Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. September 2011 zu dem Standpunkt und dem Engagement der EU im Hinblick auf die anstehende hochrangige Tagung der VN zur Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Aktionsplan der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2008–2013 zur globalen Strategie für die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten(1),
– unter Hinweis auf die Resolution der WHO vom 11. September 2006 zu dem Thema Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten in der WHO-Region Europa(2),
– unter Hinweis auf die Resolution 64/265 der VN vom Oktober 2010 zu der Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten(3),
– unter Hinweis auf die Moskauer Erklärung vom April 2011 über gesunde Lebensführung und die Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten(4),
– unter Hinweis auf die Resolution der Weltgesundheitsversammlung vom Mai 2011 zu nichtübertragbaren Krankheiten(5),
– unter Hinweis auf den Bericht des VN-Generalsekretärs über die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten(6),
– unter Hinweis auf den WHO-Bericht von 2008 über die weltweite Überwachung, Prävention und Bekämpfung chronischer Erkrankungen der Atemwege(7),
– unter Hinweis auf die Erklärung von Parma und die Handlungsverpflichtung, die im März 2011 von den Mitgliedstaaten der WHO-Region Europa verabschiedet wurden(8),
– und Hinweis auf die Asturias-Erklärung der WHO von 2011(9),
– unter Hinweis auf die im November 2006 angenommene Europäische Charta zur Bekämpfung der Adipositas(10),
– unter Hinweis auf die Artikel 168 und 179 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),
– gestützt auf Artikel 35 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 1. Februar 2007 zu dem Thema „Förderung gesunder Ernährung und körperlicher Bewegung: eine europäische Dimension zur Verhinderung von Übergewicht, Adipositas und chronischen Krankheiten“(11) und seine Entschließung vom 25. September 2008 zu dem Weißbuch zu Ernährung, Übergewicht, Adipositas: Eine Strategie für Europa(12),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Juli 2007 zu Maßnahmen zur Bekämpfung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen(13), seine Entschließung vom 10. April 2008 zur Bekämpfung von Krebs in der erweiterten Europäischen Union(14) und seine Erklärung vom 27. April 2006 zu Diabetes(15),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. September 2008 zu der Zwischenbewertung des europäischen Aktionsplans Umwelt und Gesundheit 2004-2010(16),
– unter Hinweis auf den Beschluss 1600/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juli 2002 über das Sechste Umweltaktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft(17),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. November 2010 zu den demografischen Herausforderungen und der Solidarität zwischen den Generationen(18) und seine Entschließung vom 8 März 2011 zu dem Abbau gesundheitlicher Ungleichheiten in der EU(19),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Mai 2010 zu der Mitteilung der Kommission über Maßnahmen zur Krebsbekämpfung: Europäische Partnerschaft(20) und zu dem Weißbuch der Kommission „Anpassung an den Klimawandel: Ein europäischer Aktionsrahmen“(21),
– unter Hinweis auf den Beschluss 2004/513/EG des Rates vom 2. Juni 2004 über den Abschluss des WHO-Rahmenübereinkommens zur Eindämmung des Tabakkonsums(22),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates von 2004 zur Herzgesundheit(23),
– unter Hinweis auf den Beschluss Nr. 1350/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über ein zweites Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich der Gesundheit (2008–2013)(24),
