Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. September 2011 zu dem weiteren Vorgehen im Bereich der Abschlussprüfung: Lehren aus der Krise (2011/2037(INI))
Das Europäische Parlament,
– in Kenntnis des Grünbuchs der Kommission vom 13. Oktober 2010 mit dem Titel „Weiteres Vorgehen im Bereich der Abschlussprüfung: Lehren aus der Krise“ (KOM(2010)0561),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Mai 2011 zu der Unternehmensführung in Finanzinstituten(1),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. März 2009 zu der Anwendung der Richtlinie 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen(2),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen(3),
– gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Rechtsausschusses und der Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A7-0200/2011),
A. in der Erwägung, dass die jüngste Finanzkrise die Arbeit von Abschlussprüfern in Frage gestellt hat,
B. unter Hinweis darauf, dass nach der Krise die übermäßige Risikoanhäufung von Finanzinstitutionen primär in Verbindung gebracht wurde mit zu flexiblen, unzureichenden und wirkungslosen Mechanismen für Kontrolle und Risikomanagement, ganz besonders seitens der bedeutenden systemrelevanten Finanzeinrichtungen (SIFI),
C. in der Erwägung, dass sich gezeigt hat, dass Abschlussprüfer bei der Stärkung der Aufsicht über das Risikomanagement insbesondere der Finanzeinrichtungen eine Schlüsselrolle spielen können,
D. in der Erwägung, dass die Rolle der Prüfungsausschüsse insbesondere innerhalb der Finanzeinrichtungen nicht in vollem Umfang genutzt wurde,
E. in der Erwägung, dass eine hochwertige Abschlussprüfung von grundlegender Bedeutung für die wirtschaftliche Stabilität und das Vertrauen der Märkte ist, da sie Gewähr im Hinblick darauf bietet, ob Unternehmen zu Recht als finanziell solide zu betrachten sind,
F. in der Erwägung, dass die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers für die Qualität der Abschlussprüfung eine grundlegende Rolle spielt,
G. in der Erwägung, dass die Gefahr von Interessenkonflikten besteht, wenn Prüfungsgesellschaften ein und demselben Unternehmen unterschiedliche Dienstleistungen anbieten,
H. in der Erwägung, dass die hohe Marktkonzentration der „Big Four“ bei den Prüfungsgesellschaften zu einer übermäßigen Risikobildung führen kann, und in der Erwägung, dass kleinere Unternehmen unterschiedlich sind und ihr Wachstum und Sachverstand durch mehr Gelegenheit zum Wettbewerb gefördert werden sollten,
I. in der Erwägung, dass es folglich wichtig ist, erneut eine eingehende Debatte über die Funktion des Abschlussprüfers und die Struktur des Marktes für Abschlussprüfungen anzustoßen,
Allgemeine Fragen
1. begrüßt das Grünbuch der Kommission und dessen ganzheitlichen Ansatz;
2. begrüßt die grundsätzliche Fragestellung des Grünbuchs, wie die Abschlussprüfung verbessert werden könnte, obwohl es in der Vergangenheit keine zwingenden Hinweise darauf gab, dass die Abschlussprüfung nicht unter Beachtung einschlägiger Regeln und Anforderungen durchgeführt wurde;
3. ist der Auffassung, dass die Debatte über die Rolle des Abschlussprüfers mit einer Stärkung der Rolle des heutzutage kaum wirksamen Prüfungsausschusses sowie der von den Unternehmen zu unterbreitenden Informationen über die Finanzen und über das Risiko einhergehen muss;
