Index 
Angenommene Texte
Donnerstag, 10. Oktober 2013 - Straßburg
Teilnahme Jordaniens an den Programmen der Union ***
 Europäisches Grenzüberwachungssystem (EUROSUR) ***I
 Cadmium enthaltende Gerätebatterien und -akkumulatoren ***I
 Behauptete Beförderung und rechtswidriges Festhalten von Gefangenen in europäischen Staaten durch die CIA
 Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden in der EU
 Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit
 Jahresbericht über die Tätigkeiten des Petitionsaussschusses 2012
 Jüngste Fälle von Gewalt gegen Christen und Christenverfolgung, insbesondere in Maalula (Syrien) und Peschawar (Pakistan) sowie der Fall des Pfarrers Saeed Abedini (Iran)
 Unruhen im Sudan und daran anschließende Medienzensur
 Jüngste Gewaltwelle im Irak

Teilnahme Jordaniens an den Programmen der Union ***
PDF 206kWORD 20k
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Oktober 2013 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss eines Protokolls zum Europa-Mittelmeer-Abkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits über ein Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Haschemitischen Königreich Jordanien über die allgemeinen Grundsätze für die Teilnahme des Haschemitischen Königreichs Jordanien an den Programmen der Union (12138/2012 – C7-0008/2013 – 2012/0108(NLE))
P7_TA(2013)0415A7-0305/2013

(Zustimmung)

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis des Entwurfs eines Beschlusses des Rates (12138/2012),

–  in Kenntnis des Entwurfs eines Protokolls zum Europa-Mittelmeer-Abkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits über ein Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Haschemitischen Königreich Jordanien über die allgemeinen Grundsätze für die Teilnahme des Haschemitischen Königreichs Jordanien an den Programmen der Union (12135/2012),

–  in Kenntnis des vom Rat gemäß Artikel 217 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a und Absatz 218 Absatz 8 Unterabsatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreiteten Ersuchens um Zustimmung (C7–0008/2013),

–  gestützt auf Artikel 81 und Artikel 90 Absatz 7 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A7–0305/2013),

1.  gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Protokolls;

2.  unterstreicht die Bedeutung der weiteren Förderung einer engen Zusammenarbeit und eines engen Dialogs mit dem Haschemitischen Königreich Jordanien im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik und der Förderung des politischen und wirtschaftlichen Dialogs zwischen der Union und Jordanien;

3.  weist darauf hin, dass nach Schätzungen der jordanischen Behörden über 500 000 Flüchtlinge aus Syrien Zuflucht in Jordanien gefunden haben und dass die Krise in Syrien wegen der Finanzmittel, die benötigt werden, um humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge leisten zu können, gravierende Folgen für die Wirtschaft und den Haushalt Jordaniens hat; bedauert jedoch, dass die jordanische Grenze seit August 2012 für palästinensische Flüchtlinge aus Syrien geschlossen ist;

4.  betont daher, dass es wichtig ist, für Jordanien angemessene finanzielle, technische und humanitäre Unterstützung bereitzustellen;

5.  würdigt nachdrücklich das Engagement, das König Abdullah II von Jordanien mit der Förderung eines breit angelegten Reformprozesses zum Wohle Jordaniens und des jordanischen Volkes bewiesen hat; betont, dass diese Reformen zu nachhaltigen Ergebnissen, vor allem im Hinblick auf die soziale Gerechtigkeit, führen müssen;

6.  begrüßt und unterstützt darüber hinaus die proaktive und konstruktive Rolle, die Jordanien als Vermittler in den Bemühungen um die Erzielung dauerhafter Lösungen für diverse Konflikte im Nahen Osten spielt;

7.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und des Haschemitischen Königreichs Jordanien zu übermitteln.


Europäisches Grenzüberwachungssystem (EUROSUR) ***I
PDF 208kWORD 28k
Entschließung
Text
Anlage
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Oktober 2013 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung eines Europäischen Grenzüberwachungssystems (EUROSUR) (COM(2011)0873 – C7-0506/2011 – 2011/0427(COD))
P7_TA(2013)0416A7-0232/2013

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2011)0873),

–  gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe d des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C7‑0506/2011),

–  gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  in Kenntnis der vom schwedischen Reichstag im Rahmen des Protokolls Nr. 2 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit vorgelegten begründeten Stellungnahme, in der geltend gemacht wird, dass der Entwurf eines Gesetzgebungsakts nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar sei,

–  in Kenntnis der vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 14. Juni 2013 gemachten Zusage, den Standpunkt des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

–  gestützt auf Artikel 55 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und der Stellungnahme des Haushaltsausschusses (A7-0232/2013),

1.  legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.  billigt die dieser Entschließung beigefügte Erklärung;

3.  fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie beabsichtigt, ihren Vorschlag entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzen;

4.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 10. Oktober 2013 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) Nr. .../2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung eines Europäischen Grenzüberwachungs­systems (Eurosur)

P7_TC1-COD(2011)0427


(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) Nr. 1052/2013.)

ANHANG ZUR LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG

Erklärung des Europäischen Parlaments

Das Europäische Parlament hebt hervor, dass sich die EU-Organe in Rechtstexten im Zusammenhang mit Drittstaatsangehörigen, deren Aufenthalt im Gebiet der Mitgliedstaaten von den Behörden der Mitgliedstaaten nicht genehmigt wurde oder nicht mehr genehmigt ist, um einen angemessenen und neutralen Sprachgebrauch bemühen sollten. In solchen Fällen sollten die EU-Organe die Benutzung des Wortes „illegal“ vermeiden, wenn es möglich ist, eine alternative Formulierung zu finden, und in allen Fällen, in denen es um Personen geht, sollte „irreguläre Migranten“ benutzt werden.


Cadmium enthaltende Gerätebatterien und -akkumulatoren ***I
PDF 206kWORD 21k
Entschließung
Text
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Oktober 2013 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/66/EG über Batterien und Akkumulatoren sowie Altbatterien und Altakkumulatoren hinsichtlich des Inverkehrbringens von Cadmium enthaltenden Gerätebatterien und -akkumulatoren, die zur Verwendung in schnurlosen Elektrowerkzeugen bestimmt sind (COM(2012)0136 – C7-0087/2012 – 2012/0066(COD))
P7_TA(2013)0417A7-0131/2013

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2012)0136),

–  gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und die Artikel 192 Absatz 1 und Artikel 114 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C7–0087/2012),

–  in Kenntnis der Stellungnahme des Rechtsausschusses zur Verwendung delegierter Rechtsakte und zu der vorgeschlagenen Rechtsgrundlage,

–  gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 und Artikel 192 Absatz 1des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 24. Mai 2012(1),

–  nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

–  in Kenntnis der vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 14. Juni 2013 gemachten Zusage, den Standpunkt des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

–  gestützt auf Artikel 55 und Artikel 37 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (A7-0131/2013),

1.  legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.  fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie beabsichtigt, ihren Vorschlag entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzen;

3.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 10. Oktober 2013 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2013/.../EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Batterien und Akkumulatoren sowie Altbatterien und Altakkumulatoren hinsichtlich des Inverkehrbringens von Cadmium enthaltenden Gerätebatterien und -akkumulatoren, die zur Verwendung in schnurlosen Elektrowerkzeugen bestimmt sind, und von Knopfzellen mit geringem Quecksilbergehalt sowie zur Aufhebung der Entscheidung 2009/603/EG der Kommission

P7_TC1-COD(2012)0066


(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Richtlinie 2013/56/EU)

(1) ABl. C 229 vom 31.7.2012, S. 140.


Behauptete Beförderung und rechtswidriges Festhalten von Gefangenen in europäischen Staaten durch die CIA
PDF 154kWORD 33k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Oktober 2013 zu dem mutmaßlichen Verbringen und rechtswidrigen Festhalten von Gefangenen in europäischen Staaten durch die CIA (2013/2702(RSP))
P7_TA(2013)0418RC-B7-0378/2013

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 13. Dezember 2012, in dem die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (EJRM) wegen der extremen Schwere der Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (Artikel 3, 5, 8 und 13) verurteilt wurde, die von ihr bei der außerordentlichen Überstellung von Khaled Al-Masri begangen wurden,

–  unter Hinweis auf die folgenden Rechtssachen, die beim EGMR anhängig sind: Al-Nashiri/Polen, Abu Zubaydah/Litauen, Abu Zubaydah/Polen und Nasr und Ghali/Italien; unter Hinweis auf die von Herrn Al-Nashiri im August 2012 gegen Rumänien eingereichte Klage und die im Dezember 2012 vom Human Rights Monitoring Institute (HRMI) und der Open Society Justice Initiative wegen der Verletzung ihres Rechts auf Information und wirksamen Rechtsbehelf gegen Litauen eingereichte Klage,

–  unter Hinweis auf das Urteil des italienischen Obersten Gerichtshofs von September 2012, in dem die Verurteilung von 23 US-Amerikanern in Verbindung mit der Entführung von Abu Omar im Jahre 2003 bestätigt wurde, einschließlich der Verurteilung des ehemaligen Chefs des CIA-Büros in Mailand, Robert Seldon Lady, zu neun Jahren Haft,

–  unter Hinweis auf die Entscheidung des Mailänder Berufungsgerichts vom Februar 2013, drei weitere CIA-Mitarbeiter(1), bei denen man davon ausgegangen war, dass sie diplomatische Immunität genössen, zu sechs bis sieben Jahren Haft zu verurteilen; unter Hinweis auf die Entscheidung desselben Gerichts, auch Nicolò Pollari, den ehemaligen Leiter des italienischen militärischen Geheim- und Sicherheitsdienstes (SISMI), zu zehn Jahren Haft, den ehemaligen stellvertretenden Leiter des SISMI, Marco Mancini, zu neun Jahren und drei SISMI-Mitarbeiter zu jeweils sechs Jahren Haft zu verurteilen,

–  unter Hinweis auf den Beschluss des italienischen Präsidenten vom 5. April 2013, US-Oberst Joseph Romano zu begnadigen, der in Italien wegen seiner Beteiligung an der Entführung von Abu Omar auf italienischem Boden verurteilt worden war,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. September 2012 zu der behaupteten Beförderung und dem rechtswidrigen Festhalten von Gefangenen in europäischen Staaten durch die CIA: Weiterbehandlung des Berichts des TDIP-Ausschusses des EP(2),

–  unter Hinweis auf die der Berichterstatterin von der Kommission übermittelten Dokumente, einschließlich nicht länderspezifischer Schreiben vom März 2013 an alle Mitgliedstaaten, auf die nur wenige Mitgliedstaaten (Finnland, Ungarn, Spanien und Litauen) geantwortet haben,

–  unter Hinweis auf seine Entschließungen zu Guantánamo, deren letzte am 23. Mai 2013 („Guantánamo: Gefangene im Hungerstreik“(3)) angenommen wurde,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Dezember 2012 zur Lage der Grundrechte in der Europäischen Union 2010–2011(4),

–  unter Hinweis auf die bis September 2012 von Eurocontrol übermittelten Flugdaten,

–  unter Hinweis auf das an die Agentur für die Sicherheit des Flugverkehrs in Afrika und Madagaskar (Agency for Aerial Navigation Safety in Africa and Madagascar – ASECNA) gerichtete Ersuchen der Berichterstatterin vom April 2013 um Zusammenarbeit bei der Offenlegung von Flugdaten sowie die im Juni 2013 eingegangene positive Antwort darauf,

–  in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates zu den Grundrechten und der Rechtsstaatlichkeit und zu dem Bericht der Kommission aus dem Jahre 2012 über die Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Luxemburg, 6.–7. Juni 2013);

–  in Kenntnis des Stockholmer Programms – Ein offenes und sicheres Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger (2010–2014),

–  unter Hinweis auf die zahlreichen Medienberichte und Aktivitäten im Bereich des investigativen Journalismus, vor allem, jedoch nicht ausschließlich die investigativen Berichte, die im April 2013 im rumänischen Fernsehkanal Antena 1 ausgestrahlt wurden;

–  unter Hinweis auf die Recherchen und Untersuchungen insbesondere von Interights und von Redress and Reprieve und auf die seit der Annahme der genannten Entschließung des Parlaments vom 11. September 2012 erstellten Berichte von unabhängigen Ermittlern, Organisationen der Zivilgesellschaft sowie nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen, insbesondere den Bericht der Open Society Justice Initiative zur Globalisierung der Folter: Geheime Inhaftierungen seitens der CIA und außerordentliche Überstellungen („Globalising Torture: CIA Secret Detention and Extraordinary Rendition“) vom Februar 2013, die von der Constitution Project’s Task Force on Detainee Treatment in den USA durchgeführte unabhängige parteiübergreifende Untersuchung (April 2013), die auf der britischen, im Rahmen eines universitären Projekts betriebenen Website „The Rendition Project“ veröffentlichte Datenbank der Überstellungsflüge (Mai 2013), den Bericht von Amnesty International zur Verwicklung Polens in die geheimen Inhaftierungen der CIA („Unlock the truth: Poland’s involvement in CIA secret detention“) (Juni 2013) und das Schreiben von Human Rights Watch an die litauischen Behörden (Juni 2013),

–  unter Hinweis auf die vom Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und vom Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments eingereichten Anfragen (O-000079/2013 – B7-0215/2013 und O-000080/2013 – B7-0216/2013),

–  gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Wahrung der Grundrechte ein wesentliches Element der politischen Maßnahmen zur erfolgreichen Bekämpfung des Terrorismus ist;

B.  in der Erwägung, dass das Parlament die unter US-Führung betriebenen CIA-Programme für Überstellungen und Geheimgefängnisse verurteilt hat, in deren Verlauf zahlreiche Menschenrechtsverletzungen wie rechtswidrige und willkürliche Inhaftierungen, Folter und andere Misshandlungen, Verletzungen des Grundsatzes der Nichtzurückweisung sowie Verschleppungen unter Nutzung des europäischem Luftraums und Hoheitsgebiets durch die CIA verzeichnet wurden; in der Erwägung, dass das Parlament wiederholt die umfassende Untersuchung der Mitwirkung der nationalen Regierungen und Einrichtungen an den CIA-Programmen gefordert hat;

C.  in der Erwägung, dass sich das Parlament verpflichtet hat, weiterhin gemäß Artikel 2, 6 und 7 des Vertrags über die Europäische Union das Mandat wahrzunehmen, das ihm der Nichtständige Ausschuss übertragen hat, und seine zuständigen Ausschüsse ersucht hat, dem Plenum des Parlaments ein Jahr nach der Annahme der vorstehend genannten Entschließung vom 11. September 2012 Bericht zu erstatten, da es die Prüfung, in welchem Umfang die vom Parlament angenommenen Empfehlungen umgesetzt worden sind, als wesentlich erachtet;

D.  in der Erwägung, dass es von größter Bedeutung ist, die für die Überstellungen Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, um die Menschenrechte im Rahmen der Innen- und Außenpolitik der EU wirksam zu schützen und zu fördern und für rechtmäßige und wirksame sicherheitspolitische Maßnahmen zu sorgen, die auf Rechtsstaatlichkeit basieren; in der Erwägung, dass die EU-Organe unlängst eine Debatte darüber eingeleitet haben, wie die EU die Grundrechte und die Rechtsstaatlichkeit besser schützen und fördern kann;

E.  in der Erwägung, dass weder der Rat noch die Kommission fundierte Antworten auf die Empfehlungen des Parlaments geliefert haben;

F.  in der Erwägung, dass die litauische Regierung erneut zugesagt hat, die strafrechtlichen Ermittlungen zur Mitwirkung Litauens an den CIA-Programmen wiederaufzunehmen, falls neue Elemente zu Tage treten, dies aber noch immer nicht getan hat; in der Erwägung, dass Litauen in seiner Stellungnahme an den EGMR in der Sache Abu Zubaydah dargelegt hat, dass es bei den Untersuchungen erhebliche Mängel gab und versäumt wurde, die Bedeutung neuer Informationen zu erfassen; in der Erwägung, dass Litauen im zweiten Halbjahr 2013 den Ratsvorsitz der Europäischen Union innehat; in der Erwägung, dass am 13. September 2013 beim litauischen Generalstaatsanwalt eine Beschwerde eingereicht wurde, in der eine Untersuchung der Vorwürfe gefordert wird, dass Mustafa Al-Hawsawi, der sich derzeit vor einer Militärkommission in Guantánamo verantworten muss, im Rahmen eines Programms unter Führung der CIA illegal nach Litauen verbracht und dort im Geheimen festgehalten und gefoltert wurde;