– unter Hinweis auf den Beschluss Nr. 1982/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 über das Siebte Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (2007–2013)(25),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 7. Dezember 2010 „Innovative Ansätze für chronische Krankheiten im öffentlichen Gesundheitswesen und in Gesundheitsfürsorgesystemen“(26),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 22. Juni 2006 zu dem Thema „Gemeinsame Werte und Prinzipien in den Gesundheitssystemen der Europäischen Union“ und die Schlussfolgerungen des Rates vom 6. Juni 2011 zu dem Thema „Hin zu modernen, bedarfsorientierten und tragfähigen Gesundheitssystemen“ (27),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 10. Mai 2010 zur Rolle der EU in der globalen Gesundheitspolitik(28),
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. unter Hinweis darauf, dass nach Aussagen der WHO 86 % der Todesfälle in Europa durch nichtübertragbare Krankheiten verursacht werden;
B. in der Erwägung, dass die vier verbreitetsten Arten nichtübertragbarer Krankheiten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen der Atemwege, Krebs und Diabetes sind und dass weitere bedeutende nichtübertragbare Krankheiten nicht vernachlässigt werden sollten;
C. in der Erwägung, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache sind und dass daran jährlich über zwei Millionen Menschen sterben; in der Erwägung, dass die verbreitetsten dieser Krankheiten koronare Herzkrankheit und Schlaganfall sind und dass darauf alljährlich mehr als ein Drittel (741 000) bzw. knapp über ein Viertel (508 000) aller Todesfälle im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen entfallen;
D. in der Erwägung, dass Krebs die zweithäufigste Todesursache ist, die bei der Gesamtbevölkerung 3–4 % und bei älteren Menschen 10–15 % trifft; in der Erwägung, dass nach Schätzungen alljährlich bei 2,45 Millionen Menschen in der EU Krebs diagnostiziert wird und 1,23 Millionen Todesfälle als Folge von Krebs erfasst werden; unter Hinweis darauf, dass die Häufigkeit von Krebs in der Kindheit in Europa um über 1 % jährlich zunimmt;
E. in der Erwägung, dass chronische Erkrankungen der Atemwege, gegen die Vorbeugung möglich ist, etwa Asthma und chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Millionen von Menschen in Europa heimsuchen;
F. in der Erwägung, dass es keine EU-weite Strategie oder Initiative gibt, die sich umfassend gegen Diabetes (Typ 1 und 2) richtet, eine Krankheit, die nach Schätzungen über 32 Millionen EU-Bürger haben, wobei eine annähernd gleiche Anzahl unter pathologischer Glukosetoleranz leidet, die sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit zu einer klinisch manifesten Diabetes entwickelt; unter Hinweis darauf, dass diese Zahlen sich infolge der um sich greifenden Adipositas, des Alterns der europäischen Bevölkerung und anderer Faktoren, die es noch zu ermitteln und genauer zu erforschen gilt, bis 2030 voraussichtlich um 16 % erhöhen;
G. in der Erwägung, dass vier Risikofaktoren zusammengenommen Ursache der meisten chronischen nichtübertragbaren Krankheiten sind: Tabakkonsum, unausgewogene Ernährung, Alkoholkonsum und mangelnde körperliche Betätigung; in der Erwägung, dass die Exposition gegenüber Umweltschadstoffen als fünfter wichtiger Faktor zu gelten hat;
H. in der Erwägung, dass der Tabakkonsum die häufigste Ursache vermeidbarer Todesfälle ist und dass ihm bis zu 50 % der langfristig Tabak konsumierenden Personen zum Opfer fallen;
I. in der Erwägung, dass Alkoholkonsum, unausgewogene Ernährung, Umweltbelastung und mangelnde körperliche Betätigung zu dem Risiko der Erkrankung an bestimmten Arten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes signifikant beitragen können;
J. in der Erwägung, dass körperliche Betätigung zunehmend als wichtiger Faktor für die Vorbeugung gegen nichtübertragbare Krankheiten erkannt wird;
K. unter Hinweis darauf, dass sieben Faktoren, die zu einem verfrühten Tod beitragen können, mit Ernährungsgewohnheiten und Gewohnheiten bezüglich körperlicher Betätigung zusammenhängen: hoher Blutdruck, hohe Cholesterinwerte, hoher Körpermasse-Index, ungenügende Aufnahme von Obst und Gemüse, Bewegungsmangel, übermäßiger Alkoholkonsum, Rauchen;
