Index 
Angenommene Texte
Dienstag, 15. Januar 2013 - Straßburg
Stadtsanierung als Beitrag zum Wirtschaftswachstum
 Rolle der regionalen Entwicklung in der Kohäsionspolitik
 Europäischer Solidaritätsfonds, Umsetzung und Anwendung
 Verwaltungsverfahrensrecht
 Unterrichtung und Anhörung von Arbeitnehmern, Antizipation und Management von Umstrukturierungen
 EU-Strategie für das Horn von Afrika
 Entwicklungsaspekte der Rechte an geistigem Eigentum in Bezug auf genetische Ressourcen

Stadtsanierung als Beitrag zum Wirtschaftswachstum
PDF 140kWORD 30k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Januar 2013 zur Stadtsanierung als Beitrag zum Wirtschaftswachstum im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik (2011/2311(INI))
P7_TA(2013)0001A7-0406/2012

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf die Artikel 174 und 176 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, in denen als Ziel der wirtschaftliche, soziale und territoriale Zusammenhalt festgelegt wurde und die angestrebten Finanzinstrumente mit struktureller Zweckbestimmung dargelegt wurden und außerdem bestimmt wurde, dass der Europäische Fonds für regionale Entwicklung zum Ausgleich der wichtigsten regionalen Ungleichgewichte in der Union beitragen soll.

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 3. März 2010 mit dem Titel „Europa 2020: Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (COM(2010)2020),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Mai 2010 zu dem Beitrag der Kohäsionspolitik zur Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Strategie und der EU-Strategie bis 2020(1),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Dezember 2010 zu dem Thema: „Erreichen eines echten territorialen, sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalts innerhalb der EU – eine Conditio sine qua non für die globale Wettbewerbsfähigkeit?“(2),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 9. November 2010 mit dem Titel „Schlussfolgerungen aus dem Fünften Bericht über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt: Die Zukunft der Kohäsionspolitik“ (COM(2010)0642),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 23. November 2010 mit dem Titel „Agenda für neue Kompetenzen und neue Beschäftigungsmöglichkeiten: Europas Beitrag zur Vollbeschäftigung“ (COM(2010)0682),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 16. Dezember 2010 mit dem Titel „Europäische Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung: Ein europäischer Rahmen für den sozialen und territorialen Zusammenhalt“ (COM(2010)0758),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 26. Januar 2011 mit dem Titel „Ressourcenschonendes Europa – eine Leitinitiative innerhalb der Strategie Europa 2020“ (COM(2011)0021),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Juni 2011 zu dem derzeitigen Stand und den künftigen Synergien für mehr Effektivität zwischen dem EFRE und den übrigen Strukturfonds(3),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Juni 2011 mit dem Titel „BIP und mehr – Die Messung des Fortschritts in einer Welt im Wandel“(4),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Juni 2011 zur „Investition in die Zukunft: ein neuer mehrjähriger Finanzrahmen (MFR) für ein wettbewerbsfähiges, nachhaltiges und inklusives Europa(5),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 5. Juli 2011 zu dem Fünften Kohäsionsbericht der Kommission und zur Strategie für die Kohäsionspolitik nach 2013(6),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 27. September 2011 zur Abrufung von Struktur- und Kohäsionsfondsmitteln: Lehren für die künftige Kohäsionspolitik der EU(7),

–  in Kenntnis des Vorschlags vom 6. Oktober 2011 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds, für die der Gemeinsame Strategische Rahmen gilt, sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 (COM(2011)0615),

–  in Kenntnis des Vorschlag vom 6. Oktober 2011 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit besonderen Bestimmungen für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und das Ziel „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“ und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 (COM(2011)0614),

–  in Kenntnis des Vorschlags vom 6. Oktober 2011 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Sozialfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1081/2006 (COM(2011)0607),

–  in Kenntnis des Vorschlags vom 6. Oktober 2011 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Programm der Europäischen Union für sozialen Wandel und soziale Innovation (COM(2011)0609),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 2011 zu der Europäischen Plattform zur Bekämpfung der Armut und der sozialen Ausgrenzung(8),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Juli 2008 zum Thema „Hin zu einer neuen Kultur der Mobilität in der Stadt“(9),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. März 2009 zur städtischen Dimension der Kohäsionspolitik im neuen Programmplanungszeitraum(10),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. April 2009 zu einem Aktionsplan zur Mobilität in der Stadt(11),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Juni 2011 zur Europäischen Stadtpolitik und ihrer Zukunft im Rahmen der Kohäsionspolitik(12),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Oktober 2005 zur städtischen Dimension im Zusammenhang mit der Erweiterung(13),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. September 2006 zur thematischen Strategie für die städtische Umwelt(14),

–  in Kenntnis der Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt, die beim informellen Ministertreffen zur Stadtentwicklung und zum territorialen Zusammenhalt am 24. und 25. Mai 2007 in Leipzig verabschiedet wurde,

–  in Kenntnis der Erklärung von Toledo zur Stadtentwicklung, die beim informellen Ministertreffen am 22. Juni 2010 in Toledo angenommen wurde,

–  gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für regionale Entwicklung (A7-0406/2012),

A.  in der Erwägung, dass 80 % der europäischen Bürger in Ballungsräumen leben (und diese Zahl durch die steigende Abwanderung aus ländlichen Gebieten in die Städte weiter wächst), wo die Auswirkungen der Wirtschaftskrise verstärkt zu spüren sind und wo sich die Herausforderungen der Bekämpfung des Klimawandels, der Schaffung von Arbeitsplätzen, des Wohlstands und der Lebensqualität stärker zeigen;

B.  in der Erwägung, dass städtische Gebiete mittel-/langfristige Aktionspläne im Bereich des nachhaltigen wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts ausarbeiten sollten;

C.  in der Erwägung, dass die Städte einerseits Motor für Wirtschaft, Produktion und Beschäftigung sind und andererseits den Rahmen für Suburbanisierung, Arbeitslosigkeit und allgemeiner gefasst für soziale Ausgrenzung und Segregation sowie Umweltverschmutzung bilden;

D.  in der Erwägung, dass starke städtische Gebiete auch eine positive Ausstrahlung auf das ländliche Umland haben und dadurch Spill-Over-Effekte erzeugt werden können;

E.  in der Erwägung, dass es notwendig ist, das Konzept der Randgebiete zu überdenken, um den derzeitigen Trend hin zu räumlicher Segregation umzukehren, durch die eine soziale Polarisierung entsteht;

F.  in der Erwägung, dass die laufenden Veränderungsprozesse in den Städten zunehmend Erwartungen und Probleme verursachen, die durch die gewohnten offiziellen Maßnahmen nur schwer bewältigt werden können und deshalb innovative und integrierte Mechanismen des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts zur Anwendung kommen müssen;

G.  in der Erwägung, dass der demografische Wandel in vielen Städten zur Abwanderung der Bevölkerung aus älteren städtischen Wohngebieten in neue und weiter peripher gelegene Wohnsiedlungen, städtische Gebiete am Rande der Stadt oder neue Siedlungen in der Nähe großer Ballungsgebiete geführt hat;

H.  in der Erwägung, dass soziale Ungleichheiten in vielen städtischen Gebieten eine Herausforderung darstellen und dass Ungleichheiten zwischen Stadtvierteln häufig auf eine unangemessene Wohnungspolitik und auf die Tatsache zurückzuführen sind, dass Dienstleistungen häufig auf die wohlhabenden Gegenden beschränkt sind;

I.  in der Erwägung, dass eine Überarbeitung der gewohnten Ansätze eine Möglichkeit darstellen könnte, den Prozess für neue Wege in der Stadtentwicklung und für die Entwicklung von Projekten einzuleiten, die sich auf die Neuauslegung von Raumplanungs-Maßnahmen, kollektiven Bedürfnissen und Bürgerbeteiligung stützen;

1.  stellt fest, dass das lokale Entwicklungsmodell einen Vorteil für die Kohäsionspolitik darstellt, weil dadurch entscheidende Faktoren aktiviert werden, die beste, bürgernächste Auswahl getroffen wird, gemeinsame Maßnahmen sowie kohärente, effiziente und wirksame Maßnahmen gefördert werden und darüber hinaus die Sichtbarkeit von EU-Maßnahmen auch in Gebieten der Europäischen Union mit den größten Herausforderungen sichergestellt wird;

2.  regt eine neue Periode der europäischen Rechtsvorschriften in Zusammenhang mit der Ausarbeitung eines Plans für den Schutz und die Erneuerung von Wohngebieten an, der unter Bezug auf das Subsidiaritätsprinzip die notwendige rechtliche Grundlage liefern, gemeinsame und geteilte mittel- und langfristige Ziele festlegen und die Inanspruchnahme der Fonds der Kohäsionspolitik optimieren soll;

3.  erwartet Maßnahmen für die Fertigstellung und Eingliederung bereits bestehender Stadtteile, einschließlich Stadtränder, für die funktionale Umgestaltung von stillgelegten Gebieten und Stadterneuerungsgebieten, für die Steigerung der Attraktivität der Orte, an denen die Menschen leben, durch dynamische Entwicklungsprozesse, für die Rückgabe von sehr symbolhaften und erinnerungsreichen Gebieten an die Gemeinschaft, die ihre ursprüngliche Funktion verloren haben oder die zunehmend vernachlässigt wurden, bei gleichzeitiger Förderung des kulturellen Erbes;

4.  fordert die Mobilisierung kultureller und wirtschaftlicher Ressourcen unter besonderer Berücksichtigung des Themas der sozialen Nachhaltigkeit in der Stadtentwicklung, wodurch ein Beitrag zur städtischen Solidarität, sozialen Inklusion und Integration schwacher und ausgegrenzter Gruppen in städtischen Gebieten geleistet werden soll, um das Entwicklungspotential voll auszuschöpfen, und zwar wohl wissend, dass die ärmsten Bevölkerungsschichten Gefahr laufen, durch die Prozesse der städtischen Wiederbelebung ausgegrenzt zu werden; betont daher die Notwendigkeit, die Einwohner so früh wie möglich intensiv zu beteiligen;

5.  unterstreicht die Schlüsselrolle der Städte bei der Erreichung der ökonomischen, sozialen und ökologischen Ziele der Europa-2020-Strategie und betont die Tatsache, dass die Union nur dann auf globaler Ebene wettbewerbsfähig sein kann, wenn die Kohäsionspolitik das Entwicklungspotential aller Regionen und städtischen Gebiete voll ausschöpfen kann;

6.  erwartet einen integrierten Ansatz, der die Verknüpfung von Umwelt und Natur mit Kultur und Geschichte und mit Gesellschaft und Handel umfasst und so die Entwicklung der Infrastruktur, die Verbesserung von Stadtgebieten und das Wachstum der Wirtschaft sicherstellt und eine vielfältige Nutzung des Raums durch die Integration von Wohn- und Gewerbegebäuden sowie materielle Infrastrukturen und immaterielle Verbindungsstrukturen fördert;

7.  betont daher das Erfordernis neuer Formen der Stadterneuerung, die sich auf die kollektiven Bedürfnisse nach öffentlichen Flächen, Grünflächen, Freizeit, Kultur und Sport konzentrieren;

8.  fordert gemeinsame Projekte und Partnerschaften mit Vereinen und Bürgern, um die notwendige Verknüpfung allgemeiner und ortsspezifischer Maßnahmen unter Berücksichtigung der Eigenheiten, der Identität, der Erinnerung und der Geschichte zu gewährleisten und den Gemeinschaftssinn und das Vertrauen in die Institutionen zu stärken;

9.  betont, dass die Stadtsanierung und die wirtschaftliche Wiederbelebung eng miteinander verbunden sind und dass die Schaffung eines Anziehungspunktes für den wirtschaftlichen Aufschwung ausschlaggebend sein kann; verweist darauf, dass die Stadtsanierung hierfür ein neues Konzept benötigt, bei welchem Maßnahmen zur Verhinderung des städtischen Verfalls, zur Förderung der Entwicklung von armen Gebieten und Randgebieten und zur Unterstützung des lokalen Wirtschaftswachstums und der Schaffung von Arbeitsplätzen ergänzend mit sozialen Maßnahmen kombiniert werden;

10.  fordert nachdrückliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Energie-Ineffizienz durch die funktionale Erneuerung von Gebäuden und durch den Bau ressourceneffizienterer Wohngebäude, einschließlich Sozialwohnungen, sowie zur Verminderung von Staus, Verschmutzung und Lärm, damit die Städte im Hinblick auf Umweltprobleme wettbewerbsfähiger werden;

11.  betont die Notwendigkeit einer Strategie für den Schutz und die Sicherung des städtischen Bestands und Wohnungsbestands in Gebieten mit einem hohen seismischen und hydrogeologischen Risiko;

12.  unterstreicht die Notwendigkeit, den Einsatz der Mittel zu koordinieren, um einen integrierten Ansatz für die Störungen in der demografischen Entwicklung, der Überalterung und der Verstädterung sicherzustellen; weist darauf hin, dass sich durch Strukturfondsprojekte Lösungen für ernsthafte Probleme finden lassen und diese sich auf die Menschen und insbesondere die schwachen Gesellschaftsschichten, d. h. Kinder, junge Menschen, Frauen und ältere Menschen, konzentrieren sollten;

13.  begrüßt die ergriffenen Maßnahmen zur Förderung der Vernetzung der Städte und des Austauschs von Erfahrungen und bewährter Verfahren; betont, dass diese Maßnahmen weiter verstärkt und auf funktionale städtische Gebiete erweitert werden sollten; fordert den Ausbau bestehender Instrumente zu diesem Zweck und betont in diesem Zuge, dass auf bestehende Programme und Organe zurückgegriffen werden sollte, bevor neue Strukturen geschaffen werden;

14.  begrüßt die Bestimmung, dass mindestens 5 % der Mittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) für integrative Maßnahmen zur nachhaltigen Stadtentwicklung zur Verfügung gestellt werden und den Städten zur Verwaltung übertragen werden; betont, dass diese Zahl ein Minimalziel ist und für die Unterstützung der Entwicklung in funktionalen städtischen Gebieten eingesetzt werden sollte; fordert die unterschiedlichen Verwaltungsebenen auf, neue Instrumente, wie die kommunal gelenkte lokale Entwicklung einzusetzen;

15.  lehnt ab, dass die Verwendung der oben genannten Mittel im Rahmen der integrierten territorialen Investitionen sehr streng gebunden ist; ist der Auffassung, dass den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, die integrativen Maßnahmen zur nachhaltigen städtischen Entwicklung auch durch eigene operationelle Programme oder eigene Prioritätsachsen umzusetzen;

16.  unterstreicht die Notwendigkeit, wenngleich die Städte einen wesentlichen Beitrag als Wachstumszentren oder Motoren leisten können, dass die lokalen Entwicklungsanforderungen bei der Bekämpfung der Probleme von vorstädtischen, benachbarten und ländlichen Gebieten berücksichtigt werden, um Konflikte zu vermeiden und eine sich ergänzende und synergetische Verbindung zu fördern und um dem zunehmenden Verlust von stadtnahen ländlichen Regionen aufgrund der Ausbreitung der Städte und der Umwandlung ländlicher Gebiete in Bauland die Stirn zu bieten, und gleichzeitig den Zugang zu öffentlichen Diensten auszubauen;

17.  fordert eine Verbesserung der Verwaltungskapazität der lokalen und regionalen Behörden sowie der wirtschaftlichen und sozialen Akteure, beispielsweise durch den verstärkten Einsatz technischer Unterstützung, bei der Verwaltung der Strukturfonds zur Umsetzung einer tatsächlichen Multilevel-Governance, um sicherzustellen, dass die Ziele erreicht werden; erachtet es als wesentlich, dass nachhaltige multifunktionale Netzwerke auf Grundlage von Best Practices aufgebaut und gefördert werden, damit lebendige, integrierte Stadt-Land-Partnerschaften auf Grundlage der Anforderungen der einzelnen Regionen stimuliert werden;

18.  unterstreicht die Gelegenheit, ein Netzwerk zwischen Pilotprojekten aus Mitteln des EFRE über nachhaltige Stadtentwicklung und dem neuen, mehrjährigen Programm Horizont 2020 zu schaffen, um innovative Lösungen und wiederholbare Strategien bei der Stadterneuerung zu gewährleisten;

19.  ist davon überzeugt, dass sich der Konvent der Bürgermeister als gute Grundlage für die weitere Entwicklung zum Erreichen der Ziele der Europa-2020-Strategie erweisen kann;

20.  erwartet ein nachhaltiges, in die Stadtplanung integriertes Modell für das Mobilitätsmanagement, das ein Wachstum des öffentlichen Transportwesens und eine den Anforderungen des Waren- und Dienstleistungsvertriebs in den Städten angemessene systematische logistische Vernetzung unter angemessener Berücksichtigung der nachhaltigen Mobilität umfasst;

21.  ist überzeugt, dass Umweltprobleme wie die Abfallwirtschaft ein großes Problem darstellen, das über rein technische Aspekte hinausgeht und in die soziale Problematik mithineinspielt; fordert außerdem dazu auf, die Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der Wasserversorgung und zur Reinigung des Wassers in den Städten fortzuführen, da dies gleichzeitig den Bürgern und der Umwelt zugutekommt;

22.  betont, dass die Zunahme von Grünflächen und Stadtparks von sehr hohem Wert für das natürliche, geschichtliche und kulturelle Erbe ist und dazu beiträgt, die negativen Auswirkungen auf das Mikroklima zu regulieren, die Energiebilanz und wirtschaftliche Einsparungen zu verbessern, die Nachhaltigkeit und die städtische Umweltqualität zu steigern und die sozialen Erfordernisse und Erholungsbedürfnisse zu befriedigen;

23.  erwartet, dass bei der Planung der städtischen Wiederbelebung Werkstoffe und technische Lösungen bevorzugt werden, die Energieeinsparungsstandards erfüllen und mit den Zielen der EU-Gemeinschaftspolitik übereinstimmen;

24.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission und dem Rat zu übermitteln.

(1) ABl. C 161 E vom 31.5.2011, S. 120.
(2) ABl. C 169 E vom 15.6.2012, S. 29.
(3) ABl. C 390 E vom 18.12.2012, S. 27.
(4) ABl. C 380 E vom 11.12.2012, S. 81.
(5) ABl. C 380 E vom 11.12.2012, S. 89.
(6) Angenommene Texte, P7_TA(2011)0316.
(7) Angenommene Texte, P7_TA(2011)0403.
(8) Angenommene Texte, P7_TA(2011)0495.
(9) ABl. C 294 E vom 3.12.2009, S. 42.
(10) ABl. C 117 E vom 6.5.2010, S. 73.
(11) ABl. C 184 E vom 8.7.2010, S. 43.
(12) ABl. C 390 E vom 18.12.2012, S. 10.
(13) ABl. C 233 E vom 28.9.2006, S. 127.
(14) ABl. C 306 E vom 15.12.2006, S. 182.


Rolle der regionalen Entwicklung in der Kohäsionspolitik
PDF 237kWORD 35k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Januar 2013 zu der Optimierung der Rolle der regionalen Entwicklung in der Kohäsionspolitik (2011/2312(INI))
P7_TA(2013)0002A7-0421/2012

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Titel XVIII,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999(1),

–  unter Hinweis auf die Entscheidung 2006/702/EG des Rates vom 6. Oktober 2006 über strategische Kohäsionsleitlinien der Gemeinschaft(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 5. Juli 2011 zu dem Fünften Kohäsionsbericht der Kommission und zur Strategie für die Kohäsionspolitik nach 2013(3),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Juni 2011 zu dem derzeitigen Stand und den künftigen Synergien für mehr Effektivität zwischen dem EFRE und den übrigen Strukturfonds(4),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Juni 2011 zu dem Thema „Investition in die Zukunft: ein neuer mehrjähriger Finanzrahmen (MFR) für ein wettbewerbsfähiges, nachhaltiges und inklusives Europa“(5),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Juni 2011 zur Europäischen Stadtpolitik und ihrer Zukunft im Rahmen der Kohäsionspolitik(6),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Juni 2011 zum Thema „Ziel 3: eine Herausforderung für die territoriale Zusammenarbeit – die künftige Agenda für die grenzübergreifende, transnationale und interregionale Zusammenarbeit“(7),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Oktober 2010 zur Kohäsions- und Regionalpolitik der EU nach 2013(8),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Mai 2010 zu dem Beitrag der Kohäsionspolitik zur Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Strategie und der EU-Strategie bis 2020(9),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Mai 2010 zu der Verwirklichung der Synergien von für Forschung und Innovation in der Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und im Siebten Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung vorgesehenen Mitteln in Städten und Regionen sowie in den Mitgliedstaaten und der Union(10),

–  unter Hinweis auf die vom Europäischen Parlament veröffentlichte Studie unter dem Titel „Cohesion policy after 2013: a critical assessment of the legislative proposals“ (Kohäsionspolitik nach 2013: eine kritische Bewertung der Legislativvorschläge),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des polnischen Ratsvorsitzes vom 24. und 25. November 2011 zur territorialen Dimension der EU-Politik und der künftigen Kohäsionspolitik(11),

–  unter Hinweis auf den Vorschlag vom 6. Oktober 2011 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds, für die der Gemeinsame Strategische Rahmen gilt, sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006, COM(2011)0615,

–  unter Hinweis auf den Vorschlag vom 6. Oktober 2011 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit besonderen Bestimmungen für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und das Ziel „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“ und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 (COM(2011)0614),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 9. November 2010 über die Schlussfolgerungen aus dem Fünften Bericht über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt: Die Zukunft der Kohäsionspolitik (COM(2010)0642),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. Oktober 2010 über die Überprüfung des EU-Haushalts (COM(2010)0700) und die zugehörigen technischen Anhänge (SEC(2010)7000),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 6. Oktober 2010 mit dem Titel „Regionalpolitik als Beitrag zum intelligenten Wachstum im Rahmen der Strategie Europa 2020“ (COM(2010)0553),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 31. März 2010 mit dem Titel „Kohäsionspolitik: Strategiebericht 2010 über die Umsetzung der Programme 2007–2013“ (COM(2010)0110),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 3. März 2010 mit dem Titel „Europa 2020: Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (COM(2010)2020),

–  unter Hinweis auf den unabhängigen Bericht vom April 2009 mit dem Titel „Eine Agenda für eine reformierte Kohäsionspolitik – Ein territorialer Ansatz, um den Herausforderungen und Erwartungen der Europäischen Union gerecht zu werden“, der im Auftrag von Danuta Hübner, für Regionalpolitik zuständiges Mitglied der Kommission, von Fabrizio Barca erstellt wurde,

–  gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für regionale Entwicklung und der Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (A7-0421/2012),

A.  in der Erwägung, dass die Kohäsionspolitik durch die Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts die Unterschiede zwischen den Regionen der EU verringern soll und dass sie durch soziale und wirtschaftliche Entwicklung die europäische Integration erfolgreich vorangebracht hat;

B.  in der Erwägung, dass in der Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen (Dachverordnung) gemeinsame Vorschriften aufgestellt werden, die für alle fünf europäischen Finanzierungsprogramme – Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), Europäischer Sozialfonds (ESF), Kohäsionsfonds, Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und Europäischer Meeres- und Fischereifonds (EMFF) – gelten, mit denen die Kohäsionspolitik, die Politik für die ländliche Entwicklung und die Fischereipolitik umgesetzt werden sollen;

C.  in der Erwägung, dass der Gemeinsame Strategische Rahmen Mechanismen behandelt, die eine stärkere Koordinierung unter den von der Dachverordnung erfassten Fonds (EFRE, ESF, Kohäsionsfonds, ELER, EMFF) und eine bessere Verknüpfung dieser Fonds mit anderen EU-Politikbereichen schaffen sollen;

D.  in der Erwägung, dass die territoriale Dimension ein Querschnittsaspekt der Kohäsionspolitik ist und den europäischen Regionen die Möglichkeit bietet, individuelles territoriales Potenzial zu nutzen, um auf die Erreichung der Ziele der Kohäsionspolitik hinzuarbeiten;

E.  in der Erwägung, dass der territoriale Zusammenhalt im Vertrag von Lissabon als grundlegendes Ziel der EU anerkannt wurde;

Übergeordnete Anliegen: Stärkung des territorialen Ziels

1.  erkennt ein vereinfachtes Mehrebenensystem als wesentlichen Bestandteil des Beschlussfassungsprozesses im Rahmen der Kohäsionspolitik an, wobei in allen Phasen eine Zusammenarbeit auf europäischer, einzelstaatlicher, regionaler und lokaler Ebene bei der Planung, Entwicklung und Durchführung europäischer Finanzierungsprogramme erforderlich ist; fordert die Kommission auf sicherzustellen, dass sich dies in der Entwicklung klarer und genau festgelegter Partnerschaftsverträge widerspiegelt;

2.  betont, wie wichtig der europäische Verhaltenskodex für Mitgliedstaaten, Regionen und lokale Gebietskörperschaften bei der Vorbereitung, Durchführung und Überwachung von Finanzierungprogrammen ist; erkennt an, dass es zur Erreichung einer solchen Zusammenarbeit wichtig ist zu gewährleisten, dass Entscheidungen möglichst bürgernah getroffen werden;

3.  betont, dass trotz bedeutender Fortschritte bei der Konvergenz in der EU die Ungleichgewichte (z. B. im Hinblick auf die Zugänglichkeit) zwischen den Regionen der EU nach wie vor bestehen und sogar größer werden; weist darauf hin, dass die Haushaltsmittel für die Kohäsionspolitik nach 2013 mindestens in ihrer derzeitigen Höhe beibehalten werden müssen, damit die Förderung weiterhin Gebiete, die einer wirtschaftlichen und sozialen Erneuerung bedürfen, in allen Regionen der EU erreicht;

4.  begrüßt die Vorschläge der Kommission, einen ergebnisorientierten Ansatz in den Mittelpunkt der Dachverordnung zu stellen, bei dem der Schwerpunkt auf messbaren Ergebnissen der Kohäsionspolitik liegt, um die Nachhaltigkeit von Investitionen zu erhöhen und die Wirksamkeit der Finanzierungsprogramme zu gewährleisten; betont, dass die Ausrichtung auf ein ergebnisorientiertes System Flexibilität auf einzelstaatlicher, regionaler und lokaler Ebene beinhalten muss, wobei Vereinfachung, Schwerpunkte der Programmplanung und Partnerschaft berücksichtigt werden müssen, damit ergebnisorientierte Systeme regionsspezifisch sind;

5.  billigt die in der Dachverordnung enthaltenen übergreifenden Vorschläge der Kommission zur Verringerung des Verwaltungsaufwands; betont daher, dass Vorschriften, Kontrollen und Förderungswürdigkeit von vornherein klargestellt werden müssen und dass eine erfolgreiche Vereinfachung der Verwaltungsverfahren durch einen integrierten Ansatz zur Bereitstellung der Mittel erreicht werden kann;

6.  betont, dass es bei der Planung und Umsetzung der Kohäsionspolitik wichtig ist, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der notwendigen Kontrolle der Verwendung der Mittel und deren Effizienz sicherzustellen;

7.  betont die Notwendigkeit, für einen flexiblen Ansatz bei der Festlegung von lokalen und regionalen Zielen zu sorgen, wobei die Interessenträger auf regionaler Ebene in allen Phasen beteiligt werden müssen, damit europäische Finanzierungsprogramme dem Bedarf an der Behebung sozialer und wirtschaftlicher Unterschiede gerecht werden;

8.  betont, dass Flexibilität sich auch darauf erstrecken sollte, dass stärker berücksichtigt wird, dass Projekte über die Grenzen der einzelnen von der Dachverordnung erfassten Fonds hinweg funktionieren und dass diese erhöhte Flexibilität helfen würde, die Verwirklichung von Projekten zu vereinfachen und die komplementären und Querschnittsaspekte europäischer Finanzierung zu erhöhen;

9.  betont, dass die Ziele der territorialen Kohäsion untrennbar mit wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen verbunden sind, und erkennt an, dass die Kohäsionspolitik einen wertvollen Beitrag zur Verwirklichung der Ziele der Strategie Europa 2020 leisten kann, insbesondere in den Bereichen Beschäftigung, Bildung und Armutsbekämpfung, indem sie der europäischen Wachstumsstrategie eine territoriale Dimension verleiht;

10.  betont, dass bei der Annäherung an die Ziele der Strategie Europa 2020 die Nutzung weiterer Finanzierungsprogramme (z. B. Horizont 2020), möglicherweise angepasst an die Finanzierung aus Mitteln der Kohäsionspolitik, ebenfalls in Betracht gezogen werden sollte;

11.  erkennt an, dass Städte und Stadtgebiete als Motor des Wirtschaftswachstums immer wichtiger werden;

12.  betont, dass es wichtig ist, bestehende Verbindungen zwischen Stadt und Land zu stärken und neue zu fördern; weist darauf hin, dass hierzu eine deutliche Ausrichtung auf mehrere Ebenen sowie die Zusammenarbeit zwischen ländlichen und städtischen Interessenträgern erforderlich ist und dass die richtigen Voraussetzungen geschaffen werden müssen, und zwar durch die Förderung von Partnerschaften und Netzwerken zur Teilhabe ländlicher Gebiete an den integrierten Maßnahmen einer funktionalen geografischen Einheit;

13.  betont, dass territoriale Kooperationsprogramme wirksamer mit territorialen Strategien verbunden werden müssen, und weist in diesem Zusammenhang auf das Potenzial Europäischer Verbünde für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) hin;

14.  betont, dass in Anbetracht der unterschiedlichen Größe, Mittel und sozialen und wirtschaftlichen Aspekte der Städte und Stadtgebiete in der EU die Festlegung dieser Gebiete auf Ebene der Mitgliedstaaten erfolgen muss;

15.  betont, dass der territoriale Zusammenhalt auch für den Zusammenhalt innerhalb von Gebieten gilt, d. h. dass dafür zu sorgen ist, dass das gesamte Gebiet einen wirtschaftlichen Beitrag leistet und nicht nur die großen Städte, und hebt hervor, dass das Potenzial kleiner und mittlerer Städte in ländlichen Gebieten, einen bedeutenden Beitrag zur Region zu leisten, nicht außer Acht gelassen werden sollte;

16.  betont, dass angesichts der Querschnittsaspekte des territorialen Zusammenhalts sowie zur Erreichung greifbarer Ergebnisse auf regionaler Ebene und zur umfassenden Ausschöpfung des individuellen Potenzials der Regionen klare und genau festgelegte Partnerschaftsverträge erforderlich sind; weist darauf hin, dass dies nur durch die Einbeziehung der Akteure auf lokaler und regionaler Ebene erreicht werden kann, wodurch alle Seiten zur Ausarbeitung und Umsetzung von Programmen beitragen können; betont, dass dies besonders wichtig ist, wenn Gebiete unterstützt werden sollen, die besonderen Herausforderungen gegenüberstehen, wie beispielsweise Grenz-, Berg- und Inselregionen sowie Regionen in äußerster Randlage;

Stärkere Verknüpfung der europäischen Fonds für den Zeitraum 2014–2020

17.  begrüßt die Vorschläge aus der Dachverordnung, die eine bessere Koordinierung und Verknüpfung der Finanzierungsprogramme fördern, um eine verstärkte Wirkung der Mittel zu gewährleisten, und die erhöhte Präsenz der territorialen Dimension der Kohäsionspolitik in dem Rahmen für die Jahre 2014–2020;

18.  weist darauf hin, dass ein stärkerer und stärker integrierter Ansatz bei der Finanzierung durch EU-Mittel, zu dem ein angemessener Kapazitätsaufbau und die Einbeziehung von Partnern aus dem sozialen Bereich und der Zivilgesellschaft auf regionaler und lokaler Ebene – und zwar sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten – gehören, ein vielversprechender Weg ist sicherzustellen, dass Geld in die Bewältigung der langfristigen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen Europas gelenkt wird;

19.  betont, dass eine in der Dachverordnung skizzierte verbesserte Harmonisierung zwischen der Kohäsionspolitik und anderen Politikbereichen es den europäischen Regionen ermöglichen wird, sich weiter wirtschaftlich zu entwickeln, indem sie ihre individuellen Stärken zur Geltung bringen;

20.  nennt als Beispiel das Walisische Amt für EU-Fördermittel (WEFO) und dessen Absicht, europäische Fördermittel in Wales miteinander zu verbinden, indem es ein einheitliches Portal schafft, das Zugang zu den Informationen über alle von der Dachverordnung erfassten Fonds bietet; unterstreicht, dass das WEFO-Portal eine gemeinsame Plattform mit einem einheitlichen Prozess für Anträge, Zahlungen, Überwachung und Auswertung für alle von der Dachverordnung erfassten Fonds einbinden könnte; betont, dass dieser Ansatz eine leichtere Identifizierung potenzieller Synergien und eine Verknüpfung von Finanzierungsquellen ermöglichen und damit den Prozess der Beantragung europäischer Gelder harmonisieren und vereinfachen würde;

21.  betont, dass sich angesichts der gemeinsamen Merkmale der von der Dachverordnung und anderen Finanzierungsprogrammen erfassten Fonds (z. B. Horizont 2020, LIFE+) die Effektivität der europäischen Finanzierung durch eine Erschließung der potenziellen Komplementarität dieser Fonds steigern ließe;

Mechanismen zur Verknüpfung europäischer Fonds

22.  begrüßt die Vorschläge für einen Regelungsrahmen mit Schwerpunkt auf lokaler und integrierter Entwicklung durch „von örtlichen Akteuren gelenkte lokale Entwicklung“, „gemeinsame Aktionspläne“ und „integrierte territoriale Investitionen“;

23.  betont, dass nach den Vorschlägen der Kommission alle Investitionen lokalen Bedarf ergänzen müssen und sich nicht mit anderen Projekten überschneiden dürfen;

24.  fordert einen vollständig integrierten Ansatz bei den entsprechenden Umsetzungsinstrumenten (von örtlichen Akteuren gelenkte lokale Entwicklung (CLLD), integrierte territoriale Investitionen, gemeinsame Aktionspläne), damit lokale Partnerschaften je nach ihrem individuellen Bedarf verschiedene Kombinationen dieser Instrumente auswählen können, wobei gleichzeitig die Möglichkeit erörtert werden muss, einen flexiblen Mechanismus für einen gezielten Mitteleinsatz anzuwenden, bei dem die spezifischen Bedürfnisse der Mitgliedstaaten und Regionen Berücksichtigung finden;

