Entschließung des Europäischen Parlaments vom 1. Dezember 2011 zu den Empfehlungen des Europäischen Parlaments an den Rat, die Kommission und den EAD zu den Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen EU-Ukraine (2011/2132(INI))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) zwischen der Europäischen Union (EU) und der Ukraine, das am 1. März 1998 in Kraft trat und das durch das Assoziierungsabkommen ersetzt werden soll(1),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1638/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 2006 zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen zur Schaffung eines Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments (ENPI)(2) und auf das Nationale Richtprogramm 2011–2013 für die Ukraine,
– unter Hinweis auf die laufenden Verhandlungen zwischen der EU und der Ukraine über das Assoziierungsabkommen, einschließlich der Verhandlungen über eine weitreichende und umfassende Freihandelszone,
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates zur Ukraine vom 22. Januar 2007, in denen er die Verhandlungsleitlinien angenommen hat,
– unter Hinweis auf die Mitgliedschaft der Ukraine in der Welthandelsorganisation, die seit März 2008 wirksam ist,
– unter Hinweis auf die Erklärung seines Präsidenten zur Verurteilung der ehemaligen ukrainischen Ministerpräsidentin Julija Tymoschenko am 11. Oktober 2011,
– in Kenntnis der am 7. Mai 2009 auf dem Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft in Prag abgegebenen Gemeinsamen Erklärung,
– unter Hinweis auf die Ergebnisse der jüngsten Gipfeltreffen EU-Ukraine sowie die Tatsache, dass die Ukraine auf dem Gipfeltreffen EU-Ukraine 2008 in Paris als ein europäisches Land anerkannt wurde, das durch eine gemeinsame Geschichte und gemeinsame Werte mit den Ländern der EU verbunden ist, sowie auf die Schlussfolgerungen des Gipfeltreffens EU-Ukraine, das am 4. Dezember 2009 in Kiew stattfand,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Ukraine und insbesondere seine Entschließungen vom 25. Februar 2010(3), vom 25. November 2010(4), vom 9. Juni 2011(5) und vom 27. Oktober 2011(6),
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ zur Östlichen Partnerschaft vom 25. Oktober 2010,
– unter Hinweis auf den Aktionsplan EU-Ukraine zur Abschaffung der Visumpflicht, der am 22. November 2010 angenommen wurde,
– unter Hinweis auf den Beitritt der Ukraine zum Vertrag über die Energiegemeinschaft am 1. Februar 2011,
– unter Hinweis auf die Assoziierungsagenda EU-Ukraine, die den Aktionsplan ersetzte und im Juni 2009 vom Kooperationsrat EU-Ukraine gebilligt wurde, und auf die Prioritätenliste für die Assoziierungsagenda EU-Ukraine für 2011 und 2012,
– in Kenntnis der gemeinsamen Mitteilung vom 25. Mai 2011 mit dem Titel „Eine neue Antwort für eine Nachbarschaft im Wandel“ (KOM(2011)0303) und der Schlussfolgerungen des Rates zur Europäischen Nachbarschaftspolitik, die am 20. Juni 2011 vom Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ angenommen wurden,
– in Kenntnis des am 25. Mai 2011 von der Kommission angenommenen Fortschrittsberichts zur Ukraine (SEK(2011)0646),
– unter Hinweis auf die EU-Strategie für den Donauraum,
– gestützt auf Artikel 90 Absatz 5 und Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sowie der Stellungnahme des Ausschusses für internationalen Handel (A7-0387/2011),
A. in der Erwägung, dass mit dem künftigen Assoziierungsabkommen mit der Ukraine eine neue Generation von Assoziierungsabkommen gemäß Artikel 217 AEUV entsteht und dass es einen bisher ungekannten Grad der Integration zwischen der EU und einem Drittland beinhaltet; in der Erwägung, dass sich die Ukraine mit diesem Abkommen verpflichtet, einen Großteil des gemeinschaftlichen Besitzstands umzusetzen; in der Erwägung, dass die Verhandlungen mit der Ukraine die am weitesten fortgeschrittenen Verhandlungen in der Östlichen Nachbarschaft sind und sie daher als ein Beispiel für die gesamte Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) dienen;
