Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. September 2011 zu dem politischen Konzept der Europäischen Union für die ITU-Weltfunkkonferenz 2012 (WRC-12)
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission KOM(2011)0180 vom 6. April 2011 zu dem politischen Konzept der Europäischen Union für die ITU-Weltfunkkonferenz 2012 (WRC-12),
– unter Hinweis auf die Agenda der ITU WRC-12,
– unter Hinweis auf die Digitale Agenda im Rahmen der Strategie Europa 2020,
– unter Hinweis auf die Stellungnahme der Gruppe für Frequenzpolitik zu gemeinsamen politischen Zielen für die WRC-12,
– unter Hinweis auf seinen Standpunkt vom 11. Mai 2011(1) zum Programm für die Funkfrequenzpolitik,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Verkehr, Telekommunikation und Energie“ vom 27. Mai 2011 in Bezug auf die WRC-12,
– unter Hinweis auf Artikel 8a Absatz 4 und Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie 2009/140/EG vom 25. November 2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/21/EG vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste,
– gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Konferenz im Jahre 2012 Änderungen der ITU-Vollzugsordnung für den Funkdienst beschließen wird;
B. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass internationale Abkommen im Zusammenhang mit der ITU, deren Vertragsparteien sie sind, mit dem bestehenden EU-Recht vereinbar sind, insbesondere mit den einschlägigen Vorschriften und Grundsätzen des EU-Rechtsrahmens für die elektronische Kommunikation;
C. in der Erwägung, dass Funkfrequenzen eine knappe öffentliche Ressource sind, die in einer wachsenden Zahl von Bereichen eine kritische Rolle spielt;
D. in der Erwägung, dass, wie in der Digitalen Agenda für Europa hervorgehoben wird, drahtloser Breitbandzugang und Kommunikationsdienste wichtige Triebkräfte für das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit Europas im weltweiten Maßstab sind;
E. in der Erwägung, dass Europa das Potenzial, das die digitale Wirtschaft bietet, nur dann in vollem Umfang nutzen kann, wenn ein gut funktionierender gesamteuropäischer digitaler Binnenmarkt geschaffen wird;
F. in der Erwägung, dass die harmonisierte Freigabe zusätzlicher Funkfrequenzen in Europa und weltweit eine wichtige Möglichkeit darstellt, um Kapazitätsengpässe in mobilen Netzen zu verringern, die Entwicklung neuer Dienstleistungen anzuregen und das Wachstum zu fördern;
G. in der Erwägung, dass die Verfügbarkeit von Funkfrequenzen ein wichtiges Thema dieser Konferenz ist, insbesondere in Bezug auf die digitale Dividende im 800-MHz-Band;
H. in der Erwägung, dass eine Reihe weiterer Themen relevant für Politikbereiche der EU ist (Informationsgesellschaft, Verkehr, Raumfahrtpolitik, Galileo, Binnenmarkt, Umwelt, audiovisuelle Politik, Forschung u. a.);
I. in der Erwägung, dass auf jeder Weltfunkkonferenz die Themen der jeweils nächsten Konferenz festgelegt werden;
1. begrüßt die Mitteilung der Kommission und stimmt der Analyse der Bedeutung der Auswirkungen der WRC-12 auf die Politik der EU zu;
2. ist der Ansicht, dass die EU bei multilateralen Verhandlungen einheitliche Standpunkte vertreten muss, um die Durchsetzung ihrer Interessen zu fördern und bei der Nutzung von Funkfrequenzen weltweite Synergieeffekte und Größenvorteile zu erzielen; fordert die Mitgliedstaaten deshalb nachdrücklich auf, diese politischen Leitlinien uneingeschränkt zu bestätigen und sich bei der WRC-12 aktiv für sie einzusetzen und sie zu verteidigen; ist darüber hinaus der Ansicht, dass sich die Mitgliedstaaten auf der Grundlage des Programms für die Funkfrequenzpolitik in enger Abstimmung gemeinsam mit der Kommission auf eine gemeinsame Position der Union verständigen sollten, solange die Kommission nicht das Recht hat, in der ITU im Namen der EU zu sprechen;
3. macht auf die 25 Tagesordnungspunkte der WRC-12 und auf ihre möglichen Auswirkungen auf die politischen Strategien und Ziele der EU aufmerksam;