25.  weist darauf hin, dass die Anwendung des vorgeschlagenen Instruments möglichst einfach gehalten werden muss, um zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die lokalen Gebietskörperschaften zu vermeiden und die Ziele der Vereinfachung einzuhalten;

26.  ist der Überzeugung, dass institutionelle Kapazität auf unterschiedlichen Interventionsebenen ein entscheidendes Element ist, das die erfolgreiche Anwendung des territorialen Ansatzes sicherstellt;

27.  weist auf das Beispiel der Weiterübertragung an die Räte in den Niederlanden hin, die Teile von Finanzierungsprogrammen (z. B. EFRE) umfasst, die von der regionalen Gebietskörperschaft an lokale Gebietskörperschaften übertragen werden, wobei die Maßnahmen auf lokaler Ebene durchgeführt werden, um lokalen Bedarf zu befriedigen; betont, dass die Zuweisung von Verwaltungszuständigkeit an lokale Gebietskörperschaften ein größeres Potenzial bietet, die beste auf lokalen Bedarf zugeschnittene Kombination von Mitteln zu vereinen; betont, dass dieser Ansatz für die Verwirklichung von integrierten territorialen Investitionen auf lokaler oder sublokaler Ebene nützlich sein könnte, wenn die Verwaltungsstrukturen auf lokaler Ebene bereits bestehen;

Von örtlichen Akteuren gelenkte lokale Entwicklung (CLLD)

28.  unterstützt die Vorschläge der Kommission zur CLLD als wichtige Bestimmung der Dachverordnung, deren Schwerpunkt darauf liegen wird, Synergien zwischen allen von der Dachverordnung erfassten Fonds zu entwickeln;

29.  erachtet dieses Instrument als ausgezeichneten Weg, eine Bottom-up-Beteiligung eines Querschnitts lokaler Akteure, die auf nachhaltige territoriale Ziele hinarbeiten, zu fördern; begrüßt in diesem Zusammenhang die weitere Stärkung der Verwaltungskapazität auf regionaler und lokaler Ebene, durch welche die Beteiligung sowohl der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften als auch der Sozialpartner verbessert werden soll;

30.  erkennt den Erfolg des Programms LEADER in der Vergangenheit als wichtiges Instrument für die Umsetzung der Politik der Entwicklung des ländlichen Raums an und ist überzeugt, dass durch die CLLD dieser Umsetzungsmechanismus nutzbringend für die Bewältigung lokaler und regionaler Herausforderungen eingesetzt werden kann; unterstützt darüber hinaus den Rückgriff auf die CLLD zu Zwecken der städtischen Entwicklung;

31.  fordert die Kommission auf, ihre Vorschläge zur CLLD in der Durchführungsphase zu klären, um es potenziellen Teilnehmern zu ermöglichen, den wahrscheinlichen Zweck, den wahrscheinlichen Anwendungsbereich und die wahrscheinliche Wirkung der CLLD umfassend festzustellen; sieht der Veröffentlichung eines Leitfadens für Verwaltungsbehörden zur CLLD erwartungsvoll entgegen;

32.  erkennt die Fortschritte, die seit 2007 mit den lokalen Fischereiaktionsgruppen erzielt wurden, die mit lokalen LEADER-Aktionsgruppen zusammenarbeiteten, als Beispiel dafür an, wie die künftige CLLD die Mittel auf lokaler Ebene über die Grenzen der von der Dachverordnung erfassten Fonds hinweg kombinieren könnte; weist auf das Beispiel von elf lokalen Partnerschaften in Dänemark hin, die sowohl den ELER (LEADER) als auch den Europäischen Fischereifonds (Schwerpunkt 4) nutzen, um Projekte zu finanzieren, und dabei dasselbe Umsetzungssystem und dieselbe Verwaltung verwenden;

33.  unterstreicht die Notwendigkeit, sich im kommenden Programmplanungszeitraum Beispiele wie die integrierte Verwendung von Mitteln aus ELER und EFF durch Maßnahmen der CLLD als Weg zur Entwicklung von Synergien zwischen allen von der Dachverordnung erfassten Fonds anzusehen;

Gemeinsame Aktionspläne

34.  unterstützt in der Dachverordnung enthaltene Vorschläge, gemeinsame Aktionspläne einzuführen, damit Gruppen von Projekten durch mehrere operationelle Programme finanziert werden können;

35.  anerkennt gemeinsame Aktionspläne als positiven Schritt hin zu ergebnisorientiertem Management im Einklang mit einem der übergeordneten Ziele der Kohäsionspolitik für die Zeit nach 2013;

36.  betont, dass unbedingt dafür Sorge zu tragen ist, dass diese Instrumente parallel zur CLLD entwickelt werden, damit diese zu mehr als nur einem strategischen Instrument für den Ausbau lokaler Kapazitäten heranwächst und nicht ein eigenes Investitionsziel wird, und dass dabei unter anderem die soziale Integration und die Bekämpfung der Armut gefördert werden;

37.  fordert eine Klärung des Anwendungsbereichs gemeinsamer Aktionspläne und ihrer Verknüpfung untereinander sowie der Frage, ob sie eingesetzt werden, um ganze Programme oder nur Teile davon zu verwirklichen;

38.  erkennt an, dass gemeinsame Aktionspläne wirksame Unterstützung bei der ausgewogenen Integration Jugendlicher in den Arbeitsmarkt leisten können; weist jedoch darauf hin, dass allzu lange Entscheidungsprozesse und Verwaltungsabläufe vermieden werden sollten;

Integrierte territoriale Investitionen

39.  begrüßt die Vorschläge für integrierte territoriale Investitionen, die den Städten die Möglichkeit eröffnen könnten, ihre eigenen spezifischen Bedürfnisse zu befriedigen, indem sie Finanzmittel aus mehreren Schwerpunkten in Anspruch nehmen, um operationelle Programme auf integrierte Weise durchzuführen;

40.  begrüßt die weitere Klarstellung des Anwendungsbereichs integrierter territorialer Investitionen und das Potenzial des Instruments, auch in nichtstädtischen und Stadtrandgebieten zum Einsatz zu gelangen, wenn dies dem lokalen Bedarf entspricht, wobei alle von der Dachverordnung erfassten Fonds zum Einsatz kommen können; weist darauf hin, dass die Übereinstimmung der integrierten territorialen Investitionen mit regionalen Strategien für nachhaltige Entwicklung sichergestellt werden muss, um die wirtschaftliche und soziale Kohäsion nicht nur zwischen den Regionen, sondern auch zwischen städtischen und nichtstädtischen Gebieten innerhalb der Regionen zu verbessern;

41.  weist auf das Beispiel eines vorgeschlagenen Modells für integrierte territoriale Investitionen aus dem Ballungsgebiet von Manchester hin, bei dem Finanzierungen aus möglichst vielen Quellen miteinander verknüpft werden, um Investitionen rentabler zu machen; weist darauf hin, dass die Entwicklung dieses Modells noch im Gange ist und möglicherweise verwendet werden könnte, um eine Strategie zu unterstützen, die der Großstadtregion viele wirtschaftliche und soziale Vorteile einbringt; betont, dass bei den vorgeschlagenen integrierten territorialen Investitionen EFRE-Schwerpunkte mit ESF-Maßnahmen verknüpft würden und dass in Anbetracht der verstärkten Ausrichtung des EFRE auf KMU und Innovation ein Potenzial besteht, künftig Verbindungen zu Projekten des Programms Horizont 2020 herzustellen;

Finanzinstrumente

42.  begrüßt die Vorschläge der Kommission für einen verstärkten Einsatz von Finanzierungsinstrumenten und die Ausweitung ihres Anwendungsbereichs durch die Schaffung einfacherer und klarerer Vorschriften, um eine erhöhte Wirksamkeit aller fünf von der Dachverordnung erfassten Fonds zu gewährleisten;

43.  weist auf das Potenzial von Finanzierungsinstrumenten einschließlich Kleinstkrediten hin, für ein breites Spektrum von Akteuren alternative Finanzierungsquellen zu erschließen, um herkömmliche Finanzierungsmethoden zu ergänzen; betont, dass im künftigen Finanzierungsrahmen Finanzinstrumente befähigt sein sollten, private Finanzierungen zu hebeln und den Mitgliedstaaten und Regionen die notwendige Flexibilität dahingehend zu ermöglichen, dass sie die Bereiche, in die investiert wird, und die Umsetzungsmethoden ihren spezifischen Bedürfnissen anpassen können;

44.  betont, dass Finanzierungsinstrumente als Mechanismen, die eine Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Organisationen des öffentlichen Sektors und Bildungseinrichtungen ermöglichen, auch als Mittel zur Entwicklung eines integrierten Ansatzes zur Finanzierung gefördert werden sollten;

Verknüpfung der von der Dachverordnung erfassten Fonds mit anderen Strategien und Instrumenten der EU

45.  begrüßt die im Gemeinsamen Strategischen Rahmen enthaltenen Vorschläge, wonach in Partnerschaftsverträgen eine potenzielle Übereinstimmung zwischen den von der Dachverordnung erfassten Fonds und anderen Finanzierungsprogrammen wie etwa dem EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation (vormals Siebtes Rahmenprogramm, jetzt Horizont 2020), LIFE + oder der Fazilität „Connecting Europe“ skizziert werden soll;

46.  erkennt an, dass, während bei Finanzierungsprogrammen wie Horizont 2020 in erster Linie Spitzenleistungen im Mittelpunkt stehen, zuvor die Strukturfonds beim Aufbau von Kapazitäten erfolgreich waren, indem sie die Entwicklung von Unternehmen oder Organisationen finanzierten, die im weiteren Verlauf Partner bei Projekten des Siebten Rahmenprogramms oder des Rahmenprogramms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) wurden;

47.  betont, dass die vorhandenen Synergien zwischen den von der Dachverordnung erfassten Fonds und Horizont 2020 bedeuten, dass beim Hinarbeiten auf einander ergänzende thematische Ziele potenziell beide Finanzierungsquellen eingesetzt werden könnten;

Beschäftigung und Soziales

48.  betont, dass Beschäftigung und Sozialpolitik eine wichtige Rolle bei einer nachhaltigen und sozial ausgewogenen regionalen Entwicklung spielen und viel zu einer Verringerung der Unterschiede zwischen den Regionen, zu einer Steigerung des Wohlbefindens sowie zur Chancengleichheit aller Bürger beitragen können;

49.  betont, dass die Bekämpfung von Ausgrenzung Teil der Armutsbekämpfung ist und dass ländliche Regionen mit geringer Bevölkerungsdichte oder einer Überalterung der Bevölkerung mit unzureichenden Gesundheitsdiensten konfrontiert sind, was in gewissem Umfang durch eine bessere Breitbandversorgung und die Förderung von Telemedizin kompensiert werden könnte;

50.  ist der Ansicht, dass sich der territoriale Ansatz als wirksamer Mechanismus erweisen sollte, der KMU dabei unterstützt, neue und nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen und Programme für die berufliche Bildung zu initiieren oder zu entwickeln; ist der Auffassung, dass auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichtete Unternehmertätigkeit und die Ausschöpfung des Potenzials über administrative territoriale Grenzen hinweg funktionieren können, und fordert die Mitgliedstaaten auf, die bestehenden Bedingungen für neue Unternehmer zu verbessern, um deren großes Potenzial für die Schaffung neuer dauerhafter Arbeitsplätze besser nutzen zu können;

51.  unterstreicht die Bedeutung der Bildung starker Synergien zwischen der Kohäsionspolitik und anderen EU-Politikbereichen, um die Effektivität der Kohäsionspolitik im Umgang mit Beschäftigung und sozialen Herausforderungen zu gewährleisten;

52.  weist darauf hin, dass territoriale Zusammenarbeit und makroregionale Strategien nützliche Instrumente sein können, um Unterschiede zwischen den Regionen zu erkennen und zu bekämpfen, z. B. hinsichtlich des Zugangs zu Bildung und Beschäftigung, und um die Konvergenz zwischen europäischen Regionen zu fördern;

53.  ist der Überzeugung, dass freiwillige Mobilität von Arbeitskräften und jungen Absolventen in der EU eine Lösung für regionale und lokale Arbeitsmarktengpässe sein kann, und empfiehlt den Mitgliedstaaten und Regionen, diese Mobilität effizienter zu nutzen, um die Gebietsentwicklung und die Kohäsion zu fördern;

54.  ist der Ansicht, dass es von wesentlicher Bedeutung ist, die vom ESF unterstützten Aktionen auf verschiedenen politischen Ebenen zu koordinieren, um einen wirksamen territorialen Ansatz zu ermöglichen; ist vor allem der Überzeugung, dass es nötig ist, Bildungsdienste und -einrichtungen mit den Bedürfnissen des lokalen Arbeitsmarkts zu verknüpfen;

55.  ist der Auffassung, dass die Förderung des Austausches bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten im Rahmen einer wesentlichen, effizienten und langfristigen Planung territorialer Entwicklung, auch durch Stärkung der menschenwürdigen und nachhaltigen Beschäftigung durch Vorbeugung und Bekämpfung von Armut und Arbeitslosigkeit außerordentlich wichtig ist;

o
o   o

56.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl. L 210 vom 31.7.2006, S. 25.
(2) ABl. L 291 vom 21.10.2006, S. 11.
(3) Angenommene Texte, P7_TA(2011)0316.
(4) ABl. C 390 E vom 18.12.2012, S. 27.
(5) ABl. C 380 E vom 11.12.2012, S. 89.
(6) ABl. C 390 E vom 18.12.2012, S. 10.
(7) ABl. C 390 E vom 18.12.2012, S. 18.
(8) ABl. C 371 E vom 20.12.2011, S. 39.
(9) ABl. C 161 E vom 31.5.2011, S. 120.
(10) ABl. C 161 E vom 31.5.2011, S. 104.
(11) Schlussfolgerungen des polnischen Ratsvorsitzes zu der territorialen Dimension der EU-Politik und der künftigen Kohäsionspolitik: „Towards an integrated, territorially differentiated and institutionally smart response to EU challenges“ (Auf dem Weg zu einer integrierten, territorial differenzierten und institutionell intelligenten Antwort auf die Herausforderungen der EU), 24.–25. November 2011, Posen (Poznań).


Europäischer Solidaritätsfonds, Umsetzung und Anwendung
PDF 206kWORD 28k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Januar 2013 zu dem Solidaritätsfonds der Europäischen Union, seine Umsetzung und seine Anwendung (2012/2075(INI))
P7_TA(2013)0003A7-0398/2012

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf die Artikel 175, 212 und 222 AEUV,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 des Rates vom 11. November 2002 zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union(1),

–  unter Hinweis auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 7. November 2002 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Finanzierung eines Europäischen Solidaritätsfonds zur Ergänzung der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 über die Haushaltsdisziplin und die Verbesserung des Haushaltsverfahrens(2),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zu dem Thema „Die Zukunft des Solidaritätsfonds der Europäischen Union“ (COM(2011)0613),

–  unter Hinweis auf den Bericht der Kommission über den Solidaritätsfonds der Europäischen Union (COM(2011)0694),

–  unter Hinweis auf den Bericht der Kommission über den Solidaritätsfonds der Europäischen Union – Jahresbericht 2008 und Bericht über die Erfahrungen nach sechsjähriger Anwendung des neuen Instruments (COM(2009)0193),

–  unter Hinweis auf seinen Standpunkt vom 18. Mai 2006 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union(3),

–  in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zu dem Thema „Die Zukunft des Solidaritätsfonds der Europäischen Union“(4),

–  in Kenntnis des Sonderberichts des Europäischen Rechnungshofes Nr. 3/2008 „Der Solidaritätsfonds der Europäischen Union: Wie rasch, wirksam und flexibel funktioniert er?“(5),

–  gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für regionale Entwicklung (A7-0398/2012),

A.  in der Erwägung, dass der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union in Artikel 222 festlegt, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten gemeinsam im Geiste der Solidarität handeln, wenn ein Mitgliedstaat von einer Naturkatastrophe, einer vom Menschen verursachten Katastrophe oder von einem Terroranschlag betroffen ist;

B.  in der Erwägung, dass der Solidaritätsfonds der Europäischen Union (EUSF) das wichtigste Instrument für das solidarische Handeln der Union ist, indem er erhebliche finanzielle Unterstützung für die von Katastrophen größeren Ausmaßes betroffenen Mitgliedstaaten oder Regionen leistet;

C.  in der Erwägung, dass der EUSF, soweit seine Inanspruchnahme nötig ist, weithin als eines der nützlichsten Instrumente wahrgenommen wird, die der Europäischen Union zur Verfügung stehen, da er der deutlichste, entschiedenste und wichtigste Ausdruck der europäischen Solidarität mit den vor schwierige Situationen gestellten Bürgern ist;

D.  in der Erwägung, dass der Legislativvorschlag von 2005 für eine neue Verordnung über den EUSF breite Unterstützung durch das Europäischen Parlament erfuhr, aber für die meisten Mitgliedstaaten nicht annehmbar war und schließlich von der Kommission zurückgezogen wurde;

E.  in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten und die EU durch die derzeitige Krise gezwungen sind, zu hohe Ausgaben zu vermeiden;

F.  in der Erwägung, dass in einer Reihe von Berichten(6) die Notwendigkeit herausgestellt wurde, die derzeitige EUSF-Verordnung zu ändern, hauptsächlich um unter Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips die Flexibilität des Fonds zu steigern und seine Funktionsweise zu verbessern;

Umsetzung des EUSF

1.  unterstreicht die Bedeutung des EUSF als des wichtigsten Instruments, mit dem die Europäische Union auf eine Katastrophe größeren Ausmaßes auf dem Territorium der EU oder in Nachbarländern, mit denen Verhandlungen über einen EU-Beitritt geführt werden, reagieren kann;

2.  hebt hervor, dass trotz der guten Aufnahme durch die Bürger seine Funktionsweise durch Flexibilisierung, Beschleunigung und größere Außenwirkung verbessert werden muss, um die Glaubwürdigkeit des Handelns der Europäischen Union bei den Bürgern zu stärken;

3.  betont die Bedeutung der den Mitgliedstaaten aus dem EUSF gewährten Finanzhilfen für die Milderung der Belastung der öffentlichen Finanzen bei der Bewältigung der durch eine Katastrophe größeren Ausmaßes verursachten Notfälle, die sie häufig überfordert;

4.  vertritt die Auffassung, dass die Mobilisierung des Fonds derzeit unannehmbar lange dauert, und bringt daher die Notwendigkeit zum Ausdruck, die administrativen Verfahren wirksamer und zügiger zu gestalten, die für seine Mobilisierung erforderlich sind, und an deren Bewilligung drei EU-Organe mitwirken müssen, was zu übermäßigen Verzögerungen bei der Umsetzung der Hilfe für die von einer Katastrophe heimgesuchten Mitgliedstaaten führt, wodurch die angestrebten Ziele nicht in vollem Umfang erreicht werden;

5.  hebt hervor, dass die meisten Anträge (63 %) in der Ausnahmekategorie „Regionale Katastrophe“ eingereicht wurden und 66 % davon nach ihrer Beurteilung durch die Kommission abgelehnt wurden;

6.  ist der Ansicht, dass die derzeitigen Bestimmungen der Verordnung im Fall von „sich langsam entwickelnden“ Katastrophen rechtliche und praktische Schwierigkeiten zur Mobilisierung des Fonds aufwerfen, und ersucht daher die Kommission, zu erwägen, die festgelegte Frist für die Antragstellung flexibler zu handhaben, um besonders darüber zu wachen, dass auch solche Schäden vom EUSF abgedeckt werden können;

Empfehlungen für die Verbesserung des EUSF

7.  begrüßt den Beschluss der Kommission zur Notwendigkeit der Überarbeitung der gegenwärtigen EUSF-Verordnung mit dem Ziel der Verbesserung seiner Funktionsweise und seiner Anwendung; teilt die Ansicht der Kommission, dass der Vorschlag zur Änderung der Vorschriften angesichts der gegenwärtigen Wirtschaftskrise weder eine zusätzliche finanzielle Belastung für den Unionshaushalt noch für den Haushalt der Mitgliedstaaten schaffen darf;

8.  weist darauf hin, dass weiterhin das Verursacherprinzip anzuwenden ist, damit die Verantwortlichen einer Katastrophe durch die Nutzung des EUSF nicht von ihrer Haftung befreit werden;

9.  vertritt die Auffassung, dass der Widerstand einiger Mitgliedstaaten, die befürchten, dass wesentliche Änderungen der Rechtsgrundlage dieses Instruments höhere finanzielle Ausgaben mit sich bringen, nicht gerechtfertigt ist, und dass er die Anpassung der Verordnung von 2002 auf einige Klarstellungen und den Versuch einer Verbesserung seiner Arbeitsweise beschränkt hat; stellt fest, dass die Katastrophen in den Regionen der Europäischen Union seit seiner Schaffung leider hinsichtlich ihrer Anzahl, ihres Erscheinungsbilds und ihrer Intensität beträchtlich zugenommen haben;

10.  begrüßt indes, dass allein durch die Einführung gewisser Anpassungen der geltenden Bestimmungen beträchtliche Verbesserungen der Anwendung des Fonds erreicht und seine Daseinsberechtigung und sein Charakter aufrechterhalten werden, der hauptsächlich darin besteht, über ein flexibles und wirksames Instrument zur raschen Hilfeleistung für die Bürger zu verfügen, die von einem Ereignis betroffen sind, das ihre Lebensbedingungen und ihr Wohlergehen zutiefst beeinträchtigt;

11.  wirft die Frage auf, ob eine klarere und präzisere Definition des Begriffs Katastrophe helfen könnte, die Skepsis vieler Mitgliedstaaten abzubauen, die gegen eine tiefgreifende Reform dieses EU-Instruments sind;

Verkürzung der erforderlichen Zeit für die Hilfeleistung

12.  hebt es als dringend geboten hervor, die für die Mobilisierung dieses EU-Instruments erforderlichen bürokratischen Verfahren zu vereinfachen, sodass der Zeitraum vom Eintritt der Katastrophe bis zum Eingang der Hilfe bei dem betroffenen Mitgliedstaat oder der betroffenen Region verkürzt wird, der bisweilen über ein Jahr beträgt; weist jedoch darauf hin, dass dieses Instrument nicht geschaffen wurde, um schnell zu reagieren, sondern um die zunächst von der öffentlichen Hand des betroffenen Landes finanzierte Soforthilfe zu refinanzieren;

13.  begrüßt das Vorhaben der Kommission, zur Vereinfachung der Verfahren auf europäischer Ebene zwecks Verkürzung von Fristen beizutragen; betont, dass die Mitgliedstaaten ebenfalls ihre Verwaltungsverfahren überprüfen sowie mögliche Schwachstellen aufzeigen und beseitigen sollten, die ein Hindernis für eine raschere Mobilisierung der Hilfsmittel in den betroffenen Regionen schaffen könnten;

14.  fordert die Mitgliedstaaten auf, in allen Phasen der Umsetzung eng mit den lokalen und regionalen Behörden zusammenzuarbeiten, damit die Unterstützung der Union vor Ort sichtbar und wirksam ist und dauerhafte Lösungen gefördert werden;

15.  hält den Vorschlag der Kommission zur Zusammenführung von Finanzhilfebeschlüssen und Umsetzungsvereinbarungen zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten nach der Bereitstellung der Finanzmittel durch das Parlament und den Rat für interessant und sachdienlich, da dies Zeitersparnis und folglich eine schnellere Reaktion ermöglichen würde;

16.  ist der Ansicht, dass der EUSF aufgrund der Ungewissheit und Unvorhersehbarkeit der Zahl und der Schwere der möglichen Katastrophen, so wie zurzeit, nicht in den Unionshaushalt einbezogen sein und dann mobilisiert werden sollte, wenn Katastrophen eintreten;

17.  befürwortet den Gedanken, dass die Einführung möglicher Vorschusszahlungen, unmittelbar nachdem der betroffene Mitgliedstaat einen Antrag auf Unterstützung gestellt hat, ebenfalls eine gangbare Form der Beschleunigung des Prozesses der Auszahlung der Finanzhilfe an die von großen Katastrophen betroffenen Länder darstellt und zur Verbesserung der Wirksamkeit des EUSF beitragen würde; ist der Auffassung, dass die Vorschusszahlungen, falls sie beschlossen werden, einen festen Prozentsatz des voraussichtlich zu gewährenden Gesamtbetrags der Finanzhilfe ausmachen sollten und dass sie bei einer Ablehnung des Antrags in den Unionshaushalt zurückfließen müssten;

Mehr Klarheit in Bezug auf Anwendungsbereich und Definitionen

18.  fordert die Kommission auf, den Anwendungsbereich des Fonds klar festzulegen und dabei jegliche Rechtsunsicherheit über dessen Umfang zu beseitigen, sowie die Einreichung von Anträgen seitens der Mitgliedstaaten zu verhindern, die, obwohl sie wissen, dass ihre Anträge abgelehnt werden müssen, sich von ihren Bürgern unter Druck gesetzt sehen;

19.  ist der Meinung, dass die Begleitschäden einer Katastrophe, die „Kaskadeneffekte“ verursacht, weiter für Mittel aus dem Fonds in Betracht kommen müssen, wenn sie die sozioökonomische Struktur einer Region erheblich beeinträchtigen;

20.  betont die Notwendigkeit, deutlich und einfach zu definieren, was eine Katastrophe auf regionaler Ebene ist, und die Förderfähigkeit der Bewältigung von Katastrophen zu klären, die auf regionaler Ebene eintreten, indem ein einfaches und objektives Kriterium eingeführt wird, mit dem sie den übrigen Katastrophen gleichgestellt werden können, und indem jegliche Möglichkeit einer spekulativen Interpretation und jeder Zweifel in Bezug auf ihre mögliche Zulässigkeit für die Antragsteller ausgeschlossen werden;

21.  ist der Ansicht, dass das auf dem BIP-Schwellenwert basierende Kriterium als allgemeines Grundkriterium für Katastrophen aller Art angenommen werden kann; hebt hervor, dass es bei Anwendung als Indikator zur Ermittlung der Förderfähigkeit der Bewältigung einer Katastrophe regionaler Dimension an das Niveau des regionalen BIP des letzten Jahres angepasst werden muss, aus dem offizielle Zahlen vorliegen, und dabei ein vordefinierter Gewichtungsfaktor anzuwenden ist, der die nicht in Bezug auf Einkommen quantifizierbaren Verluste sowie die direkten und indirekten Auswirkungen erfasst, die im Allgemeinen eine regionale Katastrophe begleiten und häufig weit größer sind als die in Bezug auf Einkommen verbuchten Auswirkungen;

22.  vertritt die Auffassung, dass der zur Bestimmung der Förderfähigkeit der Bewältigung einer Katastrophe regionaler Art vorgeschlagene Schwellenwert der Schäden von 1,5 % des regionalen BIP auf der NUTS-2-Ebene(7) die Erwartungen in Bezug auf die Zulässigkeit oder Nichtzulässigkeit einer potenziellen Forderung nach Mobilisierung des Fonds klarstellen würde, unterstreicht aber, dass damit praktisch dasselbe Ergebnis erreicht wird, wie mit den jetzigen für regionale Katastrophen geltenden Kriterien, und folglich fast alle Katastrophen auf regionaler Ebene nach wie vor nicht für Finanzhilfen in Betracht kämen; hebt deshalb hervor, dass ein so hoher Schwellenwert nicht die von den Bürgern erwartete Lösungen bieten kann und folglich die Enttäuschung der Opfer einer Katastrophe nicht verhindert wird, die sich im Gegenteil weiter über die Haltung der Union wegen ihrer mangelnden Sensibilität gegenüber ihren Bürgern beklagen werden;

23.  weist darauf hin, dass die Verhütung von Katastrophen bei den politischen Maßnahmen der EU eine zentrale Rolle spielt und das kostengünstigste Mittel darstellt, die Anfälligkeit gegenüber Katastrophen zu reduzieren; betont, dass die Regionen der EU sämtliche für einen nachhaltigen Katastrophenschutz verfügbaren Finanzierungsmöglichkeiten kohärent nutzen sollten;

24.  betont, dass die Dürre weiterhin als eine der Krisensituationen eingestuft werden muss, in denen Mittel aus dem EUSF in Anspruch genommen werden können, um hauptsächlich die sozioökonomischen und ökologischen Auswirkungen dieser Erscheinungen im Zusammenhang mit den Festlegungen in der Wasserrahmenrichtlinie zu lindern, wobei zu beachten ist, dass es sich um ein dauerhaftes strukturelles Problem handelt, das sich kaum an die festgelegten Antragsfristen anpassen lässt, und das schwerwiegende Auswirkungen auf die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der betroffenen Regionen hat; hebt deshalb hervor, dass bei schweren Dürreperioden oder anderen sich langsam entwickelnden Katastrophen spezifische Bestimmungen eingeführt werden müssen, um das Datum der ersten Aktion der Behörden gegen das Phänomen festzulegen und so eine schnelle und rechtlich eindeutige Reaktion zu ermöglichen;

25.  fordert die Kommission auf, die Kriterien abzuwägen und anzupassen, damit der EUSF auf die für den Mittelmeerraum typischen Naturkatastrophen reagieren kann, die in den letzten Jahren, zum Teil aufgrund des Klimawandels, die schwersten Katastrophen dieser Art in der Union darstellen;

26.  weist darauf hin, dass der EUSF nicht sämtliche durch Naturkatastrophen verursachten Schäden abdeckt und dass deshalb die von diesen Instrument abgedeckten Schäden in einem künftigen Verordnungsvorschlag sorgfältig definiert werden müssen;

27.  hebt hervor, dass es mit den vorhandenen Instrumenten außerordentlich schwierig ist, auf EU-Ebene angemessen auf Krisen größeren Ausmaßes zu reagieren, die nicht natürlichen Ursprungs sind, wie bei Industrieunfällen oder schweren Krisen im Bereich der öffentlichen Gesundheit festgestellt wurde, und dass die Europäische Union, wenn solche Ereignisse eintreten, über geeignete Instrumente für eine angemessene Reaktion verfügen muss;

28.  verweist auf die Notwendigkeit, dass der EUSF ergänzend zu anderen Finanzinstrumenten, z. B. den Strukturfonds, eine Reaktion auf Naturkatastrophen finanziert, sodass Synergien mit den genannten Instrumenten und damit zusammenhängenden Programmen ausgenutzt werden;

29.  betont, dass den Regionen im kommenden Finanzrahmen 2014-2020 eine ausreichende Flexibilität geboten werden muss und dass sie die ihnen zugeteilten Mittel umzuverteilen in der Lage sein müssen, damit sie die verfügbaren Mittel im Katastrophenfall aufstocken können, wenn sie dies für erforderlich halten, und fordert die Kommission auf, die geltende Verordnung rechtzeitig mit Blick auf den neuen Finanzrahmen zu überarbeiten;

o
o   o

30.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. L 311 vom 14.11.2002, S. 3.
(2) ABl. C 283 vom 20.11.2002, S. 1.
(3) ABl. C 297 E vom 7.12.2006, S. 331.
(4) ABl. C 181 vom 21.6.2012, S. 52.
(5) ABl. C 153 vom 18.6.2008, S. 1.
(6) Sonderbericht Nr. 3/2008 des Europäischen Rechnungshofs; Bericht der Kommission: Solidaritätsfonds der Europäischen Union - Jahresbericht 2010; Bericht der Kommission: Solidaritätsfonds der Europäischen Union Jahresbericht 2008 und Bericht über die Erfahrungen nach sechsjähriger Anwendung des neuen Instruments; Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Die Zukunft des Solidaritätsfonds der Europäischen Union“.
(7) Eurostat-Systematik der Gebietseinheiten für die Statistik, Regionalebene 2: Basisregionen für die Umsetzung regionaler Politiken.