B. in der Erwägung, dass die Ukraine ein für die EU strategisch wichtiges Land ist; in der Erwägung, dass die Ukraine angesichts ihrer Größe, ihrer Bodenschätze, ihrer Bevölkerung und ihrer geografischen Lage eine herausragende Stellung in Europa einnimmt und ein maßgeblicher regionaler Akteur ist, der einen erheblichen Einfluss auf Sicherheit, Stabilität und Wohlstand des ganzen Kontinents ausübt und daher seinen Teil der politischen Verantwortung tragen sollte;
C. in der Erwägung, dass die Ukraine ein europäischer Staat ist und gemäß Artikel 49 EUV so wie jeder europäische Staat, der sich auf die Grundsätze der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten, der Minderheitenrechte sowie der Rechtsstaatlichkeit stützt, einen Antrag auf Mitgliedschaft in der EU stellen kann; in der Erwägung, dass der Abschluss eines Assoziierungsabkommens EU-Ukraine, einschließlich einer weitreichenden und umfassenden Freihandelszone, für die europäische Perspektive der Ukraine wichtig sein wird;
D. in der Erwägung, dass sich die EU nachdrücklich für eine stabile und demokratische Ukraine ausspricht, die die Grundsätze einer sozialen und integrativen Marktwirtschaft, der Rechtsstaatlichkeit (einschließlich einer unabhängigen Justiz), der Menschenrechte und des Schutzes von Minderheiten achtet und die Grundrechte garantiert; in der Erwägung, dass die Anstrengungen der Ukraine, für innenpolitische Stabilität zu sorgen, ein Umfeld zu schaffen, das durch einen starken politischen Pluralismus, demokratische Freiheiten und die Achtung der Rechtsstaatlichkeit gekennzeichnet ist, und innerstaatliche Reformen zu intensivieren, die weitere Entwicklung der europäischen Perspektive der Ukraine beschleunigen und erleichtern;
E. in der Erwägung, dass die Verurteilung der ehemaligen Ministerpräsidentin der Ukraine, Julija Tymoschenko, am 11. Oktober 2011 zu sieben Jahren Haft und die Prozesse gegen andere Minister Anlass zu ernster Besorgnis in der EU gegeben haben und weithin entweder als Racheakte oder als Teil des Bestrebens gewertet werden, Mitglieder der Opposition zu verurteilen und zu verhaften, damit sie nicht für die Parlamentswahl im kommenden Jahr oder bei der Präsidentschaftswahl 2015 kandidieren und sich nicht an den entsprechenden Wahlkämpfen beteiligen können; in der Erwägung, dass das selektiv gegen Julija Tymoschenko angewendete Gesetz noch aus der Zeit der Sowjetunion stammt und die strafrechtliche Verfolgung politischer Entscheidungen vorsieht; weist darauf hin, dass Artikel 364 und 365 dieses Gesetzes, über deren Neufassung gegenwärtig in der Werchowna Rada beraten wird, den Normen der EU und der VN nicht entsprechen;
F. in der Erwägung, dass in jüngster Zeit Bedenken in Bezug auf die Medienfreiheit, die Freiheit der Zivilgesellschaft, die Durchführung von Wahlen und die Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine geäußert wurden;
G. in der Erwägung, dass die führenden Politiker und Amtsträger der Ukraine wiederholt ihr Bekenntnis zur europäischen Integration und ihr langfristiges Ziel bekräftigt haben, die Ukraine in die Lage zu versetzen, ein Mitgliedstaat der EU zu werden, und in der Überzeugung, dass ein Assoziierungsabkommen ein Instrument von zentraler Bedeutung für die Verwirklichung dieses Ziels ist; in der Erwägung, dass alle politischen Handlungsträger in der Ukraine sowie die Zivilgesellschaft und die Öffentlichkeit weiterhin dieses Ziel verfolgen; in der Erwägung, dass die verstärkte Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und den Mitgliedern des Europäischen Parlaments sowie zwischen der Ukraine und den Parlamenten der Mitgliedstaaten ein begrüßenswertes Beispiel für die Zusammenarbeit verschiedener politischer Kräfte mit dem Ziel darstellt, die europäische Perspektive der Ukraine voranzutreiben, und fortgesetzt werden sollte;