G.  in der Erwägung, dass eine im April 2013 vom Sender Antena 1 ausgestrahlte Sendung, für die intensive Recherchen durchgeführt worden waren, weitere Hinweise auf die zentrale Rolle lieferte, die Rumänien in dem Gefängnisnetzwerk spielte; in der Erwägung, dass der frühere nationale Sicherheitsberater Ioan Talpeş angab, dass Rumänien die CIA logistisch unterstützt habe; in der Erwägung, dass ein ehemaliger rumänischer Senator zugegeben hat, dass die vorausgegangene parlamentarische Untersuchung sehr begrenzt gewesen sei, und die Staatsanwaltschaft aufgefordert hat, juristische Schritte einzuleiten;

H.  in der Erwägung, dass bei der polnischen Staatsanwaltschaft am 11. Juni 2013 der Antrag gestellt wurde, eine dritte Person, den Jemeniten Walid Mohammed Bin Attash, offiziell als Opfer anzuerkennen, nachdem er 2003 in Pakistan illegal festgenommen, von Juni bis September 2013 in Polen in einem Geheimgefängnis gefangen gehalten und anschließend nach Guantánamo verlegt worden war, wo er noch immer einsitzt; in der Erwägung, dass die polnische Staatsanwaltschaft eine laufende strafrechtliche Ermittlung bis Oktober 2013 verlängert hat;

I.  in der Erwägung, dass die britischen Behörden die Zivilklage verfahrensrechtlich behindern, die im Vereinigten Königreich von dem Libyer Abdel Hakim Belhadj eingereicht wurde, der in Libyen mutmaßlich mit britischer Unterstützung durch die CIA gefoltert wurde, und dass sie ihre Absicht geäußert haben, Zeugenbefragungen wenn möglich im Rahmen geheimer Verfahren durchzuführen;

J.  in der Erwägung, dass Italien im Dezember 2012 einen internationalen Haftbefehl gegen Robert Seldon Lady erließ, der im Juli 2013 in Panama festgenommen wurde; in der Erwägung, dass der anschließend von Italien gestellte Auslieferungsantrag von Panama nicht akzeptiert wurde und Robert Seldon Lady im Juli 2013 in die USA zurückkehrte; in der Erwägung, dass der italienische Präsident am 5. April 2013 entschied, US-Oberst Joseph Romano zu begnadigen, der von einem italienischen Gericht wegen seiner Beteiligung an der Entführung von Abu Omar in Italien verurteilt worden war;

K.  in der Erwägung, dass der parlamentarische Bürgerbeauftragte Finnlands im November 2012 eine Untersuchung zur Nutzung des finnischen Hoheitsgebiets, Luftraums und Flugaufzeichnungssystems für das CIA-Überstellungsprogramm einleitete, ausführliche schriftliche Auskunftsersuchen an 15 staatliche Einrichtungen sandte und die litauischen Behörden um spezifische Informationen über einschlägige Flüge ersuchte;

L.  in der Erwägung, dass die von Dänemark bis Mai 2012 durchgeführte Erhebung aufgrund fehlender notwendiger Vollmachten und infolge ihres begrenzten Rahmens keine unabhängige, unparteiische, gründliche und wirksame Untersuchung gemäß den Anforderungen der internationalen Rechtsvorschriften und Normen im Bereich der Menschenrechte darstellt;

M.  in der Erwägung, dass nur zwei Mitgliedstaaten (Deutschland und das Vereinigte Königreich) auf die Folgeschreiben geantwortet haben, die von den Sondermechanismen der Vereinten Nationen an acht Mitgliedstaaten (Deutschland, Frankreich, Italien, Litauen, Polen, Rumänien, Schweden und das Vereinigte Königreich) gesandt worden waren und in denen auf die UN-Studie zu weltweiten Praktiken im Zusammenhang mit geheimen Inhaftierungen im Kontext der Terrorismusbekämpfung („UN Joint Study on global practices in relation to secret detention in the context of countering terrorism”)(5) hin um weitere Informationen gebeten wurde;

N.  in der Erwägung, dass US-Präsident Obama trotz des Widerstands im US-Kongress seine Zusage wiederholt hat, Guantánamo zu schließen, als er am 23. Mai 2013 ankündigte, die Freilassung von Gefangenen wiederaufzunehmen und das Moratorium für die Entlassung von jemenitischen Gefangenen aufzuheben, deren Rückkehr nach Jemen bereits als unbedenklich eingestuft worden war; in der Erwägung, dass die US-Stellen ihren internationalen Verpflichtungen nachkommen müssen, indem sie Robert Seldon Lady strafrechtlich belangen;

O.  in der Erwägung, dass die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navi Pillay, in ihrer Eröffnungsrede anlässlich der 23. Tagung des Menschenrechtsrates (Genf, Mai 2013) die genannte Entschließung des Parlaments vom 11. September 2012 zitierte, glaubwürdige und unabhängige Untersuchungen als einen wesentlichen ersten Schritt hin zur Rechenschaftspflicht forderte und an die Staaten appellierte, dies zu einem prioritären Handlungsbereich zu machen;

P.  in der Erwägung, dass in dem Jahresbericht 2013(6) des UN-Sonderberichterstatters über die Förderung und den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten bei der Bekämpfung des Terrorismus, Ben Emmerson, auf die Arbeit des Parlaments verwiesen und einige seiner Empfehlungen aus seiner genannten Entschließung vom 11. September 2012 befürwortet werden,

1.  bedauert zutiefst, dass vor allem der Rat, die Kommission, die Regierungen der Mitgliedstaaten, der Beitrittskandidaten und der assoziierten Staaten, die NATO und die offiziellen Stellen in den Vereinigten Staaten es versäumt haben, die in der genannten Entschließung des Parlaments vom 11. September 2012 enthaltenen Empfehlungen umzusetzen, insbesondere angesichts der schweren Verstöße gegen die Grundrechte, die gegen die Opfer der CIA-Programme begangen wurden;

2.  ist der Auffassung, dass das Klima der Straffreiheit in Bezug auf die CIA-Programme die Fortsetzung der Grundrechtsverletzungen im Rahmen der Anti-Terror-Politik der EU und der USA ermöglicht hat, wie durch die derzeit vom Parlament untersuchten Massenüberwachungsprogramme der Nationalen Sicherheitsagentur der USA (NSA) und der Überwachungsbehörden mehrerer Mitgliedstaaten noch deutlicher geworden ist;

Verfahren der Mitgliedstaaten, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen

3.  wiederholt seine Forderung an diejenigen Mitgliedstaaten, die ihrer Verpflichtung noch nicht nachgekommen sind, unabhängige und wirksame Ermittlungen zu Menschenrechtsverletzungen durchzuführen und dabei alle neuen Beweise, die entdeckt wurden, zu berücksichtigen und alle notwendigen Informationen zu allen verdächtigen Flugzeugen in Zusammenhang mit der CIA und ihrem Hoheitsgebiet offenzulegen; fordert die Mitgliedstaaten insbesondere auf zu prüfen, ob Operationen durchgeführt wurden, bei denen Menschen im Rahmen von CIA-Programmen in Geheimgefängnissen auf ihrem Hoheitsgebiet festgehalten wurden; fordert die betreffenden Mitgliedstaaten (Frankreich, Italien, Litauen, Polen, Rumänien und Schweden) auf, die Schreiben im Rahmen der Sondermechanismen der Vereinten Nationen zu beantworten;

4.  fordert Litauen auf, seine strafrechtlichen Ermittlungen zu den CIA-Geheimgefängnissen wieder aufzunehmen und gründliche Untersuchungen durchzuführen, bei denen alle aufgedeckten Beweise berücksichtigt werden, vor allem in Bezug auf die beim EGMR anhängige Rechtssache Abu Zubaydah/Litauen; fordert Litauen auf, den Ermittlern zu ermöglichen, eine umfassende Untersuchung der für illegale Überstellungen genutzten Flugverbindungen durchzuführen und Personen zu kontaktieren, von denen bekannt ist, dass sie an der Organisation der fraglichen Flüge beteiligt waren oder daran teilgenommen haben; fordert die litauischen Stellen auf, forensische Untersuchungen des Gefängnisses und Analysen von Telefonaufzeichnungen durchzuführen; drängt die litauische Regierung, in den Rechtssachen Abu Zubaydah/Litauen und HRMI/Litauen uneingeschränkt mit dem EGMR zusammenzuarbeiten; fordert Litauen auf, im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme der strafrechtlichen Ermittlungen zu erwägen, auch die Anträge anderer potenzieller Opfer auf die Anerkennung als Opfer bzw. die Beteiligung an den Ermittlungen zuzulassen; fordert Litauen mit Nachdruck auf, allen Auskunftsersuchen anderer EU-Mitgliedstaaten uneingeschränkt nachzukommen, was vor allem für das Auskunftsersuchen des finnischen Bürgerbeauftragten in Bezug auf einen Flug bzw. Flüge gilt, der bzw. die möglicherweise Finnland und Litauen auf einer potenziellen Überstellungsroute verbindet bzw. verbinden; fordert den litauischen Generalstaatsanwalt auf, strafrechtliche Ermittlungen in Bezug auf die Beschwerde von Mustafa Al-Hawsawi einzuleiten;

5.  fordert die rumänische Regierung auf, rasch unabhängige, objektive, gründliche und wirksame Ermittlungen einzuleiten, fehlende Unterlagen der parlamentarischen Untersuchung ausfindig zu machen und uneingeschränkt mit dem EGMR in der Rechtssache Al-Nashiri/Rumänien zusammenzuarbeiten; fordert Rumänien auf, seinen Verpflichtungen in Bezug auf die Grundrechte uneingeschränkt gerecht zu werden;

6.  fordert Polen auf, seine Ermittlungen transparenter fortzuführen, indem insbesondere Nachweise für konkrete Maßnahmen, die ergriffen wurden, vorgelegt werden, es den Vertretern der Opfer gestattet wird, ihre Mandanten sinnvoll zu vertreten, indem ihnen das Recht eingeräumt wird, Einsicht in alle Verschlusssachen zu nehmen, und auf der Grundlage des gesammelten Materials gehandelt wird; fordert die polnische Regierung auf, gegen alle beteiligten staatlichen Akteure Verfahren einzuleiten; fordert den polnischen Generalstaatsanwalt auf, den Antrag von Walid Bin Attash dringlichst zu prüfen und eine Entscheidung in dieser Sache zu fällen; fordert Polen auf, in den Rechtssachen Al-Nashiri/Polen und Abu Zubaydah/Polen uneingeschränkt mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zusammenzuarbeiten;

7.  fordert die britischen Behörden auf, im Rahmen laufender strafrechtlicher Ermittlungen uneingeschränkt zu kooperieren und eine vollständig transparente Verhandlung zivilrechtlicher Klagen zu ermöglichen, um die Ermittlungen abzuschließen und Klageverfahren zu beenden, die die Überstellungen ausländischer Staatsbürger an andere Länder betreffen; fordert die britischen Behörden auf, Untersuchungen zur Einhaltung der Menschenrechte in Bezug auf die Überstellungen, Folter und Misshandlung von Gefangenen im Ausland einzuleiten;

8.  fordert die italienische Regierung auf, ihre Bemühungen um Gerechtigkeit in Bezug auf die Menschenrechtsverletzungen fortzusetzen, die von der CIA auf italienischem Hoheitsgebiet begangen wurden, indem sie auf der Auslieferung von Robert Seldon Lady besteht und die Auslieferung der 22 weiteren in Italien verurteilten US-Amerikaner fordert;

9.  ermutigt den finnischen Bürgerbeauftragten, seine Untersuchung unter Wahrung von Transparenz und Rechenschaftspflicht abzuschließen, und fordert zu diesem Zweck alle nationalen Stellen zur uneingeschränkten Zusammenarbeit auf; fordert Finnland auf, allen Hinweisen nachzugehen, die auf eine Mitwirkung finnischer staatlicher Akteure am Überstellungsprogramm hindeuten;

Reaktion der EU-Organe

10.  ist höchst enttäuscht von der Weigerung der Kommission, den inhaltlichen Empfehlungen des Parlaments nachzukommen, und erachtet die Schreiben der Kommission an die Mitgliedstaaten als zu unkonkret, als dass sich damit erreichen ließe, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden;

11.  bekräftigt seine spezifischen Empfehlungen an die Kommission,

   zu untersuchen, ob durch die Mitwirkung am CIA-Programm gegen EU-Vorschriften, insbesondere gegen diejenigen über Asyl und justizielle Zusammenarbeit, verstoßen wurde;
   mit den Menschenrechten im Einklang stehende gegenseitige Rechtshilfe und justizielle Zusammenarbeit zwischen den Ermittlungsbehörden und die Zusammenarbeit zwischen den Anwälten, die im Zusammenhang mit der Rechenschaftspflicht in den Mitgliedstaaten tätig sind, zu erleichtern und unterstützen,
   ein Regelwerk anzunehmen, das Berichterstattungsauflagen für die Mitgliedstaaten sowie die Begleitung und Unterstützung nationaler Verfahren zur Rechenschaftspflicht umfasst,
   Maßnahmen anzunehmen, die darauf abzielen, die Fähigkeit der EU, Menschenrechtsverletzungen auf EU-Ebene zu verhindern und wiedergutzumachen, zu stärken und die Rolle des Parlaments auszubauen,
   Vorschläge zur Ausarbeitung von Regelungen vorzulegen, die eine demokratische Kontrolle von grenzüberschreitenden Aktivitäten von Nachrichtendiensten im Rahmen der EU-Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung ermöglichen;

12.  fordert die litauische Regierung auf, den EU-Ratsvorsitz des Landes zu nutzen, um für die vollständige Umsetzung der im Bericht des Parlaments enthaltenen Empfehlungen zu sorgen und das Thema somit vor Ende des litauischen Ratsvorsitzes auf die Tagesordnung des Rates (Justiz und Inneres) zu setzen;

13.  bekräftigt seine spezifischen Empfehlungen an den Rat,

   sich dafür zu entschuldigen, dass er den in den Verträgen verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen den Unionsorganen durch den unzulässigen Versuch verletzt hat, das Parlament dazu zu überreden, die Erstellung vorsätzlich gekürzter Fassungen der Protokolle von Treffen von COJUR und COTRA mit ranghohen US-amerikanischen Beamten zu akzeptieren,
   eine Erklärung abzugeben, in der die Beteiligung der Mitgliedstaaten an dem CIA-Programm und die Schwierigkeiten, auf die die Mitgliedstaaten im Rahmen der Ermittlungen gestoßen sind, anerkannt werden,
   die Verfahren zur Wahrheitsfindung und zur Rechenschaftspflicht in den Mitgliedstaaten uneingeschränkt zu unterstützen, indem das Thema bei Tagungen des Rates (Justiz und Inneres) offiziell behandelt wird, alle Informationen weitergegeben werden, Hilfe bei Ermittlungen geleistet und insbesondere Anträgen auf Zugang zu Dokumenten stattgegeben wird,
   mit den für Sicherheit zuständigen EU-Einrichtungen Anhörungen abzuhalten, um ihr Wissen über die Beteiligung von Mitgliedstaaten an dem CIA-Programm und die Reaktion der EU darauf zu klären,
   Sicherheitsvorkehrungen vorzuschlagen, um beim Austausch nachrichtendienstlicher Informationen die Achtung der Menschenrechte sowie eine strenge Abgrenzung von nachrichtendienstlichen Aktivitäten und Strafverfolgungstätigkeiten sicherzustellen, so dass Nachrichtendienste nicht zu Festnahmen und Inhaftierungen befugt sind;