Verwaltungsverfahrensrecht
PDF 149kWORD 31k
Entschließung
Anlage
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Januar 2013 mit Empfehlungen an die Kommission zu einem Verwaltungsverfahrensrecht der Europäischen Union (2012/2024(INL))
P7_TA(2013)0004A7-0369/2012

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf Artikel 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  gestützt auf Artikel 298 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  gestützt auf Artikel 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, in der das Recht auf eine gute Verwaltung als Grundrecht anerkannt wird,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr(1),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission(2),

–  unter Hinweis auf die umfangreiche Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, in der auf der Grundlage der Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten eine Reihe von allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts anerkannt wurde,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. September 2001 zu dem Sonderbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten an das Europäische Parlament im Anschluss an die Initiativuntersuchung betreffend Vorhandensein und öffentliche Zugänglichkeit eines Kodexes für gute Verwaltungspraxis in den verschiedenen Gemeinschaftsinstitutionen und -organen(3),

–  in Kenntnis des Beschlusses 2000/633/EG, EGKS, Euratom der Kommission vom 17. Oktober 2000 zur Änderung ihrer Geschäftsordnung durch Beifügung eines Kodex für gute Verwaltungspraxis in den Beziehungen der Bediensteten der Europäischen Kommission zur Öffentlichkeit(4),

–  unter Hinweis auf den Beschluss des Generalsekretärs des Rates/Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik vom 25. Juni 2001 über einen Kodex für ein einwandfreies Verhalten des Generalsekretariats des Rates der Europäischen Union und seiner Bediensteten in der Verwaltungspraxis bei ihren beruflichen Beziehungen zur Öffentlichkeit(5),

–  unter Hinweis auf die Empfehlung CM/Rec(2007)7 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten zu einer guten Verwaltungspraxis vom 20. Juni 2007,

–  in Kenntnis der „Grundsätze des öffentlichen Dienstes für EU-Beamte“, die am 19. Juni 2012 vom Europäischen Bürgerbeauftragten veröffentlicht wurden,

–  in Kenntnis der von der schwedischen Regierung in Auftrag gegebenen Umfrage der Schwedischen Agentur für öffentliche Verwaltung zu den Grundsätzen einer guten Verwaltungspraxis in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union(6),

–  unter Hinweis auf das Themenpapier zu der von der Fachabteilung des Rechtsausschusses des Parlaments und der Universität von Léon veranstalteten Konferenz zum EU-Verwaltungsrecht (León, 27.-28. April 2011),

–  unter Hinweis auf die Empfehlungen des Arbeitsdokuments zur derzeitigen Lage und den Zukunftsperspektiven für das EU-Verwaltungsrecht, das dem Rechtsausschuss am 22. November 2011 von der Arbeitsgruppe zum EU-Verwaltungsrecht vorgelegt wurde,

–  unter Hinweis auf die Bewertung des europäischen Mehrwerts eines Verwaltungsverfahrensrechts der Europäischen Union, die vom Referat zur Bewertung des europäischen Mehrwerts dem Rechtsausschuss am 6. November 2012 vorgelegt wurde,

–  gestützt auf die Artikel 42 und 48 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis des Berichts des Rechtsausschusses sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für konstitutionelle Fragen und des Petitionsausschusses (A7-0369/2012),

A.  in der Erwägung, dass mit der Entwicklung der Kompetenzen der Europäischen Union die Bürger in zunehmendem Maß unmittelbar mit der Verwaltung der Union konfrontiert werden, ohne dass sie immer über die entsprechenden Verfahrensrechte verfügen, die sie in Fällen, in denen sich dies als notwendig erweisen kann, gegen sie durchsetzen könnten;

B.  in der Erwägung, dass die Bürger der Union von der Kommission ein hohes Maß an Transparenz, Effizienz, rascher Erledigung und Reaktionsbereitschaft erwarten können, gleichgültig, ob sie eine förmliche Beschwerde einlegen oder gemäß dem Vertrag ihr Recht wahrnehmen, eine Petition einzureichen, und dass sie Informationen darüber erhalten sollten, inwieweit sie weitere Schritte in der jeweiligen Angelegenheit unternehmen können;

C.  in der Erwägung, dass die bestehenden Regeln und Grundsätze der Union für gute Verwaltungspraxis aus vielen unterschiedlichen Quellen hervorgehen: Primärrecht, Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, Sekundärrecht, nicht zwingendes Recht und einseitige Verpflichtungen der Unionsorgane;

D.  in der Erwägung, dass es in Ermangelung eines kohärenten und umfassenden Katalogs an kodifizierten verwaltungsrechtlichen Regeln für die Bürger schwer ist, sich über ihre administrativen Rechte nach dem Unionsrecht klar zu werden;

E.  in der Erwägung, dass die internen Verhaltenskodizes der einzelnen Organe nur geringe Wirkung haben, sich voneinander unterscheiden und rechtlich nicht bindend sind;

F.  in der Erwägung, dass das Parlament in seiner obengenannten Entschließung vom 6. September 2001 ausgehend von der Überzeugung, dass für alle Organe, Einrichtungen und Agenturen der Union derselbe Kodex für gute Verwaltungspraxis gelten sollte, den vom Europäischen Bürgerbeauftragten verfassten europäischen Kodex für gute Verwaltungspraxis mit Änderungen angenommen hat;

G.  in der Erwägung, dass das Parlament in derselben Entschließung die Kommission aufgefordert hat, einen Vorschlag für eine Verordnung mit einem Kodex für gute Verwaltungspraxis auf der Grundlage von Artikel 308 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vorzulegen;

H.  in der Erwägung, dass dies, wie vom Europäischen Bürgerbeauftragten betont, dabei helfen würde, die Verwirrung zu beheben, die gegenwärtig von der parallelen Existenz verschiedener Kodizes für die meisten Unionsorgane und -einrichtungen ausgeht; dass sichergestellt würde, dass die Organe und Institutionen die gleichen Grundsätze im Umgang mit Bürgern anwenden, und dass die Bedeutung dieser Grundsätze sowohl für Bürger als auch für Beamte unterstreichen würde;

I.  in der Erwägung, dass alle Tätigkeiten der Union mit den Grundsätzen der Rechtstaatlichkeit bei strikter Gewaltenteilung im Einklang stehen müssen;

J.  in der Erwägung, dass das in Artikel 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Grundrecht auf eine gute Verwaltung als Primärrecht rechtsverbindlich geworden ist;

K.  in der Erwägung, dass Regeln für eine gute Verwaltungspraxis die Transparenz und demokratische Kontrolle fördern;

L.  in der Erwägung, dass ein dringendes Problem der Europäischen Union heutzutage in dem Vertrauensmangel der Bürger besteht, der die Legitimität der Europäischen Union beeinträchtigen kann; in der Erwägung, dass die Europäische Union den Bürgern rasche, klare und sichtbare Antworten schuldet, um ihren Sorgen gerecht zu werden;

M.  in der Erwägung, dass die Kodifizierung des Dienstleistungsprinzips – d. h. des Prinzips, dass die Verwaltung danach streben sollte, Bürger zu führen, ihnen zu helfen, zu dienen und sie zu unterstützen, ihnen mit der gebührenden Höflichkeit zu begegnen und demnach unnötig umständliche und langwierige Verfahren zu vermeiden, wodurch Zeit und Aufwand für Bürger und Verwaltungsbedienstete gespart wird – dazu beitragen würde, dass den legitimen Erwartungen der Bürger entsprochen wird, und sowohl den Bürgern als auch der Verwaltung in Form verbesserter Dienstleistungen und gesteigerter Effizienz helfen würde; in der Erwägung, dass die Sensibilisierung in Bezug auf das Recht der Unionsbürger auf gute Verwaltung verstärkt werden sollte, auch durch die einschlägigen Informationsdienste und -netze der Kommission;

N.  in der Erwägung, dass unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Gruppe der Staaten gegen Korruption (GRECO) des Europarates ein Katalog klarer und verbindlicher Vorschriften für die Verwaltung der Union ein positives Signal bei der Bekämpfung von Korruption in öffentlichen Verwaltungen wäre;

O.  in der Erwägung, dass eine Reihe zentraler Grundsätze guter Verwaltungspraxis in den Mitgliedstaaten derzeit weithin akzeptiert wird;

P.  in der Erwägung, dass durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs bewährte Verwaltungsgrundsätze entwickelt wurden, die für die Verfahren der Mitgliedstaaten in Gemeinschaftsangelegenheiten gelten und erst recht für die direkte Verwaltung durch die Union gelten sollten;

Q.  in der Erwägung, dass ein europäisches Verwaltungsverfahrensrecht der Verwaltung der Union helfen würde, ihre Befugnisse der internen Organisation zu nutzen, um höchste Verwaltungsstandards zu ermöglichen und zu fördern;

R.  in der Erwägung, dass ein europäisches Verwaltungsverfahrensrecht die Legitimität der Union sowie das Vertrauen der Bürger in die Verwaltung der Union stärken würde;

S.  in der Erwägung, dass ein europäisches Verwaltungsverfahrensrecht eine automatische Konvergenz der einzelstaatlichen Verwaltungsrechte im Hinblick auf allgemeine Verfahrensgrundsätze und die Grundrechte der Bürger gegenüber der Verwaltung begünstigen und damit den Prozess der Integration stärken könnte;

T.  in der Erwägung, dass ein europäisches Verwaltungsverfahrensrecht die Zusammenarbeit und den Austausch bewährter Praktiken zwischen den einzelstaatlichen Verwaltungen und der Verwaltung der Union fördern könnte, um den Zielen gemäß Artikel 298 AEUV gerecht zu werden;

U.  in der Erwägung, dass durch das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon für die Union eine geeignete Rechtsgrundlage geschaffen wurde, um ein europäisches Verwaltungsverfahrensrecht zu verabschieden;

V.  in der Erwägung, dass die in dieser Entschließung geforderten legislativen Maßnahmen auf eingehenden Folgenabschätzungen basieren sollten, unter anderem durch die Quantifizierung der Kosten von Verwaltungsverfahren;

W.  in der Erwägung, dass die Kommission alle relevanten Akteure angemessen konsultieren und insbesondere das Fachwissen des Europäischen Bürgerbeauftragten als der zentralen Stelle für Bürgerbeschweren über Missstände bei den Organen und Einrichtungen der Union zu nutzen;

1.  fordert die Kommission auf, ihm auf der Grundlage von Artikel 298 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union entsprechend den als Anlage beigefügten ausführlichen Empfehlungen einen Vorschlag für eine Verordnung über ein europäisches Verwaltungsverfahrensrecht zu unterbreiten;

2.  bekräftigt, dass die genannten Empfehlungen mit den Grundrechten und dem Grundsatz der Subsidiarität in Einklang stehen;

3.  ist der Auffassung, dass der verlangte Vorschlag keine finanziellen Auswirkungen hat;

4.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung und die als Anlage beigefügten ausführlichen Empfehlungen der Kommission und dem Rat sowie dem Europäischen Bürgerbeauftragten und den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

ANLAGE

AUSFÜHRLICHE EMPFEHLUNGEN ZUM INHALT DES VERLANGTEN VORSCHLAGS

Empfehlung 1 (zum Ziel und zum Geltungsbereich der zu erlassenden Verordnung)

Das Ziel der Verordnung sollte darin bestehen, durch eine offene, effiziente und unabhängige europäische Verwaltung auf der Grundlage eines europäischen Verwaltungsverfahrensrechts das Recht auf eine gute Verwaltung zu gewährleisten.

Die Verordnung sollte für die Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union („die Unionsverwaltung“) in ihren Beziehungen zur Öffentlichkeit gelten. Daher ist ihr Geltungsbereich auf die direkte Verwaltung zu beschränken.

In der Verordnung sollten die wesentlichen Grundsätze für eine gute Verwaltung kodifiziert und das Verfahren festgelegt werden, das von der Unionsverwaltung bei der Behandlung von Einzelfällen anzuwenden ist, in denen eine der Parteien eine natürliche oder juristische Person ist, oder in anderen Fällen, in denen Einzelpersonen in direktem oder persönlichem Kontakt zur Unionsverwaltung stehen.

Empfehlung 2 (zum Verhältnis zwischen der Verordnung und sektoralen Instrumenten)

In der Verordnung sollte ein allgemeingültiger Katalog von Grundsätzen enthalten sein und ein Verfahren festgelegt werden, das als De-minimis-Regelung anwendbar ist, wenn keine lex specialis zur Verfügung steht.

Die durch sektorale Instrumente gebotenen Garantien für Personen dürfen in keinem Fall weniger Schutz bieten als die durch die Verordnung festgelegten Garantien.

Empfehlung 3 (zu den allgemeinen Grundsätzen der Verwaltungstätigkeit)

Durch die Verordnung sollten folgende Grundsätze kodifiziert werden:

–  Grundsatz der Gesetzmäßigkeit: Die Unionsverwaltung handelt in Einklang mit den Rechtsvorschriften und unter Anwendung der unionsrechtlichen Bestimmungen und Verfahren. Die Verwaltungsbefugnisse beruhen auf einer rechtlichen Grundlage, mit der ihr Inhalt in Einklang steht.

Getroffene Entscheidungen oder erlassene Maßnahmen sind nie willkürlich und beruhen nie auf Zielsetzungen, für die keine rechtliche Grundlage besteht oder die nicht mit einem öffentlichen Interesse begründet werden können.

–  Grundsatz der Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung: Die Unionsverwaltung enthält sich jeder ungerechtfertigten Ungleichbehandlung von Personen aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, politischer oder sonstiger Überzeugungen, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung.

Personen in vergleichbaren Situationen werden auf gleiche Weise behandelt. Unterschiede in der Behandlung können nur durch objektive Merkmale des betreffenden Falls gerechtfertigt werden.

–  Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Entscheidungen, die die Rechte und Interessen von Personen berühren, werden von der Unionsverwaltung nur bei bestehender Erforderlichkeit und nur in dem zum Erreichen des verfolgten Ziels angemessenen Maße getroffen.

Bei der Beschlussfassung achten die Beamten auf einen angemessenen Ausgleich zwischen den Belangen von Privatpersonen und dem allgemeinen öffentlichen Interesse. Insbesondere erlegen sie keine Verwaltungs- oder wirtschaftlichen Lasten auf, die unverhältnismäßig zum erwarteten Nutzen sind.

–  Grundsatz der Unparteilichkeit: Die Unionsverwaltung handelt unparteiisch und unabhängig. Sie enthält sich jeder willkürlichen Handlung, die sich nachteilig auf Einzelpersonen auswirkt, sowie jeder Form der Vorzugsbehandlung aus welchen Gründen auch immer.

Die Unionsverwaltung handelt stets im Interesse der Union und zum Wohl der Allgemeinheit. Keine Handlung wird von persönlichen (einschließlich finanziellen), familiären oder nationalen Interessen geleitet oder durch politischen Druck bestimmt. Die Unionsverwaltung garantiert eine faire Balance zwischen unterschiedlichen Arten der Bürgerinteressen (Unternehmen, Verbraucher und andere).

–  Grundsatz des einheitlichen Handelns und der legitimen Erwartungen: Die Unionsverwaltung achtet auf eine kohärente Verwaltungspraxis und wendet die gängigen Verwaltungsverfahren an, die öffentlich zu machen sind. Liegen in Einzelfällen berechtigte Gründe für das Abweichen von den gängigen Verwaltungsverfahren vor, ist eine stichhaltige Begründung für die Abweichungen zu geben.

Die legitimen und begründeten Erwartungen von Personen aufgrund früherer Vorgehensweisen der Unionsverwaltung werden berücksichtigt.

–  Grundsatz des Schutzes der Privatsphäre: Die Unionsverwaltung gewährleistet den Schutz der Privatsphäre von Personen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 45/2001.

Die Unionsverwaltung unterlässt die Verarbeitung personenbezogener Daten für unrechtmäßige Zwecke und die Weitergabe solcher Daten an unbefugte Dritte.

–  Grundsatz der Billigkeit: Dieser Grundsatz ist als ein grundlegendes Prinzip der Rechtsordnung zu beachten, das für die Schaffung eines Klimas des Vertrauens und der Vorhersehbarkeit in den Beziehungen zwischen Einzelpersonen und der Verwaltung unverzichtbar ist.

–  Grundsatz der Transparenz: Die Unionsverwaltung ist offen. Sie dokumentiert die Verwaltungsverfahren und führt angemessene Verzeichnisse über ihren Posteingang und -ausgang, die ihnen zugestellten Dokumente, getroffene Entscheidungen und ergriffene Maßnahmen. Alle Beiträge von beratenden Gremien und Interessenträgern sollten öffentlich zugänglich gemacht werden.

Anträge auf Zugang zu Dokumenten werden in Einklang mit den in der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 vorgesehenen allgemeinen Grundsätzen und Beschränkungen behandelt.

–  Grundsatz der Effizienz und Dienstleistung: Das Handeln der Unionsverwaltung wird von den Kriterien der Effizienz und des öffentlichen Dienstes bestimmt.

Die Bediensteten informieren die Öffentlichkeit über die Verfahren, mit denen Angelegenheiten ihrer Zuständigkeit verfolgt werden.

Bei Anfragen zu nicht in ihrer Zuständigkeit liegenden Angelegenheiten verweisen sie die Auskunft suchende Person an die zuständige Dienststelle.

Empfehlung 4 (zu den Vorschriften bei der Fassung von Verwaltungsentscheidungen)

Empfehlung 4.1: zur Einleitung eines Verwaltungsverfahrens

Verwaltungsentscheidungen können auf eigene Initiative der Unionsverwaltung oder auf Antrag eines Betroffenen gefasst werden.

Empfehlung 4.2: zur Eingangsbestätigung

Die Eingangsbestätigung für Anträge auf Einzelfallentscheidungen erfolgt schriftlich unter Angabe einer Frist zum Treffen der fraglichen Entscheidung. Auf die Folgen im Falle der Nichteinhaltung dieser Frist für die Beschlussfassung (Schweigen der Verwaltung) wird hingewiesen.

Weist der Antrag Mängel auf, wird in der Eingangsbestätigung eine Frist zur Behebung der Mängel oder zur Einreichung fehlender Unterlagen gesetzt.

Empfehlung 4.3: zur Unparteilichkeit von Verwaltungsentscheidungen

Haben Bedienstete finanzielle Interessen an einem Verfahren, werden sie an der fraglichen Beschlussfassung nicht beteiligt.

Über bestehende Interessenkonflikte setzt der/die betreffende Bedienstete seine/n unmittelbare/n Vorgesetzte/n in Kenntnis, der/die dann nach den Umständen des Einzelfalls über den Ausschluss dieses/dieser Bediensteten vom Verfahren entscheidet.

Betroffene Vertreter der Öffentlichkeit können den Ausschluss von Beamten beim Treffen der Entscheidung beantragen, die die persönlichen Interessen dieser Personen berühren. Diesbezügliche Anträge sind schriftlich einzureichen und zu begründen. Die dem Beamten unmittelbar vorgesetzte Person trifft eine diesbezügliche Entscheidung nach Anhörung des betreffenden Beamten.

Für die Behandlung von Interessenkonflikten sind angemessene Fristen festzulegen.

Empfehlung 4.4: zum Recht auf Anhörung

Das Recht auf Verteidigung muss in allen Abschnitten des Verfahrens gewährleistet sein. Trifft die Unionsverwaltung Entscheidungen, die die Rechte oder Interessen von Personen direkt berühren, erhalten die betreffenden Personen die Gelegenheit, ihren Standpunkt vor der Beschlussfassung schriftlich oder mündlich selbst, erforderlichenfalls oder auf Wunsch mit Hilfe einer von ihnen bestimmten Person zu äußern.

Empfehlung 4.5: zum Recht auf Zugang zu den eigenen Akten

Betroffenen wird unbeschränkter Zugang zu den eigenen Akten gewährt. Es liegt im Ermessen der betroffenen Person, welche nicht vertraulichen Unterlagen als maßgeblich betrachtet werden.

Empfehlung 4.6: zu den Fristen

Verwaltungsentscheidungen werden innerhalb angemessener Fristen und ohne Verzögerungen gefasst. Die Fristen werden durch die jeweiligen Vorschriften zu einem bestimmten Verfahren festgesetzt. Werden keine Fristen genannt, sollte die Frist drei Monate ab dem Zeitpunkt der Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens von Amts wegen oder ab dem Zeitpunkt der Antragstellung durch die betroffene Person nicht überschreiten.

Ist eine Beschlussfassung innerhalb der Frist aus objektiven Gründen nicht möglich, z. B. aufgrund der zur Behebung von Mängeln des Antrags eingeräumten Zeiträume, der Komplexität der aufgeworfenen Fragen, der Verpflichtung zur Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung einer dritten Partei usw., wird die betreffende Person über diesen Umstand in Kenntnis gesetzt und die Entscheidung zum frühestmöglichen Zeitpunkt getroffen.

Empfehlung 4.7: zur Form von Verwaltungsentscheidungen

Verwaltungsentscheidungen werden schriftlich und in klarer, einfacher und verständlicher Weise formuliert. Sie werden in der vom Empfänger gewählten Sprache abgefasst, sofern es sich um eine der Amtssprachen der Europäischen Union handelt.

Empfehlung 4.8: zur Begründungspflicht

Verwaltungsentscheidungen müssen eindeutig begründet werden. Alle dafür maßgeblichen Sachverhalte und ihre rechtlichen Grundlagen sind anzuführen.

Für jede Entscheidung ist eine Begründung im Einzelfall erforderlich. Ist dies aufgrund einer sehr großen Anzahl von Personen, die von gleichlautenden Entscheidungen betroffen sind, nicht möglich, können Standardformulierungen verwendet werden. Auch in diesem Fall ist jedoch eine Begründung im Einzelfall erforderlich, wenn Bürger dies ausdrücklich wünschen.

Empfehlung 4.9: zur Zustellung von Verwaltungsentscheidungen

Verwaltungsentscheidungen, die die Rechte oder Interessen von Einzelpersonen berühren, werden der betreffenden Person bzw. den betreffenden Personen unverzüglich nach der Beschlussfassung schriftlich zugestellt.

Empfehlung 4.10: zu Angaben zu möglichen Rechtsbehelfen

Soweit das Unionsrecht dies vorsieht, weisen Verwaltungsentscheidungen deutlich auf ihre Anfechtbarkeit hin und enthalten Angaben zum Anfechtungsverfahren, außerdem Name und Büroanschrift der Person bzw. der Dienststelle, bei der der Rechtsbehelf einzulegen ist, sowie die dabei einzuhaltende Frist.

Gegebenenfalls weisen Verwaltungsentscheidungen auf die Möglichkeit der Einleitung eines Gerichtsverfahrens und/oder der Anrufung des Europäischen Bürgerbeauftragten hin.

Empfehlung 5 (zur Überprüfung und Berichtigung eigener Entscheidungen )

Durch die Verordnung sollte der Unionsverwaltung die Möglichkeit eingeräumt werden, Schreib-, Rechen- oder ähnliche Fehler jederzeit auf eigene Initiative oder auf Antrag der betreffenden Person zu berichtigen.

Zur Berichtigung von Verwaltungsentscheidungen aus anderen Gründen sollten Bestimmungen eingeführt werden, die hinsichtlich der bei der Neufassung anzuwendenden Verfahren klar unterscheiden zwischen Entscheidungen, die die Interessen einer Person beeinträchtigen, und solchen, die für diese Person vorteilhaft sind.

Empfehlung 6 (zu Form und öffentlicher Bekanntgabe der Verordnung)

Die Verordnung sollte in eindeutiger, präziser und einer für die Öffentlichkeit leicht verständlichen Weise abgefasst sein.

Sie sollte durch die Veröffentlichung auf den Webseiten aller Einrichtungen, Organe und sonstigen Stellen der Union hinreichend bekannt gemacht werden.

(1) ABL. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.
(2) ABL. L 145 vom 31.5.2001, S. 43.
(3) ABl. C 72 E vom 21.3.2002, S. 331.
(4) ABL. L 267 vom 20.10.2000, S. 63.
(5) ABl. C 189 vom 5.7.2001, S. 1.
(6) http://www.statskontoret.se/upload/Publikationer/2005/200504.pdf.


Unterrichtung und Anhörung von Arbeitnehmern, Antizipation und Management von Umstrukturierungen
PDF 269kWORD 50k
Entschließung
Anlage
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Januar 2013 mit Empfehlungen an die Kommission zu Unterrichtung und Anhörung von Arbeitnehmern, Antizipation und Management von Umstrukturierungen (2012/2061(INL))
P7_TA(2013)0005A7-0390/2012

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf Artikel 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  gestützt auf Artikel 9 und 151 sowie Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe e des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,,

–  in Kenntnis der Artikel 14, 27 und 30 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

–  in Kenntnis der Bewertung des europäischen Mehrwerts einer Unions-Maßnahme zu Unterrichtung und Anhörung von Arbeitnehmern, Antizipation und Management von Umstrukturierungen, die vom Referat „Europäischer Mehrwert“ des Europäischen Parlaments durchgeführt und dem Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten am 19. November 2012 vorgelegt wurde,(1)

–  in Kenntnis des Textes „Strategie für den industriellen Wandel“ - Abschlussbericht der Gruppe hochrangiger Sachverständiger für die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen industrieller Wandlungsprozesse, die vom Beschäftigungsgipfel im November 1997 in Luxemburg eingesetzt wurde(2),

–  in Kenntnis der Empfehlung 92/443/EWG des Rates vom 27. Juli 1992 zur Förderung der Beteiligung der Arbeitnehmer an den Betriebserträgen (einschließlich Kapitalbeteiligung)(3),

–  in Kenntnis der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE)(4),

–  in Kenntnis der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen(5),

–  in Kenntnis der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf(6),

–  in Kenntnis der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen(7),

–  in Kenntnis der Richtlinie 2001/86/EG des Rates vom 8. Oktober 2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer(8),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft(9),

–  in Kenntnis der Richtlinie 2003/72/EG des Rates vom 22. Juli 2003 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Genossenschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer(10),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote(11),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten(12),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2009/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen(13),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 31. März 2005 mit dem Titel „Umstrukturierung und Beschäftigung – Umstrukturierungen antizipieren und begleiten und die Beschäftigung fördern: die Rolle der Europäischen Union“ (COM(2005)0120) und der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 14. Dezember 2005(14),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission über die Sozialpolitische Agenda (COM(2005)0033),

–  in Kenntnis der Entscheidung 2010/707/EU des Rates vom 21. Oktober 2010 über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten(15),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Eine integrierte Industriepolitik für das Zeitalter der Globalisierung – Vorrang für Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit“ (COM(2010)0614),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte“ (COM(2010)0608 endg./2),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Eine Agenda für neue Kompetenzen und Beschäftigungsmöglichkeiten“ (COM(2010)0682),

–  in Kenntnis des Grünbuchs der Kommission über Umstrukturierung und Antizipierung von Veränderungen: Lehren aus den jüngsten Erfahrungen? (COM(2012)0007),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Dezember 2011 über die Halbzeitüberprüfung der Strategie der Europäischen Union für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2007–2012(16),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Einen arbeitsplatzintensiven Aufschwung gestalten“ (COM(2012)0173),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. Mai 2005 zu der sozialpolitischen Agenda für den Zeitraum 2006-2010(17),

–  in Kenntnis der Initiativstellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 25. April 2012 zum Thema „Genossenschaften und Umstrukturierung“(18),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Mai 2007 zur Stärkung der europäischen Rechtsvorschriften im Bereich der Unterrichtung und Anhörung von Arbeitnehmern(19),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. März 2011 zu einer Industriepolitik im Zeitalter der Globalisierung(20),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 20. September 2011 mit dem Titel „Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa“ (COM(2011)0571),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 8. März 2011 mit dem Titel „Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO2-armen Wirtschaft bis 2050“ (COM(2011)0112),

–  in Kenntnis der Ergebnisse der Untersuchungen und Erhebungen der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen,

–  gestützt auf die Artikel 42 und 48 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (A7-0390/2012),

A.  in der Erwägung, dass es sich bei der Umstrukturierung nicht um ein neues Phänomen handelt, sondern um eine Praxis, die aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage häufiger vorkommt, sowie in der Erwägung, dass sie sich in den letzten Jahren immer stärker ausgedehnt, sich in einigen Sektoren verschärft und neue Sektoren erfasst hat, mit unvorhersehbaren Folgen für das wirtschaftliche und soziale Gefüge der Mitgliedstaaten;

B.  in der Erwägung, dass die Unternehmen und ihre Beschäftigten aufgrund der 2008 ausgebrochenen Weltwirtschaftskrise die erforderlichen Änderungen zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und der Arbeitsplätze vornehmen müssen, und in der Erwägung, dass sich die Krise durch die Finanzspekulationen im Finanzsektor erheblich verschärft hat, indem der Wandel sich immer schneller vollzogen hat und dadurch der Druck auf die Arbeitnehmer, die Gebiete und alle Regierungsebenen, strukturelle Anpassungen vorzunehmen, in Besorgnis erregendem Maße zugenommen hat;

C.  in der Erwägung, dass aufgrund tiefgreifend veränderter Wirtschaftsstrategien in den letzten 30 Jahren eine massive Umverteilung von der Real- hin zur Finanzwirtschaft vollzogen wurde, sowie in der Erwägung, dass die Situation derjenigen, die zwar alle Güter und Dienstleistungen schaffen, aber alle Nachteile alleine tragen, verbessert werden muss;

D.  in der Erwägung, dass sich die Akteure mit Umstrukturierungen erst spät auseinandersetzen, meist im Zusammenhang mit geplanten Entlassungen;

E.  in der Erwägung, dass sich bei Umstrukturierungen die größte Aufmerksamkeit auf die unmittelbaren und leicht erkennbaren Folgen für die Beschäftigung richtet, während die negativen Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen und Gesundheit der Arbeitnehmer nicht angemessen berücksichtigt und bekämpft werden;

F.  in der Erwägung, dass die unterschiedlichen und vielfältigen an einer Umstrukturierung beteiligten Akteure einzeln agieren und nur selten langfristig zusammenarbeiten;

G.  in der Erwägung, dass durchgängig in verschiedenen Strategiepapieren der Kommission, insbesondere der Strategie Europa 2020 und der Mitteilung zur Industriepolitik vom 28 Oktober 2010, Folgendes hervorgehoben wurde: „Eine bessere Antizipierung und Durchführung von Umstrukturierungen würde es Arbeitnehmern und Unternehmen erleichtern, sich den Umstellungen anzupassen, die durch Überkapazitäten, Modernisierung und strukturelle Anpassung hervorgerufen werden. […] Die Unternehmensleitung und die Arbeitnehmervertreter sind die Hauptakteure, die sich auf der Unternehmensebene über Restrukturierungsstrategien verständigen müssen. Interventionen seitens der Politik sollten solche Restrukturierungen flankieren, um soziale Härten zu vermeiden und neue Fertigkeiten und Arbeitsplätze zu fördern, und auf diese Weise Massenentlassungen, den Niedergang ganzer Regionen oder die Verlagerung ganzer Wirtschaftszweige auf ein Mindestmaß beschränken und gleichzeitig die wirtschaftliche Umstellung und die beruflichen Übergänge erleichtern“;

H.  in der Erwägung, dass die Krise auf Unionsebene – durch den Jahreswachstumsbericht und das Semester – zu einer neuen Wirtschaftsaufsicht geführt hat, und in der Erwägung, dass diese neue wirtschaftspolitische Steuerung ihrerseits zu einer Umstrukturierung führen kann, weshalb die Sozialpartner einbezogen werden müssen;

I.  in der Erwägung, dass die Arbeitnehmer rechtzeitig auf den Übergang zu einer ressourcenschonenden, umweltfreundlichen Wirtschaft vorbereitet werden müssen und dass diese Entwicklung ein sehr großes Beschäftigungspotenzial birgt, aber zur Umstrukturierung nicht nachhaltiger Sektoren und Unternehmen führen wird;

J.  in der Erwägung, dass die Anzahl der Arbeitsplätze, die verloren gegangen sind, fast doppelt so hoch ist wie die Zahl der im dritten Quartal 2011 geschaffenen Arbeitsplätze, wobei diese Tendenz angesichts der in strategischen Bereichen angekündigten größeren Umstrukturierungen wahrscheinlich noch zunehmen wird;

K.  in der Erwägung, dass in den Sektoren Bau und Fertigung in der Zeit zwischen 2008 und 2011 über 6,4 Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen sind;

L.  in der Erwägung, dass alle Mitgliedstaaten, in denen es während der Krise verhältnismäßig wenige Entlassungen gegeben hat, über sehr gut ausgeprägte Systeme der Arbeitsbeziehungen verfügen, die den Arbeitnehmern und ihren Vertretern verhältnismäßig viele Rechte im Bereich der Anhörung, Information und Mitbestimmung gewähren, die zu gemeinsamen Vereinbarungen auf betrieblicher Ebene geführt haben, deren Voraussetzungen auf Gesetzen und Tarifverträgen beruhen;

M.  in der Erwägung, dass es im „Jahreswachstumsbericht: Gesamtkonzept der EU zur Krisenbewältigung nimmt weiter Gestalt an“ heißt: „Die positive Exportleistung einiger Mitgliedstaaten zeigt, dass der Erfolg auf globalen Märkten auch von anderen Faktoren abhängt, wie z. B. sektororientierte Produktspezialisierung, Innovation und Qualifikationsniveaus, die die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen“; in der Erwägung, dass Unternehmen in manchen Mitgliedstaaten gerade in der Krise einen langfristigen Ansatz verfolgt und alles unternommen haben, damit ihre gut ausgebildeten und mit einem hohen Erfahrungswissen ausgestatteten Arbeitnehmer nicht entlassen werden;

N.  in der Erwägung, dass Unternehmen in der Union nicht über einen bloßen Preis-Unterbietungswettbewerb auf den Weltmärkten erfolgreich sein werden, sondern nur über gute Produkte, Verfahren und Dienstleistungen;

O.  in der Erwägung, dass in nichtnachhaltigen Sektoren beschäftigte Arbeitnehmer Unterstützung und Ausbildung erhalten sollten, damit sie zu „grünen“ Berufen überwechseln können;

P.  in der Erwägung, dass die Gefahr besteht, dass gute Erfahrungen, die infolge der Krise insbesondere von der ILO gesammelt werden konnten, nicht ausreichend berücksichtigt und bei künftigen Krisen nicht genutzt werden, und daher in der Erwägung, dass solche guten Maßnahmen von Institutionen der Union untersucht und dokumentiert werden sollten, um sie auch für die Situation einer Restrukturierung nutzen zu können;

Q.  in der Erwägung, dass die Kommission in ihrer Mitteilung „Eine Agenda für neue Kompetenzen und Beschäftigungsmöglichkeiten“ vom 23. November 2010 auch einräumt, dass „die Anpassungsfähigkeit und das vorausschauende Aktivwerden bei der Verlagerung von Arbeitsplätzen und/oder Beschäftigungsmöglichkeiten durch Unsicherheit beeinträchtigt werden können, da Übergänge ein potenzielles Risiko der Arbeitslosigkeit, geringerer Löhne und der sozialen Unsicherheit bergen“; in der Erwägung, dass positive Übergänge in den Laufbahnen der Menschen deshalb entscheidend sind, um eine ständige Anpassung zu ermöglichen, wodurch die Beschäftigungsfähigkeit aufrechterhalten und verbessert wird, während gleichzeitig die Sicherheit für den Einzelnen und die Fluidität der Arbeitsmärkte gewährleistet werden;

R.  in der Erwägung, dass bei Umstrukturierungen, in deren Zusammenhang Entlassungen unvermeidbar sind, schutzbedürftige Gruppen von Arbeitnehmern, darunter jüngere und ältere Arbeitnehmer, häufiger von Entlassung betroffen sind als andere Altersgruppen, auch wenn dies gemäß den einschlägigen Unions-Rechtsvorschriften Diskriminierung aus Altersgründen darstellt;