L. in der Erwägung, dass gegen die meisten chronischen nichtübertragbaren Krankheiten Vorbeugung möglich ist, besonders durch Reduzierung oder Vermeidung entscheidender Risikofaktoren wie Rauchen, unausgewogene Ernährung, Bewegungsmangel, Alkoholkonsum und Exposition gegenüber bestimmten Chemikalien; in der Erwägung, dass eine wirkungsvolle Umweltpolitik, zu der auch die Durchsetzung geltender Vorschriften und Normen gehört, umfangreiche Präventionsmöglichkeiten bietet;
M. in der Erwägung, dass bei der Ausarbeitung von Strategien für Vorbeugung und Früherkennung auch weitere Faktoren berücksichtigt werden sollten, wie Alter, Geschlecht, genetischer Hintergrund und physiologischer Zustand einschließlich Adipositas;
N. in der Erwägung, dass die meisten nichtübertragbaren Krankheiten gemeinsame Symptome haben, wie chronische Schmerzen und Probleme der geistigen Gesundheit, die den Zustand der Patienten und ihre Lebensqualität unmittelbar beeinträchtigen und gegen die mit einem gemeinsamen, horizontalen Ansatz vorgegangen werden sollte, damit die Gesundheitssysteme diese Krankheiten kostengünstiger in den Griff bekommen können;
O. in der Erwägung, dass die Chancen zur Vorbeugung noch immer nicht ausreichend genutzt werden, obwohl erwiesen ist, dass Strategien zur Vorbeugung gegen nichtübertragbare Krankheiten, die die gesamte Bevölkerung erfassen, die Kosten stetig sinken lassen;
P. unter Hinweis darauf, dass 97 % der Ausgaben für Gesundheit gegenwärtig auf Behandlung und nur 3 % auf Investitionen in Vorbeugung entfallen und dass die Kosten der Behandlung und Bewältigung nichtübertragbarer Krankheiten wegen der umfassenden Verfügbarkeit von Diagnosen und Therapien dafür steigen;
Q. unter Hinweis darauf, dass die WHO die Zunahme der nichtübertragbaren Krankheiten als Epidemie einstuft und dass diese nach ihren Schätzungen bis 2030 52 Millionen Todesopfer fordern wird;
R. in der Erwägung, dass das Weltwirtschaftsforum und die Harvard School of Public Health Daten veröffentlicht haben, anhand deren geschätzt wird, dass nichtübertragbare Krankheiten im Zeitraum 2005–2030 voraussichtlich 25 Billionen Euro Einbußen an der weltweiten Wirtschaftsleistung verursachen werden;
S. in der Erwägung, dass nichtübertragbare Krankheiten die Verwirklichung der Strategie Europa 2020 bremsen und den Menschen die Aussicht auf ein gesundes und produktives Leben versagen können;
T. in der Erwägung, dass die EU wesentlich dazu beizutragen hat, Fortschritte bezüglich der weltweiten gesundheitspolitischen Herausforderungen zu beschleunigen, zu denen auch die gesundheitsbezogenen Millenniums-Entwicklungsziele und nichtübertragbare Krankheiten gehören, wie der Rat in seinen Schlussfolgerungen zur Rolle der EU in der globalen Gesundheitspolitik erklärt hat;
U. in der Erwägung, dass bestimmte Faktoren, die nichtübertragbaren Krankheiten zugrunde liegen, ohne Zweifel von weltweiten Problemen herrühren, wie Umweltbelastung, und deshalb auf internationaler Ebene in Angriff genommen werden sollten; in der Erwägung, dass sonstige Aspekte entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip auf nationaler oder regionaler Ebene behandelt werden können;
V. unter Hinweis darauf, dass vorgeburtliche Bedingungen, auch die Exposition gegenüber Umweltbelastungen, sich lebenslang auf viele Aspekte von Gesundheit und Wohlbefinden auswirken, besonders was die Wahrscheinlichkeit von Erkrankungen der Atemwege angeht, und dass sie die Wahrscheinlichkeit der Erkrankung an Krebs und Diabetes erhöhen können;
W. in der Erwägung, dass die Menschen im Durchschnitt betrachtet länger und gesünder als frühere Generationen leben, dass aber die EU vor dem Hintergrund des Alterns der Bevölkerung und des neuen Phänomens der Hochbetagten einer epidemischen Zunahme chronischer Erkrankungen und Mehrfacherkrankungen gegenübersteht sowie der entsprechenden Gefahr für bzw. dem verstärkten Druck auf die Zukunftsfähigkeit der nationalen Gesundheitssysteme;
X. in der Erwägung, dass auch sozioökonomische Faktoren wesentlichen Einfluss auf die Gesundheit haben und dass sowohl von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat als auch innerhalb der Mitgliedstaaten ein Gesundheitsgefälle besteht;
