen, auch auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Staates oder in gemeinsamen Teams durchgeführt werden können, die unter Einhaltung der europäischen Normen tätig werden);
9. bedauert die mangelnde Bereitschaft der EU-Mitgliedstaaten, einen gemeinsamen Standpunkt zur Krise in Libyen, zur Resolution 1973 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und dazu, mit welchen Mitteln sie umzusetzen ist, festzulegen; ist tief beunruhigt über die Gefahr, dass Ad-hoc-Koalitionen der Willigen oder bilaterale Kooperationen als gangbarer Ersatz für die GSVP in Betracht gezogen werden, da kein europäischer Staat in der Lage ist, ein bedeutender Akteur im Bereich Sicherheit und Verteidigung in der Welt des 21. Jahrhunderts zu sein; weist darauf hin, dass der Vertrag von Lissabon die Möglichkeit vorsieht, dass die Durchführung einer Krisenbewältigungsoperation einer Gruppe von Mitgliedstaaten übertragen werden kann, jedoch lediglich im Rahmen eines Beschlusses des Rates, mit dem Ziel und Umfang und die für sie geltenden Durchführungsbestimmungen festgelegt werden, sowie in Absprache mit der HV/VP; besteht darauf, dass eine gemeinsame Antwort auf die Entwicklungen in Libyen von wesentlicher Bedeutung ist, um ein glaubwürdiges neues Konzept für die EU-Politik gegenüber ihren südlichen Nachbarstaaten zu formulieren, bekräftigt, dass das mit der Resolution 1973(2011) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen erteilte Mandat, die libysche Zivilbevölkerung zu schützen, nicht durch den unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt überschritten werden sollte; fordert die VP/HV auf, konkrete Maßnahmen zur Gewährleistung eines raschen Waffenstillstands zu ergreifen, um das Blutbad und das Leiden des libyschen Volkes zu beenden; fordert die VP/HV auf, eine starke und direkte Rolle bei der Förderung politischer Initiativen in dieser Richtung zu spielen; hält es für wichtig, eng mit dem nationalen Interimsrat für die Übergangszeit, der Afrikanischen Union und der Arabischen Liga zusammenzuarbeiten, um den Weg für politische und diplomatische Lösungen für den derzeitigen militärischen Konflikt zu ebnen, die auch das Ziel beinhalten, den Rücktritt der Regierung Gaddafi sicherzustellen; betont, dass die Ausarbeitung einer Strategie für die Sahel-Zone und das Horn von Afrika eine weitere konkrete Gelegenheit darstellt, die Fähigkeit der EU unter Beweis zu stellen, sich Herausforderungen im Bereich Sicherheit und Entwicklung stellen zu können;
10. fordert den Europäischen Rat auf, seine Aufgabe, die strategischen Interessen und politischen Ziele der EU festzulegen, zu erfüllen, indem er eine europäische außenpolitische Strategie ausarbeitet, die den internationalen Entwicklungen gerecht wird, auf einer wirklichen Konvergenz der verschiedenen Dimensionen des auswärtigen Handelns der EU beruht und regelmäßig überprüft wird; fordert die HV/VP und den Rat auf, auf dem Konzept der menschlichen Sicherheit aufzubauen und es zu den tragenden Säulen der Strategie für die europäische Außenpolitik zu machen und es in konkrete politische Leitlinien umzusetzen;
11. fordert den Europäischen Rat und seinen Präsidenten dazu auf, diese Aufgabe auf der Grundlage eines politischen Dialogs mit dem Europäischen Parlament in Angriff zu nehmen und dessen Empfehlungen zu erörtern; ist der Auffassung, dass dieser Dialog in Anbetracht der neuen Bestimmungen des Vertrags und angesichts der Notwendigkeit, die europäische außenpolitische Strategie ausgehend von einem effektiven umfassenden Ansatz zu definieren und umzusetzen, erforderlich ist; regt an, dass dieser Dialog regelmäßig stattfindet und dass die erzielten Fortschritte und die Aussichten im Mittelpunkt stehen;
12. weist darauf hin, dass die Rolle des Europäischen Parlaments als das Organ, das die EU-Bürger direkt vertritt, das Parlament zu einer wesentlichen Quelle demokratischer Legitimierung für die GASP/GSVP macht und dadurch das Recht des Parlaments auf gebührende Berücksichtigung seiner Stellungnahmen und Empfehlungen unabdingbar wird;
13. erinnert zudem daran, dass die HV/VP gemäß dem Vertrag einem Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments unterliegt und dass das Parlament an der Beschlussfassung über die Haushaltsmittel für das auswärtige Handeln der EU einschließlich der zivilen Missionen der GASP und der GSVP und der Verwaltungsausgaben, die sich aus der Koordinierung militärischer Operationen der EU ergeben, beteiligt ist und dass seine Zustimmung von wesentlicher Bedeutung ist, um die Strategien der EU in Rechtsvorschriften umzusetzen und um internationale Übereinkünfte zu schließen, einschließlich solcher, die überwiegend die GASP betreffen, wobei die Übereinkünfte, die ausschließlich die GASP betreffen, die einzige Ausnahme bilden;
14. wünscht, dass die Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten der EU bei der Ausübung der demokratischen Kontrolle der GASP und der GSVP intensiviert wird, um bei gleichzeitiger voller Achtung der bestehenden Vorrechte der nationalen Parlamente im Bereich der Verteidigungspolitik ihren jeweiligen Einfluss auf die von den anderen Organen der EU und den Mitgliedstaaten getroffenen politischen Entscheidungen gegenseitig zu verstärken; bedauert, dass auf der Konferenz der Parlamentspräsidenten der EU am 4./5. April 2011 keine Einigkeit über die Merkmale einer interparlamentarischen Konferenz über die GASP/GSVP erzielt worden ist, und sieht einer Einigung mit den nationalen Parlamenten über neue Formen der interparlamentarischen Zusammenarbeit in diesem Bereich erwartungsvoll entgegen; weist darauf hin, dass in Artikel 9 des Protokolls Nr. 1 zum Vertrag von Lissabon betreffend die Rolle der nationalen Parlamente klar vorgesehen ist, dass das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente gemeinsam festlegen, wie eine effiziente und regelmäßige interparlamentarische Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten innerhalb der Union gestaltet und gefördert werden kann;
15. unterstreicht die Rolle, die der Kommission gemäß den Verträgen bei der Umsetzung der Politik und der Maßnahmen im Zusammenhang mit den anderen Dimensionen des auswärtigen Handelns der EU, bei den Vorschlägen für Gesetzesinitiativen, bei der Ausführung des Haushaltsplans, bei der Verwaltung der Gemeinschaftsprogramme und bei der Organisation der Vertretung der EU nach außen mit Ausnahme der GASP übertragen wird; fordert den Rat, die Kommission und das Parlament auf, ihre Zusammenarbeit zu verstärken, um unter Achtung der jeweiligen Vorrechte die Kohärenz zwischen den verschiedenen Bereichen des auswärtigen Handelns der EU und eine wirkungsvollere Nutzung der Instrumente der GSVP sicherzustellen;
16. hebt hervor, dass die Befugnisse und Zuständigkeiten der HV/VP nicht nur eine „Doppelfunktion“ beinhalten, sondern auch eine Verschmelzung von Funktionen und Legitimationsquellen, die sie ins Zentrum des Prozesses einer Kohärenzbildung zwischen den verschiedenen Instrumenten, Handlungsträgern und Verfahren des auswärtigen Handelns der EU rücken; fordert die HV/VP dazu auf, ihre Rolle auf dynamische Weise auszulegen, indem sie sich im Rahmen eines konstruktiven Dialogs mit dem Parlament für die doppelte Kraftanstrengung einsetzt, die Herstellung eines politischen Konsenses zwischen den Mitgliedstaaten zu den strategischen Ausrichtungen und den politischen Optionen für die GASP und GSVP aktiv zu fördern und die Kohärenz, die effektive Abstimmung und die umfassende Nutzung aller potenziellen Synergien zwischen der GASP/GSVP und den anderen Bereichen des auswärtigen Handelns der EU sowie ihren innenpolitischen Maßnahmen, die Auswirkungen auf die Außenpolitik haben, sicherzustellen;
17. ist der Auffassung, dass der EAD für die Schaffung eines wirklich umfassenden Ansatzes, der auf einer vollständigen Integration der GSVP, der GASP und der anderen Bereiche des auswärtigen Handelns der EU beruht, insbesondere der Politikbereiche Entwicklungszusammenarbeit, Handel und Energiesicherheit, eine Schlüsselrolle spielt; ist erfreut über den Ausgang der Verhandlungen, die zur Einrichtung des EAD geführt haben, mit dem eine Struktur geschaffen wurde, die den Organen der EU und den verschiedenen Dimensionen ihres auswärtigen Handelns dient, und durch die dem EAD eine große Bandbreite von Befugnissen und Zuständigkeiten übertragen wurde, wobei gleichzeitig eine stabile Verbindung zur Kommission hergestellt und dabei die vollständige Achtung ihrer Vorrechte sichergestellt wurde, und hofft, dass durch die Übertragung der Aufgabe der strategischen Planung der wichtigsten Finanzierungsinstrumente für das auswärtige Handeln der EU auf den EAD eine effektive Kohärenz bei ihrer Anwendung im Rahmen der Prinzipien und Ziele der Union erreicht wird;