S.  in der Erwägung, dass, wie in der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte“ dargelegt, die „mitunter festzustellende Binnenmarktmüdigkeit sich unter anderem dadurch erklären lässt, dass die sukzessiven Liberalisierungen in der Wahrnehmung vieler Bürger auf Kosten der von verschiedenen Wirtschaftsakteuren erworbenen sozialen Rechte eingeführt wurden.“; „Der “Lissabon-Vertrag und das Bekenntnis zu einer „in hohem Maße wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft“ als einem Schlüsselziel verpflichten„ die Union, “eine umfassendere Vision des Binnenmarkts zu entwickeln. Die wirtschaftlichen Freiheiten und das Recht auf Kollektivmaßnahmen müssen miteinander in Einklang gebracht werden. Eine Wiederbelebung des Dialogs zwischen den Sozialpartnern ist hier von grundlegender Bedeutung und könnte dazu führen, dass häufiger von der im Lissabon-Vertrag ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften „durch die Sozialpartner für die Sozialpartner“ Gebrauch gemacht wird.„; “Über die Initiativen, die eine reine Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise darstellen, hinaus haben Antizipationsstrategien es den Unternehmen ermöglicht, soziale Konflikte abzuwenden, indem Umstrukturierungsmaßnahmen proaktiv und im Wege von Verhandlungen vorbereitet wurden. Dies ist gleichermaßen eine Bedingung für wirtschaftlichen Erfolg wie auch ein soziales Gebot, denn auf diese Weise wird es möglich, Ressourcen in aufstrebende Branchen umzulenken und Arbeitnehmern, deren Arbeitsplatz in Gefahr ist, neue Chancen zu eröffnen.„; in der Erwägung, dass ein europäischer Rechtsakt für Umstrukturierungen es ermöglichen würde, Rahmenbedingungen zu schaffen, die von gegenseitigem Vertrauen geprägt sind;

T.  in der Erwägung, dass ein weiterer Ausbau des Binnenmarkts zu einem verschärften Wettbewerb führt, durch den Umstrukturierungen angeregt werden können; in der Erwägung, dass die Union Verantwortung für diesen Prozess übernehmen sollte, indem sie einen Rahmen für die Abmilderung der sozialen Auswirkungen vorgibt;

U.  in der Erwägung, dass im Anschluss an den von den Sozialpartnern im Oktober 2003 verfassten „Orientierungsleitfaden für die Bewältigung des Wandels und dessen soziale Konsequenzen“ jedoch keine gesetzgeberischen Maßnahmen eingeleitet wurden, obwohl im Anschluss zwei Seminarzyklen auf nationaler Ebene von den Sozialpartnern im Rahmen ihrer mehrjährigen Arbeitsprogramme durchgeführt wurden; in der Erwägung, dass dieser nicht nur den Organisationen nationaler und branchenspezifischer Sozialpartner, sondern, was noch wichtiger ist, auch den Unternehmen und ihren Arbeitnehmervertretern noch immer weitgehend unbekannt ist; in der Erwägung, dass die rechtzeitige und wirksame Einhaltung der Grundsätze, die durch diesen Orientierungsleitfaden wie durch die Ergebnisse zahlreicher anderer Untersuchungen und Berichte zum Ausdruck kommen, aber von wesentlicher Bedeutung wäre; in der Erwägung, dass, da die Unternehmen in ihren Verfahren in diesem Bereich häufig eher reaktiv als proaktiv sind, erst zu spät in den Entscheidungsprozess eingreifen und keine externen Stellen einbeziehen, die in ausreichendem Maße oder rechtzeitig einen Beitrag zur Abmilderung ihrer sozialen Auswirkungen leisten können;

V.  in der Erwägung, dass die Kommission mit ihrem Grünbuch „Umstrukturierung und Antizipierung von Veränderungen: Lehren aus den jüngsten Erfahrungen“ anerkennt, dass „technologische Veränderungen und Innovationen die Unternehmen und Arbeitnehmer zu Anpassungsstrategien zwingen (können), doch gibt es auch Anzeichen dafür, dass Innovationen – wenn sie mit Forschungs- und Bildungsmaßnahmen kombiniert werden – für Europa eine effektive Möglichkeit zur Überwindung der Krise darstellen können“;

W.  in der Erwägung, dass die Genossenschaften Umstrukturierungen sozial verantwortlich bewältigen und dass sie aufgrund des besonderen genossenschaftlichen Verwaltungsmodells, das auf Gemeinschaftseigentum, demokratischer Teilhabe und Kontrolle durch die Mitglieder beruht, sowie dank ihrer Fähigkeit, sich auf ihre eigenen Finanzmittel und Fördernetzwerke zu stützen, bei der Bewältigung von langfristigen Umstrukturierungen und bei der Schaffung neuer Unternehmen flexibler und innovativer sind;

X.  in der Erwägung, dass die Kommission ungeachtet der weiter oben aufgeführten eindeutigen Erklärungen enttäuschend auf Entschließungen des Parlaments zu Unterrichtung, Anhörung und Umstrukturierung, in denen die Notwendigkeit dringender und konkreter Maßnahmen in diesem Bereich betont wurde, und auf Ersuchen anderer relevanter wirtschaftlicher und sozialer Akteure reagiert hat;

Y.  in der Erwägung, dass diese Entschließung Verpflichtungen im Bereich der Unterrichtung aufgrund anderer Rechtsvorschriften der Union und der Mitgliedstaaten unberührt lässt; in der Erwägung, dass die Unterrichtungsverfahren, sofern Rechtsvorschriften der Union und der Mitgliedstaaten dies so vorsehen, zur Umsetzung der in dieser Entschließung niedergelegten Empfehlungen uneingeschränkt befolgt werden sollten;

Z.  in der Erwägung, dass diese Entschließung auf nationales Recht zurückzuführende Verpflichtungen im Bereich des Arbeitsschutzes und der Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen unberührt lässt;

AA.  in der Erwägung, dass derzeit erhebliche Unterschiede bei den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zu den Pflichten der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern bei der Durchführung von Umstrukturierungen bestehen; in der Erwägung, dass die europäischen Sozialpartner in den letzten zehn Jahren zweimal angehört wurden;

AB.  in der Erwägung, dass eine ordnungsgemäße und effiziente Unterrichtung und Anhörung in Bezug auf Umstrukturierungen bedeutet, dass sie mehrere Monate vor dem geplanten Umstrukturierungsbeschluss erfolgen, dass sie auch die abhängigen Unternehmen betreffen und dass sie zur schnellen Einführung von Ausbildungs- und Umschulungsmaßnahmen führen, um dazu beizutragen, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und der Union zu erhöhen und in Krisenzeiten ein Signal der Sicherheit und Transparenz an die Unionsbürger und an die Investoren zu senden;

AC.  in der Erwägung, dass die Unternehmen, die es nicht schaffen, sich an die wechselnden Bedingungen anzupassen, auf lange Sicht nicht mit ihren Wettbewerbern Schritt halten können; in der Erwägung, dass die Unternehmen, die Arbeitnehmer und Sektoren selbst meist am besten wissen, wo sie Umstrukturierungsbedarf haben; in der Erwägung, dass jeder Mitgliedstaat unterschiedliche Umstrukturierungsprozesse durchläuft und dass deren Auswirkungen in jedem Mitgliedstaat verschieden sind;

AD.  in der Erwägung, dass die Kommission, um Arbeitnehmer und Unternehmen dabei zu unterstützen, den Wandel effizient zu antizipieren, tiefgreifende Untersuchungen und Analysen sowohl zum Phänomen der Umstrukturierungen selbst als auch zur Überwachung der Wirtschaftszweige, einschließlich einer Reihe von Studien zum Wandel der Beschäftigung zwischen heute und 2020, in die Wege geleitet hat(21); in der Erwägung, dass diese prospektive Analyse in Zusammenarbeit mit unabhängigen Forschern, Sozialpartnern und anderen Unionseinrichtungen wie dem Europäischen Parlament, den Agenturen und Einrichtungen der Union wie der Europäischen Stelle zur Beobachtung des industriellen Wandels(22), der Europäischen Stiftung für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen und dem Europäischen Zentrum für die Förderung der Berufsbildung durchgeführt wird;

AE.  in der Erwägung, dass die Verordnung (EG) Nr. 1927/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Einrichtung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung(23) derzeit überprüft wird;

1.  fordert die Kommission gemäß Artikel 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf, ihm so bald wie möglich und nach Anhörung der Sozialpartner entsprechend der als Anlage beigefügten ausführlichen Empfehlungen einen Vorschlag für einen Rechtsakt über Unterrichtung und Anhörung von Arbeitnehmern, Antizipation und Management von Umstrukturierungen zu unterbreiten;

2.  stellt fest, dass die genannten Empfehlungen mit den Grundrechten und dem Grundsatz der Subsidiarität in Einklang stehen; bekräftigt ferner, dass die Empfehlungen in Einklang mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, der Unternehmensfreiheit und dem Eigentumsrecht stehen;

3.  unterstreicht die Bedeutung eines auf gegenseitiges Vertrauen und geteilte Verantwortung gestützten, starken sozialen Dialogs als bestes Instrument für die Suche nach einvernehmlichen Lösungen und gemeinsamen Zielsetzungen bei der Vorwegnahme, Vorbereitung und Organisation der Umstrukturierungsprozesse;

4.  fordert die Kommission auf, zu untersuchen, ob die Notwendigkeit besteht, auf Unionsebene Maßnahmen zur Überwachung der Tätigkeiten der Unternehmen zu treffen, um jegliche Form des Missbrauchs, der vor allem den Arbeitnehmern schaden würde, zu vermeiden;

5.  fordert die Kommission auf, zu gewährleisten, dass erst als letzte Option, nachdem alle möglichen Alternativen in Betracht gezogen wurden, auf die Kündigung zurückgegriffen wird, ohne dass dies die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beeinträchtigt;

6.  vertritt die Auffassung, dass der verlangte Vorschlag keine finanziellen Auswirkungen haben wird;

7.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung und die als Anlage beigefügten ausführlichen Empfehlungen der Kommission und dem Rat zu übermitteln.

ANLAGE

AUSFÜHRLICHE EMPFEHLUNGEN ZUM INHALT DES VERLANGTEN VORSCHLAGS

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

   gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe e, ist der Auffassung, dass der anzunehmende Rechtsakt die nachstehenden Aspekte enthalten sollte:

Empfehlung 1

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.  Bei der frühzeitigen Erkennung, Vorbereitung und Bewältigung von Umstrukturierungen handeln die Unternehmen, die Arbeitnehmervertreter, die staatlichen Behörden und die anderen Akteure gemäß ihrer jeweiligen Eigenschaft und Zuständigkeit sowie zu einem Zeitpunkt nach Maßgabe ihrer jeweiligen Zuständigkeit in einem Geist der Zusammenarbeit auf der Grundlage rechtzeitiger und umfassender Anhörung und Unterrichtung und erkennen dabei an, dass diese Prozesse darauf abzielen, sowohl die Interessen der Unternehmen in Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit als auch die Interessen ihrer Arbeitnehmer zu schützen.

2.  Für eine wirtschaftlich erfolgreiche Umstrukturierung mit sozialer Verantwortung ist die Einbindung in eine langfristige Strategie erforderlich, die darauf abzielt, die langfristige Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu gewährleisten und zu stärken. Zudem müssen die Humanressourcen in den Mittelpunkt der strategischen Entwicklung des Unternehmens gerückt werden.

3.  Die Arbeitgeber berücksichtigen bei der Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer die Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Diskriminierung, insbesondere auf dem Gebiet der Altersdiskriminierung.

4.  Frühzeitige Erkennung, Vorbereitung und Bewältigung des Wandels erfolgen im Kontext einer Stärkung des sozialen Dialogs sowie im Hinblick auf das Ziel, den Wandel auf eine Weise zu fördern, dass dieser mit der Aufrechterhaltung der vorrangigen Ziele Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung sowie Gesundheitsschutz der Arbeitskräfte vereinbar ist.

5.  Maßnahmen betreffend die Situation des Unternehmens und die voraussichtliche Entwicklung der Beschäftigung und der Arbeitsbedingungen müssen in Betracht gezogen, vorangetrieben und intensiviert werden, vor allem wenn diese bedroht sind.

6.  Die Umstrukturierung wird erleichtert und die Auswirkungen werden abgefedert, wenn die Unternehmen die Qualifikationen und Fähigkeiten ihrer Arbeitnehmer weiterentwickeln und damit die Beschäftigungsfähigkeit ihrer Arbeitnehmer verbessern und deren betriebsinterne und externe Mobilität steigern.

7.  Anpassungsfähige Unternehmen und widerstandsfähige Arbeitnehmer konzipieren in Zusammenarbeit mit den Vertretern der Arbeitnehmer, den staatlichen Stellen und anderen einschlägigen Organisationen Mechanismen, anhand derer der künftige Bedarf an Arbeitskräften und Qualifikationen antizipiert und geplant werden können. Sie erkennen das Recht jedes Arbeitnehmers an, geeignete Weiterbildungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Die Arbeitnehmer erkennen an, dass Bildung und lebenslanges Lernen notwendig sind, um ihre Beschäftigungsfähigkeit zu stärken.

8.  Aufgrund der zunehmenden Vernetzung von Unternehmen haben Umstrukturierungen Auswirkungen über den Umkreis eines einzelnen Unternehmens hinaus, weshalb die Einrichtung multilateraler Foren immer notwendiger wird, um einen Austausch zu sozialen Fragen zu ermöglichen.

9.  Gute Umstrukturierungsmethoden erfordern eine möglichst früh in die Wege geleitete Vorbereitung, die eingeleitet werden muss, sobald die Notwendigkeit einer Umstrukturierung das erste Mal in Betracht gezogen wurde, damit die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, Umwelt- und territorialen Auswirkungen vermieden oder auf ein Mindestmaß reduziert werden können.

10.  Es ist eine allgemein anerkannte Tatsache, dass jede Umstrukturierung, insbesondere eine größere Umstrukturierung, die erhebliche Auswirkungen hat, den Beteiligten erklärt und begründet werden sollte, wobei die Wahl der in Betracht gezogenen Maßnahmen im Verhältnis zu den Zielen und zu alternativen Möglichkeiten erläutert und die uneingeschränkte und angemessene Einbindung der Arbeitnehmervertreter auf allen Ebenen beachtet werden sollte; dies sollte rechtzeitig vorbereitet werden, damit die Akteure sich auf die Anhörungen vorbereiten können, bevor das Unternehmen eine Entscheidung fällt.

11.  In ihren ernsthaften Bemühungen zur Begrenzung der Auswirkungen der Umstrukturierung dürfen die Unternehmen Entlassungen ausschließlich als letztes Mittel in Betracht ziehen und nur dann, wenn sie alle anderen möglichen alternativen Optionen geprüft und/oder mögliche Stützungsmaßnahmen durchgeführt haben.

12.  Die aktive Zusammenarbeit und Unterstützung seitens der Behörden auf der relevanten Ebene bei der Vorbereitung und Bewältigung während der Umsetzung der Umstrukturierungsmaßnahmen trägt erheblich zur wirtschaftlichen Umstellung und zum Verbleib der Arbeitnehmer bei. Lokale Wirtschaftsakteure, insbesondere KMU, die sich infolge von Lieferverträgen oder Untervergabe in einer Situation der Abhängigkeit gegenüber dem umzustrukturierenden Unternehmen befinden, sollten ebenfalls einbezogen werden.

13.  Vorhandene Systeme zur finanziellen Unterstützung, die über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) oder den Europäischen Sozialfonds (ESF) im Rahmen der neuen Finanziellen Vorausschau 2014-2020 abgewickelt werden, sollten keine auf nationaler Ebene eingerichteten Anreize auf der Grundlage frühzeitiger Erkennung, Vorbereitung und verantwortungsvoller Verwaltung ersetzen. Der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) sollte mit verstärktem Einsatz weitergeführt werden, um vorübergehend in reaktiver oder deeskalierender Weise tätig werden zu können.

14.  Die Unternehmen müssen zusammen mit den Arbeitnehmervertretern Instrumente zur regelmäßigen Bewertung und Berichterstattung über ihre Tätigkeiten in Bezug auf die frühzeitige Erkennung von Umstrukturierungen unter Beachtung der einzelstaatlichen Gesetze oder Verfahren einführen.

15.  Der neue Schwerpunkt der wirtschaftspolitischen Steuerung konzentriert sich auf die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte und bedroht durch die Beschränkungen der öffentlichen Hand die Möglichkeiten, die negativen Auswirkungen von Restrukturierungen abzumildern.

16.  Jede Unionsvorschrift sollte auf Unternehmen oder Unternehmensgruppen, sowohl in öffentlichem als auch privatem Eigentum, nach EU-Recht und nationalem Recht und/oder Tarifverträgen Anwendung finden, in jedem Fall aber auf die wichtigsten Umstrukturierungsmaßnahmen der Unternehmen und Unternehmensgruppen Anwendung finden, von denen entweder eine hohe Zahl von Arbeitnehmern oder ein hoher Prozentsatz der Beschäftigten in diesen Unternehmen innerhalb kurzer Frist betroffen sind.

17.  Jeder Unionsrahmen zu frühzeitiger Erkennung, Vorbereitung und Bewältigung des Wandels und der Umstrukturierung sollte eine Vereinbarung zwischen dem Unternehmen und seinen Arbeitnehmervertretern auf lokaler Ebene fördern und einer solchen Vereinbarung Vorrang verleihen. Nur wenn keine Einigung erzielt wird, finden die Standardvorschriften Anwendung.

Empfehlung 2: das Ziel

1.  Zweck ist die Förderung und Erleichterung von Unterrichtung und Anhörung bei wirtschaftlichem Wandel und die Verbesserung der Art und Weise, in der Unternehmen, Arbeitnehmervertreter, staatliche Stellen und andere wichtige Akteure, denen jeweils unterschiedliche Zuständigkeitsbereiche in verschiedener Abfolge im Prozess der Umstrukturierung obliegen, in der gesamten Union Unternehmensumstrukturierungen sozial und umweltpolitisch verantwortlich antizipieren, vorbereiten und bewältigen.

2.  Zu diesem Zweck erkennen Unternehmen und Arbeitnehmervertreter, wenn sie mit der Umstrukturierung befasst sind, in einem Geiste der Zusammenarbeit an, dass diese Prozesse darauf abzielen, sowohl die Interessen der Unternehmen in Bezug auf ihre Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit als auch die Interessen ihrer Arbeitnehmer in Bezug auf soziale Sicherheit und Beschäftigung, Gesundheit und Arbeitsbedingungen zu schützen.

Empfehlung 3: Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich

1.  Im Sinne dieser Akte gelten folgende Definitionen:

   a) „Unternehmen“ sind Unternehmen oder Unternehmensgruppen, sowohl in öffentlichem als auch privatem Eigentum, nach EU-Recht und nationalem Recht und/oder Tarifverträgen;
   b) „abhängige Unternehmen“ sind Gesellschaften und Unternehmen, die sich in einer Situation der hohen Abhängigkeit gegenüber den oben genannten Unternehmen befinden infolge von Untervergabe, Lieferverträgen und sonstigen Verträgen;
   c) „Arbeitnehmervertreter“ sind die Vertreter, die nach einzelstaatlichem Recht und/oder nach mitgliedsstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind;
   d) „Vereinbarungen“ sind Vereinbarungen, die auf der relevanten Ebene (europäischer, einzelstaatlicher, sektorbezogener, regionaler oder Unternehmensebene) zwischen Vertretern der Unternehmen oder ihrer Organisationen auf der einen Seite und Vertretern der Arbeitnehmer auf der anderen Seite abgeschlossen werden, die ermächtigt sind, nach einzelstaatlichem Recht oder nach mitgliedsstaatlichen Gepflogenheiten oder nach von den zuständigen Gewerkschaftsverbänden auf europäischer Ebene festgelegten Verfahren Tarifvereinbarungen abzuschließen.
   e) „Arbeitnehmer“ sind die Arbeitnehmer der Unternehmen, unabhängig von der Art des Arbeitsvertrags;
   f) „staatliche Stellen“ sind Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung auf der relevanten Ebene, wie von den Mitgliedstaaten benannt, einschließlich lokale Arbeitsverwaltungen;
   g) „Umstrukturierung“ ist jede Veränderung, die in den Anwendungsbereich der Richtlinien über Massenentlassungen oder Betriebsübergang fällt;
   h) „Beschäftigungsfähigkeit“ ist die Fähigkeit des Arbeitnehmers, entsprechend seinen Qualifikationen, seiner Erfahrung und seiner Ausbildung einen Arbeitsplatz zu erhalten oder zu wechseln.
   i) „Anhörung und Beratung“ wird gemäß den einschlägigen europäischen und einzelstaatlichen Rechtsvorschriften in diesem Bereich definiert.

2.  Jeder Unionsrechtsakt sollte auf Unternehmen oder Unternehmensgruppen, sowohl in öffentlichem als auch privatem Eigentum, nach Unions- und nationalem Recht und/oder Tarifverträgen Anwendung finden, in jedem Fall aber auf die wichtigsten Umstrukturierungsmaßnahmen der Unternehmen und Unternehmensgruppen Anwendung finden, von denen entweder eine hohe Zahl von Arbeitnehmern oder ein hoher Prozentsatz der Beschäftigten in diesen Unternehmen innerhalb kurzer Frist betroffen sind.

Empfehlung 4: langfristige strategische Planung, Anpassungsfähigkeit und Beschäftigungsfähigkeit

1.  Jede Umstrukturierung wird in eine langfristige Strategie eingebunden, die darauf abzielt, die langfristige Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu gewährleisten und zu stärken, um eine innovationsorientierte Kultur zu fördern, wobei sich gezeigt hat, dass Unternehmen in den meisten Fällen aufgrund unvorhergesehener Veränderungen der Marktbedingungen oder technologischer Entwicklungen zu Umstrukturierungen gezwungen sind.

2.  Eine langfristige Strategie umfasst wirtschaftliche Entwicklung sowie personelle, Beschäftigungs- und Qualifikationsziele, bei denen der Schwerpunkt auf die dauerhafte Weiterentwicklung der Qualifikationen und Fähigkeiten der Arbeitskräfte gelegt wird, damit die Wettbewerbsfähigkeit und die Nachhaltigkeit sowie die Anpassungsfähigkeit des Unternehmens verbessert und die Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmer erhöht werden, um den Wechsel von Arbeitnehmern zu erleichtern und ihre betriebsinterne und externe Mobilität zu erhöhen.

3.  Zu diesem Zweck legen die Mitgliedstaaten den Unternehmen nahe, dafür zu sorgen, dass jeder Arbeitnehmer Zugang zu Weiterbildung hat, um die Entwicklung der Arbeitsplätze in den Unternehmen zu antizipieren. Die Arbeitnehmer erkennen an, dass Bildung und lebenslanges Lernen notwendig sind, um ihre Beschäftigungsfähigkeit zu erhöhen und nehmen die einschlägigen Weiterbildungsangebote an.

4.  Die vorgeschlagenen Weiterbildungen stellen eine echte langfristige Investition dar, die unabhängig vom Alter des Arbeitnehmers ist. Es handelt sich insbesondere um den Bedarf in Spitzenindustriezweigen, im Bereich der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien, des Übergangs zu einer grünen Wirtschaft oder im Bereich der Gesundheitsleistungen und im weiteren Sinne in den Sektoren, die am besten zur Umsetzung der Ziele der Strategie Europa 2020 geeignet sind.

Empfehlung 5: frühzeitige Erkennung des Bedarfs an Arbeitskräften und Qualifikationen

1.  Die Unternehmen konzipieren in Abstimmung mit den Vertretern der Arbeitnehmer mit dem Willen zur Verständigung unter Beachtung ihrer jeweiligen Rechte und Pflichten und gegebenenfalls mit den staatlichen Stellen und anderen wichtigen Akteuren Pläne zur Entwicklung von Humanressourcen, die auf ihre individuellen Umstände abgestimmt sind sowie Mechanismen für die Antizipierung und zukunftsgerichtete Planung in Bezug auf den Bedarf an Arbeitskräften und Qualifikationen.

2.  Zu diesem Zweck legen die Unternehmen in Zusammenarbeit mit den Vertretern der Arbeitnehmer und anderen wichtigen Akteuren Folgendes fest:

   a) Mechanismen für die langfristige Strategie des quantitativen und qualitativen Bedarfs an Arbeitskräften und Qualifikationen im Zusammenhang mit Innovations- und Entwicklungsstrategien, mit denen der vorhersehbaren positiven und negativen Entwicklung der Wirtschaft, der Beschäftigung und der beruflicher Fähigkeiten und Arbeitsbedingungen Rechnung getragen wird, sowie Mechanismen zur Ermittlung des aktuellen Qualifikationsstandes der einzelnen Arbeitnehmer;
  b) mehrjährige Pläne zur Entwicklung der Beschäftigung, der Qualifikationen und Arbeitsbedingungen in den wichtigsten Bereichen, zum Beispiel:
   - Identifizierung und frühzeitige Erkennung des Kompetenz- und Qualifikationsbedarfs;
   - Unterstützung bei der Schaffung einer Lernkultur, die den Arbeitnehmern dabei helfen soll, geeignete Weiterbildungsmaßnahmen zu absolvieren;
   regelmäßige Bewertung der Fertigkeiten des Einzelnen, auf deren Grundlage individuelle Weiterbildungskonzepte ausgearbeitet werden;
   regelmäßige Bewertungen der Arbeitsbedingungen, insbesondere in Bezug auf die Arbeitsorganisation;
   individuelle Weiterbildungspläne mit quantitativen Zielvorgaben;
   ein jährlicher Fortbildungsetat;
   individuelle Fortbildungskonten;
   - Ausbildungsprogramme, sowohl intern als auch extern;
   - Urlaub zu Bildungszwecken;
   besondere Fortbildungsmaßnahmen zum Umgang mit ermittelten Problemen.

3.  Jedem Arbeitnehmer wird eine bestimmte Zahl von Fortbildungsstunden pro Jahr angeboten; diese Zahl wird gesetzlich oder im Rahmen von Tarifvereinbarungen festgelegt. Der Fortbildungsbedarf sollte jedoch hauptsächlich über die Bewertung von Qualifikationen ermittelt werden, um festzustellen, ob die Beschäftigungsfähigkeit weiterhin gegeben ist.

4.  Der Fortbildungsbedarf der einzelnen Arbeitnehmer ist regelmäßig zu überprüfen, gegebenenfalls sind angemessene Fortbildungsmaßnahmen anzugeben.

5.  Die Bestimmungen der Absätze 1 bis 3 beziehen sich nicht auf Unternehmen und Arbeitnehmer, die unter eine Vereinbarung fallen, die auf einer relevanten Ebene mit relevanten Parteien zu den Verfahren über die Antizipierung von Qualifikationen oder Bewertung in Bezug auf den Bedarf an Arbeitskräften und Qualifikationen geschlossen wurde.

6.  Wann immer dies möglich und angemessen ist,

   a) konzipieren die Unternehmen die Mechanismen und Pläne gemäß Absatz 2 in enger Zusammenarbeit mit externen Akteuren, darunter regionalen Behörden, Hochschulen und sonstigen Anbietern im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung, Technologieinstituten;
   b) beteiligen sich die Unternehmen an externen Beobachtungsstellen, Partnerschaften, Netzwerken und sonstigen einschlägigen Initiativen in Bezug auf Beschäftigung und Qualifikationen in der jeweiligen Region und/oder im betreffenden Sektor, Innovationszentren und Entwicklungsagenturen;

7.  Die konkrete Umsetzung wird in einer Vereinbarung zwischen den betroffenen Parteien festgehalten.

8.  Abhängige Unternehmen werden von den gemäß Absatz 2 vorgesehenen Änderungen und Plänen in Kenntnis gesetzt. Auf ihre Arbeitnehmer können diese Mechanismen und Pläne auf Antrag des abhängigen Unternehmens Anwendung finden, das seinen Antrag damit begründet, dass diese Mechanismen und Pläne für dessen eigene Anpassung und Entwicklung notwendig oder sinnvoll sind. Dies schließt abhängige Unternehmen nicht davon aus, ihre eigenen Mechanismen zu entwickeln.

Empfehlung 6: frühzeitige Vorbereitung

1.  Außer in den Fällen, in denen die Umstrukturierung durch unvorhergesehene oder plötzlich auftretende Ereignisse ausgelöst wurde, geht jeder Umstrukturierung, insbesondere jener, die bedeutende negative Auswirkungen haben kann, eine angemessene Vorbereitung mit allen Beteiligten nach Maßgabe ihrer jeweiligen Zuständigkeiten voraus, mit dem Ziel, die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und lokalen Auswirkungen abzufedern.

2.  Umstrukturierungen werden im Allgemeinen durch außergewöhnliche Umstände aufgrund von Marktveränderungen oder technologischen Entwicklungen ausgelöst. Es liegt im Interesse aller Betroffenen, dass Geschäftsführung und Arbeitnehmer solche außergewöhnlichen Umstände bei deren Auftreten zeitnah auf der Grundlage rechtzeitiger und umfassender Anhörung und Unterrichtung nach Maßgabe der vorhandenen Unionsrechtsvorschriften erörtern.

3.  Alle vorgeschlagenen Umstrukturierungsmaßnahmen sind den Arbeitnehmervertretern zu übermitteln und umfassend darzulegen, um sie in die Lage zu versetzen, eine tiefgreifende Bewertung vorzunehmen und sich gegebenenfalls auf Anhörungen vorbereiten zu können.

4.  Diese Vorbereitung wird so bald wie möglich durchgeführt und beginnt, sobald die Notwendigkeit einer Umstrukturierung in Erwägung gezogen wurde, unter Berücksichtigung der Methoden und Verfahren, die für den Sektor, die Region oder gegebenenfalls die betreffende Gesellschaft ausgehandelt wurden. Außer in den außergewöhnlichen Umständen im Sinne des oben stehenden Absatzes 1 wird sie innerhalb einer Frist durchgeführt, die die gründliche Verständigung aller Beteiligten sowie die Annahme von Maßnahmen ermöglicht, mit denen die negativen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und lokalen Auswirkungen vermieden oder auf ein Mindestmaß reduziert werden können.

5.  Die lokalen Wirtschaftsakteure, insbesondere die Unternehmen und ihre Arbeitnehmer, die sich in einer Position der Abhängigkeit gegenüber des sich in der Umstrukturierung befindlichen Unternehmens befinden, sollten ebenfalls von Anfang an aktiv an über die vorgesehene Umstrukturierung informiert werden.

6.  Die Transparenz und die rechtzeitig erfolgende Information der Arbeitnehmer über die Lage der Unternehmen sind von entscheidender Bedeutung, um sie in die Umstrukturierung und die Prozesse der Antizipierung des Wechsels einzubeziehen. Die Beschäftigten müssen in einem frühen Stadium in die Gespräche einbezogen werden, damit sie sich an den Umstrukturierungsprozessen der Unternehmen beteiligen oder die mögliche Übernahme des Unternehmens im Falle einer Schließung planen können.

7.  Es wird verlangt, dass bei jeder Umstrukturierung vorrangig deren Auswirkung auf Entlassungen geprüft wird, verbunden mit einem klaren und eindeutigen Engagement der Unternehmen für die Arbeitsplätze.

Empfehlung 7: Unterrichtung und Anhörung bei betrieblichen Entscheidungen

1.  Jede Umstrukturierung, insbesondere jene, die negative Auswirkungen hinsichtlich des Verlusts von Arbeitsplätzen haben können, muss den relevanten Akteuren vor der Umsetzung von konkreten Maßnahmen frühzeitig mitgeteilt und begründet werden. Dies gilt unabhängig davon, ob die Umstrukturierung auf der Grundlage langfristiger strategischer Ziele und Erfordernisse oder kurzfristiger Sachzwänge erfolgen soll und ob die Entscheidung zur Umstrukturierung vom Unternehmen oder von einer das Unternehmen beherrschenden Gruppe getroffen wird.

2.  Die in Absatz 1 vorgesehenen Maßnahmen umfassen die Begründung der Wahl der in Betracht gezogenen Maßnahmen zur Verwirklichung der Ziele nach Prüfung anderer Optionen im Interesse aller Beteiligten.

3.  Die Unternehmen unterrichten die staatlichen Stellen und die Arbeitnehmervertreter auf der relevanten Ebene, insbesondere auf lokaler Ebene, rechtzeitig und von Anfang an und binden sie so viel wie möglich in die Umsetzung der Umstrukturierung ein.

4.  Die lokalen Wirtschaftsakteure, insbesondere die Unternehmen und ihre Arbeitnehmer, die sich in einer Position der Abhängigkeit gegenüber des sich in der Umstrukturierung befindlichen Unternehmens befinden, werden ebenfalls so bald wie möglich über die Umstrukturierung informiert.

5.  Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmervertreter auf nationaler Ebene vergleichbar geregelt sind.

Empfehlung 8: Minimierung der betriebsinternen Kosten mithilfe eines Sozialplans

1.  Wenn die Umstrukturierung notwendig ist, ziehen die Unternehmen Entlassungen erst als letztes Mittel in Betracht, und nur dann, wenn sie alle anderen Möglichkeiten geprüft und Stützungsmaßnahmen ermittelt und wenn möglich durchgeführt haben.

2.  Die Unternehmen ziehen insbesondere alle entsprechenden Optionen als Alternativen zu Entlassungen in Betracht und treten mit internen und externen Akteuren in einen Dialog, um sie an der Lösungsfindung zu beteiligen, zum Beispiel:

   a) stufenweise Einführung von geplanten Maßnahmen;
   b) Verringerung der Arbeitsintensivierung;
   c) vorübergehende und/oder dauerhafte Arbeitszeitverkürzung oder Neuorganisation;
   d) Neuaushandlung der Arbeitsbedingungen;
   e) betriebsinterne oder externe Umsetzung innerhalb der Unternehmensgruppe oder auch anderer Unternehmen, die nicht zur selben Gruppe gehören;
   f) Insourcing externer Tätigkeiten;
   g) nach Konsultationen beschlossene Abgänge; und
   h) natürliche Abgänge.

3.  Wenn Entlassungen nicht vermieden werden können oder wenn sie Teil eines Pakets sind, das im Rahmen alternativer Lösungen durchgeführt wird, beteiligen sich die Unternehmen, unterstützt durch lokale Gebietskörperschaften und öffentliche/private Arbeitsverwaltungen, daran, den betroffenen Arbeitnehmern die Unterstützung anzubieten, die unter den gegebenen Umständen geeignet ist und die darauf abzielt, ihre Beschäftigungsfähigkeit zu erhöhen und ihnen dabei zu helfen, so schnell wie möglich und auf nachhaltige Weise auf den Arbeitmarkt zurückzukehren.