H. in der Erwägung, dass die EU die Menschenrechte und die Demokratie zu einem Kernaspekt ihrer Europäischen Nachbarschaftspolitik gemacht hat;
I. in der Erwägung, dass die Ukraine eine aktive Rolle bei der Gestaltung und der Tätigkeit der parlamentarischen Versammlung EURONEST, der parlamentarischen Dimension der Östlichen Partnerschaft und der Plattform für die Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten der östlichen Nachbarn der EU spielt;
J. in der Erwägung, dass sich die europäische Perspektive der Ukraine auf eine Politik der systematischen und unumkehrbaren Reformen in einigen wichtigen institutionellen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereichen stützen muss; in der Erwägung, dass wichtige Reformen bereits durchgeführt wurden oder werden, wohingegen andere noch eingeleitet werden müssen; in der Erwägung, dass der durch das Assoziierungsabkommen geschaffene Rahmen der Ukraine ein unverzichtbares Modernisierungsinstrument, einen Fahrplan für die Durchführung innenpolitischer Reformen sowie ein Instrument für die nationale Aussöhnung bieten wird, die das Land dabei unterstützen werden, die aktuellen negativen Tendenzen zu überwinden, die bestehenden Verwerfungen in der ukrainischen Gesellschaft zu überbrücken und sie durch ihr Ziel zu einen, das in der europäischen Perspektive auf der Grundlage der Werte der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und der verantwortungsvollen Staatsführung besteht;
K. in der Erwägung, dass die Ukraine für ihre solide Wirtschaftsleistung gelobt werden sollte, zu der auch die Verringerung des Haushaltsdefizits, die Ausgabenbeschränkungen und die Rentenreform zählen, die zu einer besseren internationalen Einstufung ihrer Kreditwürdigkeit und zu höheren ausländischen Direktinvestitionen beigetragen haben;
L. in der Erwägung, dass das Assoziierungsabkommen sich positiv auf das Geschäftsklima in der Ukraine auswirken wird, weil in ihm gemeinsame Vorschriften und Standards für Unternehmen der EU und der Ukraine festgelegt werden, wodurch die Vorhersehbarkeit und die finanzielle Sicherheit für Investitionen in der Ukraine erhöht werden; in der Erwägung, dass das Assoziierungsabkommen die Einhaltung internationaler Steuerstandards voraussetzt; in der Erwägung, dass diese positiven Auswirkungen durch die vollständige und wirksame Umsetzung der Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Korruption weiter verstärkt würden;
M. in der Erwägung, dass die Russische Föderation übermäßigen Druck auf die Ukraine ausübt, keine weitreichende und umfassende Freihandelszone mit der EU zu errichten, sondern stattdessen einer Zollunion mit Russland, Belarus und Kasachstan beizutreten; in der Erwägung, dass dies ein beispielloser Fall in der Geschichte der Beziehungen der EU zu ihren externen Partnern ist, und in der Erwägung, dass es sich bei diesen Ländern um Länder handelt, die der WTO nicht angehören und die nach wie vor einen wichtigen Exportmarkt für ukrainische Erzeugnisse bilden; in der Erwägung, dass die weitreichende und umfassende Freihandelszone ein Modernisierungsinstrument darstellt, und in der Erwägung, dass ihre Errichtung der Ukraine finanzielle Vorteile bietet, die sich mit der Zeit zunehmend konkretisieren werden;
N. in der Erwägung, dass die Ukraine vor kurzem den 20. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit beging; in der Erwägung, dass eine neue Generation gebildeter ukrainischer Staatsangehöriger herangewachsen ist, die die Sowjetära nicht erlebt hat und die starke pro-europäische Ziele verfolgt und die Modernisierung der Ukraine gewährleisten wird;
O. in der Erwägung, dass die derzeitige politische Lage in der Ukraine, insbesondere im Bereich der bürgerlichen Freiheiten und der Rechtsstaatlichkeit, mit dem Geist des Assoziierungsabkommens EU-Ukraine, das derzeit ausgehandelt wird, im Widerspruch steht;
1. richtet im Zusammenhang mit den laufenden Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen die folgenden Empfehlungen an den Rat, die Kommission und den EAD:
