Beschluss des Europäischen Parlaments vom 25. Oktober 2012 zur Empfehlung des Rates zur Ernennung eines Mitglieds des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (C7-0195/2012 – 2012/0806(NLE))
(Konsultation)
Das Europäische Parlament,
– in Kenntnis der Empfehlung des Rates vom 10. Juli 2012(1),
– gestützt auf Artikel 283 Absatz 2 Unterabsatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, gemäß dem es vom Europäischen Rat konsultiert wurde (C7-0195/2012),
– gestützt auf Artikel 109 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A7-0348/2012),
A. in der Erwägung, dass der Europäische Rat das Europäische Parlament mit Schreiben vom 13. Juli 2012, das am 18. Juli 2012 eingegangen ist, zur Ernennung von Yves Mersch zum Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (EZB) für eine Amtszeit von acht Jahren konsultiert hat;
B. in der Erwägung, dass der Ausschuss für Wirtschaft und Währung die Qualifikationen des vorgeschlagenen Kandidaten bewertet hat, insbesondere im Hinblick auf die Erfordernisse nach Artikel 283 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und vor dem Hintergrund des Erfordernisses einer völligen Unabhängigkeit der EZB im Bereich der Geldpolitik gemäß Artikel 130 AEUV; in der Erwägung, dass der Ausschuss im Laufe dieser Bewertung einen Lebenslauf des Kandidaten und dessen Antworten auf den schriftlichen Fragenkatalog, der ihm übermittelt worden war, erhalten hat;
C. in der Erwägung, dass der Ausschuss im Anschluss daran am 22. Oktober 2012 eine Anhörung mit dem Kandidaten durchführte, bei der er zunächst eine Erklärung abgab und anschließend den Fragen der Ausschussmitglieder Rede und Antwort stand,
D. in der Erwägung, dass ein breiter Konsens darüber bestand, dass der Kandidat eine in Währungs- oder Bankangelegenheiten anerkannte und erfahrene Persönlichkeit ist, was notwendig ist, um die Aufgaben eines Mitglieds des Direktoriums der EZB wahrnehmen zu können;
E. in der Erwägung, dass vor Ablauf der Amtszeit von Frau Tumpel-Gugerell die Frage der Vertretung von Frauen in der EZB von Mitgliedern des Europäischen Parlaments informell aufgeworfen wurde;
F. in der Erwägung, dass von der Gründung der EZB bis zum Ausscheiden von Frau Tumpel-Gugerell stets eine Frau Mitglied des Direktoriums der EZB war;
G. in der Erwägung, dass entsprechend dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gemäß Artikel 4 Absatz 3 AEUV der Ausschuss vor Ablauf der Amtszeit von Herrn Gonzalez-Paramo im Mai 2012 sichergestellt hat, dass der Rat mit Schreiben vom 8. Mai 2012 vom Ausschussvorsitzenden im Namen aller Fraktionen an den Vorsitzenden der Eurogruppe darüber unterrichtet wurde, dass es bei der Zusammensetzung des Direktoriums der EZB an Vielfalt mangelt und eine Frau als Kandidatin aufgestellt werden muss;
H. in der Erwägung, dass im selben Schreiben der Ausschussvorsitzende die Eurogruppe aufgefordert hat, einen mittelfristigen Plan zur Beförderung von Frauen in einflussreiche Positionen in der EZB, den nationalen Zentralbanken und den nationalen Finanzministerien aufzustellen;
I. in der Erwägung, dass keine formale Antwort auf das Schreiben vom 8. Mai 2012 eingegangen ist;
J. in der Erwägung, dass in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union der Grundsatz der Gleichheit von Frauen und Männern verankert ist;
K. in der Erwägung, dass in Artikel 19 AEUV der Union Zuständigkeiten zur Bekämpfung der Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts übertragen werden;
L. in der Erwägung, dass die Vielfalt der Geschlechter in Führungsgremien und Regierungen für eine Erweiterung der Fachkompetenz und der Perspektiven sorgt; in der Erwägung, dass die Auswahl eingegrenzt wird und die Gefahr besteht, dass mögliche herausragende Kandidaten übergangen werden, wenn ausschließlich Männer oder Frauen eingestellt werden;
M. in der Erwägung, dass die Amtszeit des derzeitigen Direktoriums der EZB bis 2018 läuft, sodass im Direktorium möglicherweise bis zu diesem Datum keine Vielfalt der Geschlechter besteht;
N. in der Erwägung, dass der Präsident des Europäischen Parlaments nach einer Sitzung der Konferenz der Präsidenten in einem Schreiben vom 19. September 2012 den Präsidenten des Europäischen Rates um die Zusage ersucht hat, dafür zu sorgen, dass alle in seine Zuständigkeit fallenden Organe der Union konkrete Maßnahmen zur Gewährleistung einer ausgewogenen Vertretung von Frauen und Männern umsetzen;
O. in der Erwägung, dass die Kommission am 21. September 2010 eine Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010-2015 (COM(2010)0491) und am 16. April 2012 einen Bericht über die Fortschritte bei der Gleichstellung von Frauen und Männern im Jahr 2010 (SWD(2012)0085) angenommen hat;
P. in der Erwägung, dass im Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (Eigenkapitalrichtlinie) die Anforderung an Institute enthalten ist, Maßnahmen zur Förderung der Vielfalt der Geschlechter in ihren Leitungsorganen zu ergreifen;
Q. in der Erwägung, dass der Europäische Rat am 7. März 2011 den Pakt für die Gleichstellung der Geschlechter 2011 bis 2020 angenommen hat;
R. in der Erwägung, dass das Parlament am 13. März 2012 eine Entschließung zu Frauen in politischen Entscheidungsprozessen(2), am 8. März 2011 eine Entschließung zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union – 2010(3) und am 6. Juli 2011 eine Entschließung zu Frauen in wirtschaftlichen Führungspositionen(4) angenommen hat;
1. gibt eine ablehnende Stellungnahme zu der Empfehlung des Rates ab, Yves Mersch zum Mitglied des Direktoriums der EZB zu ernennen und fordert dazu auf, die Empfehlung zurückzuziehen und dem Europäischen Parlament eine neue Empfehlung zu unterbreiten;
2. beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss dem Europäischen Rat, dem Rat und den Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.