4.  Unbeschadet ihrer Verpflichtungen gemäß den europäischen und nationalen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten ziehen die Unternehmen die folgenden Beschäftigungsmaßnahmen in Betracht, soweit sich diese als nützlich erweisen oder die Auswirkungen der Umstrukturierung begrenzen:

   Bereitstellung von Informationen an von Entlassung bedrohte oder betroffene Arbeitnehmer über den Arbeitsmarkt, ihre Rechte und die im Zuge der Umstrukturierung aushandelten Bedingungen;
   Einrichtung von Umsetzungs- und/oder Mobilitätsstellen;
   Aus- und Weiterbildung;
   individuelle berufliche Beratung;
   Unterstützung bei der Stellensuche, einschließlich bezahlter Freistellung zu diesem Zweck;
   faire Ausgleichsleistungen;
   Förderung der Gründung eigener Unternehmen und Genossenschaften sowie unterschiedlicher Formen der finanziellen Beteiligung;
   Überwachung, Beobachtung und Beratung zur Vermeidung oder Reduzierung der nachteiligen physischen und psychosozialen Auswirkungen der Umstrukturierung sowohl auf gegebenenfalls entlassene als auch verbliebene Arbeitnehmer;
   Recht auf Wiedereinstellung für entlassene Arbeitnehmer;
   Förderung der Übertragung von Unternehmen, auch die Übertragung von Unternehmen an die Beschäftigten in Form einer Genossenschaft;
   gegebenenfalls psycho-soziale Betreuung.

Empfehlung 9: Vereinbarungen über die Bewältigung von Umstrukturierungen

1.  Unternehmen und die Vertreter ihrer Arbeitnehmer handeln gegebenenfalls Tarifverträge zur Regelung der sich aus der vorgesehenen Umstrukturierung ergebenden Probleme aus.

2.  Die Bestimmungen der Empfehlungen 6 und 7 beziehen sich nicht auf Unternehmen und Arbeitnehmer, die unter eine Vereinbarung fallen, die auf relevanter Ebene und mit den relevanten Parteien über die Verfahren und Mechanismen zur Vorbereitung, sozial verantwortungsvollen Verwaltung und Minimierung der betriebsinternen Kosten der Umstrukturierung geschlossen wurde.

Empfehlung 10: Minimierung der externen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Kosten

1.  Wenn eine Umstrukturierung einschneidende lokale Auswirkungen hat, versuchen die Unternehmen, Komplementaritäten und Synergien zwischen ihren vorbereitenden Maßnahmen und den Maßnahmen aller anderen Beteiligten zu entwickeln, mit dem Ziel, die Wiederbeschäftigungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer zu maximieren, um die wirtschaftliche, soziale und ökologische Umstellung zu fördern und neue, hochwertige Arbeitsplätze schaffende, nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeiten auf umweltfreundliche Weise zu entwickeln, durch den Abschluss von Vereinbarungen zwischen Unternehmen des gleichen Wirtschaftszweigs oder der gleichen geografischen Region für die Wiederbeschäftigung von entlassenen Arbeitnehmern.

2.  Im Sinne von Absatz 1 informieren die Unternehmen die regionalen oder lokalen Behörden und sonstige wichtige Akteure über die entsprechend Empfehlung 8 ausgearbeiteten Maßnahmen. Sie beteiligen sich an und/oder leisten einen Beitrag zu speziellen Arbeitsgruppen oder Netzwerken, die auf regionaler oder sektoraler Ebene eingerichtet wurden, um die Auswirkungen der Umstrukturierung auf ein Minimum zu beschränken.

3.  Soweit erforderlich, konzipieren die Unternehmen in Übereinstimmung mit nationalen oder regionalen Bestimmungen Strategien zur Sanierung und/oder Umwidmung von Betriebsstätten, die aufgegeben werden sollen, und setzen diese in Form von Umweltmaßnahmen, zwecks Anziehung neuer Aktivitäten oder als Möglichkeit, einen Teil der verloren gehenden Arbeitsplätze aufzufangen, um.

4.  Die in Empfehlung 8 genannten Maßnahmen gelten so weit wie möglich für die Arbeitnehmer von Unternehmen, die abhängig sind. Abhängige Unternehmen und ihre Arbeitnehmer werden auf jeden Fall über solche Maßnahmen informiert, wenn solche Informationen für ihre eigene Anpassung und für die Bewältigung der Umstrukturierung in diesen Unternehmen notwendig oder nützlich sind.

Empfehlung 11: Unterstützung aus öffentlichen Mitteln

1.  Ferner stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Behörden und alle Organe in eigener Zuständigkeit die Hilfe oder Beratung gewähren, die zur Erleichterung und Unterstützung eines reibungslosen Verlaufs der Umstrukturierung erforderlich ist, damit ihre Auswirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben.

2.  Die staatlichen Stellen und Arbeitsverwaltungen auf den verschiedenen Ebenen greifen antizipierend und lenkend mit folgenden Maßnahmen ein:

   a) Förderung des Dialogs sowie der Koordinierung und Zusammenarbeit mit den externen Akteuren;
   b) Unterstützung der Antizipierung von Prozessen und insbesondere Umstrukturierungen mit dem Ziel, ihre wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und Umweltauswirkungen abzufedern.

3.  Die staatlichen Stellen und Arbeitsverwaltungen unterstützen oder beraten in enger Zusammenarbeit mit den Organisationen der Sozialpartner auf der jeweiligen Ebene die Mechanismen für langfristige Planung und mehrjährige Pläne in Bezug auf den Bedarf an Arbeitsplätzen und Qualifikationen, die im Betrieb entwickelt werden, vor allem durch die Veranlassung einer Qualifikationsbeurteilung für alle betroffenen Arbeitnehmer.

4.  In Gebieten, die vom Strukturwandel betroffen sind, sorgen die staatlichen Stellen in enger Zusammenarbeit mit den Organisationen der Sozialpartner auf der jeweiligen Ebene gegebenenfalls für:

   a) Einsetzung ständiger Gremien, Netzwerke oder Beobachtungsstellen, um Änderungsprozesse zu antizipieren, und Durchführung unentgeltlicher Qualifikationsbeurteilungen, vorrangig für Arbeitnehmer mit mangelnder Beschäftigungsfähigkeit;
   b) Förderung territorialer Beschäftigungspakte, die auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und Anpassung ausgerichtet sind, unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten der Kleinst- und Kleinunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen;
   c) Förderung oder Einführung von Mechanismen zur Erleichterung des Beschäftigungsübergangs, auch durch die Vernetzung von Unternehmen und den Austausch bewährter Verfahren;
   d) Durchführung von Schulungen für kleine und mittlere Unternehmen und deren Arbeitnehmer und Unterstützung des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen ihnen und großen Unternehmen;
   e) Förderung der regionalen Beschäftigung und der wirtschaftlichen, sozialen sowie ökologischen Umstellung.
   f) Förderung der technologischen Innovationsmöglichkeiten insbesondere im Rahmen der Verringerung der CO2-Emissionen.

Empfehlung 12: finanzielle Unterstützung

1.  Unbeschadet der sich aus Unionsrecht, einzelstaatlichem Recht oder mitgliedstaatlichen Gepflogenheiten ergebenden Verpflichtungen der Unternehmen stellen die staatlichen Stellen gegebenenfalls Finanzmittel und andere Hilfsmittel zur Unterstützung von Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmern bereit, die in Unternehmen beschäftigt sind, die sich in einer Umstrukturierung befinden, sofern diese Art der Unterstützung notwendig oder angemessen ist, damit sie schnell auf den Arbeitsmarkt zurückkehren können.

2.  Gemäß den Verordnungen über die Fonds der Union, insbesondere den EFRE und den ESF, können diese zur Unterstützung von integrierten Maßnahmen verwendet werden, mit denen Umstrukturierungen antizipiert und vorbereitet werden, sowie zur Unterstützung der Arbeitnehmer, damit sie sich zu den Zwecken gemäß Absatz 1 und 2 an den Wandel anpassen können.

3.  Unbeschadet jeglicher sich aus Unionsrecht oder einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten ergebenden Verpflichtungen der Mitgliedstaaten oder Arbeitgeber kann der EGF unter Einhaltung der für ihn geltenden Bestimmungen zur finanziellen Unterstützung bei der schnellen Wiedereingliederung entlassener Arbeitnehmer in die Beschäftigung nützlich sein.

Empfehlung 13: Benennung der relevanten staatlichen Stellen

Die Mitgliedstaaten benennen die staatlichen Stellen auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene, die für die Anwendung dieses Rechtsakts zuständig sind.

Empfehlung 14

1.  Die Unternehmen entwickeln Instrumente zur regelmäßigen Bewertung und Berichterstattung über ihre Umstrukturierungsmethoden, in Zusammenarbeit mit den Vertretern der Arbeitnehmer und gegebenenfalls mit den externen Organisationen, die an diesem Prozess beteiligt sind.

2.  Die Mitgliedstaaten arbeiten mit der Europäischen Stiftung für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen zusammen, indem sie statistische Informationen über Umstrukturierungen bereitstellen.

3.  Dieser Rahmen berührt nicht die aus dem EU-Recht resultierenden Rechte und Pflichten im Bereich der Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Es bleibt den Mitgliedstaaten jedoch unbenommen, Vorschriften anzunehmen oder beizubehalten, die im Hinblick auf die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes günstiger sind.

4.  Dieser Rahmen berührt nicht die Verpflichtungen im Bereich des Arbeitsschutzes im Zusammenhang mit Ausgleichszahlungen bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Die Durchführung darf unter keinen Umständen einen Grund zur Rechtfertigung einer Senkung des allgemeinen Schutzniveaus für Arbeitnehmer vor Diskriminierung darstellen, das bereits von den Mitgliedstaaten geboten wird.

5.  Jeder Mitgliedstaat trägt dafür Sorge, dass Unternehmen in bestimmten Fällen und gemäß den nach einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegten Bedingungen und Einschränkungen nicht verpflichtet sind, Informationen weiterzuleiten, wenn diese Informationen nach objektiven Kriterien ihre Funktionsfähigkeit beeinträchtigen oder ihnen zum Nachteil gereichen würden. Ein Mitgliedstaat kann festlegen, dass eine solche Ausnahmegenehmigung vorheriger administrativer oder gerichtlicher Zustimmung bedarf.

6.  Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Arbeitnehmervertreter und alle anderen Personen, die Zugang zu Informationen haben, die ihnen ausdrücklich infolge dieser Rechtsakte erteilt wurden, nicht befugt sind, diese Informationen offenzulegen, wenn sie auf der Grundlage der Vertraulichkeit gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Praktiken übermittelt wurden.

7.  Die Mitgliedstaaten sollten Unternehmen, die das Unionsrecht nicht einhalten, von staatlichen Beihilfen aus den einzelstaatlichen Haushalten ausnehmen.

8.  Unbeschadet des Absatzes 7 schließt nichts die Verwendung von Mitteln aus dem Gesamthaushalt der Europäischen Union und aus den einzelstaatlichen Haushalten zum unmittelbaren Vorteil der Arbeitnehmer der in diesem Absatz genannten Unternehmen aus.

(1) http://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2009_2014/documents/empl/dv/eava_info_of_workers_with_annexes_/eava_info_of_workers_with_annexes_en.pdf
(2) ABl. C 258 vom 10.9.1999, S. 1.
(3) ABl. L 245 vom 26.8.1992, S. 53.
(4) ABl. L 294 vom 10.11.2001, S. 1.
(5) ABl. L 225 vom 12.8.1998, S. 16.
(6) ABl. L 303 vom 2.12.2000, S. 16.
(7) ABl. L 82 vom 22.3.2001, S. 16.
(8) ABl. L 294 vom 10.11.2001, S. 22.
(9) ABl. L 80 vom 23.3.2002, S. 29.
(10) ABl. L 207 vom 18.8.2003, S. 25.
(11) ABl. L 142 vom 30.4.2004, S. 12.
(12) ABl. L 310 vom 25.11.2005, S. 1.
(13) ABl. L 122 vom 16.5.2009, S. 28.
(14) ABl. C 65 vom 17.3.2006, S. 58.
(15) ABl. L 308 vom 24.11.2010, S. 46.
(16) Angenommene Texte, P7_TA(2011)0589.
(17) ABl. C 117 E vom 18.5.2006, S. 256.
(18) ABl. C 191 vom 29.6.2012, S. 24.
(19) ABl. C 76 E vom 27.3.2008, S. 138.
(20) ABl. C 199 E vom 7.7.2012, S. 131.
(21) SEC(2008)2154 Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Umstrukturierung und Beschäftigung Beitrag der Europäischen Union.
(22) 2001 wurde einer der Vorschläge der Gyllenhammar-Sachverständigengruppe umgesetzt. In diesem Zusammenhang wurde auch das Europäische Zentrum zur Beobachtung des Wandels (EMCC) als Einrichtung von der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen mit Sitz in Dublin, gegründet. Das EMCC leitet insbesondere den European Restructuring Monitor (ERM) zur Erfassung von Daten zu Umstrukturierungsmaßnahmen spezifischen Ausmaßes.
(23) ABl. L 406 vom 30.12.2006, S. 1.


EU-Strategie für das Horn von Afrika
PDF 224kWORD 59k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Januar 2013 zu der EU-Strategie für das Horn von Afrika (2012/2026(INI))
P7_TA(2013)0006A7-0408/2012

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Mai 2012 zur Hochseepiraterie(1),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2009 zur Lage am Horn von Afrika(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. März 2010 zum Jahresbericht 2008 über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik(3),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Mai 2011 zum Jahresbericht 2009 über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik(4),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. September 2012 zum Jahresbericht des Rates an das Europäische Parlament über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik(5),

–  in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates vom 14. November 2011 zum Horn von Afrika und insbesondere in Kenntnis des im Anhang dazu enthaltenen Strategischen Rahmens,

–  unter Hinweis auf die Europäische Sicherheitsstrategie und das an den Europäischen Rat gerichtete Papier der Hohen Vertreterin und der Kommission vom 14. März 2008 mit dem Titel „Klimawandel und internationale Sicherheit“,

–  unter Hinweis auf den Schlussbericht der Wahlbeobachtungsmission der Europäischen Union über die Wahlen in Äthiopien vom 23. Mai 2010,

–  unter Hinweis darauf, dass 825 Mitglieder der Nationalen Verfassunggebenden Versammlung am 1. August 2012 eine Verfassung für Somalia angenommen haben; unter Hinweis darauf, dass am 11. September 2012 als Teil des Übergangsprozesses die demokratische Wahl eines neuen somalischen Präsidenten stattfand;

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 1. Dezember 2011 und vom 23. Juli 2012 zur Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik,

–  unter Hinweis auf die Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zur Lage in Somalia, insbesondere auf die Resolution 2067(2012),

–  unter Hinweis auf die Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM), ihr strategisches Konzept vom 5. Januar 2012 zum Aufbau einer Präsenz in den vier Sektoren und die Resolution 2036/2012 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, in der die Afrikanische Union aufgefordert wird, die Personalstärke der AMISOM von 12 000 auf höchsten 17 731 Uniformierte – Soldaten und Angehörige speziell geschulter Polizeieinheiten – zu erhöhen,

–  der unter Hinweis auf die Resolution 1820(2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu Frauen, Frieden und Sicherheit,

–  unter Hinweis auf den UN-Bericht vom 25. Januar 2011 und die darin von Jack Lang, Sonderberater des Generalsekretärs der Vereinten Nationen zu Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Piraterie vor der Küste Somalias, formulierten 25 Vorschläge; unter Hinweis auf die einschlägigen Folgeberichte von Jack Lang, einschließlich des Berichts vom 15. Juni 2011 über die Modalitäten für die Errichtung von Sondergerichten in Somalia zur Bekämpfung der Piraterie und des Berichts des Generalsekretärs vom 20. Januar 2012 über Sondergerichte zur Bekämpfung der Piraterie in Somalia und anderen Staaten in der Region,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Strategie EU-Afrika,

–  gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sowie der Stellungnahme des Entwicklungsausschusses (A7-0408/2012),

A.  in der Erwägung, dass das Horn von Afrika eine der Regionen in der Welt mit der größten Nahrungsmittelunsicherheit ist und dass Millionen von Menschen, die in der Region leben, unterernährt und von Hunger bedroht sind; unter Hinweis darauf, dass mehrere Länder dieses geographischen Gebiets zu denen mit dem weltweit niedrigsten Standard bei der Gesundheitsversorgung gehören; in der Erwägung, dass das Horn von Afrika außerdem zu den ärmsten Regionen der Welt und den Regionen gehört, in denen das Fehlen staatlicher Strukturen besonders gravierend ist; in der Erwägung, dass insbesondere die menschliche Unsicherheit und die Ernährungsunsicherheit die akuten humanitären Krisen in der Region verschlimmern; unter Hinweis darauf, dass die internationale Gemeinschaft bei der Aufgabe versagt hat, die menschliche Sicherheit, die Dürre und den Hunger in der Region auf präventive Weise anzugehen;

B.  unter Hinweis darauf, dass die Region auf eine lange Geschichte voller Konflikte zurückblickt und dass eine Wechselwirkung zwischen Konflikten, Armut und Unterentwicklung besteht; in der Erwägung, dass eine nachhaltige Entwicklung nicht in einem von Spannungen, bewaffneten Auseinandersetzungen und instabilen staatlichen Einrichtungen geprägten Umfeld verwirklicht werden kann, während gleichzeitig Armut und Unterentwicklung als Konflikt auslösende Faktoren wirken; unter Hinweis darauf, dass der Klimawandel die Lage am Horn von Afrika, wo bereits häufiger verheerende Dürreperioden auftreten, wahrscheinlich weiter verschärfen wird;

C.  unter Hinweis darauf, dass die anhaltende Instabilität am Horn von Afrika Folgen für die Sicherheit der Nachbarstaaten und des gesamten Kontinents hat und aufgrund des Vorhandenseins von terroristischen Netzwerken in der Region auch die Sicherheit anderer Regionen – z.B. Europas, der arabischen Halbinsel und Südasiens – beeinträchtigen kann;

D.  in der Erwägung, dass der Teufelskreis von Unsicherheit, Instabilität, Armut und schlechter Regierungsführung nur mit einem umfassenden und ganzheitlichen Ansatz, der auf die nachhaltige Entwicklung der Länder der Region abzielt, erfolgreich und effizient angegangen werden kann; in der Erwägung, dass das Horn von Afrika den Beweis für die Wechselwirkung von Entwicklung und Sicherheit liefert, da es sich um eine Region handelt, in der kriminelle Aktivitäten, vor allem Terrorismus und Piraterie, als Folge extremer Armut und schlechter Regierungsführung bzw. aufgrund des Fehlens zentralstaatlicher Strukturen einen fruchtbaren Nährboden finden;

E.  unter Hinweis darauf, dass unter drei Gesichtspunkten ein europäisches und weiter gefasstes internationales Interesse an der Sicherheitslage am Horn von Afrika besteht: zum Ersten die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus und die Weiterleitung der aus Piraterie und Entführungen stammenden Finanzmittel an terroristische Organisationen; zum Zweiten die wirtschaftliche Bedrohung des internationalen Handels und die Notwendigkeit, die sichere Durchfahrt der Schiffe zu erleichtern, und zum Dritten die notwendige Unterstützung der Vereinten Nationen bei der Verwirklichung ihrer Ziele, z.B. beim Schutz der im Auftrag des Welternährungsprogramms in der Region verkehrenden Schiffe;

F.  unter Hinweis darauf, dass sich das Engagement der EU für die Region sowohl auf deren geostrategische Bedeutung als auch auf den Wunsch stützt, den Menschen am Horn von Afrika Hilfestellung zu leisten und sie aus der Armut zu befreien; in der Erwägung, dass sich die EU zu diesem Zweck und zur Verwirklichung eines dauerhaften Friedens verpflichtet hat, Bemühungen sowohl auf regionaler Ebene – z.B. über die IGAD (die zwischenstaatliche Entwicklungsbehörde) und die Afrikanische Nation – als auch auf nationaler Ebene zur Konsolidierung von Frieden und Gerechtigkeit auf der Grundlage der Grundsätze der Integration, der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte zu unterstützen;

G.  in der Erwägung, dass die IGAD weiterhin ein unzureichend entwickeltes Instrument für die Förderung von Zusammenarbeit, Integration und Sicherheit auf regionaler Ebene ist; unterstreicht das Erfordernis, dass die IGAD ein zentraler Bestandteil der politischen und sicherheitspolitischen Architektur am Horn von Afrika sowie bei der Konfliktverhütung und der politischen und wirtschaftlichen Integration in der Region sein muss mit Blick auf das Ziel, die Länder der Region zu einer gemeinsamen politischen und wirtschaftlichen zu Agenda verpflichten und sie in ihr zu verankern;

H.  unter Hinweis darauf, dass ein ununterbrochener Gürtel der Unsicherheit und Instabilität, der vom Atlantik bis zum Indischen Ozean reicht, auch dem Drogenhandel im Südatlantik sowie in Lateinamerika und in der Karibik und ebenso dem Waffen- und Menschenhandel neue Nahrung geben würde und dass neue Handelsrouten eröffnet und Möglichkeiten geschaffen würden, Drogen sowohl nach Europa als auch auf die Arabische Halbinsel zu schmuggeln;

I.  in der Erwägung, dass die Konkurrenz unter den Staaten der Region um natürliche Ressourcen, insbesondere fossile Brennstoffe und Wasser, und die Konkurrenz um Infrastrukturen für den Zugang von Öl und Gas produzierenden Ländern zu Häfen sowie um den Zugang zum Meer für Binnenstaaten die Spannungen in der Region weiter anheizen und zu chronischer Instabilität führen könnten;

J.  in der Erwägung, dass eine langfristige und tragbare Stabilität am Horn von Afrika nur auf der Grundlage starker und rechenschaftspflichtiger demokratischer Institutionen, der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte, insbesondere des Rechts auf freie Meinungsäußerung, und auf besseren wirtschaftlichen Aussichten für die Gesellschaft insgesamt aufgebaut werden kann;

K.   unter Hinweis auf die wichtige Aufgabe, aktiv Zonen der Stabilität in der Region zu fördern, gegen die Armut vorzugehen und die wirtschaftliche Wiederbelebung zu unterstützen, um auf diese Weise zum Wiederaufbau gescheiterter Staaten beizutragen; unter Hinweis darauf, dass es keine Sicherheit ohne Entwicklung und keine Entwicklung ohne Sicherheit geben kann;

L.   in der Erwägung, dass die von der Al-Shabaab-Miliz ausgelösten gewaltsamen Unruhen, das Fehlen zentralstaatlicher Strukturen in Somalia, die Bedrohung aufgrund der anhaltenden Piraterie vor der Küste Somalias, die Spannungen und die Gefahr eines Konflikts zwischen Sudan und Südsudan, die konfliktträchtigen Regionen Abiyei und Darfur, der politische Übergang in Äthiopien nach dem Tod von Premierminister Meles Zenawi, die Spannungen zwischen Äthiopien und Eritrea und Somalia, die Spannungen zwischen Eritrea und Dschibuti sowie die terroristischen Aktivitäten der Lord’s Resistance Army (LRA) allesamt dazu beitragen, dass das Horn von Afrika eine der konfliktträchtigsten Regionen in der Welt ist, und damit unermessliches Leiden, die interne Vertreibung von Menschen, die Verschlimmerung von humanitären Krisen und die Behinderung einer nachhaltigen sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung sowie demokratischer und rechtsstaatlicher Verhältnisse zur Folge hat;

M.   unter Hinweis darauf, dass in dem Maße, wie bei der Bekämpfung der Al-Shabaab in Somalia zunehmend Fortschritte erzielt werden, ein zunehmendes Risiko besteht, dass sich terroristische Aktivitäten und die Destabilisierung in andere Teile Somalias oder noch weiter in Teile Afrikas verlagern können, die vorher nicht betroffen waren;

N.   in der Erwägung, dass die anhaltende politische Instabilität und der fortdauernde Konflikt in Somalia praktisch jegliche Aussichten auf eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in der Region zunichte gemacht haben; in der Erwägung, dass die fehlende Aussicht der Bevölkerung, insbesondere der jungen Menschen, auf ein stabiles und demokratisches Umfeld und die wirtschaftliche Perspektivlosigkeit in Verbindung mit dem Fehlen von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit sowie den nicht vorhandenen zentralstaatlichen Strukturen und dem Mangel an menschlicher Sicherheit einen fruchtbaren Nährboden für kriminelle Machenschaften einschließlich Piraterie und Drogenschmuggel bilden, auf dem terroristische Gruppierungen wie Al-Shabaab gedeihen; in Erwägung der grundlegenden Notwendigkeit, solche Themen auf umfassende Weise anzugehen und dabei auf sämtlichen Instrumenten des auswärtigen Handelns der EU aufzubauen, und alle etwaigen Maßnahmen durch die Einsetzung von somalischen Sondergerichten zur Aburteilung der Piraterie zu vervollständigen, sobald in Somalia tragfähige staatliche Strukturen geschaffen worden sind;

O.   unter Hinweis darauf, dass es der Föderalen Übergangsregierung Somalias nicht gelungen ist, eine stabile und integrationsfördernde Verwaltung zu schaffen, die imstande ist, den Konsens unter ihren verschiedenen ethnischen und politischen Bestandteilen zu fördern; unter Hinweis darauf, dass die neue Regierung Somalias uneingeschränkt von der internationalen Gemeinschaft unterstützt werden muss, damit sie die Verantwortung für die Herausforderungen, mit denen Somalia konfrontiert ist, übernehmen und wieder eine nachhaltige politische, demokratische, ethnische und soziale Stabilität herstellen kann;

P.  in der Erwägung, dass sich Fischereifahrzeuge aus vielen Ländern das Chaos in Somalia zunutze gemacht haben, um seit 1990 in der somalischen 200-Seemeilen-Zone zu fischen, wodurch sie die Lebensgrundlagen der somalischen Fischer beeinträchtigen,

Q.  unter Hinweis darauf, dass nach Angaben des UNHCR über eine Million somalische Flüchtlinge verstreut über das gesamte Horn von Afrika – überwiegend in Kenia und Äthiopien – leben und es innerhalb Somalias 1,3 Millionen Vertriebene gibt; in der Erwägung, dass die internen Konflikte, der Terror der Al-Shabaab-Milizen und aufeinanderfolgende Dürrekrisen die Hauptursachen für das Phänomen des Exodus und die Vertreibung von Menschen in Somalia sind und mit spürbaren Folgen für die gesamte Region einhergehen;

R.  in der Erwägung, dass am 20. August 2012 am Horn von Afrika zwei Ereignisse stattfanden, die für die Region von großer Bedeutung sind: zum einen der Tod des Premierministers von Äthiopien, Meles Zenawi, und zum anderen die Konstituierung des ersten offiziellen Parlaments Somalias in über zwei Jahrzehnten; unter Hinweis darauf, dass die Konstituierung eines neuen Parlaments und die Wahl von Hassan Scheich Mohamud zum Präsidenten Somalias am 10. September 2012 einen historischen Augenblick und einen wichtigen Schritt zur Verbesserung von Frieden und Sicherheit dargestellt und den Nachweis erbracht haben, dass die Lage in Somalia nicht irreversibel ist;

S.   in der Erwägung, dass Äthiopien, Dschibuti, Kenia und Uganda militärische und politische Unterstützung bei den Bemühungen um die Stabilisierung der Region – insbesondere durch die die Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) – geleistet haben und sich auf diese Weise darum bemühen, dass eine tragfähige Lösung für die Sicherheit und Stabilität in der Region unter der Verantwortung und Führung Afrikas mit der aktiven Hilfe der internationalen Gemeinschaft gefunden werden kann; in der Erwägung, dass die Afrikanische Union ein wertvoller Partner für Frieden und Stabilität in der Region ist;

T.   in der Erwägung, dass die Sicherheitslage und die militärische Lage Somalias weiterhin gefährlich sind und unberechenbar bleiben; in der Erwägung, dass es der Mission AMISOM gelungen ist, die islamistische Miliz Al-Shabaab zurückzudrängen, und dass in Baidoa 100 Soldaten stationiert wurden; in der Erwägung, dass Kenia vor Kurzem militärisch in Süd-Zentral-Somalia interveniert hat, die Al-Shabaab-Miliz jedoch nicht entscheidend schlagen konnte; in der Erwägung, dass im Februar 2012 Truppenteile der äthiopischen Armee in die Regionen Hiraan und Bay einmarschiert sind; in der Erwägung, dass die äthiopischen Streitkräfte und der Föderalen Übergangsregierung treue Milizen Berichten von Human Rights Watch zufolge für Verstöße gegen die Menschenrechte, Folter, willkürliche Verhaftungen, Massenhinrichtungen und widerrechtliche Vergeltungsschläge gegen Zivilisten verantwortlich sind; in der Erwägung, dass die UN-Gruppe zur Überwachung von Sanktionen dem Nachbarland Eritrea vorwirft, Al-Shabaab mit Waffenlieferungen, Ausbildung und finanzieller Hilfe zu unterstützen und damit gegen das Waffenembargo der Vereinten Nationen zu verstoßen;

U.  in der Erwägung, dass ein Ende der Krise in Somalia zum einen von der Stabilität abhängt, die mit den Operationen der Afrikanischen Union im Land geschaffen wird, und zum anderen nur durch die Bewahrung und Unterstützung der sozialen und politischen Stabilität herbeigeführt werden kann, was bedeutet, dass den an den militärischen Operationen beteiligten Parteien auch eine große Verantwortung bei der Unterstützung der örtlichen Behörden unter Einsatz aller erforderlichen Mittel während des Zeitraums im Anschluss an die Einstellung der militärischen Operationen zukommen wird;

V.  in der Erwägung, dass internationale Militäraktionen allein niemals zu Sicherheit, Stabilität und dauerhaftem Frieden führen können, wenn sie nicht mit Programmen zur Förderung einer demokratischen Entwicklung einhergehen;

W.  unter Hinweis darauf, dass der Tod des äthiopischen Premierministers Meles Zenawi tiefgreifende nationale und regionale Auswirkungen haben und eine Chance für die neue Führung schaffen kann, politische Freiräume zu öffnen, repressive Gesetze aufzuheben und einen allumfassenden politischen Dialog mit dem Ziel eines demokratischen Übergangs einzuleiten; in der Erwägung, dass eine auf breiter demokratischer Grundlage gewählte Regierung in Äthiopien der einzige Weg ist, um der Verbreitung von Instabilität, Radikalismus und Unruhe im Land, die die Rolle Äthiopiens bei der Bekämpfung des Terrorismus bedrohen, vorzubeugen;

X.  in der Erwägung, dass die FDRPE bei den Parlamentswahlen im Mai 2010 von den 547 zu besetzenden Sitzen 545 auf sich vereinigen konnte, was die Wahlbeobachtungsmission der EU zu der Aussage führte, dass die Wahlen den internationalen Standards nicht genügten;

Y.  in der Erwägung, dass Äthiopien von den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union mehr Außenhilfe erhält als jedes andere afrikanische Land;

Z.  unter Hinweis darauf, dass Eritrea nach zwanzig Jahren Unabhängigkeit unter der Regierung von Präsident Isaias Afewerki eines der repressivsten und abgeschottetsten Länder in der Welt ist und eine äußerst schlechte Menschenrechtsbilanz aufweist, zu der die Inhaftierung, die Folter und die Tötung von Bürgern des Landes gehören; unter Hinweis darauf, dass der UN-Menschenrechtsrat am 5. Juli 2012 eine Resolution angenommen hat, in der die anhaltenden, weit verbreiteten und systematischen Verstöße gegen die Menschenrechte durch die eritreischen Regierungsstellen, die schwerwiegenden Einschränkungen der Meinungs- und Ausdrucksfreiheit sowie die Zwangsrekrutierung von Bürgern für einen unbegrenzten Zeitraum nachdrücklich verurteilt werden, und außerdem einen Sonderberichterstatter zur Lage der Menschenrechte in Eritrea mit dem Ziel benannt hat, die Isolation des Landes zu durchbrechen und Menschenrechtsverletzungen zu ermitteln und darüber Bericht zu erstatten; in der Erwägung, dass sich der schwedisch-eritreische Bürger Dawit Isaak seit 11 Jahren in Eritrea ohne Gerichtsverfahren in Isolationshaft befindet;

Aa.  in der Erwägung, dass die Präsidenten Sudans und Südsudans am 26. September 2012 ein lange erwartetes Kooperationsabkommen unterzeichnet haben, das die Wiederaufnahme der Öllieferungen aus dem Süden durch den Norden, die Entmilitarisierung der Pufferzone entlang der Grenze, die Wiederaufnahme des grenzüberschreitenden Handels und die Bewegungsfreiheit für Bürger beider Seiten ermöglicht; in der Erwägung, dass die beiden Länder noch eine Einigung über den Status von Abiyei und anderen umstrittenen Gebieten erzielen müssen;

Ab.  unter Hinweis darauf, dass Südsudan mit schwerwiegenden politischen, wirtschaftlichen und sicherheitsspezifischen Herausforderungen konfrontiert ist, insbesondere der Gewalt zwischen den verschiedenen Volksgruppen und dem Fehlen solider Regierungsstrukturen; unter Hinweis darauf, dass die im März 2012 als Reaktion auf gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen im Bundesstaat Jonglei eingeleitete Abrüstung der Zivilbevölkerung, die sogenannte „Operation Wiederherstellung des Friedens“, Berichten zufolge zu Übergriffen von Angehörigen der Streitkräfte gegen die Zivilbevölkerung führte;

Ac.  in der Erwägung, dass der Frieden in der Region Darfur im Westen des Sudan und in den im Süden gelegenen Bundesstaaten Südkordofan und Blauer Nil weiter auf sich warten lässt; in der Erwägung, dass Menschenrechtsorganisationen weiterhin über willkürliche Bombenangriffe der Regierungsstreitkräfte in von Zivilpersonen bewohnten Gebieten, außergerichtliche Tötungen, willkürliche Verhaftungen, Massenplünderungen und die Zerstörung von Eigentum berichten; unter Hinweis darauf, dass die anhaltende Gewalt eine dauerhafte und besorgniserregende humanitäre Krise ausgelöst hat;

Ad.  in der Erwägung, dass der Zugang zur Bevölkerung weiterhin eines der größten Probleme in den Ländern am Horn von Afrika darstellt, um auf die humanitäre Notsituation reagieren zu können ;

