Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Dezember 2013 mit der Empfehlung des Europäischen Parlaments an den Rat, die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst zu den Verhandlungen über ein Abkommen über eine strategische Partnerschaft zwischen der EU und Kanada (2013/2133(INI))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die laufenden Verhandlungen zwischen der EU und Kanada über ein Abkommen über eine strategische Partnerschaft (SPA),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Februar 2006 zu der Menschenrechts- und Demokratieklausel in Abkommen der Europäischen Union(1),
– unter Hinweis auf seine jüngsten Entschließungen zu den Beziehungen zu Kanada, insbesondere seine Entschließung vom 5. Mai 2010 zum Gipfel EU-Kanada(2), seine Entschließung vom 8. Juni 2011 zu den Handelsbeziehungen zwischen der EU und Kanada(3) und seine Entschließung vom 13. Juni 2013 zur Rolle der EU bei der Förderung einer umfassenderen transatlantischen Partnerschaft(4),
– unter Hinweis auf das Rahmenabkommen von 1976 über handelspolitische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und Kanada(5),
– unter Hinweis auf die Erklärung von 1990 zu den transatlantischen Beziehungen zwischen der EG und Kanada,
– unter Hinweis auf die Gemeinsame Politische Erklärung und den Gemeinsamen Aktionsplan aus dem Jahr 1996,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission zu den Beziehungen EU-Kanada (COM(2003)0266),
– unter Hinweis auf die Partnerschaftsagenda EU-Kanada von 2004,
– unter Hinweis auf den Bericht 2011 an den Gemischten Kooperationsausschuss EU-Kanada,
– unter Hinweis auf die Ergebnisse des Interparlamentarischen Treffens EU-Kanada vom April 2013,
– gestützt auf Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union,
– gestützt auf Artikel 90 Absatz 4 und Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A7-0407/2013),
A. in der Erwägung, dass die Beziehungen zwischen der EU und Kanada eine lange Geschichte haben, eng sind und auf gemeinsamen Interessen und Werten aufbauen; in der Erwägung, dass die gemeinsamen Werte der Demokratie und des Schutzes der Menschenrechte das Herzstück eines jeden Abkommens zwischen den beiden Parteien bilden sollten, mit dem ein Rahmen für diese Beziehungen geschaffen werden soll;
B. in der Erwägung, dass die umfassende politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der EU und Kanada eine lange Tradition hat und bis ins Jahr 1976 zurückreicht, in dem die EU ein Rahmenabkommen mit Kanada – das erste mit einem OECD-Land − unterzeichnet hat; in der Erwägung, dass dieses Abkommen lange Zeit einen geeigneten Rahmen für die Vertiefung der Beziehungen, die Stärkung der politischen Assoziierung und die Förderung der Zusammenarbeit bildete;
C. in der Erwägung, dass Kanada eine konsolidierte parlamentarische Demokratie ist; in der Erwägung, dass Kanada und die EU ähnliche demokratische Werte und Grundsätze vertreten;
D. in der Erwägung, dass das Abkommen über eine strategische Partnerschaft, das derzeit ausgehandelt wird, die Beziehungen zwischen der EU und Kanada auf einen aktualisierten Stand bringen und ihnen neuen Schwung verleihen würde und erheblich zur Vertiefung der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen sowie zur Verbesserung der Zusammenarbeit in vielen Bereichen beitragen könnte; in der Erwägung, dass das Abkommen den Status der EU und Kanadas als strategische Partner festschreibt;
E. in der Erwägung, dass das Abkommen über eine strategische Partnerschaft nicht nur die institutionelle Struktur der Beziehungen verbessern, sondern zusammen mit dem umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) auch den Bürgern Europas und Kanadas konkrete Vorteile und Möglichkeiten bieten würde, sofern alle Interessenträger in den Prozess einbezogen werden; in der Erwägung, dass die Öffnung der Märkte und die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen sowohl für Kanada als auch für die EU zu einem beachtlichen wirtschaftlichen Zugewinn führen und positive Auswirkungen auf die Beschäftigung nach sich ziehen dürften sowie angesichts der Erweiterung der transatlantischen Partnerschaft und des bestehenden NAFTA-Rahmens zur Entstehung eines transatlantischen Marktes führen könnten, was für alle beteiligten Akteure von Vorteil wäre, sofern bestehende Sozial- und Umweltstandards nicht aufgeweicht werden;