14.  fordert den Rat und die Kommission auf, in ihre jeweiligen Mehrjahresprogramme, die auf das Programm von Stockholm folgen, spezifische Maßnahmen aufzunehmen, durch die Rechtsstaatlichkeit und Rechenschaftspflicht in Bezug auf Grundrechtsverletzungen, insbesondere durch Nachrichtendienste und Strafverfolgungsbehörden, sichergestellt werden; fordert die Kommission auf, das Thema Rechenschaftspflicht in die Tagesordnung für die „Assises de la Justice“ im November 2013 aufzunehmen;

15.  wiederholt, dass es für die Glaubwürdigkeit des Parlaments wesentlich ist, seine Rechte zur Untersuchung von Grundrechtsverletzungen in der EU erheblich auszubauen, und dass diese Rechte die uneingeschränkte Befugnis umfassen sollten, Beteiligte, darunter auch Minister auf Regierungsebene, unter Eid anzuhören(7);

16.  fordert Eurocontrol auf, nach dem Beispiel der American Federal Aviation Authority anzuerkennen, dass Daten zu Flugstrecken in keiner Weise als vertraulich einzustufen sind, und solche Daten freizugeben, soweit sie für wirksame Ermittlungen notwendig sind;

17.  erwartet, dass im Rahmen der Untersuchung des Parlaments im Zusammenhang mit dem Überwachungsprogramm der Nationalen Sicherheitsagentur (NSA) der USA und den Überwachungsbehörden in mehreren Mitgliedstaaten Maßnahmen für eine wirksame demokratische parlamentarische Überwachung der Nachrichtendienste vorgeschlagen werden, da es der Auffassung ist, dass eine demokratische Überwachung dieser Einrichtungen und ihrer Aktivitäten durch eine angemessene interne, exekutive, unabhängige gerichtliche und parlamentarische Kontrolle wesentlich ist;

18.  bringt sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass die EU-Mitgliedstaaten keine Fortschritte auf dem Weg zu einem Beitritt zum Internationalen Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen gemacht haben, mit Ausnahme der Ratifizierung durch Litauen im August 2013; fordert die 21 Mitgliedstaaten, die dieses Übereinkommen noch nicht ratifiziert haben, auf, dies umgehend zu tun;

19.  fordert Belgien, Finnland, Griechenland, Irland, Lettland, Litauen und die Slowakei auf, der Ratifizierung des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter (OPCAT) Priorität beizumessen; hält es für bedauerlich, dass dem von den Vereinten Nationen verwalteten OPCAT-Sonderfonds nur äußerst begrenzte Unterstützung zuteilwird, und fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die Arbeit des Sonderfonds durch umfangreiche freiwillige Beiträge zu unterstützen; fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) und die Kommission auf, ihre Bemühungen um eine Erleichterung der Einrichtung und des Funktionierens nationaler Präventionsmechanismen im Rahmen des OPCAT zu intensivieren;

20.  fordert die EU auf, im Zusammenhang mit dem Beitragsantrag der EJRM deren Fortschritte bei der Umsetzung des Urteils des EGMR in der Rechtssache Al-Masri/ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien sorgfältig zu überprüfen, das das Ministerkomitee nun seinem verstärkten Überwachungsverfahren unterzogen hat; fordert die staatlichen Stellen der EJRM auf, strafrechtliche Ermittlungen zur Verwicklung von staatlichen Akteuren in den Fall Al-Masri einzuleiten und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen;

21.  fordert die US-Regierung zur Zusammenarbeit bei allen Auskunftsersuchen und Auslieferungsanträgen von EU-Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit dem CIA-Programm auf; fordert sie auf, die strengen Schutzbestimmungen aufzuheben, die Anwälte von Gefangenen in Guantánamo davon abhalten, Informationen über Einzelheiten zur geheimen Inhaftierung dieser Gefangenen in Europa offenzulegen; ermutigt sie, ihren Plan, das Gefängnis in der Bucht von Guantánamo umgehend zu schließen, zu verwirklichen;

22.  fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Anstrengungen zu verstärken, Aufnahmeländer für nichteuropäische, aus Guantánamo entlassene Häftlinge zu finden, die nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können, da sie von Tod, Folter oder grausamer und unmenschlicher Behandlung bedroht sind(8); fordert die EU auf, die gemeinsamen Initiativen aus dem Jahre 2009 wiederaufleben zu lassen, indem sie einen Rahmen für die Niederlassung von Guantánamo-Häftlingen in EU-Mitgliedstaaten schafft und einen Dialog über konkrete Pläne für die Zusammenarbeit mit dem neuen Sonderbeauftragten der Vereinigten Staaten für die Verlegung von Häftlingen aus Guantánamo, Clifford Sloan, aufnimmt;

23.  fordert die Agentur für die Sicherheit des Flugverkehrs in Afrika und Madagaskar auf, unverzüglich mit dem Parlament zusammenzuarbeiten und die geforderten Informationen über Flugdaten zur Verfügung zu stellen;

24.  fordert das nächste Europäische Parlament (2014–2019) auf, das vom Nichtständigen Ausschuss erteilte Mandat weiterhin zu erfüllen und umzusetzen und dementsprechend dafür Sorge zu tragen, dass seine Empfehlungen weiterverfolgt werden, neue Elemente, die sich möglicherweise ergeben, zu prüfen und von seinen Untersuchungsrechten uneingeschränkt Gebrauch zu machen und diese auszubauen;

o
o   o

25.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) Einschließlich des ehemaligen Chefs des CIA-Büros in Rom, Jeffrey W. Castelli.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2012)0309.
(3) Angenommene Texte, P7_TA(2013)0231.
(4) Angenommene Texte, P7_TA(2012)0500.
(5) A/HRC/13/42.
(6) Framework Principles for securing the accountability of public officials for gross or systematic human rights violations committed in the context of State counter-terrorism initiatives, A/HRC/22/52, 1. März 2013.
(7) Siehe: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments über Einzelheiten der Ausübung des Untersuchungsrechts des Europäischen Parlaments und zur Aufhebung des Beschlusses 95/167/EG, Euratom, EGKS des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. C 264 E vom 13.9.2013, S. 41).
(8) Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. April 2012 zu dem Jahresbericht zur Lage der Menschenrechte in der Welt und über die Politik der EU zu diesem Thema, einschließlich der Auswirkungen für die strategische Menschenrechtspolitik der EU (ABl. C 258 E vom 7.9.2013, S. 8).


Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden in der EU
PDF 214kWORD 22k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Oktober 2013 zu dem Thema „Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden in der EU durch Umsetzung des Beschlusses zum Prümer Vertrag und das Europäische Modell für den Informationsaustausch“ (2013/2586(RSP))
P7_TA(2013)0419B7-0433/2013

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 7. Dezember 2012 zu dem Thema „Stärkung der Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden in der EU: Das Europäische Modell für den Informationsaustausch“ (COM(2012)0735),

–  in Kenntnis des Berichts der Kommission vom 7. Dezember 2012 zur Durchführung des Beschlusses 2008/615/JI des Rates vom 23. Juni 2008 zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität („Prümer Beschluss“) (COM(2012)0732),

–  unter Hinweis auf das Stockholmer Programm, die Strategie der inneren Sicherheit und die Strategie für das Informationsmanagement im Bereich der inneren Sicherheit in der EU,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. Mai 2012 zur Strategie der Europäischen Union zur inneren Sicherheit(1),

–  gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 87,

–  unter Hinweis auf die Anfrage an die Kommission betreffend die Stärkung der Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden in der EU durch Umsetzung des Beschlusses zum Prümer Vertrag und das Europäische Modell für den Informationsaustausch (O–000067/2013 – B7-0501/2013),

–  gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass im Stockholmer Programm die Notwendigkeit anerkannt wird, für mehr Kohärenz und Konsolidierung in dem umfangreichen Instrumentarium zur Sammlung, Verarbeitung und gemeinsamen Nutzung von Informationen zwischen den Strafverfolgungsbehörden in der EU zu sorgen, um die Sicherheit der EU–Bürger zu verbessern;

B.  in der Erwägung, dass im Rahmen der Strategie der inneren Sicherheit ein umfassendes Modell für den Informationsaustausch entwickelt werden muss;

C.  in der Erwägung, dass der Austausch von Informationen über Straftaten, die von grenzüberschreitender Natur sind, die Grundlage der Zusammenarbeit innerhalb der EU im Bereich der Strafverfolgung darstellt und in einem Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen besonders wichtig ist; in der Erwägung, dass die grenzüberschreitende Kriminalität in der EU zunimmt und somit ein effizienter und sicherer Informationsaustausch im Bereich der Strafverfolgung unter Achtung des Datenschutzes und der Grundrechte immer wichtiger wird;

1.  stellt fest, dass in den Mitteilungen eine Bilanz der in der EU bestehenden Instrumente, Kanäle und Werkzeuge für den Austausch grenzüberschreitend strafrechtsrelevanter Informationen gezogen wird; vertritt die Auffassung, dass die derzeitige „Landschaft“ der verschiedenen Instrumente, Kanäle und Werkzeuge kompliziert und uneinheitlich ist, was nicht nur zu einer ineffizienten Nutzung der Instrumente und einer unzureichenden demokratischen Kontrolle auf der Ebene der EU, sondern bisweilen auch zu einer Zweckentfremdung der Funktionalitäten und Zugriffe führt;

2.  fordert die Kommission auf, einen Abgleich der Rechtsvorschriften auf nationaler und EU-Ebene zum grenzüberschreitenden Informationsaustausch im Bereich der Strafverfolgung, einschließlich der (bilateralen) internationalen Abkommen, vorzunehmen; stimmt mit der Kommission darin überein, dass aussagekräftigere Statistiken erforderlich sind, um den tatsächlichen Nutzwert der Instrumente zu beurteilen, und fordert eine unabhängige externe Evaluierung der bestehenden Instrumente für den EU–weiten Informationsaustausch im Bereich der Strafverfolgung, um deren messbare Wirkung zu ermitteln;

3.  unterstützt die Empfehlungen der Kommission zur einheitlichen Nutzung der bestehenden Instrumente und Kanäle (wie die grundsätzliche Verwendung des Europol–Kanals und die Einrichtung nationaler integrierter zentraler Kontaktstellen) und zur Schaffung besserer Schulungsangebote und eines gesteigerten Bewusstseins für den grenzüberschreitenden Informationsaustausch; bedauert jedoch, dass die Kommission keine ehrgeizigere, zukunftsgerichtete Vision dargelegt hat, wie sie im Stockholmer Programm und in der Strategie der inneren Sicherheit gefordert wird und die als Ausgangspunkt für eine politische Debatte darüber dienen könnte, wie die gemeinsame Datennutzung im Bereich der Strafverfolgung in der EU gestaltet und verbessert werden könnte, ohne den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre aufzuweichen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, eine solche Vision darzulegen, einen maßgeschneiderten Rahmen für den EU–weiten Informationsaustausch im Bereich der Strafverfolgung unter Beachtung der Grundsätze Erforderlichkeit, Qualität, Verhältnismäßigkeit, Effizienz und Rechenschaftspflicht zu schaffen und dabei eine sorgfältige Prüfung des Grundsatzes der Verfügbarkeit und der Verfahren für den Datenabgleich vorzusehen;

4.  fordert die Kommission auf, nach dem Vorbild der von einigen Mitgliedstaaten im Rahmen der DAPIX-Gruppe durchgeführten Studie Möglichkeiten zu prüfen, mit denen sich die manuellen Abläufe zur Umsetzung der bestehenden Instrumente mit Blick auf die Steigerung der Effizienz automatisieren lassen, und die Einführung eines universellen Formats für den Informationsaustausch in Erwägung zu ziehen, um die Bearbeitung der angenommenen Ersuchen zu beschleunigen;

5.  weist darauf hin, dass die verschiedenen Instrumente für den grenzüberschreitenden Informationsaustausch im Bereich der Strafverfolgung, auch unter Einrichtung eines grenzüberschreitenden Zugriffs auf die nationalen Datenbanken, zu einer uneinheitlichen, unklaren Datenschutzlage, die oft auf einer zu kleinen Basis und einem bruchstückhaften Ansatz beruht, führen; bekräftigt vor diesem Hintergrund erneut seinen Standpunkt, dass die vorgeschlagene Datenschutzrichtlinie so schnell wie möglich verabschiedet werden sollte;

6.  fordert die Kommission auf, im Hinblick auf die Weiterentwicklung und Verbesserung des Informationsaustauschsystems Maßnahmen zu ergreifen, die auf die Stärkung eines wirksamen und gleichzeitig den Datenschutz wahrenden Systems abzielen, wie in der Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDSB) dargelegt, und zwar unter Zugrundelegung des Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Europol und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/371/JI;

7.  nimmt zur Kenntnis, dass „Prüm“ für immer mehr Mitgliedstaaten ein Standardwerkzeug der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit und Verbrechensaufklärung geworden ist; bedauert, dass einige Mitgliedstaaten mit der Umsetzung des Prümer Beschlusses erheblich im Verzug sind; stimmt mit der Kommission darin überein, dass eine Weiterentwicklung des Instruments erst nach der vollständigen Umsetzung in Betracht kommt; fordert die betroffenen Mitgliedstaaten auf, den Prümer Beschluss vollständig und ordnungsgemäß umzusetzen, damit er möglichst umfassend angewendet werden kann;

8.  weist darauf hin, dass der Prümer Beschluss im Rahmen der ehemaligen dritten Säule verabschiedet worden ist und sich seine Umsetzung einer ordnungsgemäßen demokratischen Kontrolle durch das Parlament entzieht; fordert die Kommission auf, zügig Vorschläge zu unterbreiten, durch die die im Rahmen der ehemaligen dritten Säule angenommenen Instrumente für die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit – wie der Prümer Beschluss und die Schwedische Initiative – in den Rechtsrahmen des Vertrags von Lissabon eingepasst werden;

9.  weist darauf hin, dass eine EU-weite polizeiliche Aus- und Fortbildung dazu beiträgt, das gegenseitige Vertrauen der Polizeikräfte zu stärken, wodurch der Informationsaustausch und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit gefördert werden, weswegen sie beibehalten und gestärkt werden muss;

10.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. C 264 E vom 13.9.2013, S. 1.


Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit
PDF 133kWORD 26k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Oktober 2013 zu Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit (2013/2676(RSP))
P7_TA(2013)0420B7-0434/2013

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 13. Dezember 2012 zur Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit in Indien(1), vom 17. Januar 2013 zur Gewalt gegen Frauen in Indien(2), vom 1. Februar 2007 zur Lage der Menschenrechte der Dalits in Indien(3) und vom 18. April 2012 zu dem Jahresbericht zur Lage der Menschenrechte in der Welt und über die Politik der EU zu diesem Thema, einschließlich der Auswirkungen für die strategische Menschenrechtspolitik der EU(4),

–  unter Hinweis auf die internationalen Menschenrechtskonventionen, einschließlich des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (CERD) und der Allgemeinen Empfehlung Nr. 29 des Ausschusses für die Beseitigung der Rassendiskriminierung,

–  unter Hinweis auf den durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen veröffentlichten Entwurf der Grundsätze und Leitlinien der Vereinten Nationen für die wirksame Beseitigung von Diskriminierung aufgrund von Arbeit und Abstammung(5),

–  unter Hinweis auf die schweren Bedenken sowie die Anmerkungen und Empfehlungen der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte in Bezug auf Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit,

–  unter Hinweis auf die vor kurzem von den Vertragsorganen der Vereinten Nationen und von Mandatsträgern der Sonderverfahren der Vereinten Nationen abgegebenen Empfehlungen zum Thema Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Sonderberichterstatters für zeitgenössische Formen des Rassismus, der Rassendiskriminierung, der Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz vom 24. Mai 2011(6) sowie auf die Berichte über die allgemeinen regelmäßigen Überprüfungen von Ländern mit Kastensystem,

–  unter Hinweis auf die Studie des Europäischen Parlaments mit dem Titel „A human rights and poverty review: EU action in addressing caste-based discrimination“ (Eine Bewertung von Menschenrechten und Armut: Maßnahmen der EU zur Bekämpfung von Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit),

–  unter Hinweis auf die Anfrage zur mündlichen Beantwortung an die Kommission betreffend Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit (O-000091/2013 – B7-0507/2013),

–  gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass der Begriff Kaste für einen sozio‑religiösen Zusammenhang steht, zumal kastenlose Personen in Asien automatisch als „unrein“ und „unberührbar“ gelten, dass er jedoch im weiteren Sinne auch ein System der strengen sozialen Schichtung in hierarchisch geordnete Gruppen, die sich aus der Abstammung und dem Beruf herleitet, bezeichnet; in der Erwägung, dass die Diskriminierung aufgrund von Arbeit und Abstammung – wie die von den Vereinten Nationen bevorzugte, umfassendere Bezeichnung lautet – eine Form der Diskriminierung ist, die durch internationale Vorschriften zu Menschenrechten verboten ist, wie aus folgenden Übereinkommen hervorgeht: der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, dem Internationalen Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, dem Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes und dem Übereinkommen 111 der Internationalen Arbeitsorganisation;

B.  in der Erwägung, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Rassismus, Githu Muigai, im Juni 2011 betont hat, dass keine Hierarchie der verschiedenen Ausprägungen von Diskriminierung erstellt werden darf, auch wenn sie sich je nach historischem, geografischem und kulturellem Hintergrund in Art und Ausmaß unterscheiden, einschließlich in Bezug auf die Gemeinschaft der Roma in Europa und die Opfer des Kastensystems in Afrika, Asien und dem Nahen Osten;

C.  in der Erwägung, dass Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit nach wie vor weit verbreitet ist und schätzungsweise 260 Millionen Menschen weltweit von Diskriminierung betroffen sind, obwohl die Regierungen einiger Staaten mit Kastensystem Maßnahmen zum verfassungs- und gesetzmäßigen Schutz sowie Sondermaßnahmen gegen Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit und gegen Unberührbarkeit eingeleitet haben;

D.  in der Erwägung, dass Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit in zahlreichen Ländern weltweit in Erscheinung tritt, wobei die meisten Opfer in Südasien zu finden sind; in der Erwägung, dass es jedoch auch in anderen Gebieten wie Afrika und dem Nahen Osten sowie in der Diaspora eine starke Konzentration von Diskriminierungsopfern gibt;

E.  in der Erwägung, dass die Tatsache, dass Rechtsvorschriften und Maßnahmen nicht umgesetzt werden und es an wirksamen Hilfsmitteln und effizient arbeitenden staatlichen Institutionen – einschließlich der Justiz- und der Polizeibehörden – mangelt, nach wie vor das größte Hindernis für die Beseitigung der Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit darstellt;

F.  in der Erwägung, dass in vielen betroffenen Ländern dem Bedarf an detaillierten Daten und an spezifischen Rechtsvorschriften und Maßnahmen zum Schutz vor Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit nicht entsprochen wird;

G.  in der Erwägung, dass Angehörige bestimmter Kasten trotz der Bemühungen von Regierungen und zunehmend auch von einigen internationalen Organisationen nach wie vor von schwerwiegenden Formen der sozialen Ausgrenzung, der Armut, der Gewalt, der Segregation sowie der körperlichen und verbalen Gewalt betroffen sind, die auf Vorurteilen und einem Konzept der Reinheit bzw. Unreinheit beruhen;

H.  in der Erwägung, dass die Praktiken der Unberührbarkeit nach wie vor weit verbreitet sind und inzwischen moderne Formen annehmen; in der Erwägung, dass die betroffenen Gemeinschaften Einschränkungen bei der politischen Beteiligung ausgesetzt sind und auf dem Arbeitsmarkt in hohem Maße diskriminiert werden;

I.  in der Erwägung, dass in einigen Ländern, beispielsweise in Indien, staatlich angeordnete Fördermaßnahmen zwar bis zu einem gewissen Grad zu der Eingliederung der Dalits in den öffentlichen Sektor beigetragen haben, der Mangel an Schutzmaßnahmen gegen Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt und im Privatsektor jedoch zu weiterer Ausgrenzung und zunehmender Ungleichheit führt;

J.  in der Erwägung, dass Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation zufolge die überwältigende Mehrheit der Opfer von Schuldknechtschaft in Südasien aus registrierten Kasten und registrierten Stämmen kommt; in der Erwägung, dass Zwangsarbeit und Schuldknechtschaft besonders in der Landwirtschaft sowie in der Bergbau- und der Textilindustrie verbreitet sind, die zahlreiche multinationale und europäische Unternehmen beliefern;

K.  in der Erwägung, dass Nichtdiskriminierung auf dem Arbeitsmarkt zu den vier grundlegenden Arbeitsrechten gehört und in internationalen Leitlinien und Rahmenwerken für Unternehmen niedergelegt ist, wie beispielsweise den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Unternehmen und Menschenrechte, den OECD‑Leitsätzen und dem Leitfaden ISO 26000 zur gesellschaftlichen Verantwortung, in dem Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit als schwere Form der Diskriminierung genannt wird;

L.  in der Erwägung, dass die Regierungen und die Verwaltung von Ländern mit Kastensystem nachdrücklich dazu aufgefordert sind, den Entwurf der Grundsätze und Leitlinien der Vereinten Nationen für die wirksame Beseitigung von Diskriminierung aufgrund von Arbeit und Abstammung zur Kenntnis zu nehmen, die Maßnahmen, die zur Beseitigung und zur Vorbeugung von Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit notwendig sind, zu treffen und Umsetzungsmängel auf föderaler, staatlicher, regionaler und lokaler Ebene zu beseitigen und spezifische Rechtsvorschriften und politische Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der Rechte der Dalits und anderer Gruppen, die in ähnlicher Weise vom Kastenwesen betroffen sind, umzusetzen oder zu ändern oder entsprechende Vorschläge vorzulegen;

1.  verurteilt die andauernden Verletzungen der Menschenrechte von Personen, die der Kastenhierarchie ausgesetzt sind und aufgrund ihrer Kastenzugehörigkeit diskriminiert werden, einschließlich der Verweigerung der Gleichbehandlung und des Zugangs zur Justiz und zum Arbeitsmarkt, fortgesetzter Segregation und kastenbedingter Hindernisse bei der Inanspruchnahme grundlegender Menschenrechte und Fortschritten in der Entwicklung;

2.  ist der Auffassung, dass in Ausweisdokumenten keine Angaben zur Kastenzugehörigkeit enthalten sein sollten, da dies den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der sozialen Mobilität entgegenstehen würde;

3.  begrüßt den Bericht des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für Rassismus, Githu Muigai, und betont, dass allen Opfern von Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit weltweit ein einheitliches Maß an Aufmerksamkeit und Schutz zuteilwerden sollte; betont im weiteren Sinne, dass allen Ausprägungen des Rassismus und der Diskriminierung auch in Europa mit dem gleichen Nachdruck und der gleichen Entschlossenheit begegnet werden sollte;

4.  äußert seine tiefe Besorgnis darüber, dass die soziale Ausgrenzung der Dalits und in ähnlicher Weise betroffener Gemeinschaften zu großer Armut innerhalb der betroffenen Bevölkerungsgruppen sowie zu der Ausgrenzung von bzw. verringerter Teilhabe an Entwicklungsprozessen führt; betont darüber hinaus, dass diese soziale Ausgrenzung eine Beteiligung dieser Gruppen an politischen Entscheidungs- und Gestaltungsprozessen sowie eine sinnvolle Teilhabe am öffentlichen und zivilen Leben verhindert;

5.  ist nach wie vor beunruhigt über die konstant hohe Zahl zur Anzeige gebrachter Fälle von Grausamkeiten und die entsprechende Dunkelziffer, über Praktiken der Unberührbarkeit in Ländern mit Kastensystem, darunter auch in Indien, und darüber, dass Menschen, die Verbrechen gegen die Dalits und andere durch die Kastenzugehörigkeit motivierte Menschenrechtsverletzungen begehen, häufig straffrei bleiben; weist erneut darauf hin, dass diese Art der Diskriminierung in bestimmten Ländern von hohen Regierungsangehörigen begangen wird;

6.  äußert erneut seine tiefe Besorgnis über die Gewalttaten, denen Dalit‑Frauen sowie andere Frauen, die in ähnlicher Weise betroffenen Gemeinschaften in Gesellschaften mit Kastensystem angehören, ausgesetzt sind und die häufig keine Anzeige erstatten, weil sie fürchten, damit ihre persönliche Sicherheit zu gefährden und gesellschaftlich ausgegrenzt zu werden, sowie über die zahlreichen und sich überschneidenden Formen der Diskriminierung aufgrund der Kasten-, Geschlechts- oder Religionszugehörigkeit, denen Dalit‑Frauen sowie Frauen, die Minderheiten angehören, ausgesetzt sind, und die erzwungene Konvertierungen, Entführungen, Zwangsprostitution und sexuelle Gewalt durch Männer der dominierenden Kasten zur Folge haben;

7.  betont, dass für die Zivilgesellschaft und für Menschenrechtsverteidiger, die mit Menschen arbeiten, die aufgrund ihrer Kastenzugehörigkeit diskriminiert werden, ein positives Umfeld geschaffen werden muss, damit sie keinen Gefahren ausgesetzt sind und ihre Arbeit nicht behindert, stigmatisiert oder eingeschränkt wird; betont, dass dieses Umfeld auch Zugang zu Finanzierungsmitteln, die Zusammenarbeit mit den Menschenrechtsgremien der Vereinten Nationen und eine Akkreditierung durch den Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen (Ecosoc) umfassen sollte;

8.  fordert die EU auf, den Entwurf der Grundsätze und Leitlinien der Vereinten Nationen für die wirksame Beseitigung von Diskriminierung aufgrund von Arbeit und Abstammung als grundlegendes Rahmenwerk für die Beseitigung der Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit zu fördern und auf seine Verabschiedung durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hinzuarbeiten;

9.  fordert die Kommission auf, die Kaste als besondere, im gesellschaftlich und/oder religiösen Kontext verankerte Form von Diskriminierung anzuerkennen, die gemeinsam mit anderen Ursachen für Diskriminierung – d. h. Ethnie, Rasse, Abstammung, Religion, Geschlecht oder Sexualität – im Rahmen der Anstrengungen der EU zur Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung angegangen werden muss; fordert die EU auf, von Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit betroffene Menschen in ihren Strategien und Programmen als gesonderte Gruppe zu berücksichtigen;

10.  fordert die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) ausdrücklich auf, die Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit in die Rechtsvorschriften, Maßnahmen und Programmplanungsdokumente der EU aufzunehmen und operative Richtlinien für ihre Umsetzung anzunehmen; fordert den EAD auf, die bestehenden Instrumente zur Überwachung und Bewertung auszuweiten, damit die Auswirkungen der von der EU ergriffenen Maßnahmen auf die Lage der von dieser Form der Diskriminierung betroffenen Menschen wirksam bewertet werden können;

11.  empfiehlt der EU, die Auswirkungen von Handels- und/oder Investitionsvereinbarungen auf die von Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit betroffenen Bevölkerungsgruppen systematisch zu bewerten und diese Sachverhalte mit Vertretern der Industrie, Regierungsbehörden und einschlägigen Organisationen der Zivilgesellschaft anzugehen;

12.  fordert, dass die Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit als menschenrechtsbezogene Fragestellung in zukünftige politische Maßnahmen, Strategien und Aktionspläne der EU zu den Menschenrechten aufgenommen wird;

13.  fordert die Kommission auf, Entwicklungsprojekte stärker zu unterstützen, in deren Rahmen Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit als schwerwiegende und die Armut verschärfende Missachtung der Menschenrechte bekämpft wird, und diese Form der Diskriminierung bei allen Projekten zu berücksichtigen, die sich in den einschlägigen Ländern schwerpunktmäßig mit Bildung, Frauen, Zugang zur Justiz, politischer Teilhabe und Beschäftigung befassen;

14.  fordert die Kommission auf, bei humanitären Krisen Konzepte zu entwickeln und umzusetzen, bei denen das Kastensystem berücksichtigt wird, und dafür Sorge zu tragen, dass alle Randgruppen – darunter Menschen, die unter Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit leiden – humanitäre Hilfe erhalten;

15.  fordert die EU nachdrücklich auf, die Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit bei den Regierungen der betroffenen Staaten im Rahmen von bilateralen Gipfeltreffen und anderen internationalen Zusammenkünften auf höchster Ebene zu thematisieren;

16.  fordert den EAD auf, seine Maßnahmen zu intensivieren und die Menschenrechtsdialoge zu vertiefen und zur Beseitigung der Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit gemeinsame Initiativen mit den Regierungen von Staaten, in denen vom Kastenwesen betroffene Gemeinschaften den so genannten Praktiken der Unberührbarkeit ausgesetzt sind, wie beispielsweise Indien, Nepal, Pakistan, Bangladesch und Sri Lanka, zu fördern, und generell die Diskriminierung aufgrund von Arbeit und Abstammung, die in verschiedenen Ländern, darunter auch der Jemen, Mauretanien, Nigeria, Senegal und Somalia, in Erscheinung tritt, zu bekämpfen; weist erneut darauf hin, dass Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit in Abkommen, die mit vielen dieser Staaten geschlossen wurden, nicht erwähnt wird;

17.  fordert die Kommission und den EAD auf, gegebenenfalls in alle Handels- und Assoziierungsabkommen eine Klausel zu Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit aufzunehmen;

18.  empfiehlt der EU, die Anwendung nichtdiskriminierender und inklusiver Strategien sowie Verfahren bei der Abwicklung von Geschäften mit vom Kastenwesen betroffenen Ländern zu fördern, wobei auf dem Arbeitsmarkt und im Privatsektor u. a. Fördermaßnahmen für Dalits und für Menschen, die in ähnlicher Weise vom Kastenwesen betroffen sind, vorzusehen sind;

19.  fordert die EU auf, die Zivilgesellschaft regelmäßig auf breiter Ebene zu Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit zu konsultieren und Organisationen der Zivilgesellschaft mit angemessenen Mitteln für die Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit auszustatten;

20.  fordert die EU auf, für die Zeit nach 2015 eine Entwicklungsagenda zu fördern, in der die Thematik der Kasten berücksichtigt wird und die als grundlegendes und messbares Ziel die Verringerung der Ungleichheiten enthält, die auf der Kastenzugehörigkeit beruhen oder durch diese verstärkt werden, wobei dafür Sorge getragen werden muss, dass die Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit ausdrücklich als bedeutender struktureller Auslöser von Armut und als grundlegende Ursache struktureller Ungleichheiten angegangen wird;

21.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, dem Sonderbeauftragten der EU für Menschenrechte, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P7_TA(2012)0512.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2013)0031.
(3) ABl. C 250 E vom 25.10.2007, S. 87.
(4) ABl. C 258 E vom 7.9.2013, S. 8.
(5) A/HRC/11/CRP.3.
(6) A/HRC/17/40.