Y. unter Hinweis darauf, dass bis 2020 der Mangel an Angehörigen der Gesundheitsberufe in Europa, also an Ärzten, Krankenschwestern und Krankenpflegern, Zahnärzten, Pharmazeuten und Physiotherapeuten, nach Schätzungen 1 Million betragen wird;
Z. in der Erwägung, dass soziale und ökologische Faktoren eindeutig als Gesundheitsdeterminanten gelten sollten, wenn man bedenkt, dass beispielsweise die Luftbelastung in Innenräumen Ursache für 1,6 Millionen Todesfälle jährlich ist, wodurch sie zu einer erheblichen umweltbedingten Gesundheitsgefahr in Europa wird und eine wesentliche Minderung der Lebenserwartung und der Produktivität bewirkt;
AA. in der Erwägung, dass die EU-Bürger sich Sorgen über die möglichen Auswirkungen des Zustands der Umwelt auf ihre Gesundheit machen, wobei die möglichen Folgen gefährlicher Chemikalien die meiste Sorge bereiten; unter Hinweis darauf, dass z.B. die Partikelbelastung in den 27 EU-Mitgliedstaaten als Ursache von über 455 000 Todesfällen jährlich nach Erkrankungen des Herzens oder der Atemwege gilt;
1. verlangt ein starkes politisches Engagement der Kommission und der Mitgliedstaaten, das der Bedeutung und dem Umfang der weltweiten Zunahme nichtübertragbarer Krankheiten gerecht wird;
2. verlangt von der EU, für ein hochgestecktes Ziel bezüglich der Verringerung der Zahl der vermeidbaren Todesfälle durch nichtübertragbare Krankheiten einzutreten, wie es das von der WHO gesetzte Ziel einer Senkung der nationalen Sterblichkeitsraten bis 2025 um 25 % gegenüber den Zahlen von 2010 ist;
3. fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, die nachstehenden fünf Kernzusagen zu übernehmen und sie in die politische Erklärung aufzunehmen, die auf dem hochrangigen Treffen der VN zum Thema nichtübertragbare Krankheiten im September 2010 abzugeben ist:
–
Verringerung der Zahl der vermeidbaren Todesfälle durch nichtübertragbare Krankheiten bis 2025 um 25 %, wie von der WHO empfohlen,
–
Durchführung kostengünstiger und kostensparender Maßnahmen, zu denen gehören: die zügigere Umsetzung des WHO-Rahmenabkommens zur Eindämmung des Tabakkonsums, Verbesserung des Zugangs zu und Förderung von gesunder Ernährung, Maßnahmen zur Verringerung der Aufnahme von Salz, Zucker, gesättigten Fettsäuren und Transfetten, wirksame Bekämpfung des Alkoholmissbrauchs, Zugang zu und Förderung von körperlicher Betätigung sowie Verringerung der Exposition der Bevölkerung gegenüber Umweltbelastungen, auch gegenüber Chemikalien mit endokriner Wirkung und sonstigen Umweltschadstoffen,
–
Beobachtung der Tendenzen der durch nichtübertragbare Krankheiten bedingten Sterblichkeit und der gängigen auf diese Krankheiten bezogenen Risikofaktoren,
–
Einführung von weltweiten und nationalen Mechanismen der Rechenschaftspflicht für alle wichtigen einschlägigen Akteure,
–
Schaffung einer hochrangigen Partnerschaft im Jahr 2012 zur Förderung der Umsetzung der Empfehlungen und Veranstaltung eines hochrangigen Treffens zur Prüfung des Umfangs, in dem die Verpflichtungen eingehalten wurden, im Jahr 2014;
4. fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, die zum Abschluss des hochrangigen Treffens abzugebende politische Erklärung aktiv umzusetzen, wobei alle einschlägigen Institutionen und Organe der EU mitwirken sollten, um den Herausforderungen im Zusammenhang mit nichtübertragbaren Krankheiten zu begegnen;
5. fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, die Primärprävention, die Erforschung und die Frühdiagnose und frühe Bewältigung der vier häufigsten Arten von nichtübertragbaren Krankheiten – Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen der Atemwege, Krebs und Diabetes – auszuweiten, ohne dass weitere bedeutende nichtübertragbare Krankheiten wie mentale und neurologische Störungen, unter anderem die Alzheimersche Krankheit, vernachlässigt würden; betont die Bedeutung einer frühzeitigen Ermittlung der Personen, bei denen das Risiko, eine dieser Krankheiten zu bekommen oder daran zu sterben, hoch ist oder bei denen eine vorherige Disposition, chronische schwere Krankheiten und Risikofaktoren, die nichtübertragbare Krankheiten verschlimmern, gegeben sind;
