Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. März 2013 zu Ergebnisabsprachen und Korruption im Sport (2013/2567(RSP))
Das Europäische Parlament,
– in Kenntnis der Erklärung von Nicosia vom 20. September 2012 über die Bekämpfung von Ergebnisabsprachen,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 18. Januar 2011 mit dem Titel „Entwicklung der europäischen Dimension des Sports“ (COM(2011)0012),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 2. Februar 2012 zur europäischen Dimension des Sports(1),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. März 2009 zu der Integrität von Online-Glücksspielen(2),
– in Kenntnis des Weißbuchs der Kommission zum Thema Sport (COM(2007)0391),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. April 2005 zur Dopingbekämpfung im Sport(3),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Korruptionsbekämpfung in der EU“ (COM(2011)0308),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 2011 über die Online-Spiele im Binnenmarkt(4),
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 23. Oktober 2012 mit dem Titel „Ein umfassender europäischer Rahmen für das Online-Glücksspiel“ (COM(2012)0596),
– in Kenntnis des Grünbuchs der Kommission vom 24. März 2011 zu Online-Glücksspielen im Binnenmarkt (COM(2011)0128),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. September 2011 zu den Bemühungen der EU zur Bekämpfung der Korruption(5),
– in Kenntnis der vorbereitenden Maßnahme „Europäische Partnerschaften für den Sport“ und insbesondere der Zusammenfassung von Projekten zur Verhinderung von Ergebnismanipulationen durch Bildungs- und Informationsangebote für die relevanten Akteure,
– in Kenntnis der Empfehlung der Kommission für einen Beschluss des Rates zur Ermächtigung der Europäischen Kommission, sich im Namen der EU an den Verhandlungen über ein internationales Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung der Manipulation von Sportergebnissen zu beteiligen (COM(2012)0655),
– in Kenntnis der Ergebnisse der Studie über Spielabsprachen im Sport vom März 2012, die von der Kommission in Auftrag gegeben wurde,
– in Kenntnis des Übereinkommens des Europarates gegen Doping vom 16. November 1989,
– in Kenntnis der Empfehlung des Ministerkomitees des Europarates vom 28. September 2011 zur Förderung der Integrität des Sports und zur Bekämpfung von manipulierten Ergebnissen, insbesondere Ergebnisabsprachen,
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 und Artikel 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Gemeinsame Untersuchungskommission von Europol mit dem Decknamen „Operation Veto“ festgestellt hat, dass es in den vergangenen Jahren weltweit zu 680 Ergebnisabsprachen im Fußball kam, von denen in Europa 380 Partien betroffen waren, sowie in der Erwägung, dass es sich hierbei laut Europol um ein umfassendes Netzwerk zur Manipulation von Spielausgängen handelt, das den Kern des Sports erschüttert, wobei 425 Personen unter Verdacht stünden und bereits 50 Festnahmen erfolgt seien;
B. in der Erwägung, dass es sich laut Europol bei diesen Zahlen lediglich um die Spitze des Eisbergs handelt;
C. in der Erwägung, dass zahlreiche Mitgliedstaaten von diesen Ergebnisabsprachen betroffen waren, was Grund zu ernsthafter Besorgnis ist, da diese Tätigkeiten Teil der organisierten Kriminalität sind und ein großes Risiko für den Sport in fast allen Mitgliedstaaten darstellen;
D. in der Erwägung, dass Ergebnisabsprachen eine Form der Kriminalität sind, bei der hohe Einnahmen erzielt werden, während Strafen und Aufdeckungsraten extrem niedrig ausfallen, sowie in der Erwägung, dass kriminelle Organisationen Ergebnisabsprachen deshalb im Rahmen ihrer illegalen Machenschaften wie Geldwäsche sowie Menschen- und Drogenhandel nutzen;
E. in der Erwägung, dass es sich beim sogenannten „Spot-Fixing“ um eine illegale Machenschaft im Sport handelt, bei der Absprachen bezüglich eines bestimmten Teils des Wettkampfs und nicht unbedingt des Endergebnisses getroffen werden, weshalb diese noch schwerer zu erkennen ist als traditionelle Ergebnisabsprachen;
F. in der Erwägung, dass kriminelle Organisationen international tätig sind und über weltweite Verbindungen verfügen, weshalb keine einzelne Institution, kein Land und keine Organisation in der Lage ist, Ergebnisabsprachen allein zu unterbinden;