4. sieht gegenwärtig noch keine ausreichende Grundlage für eine abschließende Bewertung und weist deshalb die Kommission auf die Notwendigkeit hin, die Verordnungen verstärkt anzuwenden und eine ausführliche und erschöpfende Folgenabschätzung vorzunehmen, in der gemäß den Grundsätzen einer besseren Rechtsetzung die verschiedenen politischen Optionen analysiert werden und der Schwerpunkt auf die praktischen Fragen gelegt wird, in der auch die Bedeutung der Rechnungslegung für eine zutreffende Information über die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen überdacht wird und die eine Analyse der Interessengruppen umfasst, um die Unterteilung der Folgenabschätzungsstudie für die verschiedenen Gruppen wie KMU, systemrelevante Finanzinstitute und andere börsennotierte und nicht börsennotierte Unternehmen zu klären; vertritt die Ansicht, dass die Auswirkungen auf die Nutzer der Prüfberichte wie z. B. Investoren und Regulierungsstellen von systemrelevanten Finanzinstituten bewertet werden müssen; fordert die Kommission auf, den Zusatznutzen zu analysieren, der sich sowohl aus der vorgeschlagenen Regulierung als auch aus der fortschreitenden Harmonisierung der Normen und Verfahren für Abschlussprüfungen im europäischen Binnenmarkt ergibt;
5. begrüßt die Anerkennung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Grünbuch;
Rolle des Prüfers
6. vertritt die Auffassung, dass die Abschlussprüfung eine gesellschaftliche Funktion hat und dem öffentlichen Interesse dient, da sie ein absolut grundlegender Bestandteil des demokratischen Wirtschafts- und Politiksystems ist, und begrüßt somit die im Grünbuch zum Ausdruck gebrachte Absicht, die Transparenz zu erhöhen und die Qualität der Prüfungsberichte zu verbessern, um einen Beitrag zur Stabilität des Finanzmarktes zu leisten und den Zugang zur Finanzierung zu erleichtern; spricht sich für jede Maßnahme aus, die auf der Erkenntnis beruht, dass die Kosten und Belastungen insbesondere für die Finanzeinrichtungen durch eine deutliche Verbesserung von deren Qualität sowie durch eine regelmäßige externe Bewertung und eine angemessene Aufsicht durch die Regulierungsbehörden aufgewogen werden; betont die Notwendigkeit spezifischer Rechtsvorschriften;
7. weist darauf hin, dass ein hochwertiges Prüfsystem untrennbar mit einem soliden Corporate-Governance-Rahmen verbunden ist; fordert die Kommission daher auf, ihre Vorschläge in den Bereichen Corporate Governance und Abschlussprüfung dem Parlament und dem Rat im Zusammenhang vorzulegen;
8. weist auf die Bedeutung des Prüfungsberichts für Aktionäre und Öffentlichkeit hin; erkennt den Grundsatz „Ein Audit ist ein Audit“ an und warnt vor dem hohen Risiko der Anwendung unterschiedlicher Standards, die zu Rechtsunsicherheit führt; befürwortet daher eine Ausweitung des Anwendungsbereichs auf alle Finanzeinrichtungen;
9. stimmt mit der Kommission in dem Grundsatz überein, dass in den Schlussfolgerungen des Vermerks des Abschlussprüfers eher eine wirtschaftliche Betrachtungsweise als der formale Aspekt im Mittelpunkt stehen sollte;
10. fordert die Kommission auf zu prüfen, wie die Aufgabenstellung des Prüfers zusätzlich zur Prüfung der im gesamten Abschluss unterbreiteten Informationen auch auf die Prüfung vom geprüften Unternehmen vorgelegter Informationen über das Risiko ausgeweitet werden kann; empfiehlt, dass die Prüfer über alle Fälle informiert werden, in denen der für Risiken zuständige Ausschuss überstimmt wurde;
11. befürwortet kurze Prüfungsvermerke mit klar und prägnant formulierten Schlussfolgerungen, die alle Punkte ansprechen sollten, die Teil des gesetzlichen Auftrages des Abschlussprüfers sind; ist der Ansicht, dass der Abschlussprüfer dem Prüfungsausschuss und der Vollversammlung ergänzende Erläuterungen zu allgemeinen Fragen wie etwa den verwendeten Bilanzierungsmethoden und zu konkreten Fragen wie Schlüsselindikatoren, Zahlen von relativer Relevanz und Bewertungen des mit vorgenommenen wesentlichen bilanziellen Schätzungen oder wichtigen Beurteilungen verbundenen Risikos sowie jegliche besonderen Probleme, die bei der Durchführung der Prüfung aufgetreten sind, unterbreiten sollte;