a)
die Ansicht zu vertreten, dass eine Vertiefung der Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine und das Angebot einer europäischen Perspektive an die Ukraine von großer Bedeutung sind und im Interesse beider Seiten liegen; anzuerkennen, dass die Ukraine Bestrebungen im Sinne von Artikel 49 des Vertrags über die Europäische Union verfolgen kann, sofern sämtliche Kriterien, darunter die Achtung der Grundsätze der Demokratie, der Menschenrechte, der Grundfreiheiten und der Rechtsstaatlichkeit, erfüllt sind;
b)
alle erforderlichen Fortschritte zu erreichen, um, wenn möglich, vorzugsweise bis Ende 2011 eine rasche Paraphierung eines Assoziierungsabkommens EU-Ukraine zu erzielen; gleichzeitig im Einklang mit den in der Entschließung des Parlaments vom 27. Oktober 2011 enthaltenen Forderungen sicherzustellen, dass diese wichtige Initiative im Rahmen der Östlichen Partnerschaft mit den Zusagen der Ukraine einhergeht, die notwendigen Reformen durchzuführen und demokratische Werte, die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit zu stärken;
c)
das vor kurzem vertagte Treffen mit Präsident Janukowytsch vor dem Gipfeltreffen EU-Ukraine im Dezember 2011 neu anzuberaumen, da es eine wichtige Gelegenheit bietet, schwerwiegende Bedenken gegenüber der ukrainischen Regierung zum Ausdruck zu bringen und den konstruktiven Dialog wiederaufzunehmen, der zu einer Paraphierung des Assoziierungsabkommens führen könnte, sofern deutliche Fortschritte bei der Beseitigung der noch bestehenden technischen und grundlegenden politischen Hindernisse erzielt werden;
d)
sich für die Unterzeichnung des Abkommens durch den Rat während des ersten Halbjahres 2012 einzusetzen und dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten alle Dokumente betreffend den Ratifizierungsprozess bis spätestens Ende 2012 zur Verfügung zu stellen, vorausgesetzt, dass die Forderung nach der Achtung der Rechtsstaatlichkeit und die anderen in der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 27. Oktober 2011 enthaltenen Forderungen erfüllt worden sind;
e)
der Ukraine sowohl während der Vorbereitungsphase als auch während der Umsetzung des Abkommens ausreichende finanzielle, technische und rechtliche Unterstützung zukommen zu lassen und ihre Verwaltungskapazitäten durch Erhöhung aller Formen der verfügbaren Hilfe in diesem Bereich zu stärken; zu diesem Zweck das umfassende Programm für den Aufbau von Institutionen besser zu nutzen und die Einrichtung einer hochrangigen Beratergruppe der EU in Erwägung zu ziehen, um die Ukraine in ihren Bemühungen um Angleichung an die Rechtsvorschriften der EU zu unterstützen; ist der Auffassung, dass die Vorbedingung für jegliche Unterstützung eine Bewertung der Reformen zur Stärkung der Verwaltungskapazitäten der Ukraine sein sollte, die in von unabhängigen Fachleuten der EU und der Ukraine zu erstellenden Jahresberichten veröffentlicht wird;
f)
ein gemeinsames Austauschprogramm für Beamte und Justizbedienstete aufzulegen, um die Umsetzung des Assoziierungsabkommens und insbesondere der weitreichenden und umfassenden Freihandelszone zu erleichtern;
g)
die ukrainischen Staatsorgane dabei zu unterstützen, das ukrainische Volk über die Vorteile des Assoziierungsabkommens zu informieren, um dessen Unterstützung für die Reformagenda zu gewinnen; der Öffentlichkeit den Inhalt des Abkommens so schnell wie möglich bekannt zu machen;
h)
in der Ukraine so bald wie möglich ein EU-Informationsbüro zu eröffnen, welches sowohl die ukrainische Öffentlichkeit für die Arbeitsweise der EU und ihre Politik und Werte sensibilisiert als auch eine größere Beteiligung an EU-Programmen fördert;
Institutionelle Aspekte / politischer Dialog
i)
klare Schutzmaßnahmen sowie einen möglichen Mechanismus für die vorübergehende Aussetzung des gesamten Assoziierungsabkommens für den Fall auszuarbeiten, dass wesentliche Grundprinzipien des Abkommens außer Acht gelassen oder vorsätzlich verletzt werden;