6. betont, dass es eines integrierten, ganzheitlichen, auf die Patienten ausgerichteten Konzepts in Bezug auf langfristige Krankheitsfaktoren bedarf, das Krankheitsvorbeugung und die Förderung einer gesunden Lebensweise, Frühdiagnose, Beobachtung und Aufklärung sowie Kampagnen zur Sensibilisierung gegenüber Risikofaktoren, Vorgeschichte und ungesunder Lebensweise (Tabakkonsum, schlechte Ernährung, Bewegungsmangel und Alkoholkonsum) und die Koordinierung der Pflege in Krankenhäusern und im Gemeinwesen umfasst;
7. verlangt, dass Präventionsstrategien in Bezug auf nichtübertragbare Krankheiten bereits bei frühen Altersstufen angewandt werden; betont, dass mehr für die Aufklärung in Schulen über gesundes Bewegungsverhalten getan werden muss; stellt fest, dass weltweit adäquate Ressourcen für diese Aufklärungstätigkeit verfügbar gemacht werden sollten;
8. weist darauf hin, dass Maßnahmen in Bezug auf die mit nichtübertragbaren Krankheiten zusammenhängenden Verhaltensfaktoren sowie soziale, ökonomische und ökologische Faktoren zügig und vollständig durchgeführt werden sollten, um möglichst wirkungsvolle Reaktionen auf diese Krankheiten zu erreichen und zugleich die Lebensqualität und die gesundheitsbezogene Gleichstellung zu verbessern;
9. stellt fest, dass der Schwerpunkt der Modelle für die chronische Behandlung fortgeschrittener chronischer Erkrankungen verlagert werden muss zugunsten der Maßnahmen bei Menschen in den frühen Phasen nichtübertragbarer Gesundheitsstörungen, wobei das Ziel letztlich nicht nur in der Bewältigung der Krankheiten besteht, sondern auch in der Verbesserung der Prognosen für Patienten mit chronischen Gesundheitsstörungen; hebt zugleich die Bedeutung der Palliativpflege hervor;
10. begrüßt es, dass vorherige Ratsvorsitzländer Vorbeugung und Eindämmung chronischer nichtübertragbarer Krankheiten wichtig genommen haben, was für den spanischen Ratsvorsitz im Fall der Herz-Kreislauf-Erkrankungen und für den polnischen Ratsvorsitz im Fall der Konferenzen zu den Themen „Chronische Erkrankungen der Atemwege in der Kindheit“ und „Solidarität im Gesundheitswesen: Abbau gesundheitlicher Ungleichheit in der EU“ gilt;
11. verlangt die Aufstellung deutlicher Protokolle und auf Krankheitsanzeichen beruhender Leitlinien bei den meisten gängigen nichtübertragbaren Krankheiten zu dem Zweck, eine angemessene Betreuung und Behandlung der Patienten vonseiten aller Angehörigen der Gesundheitsberufe, einschließlich Fachärzte, Allgemeinmediziner und spezialisierte Krankenschwestern/Krankenpfleger, zu sorgen;
12. betont, dass Forschung und Aufklärung in Bezug auf chronische Erkrankungen auf allen Ebenen notwendig sind, besonders in Bezug auf die vier gängigsten Arten nichtübertragbarer Krankheiten – ohne dass weitere bedeutende unter diesen Krankheiten vernachlässigt würden – und auf die Senkung der Risikofaktoren, allgemeine Maßnahmen im Gesundheitswesen und Wechselwirkungen zwischen Umweltbelastungsquellen und Gesundheitsfolgen, wobei eine fachgebietsübergreifende Zusammenarbeit auf dem Gebiet der nichtübertragbaren Krankheiten in Regionen und Staaten mit adäquaten Ressourcen als forschungspolitische Priorität zu gelten hat;
13. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die EU-Luftqualitätsnormen einzuhalten und die WHO-Leitlinien für die Luftqualität im Freien und in Innenräumen sowie die Erklärung von Parma und die Handlungsverpflichtung von 2010 zu befolgen, in denen es heißt, dass gegen die Gesundheitsfolgen des Klimawandels vorgegangen werden muss;
14. betont, dass die Richtlinie über Tabakerzeugnisse unverzüglich und wirkungsvoll überarbeitet werden muss;