Ae.  in der Erwägung, dass die Kommission beabsichtigt, den Gesamtbetrag der humanitären Hilfe, die der unter der Trockenheit in den Ländern am Horn von Afrika leidenden Bevölkerung gewährt wird, auf 158 Mio. EUR aufzustocken;

Af.  in der Erwägung, dass sich die wichtigsten Mitgliedstaaten der Afrikanischen Union auf der internationalen Geberkonferenz in Addis Abeba verpflichtet haben, einen Betrag von fast 350 Mio. Dollar zugunsten der von der Dürre betroffenen Länder freizugeben;

Ag.  in der Erwägung, dass die Region am Horn von Afrika und vor allem Somalia infolge der Dürre von einer schweren Hungersnot und in der Folge von einer schweren humanitären Krise betroffen waren, unter der über 12 Millionen Menschen in der Region und über 7,5 Millionen Menschen in Somalia zu leiden hatten; in der Erwägung, dass infolge der Hungersnot nicht nur viele Menschen, vor allem Kinder, starben, sondern auch gewaltige Flüchtlingsströme in die Nachbarstaaten Kenia und Äthiopien aufbrachen; in der Erwägung, dass die Kommission die Mittel für humanitäre Hilfe von 9 Mio. EUR im Jahr 2008 auf 46 Mio. EUR im Jahr 2009 aufgestockt hat, dass sie die Hilfsleistungen anschließend aber auf 35 Mio. EUR im Jahr 2010 und 30 Mio. EUR im Jahr 2011 zurückgefahren hat; unter Hinweis darauf, dass sie anschließend den Mittelbetrag – allerdings erst im Anschluss an die verheerende Dürre im Sommer 2011 – auf 77 Mio. EUR aufgestockt hat;

Ah.  unter Hinweis darauf, dass eine beträchtliche Verbesserung der humanitären Lage am Horn von Afrika mit allen anderen Zielen verknüpft sein wird, die von der Union in der Region verfolgt werden, und dass bei einer nachhaltigen Beilegung der verschiedenen Konflikte, von denen die Region heimgesucht wird, deshalb den Bedürfnissen der Vertriebenen, der anhaltenden Flüchtlingskrise und ihren Ursachen einschließlich der strukturbedingten Ernährungsunsicherheit, gewaltsamen Auseinandersetzungen und dem Klimawandel Rechnung getragen werden muss, wobei außerdem den anfälligsten Bevölkerungsgruppen wie Frauen und Kindern besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist;

Ai.  in der Erwägung, dass zu den bedeutenden Gebern und politischen Akteuren in der Region nicht nur die traditionellen politischen und entwicklungspolitischen Akteure wie die EU, die Vereinigten Staaten von Amerika und internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen (UN) und die Weltbank gehören, sondern auch die Türkei, Ägypten, die Mitgliedstaaten des Golf-Kooperationsrates (insbesondere Katar) und die Organisation für Islamische Zusammenarbeit; unter Hinweis darauf, dass China eine Schlüsselrolle bei der Förderung der Entwicklung von Infrastrukturen und von wirtschaftlichen Kapazitäten am Horn von Afrika übernommen hat, indem es Ad-hoc-Darlehen zu günstigen Bedingungen bereitstellt, die nicht davon abhängig gemacht werden, dass die betreffenden Länder effektive Reformen durchführen, und häufig der Beweggrund für einen privilegierten Zugang zu den natürlichen Ressourcen und den Zugang zum Markt des betreffenden Landes sind;

Aj.  in der Erwägung, dass die EU der wichtigste Geber internationaler Unterstützung und humanitärer Hilfe am Horn von Afrika ist und dass sie zur Entwicklung und zur Sicherheit der Region sowohl zu Lande als auch zu Wasser beiträgt;

Ak.  in der Erwägung, dass die Schaffung eines sicheren Umfelds für Handel und Verkehr der wichtigste Weg zur Stabilisierung und zur Entwicklung in der Region – zu Lande wie zur See – ist;

Al.  in der Erwägung, dass der Verkauf von illegalem Elfenbein zu einer der wichtigsten Einnahmequellen für Milizen wie die Al-Shabaab sowie für die offiziellen Streitkräfte geworden ist, was auch auf eine beträchtliche Zunahme der Nachfrage aus den asiatischen Ländern zurückzuführen ist; unter Hinweis darauf, dass Angaben der CITES zufolge die Elefantenwilderei die schlimmsten Ausmaße seit einem Jahrzehnt erreicht hat und bei den gemeldeten Beschlagnahmungen von Elfenbein die höchsten Werte seit 1989 verzeichnet werden;

Am.  in der Erwägung, dass einem Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) zufolge große Mengen an widerrechtlich verbrachten Ladungen giftiger Abfälle, die Schadstoffe an die Umwelt abgeben, entlang der Küste Somalias versenkt wurden und dabei die Gesundheit der Anwohner bzw. der Umweltschutz in eklatanter Weise missachtet wurden, in der Erwägung, dass nach Informationen des gleichen Berichts diese auf See versenkten Abfälle zum Teil aus der EU stammen und in flagranter Missachtung der Menschenrechte der menschlichen Gesundheit und der Umwelt in der Region irreversiblen Schaden zufügen,

An.  in der Erwägung, dass in der Region alle acht Millenniums-Entwicklungsziele gegenwärtig hinter den Zielvorgaben zurückbleiben und dass in den drei bis zum Zieldatum 2015 verbleibenden Jahren gewisse Fortschritte nur dann erzielt werden können, wenn der feste politische Willen an den Tag gelegt wird;

Ao.  in der Erwägung, dass irrationale Verhaltensweisen und die Erscheinungsformen des politischen Extremismus ihren Nährboden in Elend bzw. Hungersnöten finden; unter Hinweis darauf, dass vierzehn Monate nach der offiziellen Ausrufung der ersten Hungersnot des 21. Jahrhunderts am Horn von Afrika durch die Vereinten Nationen eine relative Verbesserung der humanitären Lage zu verzeichnen ist, die Lage jedoch weiterhin kritisch bleibt;

Ap.  in der Erwägung, dass es im Hinblick auf Fortschritte bei der Verringerung der Armut am Horn von Afrika aufgrund der Nahrungsmittel- und Brennstoffkrise mit der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise und der Auswirkungen des Klimawandels Rückschläge gegeben hat;

Aq.  in der Erwägung, dass im März 2012 nach Schätzungen der FAO über acht Millionen Menschen am Horn von Afrika auf Hilfe angewiesen waren (davon 3,2 Millionen in Äthiopien, 2,5 Millionen in Somalia, 2,2 Millionen in Kenia und 180 000 in Dschibuti); ferner in der Erwägung, dass die Region im Jahre 2011 unter der schwersten Dürre seit 60 Jahren litt, die über 13 Millionen Personen betraf, und hunderttausende ihre Häuser verlassen mussten und Zehntausende starben;

Ar.  in der Erwägung, dass die Tätigkeit des Internationalen Strafgerichtshofes am Horn von Afrika, mit der die Täter vor Gericht gebracht werden sollen und Straflosigkeit bekämpft werden soll, von bestimmten Ländern in der Region behindert wird;

As.  in der Erwägung, dass die UNICEF zur Fortsetzung ihrer Tätigkeit der humanitären Hilfe sowie für Investitionen in die Wiederherstellung der Widerstandsfähigkeit in Somalia, Kenia und Äthiopien für 2012 einen Betrag von 273 US-Millionen Dollar braucht, von denen die Organisation bis Ende Juli erst 33 % erhalten hatte;

Allgemeiner Rahmen

1.  begrüßt die EU-Strategie für das Horn von Afrika und insbesondere ihren umfassenden Ansatz, der darin besteht, die Sicherheits- und Stabilitätsprobleme anzugehen, indem rechtstaatliche Grundsätze in Kraft gesetzt werden und ordnungsgemäße Gerichtsverfahren sichergestellt werden, wozu funktionsfähige Mechanismen und Verfahren auf dem Gebiet der Strafverfolgung sowie ein unabhängiges Justizsystem gehören müssen, und gleichzeitig die zugrunde liegenden Ursachen anzugehen; insbesondere durch entwicklungspolitische und humanitäre Strategien, die sich auf klare Zielvorgaben stützen; fordert die uneingeschränkte Umsetzung des strategischen Rahmens der EU für das Horn von Afrika und unterstützt ihre auf den folgenden fünf Pfeilern beruhende Strategie:

   (i) Schaffung demokratischer, starker und rechenschaftspflichtiger politischer Strukturen in allen Ländern des Horn von Afrikas;
   (ii) Zusammenarbeit mit den Ländern der Region und mit regionalen und internationalen Akteuren und Organisationen zur Lösung von Konflikten, auch durch ein Herangehen an ihre Grundursachen;
   (iii) Gewährleistung, dass die bestehende Unsicherheit in der Region nicht die Sicherheit anderer Nachbarstaaten oder anderer Regionen oder Länder gefährdet;
   (iv) Unterstützung der Bemühungen um Förderung des Wirtschaftswachstums und die Verringerung der Armut;
   (v) Unterstützung der regionalen politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit;
  

unterstreicht die Bedeutung einer Förderung des nachhaltigen Wirtschaftswachstums in der Region und der Verringerung der Armut durch Eingehen auf die Grundbedürfnisse der Menschen;

2.  unterstreicht, dass eine nachhaltige Lösung für die Vielfalt von Konflikten in der Region nur dann erfolgreich herbeigeführt werden kann, wenn damit die Grundsätze der guten Nachbarschaft im Sinne der Überwindung von Rivalitäten und der Beilegung von Grenzstreitigkeiten, der Nichteinmischung und Zusammenarbeit unter den Staaten, der nachhaltigen Entwicklung und der gerechten und ausgewogenen Teilung des Zugangs zu den Ressourcen mit wirtschaftlichen Chancen für alle ohne Diskriminierung verankert werden; stellt fest, dass dies Bemühungen um eine Umgestaltung im Sinne der Friedenskonsolidierung, Vermittlung und Wideraussöhnung erfordert sowie ein Ende der Straflosigkeit in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof sowie die uneingeschränkte Achtung des humanitären Völkerrechts einschließlich des ungehinderten Zugangs der humanitären Hilfe zur Bevölkerung sowie der Menschenrechte; stellt fest, dass der Union in enger Koordinierung mit regionalen Gremien eine wichtige Rolle bei der Unterstützung dieser Prozesse, bei der Bekämpfung der Proliferation von kleinen und leichten Waffen und bei der Erleichterung der Demobilisierung, Entwaffnung und Wiedereingliederung ehemaliger Kämpfer zukommt, unterstreicht jedoch, dass es letztlich die Menschen am Horn von Afrika selbst sind, die die einzigen Akteure sind, die die Region befähigen können, dauerhaften Frieden, Stabilität und Wohlstand zusammen mit einer rechenschaftspflichtigen Regierungsführung und der Rechtsstaatlichkeit zu erreichen;

3.  begrüßt die Ernennung des Sonderbeauftragten der Europäischen Union (EUSR) für das Horn von Afrika, wie sie vom Parlament in der vorgenannten Entschließung vom 10. Mai 2007 zum Horn von Afrika gefordert worden war; fordert die HV/VP und die Kommission nachdrücklich auf, die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten aktiv zu unterstützen, indem sie angemessene finanzielle und personelle Ressourcen gewährleisten und dafür sorgen, dass er unmittelbar Zugang zu den Strukturen und Missionen der GSVP sowie zu den Strukturen und Programmen der Kommission auf dem Gebiet der Entwicklungspolitik und der Politik der humanitären Hilfe erhält; erinnert daran, dass das Europäische Parlament den EUSR für das Horn von Afrika in seiner Entschließung ersuchte, dem Parlament regelmäßig Berichte vorzulegen; begrüßt in dieser Hinsicht die regelmäßigen Berichte des EUSR für das Horn von Afrika an das Parlament und fordert ihn auf, den Dialog und den Meinungsaustausch mit seinen Mitgliedern auf regelmäßiger Grundlage fortzusetzen; begrüßt ferner die Ernennung eines EUSR für Sudan und Südsudan; ist der Auffassung, dass die beiden Sonderbeauftragten mit Blick auf die Gewährleistung der umfassenden Konsultation und Koordination der Maßnahmen von den Dienststellen mit Zuständigkeit für die Planung der Finanzierungsinstrumente für das auswärtige Handeln der EU regelmäßig konsultiert werden sollten und sie diese Stellen auf regelmäßiger Grundlage in politischer und strategischer Hinsicht beraten sollten; verweist auf die Bedeutung eines regelmäßigen Dialogs und einer regelmäßigen Koordinierung zwischen den beiden EUSR und den Leitern der EU-Delegationen in der Region;

4.  ist der Auffassung, dass mehr Mittel in die IGAD investiert werden könnten, um ein System der verantwortungsvollen Regierungsführung sowie einen effektiven politischen Dialog und Mechanismen zur Konsensbildung in und unter allen ihren Mitgliedstaaten zu fördern; fordert die EU auf, diese Rolle zu fördern, indem sie sich weiter in deren Prozess des Aufbaus ihrer internen Kapazitäten einbringt; weist darauf hin, dass es von äußerster Wichtigkeit sein wird, einen regionalen institutionellen Rahmen für den Dialog und die Koordinierung zwischen den Ländern der Region zu fördern, insbesondere in bezug auf Äthiopien, Kenia und Uganda, die die maßgeblichen Akteure in der Region sind und die weiterhin die Anstrengungen aufeinander abstimmen und gemeinsame Ziele verfolgen müssen; weist ferner darauf hin, dass die IGAD einen angemessenen Rahmen für den Dialog und die Koordinierung bei der Bewirtschaftung lebenswichtiger natürlicher Ressourcen wie Wasser bieten könnte;

5.  fordert die Kommission auf, eine Hilfe und eine Unterstützung für alle afrikanischen Länder ins Auge zu fassen, die militärisch an der Bewahrung des Friedens in den Ländern am Horn von Afrika, insbesondere in Somalia, beteiligt sind;

6.  begrüßt den Beschluss der EU, der AMISOM zusätzliche Unterstützung bereitzustellen, um ihr die Erfüllung ihres Auftrags zu ermöglichen, und ihre Truppenstärke – wie von den Vereinten Nationen bewilligt – auf insgesamt 17 731 aufzustocken;

7.  glaubt, dass die von der AMISOM bei der Bekämpfung der Al-Shabaab erzielten Ergebnisse – z.B. die Wiedergewinnung der Kontrolle über Kismayo – die strategische Bedeutung einer Unterstützung der Afrikanischen Union bekräftigen; unterstreicht deshalb die Bedeutung einer Förderung des AU-Prozesses des Aufbaus von Institutionen und Kapazitäten und der Verwirklichung einer verantwortungsvollen Regierungsführung auf der Ebene der Afrikanischen Union sowie ihrer Reaktionsfähigkeit, unter anderem im Bereich der Krisenbewältigung und auf militärischer Ebene; begrüßt die Einrichtung einer EU-Delegation bei der Afrikanischen Union in Addis Abeba;

8.  fordert, dass das Justiz- und Strafvollzugswesen der Länder, die bei der Überstellung mutmaßlicher Piraten mit der EU zusammengearbeitet haben (Kenia, die Seychellen und Mauritius), dringend unterstützt wird und die staatlichen Stellen Somalias dabei unterstützt werden zu gewährleisten, dass sie für die strafrechtliche Verfolgung aufgegriffener Piraten und militanter Al-Shabaab-Mitglieder über justizielle und ordnungsgemäße Rechtsverfahren verfügen, die im Einklang mit dem Völkerrecht, insbesondere den internationalen Menschenrechtsvorschriften, stehen; unterstreicht gleichzeitig, wie wichtig es ist, gefangengenommenen Piraten die Rehabilitation und die Wiedereingliederung in die Gesellschaft anzubieten;

9.  bedauert, dass zahlreiche Piraten und anderen Kriminelle nach wie vor nicht inhaftiert worden sind oder aber aufgrund fehlender belastbarer Beweise oder wegen des fehlenden politischen Willens zur Strafverfolgung wieder aus der Haft entlassen wurden, und dies ungeachtet der Hilfe der EU für die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in der Region, der von der Union mit Drittländern (Kenia, Seychellen, Mauritius) abgeschlossenen Rückführungsabkommen und der bilateralen Abkommen zwischen den Seychellen und den somalischen Regionen Puntland und Somaliland über die Rückführung verurteilter Piraten sowie der verschiedenen einschlägigen internationalen Rechtsrahmen;

10.  begrüßt nachdrücklich den UN-Bericht vom 25. Januar 2011, in dem 25 Vorschläge herausgestellt werden, die von Jack Lang, Sonderberater des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, zu Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Piraterie vor der Küste Somalias, formuliert wurden; begrüßt ebenfalls die entsprechenden Folgeberichte von Jack Lang, wie beispielsweise den Bericht vom 15. Juni 2011 über die Modalitäten für die Einsetzung somalischer Sondergerichte zur Aburteilung von Piraten und den Bericht des Generalsekretärs vom 20. Januar 2012 über Sondergerichte zur Aburteilung von Piraten in Somalia und anderen Staaten in der Region; fordert die HV/VP, den EUSR und die drei Missions- und Delegationsleiter auf, die von Jack Lang unterbreiteten Vorschläge als prioritäre Angelegenheit zu behandeln und eine Strategie für den Beitrag der EU zum internationalen Ansatz im Bereich der Strafgerichtsbarkeit auf dem Gebiet Somalias zu entwickeln;

11.  wiederholt seine an die Mitgliedstaaten gerichtete Forderung, in Zusammenarbeit mit Europol und Interpol die Geldströme zu untersuchen und zurückzuverfolgen und Gelder, die Piraten in Form von Lösegeld erhalten haben, zu beschlagnahmen, da es Hinweise dafür gibt, dass diese Gelder möglicherweise auf Bankkonten in der ganzen Welt, auch auf Konten europäischer Banken, überwiesen wurden, und außerdem die kriminellen Organisationen, die von diesen Taten profitieren, auszumachen und zu zerschlagen; fordert den Rat auf, die weitere Zusammenarbeit zwischen der Operation EU NAFOR einerseits und Europol und Interpol andererseits zu fördern;

12.  fordert alle Länder in der Region nachdrücklich auf, mit dem IStGh zusammenzuarbeiten, und verweist auf die verbindliche Verpflichtung derjenigen, die Unterzeichner des Römischen Statuts sind und dieses ratifiziert haben; begrüßt ebenfalls die jüngsten Entwicklungen im IStGh, denen zufolge Untersuchungen und Ermittlungen in Staaten zulässig sind, die keine Vertragspartei sind bzw. das Römische Statut nicht ratifiziert haben;

13.  fordert die Organe der Europäischen Union auf, angesichts des politischen Übergangs, der in Äthiopien beginnt, und der Fortschritte in Richtung Demokratie, die sich allmählich in Somalia abzeichnen, wachsam und aktiv zu bleiben;

14.  hält es für wünschenswert, die Gelegenheit zu ergreifen, die sich durch die Nachfolge für den äthiopischen Premierminister Meles Zenawi, der am 20. August 2012 verstorben ist, durch die Wahl des neuen somalischen Präsidenten und das Herannahen der Parlamentswahlen in Kenia 2013 ergibt, um auf

   (i) die Förderung der Achtung verfassungsrechtlicher Normen, der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und der Gleichstellung der Geschlechter durch Zusammenarbeit und Dialog mit den Partnern am Horn hinzuwirken;
   (ii) die Bemühungen im Bereich der Entwicklung der Institutionen, des Aufbaus der Demokratie und der Demokratisierung fortzusetzen;
   (iii) das weitere Vorgehen im Zusammenhang mit den von der Wahlbeobachtungsmission (EOM) ausgesprochenen Empfehlungen zu beobachten und Hilfestellung bei ihrer Umsetzung zu leisten, wo dies erforderlich,
   (iv) den politischen Dialog auf nationaler und regionaler Ebene zu verstärken und weiterhin die Fragen der Menschenrechte anzusprechen, einschließlich – soweit angemessen – außergerichtlicher Tötungen, willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen und der Bekämpfung der Straflosigkeit;
   (v) eine unabhängige Zivilgesellschaft zu unterstützen, die in der Lage ist, soziale Agenden zu formulieren;

15.  bekundet seine Genugtuung darüber, dass nach Ablauf der im Fahrplan des AU-Friedens- und Sicherheitsrates im Einklang mit der Resolution 2046(2012) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen festgelegten Frist eine Vereinbarung zwischen dem Sudan und Südsudan über die Erdölvorkommen abgeschlossen worden ist; hofft, dass in diesem Abkommen so bald wie möglich ebenfalls das Problem der Beförderung des Erdöls aus Südsudan abschließend geregelt wird;

Sicherheitspolitischer Rahmen

16.  begrüßt den wichtigen Beitrag der Operation EU NAVFOR ATALANTA bei den Bemühungen zur Bekämpfung der Piraterie und zur Verbesserung der Sicherheit des Seeverkehrs vor der Küste Somalias; unterstreicht ihre wichtige Rolle bei der Aufgabe, vom Welternährungsprogramm für Hilfslieferungen an Somalia gecharterte Schiffe und andere gefährdete Schiffe sowie Lieferungen für AMISOM zu schützen; begrüßt den Beschluss des Rates vom 23. März 2012, mit dem die Operation EU NAVFOR ATALANTA bis Dezember 2014 verlängert und ihr Mandat dahingehend erweitert wurde, dass sich ihre Maßnahmen auch gegen die operativen Stützpunkte der Piraten an Land richten; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass die EU NAFOR ATALANTA ordnungsgemäß mit geeigneten Überwachungs- und Patrouillenbooten unterstützt wird, da die gegenwärtigen Erfolge im Kampf gegen die Piraterie umkehrbar sind, sowie mit den Mitteln, die es der internationalen Gemeinschaft erlauben, Piraten sowie ihre Finanziers und Netzwerke zu verfolgen, da sich in der Tat von den Reedereien an Bord der Schiffe eingeführte Schutzmaßnahmen als die effektivsten Instrumente zur Bekämpfung der Piraterie erwiesen haben; begrüßt in diesem Zusammenhang die in jüngster Zeit von der Seeschifffahrtsindustrie erhobene Forderung nach einem Regelwerk für private, auf See tätige Sicherheitsunternehmen, und fordert die Internationale Seeschifffahrtsorganisation, die Flaggenstaaten und die Schifffahrt auf, bei der Festlegung eindeutiger, in sich schlüssiger und durchsetzbarer international vereinbarter Standards zum Einsatz von bewaffnetem Sicherheitspersonal, das von Privatunternehmen gestellt wird, weiterzuentwickeln und durchzusetzen; fordert ferner, dass sich private Unternehmen, die Sicherheitsaufgaben an Bord von Schiffen übernehmen, streng an diese Standards halten;

17.  verweist auf die Bedeutung einer Zusammenarbeit zwischen EU NAVOR und den übrigen internationalen Missionen, die in der Region operieren, insbesondere der landgestützten Operation AMISOM, und ist der Auffassung, dass gute Beziehungen und eine enge Zusammenarbeit, einschließlich eines Informationsaustauschs und einer gemeinsamen Planung, eine Schlüsselfunktion für die Gewährleistung eines stabilen Staates Somalia erfüllen; verweist darauf, dass EU NAVOR ATALANTA und die Operation Ocean Shield der NATO, nur dann erfolgreich zur Abschreckung der Piraterie beitragen und diese wirksam bekämpfen können, wenn am Horn von Afrika und insbesondere in Somalia eine umfassende Strategie geschaffen wird, mit deren Hilfe die Ursachen angegangen werden, die die Somalis in die Piraterie und kriminelle Aktivitäten als Erwerbsquelle getrieben haben; stellt fest, dass die derzeitige Mission der NATO zur Bekämpfung der Piraterie, die Operation Ocean Shield, auf zwei kürzere Operationen zur Bekämpfung der Piraterie folgten, die im Oktober 2008 zum Schutz der Hilfslieferungen des Welternährungsprogramms durchgeführt wurden;

18.  begrüßt den Beschluss des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 12. Dezember 2011, EUCAP Nestor, eine Initiative zum Aufbau regionaler maritimer Kapazitäten, auf den Weg zu bringen, um die maritimen und justiziellen Kapazitäten und die Schulung der Küstenwache und der Richter in Rücksprache mit den lokalen Gemeinschaften und mit deren Zustimmung in fünf Ländern am Horn von Afrika und im westlichen Indischen Ozean zu verstärken; fordert alle Mitgliedstaaten auf, für die neue Mission unverzüglich fachkundiges ziviles und militärisches Personal bereitzustellen; fordert eine enge Koordinierung mit anderen Initiativen einschließlich des MARSIC-Projekts der EU im Rahmen des Programms für kritische Seeverkehrsrouten, welches aus dem Instrument für Stabilität gefördert wird, und des regionalen Programms für die Sicherheit der Meere in der Region (MASE), das von den Ländern des östlichen und südlichen Afrikas und der Region des Indischen Ozeans initiiert wurde, von der EU unterstützt wird und darauf abzielt, die Piraterie an Land zu bekämpfen und die Fähigkeit der Justiz zu fördern, der Piraterie verdächtige Personen zu verhaften, zu überstellen, zu inhaftieren und strafrechtlich zu verfolgen; ist der Auffassung, dass die internationale Gemeinschaft nur dann in der Lage sein wird, das weiter gefasste Ziel der Schaffung von Stabilität und Sicherheit für die Region zu verwirklichen und die Seepatrouillen in dem Gebiet zu verringern, wenn die Kapazitäten der Küstenwache der Anrainerstaaten verstärkt und die Einhaltung der empfehlenswerten Praktiken zum Schutz der Schifffahrt (BMP4) und eine weitere Selbstregulierung der auf See tätigen Sicherheitsindustrie gefördert werden;

19.  begrüßt den Beschluss vom Juli 2011, das Mandat der EU-Schulungsmission (EUTM) in Uganda zu verlängern und ihren Schwerpunkt neu festzulegen; fordert jedoch ein besseres Screening sowie die Beobachtung des Verhaltens aller von der EUTM geschulten Rekruten und der Wahrnehmung ihrer Rechenschaftspflicht, um zu gewährleisten, dass Minderjährige oder Personen, die mit militanten Gruppen in Verbindung stehen, nicht zu dem Programm zugelassen werden, dass sie in die somalischen Streitkräfte integriert werden und dass ein etwaiges Überlaufen unverzüglich gemeldet und untersucht wird; fordert die EU ferner auf, eine Rolle bei der genauen Beobachtung der Zahlungskette für Schulungskräfte zu übernehmen, um sicherzustellen, dass die Zahlungen ihre beabsichtigten Empfänger erreichen und Motivation, Verbundenheit und Entschlossenheit entstehen lassen, wodurch auch sichergestellt wird, dass bei den künftigen Sicherheitskräften Somalias die Fähigkeit, Eigenverantwortung zu übernehmen, ausgebildet ist;

20.  betont, dass es einer engen strategischen Koordinierung aller im Sicherheitsbereich tätigen Akteure bedarf, insbesondere der Operation EU NAVFOR ATALANTA, der EUTM Somalia und der EUCAP Nestor sowie der NATO (Operation Ocean Shield), der Task Force CTF-151 unter dem Kommando der Vereinigten Staaten, der Vereinten Nationen und AMISOM; stellt die Existenz internationaler Koordinierungsmechanismen wie der in der New York ansässigen ansässige Kontaktgruppe zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias (CGPCS) und des in Bahrain ansässigen Mechanismus für gemeinsames Lageverständnis und Konfliktentschärfung (Shared Awareness and Deconfliction – SHADE) fest; begrüßt deshalb den Beschluss des Rates vom 23. März 2012, das EU-Operationszentrum für einen anfänglichen Zeitraum von zwei Jahren zu aktivieren, um die Synergien zwischen den drei GSVP-Missionen am Horn von Afrika sowie den in Brüssel ansässigen Strukturen im Kontext der Strategie für das Horn von Afrika und in Rücksprache mit dem Sonderbeauftragten der EU für das Horn von Afrika zu koordinieren und steigern;

21.  stellt fest, dass es Anzeichen dafür gibt, dass die LRA möglicherweise ihre Operationen ausweitet und noch mehr Länder in die Kämpfe einbezieht und noch mehr Kinder gefährdet; verweist darauf, dass der Kampf gegen die LRA und die Jagd nach dem LRA-Anführer Joseph Kony in hohem Maße von der Finanzierung, Ausrüstung und der logistischen Unterstützung seitens der USA abhing; fordert die EU auf, mit den USA zusätzlich Unterstützungsmaßnahmen zu koordinieren, die in dem unter Verantwortung der AU zu führenden Kampf gegen die LRA erforderlich sind;

22.  kritisiert die mangelnde Umsetzung der CITES-Verordnungen; fordert die Kommission und den Rat auf, die Einführung eines Systems für die Zertifizierung und Kontrolle von Elfenbeineinfuhren in die EU nach dem Vorbild des erfolgreichen Kimberly-Prozesses zu fördern;

Verstärkung des umfassenden Ansatzes

23.  begrüßt den Umstand, dass die EU-Strategie für das Horn von Afrika nicht nur die Sicherheitspolitik und die Politik der humanitären Hilfe umfasst, sondern auch die längerfristige Entwicklungspolitik und die Zielvorgaben der MEZ; unterstreicht die Bedeutung dieser längerfristigen Konzeption der Entwicklungspolitik und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre diesbezüglichen Strategien zu koordinieren und so rasch wie möglich eine gemeinsame Planung für die verschiedenen Länder und die Region einzuführen;

24.  glaubt, dass ein stabiles und sicheres Horn von Afrika positive politische und sicherheitsrelevante Auswirkungen über die Region hinaus und auch im Hinblick auf Investitionen und sichere Schifffahrtsrouten im Indischen Ozean haben würde; vertritt deshalb den Standpunkt, dass Überlegungen über Strategien zur Förderung der Sicherheit und der Stabilität in der Region und über eine Koordinierung zur Bereitstellung der erforderlichen Finanzmittel zur Umsetzung eines umfassenden Ansatzes auf der Ebene der G-20 eingeleitet werden sollten; nimmt in dieser Hinsicht die positive Erfahrung der Somalia-Konferenz zur Kenntnis, die im Februar 2012 in London abgehalten wurde, und ermutigt die HV/VP, die Möglichkeit einer vergleichbaren Konferenz im Jahre 2013 zu sondieren;

25.  glaubt, dass das Horn von Afrika auch unter dem Blickwinkel seines beträchtlichen wirtschaftlichen Potenzials – insbesondere was Mineralien und die Landwirtschaft betrifft – gesehen werden sollte; fordert deshalb den Rat, die Kommission, den EAD und die EIB auf, in Koordinierung mit anderen multilateralen Gebern und Finanzinstitutionen Vorhaben von gemeinsamem Interesse für die Länder der Region zu ermitteln, mit denen die Zusammenarbeit und eine positive Interdependenz gefördert werden könnten, z.B. in den Bereichen Energieversorgung, einschließlich erneuerbarer Energiequellen, und natürliche Ressourcen, einschließlich Wasser; unterstreicht die Bedeutung des grenzüberschreitenden Handels, des Zugangs zu internationalen Märkten, der Hafeninfrastrukturen und der Bereitstellung angemessener Korridore für einen Zugang von Binnenstaaten zu Häfen als wesentliche Elemente für die langfristige wirtschaftliche Entwicklung am Horn von Afrika; fordert die Kommission auf, eine eingehende Analyse des Ausmaßes und der wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Auswirkungen der Praktiken der Verpachtung von Land an Drittländer am Horn von Afrika durchzuführen und mögliche Schutzstrategien und -mechanismen vorzuschlagen;

26.  ist der Auffassung, dass die Stärkung der regionalen Sicherheit und der Kampf gegen Terrorismus und Piraterie, so unabdingbar beides auch sein mag, nicht die dringende Notwendigkeit überdecken darf, als oberste Priorität die Beseitigung der Armut in der Region zu unterstützen, vor allem deshalb, weil die EU gemäß ihrem Gründungsvertrag dazu verpflichtet ist, bei der Durchführung politischer Maßnahmen, die sich auf Entwicklungsländer auswirken können, den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit Rechnung zu tragen, wobei die Bekämpfung und Beseitigung der Armut an erster Stelle stehen (Artikel 208 Absatz 1 AEUV); stellt fest, dass alle Länder am Horn von Afrika Entwicklungsländer sind und dass sie – mit Ausnahme Sudans und Südsudans, die das Abkommen von Cotonou nicht unterzeichnet haben – als solche 2 Milliarden EUR an Entwicklungshilfegeldern (davon allein 644 Millionen EUR für Äthiopien) für die nationalen und regionalen Richtprogramme im Rahmen des 10. EEF (2008–2013) erhalten haben; stellt fest, dass im Verlauf des gleichen Zeitraums und ebenfalls im Rahmen des 10. EEF die Regionen Ostafrika, südliches Afrika und Indischer Ozean 619 Millionen EUR, zum Teil für die IGAD (Zwischenstaatliche Entwicklungsbehörde) bezogen haben, wobei das Ziel darin bestand, die Armut in den Ländern dieser Region zu beseitigen und ihnen Hilfestellung bei der Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele zu leisten; erinnert schließlich daran, dass die Friedensfazilität für Afrika, ein im Rahmen des EFF genutztes Instrument, die Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) finanziell unterstützt;

27.  ist der Ansicht, dass die Europäische Union (die Mitgliedstaaten und die Kommission) als weltweit wichtigster Geber von Entwicklungshilfe und humanitärer Hilfe in der Region, die in dieser Rolle besonders durch die Zentralisierung ihrer diplomatischen Bemühungen in Form von EAD und EUSR, durch den Erfolg der Operation ATALANTA und durch die diplomatische und militärische Präsenz einiger Mitgliedstaaten vor Ort unterstützt wird, größere Bemühungen unternehmen könnte, um die endemische Armut in der Region und die vor Ort vorhandene Anarchie und Rechtlosigkeit zu beseitigen;

28.  hält es für wünschenswert, die „Dynamik“ zu nutzen, die mit der die Wahl des neuen somalischen Präsidenten Hassan Sheikh Mohamud am 10. September 2012 geschaffen wurde, um mithilfe des Strategischen Rahmens für das Horn von Afrika und mit Unterstützung des EUSR in der Region sowie der des EAD und der nationalen diplomatischen Vertretungen und der Afrikanischen Union auf den Aufbau normaler diplomatischer und wirtschaftlicher Beziehungen zwischen Äthiopien und Eritrea wie auch auf die Lösung der somalischen Krise hinzuarbeiten, da dies für die Entwicklung der gesamten Region von Nutzen wäre; stellt fest, dass die Region der Großen Seen, die sich im Westen an die Region des Horns von Afrika anschließt, ebenfalls eine der instabilsten Regionen in der Welt mit einigen ernsthaft unterentwickelten Ländern ist, in welchen bewaffnete Konflikte ausgetragen werden – z. B. die Demokratische Republik Kongo (DRK) – oder die sogar Kriege mit einem oder mehreren ihrer Nachbarn führen – z. B. die Spannungen zwischen der DRK und Ruanda, das im weitesten Sinne noch zum Horn von Afrika gehört; betont, dass bei der Umsetzung der EU-Strategie für das Horn von Afrika keinesfalls etwaige Auswirkungen auf die gleichfalls sehr notwendige Entwicklung der benachbarten Regionen (insbesondere die Region der Großen Seen, Zentralafrika, südliches Afrika) vernachlässigt werden dürfen.