j)
den Präsidenten und die Regierung der Ukraine mit Nachdruck aufzufordern, die Lage des Landes in den Bereichen Politik, Recht und Verwaltung in Einklang mit den Vereinbarungen der Assoziierungsagenda zu bringen und die verantwortungsvolle Regierungsführung und die Achtung der Rechtsstaatlichkeit, die fundamentale Grundsätze der Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine darstellen, zu fördern; sicherzustellen, das Julija Tymoschenko und anderen Oppositionsführern die Ausübung ihres Rechts auf uneingeschränkte Teilnahme am politischen Prozess gestattet wird, und zwar mit sofortiger Wirkung und im Hinblick auf die anstehenden Wahlen in der Ukraine;
k)
den bestehenden Rahmen für die Zusammenarbeit zwischen der EU und der Ukraine im Bereich des Schutzes der Menschenrechte und der Grundfreiheiten zu stärken;
l)
die Ukraine bei der erfolgreichen Durchführung einer umfassenden Reform des Justizwesens im Einklang mit EU-Standards zu unterstützen, um die selektive Anwendung des Rechts zu verhindern und ein unabhängiges, faires, unparteiisches und transparentes rechtliches Verfahren zu gewährleisten und sicherzustellen, dass Gerichtsverfahren nicht für politische Zwecke genutzt werden können und streng nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geführt werden müssen; in diesem Zusammenhang einen gemeinsamen Mechanismus unter Einbindung von Experten der Ukraine und der EU und Beteiligung von Vertretern der Venedig-Kommission einzurichten; weitere Schulungs- und Austauschprogramme im Bereich Justiz und Inneres und im Sicherheitssektor aufzulegen, um die bewährten Verfahren der EU auf dem Gebiet der Rechtsstaatlichkeit umzusetzen;
m)
die ukrainischen Staatsorgane bei der Reform der Verfassung und des Wahlgesetzes des Landes entsprechend den von der Venedig-Kommission und des BDIMR der OSZE vorgeschlagenen Leitlinien zu unterstützen; eine geeignete, integrative und umfassende Umsetzung dieser Empfehlungen unter Einbeziehung der Oppositionsparteien und der Zivilgesellschaft zu gewährleisten, um die Defizite zu vermeiden, die bei früheren Wahlkampagnen aufgetreten sind; in diesem Zusammenhang hervorzuheben, wie wichtig die Medienfreiheit und die Freiheit der Zivilgesellschaft sind, und zu gewährleisten, dass die ukrainischen Staatsorgane jeden Versuch unterlassen, unmittelbar oder mittelbar den Inhalt der Berichterstattung in den nationalen Medien zu kontrollieren;
n)
in das Assoziierungsabkommen einen umfassenden Mechanismus zwischen dem Parlament und dem EAD aufzunehmen, um eine regelmäßige Bereitstellung ausführlicher Informationen über die Fortschritte bei der Umsetzung des Abkommens und insbesondere bei der Verwirklichung seiner Ziele zu ermöglichen; dieser Mechanismus sollte Folgendes beinhalten:
–
Informationen über die von der EU ergriffenen Maßnahmen und angenommenen Standpunkte zur Umsetzung des Abkommens;
–
Fortschrittsberichte des EAD, in denen die Ergebnisse der von der EU und der Ukraine durchgeführten Maßnahmen aufgeführt werden, wobei die Lage der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit in dem Land hervorgehoben werden;
o)
fordert dazu auf, die Bedeutung der Umsetzung sämtlicher Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hervorzuheben und die Aufmerksamkeit der ukrainischen Staatsorgane auf die hohe Zahl von Fällen zu lenken, die bei diesem Gerichtshof gegen die Ukraine anhängig sind;
p)
die erforderlichen Reformen zu unterstützen und zu gewährleisten, dass die ukrainischen Staatsorgane der Ausarbeitung einer Politik für die Korruptionsbekämpfung Priorität einräumen, zu der auch angemessene Rechtsvorschriften für Interessenkonflikte zählen;
q)
zu gewährleisten, dass die ukrainischen Staatsorgane der Öffentlichkeit die Archive der ehemaligen kommunistischen Geheimdienste zugänglich machen, weil dies für eine erfolgreiche nationale Aussöhnung erforderlich ist, insbesondere im Hinblick auf die Gräueltaten, die im 20. Jahrhundert stattfanden;