15. betont, dass die EU und die Mitgliedstaaten, damit die auf nichtübertragbare Krankheiten bezogenen Ziele erreicht und die gesundheits-, sozial- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen bewältigt werden, weiterhin die Prävention und die Verringerung von Risikofaktoren in alle einschlägigen Gesetzgebungs- und Politikbereiche und besonders in ihre Umwelt-, Lebensmittel- und Verbraucherpolitik integrieren müssen;
16. stellt fest, dass die auf das Gesundheitswesen bezogenen Maßnahmen aufgrund von Artikel 168 AEUV hauptsächlich in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegen, hebt es jedoch als wichtig hervor, eine EU-Strategie in Bezug auf chronische nichtübertragbare Krankheiten aufzustellen, auf die eine Empfehlung des Rates folgt, wobei einzelne Textteile auf die vier gängigsten Arten nichtübertragbarer Krankheiten zu beziehen und auch geschlechterspezifische Aspekte zu berücksichtigen sind, und zwar in Zusammenarbeit mit einschlägigen Akteuren einschließlich Patienten und Angehörigen der Gesundheitsberufe;
17. fordert die Mitgliedstaaten auf, bis 2013 auf nichtübertragbare Krankheiten bezogene nationale Pläne aufzustellen, insbesondere hinsichtlich der vier gängigsten nichtübertragbaren Krankheiten, wobei die Ressourcen der Bedeutung der Belastung durch nichtübertragbare Krankheiten entsprechen sollten, und einen weltweiten Mechanismus zur hochrangigen Koordinierung der Maßnahmen gegen nichtübertragbare Krankheiten ins Leben zu rufen;
18. weist darauf hin, dass die Durchführung von auf nichtübertragbare Krankheiten bezogenen nationalen Plänen, flankiert durch eine wirkungsvollere Prävention, Diagnose und Bewältigung dieser Krankheiten und bezogen auf Risikofaktoren, wie Vorgeschichte und chronische schwere Krankheiten, die durch diese Krankheiten bedingte Gesamtbelastung wesentlich verringern und damit viel zur Erhaltung der Zukunftsfähigkeit der nationalen Gesundheitssysteme beitragen könnte;
19. fordert die Kommission auf, fortlaufend EU-weit die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Durchführung ihrer auf nichtübertragbare Krankheiten bezogenen nationalen Pläne zu überwachen und darüber Bericht zu erstatten, wobei die vier gängigsten Arten nichtübertragbarer Krankheiten besonders zu beachten sind und ein Schwerpunkt bei den Fortschritten in den Bereichen Prävention, Früherkennung, Behandlung und Forschung zu setzen ist;
20. fordert die Mitgliedstaaten auf, auf die Erhöhung der Zahl der in den Gesundheitssystemen ausgebildeten und tatsächlich dort beschäftigten Personen hinzuarbeiten, um mit mehr Erfolg gegen die Belastung durch nichtübertragbare Krankheiten vorzugehen;
21. betont, dass Kohärenz und ein gemeinsames Konzept gefordert sind, auch in Bezug auf die politische Erklärung der VN und die laufenden Maßnahmen des Rates und der Kommission, d. h. auf den notwendigen Reflexionsprozess hinsichtlich chronischer Krankheiten;
22. fordert die Kommission auf, die Erweiterung des Auftrags des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) auf nichtübertragbare Krankheiten und seinen Einsatz als Einrichtung für Datensammlung und Formulierung von Empfehlungen zu nichtübertragbaren Krankheiten in Erwägung zu ziehen und die entsprechenden Möglichkeiten zu sondieren, sodass für Entscheidungsträger, Wissenschaftler und Ärzte Detailkenntnisse über bewährte Praxis und ein erweitertes Wissen auf dem Gebiet der nichtübertragbaren Krankheiten verfügbar werden;
23. betont, dass Prioritäten für eine zentralisierte Datenerfassung aufgestellt werden müssen, um vergleichbare Daten zu erhalten, durch die EU-weit bessere Planungen und Empfehlungen möglich werden;
24. verlangt eine umfassende Überprüfung der Umsetzung der politischen Erklärung der VN bis 2014;
25. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass eine hochrangige Delegation an der Tagung der VN am 19./20. September 2011 teilnimmt und dort einen ambitionierten und koordinierten Standpunkt der EU vorlegt;
26. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Botschafter der EU bei den Vereinten Nationen, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und dem Generaldirektor der WHO zu übermitteln.