Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. Juni 2012 zum Thema Mehrjähriger Finanzrahmen und Eigenmittel (2012/2678(RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung(1),
– unter Hinweis auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere dessen Artikel 311 und 312,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Juni 2011 zu der Investition in die Zukunft: ein neuer mehrjähriger Finanzrahmen (MFR) für ein wettbewerbsfähiges, nachhaltiges und inklusives Europa(2),
– unter Hinweis auf den Kommissionsvorschlag vom 29. Juni 2011 mit dem Titel „Ein Haushalt für Europa 2020“,
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der Rat gemäß Artikel 312 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nach Zustimmung des Europäischen Parlaments einstimmig eine Verordnung zur Festlegung des MFR erlässt;
B. in der Erwägung, dass sich die Union gemäß Artikel 311 AEUV mit den erforderlichen Mitteln ausstattet, um ihre Ziele erreichen und ihre Politik durchführen zu können, und dass sie vollständig aus Eigenmitteln finanziert wird;
C. in der Erwägung, dass der amtierende dänische Ratsvorsitz dem Europäischen Rat für seine Tagung im Juni eine so genannte „Verhandlungsbox“ unterbreiten will, in der Optionen für alle Aspekte der Verhandlungen vorgeschlagen werden, und die auch die Einnahmenseite, zu diesem Zeitpunkt aber noch keine Zahlenangaben umfasst;
D. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in seiner oben erwähnten Entschließung vom 8. Juni 2011 seine politischen Prioritäten für den nächsten MFR sowohl in legislativer als auch in haushaltstechnischer Hinsicht festgelegt und damit eine solide Grundlage für Verhandlungen geschaffen hat;
E. in der Erwägung, dass die Mehrjahresprogramme in Verbindung mit dem nächsten MFR von Parlament und Rat im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren angenommen werden;
F. in der Erwägung, dass es wiederholt die Schaffung neuer und wirklicher Eigenmittel gefordert hat;
1. betont, dass der EU-Haushalt ein Investitionshaushalt mit einer starken Hebelwirkung ist, da 94 % der Mittel zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums und der Beschäftigung sowie zur Förderung der Rolle der Union als globaler Akteur bestimmt sind; unterstreicht, dass der EU-Haushalt trotz seiner geringen Höhe – nur 2 % der öffentlichen Ausgaben in der Union – im Hinblick auf die Verwirklichung der einvernehmlich festgelegten politischen Ziele der Union die gemeinsame Nutzung von Ressourcen ermöglicht, als Katalysator wirkt und Größenvorteile sowie grenzüberschreitende Effekte bewirkt; ist fest davon überzeugt, dass der EU-Haushalt ein sehr starkes Instrument ist, mit dem strategische Investitionen mit einem europäischen Mehrwert gefördert werden und die europäische Wirtschaft wieder auf Kurs gebracht werden kann, und das Wachstum und Beschäftigung schafft und auf die Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts in der gesamten Union abzielt; betont daher, dass der EU-Haushalt gemeinsam mit den Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung, die den nationalen Haushalten zurzeit auferlegt werden, eine strategische Rolle spielen muss;
2. weist darauf hin, dass es den Bericht des Sonderausschusses zu den politischen Herausforderungen und Haushaltsmitteln für eine nachhaltige Europäische Union nach 2013 (SURE), der inhaltlich nach wie vor volle Gültigkeit besitzt und der als seine Verhandlungsposition für den nächsten MFR 2014-2020 zu betrachten ist, mit seiner Entschließung vom 8. Juni 2011 mit überwältigender Mehrheit angenommen hat; bekräftigt, dass es nicht möglich sein wird, die politischen Ziele der Union zu verwirklichen, wenn nicht ausreichende Finanzmittel aus einem soliden EU-Haushalt dafür bereitgestellt werden; betont, dass die Strategie Europa 2020, die von allen 27 Mitgliedstaaten gebilligt wurde, der Union helfen sollte, sich durch die Schaffung von Arbeitsplätzen und intelligentem, nachhaltigem und integrativem Wachstum von der Krise zu erholen und gestärkt daraus hervorzugehen; bekräftigt, dass es jeden Vorschlag ablehnt, der es der Union unmöglich machen würde, ihrer Rolle nachzukommen und die bereits eingegangenen politischen Verpflichtungen einzuhalten oder seinen neuen Aufgaben gerecht zu werden;
3. fordert nachdrücklich, dass der EU-Haushalt – wie im Vertrag gefordert – ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Einnahmen aus wirklichen Eigenmitteln und Ausgaben aufweisen sollte; betont, dass es nicht bereit ist, der Verordnung über den nächsten MFR zuzustimmen, wenn keine politische Einigung über die Reform des Eigenmittelsystems erzielt wird, mit der Ausgleichszahlungen und andere Korrekturmechanismen abgeschafft und größere Transparenz, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit geschaffen werden; begrüßt die Legislativvorschläge der Kommission vom 29. Juni 2011 zur Reform des Systems der Eigenmittel einschließlich der Vorschläge für eine Finanztransaktionssteuer (FTS) und eine neue MwSt. der EU als Eigenmittel, die darauf abzielen, den Anteil der nach dem BNE berechneten Beiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt bis 2020 auf 40 % zu senken und damit die Mitgliedstaaten in ihren Bemühungen zur Haushaltskonsolidierung zu unterstützen;
4. fordert nachdrücklich, dass der MFR 2014-2020 angesichts der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Herausforderungen in einer Welt im Wandel sowie im Hinblick auf eine bessere und effizientere Verwendung der EU-Finanzmittel eine größere Haushaltsflexibilität sowohl innerhalb der einzelnen Rubriken als auch zwischen verschiedenen Rubriken sowie zwischen den Haushaltsjahren des MFR vorsehen muss, damit die Haushaltsmittel entsprechend an die sich ändernden Gegebenheiten und Prioritäten angepasst werden können; bekräftigt nachdrücklich das Einheitsprinzip des EU-Haushalts und betont, dass alle Politikbereiche und Programme der Union mit einer angemessenen Finanzierung in den MFR einbezogen werden sollten, um zu seiner Transparenz, Vorhersehbarkeit und Verantwortlichkeit beizutragen;
5. fordert mit Nachdruck, dass Verhandlungen zwischen dem Parlament und dem Rat in seiner Formation Allgemeine Angelegenheiten über die vom Europäischen Rat festgelegten politischen Standpunkte stattfinden, bevor der Rat seine Vorschläge offiziell vorlegt, damit das Parlament gemäß Artikel 312 AEUV seine Zustimmung zur MFR-Verordnung erteilen kann; betont, dass die Verhandlungen über die Legislativvorschläge zu den Mehrjahresprogrammen im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens geführt und nach Einigung auf die Finanzausstattung abgeschlossen werden; ist entschlossen, gegebenenfalls seine im Vertrag verankerten Befugnisse im Rahmen des Verfahrens der Zustimmung und des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens voll auszuschöpfen;
6. betont, dass zunächst über die Ziele und Politikbereiche des MFR Einigkeit hergestellt werden sollte, bevor diesen Mittel zugewiesen werden, und betont, dass das Parlament und der Rat umfassende Verhandlungen zu allen Aspekten des MFR führen sollten, bevor Mittel zugewiesen und die letzten Anpassungen des gesamten MFR-Pakets vorgenommen werden; bekennt sich zu dem Grundsatz, dass nichts vereinbart ist, solange nicht alles vereinbart ist, als geeignete Vorgehensweise;
7. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Europäischen Rat, dem Rat, der Kommission, den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten sowie den anderen betroffenen Organen und Einrichtungen zu übermitteln.