29.  begrüßt sowohl im Interesse der regionalen Entwicklung als auch der humanitären Hilfe die neue Strategie für das Horn von Afrika, die die Kommission 2012 unter dem Namen SHARE (Supporting Horn of Africa Resilience) vorgestellt hat; dieses Instrument soll eine Verbindung zwischen kurzfristiger humanitärer Hilfe und langfristiger Entwicklung schaffen, um den Teufelskreis der Krisen, die die Region regelmäßig heimsuchen, zu unterbrechen; leistet der Kommission seine uneingeschränkte Unterstützung bei dem Vorhaben zur Stärkung der Verknüpfung von Soforthilfe, Rehabilitation und Entwicklung (LRRD: Linking relief, rehabilitation and development); fordert, dass die EU im Rahmen dieses Programms auf die Schaffung verschiedener Existenzmöglichkeiten und einen besseren Zugang zu den Märkten und den Informationen hinarbeitet, um die Einkommen der privaten Haushalte für die im pastoralen und agropastoralen Umfeld, an Flüssen, Küsten, in Städten und Stadtrandgebieten lebenden Bevölkerungsgruppen zu erhöhen, den Zugang zu sozialen Grundversorgungsleistungen zu verbessern und darauf abzuzielen, ständig und saisonal gefährdeten Bevölkerungsgruppen zuverlässige und vorhersehbare Unterstützungsniveaus zu bieten;

30.  bekundet seine Genugtuung über das neue Programm SHARE der Europäischen Union, dessen Zweck darin besteht, die Widerstandsfähigkeit der Länder am Horn von Afrika angesichts der unterschiedlichen Bedrohungen, mit denen sie konfrontiert sind, zu steigern, besteht jedoch darauf, dass dieses Programm mit der Strategie der Europäischen Union für die Sahelzone koordiniert wird, die mit denselben Bedrohungen konfrontiert ist (Terrorismus, Drogen, Klimawandel, Zustrom von Flüchtlingen und Vertriebenen etc.);;

31.  ist der Auffassung, dass es in den Ländern am Horn von Afrika wichtig ist, die Landwirtschaft, die Weidewirtschaft und die Viehwirtschaft zu unterstützen, und begrüßt die wichtige Arbeit, die in diesen Bereichen von verschiedenen NRO geleistet wird;

32.  fordert die Kommission auf, alle Programme für den Zugang zu Wasser als Grundrecht und gemeinsames Gut der Menschheit zu unterstützen und die öffentlichen und privaten Partnerschaften für den Zugang zu Trinkwasser zu unterstützen;

33.  betont, dass die Hilfe der EU am Horn von Afrika – wo immer dies möglich ist – nicht in Form einer direkten Unterstützung aus dem Haushalt erfolgen sollte, sondern gewährt werden sollte mit dem Ziel, auf der Grundlage eindeutiger Leistungsindikatoren spezifische Zielvorgaben zu verwirklichen; ist der Auffassung, dass immer dann, wenn die Unterstützung die Form von Haushaltszuschüssen annehmen muss, dies von der Verwirklichung spezifischer Zielvorgaben abhängig gemacht werden sollte; glaubt, dass Programme, die darauf gerichtet sind, die EU-Strategie für das Horn für Afrika zu unterstützen, auch in der Lage sein sollten, Nutzen aus der Kombination von Ressourcen zu ziehen, d.h. dass die Finanzierung solcher Programme für andere internationale Geber auf der Grundlage eindeutiger gemeinsamer Standards offenstehen sollte, um einen koordinierten und einheitlichen Ansatz aller Geber zu erleichtern und die Gefahr einander widersprechender Ansätze oder einer Verdopplung zu minimieren; ist der Auffassung, dass die EU auf ähnliche Weise in der Lage sein sollte, an der Finanzierung von Programmen Dritter am Horn von Afrika mitzuwirken, sofern die uneingeschränkte Einhaltung der Vorschriften über die finanzielle Unterstützung der EU für Drittländer gewährleistet werden kann;

34.  fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, weiterhin neutrale, unparteiische und unabhängige humanitäre Hilfe für gefährdete Bevölkerungsgruppen zu leisten und die Länder der Region durch Strategien der Katastrophenrisikominderung und Programme der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit in den Bereichen Vorbereitung auf Dürrekatastrophen, Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und Ernährungssicherheit bei der Stärkung ihrer nationalen Kapazitäten zu unterstützen;

35.  unterstreicht, dass die Ursache der Nahrungsmittelkrise am Horn von Afrika (ebenso wie in der Sahelzone) ihren Ursprung in den häufigen Trockenheiten, den Missernten und im Preisanstieg hat, dass jedoch berücksichtigt werden muss, dass über diese konjunkturellen Gründe hinaus (auch wenn die Trockenheit bereits als strukturbedingt angesehen werden kann) weitere äußerst wichtige Faktoren berücksichtigt werden sollten wie die Entwurzelung von Volksgruppen und die überstürzte Förderung der Ausfuhren von Agrarerzeugnissen zu Lasten der Nahrungsmittelsouveränität und der landwirtschaftlichen Erzeugung für den Eigenverbrauch und den Verkauf auf den nationalen Märkten;

36.  unterstreicht, dass die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten eine unveränderliche Grundlage des Engagements der Union gegenüber Partnerländern ist; ist deshalb zutiefst besorgt angesichts von Berichten über willkürliche Verhaftungen, die Misshandlung von Häftlingen und den Einsatz von Gewalt gegen Demonstranten sowie repressive Maßnahmen gegen die politische Opposition, einschließlich von Zensur und der willkürlichen Verhaftung von Journalisten und Aktivisten, die aus der Region gemeldet werden; fordert alle Regierungsstellen am Horn von Afrika auf, diese Grundprinzipien zu achten und alle politischen Häftlinge ohne Auflagen freizulassen;

37.  bekundet seine tiefe Besorgnis über den Landraub in Afrika, der die lokale Ernährungssicherheit zu untergraben droht und die Hungersnot verschärft; fordert die Regierungen der Länder am Horn von Afrika und die EU auf, die Auswirkungen des derzeitigen Erwerbs von landwirtschaftlichen Nutzflächen auf die Armut in den ländlichen Gebieten und die gegenwärtige Hungerkrise zu bewerten; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Frage des Landraubs in ihren politischen Dialog mit den Entwicklungsländern einzubeziehen, um für politische Kohärenz zu sorgen;

38.  ist besorgt über die mutmaßliche Verklappung illegaler Abfälle durch Unternehmen aus der EU und kriminelle Netzwerke; verweist darauf, dass die Verbringung illegaler Abfälle für die somalische Bevölkerung, die an der Küste lebt, Anlass zu großer Sorge gibt; fordert die HV/VP und die Kommission auf, unverzüglich eine umfassende Untersuchung durch ein unabhängiges Gremium durchführen zu lassen, einschließlich der Sammlung von Beweismaterial und Stichproben, und je nach Ergebnis der Untersuchung rechtliche Schritte in Erwägung zu ziehen, einschließlich von Schadensersatzforderungen durch europäische Unternehmen, Mitgliedstaaten der EU und die EU;

39.  erkennt an, dass es wichtig ist, die unabhängige und unparteiische humanitäre Hilfe für alle vom Konflikt betroffenen Bevölkerungsgruppen am Horn von Afrika aufrecht zu erhalten und weiterhin angemessene Finanzmittel, vor allem in Somalia, bereitzustellen; unterstreicht, dass jedwede Verringerung der Hilfe dazu führen könnte, dass die Bevölkerung Somalias wieder in eine humanitäre Krise zurückfällt; unterstreicht die Notwendigkeit, sich zusätzlich zur humanitären Hilfe auf Bemühungen wie beispielsweise die Initiative der Europäischen Union zur Unterstützung der Widerstandsfähigkeit des Horns von Afrika (SHARE) zu stützen, um die Widerstandsfähigkeit und verbesserte Einkommensmöglichkeiten für die ortsansässige Bevölkerung zu gewährleisten;

40.  unterstreicht, dass die Menschenrechte – insbesondere die Rechte von Frauen, Kindern, LGBT-Personen und religiösen Minderheiten – in der Regionen über lange Zeit hinweg vernachlässigt worden sind, und stellt fest, dass sektiererische Formen des Islam in Teilen des Horns von Afrika auf dem Vormarsch sind und die Freiheiten von Minderheitengruppen bedrohen;

41.  unterstreicht die Bedeutung einer europäischen Unterstützung für die Zivilgesellschaft; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine koordinierte Unterstützung der Zivilgesellschaft sowohl innerhalb der Länder als auch auf grenzüberschreitender und regionaler Ebene zu gewährleisten;

42.  betont, dass es wichtig ist, dem Südsudan kontinuierlich Hilfe zu leisten, damit eine effektive Zivilgesellschaft geschaffen und aufrecht erhalten werden kann; ist der festen Überzeugung, dass das neue Finanzierungsinstrument für die weltweite Förderung der Demokratie und der Menschenrechte Ad-hoc-Finanzierungslinien für das Horn von Afrika beinhalten sollte; glaubt, dass auch eine Ausweitung des Fonds für Demokratie auf die Länder am Horn von Afrika in Erwägung gezogen werden sollte;

Sudan und Südsudan

43.  begrüßt die zwischen Sudan und Südsudan erzielten Vereinbarungen über die Wiederaufnahme der Erdölausfuhren und die Demilitarisierung an der Grenze; fordert beide Länder auf, diese Vereinbarungen einzuhalten; fordert beide Staaten auf, damit aufzuhören, Rebellengruppen, die gegen den jeweils anderen Staat operieren, Unterschlupf zu gewähren bzw. sie zu unterstützen; fordert mit Nachdruck weitere Verhandlungen über die Grenzziehung zwischen den beiden Ländern, um weiteren Ausbrüchen von Konflikten vorzubeugen, die die jüngste Vereinbarung über die Aufteilung der Öleinnahmen gefährden und die regionale Instabilität bedrohen würden; empfiehlt, dass die beiden führenden Politiker die Gespräche fortsetzen, um gemäß der AU-Roadmap und der Resolution 2046 des UN-Sicherheitsrates so bald wie möglich eine Vereinbarung über den Status von Abiyei und anderer umstrittener Gebiete zu erreichen; beglückwünscht die Hochrangige Gruppe unter Leitung des ehemaligen Präsidenten Mbeki, die zum Teil von der Europäischen Union finanziert wurde, zu dem Erfolg bei den Verhandlungs- und Vermittlungsbemühungen zwischen dem Sudan und Südsudan, die von der Afrikanischen Union unterstützt wurden; fordert den EUSR für Sudan und Südsudan auf, sich mit den Leitern der Delegationen in Sudan und Südsudan abzustimmen, um zu gewährleisten, dass ein Höchstmaß an Sichtbarkeit des Engagements, der politischen Anstrengungen und der Hilfe der EU gewahrt bleibt;

44.  begrüßt die Vereinbarungen (Memoranda of Understanding), die getrennt zwischen der sudanesischen Regierung und der Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung Nord (SPLM-N) gemeinsam mit den Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union und der Arabischen Liga abgeschlossen wurden, um die Beförderung der humanitären Hilfe zu der Zivilbevölkerung in den Bundesstaaten Blauer Nil und Süd-Kordofan zu gestatten;

45.  bekundet seine Beunruhigung über das Wiederaufflammen der Gewalt im Bundesstaat Jonglei im Südsudan, das die Fortschritte bedroht, die bei der Wiederherstellung von Frieden und Sicherheit in der Region erzielt worden sind; unterstützt die von der MINUSS geforderte Untersuchung und fordert die Bestrafung der für die Gewalt Verantwortlichen; fordert die Regierung Südsudans auf,

   (i) die notwendigen Vorkehrungen zu ergreifen, um ihren internationalen und nationalen Rahmen für die Einhaltung der Menschenrechte zu stärken, einschließlich durch Bekräftigung ihrer Verpflichtungen gemäß internationalen Menschenrechtspakten, deren Vertragsstaat Sudan zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit Südsudans war, und gleichzeitig die Vorbehalte gegen sie zurückzuziehen und ohne Vorbehalte Vertragspartei anderer wichtiger internationaler Menschenrechtsabkommen zu werden;
   (ii) unverzüglich die Mitglieder des Ausschusses zur Untersuchung der Krise im Bundesstaat Jonglei in ihr Amt einzuführen und ihnen die notwendigen Ressourcen für eine unabhängige, umfassende und unparteiische Untersuchung bereitzustellen;
   (iii) unverzüglich ein offizielles Moratorium für Hinrichtungen mit Blick auf die Abschaffung der Todesstrafe zu verkünden und sämtliche Todesurteile in Haftstrafen umzuwandeln;
  

unterstreicht die Bedeutung der kontinuierlichen Unterstützung der EU für Südsudan mit Blick auf die Hilfestellung beim Aufbau von Kapazitäten für die öffentliche Verwaltung und die Strafvollzugsbehörden des Landes, die Schaffung und Erhaltung einer effektiven Zivilgesellschaft und die Förderung einer verantwortungsvollen Regierungsführung; fordert die EU mit Nachdruck auf, auf die Ratifizierung wichtiger internationaler Menschenrechtsabkommen durch Südsudan zu drängen und die Regierungsstellen des Landes bei ihrer Umsetzung zu unterstützen; verurteilt die gemeldeten Übergriffe der Streitkräfte gegen Zivilpersonen im Rahmen des Prozesses der Entmilitarisierung und fordert die südsudanesische Regierung auf, eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle durchzuführen, um die Angehörigen der Streitkräfte zur Rechenschaft zu ziehen und die Opfer zu entschädigen;

46.  verurteilt nachdrücklich alle Gewaltakte, die in Verletzung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechtsbestimmungen im Sudan gegen Zivilpersonen verübt werden; fordert die EU und die internationale Gemeinschaft mit Nachdruck auf, sich auf einen einheitlichen Ansatz zur Gewährleistung des Schutzes von Zivilpersonen und zur Einstellung der Menschenrechtsverletzungen, insbesondere in Darfur, Süd-Kordofan und am Blauen Nil, zu einigen; fordert die Regierung Sudans und die SPLM/North auf, unverzüglich direkte Gespräche aufzunehmen, um eine vollständige Einstellung der Kampfhandlungen zu vereinbaren und auf der Grundlage des Rahmenabkommens vom 28. Juni 2011 in Übereinstimmung mit der Resolution 2046 des UN-Sicherheitsrates eine politische Einigung zu erzielen; unterstreicht die Bedeutung des Verbleibs internationaler Akteure in den Konfliktgebieten und fordert die sudanesischen Regierungsstellen nachdrücklich auf, ihre Sicherheit zusammen mit der Sicherheit der Zivilbevölkerung zu gewährleisten; verweist auf die Verantwortung der EU und der Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine Intensivierung der Unterstützung und der Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof bei der Vollstreckung der Haftbefehle gegen Ahmad Muhammad Harun, Ali Muhammad Ali Abd-Al-Rahman, Abdel Rahim Mohammed Hussein und Präsident Omar Hassan Ahmad Al Bashir

47.  ist beunruhigt über die Verschlechterung des Gesundheitszustands der sudanesischen Flüchtlinge, deren Zahl auf 170 000 geschätzt wird (die Hälfte davon Kinder), in den vier Lagern am Oberen Nil und im Bundesstaat Al-Wahda, wo die Risiken von Infektionen, Durchfallerkrankungen und Malaria explosionsartig zunehmen und durch die Unterernährung noch größer werden;

48.  verurteilt jedwede Unterstützung für alle bewaffneten Gruppierungen, die nicht Teil ihrer regulären Streitkräfte sind, sowohl durch den Sudan als auch durch Südsudan;

Somalia

49.  nimmt das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen in Somalia vom 20. August 2012 zur Kenntnis; fordert alle politischen Akteure in Somalia nachdrücklich auf, sich für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Menschenrechte zu engagieren, da nur dieser Weg aus dem Teufelskreis von Armut, Unterentwicklung und Unsicherheit hinausführt; hebt hervor, dass das Auslaufen des Mandats der Übergangs-Bundesregierung ein wichtiger Test für das Potenzial Somalias ist, sich in Richtung auf einen funktionsfähigen Staat zu bewegen, und für seine Fähigkeit zum Wiederaufbau starker demokratischer und wirklich repräsentativer Organisationen; ist der Auffassung, dass es ausschlaggebend sein wird, einen integrativen politischen Dialog in Somalia zu erleichtern und Prozesse zur Konsensbildung zu fördern, um so die neue Regierung zu unterstützen; fordert die neue Bundesregierung und den neuen Präsidenten Hassan Scheich Mohamud auf, auf die Wiederaussöhnung des somalischen Volkes hinzuarbeiten, indem sie auf der Grundlage der Vereinbarung von Garowe den neuen Bundesstaat aufbauen und den langwierigen, aber wichtigen Prozess der Herstellung von Frieden, Sicherheit und Demokratie für alle Somalis einleiten;

50.  begrüßt die unlängst erfolgte Amtseinführung des ersten offiziellen Parlaments Somalias in über 20 Jahren und hofft, dass dies den ersten Schritt beim Übergang zu einer repräsentativeren parlamentarischen Demokratie bilden wird; stellt fest, dass die 30 %-Quote für weibliche Mitglieder des Parlaments fast erfüllt worden ist; verweist darauf, dass eine angemessene Mitwirkung von Frauen in sämtlichen Bereichen des öffentlichen Lebens für den Erfolg der Bemühungen um eine Konfliktbeilegung und die Friedenskonsolidierung wichtig ist;

51.  begrüßt das Ende der Übergangsperiode in Somalia als Chance für eine Erneuerung; begrüßt die Arbeit der Unterzeichner der Roadmap, der Stammesältesten, der Nationalen Verfassunggebenden Versammlung, des neuen Bundesparlaments und des Technischen Auswahlausschusses, und würdigt ihre Rolle bei der Beendigung der Übergangsperiode in Somalia; begrüßt die Zusage des scheidenden Präsidenten, Präsident Hassan Scheich Mohamud zu unterstützten und mit ihm zusammenzuarbeiten; fordert alle politischen Akteure in Somalia nachdrücklich auf, mit den neuen Regierungsstellen zusammenzuarbeiten; begrüßt die Zukunftsvision von Präsident Hassan Scheich Mohamud für Somalia und seine Absicht, die Bildung repräsentativer, auf eine breite Basis gestützter Regierungsorganisationen, eine Stabilisierung, rechtsstaatliche Grundsätze und eine verantwortungsvolle Regierungsführung, den wirtschaftlichen Wiederaufschwung, die Friedenskonsolidierung und die Wiederaussöhnung, die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen sowie verbesserte Beziehungen zwischen Somalia und der übrigen Welt sicherzustellen; fordert ihn nachdrücklich auf, seine Zusage einzuhalten, eine transparente und verantwortungsvolle Regierungsführung sicherzustellen, die Korruption auf allen Ebenen zu bekämpfen, einen umfassenden Dialog zu gewährleisten und repräsentative und rechenschaftspflichtige Institutionen auf der Ebene des Zentralstaates, der Regionen, der Distrikte und der Gemeinden entsprechend der vorläufigen Verfassung für Somalia einzusetzen;

52.  fordert die HV/VP und den Sonderbeauftragten der EU für das Horn von Afrika auf, den Friedensprozess von Dschibuti kritisch zu prüfen und den Einsatz eines Vermittlerteams zu erwägen, dessen Mitglieder das Vertrauen einer breiten Palette somalischer Interessenvertreter, auch von Frauenverbänden, genießen und in der Lage sind, ein breites Spektrum von Vertretern der somalischen Gesellschaft an den Verhandlungstisch zu holen; fordert die HV/VP auf, Vertreter der somalischen Zivilgesellschaft im In- und Ausland für einen regelmäßigen und fortgesetzten Austausch über mögliche Lösungen für die politischen Probleme des Landes zu gewinnen; fordert die HV/VP auf, diese beiden Plattformen nach dem Vorbild des erfolgreichen Friedensprozesses im Sudan 2000-2005 zusammenzubringen;

53.  begrüßt die jüngste Friedensinitiative der somalischen Regierung, in deren Zuge Überläufern aus den Reihen der Al-Shabaab-Milizen zivile Arbeitsplätze und Ausbildungsmöglichkeiten angeboten werden; begrüßt die unlängst erfolgte Verabschiedung einer ehrgeizigen Verfassung, in der gleiche Rechte für „alle Bürger, ungeachtet ihres Geschlechts, ihrer Religion, ihres sozialen oder wirtschaftlichen Status, ihrer politischen Ansicht, ihrer Stammeszugehörigkeit, einer Behinderung, der Beschäftigung, der Geburt oder des Dialekts“ versprochen werden, die Verstümmelung der weiblichen Genitalien unter Strafe gestellt wird und eine Kommission für Wahrheit und Wiederaussöhnung eingesetzt wird; ist jedoch besorgt angesichts der Tatsache, dass in einem Land, das jahrzehntelang unter internen Auseinandersetzungen zu leiden hatte, in der neuen Verfassung nicht auf das Thema der Teilung von Macht und Ressourcen zwischen dem Zentrum und den Regionen eingegangen wird; fordert eine engere Zusammenarbeit mit den neuen Regierungsstellen zur Beschäftigung mit diesen Themen;

54.  fordert die somalischen Regierungsstellen auf, den Aufbau von Institutionen und einer rechenschaftspflichtigen, transparenten und repräsentativen Polizei als vorrangige und besonders dringliche Aufgabe zu behandeln, um das Vertrauen der Bevölkerung in die neue Regierung zu stärken; würdigt in diesem Zusammenhang den wertvollen Beitrag, den die EUTM Somalia für die Sicherheitskräfte des Landes leistet; vertraut auf die anhaltende Unterstützung der Mitgliedstaaten für die Tätigkeit der GSVP-Mission, die darauf abzielt, die somalischen Streitkräfte für die Achtung der Menschenrechte, Fragen der geschlechtsspezifischen Dynamik und die Rechtsstaatlichkeit zu sensibilisieren; stellt fest, dass die Entwicklung stabiler, rechenschaftspflichtiger und integrativer Institutionen in Somalia über die Sicherheitskräfte hinausgehen muss und eigenverantwortlich von den Somalis getragen werden muss, wenn Somalia ein lebensfähiger Staat werden soll;

55.  betont, dass es für die langfristige Tragfähigkeit Somalias als funktionsfähiger Bundesstaat unverzichtbar sein wird, im Interesse der gesamten Bevölkerung lebensfähige und integrative Wirtschaftsstrukturen und ein System zu schaffen, mit dem die Einnahmen aus der künftigen Erdöl- und Erdgasförderung zwischen den Regionen und der föderalen Ebene geteilt werden; fordert die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, nicht die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen, indem sie die Unterstützung auf die bundesstaatlichen Einrichtungen in Mogadischu zu Lasten der somalischen Regionen konzentriert, da sie eine wichtige Rolle bei der dezentralen Erbringung von Grunddiensten und der Schaffung von Stabilität für die Bevölkerung übernehmen können; fordert die EU auf, während des derzeitigen „Fensters der Gelegenheit“ alle Ressourcen zu mobilisieren, um die regionalen Körperschaften in Somalia bei diesem wichtigen Prozess des demokratischen Übergangs zu unterstützen; ermutigt die Mitgliedstaaten und die HV/VP angesichts der jüngsten politischen und sicherheitsspezifischen Entwicklungen in Somalia, in enger Zusammenarbeit mit den legitimen Behörden Somalias, der Afrikanischen Union und der IGAD sowie der Regierung der Vereinigten Staaten eine Mission zur Reform des Sicherheitssektors (SSR) in Erwägung zu ziehen, sobald es die Situation vor Ort gestattet;

56.  erkennt an, dass es sich bei der Friedensbildung in Somalia um einen von unten nach oben gerichteten Prozess handeln muss; verweist darauf, dass die Europäische Union sicherstellen muss, dass ihre Strategie es ermöglicht, dass lokale Bemühungen zur Schaffung von Frieden und zur Beilegung von Konflikten ausreichend unterstützt und zu einer nationalen und regionalen Priorität gemacht werden; verweist ferner darauf, dass die Legitimität auf lokaler Ebene Hilfestellung bei der Entstehung von Regierungsinstitutionen in Somalia leisten wird, die langfristige Aussichten auf Stabilität bieten;

57.  weist darauf hin, dass die Afrikanische Union in Somalia AMISOM gestartet hat, eine vom UN-Sicherheitsrat beauftragte Militärmission, die dringend darauf angewiesen ist, dass mehr Länder Truppen entsenden;

58.  unterstreicht die Notwendigkeit, dass die EU in enger Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten und der Afrikanischen Union eine Schlüsselrolle bei der Zukunft Somalias übernimmt;

59.  fordert die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, in Zusammenarbeit mit dem IKRK und dem Roten Halbmond so zügig wie möglich in Somalia Strukturen des Gesundheitswesens sowie ambulante Versorgungszentren und Zentren zur therapeutischen Ernährung einzurichten und auszubauen;

60.  begrüßt die Schaffung des Lokalen Stabilitätsfonds, der insbesondere die internationale Hilfe in den seit Kurzem befreiten und jetzt zugänglichen Gebieten im Süden Somalias koordinieren soll;

61.  bedauert zutiefst, dass allein seit Dezember 2011 13 Journalisten und Medienangehörige in von der Regierung kontrollierten Gebieten Somalias getötet wurden und bei der strafrechtlichen Verfolgung dieser Fälle keine Fortschritte erzielt worden sind; unterstreicht die Bedeutung der Gewährleistung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und fordert die neue Regierung und den neuen Präsidenten nachdrücklich auf, Maßnahmen zu erlassen, um einen bessern Schutz für die Journalisten sicherzustellen, und glaubwürdige Untersuchungen im Zusammenhang mit diesen Tötungen durchzuführen;

62.  fordert die EU und sämtliche regionalen und internationalen Partner mit Nachdruck auf, die mit einer neuen Regierung in Somalia geschaffene Möglichkeit optimal zu nutzen, da in Verbindung mit dem offenkundigen Abflauen der von den Al-Shabaab-Milizen verursachten Eskalation ein Potenzial vorhanden ist, um eine neue politische Ära in Somalia einzuleiten; unterstreicht deshalb die Notwendigkeit, dass die internationale Gemeinschaft, insbesondere die EU, bereit ist, den legitimen demokratischen Regierungsstellen Hilfestellung auf dem Gebiet des Aufbaus institutioneller Kapazitäten, bei der Reform des Sicherheitssektors und den Programmen zur Abrüstung, Demobilisierung und Reintegration zu liefern und die Zivilgesellschaft zu unterstützten; fordert die HV/VP auf, sicherzustellen, dass das Vorgehen der EU in Somalia eine freie und offene Gesellschaft fördert, die die Menschenrechte, insbesondere die Rechte von Frauen und Minderheiten, achtet und verteidigt, die Eigenverantwortung von Frauen ermöglicht und die Gleichstellung der Geschlechter in sämtlichen Bereichen der Gesellschaft gewährleistet;

63.  unterstreicht das sehr positive Beispiel Somalilands, das seine Fähigkeit unter Beweis gestellt hat, seine demokratischen, wirtschaftlichen und administrativen Strukturen in einem Zeitraum von über 20 Jahren zu entwickeln und einen nachhaltigen demokratischen Prozess in die Wege zu leiten; stellt fest, dass Somaliland inzwischen sehr erfolgreich Sicherheit und Stabilität auf seinem Gebiet gefestigt hat und bei der Bekämpfung von Piraterie und Terrorismus zusammenarbeitet; äußert sich jedoch besorgt darüber, dass Somaliland gefährdet sein könnte, sollte sich die Al-Shabaab in den gebirgigen Grenzregionen neu gruppieren; betont, dass es daher von wesentlicher Bedeutung ist, Somaliland bei der Bekämpfung des Terrorismus einschließlich von Maßnahmen wie der Förderung der wirtschaftlichen Diversifizierung und des Aufbaus von Kapazitäten für die Beschäftigung von Jugendlichen zu unterstützen und die Rekrutierung unter Jugendlichen einzudämmen; verweist auf die Notwendigkeit, dass Somaliland die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in der Region fördert, um auf diese Weise der Radikalisierung von Zonen der Instabilität auf seinem Gebiet entgegenzuwirken; fordert die Kommission und den EAD auf, Somaliland bei der Förderung seiner Entwicklungsaussichten sowie bei der Förderung seiner wirtschaftlichen und sozialen Stabilität zu unterstützen; unterstreicht, dass es bei der Suche nach einer Lösung für die langfristige Stabilität und Sicherheit Somalias wichtig ist, das positive Beispiel der Stabilität Somalilands zu bewerten;

64.  begrüßt die von der HV/VP während des Minigipfels der UN-Vollversammlung zu Somalia in New York zum Ausdruck gebrachte entschiedene Unterstützung für die neuen Einrichtungen der Bundesregierung Somalias und insbesondere ihr Engagement für einen auf vier Jahre angelegten Prozess der Konsolidierung der neuen föderalen Institutionen und der regionalen Verwaltungen sowie eine internationale Konferenz zu Somalia im Jahre 2013; fordert Somaliland und die übrigen Bundesstaaten auf, eine umfassende und unterstützende Rolle bei den Verhandlungen über ihr rechtliches und politisches Verhältnis zu den neuen föderalen Institutionen in Somalia zu übernehmen, um einen lebensfähigen, stabilen und wohlhabenden Bundesstaat Somalia zu verwirklichen;

Äthiopien und Eritrea

65.  verweist auf die Schlüsselrolle Äthiopiens für die politische und wirtschaftliche Stabilität der gesamten Region; stellt fest, das der neue Premierminister Äthiopiens, Hailemariam Desalegn, in seiner Antrittsrede die Bedeutung der Stärkung der Menschenrechte und der demokratischen Institutionen des Landes unterstrichen hat, um Hilfestellung bei der Entwicklung einer demokratischen Kultur und der uneingeschränkten Achtung der Menschenrechte im Land zu leisten; glaubt, dass die neue äthiopische Regierung die Chance bietet, Äthiopien in eine Debatte über sämtliche Themen von gemeinsamem Interesse einzubinden, einschließlich der Themen, in denen es in der Vergangenheit unter Umständen Meinungsunterschiede gegeben hat, und unterstreicht, wie wichtig es ist, Äthiopien durch positiven Dialog und Partnerschaft auf seinem Weg zu einem neuen demokratischen System zu unterstützen; unterstützt Äthiopien in seinem Kampf gegen den Terrorismus, unterstreicht jedoch, dass ein solcher Kampf im Rahmen der uneingeschränkten Achtung der Menschenrechte geführt werden sollte;

66.  hofft, dass Äthiopien unter Leitung des am 21. September 2012 ernannten Premierministers Hailemariam Desalegn einen Prozess des wirklichen demokratischen Übergangs einleiten wird, um sein starkes demokratisches Potenzial zu verwirklichen und die Einmischung in die Religionsfreiheit und die freie Betätigung der Zivilgesellschaft zu beenden; fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst, den EUSR für das Horn von Afrika und den EUSR für die Menschenrechte auf, unverzüglich mit Äthiopien Gespräche über die Menschenrechte aufzunehmen, damit das Land die durch den laufenden politischen Übergang gebotene Möglichkeit nutzen kann, einen wirklich demokratischen Übergang einzuleiten, der auf der zentralen Rolle der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der Freiheit der Medien und der uneingeschränkten Anerkennung der Meinungsfreiheit aufbaut; fordert die EU und die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, angesichts des politischen Übergang, die in Äthiopien beginnt, wachsam und aktiv zu bleiben und die politische und militärische Unterstützung sowie die Entwicklungshilfe an konkrete demokratische Reformen zu knüpfen, die die Freilassung aller Gewissensgefangenen wie Esklnder Nega und anderer Journalisten, Aktivisten auf dem Gebiet der Verteidigung der Menschenrechte und der Entwicklungspolitik sowie von Mitgliedern der Opposition, die Gewährung ungehinderten Zugangs für die UN-Sonderberichterstatter zum Thema Menschenrechte zu sämtlichen Regionen und Hafteinrichtungen, die Aufhebung bzw. Änderung des Gesetzes über Organisationen der Zivilgesellschaft (Charities and Societies Proclamation) und des Gesetzes über die Bekämpfung des Terrorismus sowie die Rückkehr der im Exil lebenden Opposition einschließen; fordert die EU auf, innovative und sichere Wege zu finden, um die bedrängte Zivilgesellschaft in Äthiopien finanziell und politisch zu unterstützen und einen intensiven Dialog mit der Opposition – in Äthiopien wie im Exil – aufzunehmen;

67.  stellt fest, dass es in Äthiopien gegenwärtig weder eine unabhängige Justiz noch unabhängige Medien gibt, was auf eine bewusste Strategie zurückzuführen ist, die Richter in Schranken zu halten und zu blockieren, die Medien zu kontrollieren, die Opposition einzuschüchtern und die Menschenrechtsorganisationen zum Schweigen zu bringen;

68.  weist darauf hin, dass zahlreiche Journalisten aufgrund des Gesetzes von 2009 zur Terrorbekämpfung vor Gericht gestellt worden sind; prangert die jüngste Kampagne gerichtlicher Schikanen an, in deren Zuge der Oberste Bundesgerichtshof den Blogger Elias Kifle in Abwesenheit zu lebenslänglicher Haft und Wubishet Taye, den Mitherausgeber einer örtlichen Zeitung, sowie den Kolumnisten Reeyot Alemn zu einer Haftstrafe von jeweils 14 Jahren verurteilte; würdigt dennoch, dass die schwedischen Journalisten Martin Schibbye und Johan Persson vor Kurzem nach dem Tod von Premierminister Meles Zenawi begnadigt worden sind; fordert die Mitglieder der neuen Regierung nachdrücklich auf, die gleiche Nachsicht gegenüber allen Opfern der Willkürjustiz zu praktizieren;

69.  unterstreicht das große Potenzial des Staudammprojekts Grand Renaissance am Blauen Nil in der Region Benishangul-Gumuz in Äthiopien für die Produktion von sauberer Energie und die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region; unterstützt das von Äthiopien, Sudan und Ägypten zu dem Projekt eingesetzte internationale Expertenpanel und fordert bessere Informationen über die Verteilung der Wasserressourcen aus dem Nil und der Energie, die von dem am Staudamm befindlichen Wasserkraftwerk produziert wird;

70.  fordert die Regierung Äthiopiens auf, in Übereinstimmung mit den Resolutionen 1907 (2009) und 2023 (2011) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie den einschlägigen Resolutionen der AU und IGAD die von der Grenzkommission gefassten Beschlüsse über die Grenzziehung zwischen Eritrea und Äthiopien offiziell als endgültig und verbindlich anzuerkennen; fordert die eritreische Regierung deshalb auf, sich bereit zu erklären, in einen Dialog mit Äthiopien einzutreten, um den Abzug der Truppen von der Grenze und die physische Grenzziehung im Einklang mit den Beschlüssen der Grenzkommission und unter Berücksichtigung der Notwendigkeit, die verschiedenen Volksgruppen zusammenzuhalten, sowie die Normalisierung der Beziehungen zu Äthiopien, einschließlich der Wiedereröffnung der Grenze, anzugehen; fordert die internationale Gemeinschaft auf, eine Strategie für das Vorgehen gegenüber Eritrea zu konzipieren und die Interessen und Bedürfnisse des eritreischen Volkes zu fördern, während sie gleichzeitig Druck auf das Regime und die Streitkräfte dahingehend ausübt, dass sie den Zugang von internationalen Organisationen gestatten, die seit langem versprochenen Wahlen vorbereiten und politische Freiräume im Land öffnen; betont, dass jegliche EU-Hilfe, die nicht humanitären Zielen dient, streng von einer Verpflichtung der eritreischen Regierung abhängig gemacht werden sollte, einen Übergang zur Demokratie und die Verbesserung der Menschenrechtslage im Land – auf der Grundlage transparenter und greifbarer Kriterien - sowie die Erfüllung der Grundbedürfnisse des eritreischen Volkes zu erleichtern; fordert Eritrea auf, von der Unterstützung bewaffneter Gruppen abzulassen, die den Frieden und Wiederaussöhnung in Somalia und generell die regionale Stabilität untergraben; fordert die Achtung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und der Presse- und Religionsfreiheit sowie die Einführung freier und fairer Wahlen und demokratischer Verhältnisse im Land; fordert die unverzügliche Freilassung aller politischen Häftlinge, einschließlich des inhaftierten Journalisten Dawit Isaac, der seit über 4 000 Tagen ohne Gerichtsverfahren inhaftiert ist;

o
o   o

71.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, dem EAD sowie den Mitgliedstaaten, dem EU-Sonderbeauftragten für den Sudan, dem EU-Sonderbeauftragten für das Horn von Afrika, den Mitgliedstaaten der EU, der Regierung der Türkei, dem Kongress der Vereinigten Staaten, dem Außenministerium der Vereinigten Staaten, der Kommission der Panafrikanischen Union, dem Panafrikanischen Parlament , den Regierungen und Parlamenten der Zwischenstaatlichen Entwicklungsbehörde (IGAD) und den Regierungsstellen Somalilands zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P7_TA(2012)0203.
(2) ABl. C 46 E vom 24.2.2010, S. 102.
(3) ABl. C 349 E vom 22.12.2010, S. 51.
(4) ABl. C 377 E vom 7.12.2012, S. 35.
(5) Angenommene Texte, P7_TA(2012)0334.


