Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. Dezember 2011 zu dem bevorstehenden Gipfeltreffen EU-Russland am 15. Dezember 2011 und dem Ergebnis der Duma-Wahl vom 4. Dezember 2011
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Russland, insbesondere seine Entschließungen vom 9. Juni 2011 zum Gipfeltreffen EU-Russland am 9./10. Juni 2011(1) und vom 17. Juni 2010 zu den Ergebnissen des Gipfeltreffens EU-Russland(2),
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu den Beziehungen EU/Russland, einschließlich der Entschließung vom 7. Juli 2011 zu den Vorbereitungen auf die Wahlen zur russischen Staatsduma im Dezember 2011(3) und seiner Entschließung vom 16. Dezember 2010 zu dem Jahresbericht über die Menschenrechte in der Welt 2009 und der Politik der Europäischen Union in diesem Bereich(4),
– unter Hinweis auf das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) zwischen der EU und der Russischen Föderation(5) sowie die 2008 eingeleiteten Verhandlungen über ein neues Abkommen zwischen der EU und Russland und die 2010 eingeleitete „Partnerschaft für Modernisierung“,
– unter Hinweis auf das in der Gemeinsamen Erklärung im Anschluss an das 11. Gipfeltreffen EU-Russland vom 31. Mai 2003 in Sankt Petersburg dargelegte Ziel der EU und Russlands, einen gemeinsamen Wirtschaftsraum, einen gemeinsamen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, einen gemeinsamen Raum der äußeren Sicherheit und einen gemeinsamen Raum der Forschung und Bildung, der auch kulturelle Aspekte umfasst, zu schaffen (die „vier gemeinsamen Räume“),
– unter Hinweis auf die gemeinsame Schlusserklärung und die Empfehlungen, die in der Sitzung des Ausschusses für parlamentarische Kooperation EU-Russland vom 19./20. September 2011 in Warschau angenommen wurden,
– unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des Ständigen Partnerschaftsrates EU-Russland über Freiheit, Sicherheit und Recht vom 11. Oktober 2011 in Warschau,
– unter Hinweis auf die Äußerungen der Hohen Vertreterin Catherine Ashton anlässlich der 8. Tagung des Ständigen Partnerschaftsrates EU-Russland vom 17. November 2011 in Moskau,
– unter Hinweis auf den jüngsten Menschenrechtsdialog EU-Russland vom 29. November 2011,
– unter Hinweis auf die am 6. und 7. Dezember 2011 von der Hohen Vertreterin Catherine Ashton abgegebene Erklärung zu den Duma-Wahlen in der Russischen Föderation,
– unter Hinweis auf die vorläufigen Schlussfolgerungen des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), der Parlamentarischen Versammlung der OSZE (PV OSZE) und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) im Anschluss an die internationale Wahlbeobachtungsmission bei der Duma-Wahl vom 4. Dezember 2011,
– unter Hinweis auf die Tagesordnung für das Gipfeltreffen EU-Russland am 15. Dezember 2011,
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die EU und Russland wirtschaftlich und politisch aufeinander angewiesen sind; in der Erwägung, dass eine verstärkte Zusammenarbeit und gutnachbarschaftliche Beziehungen zwischen der EU und Russland daher von erheblicher Bedeutung für die Stabilität, die Sicherheit und den Wohlstand in Europa und darüber hinaus sind; in der Erwägung, dass sich die Europäische Union weiterhin um eine Vertiefung und den Ausbau der Beziehungen zwischen der EU und Russland bemüht, die auf einem klaren Bekenntnis zu demokratischen Grundsätzen beruhen; in der Erwägung, dass der Abschluss eines Abkommens über eine strategische Partnerschaft zwischen der EU und der russischen Föderation für den Aufbau einer echten strategischen Partnerschaft weiterhin von größter Bedeutung ist;
B. in der Erwägung, dass die Energieversorgungssicherheit eine der größten Herausforderungen für Europa und einer der wichtigsten Bereiche der Zusammenarbeit mit Russland ist; in der Erwägung, dass es von größter Bedeutung ist, dass die EU mit einer Stimme spricht und eine starke innere Solidarität beweist;