r)
zu betonen, wie wichtig die Ratifizierung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs durch die Ukraine als Teil der Verfassungsreform ist;
s)
die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Dialog zwischen der EU und den verschiedenen politischen Parteien der Ukraine zu verstärken, und innerhalb der Ukraine den Dialog zwischen den Parteien sowie mit den Vertretern der Zivilgesellschaft, der Sozialpartner sowie der nationalen Minderheiten zu fördern;
t)
sicherzustellen, dass das Interimsabkommen Bestimmungen über die Zusammenarbeit zwischen den Zivilgesellschaften der Vertragsparteien enthält, um sie in die Lage zu versetzen, ihre Rechte auszuüben und einflussreiche Akteure im Rahmen des Assoziierungsabkommens zu werden;
u)
Standardkonditionalitätsklauseln für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte aufzunehmen, die den höchsten internationalen und EU-Standards entsprechen, wobei der OSZE-Rahmen in vollem Umfang Berücksichtigung finden sollte, und den ukrainischen Staatsorganen nahezulegen, die Rechte von Personen, die nationalen Minderheiten angehören, unter Einhaltung des Rahmenübereinkommens des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten und der Charta der Grundrechte der EU zu fördern;
Wirtschaftliche und sektorbezogene Zusammenarbeit
v)
die Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der EU im Energiebereich als Teil des Abkommens zu verstärken; auf den Abschluss weiterer Abkommen zwischen der EU und der Ukraine zur Sicherung der Energieversorgung für beide Seiten hinzuarbeiten, einschließlich eines zuverlässigen und diversifizierten Transitsystems für Erdöl und Erdgas und eines gemeinsamen Reaktionsmechanismus bei Störungen oder Unterbrechungen der Erdöl- und Erdgaslieferungen der Russischen Föderation;
w)
die erforderliche technische Hilfe im Energiesektor bereitzustellen, um die Ukraine dabei zu unterstützen, ihr Stromnetz und ihre Energieeffizienz erheblich zu verbessern und zu modernisieren, und sicherzustellen, dass die ukrainischen Staatsorgane die im Energieeffizienzprogramm für den Zeitraum 2010-2015 festgelegten Zielvorgaben vollständig erfüllen und die innovativen und umweltschonenden Lösungen weiterhin umsetzen, um ihren Energiebedarf zu decken; die ukrainischen Staatsorgane gleichzeitig bei der Aushandlung der Bedingungen für die Erdgaslieferungen aus Russland zu unterstützen, damit gewährleistet ist, dass der Erdgashandel der Ukraine mit Russland im Einklang mit den Handelsnormen und Preisen in der EU steht;
x)
zur Kenntnis zu nehmen, dass die Liberalisierung der Dienstleistungen und der Investitionen im Energiesektor für die EU zwar von Nutzen wäre, aber die Übernahme von Verpflichtungen in Bezug auf bestimmte Energiedienstleistungen auch eine Reihe von Risiken mit sich bringen könnte, weil starke Akteure im Energiebereich, die die ukrainischen Unternehmen kontrollieren, das Freihandelsabkommen dazu nutzen könnten, die Fernleitungsnetze in der EU zu dominieren;
y)
Maßnahmen zur Verbesserung der Energieversorgungssicherheit der EU und der Ukraine durch Schaffung bilateraler Mechanismen zur Frühwarnung und Verhinderung von Unterbrechungen der Lieferung von Energie und der einschlägigen Rohstoffe zu fordern;
z)
die Akzeptanz geografischer Indikatoren und europäischer Patente zu gewährleisten;
aa)
zu betonen, wie wichtig es für die EU ist, dass die Ukraine die korrekte Entsorgung giftiger und radioaktiver Abfälle in ihrem Hoheitsgebiet gewährleistet und dadurch für Lebensmittelsicherheit gesorgt ist;
ab)
die Zusammenarbeit im Bereich Jugend- und Studentenaustausch sowie die Entwicklung von Stipendienprogrammen zu verstärken, mit deren Hilfe die Ukrainer die Möglichkeit haben, die EU und ihre Mitgliedstaaten kennenzulernen und umgekehrt;
ac)