Jahresbericht über die Tätigkeiten des Petitionsaussschusses 2012
PDF 163kWORD 36k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Oktober 2013 zu derTätigkeit des Petitionsausschusses im Jahr 2012 (2013/2013(INI))
P7_TA(2013)0421A7-0299/2013

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu den Beratungen des Petitionsausschusses,

–  unter Hinweis auf die Artikel 10 und 11 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),

–  unter Hinweis auf die Artikel 24, 227, 228, 258 und 260 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–  gestützt auf Artikel 48 und Artikel 202 Absatz 8 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis des Berichts des Petitionsausschusses (A7-0299/2013),

A.  in der Erwägung, dass nach Protokoll Nr. 30 des Vertrags die Charta der Grundrechte der Europäischen Union mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon bereits Rechtsverbindlichkeit erhalten hat; in der Erwägung, dass der Vertrag von Lissabon auch die Rechtsgrundlage für die EU schafft, der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten beizutreten sowie die europäische Bürgerinitiative einzuführen;

B.  in der Erwägung, dass der Petitionsausschuss in der Verpflichtung steht, seine Rolle konstant zu überprüfen und gegebenenfalls auszuweiten, insbesondere in Bezug auf die Entwicklung demokratischer Grundsätze, wie etwa die zunehmende Teilnahme von EU-Bürgern am europäischen Entscheidungsprozess und die Verbesserung von Transparenz und Rechenschaftspflicht; in der Erwägung, dass der Ausschuss im Rahmen seiner regelmäßigen Tätigkeit eng mit den Mitgliedstaaten, der Kommission, dem Europäischen Bürgerbeauftragten und anderen Organen zusammenarbeitet, um dafür Sorge zu tragen, dass das Unionsrecht in Geist und Buchstabe voll und ganz eingehalten wird;

C.  in der Erwägung, dass 1 986 Petitionen im Jahr 2012 beim Petitionsausschuss eingegangen sind, die sich hauptsächlich auf die Themen Grundrechte, Umwelt, Binnenmarkt sowie Wirtschafts- und Sozialkrise beziehen; in der Erwägung, dass 1 406 Petitionen für zulässig erklärt wurden, von denen 853 an die Kommission zur weiteren Untersuchung gemäß Artikel 258 und 260 des Vertrags weitergeleitet wurden, und dass 580 Petitionen für unzulässig erklärt wurden; in der Erwägung, dass der Gegenstand von mindestens fünf im Jahr 2012 eingereichten Petitionen gemäß Artikel 258 und 260 des Vertrags beim Europäischen Gerichtshof anhängig gemacht wurden; in der Erwägung, dass mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 14. September 2011 in der Rechtssache T‑308/07 deutlich wurde, dass auch Verfahrensentscheidungen des Parlaments in Petitionssachen der gerichtlichen Überprüfung unterliegen; in der Erwägung, dass sich laut der statistischen Analyse in diesem Bericht die größte Anzahl der Petitionen auf die EU als Ganzes bezieht (27,3 %), gefolgt von Fällen in Spanien (15 %), Deutschland (12,5 %) und Italien (8,6 %);

D.  in der Erwägung, dass der Ausschuss 2012 im Bereich der Grundrechte den Rechten von Menschen mit Behinderungen, den Rechten der Kinder, den Verbraucherrechten, den Eigentumsrechten, den Rechten der Freizügigkeit ohne Diskriminierung gleich aus welchem Grund, dem Schutz des Rechts auf freie Meinungsäußerung und auf Privatsphäre, dem Recht auf Zugang zu Dokumenten und Informationen und den Rechten in Bezug auf die politische und gewerkschaftliche Vereinigungsfreiheit besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat; in der Erwägung, dass die Wirtschaftskrise zu zahlreichen Petitionen zu sozialen Problemen, wie etwa im Bereich Wohnungswesen, Beschäftigung und Fehlverhalten von Banken gegenüber Sparern geführt hat;

E.  in der Erwägung, dass die von den Bürgern eingereichten Petitionen belegen, dass Bürger nach wie vor wegen einer Behinderung, Zugehörigkeit zu einer Minderheit oder bestimmten ethnischen Gruppe, ihres Geschlechts, Alters oder sexuellen Ausrichtung diskriminiert werden;

F.  in der Erwägung, dass die EU-Initiativen zur Bekämpfung der Diskriminierung wie der EU-1Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma 2011 unverzüglich in die nationalen Strategien integriert werden müssen und die Entwicklung der wirtschaftlichen und sozialen Umstände kontinuierlich überprüft und überwacht werden muss;

G.  in der Erwägung, dass im Bereich des Umweltschutzes die Bedrohung durch Verschmutzung und umweltschädigendes Verhalten aufgrund der daraus folgenden lang andauernden und häufig lebensbedrohlichen Risiken für die biologische Vielfalt und die Ökosysteme sowie die öffentliche Gesundheit nicht zu unterschätzen ist; in der Erwägung, dass manche Mitgliedstaaten in Bezug auf die biologische Vielfalt weder die Bestimmung einer Mindestanzahl an Natura 2000-Schutzgebieten abgeschlossen noch für einen effektiven Schutz dieser Gebiete gesorgt haben; in Erwägung, dass den Zielen des Kampfes gegen die Umweltverschmutzung und den Klimawandel gebührend Rechnung getragen werden muss; in der Erwägung, dass der Ausschuss im Jahr 2012 der Umsetzung des Abfall‑ und Wasserrechts sowie der Folgenabschätzung von Projekten und Aktivitäten im Bereich der Umwelt und öffentlichen Gesundheit besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat;

H.  in Erwägung der Notwendigkeit, die natürlichen Ressourcen zu erhalten, um die Zukunft des Planeten nicht zu gefährden; in der Erwägung, dass in Bezug auf innovative Technologien wie GVO und die Nanotechnologie das Vorsorgeprinzip gelten muss;

I.  in der Erwägung, dass in Bezug auf das Thema Abfallwirtschaft die Informationsreise nach Italien ergeben hat, dass es für alle italienischen Behörden dringend notwendig ist, eine nachhaltige Lösung für die Abfallwirtschaft in der Provinz Rom zu finden und für den Schutz der Gesundheit und der Würde der betroffenen Bürger zu sorgen; in der Erwägung, dass, obwohl die Notsituation in der Stadt Neapel vorüber ist, noch viele Herausforderungen hinsichtlich eines umfassenden Ansatzes zur Abfallwirtschaft in der Region Kampanien in Verbindung mit der Abfallhierarchie gemäß Richtlinie 2008/98/EG (Abfallrahmenrichtlinie) und dem Urteil des EuGH vom März 2010 bestehen;

J.  in der Erwägung, dass es insbesondere im Hinblick auf Umweltfragen wichtig ist, frühzeitig zu prüfen, ob die lokalen, regionalen und einzelstaatlichen Behörden alle einschlägigen Verfahrenserfordernisse des Unionsrechts und auch das Vorsorgeprinzip ordnungsgemäß anwenden, auch wenn die Kommission die Einhaltung des Unionsrechts erst dann umfassend prüfen kann, wenn die nationalen Behörden eine endgültige Entscheidung getroffen haben;

K.  in der Erwägung, dass die Arbeit des Ausschusses dazu geführt hat, dass Wasser durch das Parlament zum öffentlichen Gut ernannt wurde; in der Erwägung, dass die europäische Bürgerinitiative „Recht auf Wasser“ die erste Initiative war, die den Schwellenwert von einer Million Unterschriften europäischer Bürger erreicht hat;

L.  in der Erwägung, dass weitere unwiderrufliche Verluste der Artenvielfalt, insbesondere in den durch Natura 2000 ausgewiesenen Gebieten, verhindert werden müssen, und dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, den Schutz von besonderen Schutzgebieten gemäß der Richtlinie 92/43/EWG (Habitat-Richtlinie) und der Richtlinie 79/409/EWG (Vogelschutzrichtlinie) sicherzustellen;

M.  in der Erwägung, dass sich das Parlament in seiner Entschließung vom 13. Dezember 2012 zu einer neuen nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Stahlindustrie (auf der Grundlage einer eingegangenen Petition)(1) für das Verursacherprinzip ausgesprochen hat;

N.  in der Erwägung, dass die Kommission trotz der interinstitutionellen Vereinbarung zwischen ihr und dem Parlament abgeneigt scheint, Informationen über die Art ihrer Beratungen und Entscheidungen, die sie in Verletzungsverfahren in Bezug auf Petitionen und über die Umsetzung von Umweltrecht trifft, zeitnah bereitzustellen; in der Erwägung, dass dies zutiefst besorgniserregend ist, da unser Ökosystem und unsere Gesundheit dadurch unwiderruflich Schaden nehmen und zerstört werden können; in der Erwägung, dass die Europäischen Institutionen den Bürgerinnen und Bürgern der EU mehr Informationen zur Verfügung stellen und ihnen gegenüber transparenter werden müssen;

O.  in der Erwägung, dass das Jahr 2013 zum Europäischen Jahr der Bürgerinnen und Bürger erklärt wurde und die Bürger und Einwohner der EU, entweder einzeln oder gemeinsam mit anderen, gut in der Lage sind, sowohl die Wirksamkeit der Anwendung des Unionsrechts zu bewerten als auch auf mögliche Lücken hinzuweisen, die die ordnungsgemäße Umsetzung der Gesetzgebung und die umfassende Rechtsausübung beeinträchtigen; in der Erwägung, dass der Inhalt der „Europäischen Verbraucheragenda für mehr Vertrauen und mehr Wachstum“ angemessen zu berücksichtigen ist; in der Erwägung, dass eine Grundvoraussetzung hierfür die praktikable Bereitstellung von Information über das Unionsrecht an die Bürger ist;

P.  in der Erwägung, dass der Petitionsausschuss aus diesem Grund im Jahr 2012 viel Zeit und Mühe in die Diskussion der Bedeutung der Unionsbürgerschaft investiert hat, welche zwar in enger Verbindung mit umfassender Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit innerhalb der EU, wie sie im dritten Teil des AEUV definiert sind, steht, aber auch zahlreiche andere Rechte umfasst und jenen Bürgern nützt, die ihr Heimatland nicht verlassen; in der Erwägung, dass die Petitionen belegen, dass die Bürger und Einwohner der EU noch immer mit umfangreichen und realen Hindernissen bei der Ausübung insbesondere ihrer Rechte mit grenzüberschreitenden Bezug konfrontiert sind, was einen direkten und alltäglichen Einfluss auf das Leben und den Wohlstand Tausender Haushalte hat;

Q.  in der Erwägung, dass das Petitionsverfahren eine Ergänzung zu anderen den Bürgern zur Verfügung stehenden europäischen Instrumenten, wie der Einreichung von Beschwerden beim Europäischen Bürgerbeauftragten oder der Kommission, darstellt; in der Erwägung, dass der Petitionsausschuss eng mit dem Europäischen Bürgerbeauftragten, sonstigen Parlamentarischen Ausschüssen des Parlaments, europäischen Organen, Akteuren und Netzwerken sowie mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeitet;

R.  in der Erwägung, dass das Petitionsverfahren eine Ergänzung zu anderen Mechanismen der Rechtsdurchsetzung für die Bürger sein kann und sein sollte, wie beispielsweise das Einreichen von Beschwerden bei der Kommission oder dem Europäischen Bürgerbeauftragten; in der Erwägung, dass insbesondere SOLVIT ein wichtiges Instrument ist, mit dem die EU-Bürger schnelle Lösungen für Probleme aufgrund einer fehlerhaften Anwendung von Binnenmarktrecht durch die öffentlichen Stellen finden können, und in diesem Sinne Fortschritte bei gemeinsamen Maßnahmen zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten durch die Verbraucher und ihre Verbände vonnöten sind; in der Erwägung, dass das gemeinsame Internetportal „Ihre Rechte“ wichtige Informationen für Bürger enthält, die eine Beschwerde zur rechtmäßigen Anwendung des EU-Rechts einreichen möchten;

S.  in der Erwägung, dass sich der Anwendungsbereich und das Verfahren des Petitionsrechts, das allen Bürgern und Einwohnern der EU gemäß dem Vertrag gewährt wird, von anderen Möglichkeiten, die den Bürgern zur Verfügung stehen, unterscheiden, so zum Beispiel das Einreichen von Beschwerden bei der Kommission oder dem Bürgerbeauftragten;

T.  in der Erwägung, dass die Einbeziehung der Bürger in den Entscheidungsprozess der Europäischen Union mit Blick auf die Stärkung ihrer Legitimität und Verantwortung erhöht werden muss;

U.  in der Erwägung, dass ein neues Instrument für eine partizipative Demokratie, die „Europäische Bürgerinitiative” seit dem 1. April 2012 zur Verfügung steht und insgesamt sechzehn Initiativen im Laufe des letzten Jahres registriert wurden; in der Erwägung, dass von verschiedenen Initiatoren europäischer Bürgerinitiativen Bedenken hinsichtlich der technischen Hindernisse geäußert wurden, die bei der eigentlichen Unterschriftensammlung auftraten; in der Erwägung, dass der Petitionsausschuss eine wesentliche Rolle bei der Organisation der öffentlichen Anhörungen bei erfolgreichen Initiativen spielen wird;

V.  in der Erwägung, dass offensichtlich ein Mangel sowohl an klar strukturierten und weitverbreiteten Informationen als auch an Bewusstsein unter den EU-Bürgern in Bezug auf ihre Rechte herrscht; in der Erwägung, dass dies ein großes Hindernis für die aktive Wahrnehmung der Unionsbürgerschaft darstellt; in der Erwägung, dass die Mitgliedsstaaten in diesem Zusammenhang ihren Informations- und Aufklärungspflichten stärker nachkommen sollten;

W.  in der Erwägung, dass die europäischen Bürger und Einwohner zur Recht darauf vertrauen dürfen, dass die Probleme, die sie dem Petitionsausschuss vorbringen, ohne unnötige Verzögerungen innerhalb des rechtlichen Rahmens der Europäischen Union gelöst werden, und insbesondere dass die Ausschussmitglieder das natürliche Umfeld, die Gesundheit, die Freizügigkeit, die Würde sowie die Grundrechte und Grundfreiheiten des Petenten verteidigen; in der Erwägung, dass die Effizienz der Arbeit des Ausschusses wesentlich von Geschwindigkeit und Gründlichkeit seines Sekretariats geprägt werden und diese, insbesondere durch eine Optimierung der Bearbeitungszeiten der Petitionen sowie durch eine Systematisierung des Verfahrens zu deren Beurteilung, weiter verbessert werden könnten; in der Erwägung, dass angesichts der weiter wachsenden Anzahl an den jährlich eingehenden Petitionen, mehr Ressourcen sowie mehr Zeit in den Ausschusssitzungen für diese Themen notwendig sind; in der Erwägung, dass die Kontinuität bei der Bearbeitung von Petitionen auch über wechselnde Legislaturperioden und daraus resultierende Personalwechsel gegeben sein muss; unter Hinweis auf die zahlreichen von mit den Opfern des Franco-Diktatur und in Bezug auf entführte Kindern in Spanien eingereichten Petitionen;

X.  in der Erwägung, dass bestimmte Petitionen zwischen der Kommission, dem Parlament, dem Europäischen Gerichtshof und den nationalen Behörden weitergeleitet werden, ohne dass eine Lösung gefunden wird, was die Petenten verunsichert, da kein Abschluss in Aussicht ist;

Y.  in der Erwägung, dass die Zahl der Petitionen zu den Verstößen gegen die durch den Vertrag über die Europäische Union geschützten Grundsätze der grundlegenden demokratischen Rechte und der Rechtsstaatlichkeit beträchtlich zugenommen hat, was zeigt, dass die europäischen Bürger die Institutionen der Gemeinschaft mit wachsendem Vertrauen als Garanten ihrer Grundrechte betrachten;

Z.  in der Erwägung, dass Einzelpersonen und lokale Gemeinschaften sowie ehrenamtliche Organisationen und Unternehmen gut dazu in der Lage sind, die Wirksamkeit des europäischen Rechts zu beurteilen, da es für sie selbst gilt, sowie auf mögliche Lücken aufmerksam zu machen, die zu prüfen sind, um eine bessere, einheitlichere und vergleichbare Umsetzung von Unionsrechts in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten;

1.  nimmt zur Kenntnis, dass bei den im Jahr 2012 von Bürgern und Einwohnern der Europäischen Union eingereichten Petitionen angebliche Verstöße gegen EU-Recht in den Bereichen Grundrechte, Umwelt, Binnenmarkt und Eigentumsrechte im Mittelpunkt standen; ist der Ansicht, dass die Petitionen belegen, dass es noch immer häufige und weitverbreitete Fälle einer unvollständigen Umsetzung oder fehlerhaften Anwendung des Unionsrechts gibt;

2.  stellt fest, dass die Grundrechte weiterhin ein zentrales Thema der eingereichten Petitionen sind, wobei insbesondere Probleme in Bezug auf die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die Rechte von Kindern, die Eigentumsrechte, das Recht auf Freizügigkeit inklusive der Übertragbarkeit von Sozialleistungsansprüchen ohne jegliche Form der Diskriminierung gleich aus welchem Grund, den Schutz des Rechts auf freie Meinungsäußerung und auf Privatsphäre, die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Zugang zu Dokumenten und Informationen angeführt werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Rechte gemäß dem Vertrag korrekt umzusetzen und einzuhalten, und fordert die Kommission auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um säumige Mitgliedstaaten dazu zu verpflichten, die Lücke zwischen den einzelstaatlichen Gesetzen und den Grundrechten der EU-Bürger zu schließen; ist der Ansicht, dass dem Recht auf Aufarbeitung der Geschichte und dem Recht der Familien, die Opfer der Franco-Diktatur wurden, auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Entschädigung sowie dem Recht der entführten Kinder in Spanien auf Kenntnis ihrer biologischen Abstammung besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte;