C. in der Erwägung, dass Russland als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates gemeinsam mit den anderen Mitgliedern für die Wahrung der weltweiten Stabilität verantwortlich ist; in der Erwägung, dass viele Herausforderungen auf internationaler Ebene, insbesondere diejenigen in den gemeinsamen Nachbarländern (Südkaukasus und Republik Moldau), in Nordafrika sowie in Bezug auf Syrien, den Nahen Osten, Iran, Terrorismus, Energieversorgungssicherheit, Klimawandel und Finanzkrisen, nur durch einen koordinierten Ansatz bewältigt werden können, der Russland einbezieht;
D. in der Erwägung, dass die Russische Föderation Vollmitglied des Europarates und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa ist und sich damit den Grundsätzen der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte verpflichtet hat; in der Erwägung, dass die Menschenrechtslage, die Rechtsstaatlichkeit, die Unabhängigkeit der Justiz und die Repressalien gegen Journalisten und die Opposition weiterhin Anlass zur Sorge geben;
E. in der Erwägung, dass 2011 der 20. Jahrestag des Zerfalls der UdSSR verzeichnet wird, der ein wichtiger Meilenstein in der europäischen Geschichte war; in der Erwägung, dass der Beitrag derer, die sich aktiv dem Totalitarismus widersetzten und zur Befreiung davon beitrugen, zu diesen Ereignissen gewürdigt werden sollte;
F. in der Erwägung, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 12. April 2011 Kritik an den schwerfälligen Registrierungsverfahren für politische Parteien in Russland geäußert hat, die nicht den Wahlstandards des Europarates und der OSZE entsprechen; in der Erwägung, dass weiterhin große Bedenken bestehen hinsichtlich der Schwierigkeiten der politischen Parteien an der Beteiligung von Wahlen, wodurch der politische Wettbewerb und der Pluralismus in Russland aktiv behindert werden und die Legitimität der Wahlen untergraben wird;
G. in der Erwägung, dass am Wahltag über zahlreiche Unregelmäßigkeiten berichtet wurde, darunter Mehrfachwahlen (sogenannte Buskarussells), sowie Behinderungen von Parteibeobachtern und Auffüllung von Wahlurnen; in der Erwägung, dass die Polizei Hunderte Aktivisten der Opposition, die versuchten, am 4. Dezember 2011 und an den darauffolgenden Tagen in Moskau, St. Petersburg und in anderen russischen Städten Protestdemonstrationen gegen die Art der Abhaltung der Wahlen zu organisieren, verhaftet hat;
H. in der Erwägung, dass am 10. Dezember 2011 auf dem Bolotnaja-Platz in Moskau 50 000 Personen die Annullierung der Wahlergebnisse vom 4. Dezember 2011, die Abhaltung von Neuwahlen, den Rücktritt des Vorsitzenden der Wahlkommission, eine Untersuchung der Vorwürfe der Wahlmanipulation und die sofortige Freilassung der verhafteten Demonstranten gefordert haben; in der Erwägung, dass in anderen russischen Städten ähnliche Demonstrationen stattfanden;
I. in der Erwägung, dass ein Jahr vergangen ist, seit das Europäische Parlament den Rat aufgefordert hat, „in Ermangelung positiver Schritte vonseiten der russischen Stellen im Hinblick auf eine Zusammenarbeit und eine Untersuchung des Falles Sergej Magnizki weiter darauf zu drängen, dass die russischen Behörden die Verantwortlichen vor Gericht stellen, und ein Einreiseverbot in die EU für russische Amtsträger, die in diesen Fall verwickelt sind, in Betracht zu ziehen“; und auch die Strafverfolgungsbehörden aller Mitgliedstaaten der EU aufgefordert hat, „in Bezug auf das Einfrieren der Bankguthaben und anderer Vermögenswerte dieser russischen Amtsträger zusammenzuarbeiten“(6);