zu gewährleisten, dass die höchsten Umweltnormen in das Assoziierungsabkommen aufgenommen werden und dass dabei unter anderem der Strategie für den Donauraum Rechnung getragen wird; die Bedeutung der regionalen Zusammenarbeit im Schwarzmeerraum und der aktiven Beteiligung der Ukraine an der EU-Politik für diesen Raum, auch als Teil einer künftigen EU-Strategie für den Schwarzmeerraum, weiter zu berücksichtigen;
ad)
spezifische Instrumente zu entwickeln (wie etwa eine Plattform der Zivilgesellschaft), um die ukrainische Zivilgesellschaft zu unterstützen, weil sie eine wichtige Rolle beim Demokratisierungsprozess spielt, beispielsweise durch Sensibilisierung und Verstärkung der sozialen und politischen Beteiligung;
ae)
sicherzustellen, dass im Rahmen der Zusammenarbeit bei der Umsetzung der Gesundheitsreform die gesundheitlichen Bedürfnisse von Patienten mit unheilbaren Erkrankungen berücksichtigt werden, auch durch die Bereitstellung fachlicher Unterstützung bei der Reformierung der einschlägigen Gesundheits- und Drogenpolitik im Einklang mit internationalen Standards und bewährten Verfahren;
Handelsfragen
af)
die erheblichen Anstrengungen der ukrainischen Regierung in Bezug auf den Abbau von Barrieren in allen Bereichen, auf die Anpassung geografischer Angaben, auf sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen, auf den Wettbewerb und technische Handelshemmnisse anzuerkennen und die im Laufe der Verhandlungen über die weitreichende und umfassende Freihandelszone erzielten sehr begrenzten Erfolge in Bereichen wie Investitionen, Dienstleistungen, Landwirtschaft, Energie und Exportbarrieren festzustellen;
ag)
die Ukraine aufzufordern, von Ausfuhrzöllen oder anderen Ausfuhrbeschränkungen abzusehen, die zu verstärkten Preisschwankungen auf den EU-Märkten führen würden;
ah)
sicherzustellen, dass das Zollkontingent für Zucker nicht unerwünschten Dreieckshandel oder Betrug bewirkt;
ai)
hervorzuheben, dass ein Tierschutzkapitel, mit dem für gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Landwirte in der EU und der Ukraine gesorgt wird, in das Abkommen aufgenommen werden muss;
aj)
zur Kenntnis zu nehmen, dass eine nachhaltige Entwicklung einer der im Nationalen Richtprogramm für den Zeitraum 2011–2013 festgelegten vorrangigen Bereiche ist; empfiehlt daher, ein Kapitel über nachhaltige Entwicklung als Teil der Freihandelszone aufzunehmen;
ak)
hervorzuheben, dass das Kapitel über nachhaltige Entwicklung eine Bestimmung enthalten sollte, durch die sich die Ukraine verpflichtet, die Leitsätze der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für multinationale Unternehmen und die Dreigliedrige Grundsatzerklärung der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik zu befolgen;
al)
gemeinsam mit der Ukraine die Verwirklichung der Freihandelszone vorzubereiten, um zu gewährleisten, dass Verpflichtungen, für die es keine Vorbedingungen gibt und die keine unmittelbaren Vorteile einbringen, insbesondere im Bereich des Tierschutzes, umgesetzt werden und auf lange Sicht spürbare Ergebnisse liefern; zu fordern, dass das Freihandelsabkommen am Ende zu einem vollständigen Zollabbau in allen Industriebereichen ohne Negativlisten und Importquoten führt und dass daher Ausfuhrabgaben und sowohl Ausfuhr- als auch Einfuhrbeschränkungen wirksam abgeschafft werden müssen; der Ukraine Finanzhilfen für die Anpassung in der Zeit nach der Liberalisierung, wie in dem Nationalen Richtprogramm für den Zeitraum 2011–2013 im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik vorgesehen, sowie technische Hilfe in Zollangelegenheiten und bei der Anpassung geografischer Angaben zur Verfügung zu stellen;
am)
sich weiterhin für politische und wirtschaftliche Reformen in der Ukraine, die auf eine Modernisierung der Infrastruktur des Landes, insbesondere in den Bereichen Energie und Verkehr, abzielen, einzusetzen; Unternehmen zu unterstützen, indem ihnen vordringlich der Zugang zu Krediten und Grundstücken erleichtert wird und die Steuer- und Zollverfahren vereinfacht und beschleunigt werden, insbesondere durch spürbare Verbesserungen bei der Umsatzsteuererstattung für Exporteure, bei der Zollabwicklung sowie in den Genehmigungsverfahren für Importe (gerade in Bezug auf Besteuerung, Dokumentationspflichten, Prüfung von Produkten zwecks Zertifizierung); den Abbau von Bürokratie, die Bekämpfung von Korruption und die Stärkung des Rechtsstaats und der Demokratie zu fordern; verminderte Transaktionskosten und verlässliche Verfahren, insbesondere für KMU in Betracht zu ziehen und dabei zu berücksichtigen, dass sie eine grundlegende Voraussetzung für den Ausbau der Handelsbeziehungen sind; Verbesserungen der Rechtsvorschriften über den Schutz von materiellem und geistigem Eigentum sowie der Mechanismen zur Durchsetzung der Rechte und Ansprüche von Unternehmen auf dem Gerichtsweg zu fordern;
an)
eine grundlegende Verbesserung des Investitionsklimas für ausländische Investoren in der Ukraine und insbesondere eine rasche Regelung der Verbindlichkeiten aus dem Staatshaushalt gegenüber Unternehmen aufgrund von Verzögerungen bei der Erstattung zu viel gezahlter Mehrwertsteuerbeträge sowie Maßnahmen, die solche Situationen künftig verhindern, zu fordern; eine Verbesserung der Zollverfahren, insbesondere ein Ende der gängigen Praxis, den zu verzollenden Wert von in die Ukraine eingeführten Waren willkürlich zu hoch anzusetzen, zu fordern;
ao)
die Entwicklung von Unternehmertum und KMU durch makroökonomische Zusammenarbeit zu fördern;
ap)
hervorzuheben, dass die Ukraine nicht die Durchführung von Arbeitsnormen lockern sollte, um Anreize für ausländische Investitionen zu schaffen;
aq)
gemäß Artikel 218 Absatz 5 AEUV einen Beschluss über die vorübergehende Anwendung des Freihandelsabkommens als eines wichtigen Teils des Assoziierungsabkommens vor dessen Inkrafttreten zu fordern;
Recht, Freiheit und Sicherheit
ar)
tatkräftig auf die Einführung der Visumfreiheit zwischen der Ukraine und der EU hinzuarbeiten, anstatt an einer langfristigen Perspektive festzuhalten, vorausgesetzt, dass die Ukraine die erforderlichen technischen Kriterien erfüllt, die im Aktionsplan zur Abschaffung der Visumpflicht niedergelegt sind; das Zwischenziel, die bestehenden Visumgebühren abzuschaffen, festzulegen und während der Fußballeuropameisterschaft geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um diese spezielle Gelegenheit als Versuchszeitraum für die Visumfreiheit zu nutzen;
as)
der Ukraine nahezulegen, eine konstruktive Rolle in den 5+2-Gesprächen zu spielen, um dazu beizutragen, dass eine nachhaltige Lösung für den Transnistrienkonflikt gefunden wird;
at)
das Potenzial der Ukraine, die ein wichtiger Partner bei der Steuerung der Migrationsströme und beim Grenzschutz ist, zu stärken und weitere gemeinsame Maßnahmen bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität ins Auge zu fassen;
au)
dringend zu fordern, dass im Einklang mit der Strategie der EU für die innere Sicherheit in das Assoziierungsabkommen Bestimmungen zur Bekämpfung von Betrug und Schmuggel verbrauchsteuerpflichtiger Waren aufgenommen werden und dabei dem Protokoll gegen den illegalen Handel mit Tabakerzeugnissen zum Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakgebrauchs Rechnung getragen wird;
av)
die Zusammenarbeit beim integrierten Grenzschutz zu verstärken und die höchsten EU-Standards anzuwenden und Kapazitäten aufzubauen, um die grenzüberschreitende Kriminalität, die illegale Migration, den Menschenhandel und den illegalen Handel wirksamer zu bekämpfen;
aw)
die Konvergenz in regionalen und internationalen Fragen, bei der Konfliktverhütung und der Krisenbewältigung zu unterstützen und die Koordinierung der Bekämpfung von Gefahren für die Sicherheit zu verstärken;
o o o
2. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung mit den Empfehlungen des Parlaments dem Rat, der Kommission, dem EAD und zur Information den ukrainischen Staatsorganen zu übermitteln.