G. in der Erwägung, dass alle Sportarten betroffen sein können und die Integrität des gesamten Sports bedroht ist;
H. in der Erwägung, dass die bestehenden Kontrollmechanismen nicht in der Lage waren, Ergebnisabsprachen rasch festzustellen, da sich diese illegalen Machenschaften weltweit vollziehen;
I. in der Erwägung, dass Transparenz, Rechenschaftspflicht und Demokratie – also die Kennzeichnen einer soliden Verwaltung – auch in Sportverbänden Voraussetzungen für die Bemühungen innerhalb des Sports sind, erfolgreich gegen Ergebnisabsprachen und sonstigen Betrug im Sport vorzugehen;
J. in der Erwägung, dass viele Sportverbände bereits Maßnahmen auf diesem Gebiet ergriffen haben, unter anderem durch die Entwicklung von Verhaltenskodizes und die Annahme von Strategien der „Nulltoleranz“;
K. in der Erwägung, dass Ergebnisabsprachen in erster Linie von Anbietern außerhalb der EU angeboten werden, sodass die Notwendigkeit besteht, auf internationaler Ebene gegen dieses Problem vorzugehen;
L. in der Erwägung, dass Experten auf zunehmende Probleme im Zusammenhang mit illegalen Absichten von einzelnen Personen hinweisen, die Fußballclubs übernehmen, um Ergebnisabsprachen und Geldwäsche zu betreiben;
M. in der Erwägung, dass einige Spielergewerkschaften darauf hinweisen, dass Spielabsprachen dazu führen können, dass Spieler ihr Gehalt nicht rechtzeitig ausgezahlt bekommen sowie eingeschüchtert und erpresst werden;
1. fordert sämtliche Akteure in diesem Bereich auf, individuell Verantwortung zu übernehmen und einen umfassendes Konzept zu entwickeln, indem sie ihre Anstrengungen gegen Ergebnisabsprachen im Sport bündeln;
2. fordert die Kommission auf, ein umfassendes Konzept zur Bekämpfung von Ergebnisabsprachen zu entwickeln und die Anstrengungen der maßgeblichen Akteure wie Sportverbände, nationale Polizei- und Justizbehörden sowie Wettspielanbieter in diesem Zusammenhang zu bündeln, indem sie eine Plattform für Diskussionen und zum Austausch bewährter Praktiken anbietet;
3. fordert die Sportverbände auf, bei Korruptionsfällen eine Politik der „Nulltoleranz“ zu verfolgen (sowie nach innen als auch nach außen), damit ihre Mitglieder keinem externen Druck ausgesetzt werden und die Integrität des Sports gewahrt bleibt;
4. fordert die Sportverbände auf, für ihre Mitarbeiter und Offiziellen (Sportler, Trainer, Schiedsrichter, Ärzte, Techniker, Vorsitzende von Vereinen und Einzelverbänden) einen Verhaltenskodex zu entwickeln, in dem die Gefahren von Ergebnisabsprachen erläutert werden und der deutliche Verbote von Ergebnisabsprachen bei Wetten und aus anderen Gründen formuliert, entsprechende Strafmaßnahmen festlegt sowie darüber hinaus unter Strafe verbietet, auf den Ausgang des eigenen Wettkampfes zu wetten, und in dem die Athleten verpflichtet werden, Ergebnisabsprachen oder Versuche solcher Absprachen sofort zu melden, wobei sie als Hinweisgeber von entsprechenden Schutzmechanismen profitieren;
5. fordert die Führungsgremien der Sportverbände auf, sich zu einer soliden Verwaltung zu verpflichten, um das Risiko zu verringern, Opfer von Ergebnisabsprachen zu werden;
6. unterstreicht die Bedeutung der Ausbildung für den Schutz der Integrität des Sports; fordert deshalb die Mitgliedstaaten und Sportverbände auf, Sportler und Verbraucher schon in jungen Jahren und auf allen Ebenen (Breitensport und Spitzensport) angemessen zu unterrichten und weiterzubilden;
7. fordert die Sportverbände auf, umfassende Präventivmaßnahmen oder Schulungsprogramme einzuleiten oder mit diesen fortzufahren, in denen die Vereine, Ligen und Föderationen verpflichtet werden, insbesondere zum Schutz von Jugendlichen, Disziplinarkommissionen einzusetzen, die gegen Ergebnisabsprachen und Korruption vorgehen;
8. fordert die Kommission mit Nachdruck auf, den Mitgliedstaaten insbesondere nahezulegen, Ergebnisabsprachen in ihrem nationalen Strafrecht als Tatbestand zu verankern, einheitliche und abschreckende Mindeststrafen vorzusehen und bestehende Gesetzeslücken unter vollständiger Beachtung der Grundrechte zu schließen;
9. begrüßt die laufenden Diskussionen über ein mögliches Übereinkommen zur Bekämpfung der Manipulationen von Sportergebnissen, mit dem die nationalen Systeme die erforderlichen Mechanismen und Mittel sowie den notwendigen Sachverstand erhalten, um gegen diese Bedrohung vorzugehen;
10. fordert die Sportverbände auf, überzeugende und strenge Standards an ihre Verwaltung anzulegen;
