Beschluss des Europäischen Parlaments vom 7. Juni 2011 über den Antrag auf Aufhebung der Immunität von Ágnes Hankiss (2010/2213(IMM))
Das Europäische Parlament,
– befasst mit einem vom Zentralen Stadtbezirksgericht Buda (Budai Központi Kerületi Bíróság) am 6. Juli 2010 übermittelten und am 6. September 2010 im Plenum bekannt gegebenen Antrag auf Aufhebung der Immunität von Ágnes Hankiss,
– nach Anhörung von Ágnes Hankiss am 11. April 2011 gemäß Artikel 7 Absatz 3 seiner Geschäftsordnung,
– gestützt auf Artikel 9 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union vom 8. April 1965 und auf Artikel 6 Absatz 2 des Aktes vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments,
– in Kenntnis der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Mai 1964, 10. Juli 1986, 15. und 21. Oktober 2008 und 19. März 2010(1),
– gestützt auf Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 7 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Rechtsausschusses (A7- 0196/2011),
A. in der Erwägung, dass das Zentrale Stadtbezirksgericht Buda (Budai Központi Kerületi Bíróság) in Budapest die Aufhebung der Immunität von Ágnes Hankiss, Mitglied des Europäischen Parlaments, beantragt hat, um ein neues Strafverfahren gegen Ágnes Hankiss durchzuführen, wie dies mit Urteil des Obersten Gerichts der Republik Ungarn angeordnet wurde,
B. in der Erwägung, dass sich der Antrag auf Aufhebung der Immunität von Ágnes Hankiss auf ein behauptetes Vergehen der Pietätsverletzung gemäß § 181 des ungarischen Strafgesetzbuchs wegen einer Äußerung in der Sendung „Péntek 8 mondatvadász“ am 23. Januar 2004 bezieht,
C. in der Erwägung, dass Ágnes Hankiss von einer Privatklägerin in einer Anzeige vom 18. Februar 2004, die am 23. Februar 2004 beim Zentralen Stadtbezirksgericht Buda einging, beschuldigt wurde; in der Erwägung, dass das Zentrale Stadtbezirksgericht Buda am 28. Juni 2005 sein Urteil verkündete, das dann im Hauptstädtischen Gericht Budapest (Fővárosi Bíróság) mit Rechtsmittel angefochten und von diesem Gericht am 3. Februar 2006 aufgehoben wurde,
D. in der Erwägung, dass daraufhin die Rechtssache an das Zentrale Stadtbezirksgericht Buda zurückverwiesen wurde, welches Ágnes Hankiss am 6. Februar 2009 freisprach; in der Erwägung, dass die Privatklägerin gegen dieses Urteil beim Hauptstädtischen Gericht Budapest Rechtsmittel einlegte, welches am 25. März 2009 entschied, das Urteil des Stadtbezirksgerichts mit all seinen Gründen aufrechtzuerhalten,
E. in der Erwägung, dass das Oberste Gericht der Republik Ungarn am 12. November 2009 beide Urteile wegen Verletzung materiellen Rechts aufhob und das Zentrale Stadtbezirksgericht Buda anwies, ein neues Verfahren durchzuführen,
F. in der Erwägung, dass Ágnes Hankiss seit dem 15. Juli 2009 Mitglied des Europäischen Parlaments ist,
G. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 9 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union während der Dauer der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments seinen Mitgliedern im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parlamentsmitgliedern zuerkannte Unverletzlichkeit zusteht; in der Erwägung, dass dies nicht der Befugnis des Europäischen Parlaments entgegensteht, die Immunität eines seiner Mitglieder aufzuheben,
H. in der Erwägung, dass § 552 Absatz 1 der ungarischen Strafprozessordnung vorsieht, dass das Strafverfahren gegen eine Person, die Immunität genießt, auszusetzen und die Aufhebung der Immunität zu beantragen ist; in der Erwägung, dass § 551 Absatz 1 der ungarischen Strafprozessordnung vorsieht, dass ein Strafverfahren gegen u. a. Mitglieder des Europäischen Parlaments nur eingeleitet werden kann, nachdem die Immunität aufgehoben worden ist,
I. in der Erwägung, dass § 12 Absatz 1 des Gesetzes LVII von 2004 vorsieht, dass eine Aufhebung der Immunität in Fällen von Privatklagen durch die Gerichte bei dem Präsidenten des Parlaments zu beantragen ist,
J. in der Erwägung, dass Ágnes Hankiss in dem neuen Verfahren nach der Aufhebung darauf hinwies, dass sie Mitglied des Europäischen Parlaments sei, und daher das Zentrale Stadtbezirksgericht Buda gemäß § 552 Absatz 1 der ungarischen Strafprozessordnung und § 12 Absatz 1 des Gesetzes LVII von 2004 entschied, das Verfahren auszusetzen und die Aufhebung der Immunität zu beantragen,
K. in der Erwägung, dass es deshalb angemessen ist, in diesem Fall die Aufhebung der Immunität zu empfehlen,
1. beschließt, die Immunität von Ágnes Hankiss aufzuheben;
2. beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss und den Bericht seines zuständigen Ausschusses unverzüglich der zuständigen ungarischen Behörde und Ágnes Hankiss zu übermitteln.