1. bekräftigt seine Überzeugung, dass Russland weiterhin einer der wichtigsten Partner der Europäischen Union beim Aufbau einer strategischen Zusammenarbeit ist, mit dem die EU nicht nur Wirtschafts- und Handelsinteressen gemeinsam hat, sondern auch das Ziel, in Europa und auf internationaler Bühne eng zusammenzuarbeiten;
2. fordert die EU und Russland auf, auf dem bevorstehenden Gipfeltreffen die Gelegenheit zu nutzen, neuen Schwung in die Verhandlungen über ein neues Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zu bringen; bekräftigt seine Unterstützung für ein umfassendes und rechtsverbindliches Abkommen, in dem politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Angelegenheiten geregelt und in das alle Bereiche einbezogen werden, die mit Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte zusammenhängen; betont in diesem Zusammenhang erneut, dass Demokratie und Menschenrechte Kernstücke des neuen Abkommens sein müssen, insbesondere in Bezug auf die Formulierung und Aufnahme einer wirksamen und praktikablen Menschenrechtsklausel;
3. fordert größere Anstrengungen im Hinblick auf Fortschritte bei der Partnerschaft für Modernisierung zwischen der EU und Russland; betont, dass es darauf vertraut, dass die Partnerschaft für Modernisierung die Reformen fördern und den Beziehungen zwischen der EU und Russland neue Impulse geben, die gegenseitige lukrative Zusammenarbeit in den Bereichen Handel, Wirtschaft und Energieversorgungssicherheit weiterentwickeln und gleichzeitig zur globalen wirtschaftlichen Erholung beitragen wird; vertritt die Auffassung, dass die Partnerschaft für Modernisierung einhergehen muss mit einem ehrgeizigen Prozess inländischer Reformen, die die Konsolidierung der demokratischen Institutionen und eines verlässlichen Rechtssystems einschließen; fordert die Kommission und die russische Regierung in diesem Zusammenhang auf, festzustellen, welche Schritte unternommen werden müssen, damit diese Ziele erreicht werden;
4. begrüßt den Abschluss der Verhandlungen über den Beitritt Russlands zur WTO, der dazu beitragen wird, fairere Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen beider Seiten zu schaffen, sowie den Handel in der Weltwirtschaft erleichtern und liberalisieren wird; betont, dass Russland mit dem Beitritt die rechtliche Verpflichtung eingegangen ist, alle WTO-Regeln zu erfüllen, einschließlich des Verzichts auf protektionistische Maßnahmen; äußert in diesem Zusammenhang Sorge hinsichtlich der Zollunion Russland-Kasachstan-Belarus, die zu höheren konsolidierten Zöllen geführt hat; bekundet seine Überzeugung, dass die Mitgliedschaft Russlands in der WTO sich auch als wichtiger Schritt für eine Vertiefung der bilateralen wirtschaftlichen Integration, auch durch den Abschluss der laufenden Verhandlungen über ein neues Abkommen, erweisen wird;
5. unterstreicht, wie wichtig die Intensivierung der Energie-Partnerschaft mit Russland ist; bekräftigt, dass Rohstofflieferungen nicht als Instrument der Politik eingesetzt werden dürfen; betont, wie wichtig für beide Seiten die Zusammenarbeit im Energiebereich ist, da sie eine Chance für weitergehende Zusammenarbeit in den Bereichen Handel und Wirtschaft in einem offenen und transparenten Markt darstellt, wobei volles Verständnis für den Bedarf der EU an der Diversifizierung der Transportkanäle und Energieversorger herrschen muss; unterstreicht, dass der Grundsatz der gegenseitigen Abhängigkeit und der Transparenz die Grundlage dieser Zusammenarbeit sein sollte, ebenso wie ein gleichberechtigter Zugang zu Märkten, Infrastrukturen und Investitionen und ein rechtsverbindlicher Energierahmen, der eine verlässliche und gesicherte Energieversorgung nach Maßgabe von Standards, die für alle Mitgliedstaaten der EU gleich sind, gewährleistet;
