Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. Januar 2013 zu einer Jugendgarantie (2012/2901(RSP))
Das Europäische Parlament,
– in Kenntnis des Vorschlags der Kommission vom 5. Dezember 2012 für eine Empfehlung des Rates zur Einführung einer Jugendgarantie (COM(2012)0729),
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission zur Umsetzung der Initiative „Chancen für junge Menschen“ (COM(2012)0727),
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission zur Initiative „Chancen für junge Menschen“ (COM(2011)0933) und unter Hinweis auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. Mai 2012 zur Initiative „Chancen für junge Menschen“(1) und die Anfrage zur mündlichen Beantwortung an die Kommission zur Initiative „Chancen für junge Menschen“ (O-000106/2012 – B7-0113/2012),
– in Kenntnis der Erklärung der Mitglieder des Europäischen Rates vom 30. Januar 2012 mit dem Titel „Wege zu wachstumsfreundlicher Konsolidierung und beschäftigungsfreundlichem Wachstum“;
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Juli 2010 zu der Förderung des Zugangs Jugendlicher zum Arbeitsmarkt, Stärkung des Status von Auszubildenden, Praktikanten und Lehrlingen(2),
– in Kenntnis des Eurofound-Berichts vom 13. Juni 2012 mit dem Titel „Jugendgarantie: Erfahrungen aus Finnland und Schweden“(3),
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission zu „Jugend in Bewegung“ (COM(2010)0477),
– in Kenntnis des Schreibens der Internationalen Arbeitsorganisation vom September 2012 mit dem Titel „Globale Beschäftigungsaussichten: trübe Aussichten am Arbeitsmarkt für junge Menschen“(4) sowie der Entschließung und der Schlussfolgerungen der 101. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz in Genf im Jahr 2012 mit dem Titel „Die Krise der Jugendarbeitslosigkeit: Aufruf zum Handeln“(5),
– gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Gesamtarbeitslosigkeit bis Oktober 2012 aufgrund der Wirtschaftskrise auf den nie zuvor erreichten Stand von 10,7 % gestiegen war, was 25,91 Millionen Arbeitssuchenden entspricht(6);
B. in der Erwägung, dass die Jugendarbeitslosigkeit auf 23,4 % gestiegen ist, was 5,68 Millionen arbeitslosen jungen Menschen entspricht und was teilweise auf die Diskrepanz zwischen dem Angebot an Qualifikationen und den Anforderungen des Arbeitsmarktes zurückzuführen ist, oftmals jedoch nicht vom Bildungsstand der Arbeitssuchenden abhängig ist; in der Erwägung, dass die Forschung zeigt, dass Jugendarbeitslosigkeit häufig dauerhafte Narben hinterlässt, zum Beispiel das Risiko künftiger Arbeitslosigkeit und dauerhafter gesellschaftlicher Ausgrenzung;
C. in der Erwägung, dass die Mitglieder des Europäischen Rates die Mitgliedstaaten in ihrer Erklärung vom 29. Juni 2012 aufforderten, ihre Bemühungen zur Steigerung der Beschäftigung junger Menschen zu verstärken, „wobei angestrebt wird, dass jungen Menschen innerhalb von wenigen Monaten nach dem Verlassen der Schule eine Arbeitsstelle guter Qualität oder eine weiterführende Ausbildung, ein Ausbildungs- oder ein Praktikumsplatz angeboten wird“;
D. in der Erwägung, dass eine Jugendgarantie dazu beitragen würde, drei Ziele der Strategie Europa 2020 zu erreichen, wozu eine Beschäftigungsrate von 75 % der Bevölkerung im Alter zwischen 20 und 64 Jahren gehört, eine Schulabbrecherquote von unter 10 % und die Verringerung der Zahl der Menschen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind, um mindestens 20 Millionen;
E. in der Erwägung, dass die Krise zu einer Zunahme unsicherer Beschäftigungsformen für junge Menschen geführt hat, da befristete Verträge, Teilzeitverträge und unvergütete Praktika allzu oft bestehende Arbeitsplätze ersetzen;
F. in der Erwägung, dass die Kosten, die der EU entstehen, wenn sie nicht gegen das Problem junger Menschen vorgeht, die ohne Arbeit, Schul- oder Berufsausbildung sind (NEET), auf 153 Milliarden EUR geschätzt werden, was 1,2 % des BIP der EU entspricht, und ferner in der Erwägung, dass in der EU gegenwärtig 7,5 Millionen Menschen im Alter unter 25 Jahren der „NEET“-Gruppe zuzurechnen sind;
G. in der Erwägung, dass die Kommission in ihrem Paket zur Jugendbeschäftigung eine Jugendgarantie fordert;