11. fordert die Kommission auf, sicherzustellen, dass in allen Mitgliedstaaten Wetten auf den Ausgang von Jugendwettkämpfen verboten werden;
12. fordert die Mitgliedstaaten auf, eine Sondereinsatzgruppe zur Rechtsdurchsetzung einzusetzen, die gegen Ergebnisabsprachen vorgeht und als Kommunikations- und Kooperationsplattform für die wichtigsten Akteure dient; fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, Wettspielanbieter zu verpflichten, Informationen über verdächtige Wetteinsätze an diese Gruppe und Sportverbände weiterzugeben, damit Untersuchungen durch die Justizbehörden eingeleitet werden können;
13. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Zusammenarbeit in Europa im Bereich der Rechtsdurchsetzung durch gemeinsame Ermittlungsgruppen und die Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden auszubauen; verweist auf die Notwendigkeit der Einführung und wirksamen Durchsetzung von Maßnahmen gegen das illegale Glücksspiel im Internet und anonyme Wetten; vertritt die Auffassung, dass Informationen über Personen ausgetauscht werden sollten, die verdächtigt werden, Athleten für Ergebnisabsprachen anzuwerben, oder hierfür bereits verurteilt wurden;
14. fordert die Mitgliedstaaten auf, Regulierungsstellen einzurichten, um illegale Machenschaften und Korruption bei Sportwetten aufzudecken und zu bekämpfen, sowie Belege über Ergebnisabsprachen, Betrügereien sowie andere Formen der Korruption im Sport, sowohl in Europa als auch außerhalb, zu sammeln, auszutauschen, zu analysieren und zu verbreiten; betont ferner die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit mit anderen Regulierungsstellen, einschließlich der Lizenz- und Strafverfolgungsbehörden sowie der Polizei;
15. fordert die Kommission auf, den Austausch von Informationen zwischen diesen Regulierungsstellen bei illegalen oder verdächtigen Sportwetten zu fördern;
16. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten ferner auf, bei der Bekämpfung von organisierter Kriminalität im Zusammenhang mit Ergebnisabsprachen im Sport die Zusammenarbeit mit Drittländern zu suchen, unter anderem durch die Teilnahme an den Verhandlungen über eine internationale Übereinkunft des Europarates zur Bekämpfung der Manipulation von Sportergebnissen;
17. begrüßt die Veröffentlichung des Zweijahresberichts zur Korruptionsbekämpfung durch die Kommission zusammen mit den Untersuchungen zu den einzelnen Mitgliedstaaten, die genaue und situationsbezogene Empfehlungen enthalten (aus dem Jahr 2013);
18. fordert den Rat auf, die Ziele des EU-Arbeitsplans für den Sport 2011–2014 weiter zu verfolgen und dabei besonderes Augenmerk auf die Entwicklung von Schulungsprogrammen in den Mitgliedstaaten zu legen, um das Bewusstsein für die Werte des Sports wie Integrität, Fairness und gegenseitigen Respekt zu schärfen;
19. begrüßt die Initiative der Kommission zur Annahme einer Empfehlung zu bewährten Praktiken und der Verhinderung und Bekämpfung von Wettspielen im Zusammenhang mit Ergebnisabsprachen, die im Jahr 2014 vorgelegt werden soll;
20. begrüßt die Tatsache, dass die 5. Internationale Konferenz der Minister und Hohen Beamten für Leibeserziehung und Sport (MINEPS) Fragen der Integrität des Sports und der Bekämpfung von Ergebnismanipulationen angehen wird; vertritt die Auffassung, dass es sich hierbei um ein geeignetes Forum handelt, das die Notwendigkeit erkennen lässt, dass die Probleme im Zusammenhang mit Ergebnisabsprachen von einem globalen Gremium gelöst werden müssen, in dem die relevanten Akteure zusammenkommen können, um Informationen auszutauschen und ihre Schritte abzustimmen sowie Konzepte für eine solide Verwaltung zu fördern;
21. fordert die Kommission auf, jene Drittländer zu benennen, die als „asiatische Wettoasen“ bekannt sind und bei denen bestimmte Probleme im Zusammenhang mit Ergebnisabsprachen bei Sportveranstaltungen in der EU auftraten, und die Zusammenarbeit mit diesen Ländern bei der Bekämpfung von Ergebnismanipulationen zu intensivieren;
22. fordert den Rat auf, die Diskussionen über den Vorschlag für eine neue Richtlinie gegen Geldwäsche (COM(2013)0045) zügig und zielstrebig fortzusetzen und auch das Problem der Geldwäsche durch Sportwetten im Internet zu berücksichtigen;
23. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie den europäischen, internationalen und nationalen Sportverbänden zu übermitteln.