6. fordert den Rat und die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Grundsätze der Energiecharta und das ihr beigefügte Transitprotokoll in ein neues Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und Russland aufgenommen werden; begrüßt die Unterzeichnung eines aktualisierten Frühwarnmechanismus im Februar 2011, durch den die Koordinierung bei Notsituationen im Bereich von Angebot und Nachfrage weiter verbessert werden soll;
7. betont, dass die EU ihre Zusammenarbeit mit Russland in Energiefragen auf Bereiche wie Energieeffizienz und Erforschung von Technologien für erneuerbare Energien ausweiten sollte; bekräftigt, dass zwischenstaatliche und handelsbezogene Abkommen im Energiebereich zwischen russischen und EU-Unternehmen den rechtlichen Verpflichtungen beider Seiten entsprechen müssen;
8. fordert die Russische Föderation nachdrücklich auf, ihren Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel zu intensivieren, indem sie ihre Treibhausgasemissionen reduziert und sich an den internationalen Verhandlungen über einen umfassenden klimapolitischen Rahmen für die Zeit nach 2012 im Rahmen des UNFCCC und des Kyoto-Protokolls beteiligt; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass sich alle Industrieländer verpflichten müssen, das gegenwärtige Emissionsniveau erheblich zu senken und die Kohlenstoffbindung in Wäldern zu steigern, um in den in Anhang I genannten Ländern bis 2020 die notwendigen Reduzierungen gegenüber dem Niveau von 1990 zu erreichen;
9. fordert Russland auf, das ESPOO-Übereinkommen der UNECE zu ratifizieren und umgehend einzuhalten, und erinnert an die Verpflichtung Russlands, einheitliche Standards für Umweltverträglichkeitsgutachten in Bezug auf grenzübergreifende Projekte zu entwickeln;
10. begrüßt die gemeinsamen Schlussfolgerungen vom 11. Oktober 2011, in denen die Fertigstellung der Liste gemeinsamer Maßnahmen im Hinblick auf den visafreien Reiseverkehr angekündigt wird, und unterstützt ihre offizielle Genehmigung und anschließende Umsetzung; weist darauf hin, wie wichtig es ist, die regionale Kohärenz hinsichtlich des Konzepts im Hinblick auf die Visa-Liberalisierung mit Russland und den Ländern der östlichen Partnerschaft zu gewährleisten; begrüßt den Abschluss der Verhandlungen über Änderungen am bestehenden Abkommen des Jahres 2006 über Visaerleichterungen zwischen der EU und Russland und die Begründung des Migrationsdialogs zwischen der EU und Russland; unterstreicht die Bedeutung der wirksamen Umsetzung des Rückübernahmeabkommens zwischen der EU und Russland; fordert eine weitere Zusammenarbeit im Bereich der illegalen Zuwanderung, verbesserte Grenzkontrollen und einen besseren Informationsaustausch über Terrorismus und organisiertes Verbrechen;
11. begrüßt den Vorschlag, den kleinen Grenzverkehr im Kaliningrader Gebiet zu vereinfachen, und weist darauf hin, dass dies dazu beitragen wird, die strategische Partnerschaft zwischen der EU und Russland im Einklang mit den Prioritäten des Fahrplans für den gemeinsamen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts weiter zu fördern;
12. nimmt das Ergebnis der Duma-Wahl vom 4. Dezember 2011 zur Kenntnis; betont, dass die Durchführung der Wahl gezeigt hat, dass Russland die von der OSZE definierten Wahlstandards nicht erfüllt; bekundet seine tiefe Sorge über die Berichte betreffend Wahlbetrug und die vorläufigen Ergebnisse des OSZE/BDIMR-Berichts betreffend Verfahrensverstöße, fehlende Unparteilichkeit der Medien, Schikanen gegen unabhängige Beobachter sowie fehlende Trennung von Partei und Staat;
13. stellt erneut fest, dass die schwerfälligen Registrierungsverfahren den Ausschluss mehrerer Oppositionsparteien bewirkt und Versammlungsfreiheit, politischen Wettbewerb und Pluralismus von Anfang an behindert haben;