4. fordert die Mitgliedstaaten auf, das Erreichen dieser Ziele zu gewährleisten und sich gegen jede Änderung der ITU-Vollzugsordnung für den Funkdienst zu wenden, durch die deren Anwendungsbereich und Inhalt beeinträchtigt würden; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf sicherzustellen, dass die Grundsätze des Vertrags über die Europäische Union und des gemeinschaftlichen Besitzstands eingehalten werden;
5. ist der Ansicht, dass die Kommission die Mitgliedstaaten bei ihren bilateralen und multilateralen Verhandlungen mit Drittstaaten in technischer und politischer Hinsicht unterstützen und mit ihnen bei der Aushandlung internationaler Übereinkommen, insbesondere mit jenen Drittstaaten, bei denen es aufgrund unterschiedlicher Zuweisungspläne zu Interferenzen kommen kann, zusammenarbeiten sollte;
6. weist erneut auf seinen Standpunkt zum Programm für die Funkfrequenzpolitik und, insbesondere mit Blick auf die Studie der ITU zu den Voraussetzungen für die die IMT-Advanced-Mobilfunknorm, auf die Notwendigkeit hin, für den mobilen Datenverkehr bis 2015 hinreichende und geeignete Funkfrequenzen in einer Gesamtbandbreite von mindestens 1 200 MHz bereitzustellen, um die Verwirklichung der politischen Ziele der Union voranzubringen und der wachsenden Nachfrage nach mobilem Datenverkehr bestmöglich Rechnung zu tragen; weist darauf hin, dass sämtliche neuen Maßnahmen transparent sein und nicht zu Wettbewerbsverzerrungen oder zur Benachteiligung neuer Akteure auf dem Telekommunikationsmarkt führen sollten;
7. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Kommission dabei zu unterstützen, die Aufnahme dieses wichtigen Punktes in die Tagesordnung der nächsten WRC im Jahre 2016 zu erwirken; bekräftigt, dass es in diesem Zusammenhang wichtig ist, dass die EU, wie im Programm für die Funkfrequenzpolitik vorgeschlagen, eine Bestandsaufnahme der Frequenznutzung in der EU und von deren Effizienz vornimmt;
8. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission erneut auf, gemäß den Feststellungen der ITU eine ehrgeizige Harmonisierungsplanung zu verfolgen, und fordert die Kommission auf zu untersuchen und zu überprüfen, inwieweit es notwendig ist, zusätzliche Frequenzbänder freizugeben, und, um dies in Abhängigkeit von den notwendigen Entscheidungen bis 2012 bzw. 2016 zu ermöglichen, dabei die Entwicklung der Funkfrequenztechnik, die Erfahrungen mit neuen Dienstleistungen auf dem Markt, den möglichen zukünftigen Bedarf im Bereich des terrestrischen Rundfunks und Fernsehens und den Mangel an Funkfrequenzen in anderen Bändern, die für die Versorgung mit drahtlosen Breitbanddiensten geeignet sind, zu berücksichtigen;
9. hebt hervor, dass drahtlose Breitbanddienste wesentlich zu Wirtschaftsaufschwung und -wachstum beitragen; betont, dass ausreichende und effizient verwaltete Funkfrequenzen notwendig sind, um sowohl hinsichtlich der Kapazitäten als auch der Versorgung auf die wachsende Nachfrage seitens der Verbraucher zu reagieren;
10. ist der Ansicht, dass die wachsende Rolle der EU im Bereich der Frequenznutzung eine stärkere formale Stellung der Union in der ITU erforderlich macht, und unterstützt deshalb nachdrücklich eine erneute Überprüfung des Status der EU auf der nächsten Bevollmächtigtentagung der ITU im Jahre 2014;
11. hebt die Bedeutung von Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten hervor, damit die EU das vollständige Potenzial der Innovationsmöglichkeiten im Bereich der Funkfrequenztechnik nutzen kann;
12. hebt hervor, dass es wichtig ist, dass die EU im Bereich der Funkfrequenztechnik eine Vorreiterrolle einnimmt und weltweit ein Beispiel für bewährte Verfahren und Zusammenhalt setzt;
13. betont, dass Geräte, die Funkfrequenzen nutzen, der Gefahr von Angriffen über das Internet ausgesetzt sind, und hebt hervor, dass ein weltweit abgestimmter Ansatz zur Verbesserung der Sicherheit im Internet notwendig ist;
14. fordert die Kommission auf, über die Ergebnisse und Erfolge der WRC-12 Bericht zu erstatten;
15. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.