F. in der Erwägung, dass die Vorteile und Möglichkeiten intensivierter Beziehungen zwischen der EU und Kanada allen Teilen der europäischen und der kanadischen Bevölkerung entsprechend ihren Lebensbedingungen und Bedürfnissen gleichmäßig zugutekommen sollten; in der Erwägung, dass die unterschiedlichen wirtschaftlichen und industriellen Bedingungen der EU und Kanadas berücksichtigt werden sollten und dass eine nachhaltige und verantwortungsvolle Nutzung der Ressourcen gewährleistet werden muss;
G. in der Erwägung, dass der Präsident der Europäischen Kommission und der kanadische Premierminister am 18. Oktober 2013 eine politische Einigung über die wichtigsten Elemente des umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens erzielt haben, während die Verhandlungen über das Abkommen über eine strategische Partnerschaft weiter andauern; in der Erwägung, dass das umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen und das Abkommen über eine strategische Partnerschaft bei der Stärkung der Beziehungen zwischen der EU und Kanada ergänzend wirken;
H. in der Erwägung, dass parallel zu den Verhandlungen über das Abkommen über eine strategische Partnerschaft Verhandlungen über ein Fluggastdaten-Abkommen zwischen der EU und Kanada geführt werden, die die Beziehungen auch im Bereich der Terrorismusbekämpfung vertiefen und zu geeigneten Schutzmaßnahmen gegen unverhältnismäßige Profilerstellungspraktiken auf der Basis der Speicherung von EU-Fluggastdaten führen dürften;
I. in der Erwägung, dass Kanada 2011 offiziell aus dem Kyoto-Protokoll ausgestiegen ist; in der Erwägung, dass die EU Kanada wiederholt aufgefordert hat, seine Treibhausgasemission im Einklang mit seinen internationalen Verpflichtungen zu reduzieren;
J. in der Erwägung, dass die Frage einer vollständigen Befreiung von der Visumpflicht rasch gelöst werden sollte, so dass Personen und Unternehmen aus allen EU-Mitgliedstaaten, auch aus Rumänien und Bulgarien, über gleiche Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit ihren kanadischen Gegenübern verfügen;
K. in der Erwägung, dass die strategische Partnerschaft zwischen der EU und Kanada in internationalen Foren und Organisationen gebührend berücksichtigt werden sollte; in der Erwägung, dass der von Kanada unterstützte Beschluss des Arktischen Rates über den Beobachterstatus der EU in diesem Zusammenhang zu bedauern ist; in der Erwägung, dass die EU sich bereit gezeigt hat, zusammen mit der kanadischen Regierung an der Lösung dieser Frage zu arbeiten;
1. richtet folgende Empfehlungen an den Rat, die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst:
a)
empfiehlt, für die notwendigen Fortschritte zu sorgen, damit das Abkommen rasch abgeschlossen werden kann;
b)
empfiehlt, darauf zu bestehen, dass alle EU-Abkommen mit Drittländern Konditionalitätsklauseln und politische Klauseln zu Menschenrechten und Demokratie umfassen sollten, und zwar als gemeinsame Bekräftigung des gegenseitigen Bekenntnisses zu diesen Werten und unabhängig davon, wie sich die Situation hinsichtlich des Schutzes der Menschenrechte in dem jeweiligen Land gestaltet; empfiehlt, angemessene Schutzvorkehrungen zu treffen, damit der Aussetzungsmechanismus von keiner der Parteien missbraucht werden kann;
c)
empfiehlt, darauf zu bestehen, dass die Konditionalitätsklausel einen Teil des Abkommens über eine strategische Partnerschaft mit Kanada bildet, um die Kohärenz des gemeinsamen Ansatzes der EU in dieser Frage sicherzustellen;
d)
empfiehlt, nach Möglichkeit alle beteiligten Parteien aufzufordern, das Abkommen über eine strategische Partnerschaft und das umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen so bald wie möglich zu paraphieren und zu unterzeichnen, um deren ergänzenden Charakter zu unterstreichen;
e)
empfiehlt, dafür zu sorgen, dass die Zivilgesellschaft und die wichtigsten Interessenträger in vollem Umfang in den Prozess eingebunden, informiert und konsultiert werden;
f)
empfiehlt, dafür zu sorgen, dass das Abkommen ein festes Bekenntnis zur interparlamentarischen Zusammenarbeit beinhaltet, mit dem die wichtige Rolle anerkannt wird, die das Europäische Parlament und das kanadische Parlament, insbesondere über die seit langem bestehende interparlamentarische Delegation, in den Beziehungen zwischen der EU und Kanada spielen;
g)
empfiehlt, dem Parlament in regelmäßigen Abständen Berichte über die Umsetzung des Abkommens vorzulegen, die anhand objektiver Parameter einen Überblick über die in den verschiedenen Bereichen des Abkommens durchgeführten Tätigkeiten und erzielten Ergebnisse bieten;
2. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung mit der Empfehlung des Europäischen Parlaments dem Rat, der Kommission und dem Europäischen Auswärtigen Dienst sowie den Mitgliedstaaten und der Regierung und dem Parlament Kanadas zu übermitteln.