14. verurteilt die Maßnahmen der russischen Staatsorgane gegen „Golos“, eine russische Wahlbeobachtungsstelle, nachdem diese eine besondere Internetseite für die Registrierung von Wahlbetrug und Unregelmäßigkeiten eingerichtet hat;
15. begrüßt die Demonstrationen in Russland als Willensäußerung des russischen Volks nach mehr Demokratie; verurteilt die Repressalien der Polizei gegen friedliche Demonstranten, die gegen Unregelmäßigkeiten und Wahlbetrug protestierten, die von internationalen Beobachtern festgestellt wurden; fordert die russischen Staatsorgane auf, die Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu respektieren, friedliche Demonstranten nicht zu belästigen und diejenigen freizulassen, die im Zusammenhang mit den Wahlen festgenommen wurden; fordert eine unverzügliche und umfassende Untersuchung aller Berichte über Betrug und Einschüchterung sowie Sanktionen gegen diejenigen, deren Verantwortung nachgewiesen wird, und hofft, dass die Anordnung von Präsident Medwedew, diesbezüglich Untersuchungen anzustellen, sich als substanziell und transparent erweist;
16. vermerkt die jüngsten Forderungen nach einer Annullierung der Duma-Wahl vom 4. Dezember 2011; fordert die russischen Staatsorgane auf, eingehend alle Verstöße im Zusammenhang mit den Wahlen zu untersuchen, um Sanktionen gegen die beteiligten Amtsträger zu verhängen, und die Stimmabgabe zu wiederholen, wenn Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden;
17. fordert die Organisation neuer, freier und fairer Wahlen nach Registrierung aller Oppositionsparteien;
18. fordert den Präsidenten des Europäischen Rates, den Präsidenten der Kommission und die Vizepräsidentin der Kommission/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, die Wahlen vom 4. Dezember 2011 auf dem Gipfel zur Sprache zu bringen und Russland aufzufordern, seine internationalen Verpflichtungen einzuhalten, die insbesondere aus der Mitgliedschaft Russlands im Europarat und in der OSZE resultieren; fordert den Europarat und die OSZE auf, die Einhaltung der aus der Mitgliedschaft Russlands in diesen Organisationen resultierenden Verpflichtungen zu bewerten;
19. fordert die russischen Staatsorgane auf, sich mit den Ergebnissen des OSZE/BDIMR- Beobachtungsberichts zu befassen, die Wahlgesetze in Zusammenarbeit mit der Venedig- Kommission gemäß den Standards des Europarates und der OSZE zu reformieren und diese Standards in der Praxis einzuhalten, um 2012 freie und demokratische Präsidentschaftswahlen mit gleichen Chancen für Kandidaten der Opposition zu gewährleisten; fordert Russland auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Wahlen gemäß den Normen der OSZE/des BDIMR und des Europarates hinreichend und wirksam beobachtet werden können;
20. bekräftigt seine Sorge über die Menschenrechtssituation in Russland sowie das Fehlen von Rechtsstaatlichkeit und einer unabhängigen Justiz; bekundet insbesondere seine Sorge über den Fall von Sergej Magnizki, was sich auch auf die Straffreiheit für diejenigen erstreckt, die erwiesenermaßen die Schuld an seinem Tod tragen; nimmt den im Juli 2011 vom Menschenrechtsrat von Präsident Medwedew veröffentlichten Bericht zur Kenntnis, der Beweise lieferte, dass die Festnahme von Sergej Magnizki unrechtmäßig war und dass er in seiner Haft geschlagen und gefoltert wurde, um ihm ein Schuldgeständnis zu entlocken; stellt fest, dass das US-Außenministerium, das Außenministerium des Vereinigten Königreichs und das niederländische Parlament infolge der Untätigkeit der russischen Staatsorgane 2011 beschlossen haben, Einreiseverbote gegen ca. 60 russische Amtsträger zu verhängen, die mutmaßlich in den Tod von Sergej Magnizki verwickelt waren;
21. fordert den Untersuchungsausschuss auf, eine umfassende und gründliche Untersuchung ohne Tabus durchzuführen, rasch konkrete Schlussfolgerungen vorzulegen und alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen; fordert, dass der Rat, falls die russischen Staatsorgane weiterhin untätig bleiben, Maßnahmen wie ein EU-weites Reiseverbot und das Einfrieren der Vermögenswerte derjenigen prüft, die der Folter und des Todes von Sergej Magnizki bzw. der Vertuschung des Falls für schuldig befunden wurden;
22. betont die Bedeutung des ständigen Meinungsaustauschs über die Menschenrechte mit Russland im Rahmen der Konsultationen EU-Russland über Menschenrechtsthemen als Möglichkeit zur Konsolidierung der Interoperabilität in allen Bereichen der Zusammenarbeit und fordert eine Verbesserung der Ausgestaltung dieser Treffen, um ihre Wirksamkeit sicherzustellen, wobei besonderes Augenmerk auf das gemeinsame Vorgehen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu richten ist und ein wirksamer Beitrag des Europäischen Parlaments, der Staatsduma und der im Bereich der Menschenrechte tätigen nichtstaatlichen Organisationen zu diesem Prozess ermöglicht werden sollte, ganz gleich ob der Dialog in Russland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union stattfindet;
23. verurteilt die jüngsten Vorschläge, öffentliche Informationen über sexuelle Ausrichtung und Geschlechtsidentität in mehreren russischen Regionen und auf bundesstaatlicher Ebene zu kriminalisieren;
24. fordert die Hohe Vertreterin/Vizepräsidentin und die Kommission auf, mit der russischen Regierung gemeinsame Initiativen zu verfolgen, die auf die Stärkung von Sicherheit und Stabilität in den gemeinsamen Nachbarländern abzielen; fordert Russland auf, aktiv zur Bewältigung der schwelenden Konflikte in seinen Nachbarländern beizutragen und Souveränität und territoriale Integrität aller in schwelende Konflikte involvierten Staaten zu respektieren;
25. bekräftigt die Verpflichtung Russlands, das sechs Punkte umfassende Waffenstillstandsabkommen, einschließlich der Achtung der Souveränität und territorialen Integrität Georgiens, umfassend umzusetzen; begrüßt die Bereitschaft Russlands, im Zusammenhang mit Krisenmanagementeinsätzen auf dem Weg zu einem Rahmenabkommen voranzukommen; fordert die russischen Staatsorgane diesbezüglich auf, Kohärenz zu zeigen und daher der EU-Beobachtungsmission in Georgien den Zugang zu den besetzten Gebieten in Abchasien und Südossetien im Einklang mit dem Waffenstillstandsabkommen von 2008 zu gestatten;
26. unterstützt die Minsk-Gruppe der OSZE und ihren Ko-Vorsitz im Hinblick auf deren Fortschritte in Bezug auf den Konflikt in Nagorno-Karabach;
27. begrüßt die Wiederaufnahme der sogenannten „5+2“-Verhandlungen in Bezug auf den Konflikt in Transnistrien und nimmt zur Kenntnis, dass die erste offizielle Sitzung am 1. Dezember 2011 stattfinden soll, was hoffentlich den Beginn einer Konfliktlösung bedeuten wird;
28. stellt fest, dass Russland, das über ein Veto im UN-Sicherheitsrat verfügt, seiner Verantwortung in internationalen Krisen gerecht werden muss; betont, dass die Herausforderungen auf internationaler Ebene, insbesondere in Bezug auf Syrien und Iran, nicht ohne einen koordinierten Ansatz bewältigt werden können, der Russland einbezieht; fordert Russland auf, eine konstruktivere Haltung zu vertreten, insbesondere mit Blick auf Resolutionen des UN-Sicherheitsrates; fordert Russland auf, sich den weltweiten Bemühungen anzuschließen, die iranischen Bestrebungen im Hinblick auf Urananreicherung und weitere Nukleartätigkeiten, die auf den Bau von Atomwaffen abzielen, zu blockieren; fordert die russischen Staatsorgane auf, sich den internationalen Sanktionen gegen iranische Unternehmen als Reaktion auf die Erstürmung der britischen Botschaft anzuschließen;
29. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Parlament der Russischen Föderation, dem Europarat sowie der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu übermitteln.