12. fordert, dass Berichte über die Prüfung von Finanzeinrichtungen verstärkte Offenlegungsanforderungen in Bezug auf die Bewertung weniger liquider Anlagen enthalten sollten, um eine vergleichende Bewertung der Finanzinstrumente der einzelnen Einrichtungen zu ermöglichen;
13. betont, dass die Abschlussprüfer die Aufsichtsbehörde oder die zuständige Behörde warnen müssen, wenn sie Schwierigkeiten entdecken, die die Kontinuität des geprüften Unternehmens in Frage stellen können; empfiehlt, im Fall größerer Finanzinstitute bilaterale Zusammenkünfte zwischen Prüfern und Aufsichtsbehörden vorzusehen;
14. stellt fest, dass die Bereitstellung von Informationen, die über die durch die gesetzlichen Regelungen vorgeschriebenen hinausgehen, mit einer potenziellen Haftungspflicht verbunden sein könnte; vertritt dennoch die Ansicht, dass die Gesellschaft von Prüfern verlangt, dass sie insbesondere in Bezug auf große und systemrelevante Unternehmen vorausschauende und über den engeren Rahmen hinaus schauende Verantwortung übernehmen; vertritt die Ansicht, dass den Prüfern vorliegende Informationen von öffentlichem Interesse im Zusammenhang mit Risiken, außerbilanzmäßigen Transaktionen oder zukünftigen potenziellen Risikopositionen den Regulierungsbehörden generell und in den meisten Fällen auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollten;
15. fordert, dass die Rolle der Prüfungsausschüsse aller Finanzeinrichtungen durch die Annahme eines Risikobewertungsmodells gestärkt wird, das firmenspezifische Vergleiche mit Benchmarks einschließt, wozu auch Berichte über den möglichen künftigen Finanzierungsbedarf, Covenants für die Bank, künftige Zahlungsströme, Risikomanagement, Schätzungen der Geschäftsleitung und die Einhaltung der wichtigsten Grundsätze der Kostenrechnung und alle vorhersehbaren Risiken in Bezug auf das Geschäftsmodell des Unternehmens gehören; fordert, dass diese Bewertung zusammen mit dem vollständigen Prüfungsbericht den Vorständen und Aufsichtsräten der Finanzeinrichtungen jährlich zur Prüfung und Genehmigung vorgelegt wird;
16. ist der Auffassung, dass die berufsübliche Sorgfalt ein Eckpfeiler der Prüfung ist, der sämtliche Stadien der Prüfung betrifft; bekräftigt, dass diese Sorgfalt mit der Objektivität und Unabhängigkeit des Prüfers erreicht wird, gepaart mit einem aus langer Erfahrung herrührenden fachlichen Urteilsvermögen, für das eine Praxis des mechanischen „Abhakens“ kein Ersatz sein kann;
17. vertritt die Ansicht, dass das System der eingeschränkten Prüfungsvermerke nicht in Frage gestellt werden sollte, da es der Abschreckung dient und zur Qualität der Finanzinformationen beiträgt;
18. geht davon aus, dass ein reger und regelmäßiger Dialog zwischen dem externen Prüfer, dem internen Prüfer und dem Prüfungsausschuss für eine wirksame Prüfung unerlässlich ist, wobei die Anteilseigner beispielsweise über die Gründe für die Wahl, Wiederwahl oder Entlassung des Prüfers oder mittels konkreter Erläuterungen zum Bericht des Prüfungsausschusses auf dem Laufenden gehalten werden müssen;
19. vertritt die Ansicht, dass die Prüfer das Recht haben sollten, bei regulären Treffen des Unternehmens zu Fragen gehört zu werden, die ihre Rolle als Prüfer betreffen;
20. vertritt die Auffassung, dass eine genaue rechtliche Abgrenzung der beiden Prüfungsarten, d. h. der internen und der externen Prüfung, erfolgen muss;
Internationale Rechnungsprüfungsstandards (ISA)