Entwicklungsaspekte der Rechte an geistigem Eigentum in Bezug auf genetische Ressourcen
PDF 245kWORD 33k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Januar 2013 zu Entwicklungsaspekten der Rechte des geistigen Eigentums in Bezug auf genetische Ressourcen: Auswirkungen auf die Armutsbekämpfung in Entwicklungsländern (2012/2135(INI))
P7_TA(2013)0007A7-0423/2012

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis des UN-Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) von 1992,

–  in Kenntnis des Protokolls von Nagoya zum CBD von 2010 über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergebenden Vorteile,

–  in Kenntnis des Internationalen Vertrags über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft von 2001,

–  in Kenntnis des Vertrags über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens von 2002,

–  in Kenntnis der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker, die am 13. September 2007 von der Generalversammlung angenommen wurde,

–  in Kenntnis des ILO-Übereinkommens Nr. 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker von 1989,

–  in Kenntnis des Internationalen Übereinkommens zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV) in der am 19. März 1991 in Genf angenommenen Neufassung,

–  in Kenntnis des WTO-Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums von 1995,

–  in Kenntnis des Internationalen Vertrags über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (ITPGR) von 2002 und das WHO-Rahmenübereinkommen bezüglich Grippeviren von 2011,

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen(1),

–  unter Hinweis auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2010 zu den strategischen Zielen der EU für die 10. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) in Nagoya (Japan) vom 18. bis 29. Oktober 2010(2),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen mit dem Titel „Lebensversicherung und Naturkapital: Eine Biodiversitätsstrategie der EU für das Jahr 2020“ (COM(2011)0244),

–  in Kenntnis der Aktivitäten und Berichte des zwischenstaatlichen Ausschusses für geistiges Eigentum, genetische Ressourcen, traditionelles Wissen und Folklore der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO),

–  in Kenntnis des Sitzungsberichts der Gruppe technischer und juristischer Sachverständiger über traditionelles Wissen im Zusammenhang mit genetischen Ressourcen im Rahmen der internationalen Regelung über den Zugang und den Vorteilsausgleich von 2009 (UNEP/CBD/WG-ABS/8/2),

–  in Kenntnis der vom Entwicklungsausschuss des Europäischen Parlaments in Auftrag gegebenen Studie mit dem Titel „Rechte des geistigen Eigentums in Bezug auf genetische Ressourcen und Bekämpfung von Armut“ von 2011,

–  in Kenntnis der Ramsar-Konvention von 1971 über Feuchtgebiete,

–  in Kenntnis des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen von 1973 (CITES),

–  gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis des Berichts des Entwicklungsausschusses und der Stellungnahmen des Ausschusses für internationalen Handel und des Haushaltsausschusses (A7-0423/2012),

A.  in der Erwägung, dass 70 % der in ländlichen und städtischen Gegenden lebenden Armen dieser Welt hinsichtlich ihres Überlebens und Wohlbefindens direkt von der biologischen Vielfalt abhängig sind;

B.  in der Erwägung, dass die Hauptziele des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) darin bestehen, die Erhaltung und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt zu fördern und gegen die Hindernisse, die ihre Nutzung verhindern, anzugehen;

C.  in der Erwägung, dass die Bereitsteller von genetischen Ressourcen und diejenigen, die über damit zusammenhängendes traditionelles Wissen verfügen, oft Entwicklungsländer mit großer biologischer Vielfalt sind;

D.  in der Erwägung, dass die nationalen Gesetze über den Zugang zu genetischen Ressourcen und den Vorteilsausgleich (ABS, access and benefit sharing), die im Zuge des CBD-Prozesses erlassen wurden, als Reaktion auf Bioprospektion und Biopiraterie entstanden sind;

E.  in der Erwägung, dass der Begriff „Biopiraterie“ für gewöhnlich als Praxis der Industrie zur Privatisierung und Patentierung des traditionellen Wissens oder genetischer Ressourcen indigener Völker ohne Genehmigung oder Entschädigung der Ursprungsländer definiert wird;

F.  in der Erwägung, dass das CBD Bioprospektoren vorschreibt, von Ursprungsländern oder lokalen und indigenen Gemeinschaften eine „vorherige Zustimmung nach Inkenntnissetzung“ (PIC, prior informed consent) einzuholen, „einvernehmlich vereinbarte Bedingungen“ (MAT, mutually agreed terms) mit ihnen auszuhandeln und hinsichtlich der Bioprospektion einen Vorteilsausgleich mit Ursprungsländern und -gemeinschaften vorzunehmen;

G.   in der Erwägung, dass das System des Zugangs und Vorteilsausgleichs (ABS), das im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt entsteht, komplementär zur WTO und ihren Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS-Übereinkommen), der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO), der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), dem Internationaler Verband zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) funktioniert;

H.  in der Erwägung, dass die ABS-Governance sich auch in einer Reihe von Menschenrechtsinstrumenten findet, einschließlich der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte von 1966 und des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966;

I.  in der Erwägung, dass Artikel 27 Absatz 3 Buchstabe b des TRIPS-Übereinkommens der WTO Regierungen dazu ermächtigt, Pflanzen, Tiere und „rein“ biologische Verfahren von der Patentierbarkeit auszuschließen, während Mikroorganismen sowie nichtbiologische und mikrobiologische Verfahren zur Patentierung zugelassen sind;

J.  in der Erwägung, dass die Biodiversität eine breite Palette von Ökosystemleistungen bereitstellt, z. B. lokale Wasserversorgung, Ernährung, Rohstoffe für die Sicherung des Lebensunterhalts und die Klimaregulierung; und in der Erwägung, dass die Umweltschädigung neue Herausforderungen für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung zahlreicher Arten und genetischer Ressourcen als Grundlage für Ernährungssicherheit und nachhaltige landwirtschaftliche Entwicklung schafft;

K.  in der Erwägung, dass der Internationale Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (ITPGR), der im Rahmen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ausgehandelt wurde, im Einklang mit dem CBD auf die Erhaltung und nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen in Ernährung und Landwirtschaft und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergebenden Vorteile abzielt;

L.  in der Erwägung, dass die OECD-Mitglieder sehr stark auf ausländische genetische Ressourcen, insbesondere für Kulturpflanzen, angewiesen sind, weshalb die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Erhaltung und der nachhaltigen Nutzung von genetischen Ressourcen unbedingt notwendig ist;

M.  in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge drei Viertel der Weltbevölkerung auf traditionelle Naturmedizin angewiesen sind und ca. die Hälfte der synthetisch hergestellten Medikamente aus Naturprodukten stammen;

N.  in der Erwägung, dass mehrere internationale Übereinkommen und Vereinbarungen, darunter das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD), der Internationale Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (ITPGR), die UN-Erklärung über die Rechte der indigenen Völker (UNDRIP) und die UNESCO-Konvention zum Schutz des immateriellen Kulturerbes traditionelles Wissen zum Gegenstand haben;

O.  in der Erwägung, dass die Vertragsparteien nach Artikel 8 Buchstabe j des CBD verpflichtet sind, traditionelles Wissen zu respektieren, zu bewahren und zu pflegen und eine ausgewogene Aufteilung der sich aus der Nutzung dieses Wissens ergebenden Vorteile zu fördern;

P.  in der Erwägung, dass in der UN-Erklärung über die Rechte der indigenen Völker von 2007 deren Recht, ihr traditionelles Wissen zu erhalten, zu überwachen, zu schützen und weiterzuentwickeln, bekräftigt wird;

Q.  in der Erwägung, dass die WIPO-Generalversammlung den zwischenstaatlichen Ausschuss 2009 angewiesen hat, ein internationales Instrument zu entwickeln, um genetische Ressourcen, traditionelles Wissen und Folklore zu schützen;

I.Artenvielfalt und Millenniums-Entwicklungsziele

1.  weist darauf hin, dass zwischen dem Schutz der biologischen Vielfalt und dem Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele, insbesondere des Millenniums-Entwicklungsziels 1, nämlich der Ausmerzung der extremen Armut und des Hungers; eine direkte Verbindung besteht; betont, wie wichtig eine gesunde biologische Vielfalt sowie ein gesundes Ökosystem unter dem Blickwinkel der nachhaltigen Entwicklung für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei ist;

2.  betont, dass das CBD beträchtlich von anderen internationalen Umweltverträgen abweicht, da Ausgewogenheit, Gerechtigkeit und Rechtmäßigkeit bei der Erhaltung und der Nutzung der biologischen Vielfalt eine explizite, wesentliche Rolle spielen;

3.  betont, dass es zwar keine allgemein anerkannte Definition für den Begriff „Biopiraterie“ gibt, dieser sich jedoch auf die Zweckentfremdung und/oder die unerlaubte kommerzielle Ausnutzung von traditionellem Wissen und genetischen Ressourcen beziehen kann, und dass weitere Maßnahmen zur Klärung und Konsolidierung der Rechtsterminologie erforderlich sind, insbesondere im Hinblick auf eine Definition des Begriffs „Biopiraterie“ auf der Grundlage zuverlässiger Daten;

4.  weist auf die Herausforderungen hin, mit denen Entwicklungsländer aufgrund von Rechten des geistigen Eigentums an genetischen Ressourcen und traditionellem Wissen hinsichtlich des Zugangs zu Arzneimitteln, der Herstellung von Generika und des Zugangs von Landwirten zu Saatgut konfrontiert sind; betont dementsprechend, dass die Handelspolitik der EU im Zusammenhang mit den Rechten des geistigen Eigentums mit dem im EU-Vertrag verankerten Ziel der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung in Einklang stehen muss;

5.  erinnert daran, dass das CBD und das Nagoya-Protokoll den Hauptrahmen für die Governance bezüglich des ABS bilden; merkt an, dass die Governance in Bezug auf Rechte des geistigen Eigentums, genetische Ressourcen und die Armutsbekämpfung auch WTO, FAO, WHO und WIPO betreffen, wodurch sich weitere Herausforderungen bezüglich der Sicherstellung eines kohärenten Ansatzes für deren Unterstützung des CBD-Prozesses ergeben; fordert nachdrücklich, dass diese internationalen Institutionen den CBD-Prozess unterstützen und ihn nicht unterlaufen;

6.  bekräftigt , dass es die Meilensteine respektiert, die in Bezug auf den internationalen Schutz der Rechte indigener Völker auf ihre genetischen und sonstigen Ressourcen und ihr entsprechendes traditionelles Wissen – welche in der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker, im ILO-Übereinkommen Nr. 169, in Artikel 8 Buchstabe j des Übereinkommens über die biologische Vielfalt sowie im Protokoll von Nagoya verankert sind – festgelegt wurden; äußert sich besorgt über die genetische Verarmung, die eine Folge der fast ausschließlichen Beherrschung des Marktes durch industriell erzeugtes Saatgut ist, d. h. Saatgut, das zum Nachteil traditioneller Saatgutsorten durch Rechte des geistigen Eigentums geschützt ist;

Landwirtschaft und Gesundheit

7.  weist darauf hin, wie wichtig eine große Auswahl an pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (GRFA) zur Gewährleistung besserer Ökosystemleistungen ist; betont, dass die Verwendung von GRFA für die Ernährungssicherheit, die Nachhaltigkeit in den Bereichen Landwirtschaft und Umwelt sowie zur Bekämpfung des Klimawandels unentbehrlich ist;

8.  weist darauf hin, dass die Erreichung des Millenniums-Entwicklungsziels 1 u. a. davon abhängt, wie wir landwirtschaftliche Ökosysteme bewirtschaften; betont in diesem Zusammenhang, dass eine Reduzierung der möglichen negativen Auswirkungen der Landwirtschaft auf die Umwelt eine große pflanzengenetische Vielfalt erfordert, um bessere Ökosystemleistungen sicherstellen zu können, die Kulturpflanzenvielfalt es insbesondere aber auch armen und Kleinlandwirten ermöglicht, ihre Ernährung und ihre Einkommen zu diversifizieren; betont ebenso, dass die pflanzengenetische Vielfalt die Widerstandsfähigkeit in Bezug auf den Klimawandel verbessert;

9.  weist darauf hin, dass wilde Arten von Kulturpflanzen, die für die Ernährungssicherheit der Mitgliedstaaten der EU wichtig sind, in Entwicklungsländern weit verbreitet sind; fordert die EU auf, im Rahmen des UPOV-Übereinkommens auf die Einführung von Gesetzen, die negative Auswirkungen auf die Abhängigkeit der Landwirte von geerntetem Saatgut haben könnten, zu verzichten, da dies das Recht auf Nahrung in den Entwicklungsländern verletzen würde;

10.  erinnert daran, dass Ausnahmeregelungen für Landwirte nach dem UPOV-Übereinkommen von besonderer Bedeutung für Entwicklungsländer sind, weil sie den Landwirten die Möglichkeit einräumen, Saatgut aus Neuzüchtungen aufzubewahren und für ihre Ernährung wieder auszusäen (wodurch die Ernährungssicherheit verbessert wird); bedauert jedoch, dass es zwar im Interesse der Entwicklungsländer wäre, Ausnahmeregelungen bezüglich der Rechte von Pflanzenzüchtern beizubehalten und zu erweitern, die Rechte der Landwirte in mehreren aufeinander folgenden Reformen des UPOV-Übereinkommens jedoch geschwächt wurden;

11.  stellt fest, dass die FAO eine führende Rolle bei der Entwicklung spezieller ABS-Regelungen im Bereich der Ernährung und Landwirtschaft einnimmt; ruft die EU dazu auf, die Bedürfnisse der Entwicklungsländer hinsichtlich der Sicherung eines angemessenen Vorteilsausgleichs in allen neuen sektoralen Mechanismen/Instrumenten im Rahmen der FAO sowie hinsichtlich der Sicherstellung der Vereinbarkeit und einer Erweiterung der Synergieeffekte mit dem CBD und dessen Nagoya-Protokoll zu unterstützen;

12.  weist darauf hin, dass genetische Ressourcen unter anderem in Form von Kräuterarzneien erheblich zur pharmazeutischen Forschung und Entwicklung und einem besseren Zugang zu Arzneimitteln beitragen; bekräftigt, dass Rechte des geistigen Eigentums den Zugang zu erschwinglichen Arzneimitteln nicht behindern dürfen, insbesondere, wenn sich diese Rechte auf genetische Ressourcen aus Entwicklungsländern stützen;

13.  ruft die EU gemäß dem Grundsatz der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung auf, Entwicklungsländer und vor allem die am wenigsten entwickelten Länder nicht dazu zu drängen, durch bilaterale Vereinbarungen weitreichende Normen im Bereich der Rechte des geistigen Eigentums, beispielsweise im Zusammenhang mit Saatgut und Arzneimitteln, zu akzeptieren;

14.  betont, dass die Bekämpfung der Biopiraterie die Umsetzung und Ausweitung der bestehenden Vereinbarungen über den multilateralen Zugang und den Vorteilsausgleich in den Bereichen Landwirtschaft und Gesundheit erfordert, etwa des Internationalen Vertrags über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (ITPGR), zum Beispiel indem neue Möglichkeiten der Mittelbeschaffung für den Vorteilsausgleichsfonds erkundet werden, oder des Regierungstreffens der WHO zur Vorsorge gegen eine Influenzapandemie;

15.  ist der Ansicht, dass künftige bilaterale Abkommen und multilaterale Übereinkommen mit dem Ziel der Harmonisierung, insbesondere jene über den Umfang der Ausnahmen und Einschränkungen von Patentrechten, sorgfältig unter dem Blickwinkel der Entwicklung zu prüfen sind, um globale Gerechtigkeit im Gesundheitswesen im Sinne der Umsetzung von Absatz 6 der Erklärung von Doha über das TRIPS-Übereinkommen zu schaffen, lokales Wissen zu bewahren und hinsichtlich der Rechte von Pflanzenzüchtern den Zugang zu Saatgut sicherzustellen;

II.  Rechte indigener und lokaler Gemeinschaften bezüglich traditionellen Wissens

16.  stellt fest, dass traditionelles Wissen das Wissen bezeichnet, über das spezifische indigene und lokale Gemeinschaften verfügen und das von verschiedenen Gesellschaftsschichten einer bestimmten Region oder eines bestimmten Landes geteilt wird; betont, dass traditionelles Wissen „immaterielle Werte“ beinhaltet, und dass die Erhaltung des Kulturerbes in allen seinen Ausdrucksformen, ob sozial, religiös, kulturell oder landschaftlich, in der Tat von höchster Bedeutung ist;

17.  weist darauf hin, dass drei Viertel der Weltbevölkerung auf traditionelle Naturmedizin angewiesen sind; ist daher der Meinung, dass die Biopiraterie den Schutz traditionellen Wissens unbedingt erfordert, insbesondere im Zusammenhang mit genetischen Ressourcen von wirtschaftlichem Wert für die Industrie;

18.  weist auf die Gefahr hin, traditionelles Wissen lediglich von einem wirtschaftlichen Standpunkt aus zu bewerten; hebt hervor, dass der bestehende Rahmen für Rechte des geistigen Eigentums nicht auf eine so vielschichtige Gruppe wie Menschen mit traditionellem Wissen angewendet werden kann; betont daher die Notwendigkeit der Ausarbeitung einer spezifischen internationalen Regelung für Rechte des geistigen Eigentums, die die Interessenvielfalt lokaler Gemeinschaften erhält und das Gewohnheitsrecht usw. widerspiegelt;

19.  stellt mit Besorgnis fest, dass die Schwierigkeiten, vor denen Menschen mit traditionellem Wissen stehen, die Bereiche Überwachung und Durchsetzung betreffen, d. h. die Feststellung von Verstößen und das Ergreifen rechtzeitiger Abhilfemaßnahmen; bedauert diesbezüglich, dass das traditionelle Wissen in Zusammenhang mit genetischen Ressourcen von keiner der Überwachungsmaßnahmen des Nagoya-Protokolls abgedeckt wird, da keine Verpflichtung zur Offenlegung der „Eckdaten“ des genutzten traditionellen Wissens besteht, und die Verpflichtung zur Vorlage einer international anerkannten Bescheinigung nicht für traditionelles Wissen in Zusammenhang mit genetischen Ressourcen gilt, wodurch die Möglichkeiten zur Verfolgung von Biopiraterie in diesem Bereich eingeschränkt sind; ist der Ansicht, dass die EU bei der Umsetzung des Nagoya-Protokolls dem traditionellen Wissen mindestens das gleiche Schutzniveau zubilligen sollte wie den genetischen Ressourcen;

20.  betont, dass die zum Schutz von genetischen Ressourcen und entsprechendem traditionellen Wissen aufgestellten Regelungen im Einklang mit internationalen Verpflichtungen zur Stärkung und Achtung der Rechte indigener Völker stehen müssen, die in der UN-Erklärung über die Rechte der indigenen Völker (UNDRIP) von 2007 und im ILO-Übereinkommen Nr. 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker von 1989 verankert sind;

21.  erkennt an, dass geistiges Eigentum und das Patentsystem bei der Förderung von Innovation sowie des Transfers und der Verbreitung von Technologie zum gegenseitigen Vorteil von Akteuren und von Bereitstellern, Inhabern und Nutzern genetischer Ressourcen, ihrer Derivate und des entsprechenden traditionellen Wissens in einer dem Wohlstand und der Entwicklung förderlichen Weise eine Rolle spielen können, hebt jedoch gleichzeitig hervor, dass negative Auswirkungen der Rechte des geistigen Eigentums und des Patentsystems auf die Anwendung des traditionellen Wissens indigener Völker und ortsansässiger Gemeinschaften, ihrer Rechte und Praktiken und ihres Wissenssystems sowie ihrer Fähigkeit, ihr Wissen im Bereich der genetischen Ressourcen zu nutzen, weiterzuentwickeln, zu schaffen und zu schützen, vermieden werden müssen; weist darauf hin, dass unter bestimmten Umständen Verträge von indigenen Völkern oder ortsansässigen Gemeinschaften möglicherweise als praktikablere Lösung betrachtet werden, um gemeinsam davon zu profitieren und ihre Interessen zu schützen, gleichzeitig jedoch auch die Umwelt zu schützen und gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nachteilen vorzubeugen, z. B. mit Hilfe von Schutzklauseln;

III.  Bekämpfung der Biopiraterie – die richtige Richtung

22.  weist darauf hin, dass Biopiraterie auf den Mangel an nationalen Regelungen und Durchsetzungsmechanismen in den Entwicklungsländern sowie auf einen mangelnden Mechanismus zur Erfüllungskontrolle in den Industrieländern zurückzuführen ist, der sicherstellen würde, dass die genetischen Ressourcen gemäß den PIC-Anforderung und den einvernehmlich vereinbarten Bedingungen sowie unter Einhaltung der nationalen ABS-Rechtsvorschriften der Bereitstellerländer erworben wurden; begrüßt diesbezüglich den von der Kommission vorgelegten Entwurf einer Verordnung, der die Umsetzung des Protokolls von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergebenden Vorteile zum Ziel hat; fordert zudem nachdrücklich, dass wirksame Mechanismen bereitgestellt werden müssen, die in Streitfällen die Einleitung rechtlicher Schritte und den Zugang zu Gerichten ermöglichen;

23.  erinnert daran, dass die effektive Umsetzung des Protokolls von den Maßnahmen abhängt, die sowohl in Entwicklungsländern als auch in Industrieländern getroffen werden; merkt an, dass die Ausarbeitung von ABS-Rechtsvorschriften in Entwicklungsländern eine Voraussetzung für die Verpflichtung der Nutzerländer zur Einhaltung der PIC-Anforderung (vorherige Zustimmung nach Inkenntnissetzung) ist; weist allerdings darauf hin, dass diese Forderung eine große Herausforderung für die Entwicklungsländer darstellt, da sie den Aufbau beträchtlicher juristischer und institutioneller Kapazitäten erfordert;

24.  betont, dass die Ziele des CBD nur erreicht werden können, wenn ein ausgewogener und gerechter Vorteilsausgleich gewährleistet ist; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, das Nagoya-Protokoll rasch zu ratifizieren, um die Biopiraterie zu bekämpfen sowie die Ausgewogenheit und Gerechtigkeit beim Austausch genetischer Ressourcen zu verbessern; unterstreicht die Bedeutung der Entwicklungszusammenarbeit der EU für die Unterstützung der Entwicklungsländer beim Aufbau juristischer und institutioneller Kapazitäten für Fragen des Zugangs und des Vorteilsausgleichs; ist der Meinung, dass Entwicklungsländer dabei unterstützt werden sollten, Datenbanken zu traditionellem Wissen aufzubauen und Patentanmeldesystemen zu verstehen;

25.  wiederholt, dass, vor dem Hintergrund der Entschließung vom 10. Mai 2012 zu der Patentierung von im Wesentlichen biologischen Verfahren(3), ein zu umfassender Patentschutz im Bereich Züchtung ein Innovations- und Fortschrittshindernis darstellen und für kleine und mittlere Züchter von Nachteil sein kann, indem ihnen der Zugang zu genetischen Ressourcen versperrt wird;

Verbesserung der Anforderungen an Datenbanken und Offenlegung im Zusammenhang mit genetischen Ressourcen und traditionellem Wissen

26.  verweist auf den Vorschlag der Entwicklungsländer für eine verbindliche Regelung zur Verpflichtung von Patentanmeldern dazu, (a) die Quelle und den Ursprung von in Erfindungen verwendeten genetischen Ressourcen und dem entsprechenden traditionellen Wissen offenzulegen, (b) den Nachweis der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung (PIC) durch die zuständigen Behörden im Bereitstellerland zu liefern und (c) den Nachweis eines ausgewogenen und gerechten Vorteilsausgleichs in Form eines internationalen Ursprungszeugnisses zu liefern;

27.  bedauert den Mangel an eindeutigen Statistiken über Biopiraterie und Zweckentfremdung und fordert mehr EU-Forschung und Offenlegung von Informationen in diesem Bereich, um dem Abhilfe zu schaffen; betont darüber hinaus, dass bessere Daten zu Anzahl und Inhalten von ABS-Verträgen erforderlich sind; vertritt die Auffassung, dass diese durch die Einrichtung eines Benachrichtigungs- und Datenbanksystems über den CBD-Clearing-House-Mechanismus gesammelt werden könnten;

28.  ist der Ansicht, dass ein verbindliches Instrument den sichersten Weg darstellt, um dafür zu sorgen, dass in dem von den Nutzerländern umgesetzten System der Rechte des geistigen Eigentums Maßnahmen hinsichtlich der biologischen Vielfalt vorgesehen werden; fordert, dass Schritte unternommen werden, damit die Genehmigung von Patenten an die Erfüllung einer verbindlichen Anforderung der Offenlegung des Ursprungs jedweder genetischen Ressource und jeglichen traditionellen Wissens in Patentanmeldungen gebunden wird; betont, dass eine solche Offenlegung einen Nachweis enthalten sollte, dass die betreffenden genetischen Ressourcen und das entsprechende traditionelle Wissen gemäß den anzuwendenden Vorschriften (z. B. vorherige Zustimmung nach Inkenntnissetzung und einvernehmlich vereinbarte Bedingungen) erworben wurden;

29.  betont, dass ein internationales Instrument, das Offenlegungsanforderungen und Datenbanken zum Schutz genetischer Ressourcen umfasst, kein Ersatz für einen wirksamen Mechanismus des Zugangs und Vorteilsausgleichs auf nationaler Ebene ist;

30.  ist der Ansicht, dass die direkte Benachrichtigung durch Nutzer von Unternehmen, die genetische Ressourcen oder entsprechendes traditionelles Wissen, Konformitätsbescheinigungen und die Sondierung von juristischen Möglichkeiten innerhalb und außerhalb der nationalen Gerichtsbarkeit nutzen, ebenfalls wirksam dazu beitragen kann, die Biopiraterie in Schranken zu halten;

31.  vertritt die Auffassung, dass ein klares und kohärentes System von Eigentumsrechten einen Beitrag zu der Schaffung von Wissen und dessen Verbreitung in Entwicklungsländern zugunsten von lokalem Unternehmertum, Forschung, Bildung und Armutsbekämpfung leisten würde;

Der Weg zu einem kohärenten globalen Verwaltungssystem

32.  fordert nachdrücklich, dass das TRIPS-Übereinkommen der WTO mit dem Nagoya-Protokoll zum CBD vereinbar sein sollte, und hält es für unabdingbar, verbindliche Anforderungen zur Offenlegung des Ursprungs genetischer Ressourcen bei Patentverfahren einzuführen und folglich Überprüfungen zu ermöglichen, ob diese Ressourcen rechtmäßig und in Übereinstimmung mit der PIC-Anforderung und den einvernehmlich vereinbarten Bedingungen erworben wurden;

33.  betont, dass diese Anforderungen durch eine Änderung des TRIPS-Übereinkommens der WTO oder im Rahmen der WIPO eingeführt werden könnten, und zwar im Kontext der fortgesetzten Diskussionen über die Einrichtung eines neuen Rechtsinstruments bzw. neuer Rechtsinstrumente auf internationaler Ebene für den wirksamen Schutz genetischer Ressourcen, traditionellen Wissens und Folklore; ruft insbesondere die EU dazu auf, im Einklang mit der PCD (Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung) die Forderung der Entwicklungsländer zu unterstützen, das TRIPS-Übereinkommen der WTO durch Einfügen eines neuen Artikels 29a über die Offenlegung des Ursprungs genetischer Ressourcen und/oder des entsprechenden traditionellen Wissens gemäß dem Nagoya-Protokoll zu ändern; begrüßt als einen ersten Schritt die Tatsache, dass im EU-Vorschlag für eine Verordnung über Zugang zu genetischen Ressourcen und Vorteilsausgleich vorgesehen ist, die Offenlegung des Ursprungs jeglicher genetischer Ressourcen und des entsprechenden traditionellen Wissens verbindlich vorzuschreiben;

34.  fordert die Kommission auf, ihre Verhandlungsführer im zwischenstaatlichen Ausschuss (IGC) der WIPO und bei der Überprüfung des TRIPS-Abkommens zu beauftragen, das Protokoll von Nagoya als ihren Ausgangspunkt zu betrachten und sich bei den Verhandlungen darauf zu konzentrieren, den Rechtsrahmen des CBD(4) und sein Protokoll von Nagoya mit der WIPO, TRIPS, dem ITPGRFA(5) und dem UPOV(6) sowie in Bezug auf meeresgenetische Ressourcen mit dem UNCLOS(7) abzustimmen; stellt fest, dass das TRIPS-Abkommen am wenigsten entwickelte Länder vorübergehend ausschließt(8); betont, dass dieser Ansatz in Bezug auf eine mögliche Überarbeitung aufgrund des CBD-Nagoya-Prozesses beibehalten werden muss;

35.  begrüßt Initiativen, die eine Alternative zu rein handelsorientierten Einrichtungen darstellen, etwa das Globale Zentrum für Informationen über die biologische Vielfalt (GBIF), das den kostenlosen und freien Zugang zu Daten über die biologische Vielfalt durch eine weltweite Zusammenarbeit verschiedener Regierungen, Organisationen und anderer internationaler Akteure fördert;

36.  erkennt die Arbeit des zwischenstaatlichen Ausschusses „Rechte des geistigen Eigentums und genetische Ressourcen“ der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) an, und empfiehlt, dass auf Ebene der EU ähnliche Maßnahmen ergriffen sowie kohärente Definitionen verwendet werden;

o
o   o

37.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl. L 213 vom 30.7.1998, S. 13.
(2) ABl. C 371 E vom 20.12.2011, S. 14.
(3) Angenommene Texte, P7_TA(2012)0202.
(4) Übereinkommen über die biologische Vielfalt.
(5) Internationaler Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft.
(6) Internationaler Verband zum Schutz von Pflanzenzüchtungen.
(7) Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen.
(8) Artikel 66 Absatz 1 TRIPS; Beschluss des TRIPS-Rates vom 29. November 2005.

Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen