Empfehlung des Europäischen Parlaments vom 13. Juni 2013 an den Rat zu dem Entwurf von Leitlinien der EU zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit (2013/2082(INI))
Das Europäische Parlament,
– in Kenntnis des Vorschlags für eine Empfehlung an den Rat von Laima Liucija Andrikienė im Namen der PPE-Fraktion zu dem Entwurf von Leitlinien der EU zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit (B7-0164/2013),
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und die Erklärung der Vereinten Nationen über die Beseitigung aller Formen der Intoleranz und der Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Weltanschauung,
– unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie die Allgemeine Bemerkung Nr. 22 des Ausschusses der Vereinten Nationen für Menschenrechte(1),
– gestützt auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates von 2009 und 2011 zu Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt aus Gründen der Religion oder der Weltanschauung(2),
– unter Hinweis auf den am 25. Juni 2012 vom Rat verabschiedeten Strategischen Rahmen und den Aktionsplan der EU für Menschenrechte und Demokratie(3),
– unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 12. Dezember 2011 mit dem Titel „Menschenrechte und Demokratie im Mittelpunkt des auswärtigen Handelns der EU – ein wirksamerer Ansatz“ (COM(2011)0886)),
– unter Hinweis auf seine Empfehlung an den Rat vom 13. Juni 2012 zu dem EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte(4) und den Beschluss 2012/440/GASP des Rates vom 25. Juli 2012 zur Ernennung des Sonderbeauftragten der Europäischen Union für Menschenrechte(5),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Dezember 2012 zur Überprüfung der EU-Menschenrechtsstrategie(6),
– unter Hinweis auf seine Entschließungen zu den Jahresberichten über Menschenrechte und Demokratie in der Welt und die Politik der Europäischen Union in diesem Bereich(7),
– gestützt auf Artikel 36 des Vertrags über die Europäische Union,
– unter Hinweis auf den Entwurf von Leitlinien der EU zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit (nachfolgend „die Leitlinien“),
– gestützt auf Artikel 121 Absatz 3 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A7-0203/2013),
A. in der Erwägung, dass sich die EU bei ihrem gesamten Handeln auf internationaler Ebene gemäß Artikel 21 EUV von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, der universellen Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der Achtung der Menschenwürde, dem Grundsatz der Gleichheit und dem Grundsatz der Solidarität sowie der Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts leiten lässt;
B. in der Erwägung, dass die Religions- und Weltanschauungsfreiheit, einschließlich theistischer, nichttheistischer und atheistischer Weltanschauungen, des Rechts, nicht zu glauben, und des Rechts, die Religion oder die Weltanschauung zu wechseln, ein allgemeingültiges Menschenrecht und eine grundlegende Freiheit jedes Menschen ist und mit anderen Menschenrechten und Grundfreiheiten in Zusammenhang steht, wie in Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgehalten;
C. in der Erwägung, dass es wiederholt ein ambitioniertes Instrumentarium zur Förderung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit als Teil der Außenpolitik der EU gefordert hat;
D. in der Erwägung, dass es in diesem Zusammenhang die Verpflichtung der EU, gemäß dem EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie Leitlinien zur Religions- und Weltanschauungsfreiheit aufzustellen, begrüßt und betont hat, dass das Europäische Parlament und Organisationen der Zivilgesellschaft in die Ausarbeitung dieser Leitlinien einbezogen werden müssen;
E. in der Erwägung, dass alle Staaten gemäß den Normen des internationalen Rechts dazu verpflichtet sind, alle ihre Bürger und alle anderen ihren jeweiligen Rechtssystemen unterworfenen Personen wirksam zu schützen; in der Erwägung, dass aus einigen Regionen der Welt über die Verfolgung von Menschen und ihren Familien, Gemeinschaften sowie Kultstätten und Einrichtungen aufgrund ihrer jeweiligen Religionszugehörigkeit, ihrer Überzeugungen oder der legitimen öffentlichen Ausübung ihrer Religion oder Darlegung ihrer Weltanschauung berichtet wird; in der Erwägung, dass Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Weltanschauung nach wie vor überall auf der Welt – auch in Europa und in seiner Nachbarschaft – anzutreffen ist und dass Personen, die bestimmten Religionsgemeinschaften, auch religiösen Minderheiten, bzw. keiner Religion angehören, noch in vielen Ländern weiterhin ihre Menschenrechte verweigert werden und sie aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit oder ihrer Weltanschauung immer wieder diskriminiert, verhaftet, verurteilt und in vielen Ländern vereinzelt sogar hingerichtet werden;
1. richtet folgende Empfehlungen an den Rat:
Handlungsbedarf
(a) Ein vorrangiges Ziel der Außenpolitik der EU muss in der Förderung des Rechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit sowie im Schutz vor Verstößen gegen diese Freiheiten bestehen.
(b) In vielen Teilen der Welt kommt es noch immer zu Gewalt gegen sowie Verfolgung und Diskriminierung von Menschen, die Religionsgemeinschaften und Minderheiten angehören oder eine nicht-religiöse Weltanschauung praktizieren; der Mangel an religiöser Toleranz, die fehlende Bereitschaft zum Dialog und die Tatsache, dass es kein ökumenisches Zusammenleben gibt, führen häufig zu politischen Unruhen, Gewalt und offenen bewaffneten Konflikten, die Menschenleben in Gefahr bringen und die regionale Stabilität beeinträchtigen; die deutliche und umgehende Missbilligung aller Formen von Gewalt und Diskriminierung durch die Europäische Union sollte ein grundsätzlicher Bestandteil der EU-Politik im Bereich der Religions- und Weltanschauungsfreiheit sein; besonders wichtig sollte die Lage der Menschen genommen werden, die ihre Religion oder ihre Weltanschauung gewechselt haben, da sie in der Praxis in manchen Ländern sozialem Druck, Einschüchterung oder offener Gewalt ausgesetzt sind.
Zweck und Anwendungsbereich
(c) Zum Zweck und zum Anwendungsbereich der EU-Leitlinien sollten die Förderung und der Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit in Drittländern, die durchgängige Berücksichtigung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit im außenpolitischen Handeln und in der Menschenrechtspolitik der EU sowie die Aufstellung klarer Maßstäbe, Kriterien, Normen und praktischer Anleitungen gehören, damit die Förderung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit in der Tätigkeit von Beamten der EU-Organe und der Mitgliedstaaten besser zur Geltung kommt und auf diese Weise ein Beitrag zu mehr Abstimmung sowie besserer Wirksamkeit und Wahrnehmbarkeit der EU in ihren Außenbeziehungen geleistet wird.
Begriffsbestimmungen
(d) Da der Erfolg ihrer Umsetzung davon abhängt, sollten in den Leitlinien klar umrissene Definitionen verwendet und das Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit im Einklang mit dem internationalen Recht angemessen und umfassend geschützt werden, sowohl was Äußerungen im privaten und öffentlichen Umfeld als auch was individuelle, kollektive und institutionelle Gesichtspunkte betrifft; hierzu gehört u. a. das Recht zu glauben bzw. nicht zu glauben, das Recht, die Religionszugehörigkeit oder die Weltanschauung zu wechseln, die Freiheit der Meinungsäußerung, die Versammlungs- und die Vereinigungsfreiheit sowie das Recht von Eltern, ihre Kinder nach ihren moralischen, religiösen oder nicht religiösen Überzeugungen zu erziehen; klare Begriffsbestimmungen und umfassender Schutz müssen außerdem für die folgenden Rechte gewährleistet sein: die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit von auf Religion oder moralischen Werten gegründeten Einrichtungen und die Achtung ihrer Unabhängigkeit, das Recht auf Verweigerung aus Gewissensgründen, das Asylrecht, das Recht, Ruhetage einzuhalten und Feiertage und Zeremonien im Einklang mit den Regeln der jeweiligen Religion oder der jeweiligen Weltanschauung zu begehen und das Grundrecht auf den Schutz des Eigentums.
Operative Leitlinien
(e) Die Leitlinien sollten sich auf das internationale Recht sowie auf von der internationalen Gemeinschaft anerkannte und ratifizierte Verträge stützen.
Verhältnismäßigkeit
(f) Aufgrund des Entwurfs der Leitlinien und im Einklang mit den von der internationalen Gemeinschaft anerkannten Grundsätzen darf kein Zwang, einer Religion oder einer Weltanschauung anzugehören oder sie anzunehmen, ausgeübt werden, und die Freiheit von Eltern und Vormunden, Kinder nach religiösen und moralischen Werten zu erziehen, darf nicht eingeschränkt werden. Jede andere Form der Ausübung des Rechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit darf nur jenen Beschränkungen unterliegen, „die vom Gesetz vorgeschrieben und notwendig sind, um die öffentliche Sicherheit, Ordnung, Gesundheit oder Moral oder die Grundrechte und Freiheiten anderer zu schützen“(8); gleichzeitig müssen die Beschränkungen eng ausgelegt und in einem angemessenen und unmittelbaren Verhältnis zu den geschützten Rechten anderer stehen, und es muss ein geeigneter Ausgleich gefunden werden; das Kriterium der Verhältnismäßigkeit sollte folglich in den Leitlinien betont werden.
Recht auf freie Meinungsäußerung
(g) Zwar sind Religions- und Weltanschauungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung Rechte, die sich gegenseitig stärken, doch sollte die EU in Fällen, in denen diese beiden Rechte im Gegensatz zueinander stehen, auch beachten, dass die Instrumente der modernen Medien eine engere Verbindung zwischen Kulturen und Glaubensrichtungen herstellen können; aus diesem Grund müssen Schritte zur Unterbindung von interkultureller Gewalt unternommen werden, wenn diese als Reaktion auf kritische oder vor allem lächerlich machende oder spöttische Aussagen erfolgt, die im Rahmen des Rechts auf freie Meinungsäußerung gemacht wurden; in diesem Zusammenhang sollte die EU zum Abbau solcher Spannungen beitragen, indem sie beispielsweise gegenseitiges Verständnis und Dialog unterstützt, sie sollte unmissverständlich jede Gewalttat missbilligen, die als Reaktion auf solche Aussagen begangen wird, und sie sollte entschieden jedem Versuch entgegentreten, der darauf abzielt, die freie Meinungsäußerung in religiösen Angelegenheiten beispielsweise durch Blasphemie-Gesetze zu kriminalisieren.
Aspekt der Religions- und Weltanschauungsfreiheit in Gemeinschaft mit anderen
(h) In den Leitlinien sollte klar darauf hingewiesen werden, dass zur Religions- und Weltanschauungsfreiheit auch grundsätzlich das Recht jedes Menschen gehört, sie allein oder in Gemeinschaft mit anderen auszuüben; dies schließt folgende Freiheiten ein:
–
die Freiheit, an Kulten oder Versammlungen im Zusammenhang mit einer Religion oder einer Weltanschauung teilzunehmen, sowie Orte und religiöse Stätten für diese Zwecke zu errichten und zu erhalten;
–
die Freiheit, sich nicht an religiösen Handlungen oder Veranstaltungen zu beteiligen,
–
die Freiheit, angemessene religiöse, medien-, bildungs- oder gesundheitsbezogene, soziale, wohltätige oder humanitäre Einrichtungen einzurichten und aufrechtzuerhalten;
–
die Freiheit, von Einzelpersonen und Institutionen freiwillige Finanzhilfe und andere Spenden zu erbitten und entgegenzunehmen;
–
die Freiheit, den Anforderungen und Normen der betreffenden Religion oder Weltanschauung entsprechende geeignete Führungskräfte auszubilden, zu ernennen, zu wählen oder als Nachfolger zu benennen;
–
die Freiheit, auf nationaler und internationaler Ebene Kontakte mit Einzelpersonen und Gemeinschaften zu religiösen und weltanschaulichen Themen aufzubauen und zu pflegen; darüber hinaus sollte in den Leitlinien darauf hingewiesen werden, dass das Recht auf Ausübung der Religion in Gemeinschaft mit anderen, bei dem stets die individuellen Freiheiten geachtet werden müssen, nicht unnötigerweise auf offiziell anerkannte Kultstätten beschränkt sein sollte, und dass alle unzulässigen Beschränkungen der Versammlungsfreiheit von der EU verurteilt werden sollten; in den Leitlinien sollte die Verpflichtung von Staaten betont werden, sich auch in Bezug auf symbolische oder finanzielle Unterstützung neutral und unparteiisch gegenüber religiösen Gruppen zu verhalten.
(i)
vertritt die Auffassung, dass Säkularismus im Sinne einer strengen Trennung zwischen religiösen und politischen Instanzen bedeutet, dass jegliche religiöse Einmischung in die Arbeitsweise des Staates und jede öffentliche Einmischung in religiöse Angelegenheiten abzulehnen ist, sofern nicht Sicherheit und öffentliche Ordnung (sowie die Achtung der Freiheit von anderen) aufrechterhalten werden müssen; darüber hinaus garantiert Säkularismus allen Menschen (egal ob Gläubigen, Agnostikern und Atheisten) in gleichem Maße die Freiheit des Gewissens;
Voraussetzungen für die Eintragung
(j) Die EU sollte tätig werden, wenn die Bedingungen für eine Eintragung religiöser oder weltanschaulicher Organisationen die Religions- und Weltanschauungsfreiheit in unangemessener Weise einschränken. Eine Eintragung sollte nicht als Voraussetzung für die Ausübung des Menschenrechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit verstanden werden, da dieses Recht nicht von verwaltungstechnischen oder gesetzlichen Anforderungen abhängig gemacht werden darf; die EU sollte sich für die Abschaffung von Rechtsregeln – wie beispielsweise der Verpflichtung zur Eintragung der Religion eines Menschen in seine Personenstandsdaten – einsetzen, wenn durch diese Regeln Personen diskriminiert werden, die einer nicht religiösen Weltanschauung anhängen oder ihre Religion oder Weltanschauung gewechselt haben.
Bildung
(k) Gemäß international anerkannten Normen genießen die Eltern oder der gesetzliche Vormund eines Kindes die Freiheit, für ihre Kinder eine ihren eigenen Überzeugungen entsprechende religiöse und sittliche Ausbildung zu wählen, und das Kind darf nicht gezwungen werden, an Religions- oder Weltanschauungsunterricht, der im Widerspruch zu den Wünschen seiner Eltern oder seines gesetzlichen Vormunds steht, teilzunehmen, wobei die Interessen des Kindes ausschlaggebend zu sein haben; das Recht der Eltern, ihre Kinder im Einklang mit ihren religiösen oder nicht religiösen Überzeugungen zu erziehen, schließt das Recht ein, jede unangemessene und ihren religiösen oder nicht religiösen Überzeugungen zuwiderlaufende Einmischung von staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren in die Erziehung zurückzuweisen; die Leitlinien sollten diese Aspekte der Religions- und Weltanschauungsfreiheit betonen und darüber hinaus die Säkularisierung im öffentlichen Bildungswesen sicherstellen, und die Delegationen der EU sollten geeignete Schritte unternehmen, wenn dieser Grundsatz nicht beachtet wird.
Familien- und Sozialrecht
(l) Die EU sollte besonders auf Diskriminierung aufgrund von Religion oder Weltanschauung achten, die auf dem Familien- und Sozialrecht von Drittstaaten beruht, vor allem, aber nicht nur im Zusammenhang mit dem Recht auf Eheschließung und dem Sorgerecht.
Das Recht auf Verweigerung aus Gewissensgründen
(m) Die Leitlinien sollten das Recht auf eine Verweigerung des Militärdienstes aus Gewissensgründen als legitime Ausübung des Rechts auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit enthalten; die EU sollte Staaten, in denen Militärpflicht gilt, auffordern, einen Ersatzdienst (ohne Waffen oder im zivilen Bereich) vorzusehen, der im öffentlichen Interesse stehen und keiner Bestrafung gleichkommen sollte, und von einer Strafe (auch Gefängnisstrafen) für Militärdienstverweigerer aus Gewissensgründen abzusehen.
Asylrecht
(n) Die EU sollte Drittstaaten nahelegen, Flüchtlinge aufzunehmen, die aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung verfolgt werden, und ihnen Asyl zu gewähren, vor allem dann, wenn die Flüchtlinge mit Tod oder Gewalt bedroht sind. Die Mitgliedstaaten der EU sollten ihre Anstrengungen zur Aufnahme von Flüchtlingen, die wegen ihrer Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung verfolgt werden, verstärken.
Unterstützung der Zivilgesellschaft und Zusammenarbeit mit ihr
(o) Die Unterstützung einer breiten Vielfalt zivilgesellschaftlicher Organisationen, einschließlich Menschenrechtsorganisationen, religiöser Gruppen und Weltanschauungsgemeinschaften, und die Zusammenarbeit mit ihnen bei der Ausarbeitung und Umsetzung der Leitlinien sind von entscheidender Bedeutung für die Förderung und den Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit, weshalb die Anlaufstellen für Menschenrechtsangelegenheiten in den Delegationen der EU regelmäßige Kontakte mit diesen Organisationen pflegen sollten, sodass sie so frühzeitig wie möglich Probleme im Bereich der Religions- und Weltanschauungsfreiheit in ihren jeweiligen Ländern ausmachen können.
Überprüfung und Bewertung
(p) Der Europäische Auswärtige Dienst muss unter der Verantwortung des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik die Lage im Bereich der Religions- und Weltanschauungsfreiheit weltweit umfassend und laufend überprüfen und bewerten; außerdem sollte weiterhin ein Abschnitt des Jahresberichts der EU zur weltweiten Menschenrechtslage diesem Thema gewidmet sein, wobei u. a. Empfehlungen zur Verbesserung der Lage abgegeben werden sollten; die Überwachung der Lage im Bereich der Religions- und Weltanschauungsfreiheit sollte neben anderen Menschenrechten und Grundfreiheiten einer der wichtigsten Punkte in den Beziehungen der EU zu Drittländern sein, was besonders im Zusammenhang mit der Europäischen Nachbarschaftspolitik gilt; dies sollte sich in allen Übereinkommen, Überarbeitungen und Berichten äußern; der Sonderbeauftragte der EU für Menschenrechte sollte bei allen seinen Aktivitäten besonders auf die Förderung und den Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit achten und eine deutlich wahrnehmbare Rolle bei der Förderung dieser Freiheit in den Außenbeziehungen der EU einnehmen; er sollte sich darüber hinaus mit dem Europäischen Parlament und den zuständigen Ausschüssen zu problematischen Bereichen und erzielten Fortschritten austauschen und Kontakte mit einschlägigen nichtstaatlichen Organisationen pflegen.
(q) Es sollte ein umfassendes Instrumentarium für die Überwachung, Bewertung und Unterstützung der EU-Leitlinien verabschiedet werden. Es sollte hauptsächlich operative Instrumente mit Blick auf eine gründlichere Auseinandersetzung mit den vorrangigen, in den Leitlinien genannten Tätigkeitsfeldern betreffen und sollte u. a.
–
eine detaillierte Checkliste zur Bestandsaufnahme enthalten, damit die Lage des Rechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit in dem jeweiligen Land ermittelt und überwacht werden kann, um Fortschritte bzw. Rückschläge aufzuzeigen;
–
die Aufforderung an die EU-Missionsleiter enthalten, regelmäßig über Angelegenheiten der Religions- und Weltanschauungsfreiheit Bericht zu erstatten, wobei eine detaillierte Bewertung der Lage, möglicher Verstöße gegen das Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit und etwaiger Repressionen gegen die Verteidiger dieser Rechte oder gegen andere Personen vorzunehmen ist und Einzelfälle offensichtlicher Verletzungen der Religions- und Weltanschauungsfreiheit aufzudecken sind; diese Berichte der EU-Missionsleiter sollten weitestgehend vereinheitlicht werden, um Vergleiche zu ermöglichen;
–
konkrete Maßnahmen in internationalen Foren oder im Zusammenhang mit Aktivitäten der Entwicklungszusammenarbeit hervorheben, die dem Schutz und der Förderung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit dienlich waren, wozu u. a. die erfolgreiche Bewältigung von Einzelfällen gehört, in denen Menschen, Gruppen, Minderheiten oder Einrichtungen aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen Opfer von Diskriminierung oder Verfolgung wurden;
–
einen Hinweis darauf enthalten, dass aufgrund ihrer Religion oder ihrer Weltanschauung Diskriminierte oder Verfolgte in vielerlei Weise unterstützt werden können, wobei u. a. die Möglichkeit einer Einladung zu den Organen der EU vorzusehen ist, damit sie dort über ihre Lage berichten können.
Dieses umfassende Instrumentarium (Rundschreiben) sollte in Abstimmung mit den beteiligten Kreisen bis spätestens Ende 2013 erstellt werden. Verwendung der Finanzierungsinstrumente für die Außenhilfe der EU
(r) Die Finanzierungsinstrumente für die Außenhilfe der EU sollten sowohl als Anreiz als auch als Abschreckungsmaßnahmen (beispielsweise durch das Einfrieren von Mitteln) in Bezug auf die Religions- und Weltanschauungsfreiheit in bestimmten Ländern verwendet werden, da dies einen wichtigen Bestandteil der Bewertung der gesamten Menschenrechtslage vor Ort darstellt; bei einer deutlichen Verschlechterung der Lage der Menschenrechte einschließlich der Religions- und Weltanschauungsfreiheit sollte die EU die Menschenrechtsklauseln anwenden, die in den externen Übereinkommen der EU mit den betroffenen Ländern bereits enthalten sind; Menschenrechtsklauseln sind rechtsverbindlich in die externen Übereinkommen der EU und systematisch in alle Übereinkommen der EU mit Drittstaaten aufzunehmen.
Maßnahmen der EU im Rahmen multilateraler Gremien
(s) Die EU sollte ihre Initiativen zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit auf verschiedenen multilateralen Foren fortsetzen; die EU sollte, soweit angemessen, Drittstaaten auf deren Wunsch bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit unterstützen.
Beurteilung
(t) Das Europäische Parlament sollte gemäß Artikel 36 EUV in die Beurteilung der Umsetzung der Leitlinien einbezogen werden, die spätestens drei Jahre nach deren Inkrafttreten erfolgen sollte; der Beurteilung sollte eine Analyse der Reaktionen der EU auf konkrete Fälle im Zusammenhang mit der Verletzung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit in Drittstaaten zugrunde liegen; das Europäische Parlament sollte regelmäßig über von den EU-Delegationen festgestellte problematische Bereiche oder Entwicklungen unterrichtet werden; seine zuständigen Ausschüsse sollten detaillierte Informationen erhalten.
2. beauftragt seinen Präsidenten, diese Empfehlung dem Rat, der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und – zur Information – der Kommission zu übermitteln.
Vom Menschenrechtsausschuss der VN angenommene Allgemeine Bemerkung, Artikel 40 Absatz 4 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (CCPR/C/21/Rev.1/Add.4, 27. September 1993).
Erklärung der VN über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Überzeugung, Artikel 1 Absatz 3, A/RES/36/55.