1. unterstützt nachdrücklich die Initiative der Kommission, eine Empfehlung des Rates zu Jugendgarantie-Programmen vorzuschlagen;
2. fordert die Minister der Mitgliedstaaten für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten auf, sich auf der Tagung des EPSCO-Rates im Februar 2013 auf eine Empfehlung des Rates zur Umsetzung von Jugendgarantie-Programmen in allen Mitgliedstaaten zu einigen; hebt hervor, dass es sich bei der Jugendgarantie nicht um eine Beschäftigungsgarantie handelt, sondern um ein Instrument zur Sicherstellung, dass allen jungen Bürgern und rechtmäßig ansässigen Einwohnern der EU im Alter von bis zu 25 Jahren sowie Studienabgängern unter 30 Jahren innerhalb von vier Monaten nach Verlust ihres Arbeitsplatzes oder nach Abschluss ihrer formalen Ausbildung eine Arbeitsstelle guter Qualität, eine weiterführende Ausbildung oder ein Ausbildungsplatz angeboten wird; hebt hervor, dass Jugendgarantie-Programme die Situation von Menschen, die weder im Erwerbsleben stehen noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren, wirksam verbessern sollten; hebt hervor, dass Jugendgarantie-Programme für bestimmte Formen von EU-Finanzierung in Frage kommen sollten, insbesondere in den Mitgliedstaaten mit den höchsten Jugendarbeitslosigkeitsquoten;
3. vertritt die Auffassung, dass die EU-Finanzierung von Jugendgarantie-Programmen eine Schlüsselrolle spielen sollten, dass insbesondere der Europäische Sozialfonds (ESF) so strukturiert werden sollte, dass die Finanzierung der Jugendgarantie ermöglicht wird, und dass dem ESF daher mindestens 25 % der Mittel der Struktur- und Kohäsionsfonds zugeteilt werden sollten; vertritt jedoch die Auffassung, dass ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der Finanzierung durch die EU und durch die Mitgliedstaaten angestrebt werden sollte;
4. erkennt an, dass junge Menschen keine homogene Gruppe sind, dass sie sich in unterschiedlichen sozialen Umfeldern bewegen und dass die Bereitschaft in den Mitgliedstaaten für die Annahme einer Jugendgarantie daher unterschiedlich hoch ist; weist darauf hin, dass vor diesem Hintergrund alle jungen Menschen zunächst eine auf sie zugeschnittene Einschätzung ihrer Bedürfnisse erhalten sollten, auf die anschließend maßgeschneiderte Dienstleistungen folgen sollten;
5. hebt hervor, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten sowie, auf der nationalen Ebene, zwischen den Sozialpartnern (der einzelnen Sektoren), den lokalen und regionalen Behörden, öffentlichen und privaten Arbeitsvermittlungen und den lokalen und regionalen Einrichtungen für allgemeine und berufliche Bildung für die wirksame Umsetzung der Jugendgarantie-Programme von wesentlicher Bedeutung ist;
6. weist darauf hin, dass Jugendgarantie-Programme durch einen Qualitätsrahmen ergänzt werden sollten, um sicherzustellen, dass die angebotenen Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Arbeitsplätze mit einer angemessenen Bezahlung sowie angemessenen Arbeitsbedingungen und Gesundheits- und Sicherheitsstandards einhergehen;
7. begrüßt den Vorschlag der Kommission, mittels eines „Ausschusses für Beschäftigung“ eine multilaterale Überwachung der Umsetzung der Jugendgarantie-Programme vorzusehen, und bittet darum, in diesen Ausschuss eingebunden zu werden;
8. fordert die Mitgliedstaaten auf, insbesondere die Standards der allgemeinen und beruflichen Bildung für junge Menschen zu reformieren, um ihre Möglichkeiten im Hinblick auf Beschäftigung und ihr Leben im Allgemeinen bedeutend zu verbessern;
9. erkennt an, dass die Bereitschaft in den Mitgliedstaaten zur Annahme der Jugendgarantie unterschiedlich hoch ist, und fordert die Kommission insbesondere auf, diejenigen Mitgliedstaaten zu unterstützen, die sich in einer schwierigen finanziellen Lage befinden; fordert die Kommission nachdrücklich auf, im Rahmen des Europäischen Semesters die Umsetzung der Jugendgarantie genau zu überwachen und Bericht darüber zu erstatten und, falls notwendig, diejenigen Staaten zu benennen, die die Jugendgarantie nicht eingeführt haben;
10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission und dem Rat zu übermitteln.