18. bekräftigt seine Auffassung, dass für eine bessere Koordinierung und stärkere Synergien zwischen den zivilen und militärischen Strukturen und Fähigkeiten zur Krisenbewältigung im Rahmen des umfassenden Ansatzes gesorgt werden muss, ohne gleichzeitig die Unterscheidung zwischen den zivilen und militärischen Rollen und den unterschiedlichen Entscheidungsverfahren und Befehlsketten aufzugeben;
19. bedauert, dass in dem provisorischen Organigramm des EAD nicht alle bestehenden Einheiten dargestellt sind, die sich gemäß der Vereinbarung von Madrid in den GSVP-Strukturen mit der Planung und der Programmplanung der Krisenreaktion, der Konfliktverhütung und der Friedenskonsolidierung beschäftigen; fordert in diesem Zusammenhang erstens die Durchführung regelmäßiger Sitzungen eines Gremiums für Krisenbewältigung, bestehend aus der CMPD, dem CCPC, dem EUMS, dem SITCEN, den Einheiten für Friedenssicherung, Konfliktverhütung, Vermittlung und Sicherheitspolitik, dem Vorsitz des PSK, den betreffenden geografischen Ressorts und anderen thematischen Ressorts, die der HV/VP und dem geschäftsführenden Generalsekretär unterstehen, von Fall zu Fall unter Beteiligung der Strukturen des Kommissionsdienstes für humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz und innere Sicherheit, wobei diese Sitzungen vom geschäftsführenden Direktor für Krisenreaktion koordiniert würden; fordert die HV/VP und die Kommission dazu auf, dieses Gremium mit einem effizienten Warn- und Notfallsystem und mit einem großen gemeinsamen Kommandoraum im EAD auszustatten, durch den an sieben Tagen in der Woche eine Überwachung rund um die Uhr ermöglicht wird und durch den somit die derzeitigen Überschneidungen operativer Strukturen vermieden werden können, die sich kaum mit der Notwendigkeit vereinbaren lassen, ein angemessenes System zur Überwachung und schnellen Reaktion auf Krisen zu bieten; ist der Auffassung, dass eine regelmäßige Koordinierung und ein regelmäßiger Austausch zwischen diesem System und dem Europäischen Katastrophenschutzzentrum gewährleistet werden sollte, welches derzeit von der Kommission aufgebaut wird, um angemessene Synergien zu garantieren, wobei die jeweiligen Zuständigkeiten respektiert werden; fordert zweitens eine ständige Arbeitsstruktur unter Einbeziehung der oben genannten Akteure, die über die akute Krisenbewältigung hinausgeht, um gemeinsame Konzepte für Bereiche wie Rechtsstaatlichkeit und Reform des Sicherheitssektors zu entwickeln; fordert drittens eine Halbzeitüberprüfung der derzeitigen Regelungen im Hinblick auf die Einrichtung einer wirklich integrierten strategischen Planung und Konzeptentwicklung im Bereich Krisenbewältigung und Friedenssicherung für den EAD;
20. ist der Ansicht, dass das Gremium für Krisenbewältigung dem EAD eine einheitliche Eventualfallplanung im Hinblick auf potentielle Krisenherde und -szenarien bereitstellen und auch eine Krisenplattform für das konkrete Krisenreaktionsmanagement bieten sollte, mit Aktivitäten sowohl in Brüssel als auch vor Ort zur Koordinierung des Einsatzes der verschiedenen Finanzierungsinstrumente und der der EU zur Verfügung stehenden Fähigkeiten, ohne dass die spezifischen Entscheidungsverfahren und Rechtsgrundlagen, die sich jeweils auf den Einsatz ziviler und militärischer Fähigkeiten im Bereich der GASP/GSVP oder auf die Nutzung der Gemeinschaftsinstrumente beziehen, beeinträchtigt werden;
21. betont die Notwendigkeit, die Strukturen, Abteilungen und Referate für zivile und militärische Krisenreaktion innerhalb des EAD und der Kommission zu stärken und rationeller zu verteilen und zu organisieren:
a)
fordert die Verstärkung des für die Einsatzplanung der zivilen Missionen zuständigen Referats der CPCC;
b)
wiederholt seine Forderung, den Dienst für außenpolitische Instrumente (FPIS), der die Krisenreaktionsmaßnahmen gemäß Artikel 3 des Instruments für Stabilität plant und programmiert, in die Strukturen des EAD für die Krisenbewältigung und die Friedenssicherung zu integrieren und im Einzelnen die ehemaligen Relex/A2-Stellen, die in das Referat 2 der neuen außenpolitischen Instrumente eingegliedert wurden (12 AD-Stellen und 5 AST-Stellen), in den EAD zu verlagern; weist darauf hin, dass diese Verlagerung die Bedingung für die Rücknahme des Vorbehalts zu der entsprechenden Haushaltslinie der Kommission ist;
c)
unterstützt die Einrichtung eines gemeinsamen Dienstleistungszentrums für die Verwaltung der GSVP-Missionen, d. h. eines interinstitutionellen Büros, welches sich aus dem Referat 3 „GASP-Einsätze des außenpolitischen Instruments“ der Kommission (ehemals Relex/A3) und dem Referat „Missionsunterstützung“ des CPCC zusammensetzt; stellt fest, dass die neue Dienststelle, indem sie sich mit Personal-, Logistik-, Beschaffungs- und Finanzfragen der zivilen GSVP-Missionen befasst und die Missionsleiter von einem Teil ihrer Verwaltungsaufgaben befreit, eine höhere Effizienz gewährleisten würde, indem die administrativen Aufgaben – angefangen bei der Auswahl und Rekrutierung des Personals – zusammengelegt und die Beschaffung und die Verwaltung der Ausrüstung zentralisiert würden;
22. bedauert die dürftigen Ergebnisse, zu denen der Prozess des „Zivilen Planziels 2010“ bezüglich der zivilen Fähigkeiten geführt hat, insbesondere die Diskrepanz zwischen dem Personalumfang, den die Mitgliedstaaten „auf dem Papier“ zur Verfügung gestellt haben, und dem, der tatsächlich für Missionen zur Verfügung steht, und die bescheidenen Fortschritte bei der Schulung des Personals (fehlende gemeinsame Normen, geringe Zahl hochgeladener Bildungsprogramme im Programm für Schulungsmöglichkeiten im Rahmen der Goalkeeper-Softwareumgebung „Schoolmaster“); fordert die HV/VP, den Rat und die Mitgliedstaaten dazu auf, den Prozess der Entwicklung ziviler Fähigkeiten koordiniert neu auf den Weg zu bringen, insbesondere in den Bereichen Rekrutierung, Geschlechterausgewogenheit, Schulung und Einsatz; betont insbesondere, dass es wichtig ist, weiter auf den beiden zivilen Planzielen aufzubauen, die die EU bislang verfolgt hat, um diesen gewaltigen Herausforderungen zu begegnen; fordert die Einrichtung eines Gemeinschaftsmechanismus für die Verstärkung der zivilen Fähigkeiten, insbesondere Schulung und Verstärkung des zivilen Teils des Europäisches Sicherheits- und Verteidigungskollegs;
Sicherheit und Verteidigung
23. bekräftigt, dass glaubhafte, zuverlässige und verfügbare militärische Fähigkeiten eine unverzichtbare Grundvoraussetzung für eine eigenständige GSVP und für einen umfassenden Ansatz sind und dass die Mitgliedstaaten sie zur Verfügung stellen müssen; betont ferner, dass diese militärischen Fähigkeiten für verschiedene Zwecke, auch für zivile Zwecke, zum Einsatz kommen können, wobei die Grundsätze einzuhalten sind, auf denen das Vorgehen der EU auf internationaler Ebene gründet, und die Autonomie der Rechtsordnung der EU zu berücksichtigen ist;
24. bedauert den scharfen Kontrast zwischen den 200 Mrd. EUR, die die Mitgliedstaaten jedes Jahr für Verteidigung ausgeben, dem Mangel an Mitteln, die der EU zur Verfügung stehen, und den sich unerträglich in die Länge ziehenden Truppengestellungskonferenzen für militärische Einsätze der EU zu einer Zeit, da überschüssige Fähigkeiten und Humanressourcen zur Verfügung stehen; bedauert die Tatsache, dass die Methode des Truppengestellungsprozesses in mehr als zwölf Jahren keine faktischen Verbesserungen in Bezug auf die Quantität und Qualität der militärischen Fähigkeiten, die für GSVP-Missionen zur Verfügung stehen, erbracht hat; betont, dass die Verbesserungen der militärischen Fähigkeiten regelmäßig bewertet werden müssen; weist darauf hin, dass die steigende Nachfrage aus dem Ausland und die Ressourcen, die die Mitgliedstaaten der Union zur Verfügung stellen, zunehmend auseinanderklaffen;
25. stellt mit Besorgnis fest, dass die aktuellen wirtschaftlichen Sparmaßnahmen zu Einschnitten, die nicht auf EU-Ebene abgestimmt wurden, sowie zu anhaltenden Überschneidungen führen könnten, durch die die GSVP selbst in Frage gestellt werden könnte, obwohl die Mitgliedstaaten letztlich doch dazu veranlasst werden sollten, intelligenter in die Verteidigung zu investieren, indem ein größerer Anteil ihrer Verteidigungsfähigkeiten, ihrer Haushaltsmittel und ihrer Anforderungen gebündelt und allen Beteiligten zur Verfügung gestellt wird und die Bürger gleichzeitig besser geschützt werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, größere Transparenz in Bezug auf ihre jeweiligen Verteidigungshaushalte herzustellen;
26. weist darauf hin, dass die GASP und die GSVP auch zur Abrüstung und Nichtverbreitung von Waffen – angefangen bei Kleinwaffen und leichten Waffen (SALW) bis hin zu nuklearen Sprengköpfen und ballistischen Flugkörpern – führen sollten; fordert die HV/VP eindringlich auf, dieser Politik durch Förderung einer neuen Reihe von vorausschauenden Maßnahmen betreffend Landminen, Streumunition, Munition mit abgereichertem Uran, Kleinwaffen und leichten Waffen, biologische, chemische und nukleare Massenvernichtungswaffen und ihre Trägersysteme Priorität einzuräumen; fordert die HV/VP mit Nachdruck auf, dem Europäischen Parlament jährlich über die Umsetzung der Überprüfungskonferenz 2010 zum Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen und deren Aktionsplan über Abrüstung und Nichtverbreitung Bericht zu erstatten;
27. bedauert die weitverbreitete Überschneidung von Verteidigungsprogrammen in der Union, wie z. B. bei den mehr als 20 Programmen für gepanzerte Fahrzeuge, den sechs verschiedenen Programmen für Jagd-U-Boote, den fünf Programmen für Boden-Luft-Raketen und den drei Programmen für Kampfflugzeuge, wodurch sich keine Größenvorteile erzielen lassen, begrenzte wirtschaftliche Ressourcen verschwendet und überhöhte Preise für europäische Verteidigungsgüter verlangt werden, ferner eine anhaltende Fragmentierung der verteidigungstechnologischen und -industriellen Basis Europas (EDTIB) entsteht, die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Sicherheitsindustrie in Europa beeinträchtigt wird und in dieser Hinsicht direkt die technologische Führungsrolle und Arbeitsplätze gefährdet werden;
28. bekräftigt, dass es für alle oben genannten Aspekte einer klaren und langfristigen gemeinsamen politischen Entschlossenheit bedarf, die alle Möglichkeiten, die der Vertrag von Lissabon bietet, voll ausschöpft, und dass eine gemeinsame Verteidigungspolitik, die schrittweise zu einer gemeinsamen Verteidigung führen soll, darauf ausgerichtet sein muss, die Fähigkeit der EU zu stärken, auf Krisen zu reagieren und langfristig den Frieden zu sichern, und vor allem, die strategische Eigenständigkeit und Handlungsfähigkeit Europas zu verbessern; fordert eine außerordentliche Tagung des Europäischen Rates zur europäischen Sicherheit und Verteidigung; fordert erneut die Ausarbeitung eines Weißbuches über die europäische Sicherheit und Verteidigung im Rahmen eines Prozesses, in den alle einschlägigen EU-Interessenvertreter eingebunden werden, und auf der Grundlage nationaler Überprüfungen im Bereich Sicherheit und Verteidigung in allen Mitgliedstaaten, die sich an einer gemeinsamen Vorlage orientieren und eine direkte Vergleichbarkeit von Stärken und Schwächen der derzeitigen Fähigkeiten und Planungsansätze ermöglichen;
29. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Europäische Verteidigungsagentur als die Fachagentur der EU zu unterstützen, die die Aufgabe hat, Verteidigungsfähigkeiten im Bereich der Krisenbewältigung festzustellen und zu entwickeln sowie die europäische Zusammenarbeit im Rüstungssektor zu fördern und zu verbessern;
30. nimmt zur Kenntnis, dass die Vereinbarung zwischen Frankreich und Großbritannien vom 2. November 2010 über die Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit und Verteidigung in der Tat außerhalb des Rahmens des Vertrags über die Europäische Union auf den Weg gebracht wurde; hofft nichtsdestoweniger, dass dieser jüngste Versuch einer Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Großbritannien als Katalysator für weitere Fortschritte auf europäischer Ebene im Einklang mit dem institutionellen Rahmen der Union und dem logischen Bedarf an Rationalisierung, Interoperabilität und Kosteneffizienz wirken kann; betont, dass die Europäische Verteidigungsagentur in diesem Zusammenhang eine unterstützende Rolle spielen sollte; ist der Auffassung, dass die derzeitige Verteidigungszusammenarbeit zwischen Frankreich und Großbritannien einen Fahrplan für eine wirksamere europäische Verteidigungszusammenarbeit, die auf Fähigkeitenplanung und gegenseitiger Abhängigkeit basiert, bieten sollte; fordert die Regierung Frankreichs und des Vereinigten Königreichs auf, sich zu künftigen europäischen multilateralen Vereinbarungen über die Bündelung und gemeinsame Nutzung zu bekennen;
31. betont, dass die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit, wie sie im Vertrag verankert ist, rechtliche Garantien und Verpflichtungen vorsieht und auch ein Instrument zur Förderung des besseren Einsatzes der GSVP-Mittel in Zeiten wirtschaftlicher Sparmaßnahmen und zur Überwindung eines mangelnden Konsenses unter den Mitgliedstaaten darstellt; fordert den Rat und die Mitgliedstaaten auf, Ziel und Inhalt dieser Zusammenarbeit unter Einbeziehung aller Mitgliedstaaten, die den politischen Willen und die militärischen Fähigkeiten besitzen, unverzüglich festzulegen;
32. hält es für notwendig, die Rolle der Verteidigungsminister im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ zu stärken;
33. weist darauf hin, dass die Beistandsklausel eine rechtliche Verpflichtung zu einer wirksamen Solidarität im Falle eines Angriffs von außen auf eines der Mitgliedstaaten der EU darstellt, wobei dies nicht im Widerspruch zu der Rolle der NATO in der europäischen Sicherheitsarchitektur steht und gleichzeitig die Neutralität einiger EU-Mitgliedstaaten gewahrt bleibt; empfiehlt daher, die tatsächlichen Auswirkungen der Beistandsklausel ernsthaft zu überdenken und die ungelösten Probleme der Durchführungsbestimmungen, die aus dem Entwurf des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union entfernt wurden, in Angriff zu nehmen; fordert die Ausarbeitung politischer Leitlinien, insbesondere angesichts der vor kurzem beschlossenen Auflösung des geänderten Brüsseler Vertrags (WEU-Vertrag);
34. erkennt an, dass im Rahmen der Entwicklung der GSVP nach politischen und institutionellen Errungenschaften nun die Zeit für konkrete Errungenschaften im Bereich der militärischen Fähigkeiten gekommen ist; weist darauf hin, dass die Bestimmungen, die mit dem Vertrag von Lissabon eingeführt wurden, ein großes Potenzial bieten, um die Entwicklung dieser Fähigkeiten zu fördern und nach und nach einen Rahmen für die Verteidigungspolitik der EU festzulegen, und betont, dass diese Fähigkeiten dringend effizient eingesetzt werden müssen;
35. empfiehlt, dass sich die Mitgliedstaaten voll und ganz für die Bereitstellung und die Nachhaltigkeit militärischer Fähigkeiten im Einklang mit dem Trend, den Schwerpunkt zunehmend auf qualitative Aspekte zu legen, einsetzen; befürwortet die Forderungen des informellen Treffens der Verteidigungsminister in Gent, des deutsch-schwedischen Diskussionspapiers und der Weimarer Initiative und fordert dazu auf, im Einklang mit den Schlussfolgerungen der Tagung des Rats vom Dezember 2010, bei der sich die Verteidigungsminister darauf verständigten, dass die Europäische Verteidigungsagentur ihre Bemühungen zur Vereinfachung der Festlegung von Bereichen für die Bündelung und gemeinsame Nutzung militärischer Fähigkeiten intensivieren sollte, unter anderem durch die Unterstützung eines Teams erfahrener Experten, unverzüglich zur operativen Phase überzugehen; betont, dass dieser neue Ansatz für die Entwicklung von Fähigkeiten erfolgreich verwirklicht werden muss; fordert die Mitgliedstaaten auf, die auf der Tagung des Rates vom Dezember 2010 festgelegte Frist einzuhalten; weist darauf hin, dass die Führungsstäbe der EU-Streitkräfte damit beauftragt wurden, ihre Fähigkeiten bis Mai 2011 zu überprüfen, dass der Militärstab der EU beauftragt wurde, diese Daten für die Erstellung eines Überblicks bis Mitte 2011 zu nutzen, und dass die Verteidigungsminister der EU bis zum Ende dieses Jahres endgültige Schlussfolgerungen ziehen werden; fordert die Agentur auf, diese neue Initiative zu ihrer Priorität zu machen und mögliche neue Kooperationsprojekte aufzulisten (z. B. in Bereichen wie der Satellitenkommunikation, der medizinischen Versorgung, der Meereslogistik und der Computer- und Netzsicherheit), um doppelte Kosten zu vermeiden und die Interoperabilität zu erhöhen;
36. schließt sich den Empfehlungen der Tagung des Rats „Auswärtige Angelegenheiten“ vom Januar 2011 an, in denen die HV/VP aufgefordert wird, die Themen weiter zu verfolgen, die in der Weimarer Initiative angesprochen werden, um konkrete Schritte auf der Grundlage eines Berichts zu unternehmen, den sie dem Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ bis Mitte 2011 vorzulegen hat, mit dem Ziel, möglichst bis Ende des Jahres greifbare Ergebnisse zu erzielen, darunter die Möglichkeit, an derartigen Initiativen andere interessierte Mitgliedstaaten zu beteiligen;
37. bekräftigt die Notwendigkeit, das derzeitige Ungleichgewicht im Bereich der Fähigkeiten, zivile und militärische Operationen zu planen und durchzuführen, zu überwinden, indem die EU mit ständigen zivil-militärischen Planungs- und Durchführungskapazitäten oder einem Hauptquartier für die Operationsführung (OHQ) ausgestattet wird, wodurch eine schnellere und kostenwirksamere Reaktionsfähigkeit der EU ermöglicht wird; weist auf die nur begrenzte Anwendung der Berlin-Plus-Vereinbarung hin, die sich darauf beschränkte, bereits bestehende NATO-Missionen zu übernehmen, und macht auf die Probleme im Zusammenhang mit dem Konzept der Rahmennation aufmerksam, das auf der Nutzung von fünf einzelstaatlichen Hauptquartieren für die Operationsführung beruht, wobei die mangelnde Vorplanung zu den Schwierigkeiten bei der Truppengestellung und der sich zunehmend komplexer gestaltenden Koordinierung ziviler und militärischer Fähigkeiten hinzukommt;
38. ist der Ansicht, dass das derzeitige Einsatzzentrum zwar einen ersten positiven Schritt darstellt, jedoch den Erfordernissen nicht gerecht wird, dem hohen Anspruch an ein ständiges Hauptquartier für die Operationsführung nicht genügt und es vielmehr zu einer ständigen Einrichtung umgestaltet und in die Lage versetzt werden muss, größere Missionen zu steuern, dass es mit einem angemessenen Personal und einer operativen Infrastruktur ausgestattet werden muss und dass die Unzuverlässigkeit der Infrastruktur der Kommunikations- und Informationssysteme der EU behoben werden muss, die vor allem auf das Fehlen einer ständigen C2-Führungsstruktur (und des einschlägigen Rechtsrahmens) zurückzuführen ist, ein Umstand, der sich auch auf das Lagebewusstsein negativ auswirken kann; befürwortet die Zusammenlegung des militärischen Hauptquartiers für die Operationsführung mit dem zivilen Hauptquartier, um die gesamte Bandbreite an militärischen und zivilen Einsätzen durchführen zu können, wobei die möglichen Synergieeffekte bei gleichzeitiger Beachtung der verschiedenen zivilen und militärischen Befehlsketten und der unterschiedlichen Entscheidungsverfahren und Finanzierungsregelungen in vollem Umfang ausgeschöpft werden sollten;
39. begrüßt, dass die HV/VP in ihrer Antwort auf die Weimarer Initiative die Notwendigkeit eines militärischen Durchführungsstabs der EU anerkannte; vertritt die Auffassung, dass in der von der HV/VP geforderten Kosten-Nutzen-Analyse auch die Kosten berücksichtigt werden müssen, die durch das Fehlen eines Hauptquartiers für die Operationsführung der EU entstehen; erklärt seine Absicht, eine Untersuchung zu diesem Aspekt und zu möglichen Kosten und Finanzierungsregelungen der neuen Struktur voranzutreiben;
40. erkennt den Wert der Gefechtsverbände an, fordert aber dazu auf, das Konzept und die Strukturen der Gefechtsverbände, die bisher noch nicht eingesetzt wurden, im Hinblick auf eine höhere Flexibilität und Effizienz sorgfältig zu überprüfen; ist der Auffassung, dass
–
in Erwägung gezogen werden könnte, einen der beiden Gefechtsverbände auf Nischenfähigkeiten und/oder Fähigkeiten zu spezialisieren, die für Konflikte niedriger Intensität geeignet sind, bei denen gemischte zivil-militärische Aufgaben erfüllt werden müssen;
–
die diesbezüglichen Betriebskosten dem ATHENA-Mechanismus zugewiesen werden sollten, der unter der polnischen Ratspräsidentschaft überarbeitet werden soll;
41. betont, dass gemäß dem Vertrag eine europäische Politik im Bereich der Fähigkeiten und der Rüstung unter Beteiligung der Europäischen Verteidigungsagentur festzulegen ist, und fordert in dieser Hinsicht die Zusammenarbeit der EU-Organe, der EU-Einrichtungen und der Mitgliedstaaten bei der Gestaltung und Umsetzung dieser Politik;
42. fordert eine enge Zusammenarbeit zwischen der Agentur und der Kommission zur Stärkung der Fähigkeiten mit doppeltem Verwendungszweck, um den umfassendsten Ansatz für die sicherheitsbezogene Forschung zu finden und Synergieeffekte bei der Verwaltung zivil-militärischer Ressourcen zu fördern, insbesondere im Rahmen des Themenbereichs „Sicherheit“ des Rahmenprogramms für Forschung und technologische Entwicklung; begrüßt daher, dass sich das Achte Rahmenprogramm voraussichtlich auch mit der äußeren Sicherheit befassen wird; fordert die Kommission auf, den zivil-militärischen Charakter der Krisenbewältigung anzuerkennen und die Finanzierung der Forschung im Bereich Sicherheit und Verteidigung mit zivilen Anwendungen aus Gemeinschaftsmitteln in Betracht zu ziehen; stellt allerdings fest, dass diese Zusammenarbeit nicht über das hinausgehen sollte, was für die zivil-militärische Zusammenarbeit in den Bereichen Friedenserhaltung, Konfliktverhütung, Stärkung der internationalen Sicherheit und Krisenbewältigung notwendig ist;
43. fordert die Leiterin der Europäischen Verteidigungsagentur (HV/VP) sowie den Rat eindringlich auf, zeitnah einen neuen Beschluss des Rates zur Einrichtung der Europäischen Verteidigungsagentur auf der Grundlage der neuen Rolle der Europäischen Verteidigungsagentur gemäß dem Vertrag von Lissabon vorzulegen; stellt die derzeitige Rechtsgrundlage der Europäischen Verteidigungsagentur aus dem Jahr 2004 mit Blick auf den Vertrag von Lissabon und seine Auswirkungen auf die Europäische Verteidigungsagentur in Frage; fordert den Rat auf, das Europäische Parlament über die erforderlichen Änderungen der Gemeinsamen Aktion des Rates über die Einrichtung der Europäischen Verteidigungsagentur zu informieren, die sich aus der Aufnahme der Europäischen Verteidigungsagentur in den Vertrag von Lissabon ergeben;
44. fordert die Schaffung einer starken Partnerschaft zwischen der Kommission, dem Parlament, der Europäischen Verteidigungsagentur und den beteiligten Mitgliedstaaten für die Vorbereitungen in Bezug auf das Achte Rahmenprogramm im Hinblick auf Investitionen in Technologiebereiche von gemeinsamem Interesse auf europäischer Ebene, nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Ausgaben für Investitionen in F&E im Verteidigungssektor in Europa derzeit ca. 10 % derer der USA ausmachen;
45. fordert eine starke Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Verteidigungsagentur und der Gemeinsamen Organisation für Rüstungskooperation (OCCAR); fordert Informationen von der Leiterin der Europäischen Verteidigungsagentur (HV/VP) über die Ergebnisse der Verhandlungen über eine Verwaltungsvereinbarung über ihre Zusammenarbeit, die im April 2009 begannen;
46. bekräftigt, dass eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine eigenständige und glaubwürdige GSVP die Schaffung eines wettbewerbsfähigeren und effizienteren europäischen Marktes für Verteidigung und Sicherheit ist, der dem öffentlichen Auftragswesen offen steht und mit einer gestärkten verteidigungstechnologischen und -industriellen Basis Europas (EDTIB) ausgestattet ist, die den industriellen Schlüsselfähigkeiten, der Versorgungssicherheit zwischen den Ländern, der wachsenden und sich diversifizierenden Zuliefererbasis und der stärkeren Zusammenarbeit im Rüstungsbereich Rechnung trägt;
47. hält die Umsetzung der folgenden Richtlinien in einzelstaatliches Recht durch alle Mitgliedstaaten für den europäischen Verteidigungsmarkt für wichtig:
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(bis zum 30. Juni 2011) Richtlinie 2009/43/EG zur Vereinfachung der Bedingungen für die innergemeinschaftliche Verbringung von Verteidigungsgütern und
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(bis zum 31. August 2011) Richtlinie 2009/81/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit;
empfiehlt den Mitgliedstaaten, unter der Aufsicht der Kommission die Fristen genau einzuhalten, die notwendigen Durchführungsverordnungen auszuarbeiten und das entsprechende Personal für die Durchsetzung der neuen Vorschriften zu schulen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die jeweiligen, von der Kommission herausgegebenen Leitlinien zu berücksichtigen;
48. empfiehlt, dass die Umsetzung des Gemeinsamen Standpunktes betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern, der am 8. Dezember 2008 angenommen wurde, dringend überprüft wird, um die strenge und konsequente Einhaltung von allen nationalen Stellen, die in jedem Mitgliedstaat beteiligt sind, zu gewährleisten;
49. fordert die Mitgliedstaaten auf, den Verhaltenskodex der Europäischen Verteidigungsagentur für die Beschaffung von Verteidigungsgütern und ihren Verhaltenskodex zu Kompensationsgeschäften einzuhalten, um Verstößen gegen die Binnenmarktregeln vorzubeugen und weniger Gelegenheiten für Korruption zu bieten;
50. betont, dass es zur Förderung des entstehenden europäischen Sicherheits- und Verteidigungsmarktes notwendig ist, für den Mangel an Vorschriften und Normen Abhilfe zu schaffen, der die Marktmöglichkeiten von großen Unternehmen und KMU begrenzt und die Interoperabilität verschiedener Sicherheitssysteme verhindert; unterstützt voll und ganz die Arbeit der Europäischen Verteidigungsagentur im Rahmen der durch den Vertrag von Lissabon geschaffenen neuen Rechtsgrundlage; empfiehlt eine enge Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Verteidigungsagentur und der Kommission, um einen europäischen Verteidigungsmarkt zu schaffen; fordert die Kommission auf, in Zusammenarbeit mit der Europäischen Verteidigungsagentur erste Überlegungen über eine europäische Industriepolitik im Bereich Sicherheit und Verteidigung anzustellen;
51. fordert die beteiligten Mitgliedstaaten eindringlich auf, ihre Beteiligung an der Europäischen Verteidigungsagentur als eine ständige Verpflichtung anzusehen und die Agentur mit ausreichend Personal und wirtschaftlichen Ressourcen auszustatten; fordert, dass die Ausgaben für operative Vorhaben und Studien (die bisher im Durchschnitt bei 25 % der Haushaltsmittel liegen) für den unerfreulichen Fall erhöht werden, dass Vetos gegen die Aufstockung der Haushaltsmittel über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten werden;
52. ruft die an der Europäischen Verteidigungsagentur beteiligten Mitgliedstaaten auf, einen Beitrag zur Arbeit und zu den Initiativen, die von der HV/VP in ihrer Eigenschaft als Leiterin der Agentur vorzulegen sind, zu leisten, und fordert die HV/VP mit Nachdruck auf, Arbeitsmethoden einzuführen, die die Fähigkeit der beteiligten Mitgliedstaaten verbessern, als Entscheidungsträger Verantwortung zu übernehmen, und die dem zwischenstaatlichen Charakter der Agentur und den Bestimmungen des Vertrags entsprechen, so dass eine politische Konsensbildung ermöglicht wird;
53. ist der Auffassung, dass Regulierungsmaßnahmen der EU, einschließlich eines umfangreichen Systems von Normen für die Gründung, Registrierung, Zulassung, Überwachung und die Berichterstattung über Verstöße gegen die geltenden Rechtsvorschriften durch private Sicherheits- und Militärdienstleister – sowohl für die interne als auch für die externe Ebene – erlassen werden müssen;
54. fordert die Kommission und den Rat daher auf, angemessene Maßnahmen zu ergreifen:
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für die interne Ebene eine Empfehlung auszuarbeiten, die den Weg zu einer Richtlinie ebnet, die auf die Angleichung nationaler Maßnahmen zur Regulierung von privaten Sicherheits- und Militärdienstleistern (PMSC) einschließlich der Diensteanbieter und der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen abzielt;
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für die externe Ebene einen Verhaltenskodex zu erarbeiten, der zu einem Beschluss über die Ausfuhr von PMSC-Diensten in Drittstaaten führt, die nicht durch die oben genannte Richtlinie abgedeckt sind;
Innen- und außenpolitische Sicherheit
55. vertritt die Ansicht, dass die innen- und außenpolitischen Aspekte der Sicherheit der EU als komplementäre Bestandteile derselben Strategie betrachtet werden sollten, wie dies der Europäische Rat seit seinen Tagungen in Tampere (1999), Feira (2000) und Stockholm (2010) bekräftigt, bei denen er die Ziele des europäischen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts für 2010-2014 angenommen hat; betont, dass unter keinen Umständen Kernwerte und –normen wie die Menschenrechte, die Grundrechte und die Grundfreiheiten sowie das humanitäre Völkerrecht im Rahmen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus verhandelbar sind und dass eine der Schlussfolgerungen des nichtständigen Ausschusses des Europäischen Parlaments über die angebliche Nutzung europäischer Länder für den Transport und die illegale Inhaftierung von Personen durch die CIA lautet, dass die nationalen und EU-Strategien sowie die nationalen und EU-Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus einer stärkeren parlamentarischen Kontrolle bedürfen;
56. ist der Auffassung, dass es in der heutigen Zeit und insbesondere nach dem 11. September, immer deutlicher wird, dass zahlreiche grenzüberschreitende Bedrohungen wie Terrorismus, Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, organisierte Kriminalität, Internetkriminalität, Drogen und Menschenhandel nicht ohne koordinierte Aktionen unter Einbeziehung der Politik für die äußere Sicherheit und „interner“ legislativer und politischer Maßnahmen und Instrumente bekämpft werden können, wie dies bereits in dem ersten Aktionsplan zur Bekämpfung des Terrorismus (2001) der Europäischen Union und in der Strategie zur Bekämpfung des Terrorismus (2005) der Europäischen Union hervorgehoben wurde; weist darauf hin, dass in dem Bericht über die Umsetzung der Europäischen Sicherheitsstrategie 2008 betont wird, dass das Scheitern von Staaten die europäische Sicherheit beeinträchtigt, wie der Fall Somalias verdeutlicht;
57. erkennt an, dass der Zusammenhang zwischen der Politik für die innere Sicherheit und der Politik für die äußere Sicherheit in den Mitgliedstaaten und insbesondere in Drittstaaten wie den USA, wo 2003 das Heimatschutzministerium (DHS) durch Zusammenlegung von 22 Bundesagenturen gegründet wurde, das inzwischen über 200 000 Mitarbeiter und Haushaltsmittel von über 40 Mrd. USD pro Jahr verfügt, immer offensichtlicher wird; ist nicht überrascht, dass die wichtigsten Aufgaben des DHS teilweise den Aufgaben entsprechen, die die Europäische Union an die Schaffung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts geknüpft hat (Schutz der Außengrenzen, Migration und Terrorbekämpfung);
58. begrüßt die Tatsache, dass die wichtigsten Bestimmungen des Vertrags von Lissabon eine Anpassung an diesen Kontext und die Notwendigkeit widerspiegeln, Synergien zwischen innerer und äußerer Sicherheit zu nutzen, einschließlich:
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einer Ausdehnung des Mandats der GSVP durch die Einbeziehung von umfangreicheren Petersberg-Aufgaben, die zur Bekämpfung des Terrorismus beitragen könnten, auch durch die Unterstützung von Drittstaaten bei der Bekämpfung des Terrorismus auf ihrem eigenen Hoheitsgebiet; empfiehlt, diese Bestimmungen im Einklang mit den einschlägigen Resolutionen der Vereinten Nationen und unter uneingeschränkter Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten weit auszulegen; weist jedoch darauf hin, dass eine militärische Reaktion für sich genommen nicht ausreicht, um den internationalen Terrorismus zu bezwingen, und fordert nachhaltige internationale Anstrengungen zur Feststellung und Bewältigung von berechtigten Missständen, die dem Terrorismus zugrunde liegen, weshalb gleichzeitig der Dialog und das Verständnis zwischen den Zivilisationen verbessert werden müssen;
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Solidaritätsklausel: teilt die Auffassung, dass dieser Mechanismus einsatzfähig gemacht werden muss, und begrüßt die Zusage der Kommission und der HV/VP, 2011 einen bereichsübergreifenden Vorschlag als Grundlage für eine gemeinsame Verpflichtung der EU, die Solidaritätsklausel in die Praxis umzusetzen, vorzulegen;
59. ist der Auffassung, dass die Europäische Sicherheitsstrategie (2003) und die Strategie der inneren Sicherheit (2010) einige gemeinsame Bereiche schlüssig festlegen – wie Terrorismus, organisierte Kriminalität und Computer- und Netzsicherheit – die Auswirkungen auf beide Dimensionen der Sicherheit haben; teilt daher die Auffassung, dass die Art und Weise der Zusammenführung der internen und externen Dimension verbessert werden muss, eine Vorstellung, die die Kommission in ihrer Mitteilung „EU-Strategie der inneren Sicherheit: Fünf Handlungsschwerpunkte für mehr Sicherheit in Europa“ (KOM(2010)0673) ausgearbeitet hat;
60. ist der Auffassung, dass sich die Komplementarität der Ziele der inneren und äußeren Sicherheit in der Tatsache widerspiegelt, dass:
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der PSK und der COSI (Ausschuss für Innere Sicherheit, der durch den AEUV eingeführt wurde) sowie das SITCEN, die Kommission und andere im Bereich der Sicherheit tätige Agenturen wie EUROPOL, EUROJUST und FRONTEX zusammenarbeiten werden und den EU-Organen eine gemeinsame Bedrohungsanalyse vorlegen werden;
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ein Sicherheitsinformationsmodell entwickelt wird, indem das Schengener Informationssystem mit allen anderen einschlägigen europaweiten Netzwerken, wie z. B. VIS und EURODAC verknüpft wird, wobei die Erfahrungen und die bewährten Verfahren anderer Länder genutzt werden; betont, dass hierbei die Gefahren für die Privatsphäre und die ethischen Auswirkungen berücksichtigt werden müssen;
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die Rückverfolgbarkeit der Finanzierung des Terrorismus durch das TFTP-Abkommen zwischen der EU und den USA und durch alle Rechtsvorschriften, die die Rückverfolgung verdächtiger Transaktionen vorschreiben, vorgesehen wurde;
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bei der Bestimmung der kritischen Infrastrukturen in Europa die Auswirkungen von vom Menschen verursachten Handlungen wie Terroranschlägen und Cyber-Angriffen berücksichtigt werden;
61. ist der Auffassung, dass alle oben aufgeführten Initiativen daher nur mit Hilfe einer soliden Rechtsgrundlage und von tragfähigen Rechtsvorschriften umgesetzt werden könnten, die gemäß der ordnungsgemäßen internen Zuständigkeit der EU angenommen werden können (qualifizierte Mehrheit im Rat, Mitentscheidung im Europäischen Parlament und nicht zuletzt Kontrolle durch den Europäischen Gerichtshof);
62. vertritt die Ansicht, dass sich daraus ergibt, dass die EU, wenn dieselbe Bedrohung den Einsatz von Maßnahmen zur Wahrung der äußeren und inneren Sicherheit erfordert, den wirksameren – und rechtlich fundierten – zur Verfügung stehenden Maßnahmen Vorrang einräumen sollte, wobei sich letztere aus der internen Zuständigkeit ergeben; ist der Ansicht, dass das Parlament auch bei den spezifischen GASP-Strategien und -Maßnahmen eine wesentliche Rolle spielen sollte;
63. weist den Rat und die HV/VP darauf hin, dass sie dazu verpflichtet sind, das Parlament stets über den Stand der Außenbeziehungen zu informieren und insbesondere über die Beziehungen zu Drittstaaten und internationalen Organisationen, mit denen internationale Übereinkünfte im Interesse der Europäischen Union ausgehandelt oder geschlossen werden; erinnert den Rat daran, dass Übereinkünfte über den Austausch vertraulicher Informationen mit Drittstaaten und internationalen Organisationen, sofern sie nicht ausschließlich die GASP betreffen, gemäß Artikel 218 Absatz 6 des AEUV unter Unterrichtung und Einbeziehung des Europäischen Parlaments ausgehandelt und geschlossen werden müssen; behält sich angesichts dieses Sachverhalts vor zu prüfen, ob die Vereinbarung zwischen den im Rat vereinigten Mitgliedstaaten der Europäischen Union über den Schutz von Verschlusssachen, die im Interesse der Europäischen Union ausgetauscht werden, nicht die Ausübung der Vorrechte, die dem Parlament durch den Vertrag übertragen wurden, beeinträchtigt;
Sicherheit durch Einsätze
64. begrüßt, dass die EU seit 2003 zahlreiche Operationen (24) auf drei Kontinenten durchgeführt hat, die verschiedene Arten von Interventionen beinhalteten und überwiegend in zivilen Missionen bestanden, mit einem Schwerpunkt auf dem Bereich Polizei, Reform des Sicherheitssektors (SSR) und Stärkung der Rechtsstaatlichkeit; stellt fest, dass von den 24 GSVP-Missionen bislang 16 zivilen Charakter hatten;
65. stellt fest, dass dieser Trend durch die Merkmale der 13 derzeit laufenden Missionen bestätigt wird und dass die Missionen abgesehen von dieser Einordnung immer häufiger einen „multifunktionalen“ Charakter annehmen müssen, wie bei EULEX Kosovo, bei der mehrere Funktionen (Polizei, Zoll und Justizwesen) mit Aufgaben wie Ausbildung, Überwachung und Unterstützung sowie Exekutivaufgaben kombiniert werden, oder im Fall der jüngeren Mission EUTM Somalia, die in Uganda stationiert und auf die militärische Ausbildung der Sicherheitskräfte der Föderalen Übergangsregierung ausgerichtet ist und ein Beispiel für eine stärkere Schwerpunktsetzung auf Aufgaben im Zusammenhang mit der Reform des Sicherheitssektors (SSR) bei der militärischen Krisenbewältigung darstellt;
66. begrüßt die derzeitige Überarbeitung der bestehenden zivilen GSVP-Konzepte; stellt insbesondere fest, dass die Rechtsstaatlichkeit als ein zentrales Konzept für zivile Missionen angesehen werden wird, die die Bereiche Polizei, Justiz, zivile Verwaltung, Zoll, Grenzüberwachung und andere relevante Bereiche zur Unterstützung der Planer und Experten vor Ort bei der Vorbereitung und Durchführung von Missionen mit Stärkungs- und/oder Exekutiv-/Substituierungsaufgaben umfassen; billigt die laufenden Arbeiten zur Entwicklung des Konzepts einer GSVP-Justizmission; weist jedoch darauf hin, dass unnütze Überschneidungen möglicher Gemeinschaftsprogramme vermieden werden müssen; fordert vor diesem Hintergrund, dass die HV/VP dem Europäischen Parlament dringend detaillierte Informationen über die Untervertragnahme privater Sicherheits- und Militärdienstleister (PMSC) im Zusammenhang mit GSVP- und GASP-Missionen unter Angabe der beruflichen Anforderungen und der Berufsstandards, die von den Vertragspartnern verlangt werden, der geltenden Vorschriften und der rechtlichen Verantwortung und Verpflichtungen, der Überwachungsmechanismen, der Bewertung der Wirksamkeit und der entstehenden Kosten vorlegt;
67. erkennt zudem an, dass der Vertrag von Lissabon eine Ausweitung der Petersberg-Aufgaben vorsieht, die de facto bereits in den Jahren vor dem Inkrafttreten des Vertrags im Gange war, und somit eine Neuerung mit sich gebracht hat und einen gestärkten politischen und rechtlichen Rahmen zur Verfügung stellt, der der Realität entspricht;
68. empfiehlt mit Nachdruck, sich die gesammelten Erfahrungen zunutze zu machen, um den Missionen neuen Schwung zu verleihen (bei der Mission EUTM Somalia handelt es sich um die einzig neue Intervention der letzten zwei Jahre), weil die Missionen den Prüfstein für das Mandat der GSVP und einen wichtigen Maßstab für die Glaubwürdigkeit der EU als internationaler Akteur darstellen;
69. unterstreicht, dass klare Fortschritte bei verschiedenen technischen, rechtlichen und operativen Aspekten dringend notwendig sind, vor allem jedoch bei politischen und strategischen Aspekten; empfiehlt nachdrücklich, dass jede Mission in eine klare (mittel- oder langfristige) politische Strategie eingegliedert wird, und betont, dass Missionen nicht als Politikersatz durchgeführt werden dürfen; ist der Auffassung, dass diese Verbindung von grundlegender Bedeutung für den operativen Erfolg von Interventionen ist und ganz allgemein auch dafür, den Teufelskreis zu durchbrechen, bei dem die GSVP kein Instrument der GASP ist, sondern sie tendenziell ersetzt, was zu zahlreichen Widersprüchen führt;
70. hebt mit Besorgnis hervor, dass diese Verbindung mit einer klaren politischen Strategie bisher in den meisten Fällen fehlte und weiterhin fehlt, wodurch es zu negativen Auswirkungen auf die Wirksamkeit und Effizienz der Missionen kommt, z. B. in folgenden Fällen:
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EUPOL Afghanistan hat eine nur gezielte Wirkung, die sich lediglich auf hochrangige Beamte konzentriert, und wurde erst vor kurzem in den Aktionsplan EU AFPAK eingegliedert;
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EULEX Kosovo, die wichtigste zivile Mission der EU, war mit vielen Hindernissen konfrontiert, die hauptsächlich auf fehlende unterstützende Rechtsvorschriften und personelle Einschränkungen zurückzuführen waren; allerdings spielt sie eine wichtige Rolle im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und sorgt in der Region weiterhin für Stabilität;
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EUBAM Rafah und EUPOL COPPS, die als wichtige internationale sachverständige Ansprechpartner für Fragen der Polizeiarbeit in den palästinensischen Gebieten weithin anerkannt und akzeptiert sind, konnten die Entwicklung des Konflikts nicht in nennenswertem Umfang beeinflussen, da eine starke politische und diplomatische Strategie fehlt, die jedoch für einen erneuten Einsatz in den palästinensischen Gebieten konzipiert werden müsste;
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EUFOR Althea in Bosnien und Herzegowina (2004 im Zuge der Berlin-Plus-Vereinbarungen ins Leben gerufen) könnte ihre wichtigsten Ziele bereits erreicht haben, weshalb es notwendig wäre, eine politische Einschätzung vorzunehmen, ob sie als abgeschlossen anzusehen ist und die beträchtlichen finanziellen und personellen Ressourcen (mehr als 1 400 Personen) anderweitig einzusetzen wären;
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die EU hat bei den internationalen Bemühungen um Bekämpfung der Piraterie durch EUNAVFOR Somalia (Operation Atalanta) erfolgreich eine Vorreiterrolle übernommen, allerdings bedarf die rechtliche Behandlung von Piraten einer dringenden Regelung, insbesondere basierend auf dem Bericht Lang, der dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vor kurzem übermittelt wurde; in Bezug auf die Operation Atalanta mangelt es an der Umsetzung einer klaren regionalen Strategie, mit der gegen die Ursachen der Piraterie vorgegangen und die chronische Instabilität am Horn von Afrika wirksam bekämpft wird; Maßnahmen zur Verbesserung der regionalen Fähigkeiten für die Überwachung des Seeverkehrs sollten unverzüglich ergriffen werden;
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EUTM könnte sich dadurch als kontraproduktiv erweisen, dass die militärischen Fähigkeiten möglicher Rekruten der Miliz in Somalia verstärkt werden;
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EUPOL RD Congo und EUSEC RD Congo sind seit 2007 bzw. 2005 in dem Land, haben sich jedoch nur in geringem Umfang positiv auf die Zielgruppen ausgewirkt, wenn überhaupt; empfiehlt, der sexuellen Gewalt größere Aufmerksamkeit zu widmen, um die Wirksamkeit beider Missionen zu erhöhen;
71. begrüßt den Beschluss des Rates, die Operation „EUFOR Libya“ zur Unterstützung humanitärer Hilfseinsätze durchzuführen, sofern sie vom Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) angefordert wird; ersucht den Rat, unverzüglich humanitäre Unterstützung für Misrata und andere Bevölkerungszentren, insbesondere mit Schiffen, bereitzustellen; ist tief besorgt angesichts der steigenden Zahl von Opfern des Konflikts in Libyen und des berichteten Einsatzes von Streumunition und sonstigen Waffen gegen die Zivilbevölkerung durch die Regierung Gaddafi; bedauert zutiefst, dass das EUFOR-Mandat auf humanitäre Aspekte beschränkt wurde, obwohl es gute Gründe dafür gab, dass die EU die Führung bei der Seeüberwachung (Durchsetzung des Embargos und Unterstützung für Frontex) und bei der humanitären Hilfe und dem Schutz der Zivilbevölkerung in Libyen übernimmt; weist in diesem Zusammenhang auf seine Entschließung vom 10. März 2011 hin, in der die HV/VP aufgefordert wird auszuloten, ob das Embargo mit Flugzeugen und Schiffen im Rahmen der GSVP durchgesetzt werden könnte; bedauert den Beschluss einiger Mitgliedstaaten, ein Veto gegen ein umfangreicheres Mandat für „EUFOR Libya“ einzulegen, während sie gleichzeitig derartige Einsätze auf eigene Faust durchführen; fordert, die Planung einer möglichen mittel- bis langfristigen GSVP-Operation in Libyen in den Bereichen Reform des Sicherheitsbereichs, Aufbau von Institutionen und Grenzschutz in Angriff zu nehmen;
72. fordert eine bessere Koordinierung vor Ort, bei der die Delegationsleiter (die nunmehr Beamte des EAD und nicht mehr der Kommission sind) und die EU-Sonderbeauftragten eine wichtige Rolle spielen; ist der Ansicht, dass sich diese Koordinierung auf verschiedenen Ebenen abspielen muss, insbesondere:
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zwischen EU-Missionen, die am selben Ort tätig sind, um Widersprüche und Doppelarbeit zu vermeiden, zu denen es in der Vergangenheit z. B. in Bosnien und Herzegowina aufgrund der Unterschiede zwischen den Mandaten von EUFOR Althea und EUPM bezüglich der Bekämpfung der organisierten Kriminalität gekommen ist;
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zwischen den GSVP-Missionen und den anderen Akteuren und Instrumenten der EU, insbesondere in Palästina und bei den afrikanischen Missionen;
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zwischen den Projekten der Entwicklungszusammenarbeit und den GSVP-Missionen als Teil der GASP;
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zwischen der EU und den anderen internationalen Akteuren, die in demselben Gebiet aktiv sind, um die Zusammenarbeit auf strategischer Ebene (wie z. B. bezüglich der Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte, für die gleichzeitig die EU, die USA und die NATO zuständig sind) sowie auf operativer Ebene (mit besonderem Bezug auf die Vereinbarungen, die den Handlungsspielraum vor Ort regeln, den Austausch von Verschlusssachen ermöglichen und sich auf den Schutz des europäischen Personals durch die NATO-Truppen beziehen) zu optimieren;
73. empfiehlt eine Reformierung des ATHENA-Mechanismus, durch die der Anteil der gemeinsamen Kosten (der derzeit auf ca. 10 % geschätzt wird) im Sinne einer gerechteren Verteilung der Lasten der militärischen Operationen rationalisiert und erhöht wird, wobei die Missionsteilnehmer, die bereits jetzt eine sehr hohe Verantwortung in Bezug auf Risiken und Kosten auf sich nehmen, in der derzeitigen Lage gezwungen sind, eine weitere wirtschaftliche Verantwortung zu übernehmen;
74. begrüßt das Ergebnis, das im Rahmen der Madrider Vereinbarung über die Einrichtung des EAD erreicht wurde und das zur Schaffung von drei spezifischen Haushaltslinien für die wichtigsten GSVP-Missionen geführt hat (EULEX Kosovo, EUPOL Afghanistan und EUMM Georgien), mit dem Ziel, eine höhere Transparenz und bessere parlamentarische Kontrolle der Ausgaben zu gewährleisten; betont, dass eine Haushaltslinie für jede GSVP-Mission vorgesehen werden muss; erklärt sich bereit, mit dem neuen ständigen Vorsitz des PSK zusammenzuarbeiten, um die gemeinsamen Beratungsgespräche zur GASP im Einklang mit der Erklärung der HV/VP zur politischen Rechenschaftspflicht, die in Madrid vereinbart wurde, zu verbessern und effizienter zu gestalten; bekundet sein Interesse daran, vom US-Kongress und anderen nationalen Parlamenten deren Verfahren und Methoden zur Kontrolle der sicherheits- und verteidigungspolitischen Maßnahmen in Erfahrung zu bringen;
75. fordert die Schaffung des im Vertrag von Lissabon vorgesehenen Anschubfonds zur Vorbereitung militärischer Einsätze, um die Auszahlung von Mitteln zu beschleunigen, und die Berücksichtigung dieser Maßnahme im Rahmen der vorgeschlagenen Überarbeitung des ATHENA-Mechanismus;
76. empfiehlt, Schritte einzuleiten, um den Problemen bei der Beschaffung von Fachkräften für die zivilen Missionen zu begegnen (wie im Fall der Missionen EULEX Kosovo und EUPOL Afghanistan), die die häufigste Interventionsform sind, und die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um für einen raschen Einsatz und Nachhaltigkeit zu sorgen;
77. empfiehlt im Rahmen der durchgängigen Berücksichtigung des Gleichstellungsaspekts gemäß Resolution 1325 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und im Hinblick auf eine größere Effizienz der zivilen und militärischen Missionen eine angemessene Vertretung von Frauen auf allen Ebenen der Krisenbewältigung; betont, dass Frauen in Führungspositionen mit Entscheidungsbefugnissen vertreten sein müssen, regelmäßige Konsultationen mit der Zivilgesellschaft, auch Frauenorganisationen, stattfinden und die Kapazitäten, die sich während der Missionen mit Gleichstellungsfragen beschäftigen, aufgestockt werden müssen; fordert die Einführung angemessener öffentlicher Beschwerdeverfahren im Kontext von GSVP-Missionen, die insbesondere zur Meldung von Fällen sexueller und geschlechtspezifischer Gewalt beitragen würden; fordert die HV/VP auf, im Rahmen der halbjährlichen Bewertung der GSVP-Missionen auch eingehend über Frauen, Frieden und Sicherheit Bericht zu erstatten; erachtet es als wichtig, dass die EU mehr Polizistinnen und Soldatinnen für GSVP-Missionen benennt, wobei das Kontingent an Polizistinnen in der Friedenstruppe der Vereinten Nationen in Liberia als Muster dienen könnte;
78. fordert die HV/VP auf, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die potenzielle Nutzung der europäischen Ressourcen und Fähigkeiten für zivile Missionen zu optimieren, und nimmt mit Besorgnis die hohen Kosten der Sicherheitsmaßnahmen bei den Missionen EUJUST LEX Irak und EUPOL Afghanistan zur Kenntnis, die privaten Sicherheitsfirmen übertragen wurden;
79. hält es für notwendig, solidere institutionalisierte Verfahren zu schaffen, mit denen in regelmäßigen Abständen − mittels gemeinsamer Kriterien − die Durchführung der Missionen vor Ort bewertet wird; ist der Ansicht, dass es dadurch möglich wäre, Erfahrungen in politischer, strategischer, technischer, rechtlicher und operativer Hinsicht zu nutzen, und dass dies langfristig als Grundlage zur Verbesserung laufender Interventionen dienen und Kriterien liefern könnte, die in neuen Krisen angewendet werden können, um strategische Interessen und verfügbare Ressourcen so gut wie möglich miteinander in Einklang zu bringen;
Sicherheit in Partnerschaften
80. bekräftigt, dass sich die multipolare Entwicklung der Weltordnung und die Schaffung strategischer Partnerschaften im Rahmen eines aktiven Engagements für die Förderung multilateraler Beziehungen vollziehen müssen, da diese Dimension am ehesten der universellen Achtung der Rechtsstaatlichkeit, dem besonderen Charakter der EU und der zunehmenden gegenseitigen Abhängigkeit entspricht, die den Prozess der Globalisierung kennzeichnet;
81. bekräftigt, dass die EU die Bestimmungen und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen in vollem Umfang achtet, und erkennt an, dass die Hauptverantwortung für die Aufrechterhaltung des Friedens und der Sicherheit in der Welt beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen liegt;
82. stellt fest, dass der Vertrag von Lissabon die EU zur Förderung multilateraler Lösungen verpflichtet, insbesondere im Rahmen der Vereinten Nationen, und dass das internationale Handeln der EU auf den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen, dem Völkerrecht und den Grundsätzen und Werten der EU beruhen muss;
83. räumt ein, dass mit dem Vertrag von Lissabon die frühere Zweiteilung zwischen der Politik der Union und der Politik der Gemeinschaft rechtlich gesehen überwunden wurde, indem der EU eine eigene Rechtspersönlichkeit verliehen und die Autonomie der Rechtsordnung der EU gegenüber dem Völkerrecht gestärkt wurde, auch wenn die internationale Sicherheit bedroht ist, wie bereits im Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Kadi (wonach das Völkerrecht die Rechtsordnung der EU nur unter den durch die Verfassungsgrundsätze der Gemeinschaft aufgestellten Voraussetzungen durchdringen kann) dargelegt;
84. fordert die Mitgliedstaaten, die einen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen haben, auf, die gemeinsamen Standpunkte und Interessen der EU zu vertreten und auf eine Reform der Vereinten Nationen hinzuarbeiten, durch die die EU ihren eigenen ständigenSitz haben könnte;
85. betont die Notwendigkeit, im engen Zusammenwirken mit den geeigneten Strukturen des neu gegründeten EAD die Zusammenarbeit zwischen der EU und den Vereinten Nationen im Bereich der Krisenbewältigung zu intensivieren, insbesondere zu Beginn einer Krise und beim Wiederaufbau nach Konflikten;
86. fordert die Mitgliedstaaten auf, die erforderlichen Schritte zu unternehmen, um die wirksame Beteiligung der EU an den Tagungen der Generalversammlung der Vereinten Nationen zu straffen;
87. erkennt an, dass die NATO für die Mitgliedstaaten, die ihr angehören, weiterhin das Fundament der kollektiven Verteidigung darstellt und über den Kreis ihrer Mitgliedstaaten hinausreicht; weist auf die Notwendigkeit einer konstruktiven Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO hin, insbesondere in den Bereichen, in denen die beiden Organisationen an denselben Einsatzorten aktiv sind; sieht den Vorschlägen der Hohen Vertreterin erwartungsvoll entgegen, die in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom September 2010 in Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO bei der Krisenbewältigung gefordert wurden;
88. begrüßt die Vereinbarung im Rahmen des neuen Strategischen Konzepts der NATO zur künftigen Stärkung der strategischen Partnerschaft zwischen der EU und der NATO; bekräftigt, dass die meisten Bedrohungen, die in dem neuen Strategischen Konzept ausgewiesen werden, auch Bedrohungen für die EU sind, und betont, dass die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO bei der Krisenbewältigung im Geiste der gegenseitigen Stärkung und unter Achtung der jeweiligen Entscheidungsautonomie wichtig ist; verweist auf die Notwendigkeit, unnötige Doppelarbeit und den doppelten Einsatz von Ressourcen im Bereich Krisenbewältigung zu vermeiden, und fordert die EU und die NATO auf, ihre Zusammenarbeit im Rahmen eines umfassenden Ansatzes für Krisen, bei denen beide vor Ort tätig sind, durch entsprechende Maßnahmen zu intensivieren; fordert die NATO eindringlich auf, die Entwicklung ziviler Fähigkeiten zu begrenzen, um Überschneidungen zu vermeiden;
89. unterstreicht die grundlegende Bedeutung des afrikanischen Kontinents für die Sicherheit der EU, die Friedenskonsolidierung und die Konfliktverhütung; unterstützt eine enge Zusammenarbeit zwischen der EU und der Afrikanischen Union im Rahmen der Partnerschaft für Frieden und Sicherheit, die mit der Gemeinsamen Strategie Afrika-EU verbunden ist; ermutigt dazu, die Afrikanische Union stärker einzubeziehen und ihr eine größere Verantwortung zu übertragen, insbesondere bei der Krisenbewältigung, und bestätigt erneut die Notwendigkeit, dass sich die Kommission und die Mitgliedstaaten mit konkreten Maßnahmen für die Bekämpfung des Handels und der Verbreitung von Kleinwaffen und leichten Waffen einsetzen; unterstützt die im Rahmen der Erklärung von Tripolis gemachte Zusage, die Friedens- und Sicherheitsarchitektur Afrikas umfassend zum Einsatz zu bringen;
90. empfiehlt insbesondere die Entwicklung afrikanischer Fähigkeiten zur Frühwarnung und Konfliktverhütung, die Stärkung der Fähigkeit des „Rates der Weisen“ zur Vermittlung und die Untersuchung der Möglichkeiten, die Empfehlungen des Prodi-Berichts zur Finanzierung afrikanischer Missionen zur Friedenssicherung umzusetzen; fordert mit Nachdruck, die Beziehungen im Rahmen der Zusammenarbeit auszubauen und die Fähigkeiten afrikanischer subregionaler Organisationen zu stärken;
91. weist darauf hin, dass neben den Partnerschaften mit anderen internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen, der NATO und der AU im Rahmen der GSVP auch die Zusammenarbeit mit einzelnen Drittstaaten gestärkt werden sollte; stellt fest, dass Drittstaaten erfahrungsgemäß wichtiges Gerät, Personal und Fachwissen zu GSVP-Missionen beisteuern können, wie z. B. im Fall der EUFOR Tschad/Zentralafrikanische Republik, bei der Russland dringend benötigte Hubschrauber bereitstellte, oder bei der EUFOR Althea, zu der Staaten wie die Türkei und Marokko erhebliche Truppenkontingente entsandten; ist der Auffassung, dass darüber hinaus durch die Einbeziehung von Drittstaaten auch die Legitimität der GSVP-Einsätze erhöht und ein breiter angelegter Sicherheitsdialog mit wichtigen Partnern hergestellt werden kann, wobei das Bekenntnis zur Förderung der Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit gewahrt bleibt;
92. ist der Auffassung, dass im Rahmen dieses Dialogs die jeweilige Bedrohungsanalyse erörtert werden, (gegebenenfalls) Drittstaaten an Übungs- und Schulungsmaßnahmen der EU teilnehmen und insgesamt engere gegenseitige Verpflichtungen unter den Teilnehmern gefördert werden sollten; vertritt die Ansicht, dass verfahrenstechnische Hindernisse beseitigt werden sollten, um die Zusammenarbeit mit Drittstaaten zu erleichtern und die Verzögerungen zu vermeiden, die entstehen, wenn über jeden einzelnen Beitrag getrennt verhandelt wird; ist der Meinung, dass mit einigen Drittstaaten Rahmenabkommen abgeschlossen und Standardverfahren festgelegt werden könnten, um es ihnen zu erleichtern, ihren Beitrag zu leisten;
93. betont, wie wichtig die Zusammenarbeit im Bereich der GSVP mit den Nachbarstaaten der EU ist und dass sie regional ausgewogen sein und eine breite Vielfalt von Chancen bieten sollte, um Reformen im Sicherheitsbereich in den Partnerstaaten zu bewirken; stellt fest, dass sie nicht nur dazu beitragen würde, zivile und militärische Fähigkeiten aufzubauen, die die östlichen und südlichen Partner der EU in die Lage versetzen würden, an GSVP-Missionen teilzunehmen, sondern die EU auch stärker dabei unterstützen könnte, für die regionale Sicherheit zu sorgen;
o o o
94. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Europäischen Rat, der Hohen Vertreterin/Vizepräsidentin, dem Rat, der Kommission, den Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Parlamentarischen Versammlung der NATO sowie den Generalsekretären der Vereinten Nationen und der NATO zu übermitteln.