21. schlägt vor, dass die Kommission unverzüglich die mittels einer Verordnung festgelegten Internationalen Rechnungsprüfungsstandards (International Standards on Auditing, ISA) annimmt, wodurch die Harmonisierung der Prüfungen auf europäischer Ebene ermöglicht und die Arbeit der Aufsichtsorgane erleichtert würde; ist der Auffassung, dass die Abschlussprüfung unabhängig von der Größe des geprüften Unternehmens ein einheitliches Verfahren ist, dass jedoch dessen Anwendung an die Merkmale kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) angepasst werden muss; erinnert die Kommission daran, dass neben den Handelsgesellschaften, für die die internationalen Rechnungslegungsstandards (ISA) verbindlich vorgeschrieben werden sollten, auch andere Handelsgesellschaften bestehen, die zwar von diesen Standards ausgenommen sind, ihren Jahresabschluss aber trotzdem von hierfür zugelassenen Firmen prüfen lassen sollten;
Governance und Unabhängigkeit von Prüfungsgesellschaften
22. stimmt der Auffassung zu, dass die Tatsache, dass der Prüfer vom geprüften Unternehmen bestellt und vergütet wird, zwangsläufig problematisch ist; erachtet es jedoch derzeit nicht für gerechtfertigt, diese Bestellung von einem Dritten vornehmen zu lassen; fordert in diesem Sinne und unbeschadet von Artikel 37 Absatz 2 der Richtlinie 2006/43/EG, die Rolle des Prüfungsausschusses zu stärken;
23. ist der Auffassung, dass der Abschlussprüfer, wo er vorgeschrieben ist, vom Prüfungsausschuss und nicht vom Vorstand des zu prüfenden Unternehmens beauftragt werden sollte, wobei die Mitglieder des Prüfungsausschusses einschlägige Erfahrung haben sollten, mindestens die Hälfte von ihnen in Rechnungslegung und Abschlussprüfung; ist der Auffassung, dass der Prüfungsausschuss hierbei Maßnahmen treffen sollte, um die Unabhängigkeit des Prüfers zu gewährleisten, insbesondere im Hinblick auf Beratungsleistungen, die der Prüfer erbringt bzw. zu erbringen anbietet;
24. ist der Auffassung, dass die Regelungen zur Sicherstellung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers ebenso wie die Regeln zur Sicherung der Prüfungsqualität durch eine wirksame und vom Berufsstand völlig unabhängige öffentliche Berufsaufsicht überprüft werden müssen;
25. unterstützt die Schaffung eines internationalen Kodexes für Unternehmensführung für Prüfungsgesellschaften, die Unternehmen von öffentlichem Interesse prüfen;
26. stimmt der Auffassung zu, dass die Unabhängigkeit der Prüfer von größter Bedeutung ist und dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, um zu enge Bindungen zu vermeiden; schlägt vor, dass die Kommission eine Folgenabschätzung vornimmt, die ein Spektrum an Optionen umfassen sollte, insbesondere externe Rotation und die Auswirkungen freiwilliger gemeinsamer Prüfungen; hält eine Stärkung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers durch externe Rotation zwar für möglich, vertritt jedoch weiterhin die Auffassung, dass nicht die externe Rotation, sondern vielmehr der regelmäßige Wechsel des internen Prüfers die beste regulatorische Lösung darstellt, wie sie auch in der Richtlinie 2006/43/EG ihre Bestätigung gefunden hat, und dass die bestehenden Rotationsregeln für Partner die nötige Unabhängigkeit und damit die Wirksamkeit der Prüfungen gewährleisten;
27. fordert die Kommission auf, darüber zu wachen, dass die Verfahren der Unternehmen zur Wahrung der festgelegten Schutzvorkehrungen, einschließlich des Schutzes im Zusammenhang mit der verbindlichen Rotation der wichtigsten Prüfungspartner, beitragen, selbst wenn diese Partner zu einer anderen Gesellschaft wechseln;
28. schlägt vor, dass Lösungen alternativ oder zusätzlich zu einem festgelegten Rotationszyklus erwogen werden sollten, so dass beispielsweise der Rotationszyklus im Fall von gemeinsamen Prüfungen doppelt so lang sein kann wie beim Einsatz eines einzigen Prüfers, da sich bei drei im Raum Anwesenden eine andere Dynamik entwickelt als bei nur zwei Anwesenden, und dass für die Rotation bei gemeinsamen Prüfungen auch ein gestaffeltes Verfahren angewandt werden könnte;
29. ist der Auffassung, dass mit Blick auf die Vermeidung von Interessenkonflikten gemäß Artikel 22 Absatz 2 der Richtlinie 2006/43/EG und im Einklang mit Verhaltenskodizes des Berufsstandes zwischen Prüfungs- und Nichtprüfungsleistungen, die eine Prüfungsgesellschaft einem Kunden erbringt, eine klare Trennungslinie gezogen werden sollte; weist darauf hin, dass so vermieden werden könnte, dass Prüfungspreise in der Hoffnung, sie mit weiteren ergänzenden Dienstleistungen ausgleichen zu können, künstlich gesenkt werden; erachtet es aus diesem Grund als notwendig, die Trennung auf alle Gesellschaften und ihre Kunden anzuwenden; fordert die Kommission unter Hinweis auf die Empfehlungen von 2002 zur Unabhängigkeit des Abschlussprüfers auf, ein Verzeichnis der Bedingungen zu erstellen, unter denen solche Dienstleistungen als mit Prüfungsleistungen unvereinbar gelten würden; erkennt an, dass die Erbringung von Nichtprüfungsdienstleistungen, sofern sie nicht mit der Unabhängigkeit der Prüfer unvereinbar sind, aufgrund der Erweiterung der in kleinen und mittleren Prüfungsunternehmen verfügbaren Kompetenzen eine wichtige Rolle spielen kann; vertritt aber die Auffassung, dass interne und externe Prüfleistungen nicht gleichzeitig erbracht werden sollten;
30. erachtet es als wesentlich, die Unabhängigkeit des Prüfers zu bewahren; ist der Auffassung, dass externen Prüfern die Erbringung von Leistungen für das geprüfte Unternehmen untersagt werden muss, die zu einer Nichterfüllung der geltenden Unabhängigkeitsanforderungen oder sonstiger ethischer Anforderungen führen könnte; erkennt an, dass es für die Ankurbelung des europäischen Wirtschaftswachstums erforderlich ist, dass alle Unternehmen unabhängig von ihrer Größe einschließlich der KMU unabhängige Prüfer und Prüfungsgesellschaften beauftragen können, die eine große Bandbreite an Fähigkeiten aufweisen;
31. stellt insbesondere fest, das Prüfungsleistungen, bei denen es zu einem Interessenkonflikt kommen könnte, nicht von demselben Unternehmen erbracht werden sollen, was auch für bestimmte Beratungsdienstleistungen und Beurteilungen komplexer strukturierter Produkte gilt, und vertritt die Auffassung, dass dies einer Kontrolle durch die zuständigen Aufsichtsbehörden unterliegen sollte;
32. vertritt die Ansicht, dass den Prüfungsausschüssen eine wichtige Aufsichtsfunktion zukommt, indem sie sicherstellen, dass der Prüfer unabhängig bleibt, und fordert die Kommission auf, Leitlinien vorzugeben, um die Prüfungsausschüsse in dieser Hinsicht zu unterstützen;
33. empfiehlt, dass der Prüfungsausschuss als Gremium des Aufsichtsrates und nicht der Vorstand darüber entscheidet, ob die Erbringung von nicht zur Abschlussprüfung gehörenden Leistungen für ein bestimmtes Finanzunternehmen erlaubt wird, und auch die Vergabe und die Einzelheiten des Mandats aushandelt; fordert die Kommission auf, eine Folgenabschätzung im Hinblick auf die Durchführbarkeit und die Auswirkungen einer umsatzabhängigen Beschränkung von nicht zur Abschlussprüfung gehörenden Leistungen durchzuführen;
34. ist der Auffassung, dass die Honorare, die eine Prüfungsgesellschaft oder ein Netz von Prüfungsgesellschaften einem einzelnen Kunden in Rechnung stellen kann, offengelegt werden sollten, wenn sie eine bestimmte Schwelle überschreiten, und dass die Aufsichtsbehörden die Möglichkeit haben sollten, mit Kontrollen, Beschränkungen oder anderen Planungsanforderungen zu intervenieren, wenn ihr Anteil an den Gesamteinnahmen über einen bestimmten Wert hinausgeht, um eine Situation zu verhindern, in der die Prüfungsgesellschaft ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit verliert; weist jedoch darauf hin, dass eine solche Intervention bei kleineren Unternehmen deren Wachstum nicht behindern darf und dass die Gewinnung eines großen und bedeutenden Kunden anfänglich zwar einen verhältnismäßig hohen Anteil der Arbeit des Prüfungsunternehmens bedeutet, aber ein wesentlicher Teil des Wachstumsprozesses ist;
35. ist der Auffassung, dass Prüfungsgesellschaften, die Unternehmen von öffentlichem Interesse prüfen, ihre Rechnungsführung veröffentlichen müssen und dass diese und ihre Methoden überprüft werden müssen, um so ihre Qualität zu gewährleisten;
36. ist der Auffassung, dass bei offensichtlichem Amtsmissbrauch der Leitung eines Unternehmens oder einer Einrichtung von öffentlichem Interesse und/oder des Prüfungsunternehmens alle Beteiligten strafrechtlich verfolgt werden können müssen;
37. ist der Auffassung, dass das Partnerschaftsmodell das angemessene Modell für Prüfungsgesellschaften ist, da es ihre Unabhängigkeit schützt;
38. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Abschlussprüfung von öffentlichen Einrichtungen vorbildlich zu gestalten und etwaige Interessenkonflikte zu vermeiden, die durch Beziehungen zwischen dem Abschlussprüfer und den Entscheidungsorganen der geprüften öffentlichen Einrichtungen entstehen könnten;
Gruppenprüfungen
39. unterstützt die Vorschläge des Grünbuchs in Bezug auf Gruppenprüfungen;
40. fordert die Kommission auf, die Frage der Übermittlung von Daten bei Gruppenprüfungen im Zusammenhang mit der künftigen Überarbeitung des Rechtsrahmens der EU für den Datenschutz zu prüfen;
41. vertritt die Auffassung, dass Gruppenprüfer einen klaren Überblick über die Gruppe haben sollten und bei Finanzeinrichtungen, die auf Gruppenbasis beaufsichtigt werden, einen Dialog mit der für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörde führen;
Aufsicht
42. fordert die Kommission auf, einen Vorschlag vorzulegen, um die Kommunikation zwischen den Prüfern von Unternehmen von öffentlichem Interesse und den Regulierungsbehörden zu verbessern;
43. geht davon aus, dass Protokolle über die Kommunikation und die Vertraulichkeit erstellt werden müssen und dass der Dialog wirklich in beide Richtungen geführt werden muss;
44. fordert eine erweiterte Kommunikation in beide Richtungen zwischen Abschlussprüfern und Finanzaufsehern von Finanzeinrichtungen, insbesondere in Bezug auf bestimmte Bereiche, die Anlass zur Sorge geben, einschließlich der Interaktion zwischen verschiedenen Finanzprodukten; fordert, dass für grenzübergreifende Einrichtungen zwischen Abschlussprüfern und Finanzaufsehern der EU die gleiche Kommunikation eingeführt wird;
45. weist auf die Notwendigkeit hin, die Aufsichtsverfahren für Abschlussprüfungen zu harmonisieren, und fordert die Kommission auf zu prüfen, ob die Europäische Gruppe der Aufsichtsgremien für Abschlussprüfer in das Europäisches Finanzaufsichtssystem integriert werden kann, möglicherweise über die ESMA;
46. fordert die externen Abschlussprüfer von Finanzeinrichtungen auf, dem ESRB regelmäßig über jeden einzelnen Sektor Bericht zu erstatten, um sektorale Trends und potenzielle Ursachen eines Systemrisikos sowie mögliche Ausfälle zu ermitteln, wobei die Verhältnismäßigkeit zu wahren ist;
47. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass den Ergebnissen, zu denen die nationalen Rechnungshöfe im Rahmen ihres Prüfungsauftrags gelangen, Rechnung getragen wird;
Konzentration und Marktstruktur
48. geht davon aus, dass in Anbetracht der derzeitigen Zusammensetzung des Marktes der Absturz eines der vier großen Unternehmen ein Risiko für die Glaubwürdigkeit des gesamten Berufsstands der Abschlussprüfer bedeuten würde;
49. geht davon aus, dass selbst wenn der Zusammenbruch eines Prüfungsunternehmens womöglich keinen unmittelbaren Dominoeffekt zulasten der übrigen Wirtschaft zur Folge hat, die Unternehmen, die als für eine Insolvenz zu groß gelten, ein Moral-Hazard-Risiko schaffen könnten und dass die Notfallpläne in Bezug auf die großen Prüfungsgesellschaften verstärkt werden müssen; ist der Auffassung, dass diese Pläne zum Ziel haben sollten, die Möglichkeit zu minimieren, dass eine Prüfungsgesellschaft ohne triftigen Grund aus dem Markt aussteigt, und die Ungewissheit und die Störungen, die ein solcher Ausstieg hervorrufen würde, zu verringern;
50. ist der Ansicht, dass die Notfallpläne ein wichtiges Mittel sind, um die ungeordnete Abwicklung eines Unternehmens zu verhindern, und dass die Notfallpläne einen Mechanismus beinhalten sollten, durch den die Regulierungsbehörde von jedem Problem unterrichtet wird, das eine Prüfungsgesellschaft auf nationaler oder internationaler Ebene bedroht, um es den Regulierungsbehörden zu ermöglichen, ihren Part zu übernehmen und solche Situationen mit der gebotenen Sorgfalt zu bewältigen;
51. unterstützt die Einführung von Notfallplänen („living wills“) für die vier großen Prüfungsgesellschaften und jene Prüfungsgesellschaften, die wesentliche Prüfungsleistungen für den Finanzsektor erbringen, sowie die Erstellung grenzübergreifender Notfallpläne für eine ordentliche Übergabe von Kundenverträgen, sollte sich ein wichtiger Akteur aus dem Markt zurückziehen;
52. betont, dass eines der Ziele jeder Maßnahme bei der Rechnungsprüfung die Entwicklung des Wettbewerbs unter den verschiedenen in dem Sektor tätigen Unternehmen sein muss, bei dem die Qualität, Genauigkeit und Gründlichkeit der Prüfung aufrechterhalten werden muss;
53. fordert die Kommission auf, für gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen im Prüfermarkt zu sorgen und die Vorschriften im Prüfungsbereich auf europäischer Ebene zu vereinfachen; erachtet einen leichteren Marktzugang und die Beseitigung von Hürden für den Markteintritt als Schlüsselelemente für die Gewinnung einer höheren Anzahl von Teilnehmern für den Prüfungsmarkt; vertritt die Ansicht, dass nicht die Vorstände der Unternehmen, sondern die Prüfungsausschüsse am ehesten in der Lage sind, die Prüfungsart auszuwählen, die den Bedürfnissen des geprüften Unternehmens am besten entspricht, und die Wirksamkeit und Qualität der Prüfung zu kontrollieren, und dass besonders die Unabhängigkeit des Prüfers betont werden sollte; plädiert dafür, dass die Kommission nach Möglichkeiten sucht, die es Unternehmen von öffentlichem Interesse, dem öffentlichen Sektor und den europäischen Institutionen ermöglichen, die Qualität der Prüfungsdienstleistungen, die die Prüfungsunternehmen unabhängig von ihrer Größe erbringen können, besser zu beurteilen;
54. erkennt an, dass die Durchführung gemeinsamer Prüfungen positive Auswirkungen auf die Diversifizierung des Wirtschaftsprüfungsmarkts haben könnte; verweist darauf, dass die einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Marktsituationen aufweisen und mit gemeinsamen Prüfungen unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben; fordert die Kommission auf zu prüfen, welche potenziellen Vorteile und Kosten mit einer verbindlichen Einführung sowohl für – insbesondere kleine – Prüfungsgesellschaften als auch für die geprüften Unternehmen und insbesondere Finanzeinrichtungen verbunden wären und wie sie sich auf die Konzentration des Prüfungsmarktes und die Stabilität der Finanzen auswirken könnte;
55. vertritt die Ansicht, dass Übernahmen durch die vier großen Unternehmen im Kontext ihrer Auswirkungen auf das Wachstum anderer Unternehmen oder Unternehmensnetze beurteilt werden müssen;
56. fordert die Kommission auf, den Einsatz von Ausübungsbeschränkungen durch Banken und sonstige Finanzeinrichtungen in Bezug auf Darlehen und sonstige Finanzprodukte für Unternehmen, durch die möglicherweise die Prüferwahl eingeschränkt wird, zu untersuchen;
57. erachtet es als unerlässlich, die Aufnahme einschränkender Klauseln zugunsten der vier großen Unternehmen in die Verträge zu verbieten;
58. fordert dazu auf, Fusionen mittlerer und kleiner Prüfungsgesellschaften zu fördern; legt der Kommission nahe, die Einführung eines Zertifikats und eines Qualitätsregisters für Prüfungsgesellschaften zu prüfen, das belegt, dass die mittleren und kleinen Prüfungsgesellschaften eine zufriedenstellende Arbeit leisten können; ist der Auffassung, dass im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen versucht werden sollte, andere Unternehmen als die vier großen Unternehmen zu engagieren, und dass öffentliche Stellen eine prozentuale Zielvorgabe für die Auftragsvergabe an solche Unternehmen einführen sollten;
59. fordert von der Kommission, bei Ausschreibungen von Unternehmen von öffentlichem Interesse vorzusehen, dass neben den vier großen Unternehmen mindestens zwei weiteren Gesellschaften fairer Zugang zum Ausschreibungsverfahren zu gewähren ist; geht davon aus, dass den Prüfungsausschüssen bei diesem Verfahren eine Schlüsselrolle zukommen muss und dass auch die Anteilseigner daran teilnehmen müssen; fordert die Kommission auf, die Vorgehensweisen der Prüfungsausschüsse im Zusammenhang mit Ausschreibungsverfahren zu überprüfen und dabei besonders der Frage nachzugehen, wie bürokratisch formale Ausschreibungsverfahren sind, um zu gewährleisten, dass die endgültige Entscheidung der Aktionäre über die Benennung der Prüfer auf einem Vorschlag des Prüfungsausschusses beruht; weist ferner darauf hin, dass dieser Vorschlag eine Beschreibung des betreffenden Verfahrens sowie die angewandten Kriterien und die Gründe, die der Empfehlung des Prüfungsausschusses zugrunde liegen, enthalten muss;
60. fordert die Kommission (GD Wettbewerb) auf, den Markt für Abschlussprüfungen gründlich zu untersuchen;
Schaffung eines europäischen Marktes
61. ist der Auffassung, dass die Abschlussprüfung ein integraler Bestandteil der Wiederbelebung des Binnenmarktes ist; fordert die Kommission auf, zu prüfen, inwieweit eine Erleichterung grenzübergreifender Prüfertätigkeiten zum Abbau von etwaigen Markteintrittsbarrieren und Kapazitätsengpässen führen könnte; fordert die Kommission auf, zu prüfen, inwieweit ein europäischer Markt für Prüfungsleistungen zur Verminderung der Komplexität und Kosten für alle Marktteilnehmer, insbesondere für kleine und mittelgroße Prüfungsgesellschaften, führen könnte; legt der Kommission nahe, alle relevanten Initiativen zur Annahme und zur Durchsetzung internationaler Prüfungsstandards im EU-Recht zu ergreifen, die zur Schaffung wahrhaft einheitlicher Wettbewerbsbedingungen für Prüfungsgesellschaften beitragen; erinnert an die Empfehlungen der Kommission zur Prüferhaftung; fordert vor diesem Hintergrund die Kommission auf, Vorschläge für eine schrittweise Harmonisierung als Weg zur Schaffung eines europäischen Passes für Abschlussprüfer vorzulegen und dabei besonders all jene Verfahren zu betonen, durch die die Unabhängigkeit des Prüfers sichergestellt wird;
62. fordert die Kommission auf, eine europaweite Haftungsregelung für den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer auszuarbeiten;
Internationale Zusammenarbeit
63. fordert die Kommission auf, ihre Bemühungen um eine stärkere Konvergenz zu intensivieren;
o o o
64. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.