3.  ist der Ansicht, dass ein über den Internetauftritt des Europäischen Parlaments zugänglicher interaktiver Leitfaden ähnlich dem des Internetauftritts der Europäischen Bürgerbeauftragten, die Zahl der eingereichten Petitionen mit einem Gegenstand, der nicht in den Tätigkeitsbereich der EU fällt, verringern könnte;

4.  bestätigt die wichtige Rolle, die der Petitionsausschuss bei der Suche nach außergerichtlichen Lösungen für die Bürger spielt, durch die er in der Praxis erfährt, wie die Europäische Union von den Bürgern Europas gesehen wird, was wiederum Rückschlüsse zulässt, ob das europäische Recht tatsächlich die erhofften Ergebnisse liefert und den Erwartungen der Bürger an die Union entspricht;

5.  fordert den Petitionsausschuss auf, die Auswirkungen der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Zulässigkeit von Petitionen des Equal Rights Trusts zu prüfen, die selbst im Fall lediglich innerstaatlichen Rechts, den Unionsbürgern ein höheres Schutzniveau verleiht, falls sich einzelstaatliche Urteile auf die Ausübung ihrer Rechte als Unionsbürger auswirken; fordert, der Frage nachzugehen, welche tatsächlichen Hindernisse für Unionsbürger bestehen, in Rechtssachen vor den einzelstaatlichen Gerichten mit Anträgen, die auf Vorabentscheidungen des EuGH gerichtet sind, eine verlässliche Auslegung des Europarechts in Rechtssachen zu erlangen;

6.  fordert im Zuge der Bemühungen um die Verbesserung der Arbeit des Ausschusses ein Verfahren unter Einbeziehung von Informationsreisen, dass einerseits das Recht eines jeden Mitglieds der Informationsreisen sicherstellt, die Fakten aus seiner Sicht darzustellen, andererseits jedem Ausschussmitglied die Möglichkeit gewährleistet, an der Entscheidungsfindung im Hinblick auf die vom Petitionsausschuss zu ziehenden Schlussfolgerungen mitzuwirken;

7.  ist entschlossen, das Petitionsverfahren effizienter, transparenter, unparteiischer und unter Wahrung der Mitwirkungsrechte der Mitglieder des Petitionsausschusses so zu gestalten, dass die Bearbeitung von Petitionen auch in den Verfahrungsschritten gerichtlichen Überprüfungen standhalten kann;

8.  macht auf die anhaltende Diskriminierung gegen Bürger aus Gründen ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, ihrer Zugehörigkeit zu einer Minderheit, ihres Alters oder ihrer sexuellen Ausrichtung aufmerksam; warnt insbesondere davor, dass die Roma-Bevölkerung in der EU noch immer Hindernisse hinsichtlich ihrer Inklusion erfährt; fordert die Kommission daher auf, die Zusammenarbeit zwischen den Regierungen in diesem Bereich zu fördern, ausreichende Gelder für die Umsetzung der nationalen Strategien für die Inklusion der Roma zur Verfügung zu stellen und aktiv zu überwachen, ob diese Strategien in den Mitgliedstaaten tatsächlich umgesetzt werden;

9.  fordert die Kommission auf, einen Legislativvorschlag einzubringen, um die Probleme in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung der Familienstanddokumente durch die Mitgliedstaaten und ihre Auswirkungen endlich zu lösen und dabei gleichzeitig im Sinne des Subsidiaritätsprinzips die gesellschaftspolitischen Traditionen der einzelnen Mitgliedsstaaten zu respektieren;

10.  bekräftigt seine bisherigen Appelle an die Mitgliedstaaten, die Freizügigkeit für alle Unionsbürger und ihre Familien zu gewährleisten, und zwar ohne Diskriminierung aus Gründen ihrer sexuellen Ausrichtung oder ihrer Staatsangehörigkeit; fordert die Mitgliedstaaten erneut auf, die nach den Artikeln 2 und 3 der Richtlinie 2004/38/EG gewährten Rechte voll und ganz umzusetzen, nicht nur für Ehegatten des anderen Geschlechts, sondern auch für den eingetragenen Lebenspartner, das Haushaltsmitglied und den Partner, mit dem ein Unionsbürger eine ordnungsgemäß bescheinigte, stabile Beziehung hat, einschließlich der Partner gleichgeschlechtlicher Paare, auf der Grundlage der Grundsätze der gegenseitigen Anerkennung, Gleichheit, Nichtdiskriminierung und Würde sowie des Schutzes des Privat- und Familienlebens; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, dafür zu sorgen, dass die Richtlinie strikt angewandt wird und gegebenenfalls letztlich zu diesem Zweck entsprechend überarbeitet wird sowie dafür zu sorgen, dass gegen säumige Mitgliedstaaten gegebenenfalls ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wird;

11.  nimmt zur Kenntnis, dass die Umwelt auch weiterhin ein weiteres zentrales Thema der Petitionen ist, was belegt, dass die öffentlichen Stellen in den Mitgliedstaaten wiederholt dabei versagen, den Schutz der biologischen Vielfalt, der natürlichen Ressourcen und der Ökosysteme sicherzustellen und die höchsten Standards der öffentlichen Gesundheit zu garantieren; weist insbesondere auf die zahlreichen eingereichten Petitionen zu den Themen Abfallmanagement, Wasser, mögliche Gefahren von Atomenergie und Gentechnik, geschützte Arten und Folgenabschätzung von Projekten und Aktivitäten bezüglich der Umwelt und der öffentlichen Gesundheit, wie beispielsweise die Gewinnung von Schiefergas mittels Fracking hin; fordert die Kommission nachdrücklich auf, den Rahmen des Umweltrechts und den Kampf gegen den Klimawandel und vor allem seine korrekte Umsetzung zu stärken; bedauert, dass einige Mitgliedstaaten trotz ihrer Bemühungen nicht in der Lage waren, nachhaltige Lösungen für die Probleme in Bezug auf das Abfallmanagement zu finden;

12.  fordert die Kommission auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, damit die Mitgliedstaaten Wasser als öffentliches Gut begreifen und behandeln; ist der Auffassung, dass das Vorsorgeprinzip auf die Nutzung von Biotechnologie und Nanotechnologie bei den Erzeugnissen, die die Gesundheit der Verbraucher ernsthaft gefährden können, genauestens anzuwenden ist;

13.  erwartet, dass die überarbeitete Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU nicht nur durch die Bereitstellung klarerer Parameter gestärkt wird, sondern vor allem, dass sie von den Mitgliedstaaten voll und ganz umgesetzt wird;

14.  ist der Ansicht, dass für Petitionen mit Dringlichkeit Verfahren entwickelt werden müssen, durch die Informationsreisen auch in der langen sitzungsfreien Zeit während der Europawahlen und auch - wenn es die Natur der Petition gebietet - während der sitzungsfreien Zeit im Sommer, möglich sind (Beispiel Damüls, wo der Zeitraum einer Informationsreisen auf die Sommermonate begrenzt war);

15.  begrüßt das Ende der Notsituation in der Stadt Neapel sowie die neuen Initiativen in Bezug auf die Abfallwirtschaft und erwartet, dass die bestehenden Herausforderungen in der Region Kampanien angemessen angegangen werden, d. h. mittels einer umfassenden regionalen Abfallbehandlungsanlage in Übereinstimmung mit der Hierarchie der Abfallrahmenrichtlinie der EU und dem Urteil des EuGH aus dem Jahr 2010; zeigt sich weiterhin besorgt über den Ansatz zur Abfallwirtschaft in der Region Lazio, insbesondere in Bezug auf die Folgemaßnahmen nach der Schließung der Malagrotta-Deponie;

16.  weist ferner darauf hin, dass die Bürger in der Europäischen Union zudem weiterhin mit Hindernissen auf dem Binnenmarkt konfrontiert sind, insbesondere bei der Ausübung ihres Rechts auf Freizügigkeit als Einzelpersonen, als Lieferanten oder Erbringer und Verbraucher von Gütern und Dienstleistungen und als Arbeitnehmer, wie z. B. im Fall von rumänischen und bulgarischen Arbeitnehmern, die in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt unterliegen; bemerkt insbesondere, dass die grenzüberschreitende justizielle Zusammenarbeit und Wirksamkeit noch immer ein Bereich ist, der im Zentrum der Aufmerksamkeit steht; kommt zu dem Schluss, dass eine verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Harmonisierung insgesamt einen wichtigen Nutzen für den Schutz der Rechte der Bürger und den wirtschaftlichen Aufschwung hat;

17.  fordert die Kommission auf, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang der Verbraucher zur Informations‑ und Kommunikationstechnologie mit den entsprechenden Garantien bezüglich Sicherheit und Transparenz und insbesondere den barrierefreien Zugang zu Websites öffentlicher Stellen zu erleichtern;

18.  weist auf die Bemühungen dieses Ausschusses hin, das Ersuchen vieler Bürger um einen EU-Rechtsrahmen, der einen größeren Schutz und Verbesserungen für das Wohl der Tiere, einschließlich der Haustiere und streunenden Tiere, bietet, zu vermitteln;

19.  unterstreicht die Bedeutung der Schaffung der Arbeitsgruppe über das spanische Küstengesetz, die die Petitionen zu diesem Thema und die Änderung des Gesetzes genau untersucht hat, und die als Beispiel für weitere Initiativen dieser Art dienen könnte; bestätigt die Bedeutung des direkten Kontakts mit den spanischen Behörden in Bezug auf dieses Thema und betont die dringende Notwendigkeit einer weiteren verstärkten Zusammenarbeit, um mehr Ausgewogenheit zwischen den Eigentumsrechten und ihrer gesellschaftlichen Funktion sowie bessere Lösungen zu finden, wenn aus übergeordneten Gründen des Umweltschutzes eine Enteignung vonnöten ist; bringt seine Befürchtungen zum Ausdruck, dass mit dem neuen, vom spanischen Parlament angenommenen Küstengesetz weder die Bedenken der Petenten gelöst werden noch Pläne für weitere Umweltschutzmaßnahmen im Küstenbereich Spaniens vorgesehen sind;

20.  betont die Notwendigkeit einer wirksamen Regulierung des Küstenschutzes, weist jedoch darauf hin, dass das Küstengesetz den gesteckten Zielen gegenüber nicht kohärent ist, da davon historisches Erbe und traditionelle Siedlungen betroffen sind und es negative Auswirkungen auf Bewohner von kleinen Küstenorten hat, die stets auf nachhaltige Weise mit der See und ihren Ökosystemen im Einklang gelebt haben;

21.  begrüßt die Schlussfolgerungen des Ausschusses aus der Informationsreise nach Berlin zu Angelegenheiten hinsichtlich des Jugend- und Familienwohls, insbesondere bei grenzüberschreitenden Sorgerechtsfällen; weist jedoch darauf hin, dass es angesichts der noch immer eingehenden Petitionen dieser Art eindeutig ist, dass das Problem der grenzüberschreitenden Sorgerechtsfälle weiterhin besteht, und dass der Ausschuss auf ähnliche Fälle aus anderen Mitgliedstaaten, insbesondere Dänemark, aufmerksam gemacht wurde; nimmt des Weiteren zur Kenntnis, dass es im Falle Dänemarks auch um Fälle von Ausländern und Ausländerinnen geht, welche im Land selbst leben, und dass hier Kindesentführungen (auch aus dem Ausland) belegt sind;

22.  ist der Ansicht, dass eine bessere Verwaltungspraxis und effizientere Verfahren zur Rechtsdurchsetzung unmittelbar mit der Transparenz und dem Zugang zu Informationen gemäß Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 zusammenhängen;

23.  erachtet es als wichtig, die auf Gegenseitigkeit beruhende Zusammenarbeit mit den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten zu stärken und, wo nötig, die Behörden der Mitgliedstaaten zur vollständig und transparenten Umsetzung und Anwendung der Unionsrechts anzuhalten; unterstreicht die Bedeutung der Zusammenarbeit der Kommission mit den Mitgliedstaaten und bedauert die Nachlässigkeit einiger Mitgliedstaaten bei der Umsetzung und Durchsetzung des europäischen Umweltrechts;

24.  weist diesbezüglich auf eine Eurobarometer-Meinungsumfrage hin, die zeigt, dass nur 36 % der EU-Bürger sich gut über ihre Rechte und nur 24 % sich gut darüber informiert fühlen, was sie tun können, wenn ihre Rechte nicht respektiert werden; betont daher die dringende Notwendigkeit eines besseren Zugangs zu Informationen und einer deutlicheren Unterscheidung zwischen den Funktionen der verschiedenen nationalen und europäischen Institutionen, damit Petitionen und Beschwerden an die richtigen Stellen übermittelt werden können;

25.  fordert insbesondere die Kommission auf, das Internetportal „Ihre Rechte“ nutzerfreundlicher zu gestalten und seine Bekanntheit unter den EU-Bürgern zu verbessern;

26.  ist entschlossen, bis Ende 2013 ein praktischeres und sichtbareres Internetportal für Petitionen einzurichten, um den Zugang zu dem Petitionsverfahren zu erleichtern und wertvolle Informationen über Petitionen, ihre öffentliche Verbreitung und einen interaktiven Ansatz zum Petitionsverfahren sowie über Verfahren zur Rechtsdurchsetzung bereitzustellen; fordert, dass dem Petitionsrecht auf der Website des Parlaments mehr Sichtbarkeit eingeräumt wird;

27.  betont, dass der Petitionsausschuss neben anderen Organen, Einrichtungen und Instrumenten, wie der europäischen Bürgerinitiative, dem Europäischen Bürgerbeauftragten, der Kommission und den Untersuchungsausschüssen eine eigenständige und klar definierte Rolle als Anlaufstelle für jeden einzelnen Bürger innehat; betont außerdem, dass der Petitionsausschuss auch in Zukunft ein Bezugspunkt für die Bürger sein muss, deren Rechte angeblich verletzt wurden;

28.  begrüßt die konstruktive Zusammenarbeit zwischen dem Ausschuss und dem Europäischen Bürgerbeauftragten, wie beispielsweise im Falle des Sonderberichts des Europäischen Bürgerbeauftragten zum Flughafen Wien hinsichtlich der korrekten Anwendung der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung; unterstützt die Aktivitäten des Bürgerbeauftragten in Bezug auf Missstände bei der Tätigkeit der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union; erwartet, dass diese Aktivitäten weiterhin auf voller Unabhängigkeit gründen werden, wie es bisher der Fall war;

29.  bekräftigt, dass nicht allen Unionsbürgern ein Bürgerbeauftragter mit umfangreichen Befugnissen auf nationaler Ebene zur Verfügung steht und somit nicht alle Unionsbürger den gleichen Zugang zu Abhilfemöglichkeiten haben; ist der Ansicht, dass das europäische Netz der Bürgerbeauftragten mit einem nationalen Bürgerbeauftragten in jedem Mitgliedstaat eine wichtige Unterstützung für den Europäischen Bürgerbeauftragten darstellen würde;

30.  begrüßt die kontinuierliche Zusammenarbeit mit der Kommission hinsichtlich der Prüfung von Petitionen im Bereich der Anwendung des EU-Rechts durch die Mitgliedstaaten; betont dennoch, dass der Ausschuss erwartet, dass er eingehend und umgehend über Entwicklungen in Bezug auf Verletzungsverfahren informiert wird; fordert die Kommission auf, Petitionen und Beschwerden gleichermaßen zu berücksichtigen, was die Funktionsweise der Verletzungsverfahren angeht; fordert die Kommission außerdem auf, dem Ausschuss die Details und eine statistische Analyse aller von ihr untersuchten Beschwerden zu übermitteln; betont, dass für die volle Achtung des Rechts auf Petitionen eine gründliche Analyse und eine von der Kommission erbetene Antwort von wesentlicher Bedeutung sind, wobei nicht nur die formellen oder verfahrensrelevanten Themen beurteilt werden, sondern auch der wesentliche Inhalt der Sache;

31.  betont, dass der Zugang zu Informationen, über die die EU-Organe verfügen, gemäß Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 von größtem Interesse für Bürger ist, die den Entscheidungsprozess besser verstehen wollen, insbesondere wenn es um Projekte mit Auswirkungen auf die Umwelt geht; ist der Auffassung, dass ein besserer Zugang zu Informationen über Untersuchungen und Vertragsverletzungsakte von der Kommission gewährt werden könnte, ohne dass dadurch der Zweck der Untersuchungen gefährdet wird, und dass ein überwiegendes öffentliches Interesse sehr wohl den Zugang zu diesen Akten rechtfertigen könnte, insbesondere in Fällen, in denen es um Grundrechte, die Gesundheit von Mensch oder Tier und den Schutz der Umwelt vor irreversiblen Schäden geht, bzw. wenn ein Verfahren wegen Diskriminierung einer Minderheit oder wegen Verletzung der menschlichen Würde eingeleitet wurde, solange der Schutz von Geschäftsgeheimnissen und sensiblen Daten im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren, Wettbewerbssachen und Personalakten gewährleistet ist;

32.  fordert von der Kommission einen vorbeugenden und auf Prävention abzielenden Ansatz bei der Bewertung von Projekten mit potenziellen negativen Auswirkungen auf die Umwelt oder die öffentliche Gesundheit, und zwar in einer frühen Zusammenarbeit mit den betreffenden Mitgliedstaaten; weist auf die Möglichkeit von vorläufigen Maßnahmen hin, die während der Beratung ergriffen werden können, wenn irreversible Schäden zu erwarten sind;

33.  nimmt insbesondere den wichtigen Beitrag des SOLVIT-Netzwerks zur Kenntnis, den dieses bei der Aufdeckung und Lösung von Problemen in Bezug auf die Umsetzung des Binnenmarktrechts leistet; fordert zur Verbesserung dieses Mittels der EU auf, indem die Mitgliedstaaten den nationalen SOLVIT-Stellen geeignete Personalressourcen zur Verfügung stellen; ist ebenfalls der Ansicht, dass gemeinsame Maßnahmen zur Beilegung von Konflikten durch die Verbraucher und ihre Verbände entwickelt werden müssen;

34.  betont, dass die Tätigkeitsbereiche der Institutionen der Europäischen Union nach dem Vertrag, wie vom Juristischen Dienst in seiner Stellungnahme vom 29. Februar 2012 bestätigt, über die bloße Summe der von der Union ausgeübten Zuständigkeiten hinausgehen; berücksichtigt die Ansicht des Juristischen Dienstes des Parlaments, dass das Parlament befugt ist, interne Verwaltungsentscheidungen zu treffen, die darauf abzielen, ein Verfahren zur Bearbeitung der von den Bürgern eingereichten Petitionen zu schaffen; bedauert in diesem Zusammenhang das Versäumnis der zuständigen Dienststelle des Parlaments, sich an die Entschließung des Parlaments vom 21. November 2012 über die Tätigkeiten des Petitionsausschusses im Jahr 2011(2) zu halten; nimmt schließlich Kenntnis vom Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (Rechtssache T‑280/09), in dem festgestellt wird, dass eine Petition hinreichend klar und deutlich formuliert sein muss, um gemäß den in Artikel 227 AEUV festgelegten Kriterien verständlich zu sein;

35.  fordert die Mitgliedstaaten auf, das Unionsrecht in vollkommener Transparenz umzusetzen und anzuwenden, und erachtet es angesichts dieses Ziels als unabdingbar, die frühe Zusammenarbeit der Kommission mit den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten auf der Grundlage der Gegenseitigkeit zu verbessern;

36.  bedauert die bürokratischen Hindernisse für die europäischen Bürgerinitiativen aufgrund mangelnder EDV-Unterstützung; bedauert insbesondere, dass dieses Instrument für Bürger wegen der unterschiedlichen Verfahrensweisen in den Mitgliedstaaten so unterschiedlich in den verschiedenen Verwaltungen zur Anwendung kommt;

37.  begrüßt, dass das Jahr 2013 zum Jahr der Europäischen Bürgerinnen und Bürger erklärt wurde; fordert alle Institutionen und Einrichtungen sowohl der Europäischen Union als auch der Mitgliedsstaaten auf, ihre Leistungen für die europäischen Bürger und Einwohner im Laufe dieses Jahres in Einklang mit den Grundsätzen der Verträge und angesichts der in diesem Bericht dargelegten Tatsachen zu verbessern und verstärkt zu kommunizieren;

38.  weist darauf hin, dass das Petitionsverfahren keine bloße Dienstleistung, sondern ein Recht aller europäischen Bürger und Einwohner ist; verspricht, das Petitionsverfahren effizienter, transparenter, unparteiischer und unter Wahrung der Mitwirkungsrechte der Mitglieder des Petitionsausschusses so zu gestalten, dass die Bearbeitung von Petitionen auch in Verfahrensfragen gerichtlichen Überprüfungen standhält;

39.  unterstreicht die wichtige Rolle von Informationsreisen im Petitionsverfahren, nicht nur als Recht der parlamentarischen Mitwirkung, sondern als Verpflichtung gegenüber den Petenten; bekräftigt nach den Ausführungen im vorherigen Bericht dieses Ausschusses erneut die Notwendigkeit präziserer und schriftlich niedergelegter Verfahrensregeln über die Vorbereitung, Durchführung und inhaltliche Evaluierung von Informationsreisen, um sicherzustellen, dass einerseits alle Mitglieder einer Informationsreise das Recht haben, die Fakten aus ihrer Sicht darzustellen, andererseits jedem Ausschussmitglied die Möglichkeit gewährleistet wird, an der Entscheidungsfindung im Hinblick auf die vom Petitionsausschuss zu ziehenden Schlussfolgerungen und Empfehlungen mitzuwirken;

40.  fordert die Konferenz der Präsidenten des Parlaments auf, die investigative Rolle dieses Ausschusses zu stärken;

41.  ist der Ansicht, dass öffentliche Anhörungen nützlich sind, um die von den Petenten vorgebrachten Probleme detailliert zu untersuchen; macht zum Beispiel auf die öffentliche Anhörung über die Erforschung und Nutzung unkonventioneller Energiequellen aufmerksam, in der Bedenken von EU-Bürgern, die sie in Petitionen geäußert hatten, berücksichtigt wurden; erkennt das Recht der Mitgliedstaaten an, ihren Energiemix selbst festzulegen, und die Notwendigkeit einer besseren EU-weiten Koordination im Rahmen der Realisierung der drei Ziele der EU-Energiepolitik insgesamt, nämlich Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit;

42.  sieht der Organisation von öffentlichen Anhörungen bei erfolgreichen europäischen Bürgerinitiativen gemeinsam mit dem zuständigen Rechtsausschuss nach Maßgabe des Artikels 197a der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments erwartungsvoll entgegen; bekräftigt seine Auffassung, dass dieses neue Mittel die demokratischen Institutionen der EU stärken wird und dem Konzept der Unionsbürgerschaft mehr Bedeutung verleihen wird;

43.  ist dennoch besorgt über die in den ersten Monaten der praktischen Anwendung der europäischen Bürgerinitiative zu Tage getretenen bürokratischen und technischen Hürden für die Bürger; fordert daher die Kommission auf, eine Vorverlegung der gemäß Artikel 22 der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 vorgeschriebenen Überprüfung ernsthaft ins Auge zu fassen;

44.  unterstreicht die Notwendigkeit den Sachstand der europäischen Bürgerinitiativen regelmäßig zu überprüfen, um das Verfahren zu verbessern und schnellstmöglich effiziente Lösungen für auftretende Hindernisse in jedem einzelnen Verfahrensschritt zu finden;

45.  ist der Überzeugung, dass die Rolle und Verantwortlichkeiten des Petitionsausschusses am besten zum Ausdruck kommen und seine Sichtbarkeit, Effizienz, Rechenschaftspflicht und Transparenz am besten gefördert werden könnten, wenn man seine Möglichkeiten, Angelegenheiten, die für europäische Bürger von Bedeutung sind, im Plenum vorzubringen, verbessern und seine Befugnisse, Zeugen vorzuladen, Untersuchungen durchzuführen und Anhörungen zu organisieren, stärken würde;

46.  beschließt zu prüfen, inwieweit für die Umsetzung der oben genannten formalen Anforderungen an Informationsreisen und Entschließungen im Plenum gemäß Artikel 202 seiner Geschäftsordnung Änderungen der Geschäftsordnung angemessen erscheinen;

47.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung und den Bericht des Petitionsausschusses dem Rat, der Kommission und dem Europäischen Bürgerbeauftragten, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, deren Petitionsausschüssen und Bürgerbeauftragten sowie vergleichbaren zuständigen Stellen zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P7_TA(2012)0510.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2012)0445.


Jüngste Fälle von Gewalt gegen Christen und Christenverfolgung, insbesondere in Maalula (Syrien) und Peschawar (Pakistan) sowie der Fall des Pfarrers Saeed Abedini (Iran)
PDF 139kWORD 28k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Oktober 2013 zu den jüngsten Fällen von Gewalt gegen Christen und Christenverfolgung, insbesondere in Maalula (Syrien) und Peschawar (Pakistan) sowie im Fall des Pastors Said Abedini (Iran) (2013/2872(RSP))
P7_TA(2013)0422RC-B7-0449/2013

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 2007 zu den schwerwiegenden Vorfällen, die die Existenz christlicher und anderer religiöser Gemeinschaften gefährden(1), auf seine Entschließung vom 21. Januar 2010 zu den jüngsten Angriffen auf christliche Gemeinschaften(2), auf seine Entschließung vom 6. Mai 2010 zu den massenhaften Gräueltaten in Jos, Nigeria(3), seine Entschließung vom 20. Mai 2010 zur Religionsfreiheit in Pakistan(4), seine Entschließung vom 25. November 2010 zum Irak – Todesstrafe, insbesondere im Fall von Tariq Aziz, und Angriffe auf christliche Gemeinschaften(5), seine Entschließung vom 20. Januar 2011 zur Lage der Christen im Zusammenhang mit der Religionsfreiheit(6), seine Entschließung vom 27. Oktober 2011 zur Lage in Ägypten und Syrien, insbesondere der Christen in diesen Ländern(7), sowie auf jene vom 13. Dezember 2012 zum Jahresbericht über Menschenrechte und Demokratie in der Welt 2011 und die Politik der Europäischen Union in diesem Bereich(8),

–  unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 13. Juni 2013 an den Rat zu dem Entwurf von Leitlinien der EU zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit(9),

–  unter Hinweis auf die Leitlinien der EU zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit,

–  unter Hinweis auf die am 23. September 2013 abgegebene Erklärung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission, Catherine Ashton, in der die Angriffe auf christliche Gemeinschaften in Peschawar, Pakistan, verurteilt werden,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 21. Februar 2011 zu Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt aus Gründen der Religion oder der Weltanschauung sowie die Schlussfolgerungen des Rates vom 16. November 2009, in deren Rahmen die strategische Bedeutung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit und der Bekämpfung der religiösen Intoleranz hervorgehoben wird,

–  unter Hinweis auf Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948,

–  unter Hinweis auf Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte von 1966,

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Vereinten Nationen über die Beseitigung jeglicher Form von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder des Glaubens von 1981,

–  unter Hinweis auf die Berichte des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für Religions- und Weltanschauungsfreiheit,

–  gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Europäische Union ihr Eintreten für Religions-, Gewissens- und Gedankenfreiheit wiederholt deutlich gemacht und betont hat, dass es Aufgabe der Regierungen ist, diese Freiheiten überall in der Welt zu garantieren; in der Erwägung, dass es die Pflicht der führenden Vertreter von Politik und Religion ist, Extremismus auf allen Ebenen zu bekämpfen und die gegenseitige Achtung von Einzelpersonen und religiösen Gruppen zu fördern; in der Erwägung, dass die Weiterentwicklung der Menschenrechte, der Demokratie und der bürgerlichen Freiheiten das gemeinsame Fundament ist, auf das die Europäische Union ihre Beziehungen zu Drittländern aufbaut, und das durch die Demokratieklausel in den Abkommen zwischen der EU und Drittländern gewährleistet wird;

B.  in der Erwägung, dass gemäß den internationalen Menschenrechtsnormen und insbesondere gemäß Artikel 18 des Internationalen Pakts für bürgerliche und politische Rechte jedermann das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit hat; in der Erwägung, dass dieses Recht die Freiheit einschließt, zu konvertieren oder zu einer anderen Weltanschauung überzugehen und die eigene Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienste, Riten, Bräuche und die Lehre zu bekunden; in der Erwägung, dass dem Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Religions- und Weltanschauungsfreiheit zufolge im Rahmen der Religions- und Weltanschauungsfreiheit alle Weltanschauungen, d. h. theistische, nicht‑theistische und atheistische Weltanschauungen, geschützt sind;

C.  in der Erwägung, dass der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UNCHR) in mehreren Resolutionen alle Staaten aufgefordert hat, innerhalb ihres nationalen Rechtsrahmens und in Einklang mit den internationalen Menschenrechtsinstrumenten alle Maßnahmen zu ergreifen, die dazu geeignet sind, Hass, Diskriminierung, Intoleranz und Gewalttaten, Einschüchterung und Zwang infolge religiöser Intoleranz, einschließlich Anschlägen auf religiöse Stätten, zu bekämpfen und Verständigung, Toleranz und Respekt in Bereichen zu fördern, die die Freiheit der Religion und der Weltanschauung betreffen;

D.  in der Erwägung, dass die Unterdrückung von Einzelpersonen und Gruppen verschiedener religiöser Gemeinschaften oder Weltanschauungen durch den Staat sowie Feindseligkeit in der Gesellschaft gegenüber ebendiesen Berichten zufolge insbesondere in Pakistan, in den Ländern des Arabischen Frühlings und in Teilen Afrikas zunehmen; unter Hinweis darauf, dass in bestimmten Fällen die künftige Existenz christlicher Gemeinschaften gefährdet ist, und dass ihr Verschwinden zum Verlust eines wichtigen Teils des religiösen Erbes der betroffenen Länder führen würde;

Maalula, Syrien

E.  in der Erwägung, dass Kämpfer der Al-Nusra‑Front, einer Gruppe mit Verbindungen zu Al‑Qaida, am 4. September 2013 einen Anschlag auf das syrische Dorf Maalula verübt haben;

F.  in der Erwägung, dass Maalula ein Symbol für das Christentum in Syrien darstellt und Heimat verschiedener religiöser Gemeinschaften ist, die seit Jahrhunderten friedlich zusammenleben; in der Erwägung, dass im Monat September gewöhnlich Syrer aller Religionen dem Fest der Kreuzerhöhung in diesem Dorf beiwohnen; in der Erwägung, dass Maalula eines von drei Dörfern und Städten in Syrien ist, in denen die lokale Bevölkerung noch Aramäisch spricht;

G.  in der Erwägung, dass die gewalttätigen Ausschreitungen in Maalula seit dem Beginn der gewaltsamen Krise in Syrien die ersten Angriffe darstellen, die spezifisch gegen eine angesehene christliche Gemeinschaft gerichtet sind; in der Erwägung, dass bei diesen Ausschreitungen mindestens vier Personen – Michael Thaalab, Antoine Thaalab, Sarkis Zakem und Zaki Jabra – getötet und andere – Shadi Thaalab, Jihad Thaalab, Moussa Shannis, Ghassan Shannis, Daoud Milaneh und Atef Kalloumeh – entführt wurden oder verschwunden sind; in der Erwägung, dass seit Beginn der Kämpfe in diesem Dorf die meisten der 5 000 Einwohner in Nachbardörfer oder nach Damaskus geflohen sind; in der Erwägung, dass die Ereignisse in Maalula ein Zeichen dafür sind, dass sich der Konflikt in Syrien zunehmend zu einem sektiererischen Kampf entwickelt;

H.  in der Erwägung, dass das Kloster der Heiligen Thekla (Mar Takla) seit langem Heimstatt für Nonnen und für Waisen sowohl christlichen als auch islamischen Glaubens ist; in der Erwägung, dass sich trotz der intensiven Kämpfe nach wie vor etwa 40 Nonnen und Waisen in Maalula aufhalten und in diesem Kloster eingeschlossen sind, wo sich die Bedingungen aufgrund des Mangels an Wasser und anderen Vorräten zunehmend verschlechtern;

Peschawar, Pakistan

I.  in der Erwägung, dass am 22. September 2013 bei einem Selbstmordanschlag zweier Personen auf die Allerheiligenkirche im Vorort Kohati Gate von Peschawar infolge einer Bombenexplosion mindestens 82 Menschen getötet und mehr als 120 verletzt worden sind;

J.  in der Erwägung, dass sich die islamistische Gruppierung Dschundallah, die mit der Terrororganisation Tehrik‑i‑Taliban Pakistan in Verbindung steht, zu diesem Anschlag bekannt und geäußert hat, sie werde auch weiterhin Angriffe auf Christen und Menschen, die nicht dem Islam angehören, ausüben, da diese Feinde des Islam seien, und sie werde dies so lange tun, bis die Vereinigten Staaten die Drohnenangriffe in Pakistan beendeten; in der Erwägung, dass die Tehrik‑i‑Taliban Pakistan abgestritten hat, an dem Bombenanschlag beteiligt gewesen zu sein und Verbindungen zu der Dschundallah zu haben;

K.  in der Erwägung, dass der Premierminister Pakistans, Nawaz Sharif, den Angriff verurteilt und erklärt hat, Angriffe auf unschuldige Menschen entsprächen nicht den Lehren des Islam;

L.  in der Erwägung, dass Christen, die etwa 1,6 % der Bevölkerung der Islamischen Republik Pakistan ausmachen, Vorurteilen und vereinzelt gewalttätigen Ausschreitungen ausgesetzt sind;

M.  in der Erwägung, dass die Mehrheit der pakistanischen Christen in prekären Verhältnissen und in der Angst lebt, der Blasphemie beschuldigt zu werden, was öffentliche Gewalttaten auslösen kann;

N.  in der Erwägung, dass Muslime am 9. März 2013 in Lahore infolge mutmaßlicher Blasphemie mehr als 150 Wohnungen von Christen und zwei Kirchen in Brand gesetzt haben;

O.  in der Erwägung, dass Angehörige religiöser Minderheiten durch die pakistanische Blasphemiegesetzgebung gefährdet sind, wenn sie sich frei äußern oder ihre Religion in aller Freiheit ausüben;

Der Fall Said Abedini, Pastor im Iran

P.  in der Erwägung, dass der seit dem 26. September 2012 inhaftierte US‑amerikanisch‑iranische Pastor Said Abedini am 27. Januar 2013 von einem Revolutionsgericht im Iran wegen des Aufbaus eines Netzwerks christlicher Hauskirchen und infolgedessen aufgrund des Tatbestands der Gefährdung der nationalen Sicherheit zu einer achtjährigen Haftstrafe verurteilt worden ist; in der Erwägung, dass berichtet wird, das Said Abedini im Gefängnis physisch und psychisch misshandelt wird;

Q.  in der Erwägung, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Menschenrechtslage in der Islamischen Republik Iran erklärt, dass Christen nicht dafür bestraft werden sollten, dass sie ihren Glauben bekunden und ausüben und daher nach wie vor darüber besorgt ist, dass Christen nachweislich aufgrund vage formulierter Verstöße gegen die Interessen der nationalen Sicherheit festgenommen und verfolgt werden;

1.  verurteilt die vor Kurzem erfolgten Angriffe auf Christen und bringt seine Solidarität mit den Angehörigen der Opfer zum Ausdruck; ist nach wie vor besorgt über die Tatsache, dass sich die Fälle manifestierter Intoleranz gegenüber christlichen Gemeinden und von Repressionen und Gewalt vor allem in den Ländern Afrikas, Asiens und des Nahen und Mittleren Ostens häufen; fordert die betroffenen Regierungen auf, dafür Sorge zu tragen, dass die entsprechenden Straftäter und alle Personen die für diese Angriffe sowie für andere gewaltsame Angriffe gegenüber Christen und anderen religiösen Minderheiten verantwortlich sind, vor Gericht gestellt und in einem ordnungsgemäßen Verfahren verurteilt werden;

2.  verurteilt mit Nachdruck jegliche Form von Diskriminierung und Intoleranz aufgrund der Religion oder der Weltanschauung sowie gewalttätige Übergriffe gegen religiöse Gemeinschaften; betont erneut, dass das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit ein grundlegendes Menschenrecht ist;

3.  verleiht seiner Betroffenheit über den Exodus von Christen aus diversen Ländern während der vergangenen Jahre Ausdruck, insbesondere was die Länder des Nahen und Mittleren Ostens angeht;

Maalula, Syrien

4.  ist besorgt über die Situation, der Christen in Syrien derzeit ausgesetzt sind; verurteilt das Vorgehen der Al‑Nusra‑Front und assoziierter Kämpfer im Dorf Maalula und in dessen Umgebung; stellt fest, dass Christen und Muslime in diesem Dorf bisher friedlich zusammengelebt haben, und zwar auch während des Konflikts, und sich darin einig waren, dass dort auch weiterhin Frieden herrschen solle; räumt ein, dass der Angriff auf Maalula lediglich ein Aspekt des syrischen Bürgerkriegs ist;

5.  betont, dass die Kloster von Maalula geschützt werden müssen, um Leben zu retten, das religiöse Leben sowie das architektonische Erbe zu wahren und es Christen und Muslimen zu ermöglichen, in Frieden zusammenzuleben;

6.  fordert, den im Kloster der Heiligen Thekla (Mar Takla) eingeschlossenen Nonnen und Waisen unverzüglich Unterstützung und humanitäre Hilfe zukommen zu lassen; fordert alle Konfliktparteien auf, Organisationen, die humanitäre Hilfe leisten, Zugang zu dem Kloster zu gewähren;

7.  ist über die Folgen dieser Anschläge und die möglichen Risiken für die christliche Gemeinschaft besorgt; ist sich der Tatsache bewusst, dass sich Christen und andere Gemeinschaften im Kreuzfeuer des Konflikts befinden und dazu gezwungen werden, in einem Krieg Stellung zu beziehen, der sich zunehmend sektiererisch gebart;

8.  betont, dass es allen Beteiligten obliegt, alle Minderheiten in Syrien, einschließlich Schiiten, Aleviten, Kurden, Drusen und Christen, zu schützen;

Peschawar, Pakistan

9.  verurteilt den Anschlag auf die Allerheiligenkirche in Peschawar und die weiteren terroristischen Anschläge jüngster Zeit mit Nachdruck;

10.  begrüßt, dass die Anschläge von vielen Politikern und Gruppen der pakistanischen Zivilgesellschaft verurteilt werden;

11.  fordert die pakistanische Regierung auf, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um jene, die für den Anschlag auf die Allerheiligenkirche in Peschawar verantwortlich sind, vor Gericht zu stellen; fordert, dass entschiedener darauf hingewirkt wird, dass alle Bürger Pakistans geschützt werden, und zwar ohne Ansehen der Religion oder der Weltanschauung, und alle Gruppen und Einzelpersonen vor Gericht zu stellen, die andere zu Terrorakten angestiftet oder selbst derartige Taten begangen haben;

12.  fordert die pakistanische Regierung auf, Maßnahmen zum Schutz von Personen zu ergreifen, die Opfer religiös motivierter gewalttätiger Ausschreitungen geworden sind, aktiv gegen Feindseligkeit aufgrund der Religion durch gesellschaftliche Akteure vorzugehen, religiöse Intoleranz, Gewalttaten und Einschüchterung zu bekämpfen und gegen den Anschein der Straflosigkeit vorzugehen;

13.  ist ernsthaft besorgt über die zunehmende Gefahr, die Christen in Pakistan angesichts der aktuell zunehmenden Angriffe auf diese Minderheit – beispielsweise der Verfolgung Hunderter Christen durch islamische Eiferer im März in Lahore aufgrund mutmaßlicher Blasphemie – ausgesetzt sind;

14.  ist tief besorgt über die allgemeine Situation religiöser Minderheiten in Pakistan, insbesondere der christlichen Kirchen, die von den Taliban und anderen extremistischen Gruppen bedroht werden;

15.  verleiht seiner tiefen Sorge dahingehend Ausdruck, dass die Blasphemiegesetze in Pakistan gegenüber Menschen aller Glaubensrichtungen missbraucht werden können; ist insbesondere besorgt darüber, dass die Blasphemiegesetze, denen die sich der verstorbene Minister Shahbaz Bhatti und der verstorbene Gouverneur Salman Taseer öffentlich entgegenstellten, in Pakistan derzeit zunehmend gegen Christen eingesetzt werden;

16.  fordert die pakistanische Regierung auf, die Blasphemiegesetze und deren derzeitige Anwendung einer eingehenden Prüfung zu unterziehen, und zwar insbesondere die Abschnitte 295 B und C des Strafgesetzbuches, in deren Rahmen bei mutmaßlicher Blasphemie eine lebenslange Haftstrafe (295 B und C) oder sogar die Todesstrafe (295 C) zu verhängen sind;

17.  weist erneut darauf hin, dass in der pakistanischen Verfassung die Religionsfreiheit und Minderheitenrechte niedergelegt sind; ermutigt alle Pakistaner dazu, gemeinsam für Toleranz und gegenseitiges Verständnis zu werben und zu sorgen;

18.  begrüßt die von der pakistanischen Regierung seit November 2008 im Interesse der religiösen Minderheiten ergriffenen Maßnahmen wie die Schaffung einer Quote von 5 % im föderalstaatlichen Sektor für an Minderheiten zu vergebende Arbeitsplätze, die Anerkennung nicht‑islamischer Feiertage und die Ausrufung eines Nationalen Tags der Minderheiten;

Der Fall Said Abedini, Pastor im Iran

19.  ist tief bestürzt über das Schicksal von Pastor Said Abedini, der sich seit über einem Jahr in Haft befindet und im Iran aufgrund von Anklagepunkten im Zusammenhang mit seinen religiösen Überzeugungen zu einer achtjährigen Haftstrafe verurteilt worden ist;

20.  fordert die iranische Regierung auf, Said Abedini und alle anderen Personen, die sich aufgrund ihrer Religion in Haft befinden oder angeklagt worden sind, zu entlasten und unverzüglich freizulassen;

21.  fordert den Iran auf, dafür zu sorgen, dass die Freiheit der Religion und der Weltanschauung uneingeschränkt geachtet wird, unter anderem indem dafür gesorgt wird, dass das geltende Recht und die Rechtspraxis vollständig mit Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte in Einklang stehen; weist darauf hin, dass hierzu auch gehört, das Recht jeder Person, aus eigener Entscheidung zu konvertieren, bedingungslos und umfassend zu gewähren;

22.  begrüßt, dass sich der neue iranische Präsident, Hassan Rohani, moderat äußert und für religiöse Toleranz einsetzt; vertritt die Auffassung, dass die EU in einen Menschenrechtsdialog mit dem Iran treten sollte;

23.  fordert den Rat, die Kommission und die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Europäischen Kommission erneut auf, dem Thema der Freiheit der Religion und der Weltanschauung und der Lage von Religionsgemeinschaften, auch der Christen, in Abkommen und Kooperationsvereinbarungen mit Drittstaaten sowie in den Menschenrechtsberichten erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken;

24.  begrüßt es, dass der Rat am 24. Juni 2013 die Leitlinien der EU zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit angenommen hat; fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, diese Leitlinien in ihrer Gesamtheit umzusetzen, alle darin genannten Instrumente zu nutzen und alle darin dargelegten Vorschläge umzusetzen;

25.  unterstützt alle Initiativen, die die Förderung des Dialogs und des gegenseitigen Respekts zwischen den einzelnen Gemeinschaften zum Ziel haben; appelliert an alle religiösen Instanzen, sich für Toleranz einzusetzen und gegen Hass sowie gegen gewalttätige, extremistische Radikalisierung vorzugehen;

o
o   o

26.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, dem Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen für Menschenrechte, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, UN Frauen, der syrischen Regierung, dem Syrischen Nationalrat, der Regierung und dem Parlament von Pakistan und der Regierung und dem Parlament des Iran zu übermitteln.

(1) ABl. C 282 E vom 6.11.2008, S. 474.
(2) ABl. C 305 E vom 11.11.2010, S. 7.
(3) ABl. C 81 E vom 15.3.2011, S. 143.
(4) ABl. C 161 E vom 31.5.2011, S. 147.
(5) ABl. C 99 E vom 3.4.2012, S. 115.
(6) ABl. C 136 E vom 11.5.2012, S. 53.
(7) ABl. C 131 E vom 8.5.2013, S. 108.
(8) Angenommene Texte, P7_TA(2012)0503.
(9) Angenommene Texte, P7_TA(2013)0279.


Unruhen im Sudan und daran anschließende Medienzensur
PDF 137kWORD 27k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Oktober 2013 zu den Unruhen in Sudan und der daran anschließenden Medienzensur (2013/2873(RSP))
P7_TA(2013)0423RC-B7-0444/2013

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Sudan und Südsudan,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik / Vizepräsidentin der Kommission vom 30. September 2013 zur Gewalt bei den derzeitigen Protesten in Sudan,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers des Hohen Kommissars für Menschenrechte der Vereinten Nationen vom 27. September 2013, der zu Besonnenheit aufrief, während die Zahl der Todesopfer bei den Protesten gegen die Kraftstoffpreise in Sudan anstieg,

–  unter Hinweis auf den Bericht des unabhängigen Sachverständigen des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 18. September 2013 zur Menschenrechtslage in Sudan,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik / Vizepräsidentin der Kommission vom 6. September 2013 zum Gipfeltreffen zwischen den Präsidenten von Sudan und Südsudan in Khartum (Sudan),

–  unter Hinweis auf die Vereinbarung der Sitzung des Dreiparteien-Koordinierungsmechanismus zwischen der Regierung von Sudan, der Afrikanischen Union und den Vereinten Nationen am 28. September 2013 zu UNAMID,

–  unter Hinweis auf den Fahrplan für Sudan und Südsudan, der in dem am 24. April 2012 vom Friedens- und Sicherheitsrat der Afrikanischen Union veröffentlichten Kommuniqué dargelegt ist und der von der EU uneingeschränkt unterstützt wird,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt der Vereinten Nationen von 1966 über bürgerliche und politische Rechte,

–  unter Hinweis auf die Grundprinzipien der Vereinten Nationen für die Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schusswaffen durch Beamte mit Polizeibefugnissen,

–  unter Hinweis auf die Johannesburger Prinzipien zu nationaler Sicherheit, Freiheit der Meinungsäußerung und Zugang zu Informationen, VN-Dok. E/CN.4/1996/39 (1996),

–  unter Hinweis auf das 2005 geschlossene umfassende Friedensabkommen für Sudan,

–  unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker,

–  unter Hinweis auf das Partnerschaftsabkommen zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits, das am 23. Juni 2000 in Cotonou (Benin) unterzeichnet und anschließend 2005 und 2010 geändert wurde,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Dezember 2012 zu einer digitalen Freiheitsstrategie in der Außenpolitik der EU(1),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Juni 2013 über die Presse- und Medienfreiheit in der Welt(2),

–  gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass es in Sudan zu zunehmenden Protestwellen aus der Bevölkerung kommt und die politische Lage im Land instabil ist;

B.  in der Erwägung, dass am 23. September 2013 in ganz Sudan Demonstrationen und Proteste ausbrachen, nachdem Präsident Umar Al‑Baschir angekündigt hatte, im Zuge von Wirtschaftsreformen Kraftstoffsubventionen zu streichen, was zu einem steilen Anstieg der Benzin- und Gaspreise um 75 % führte;

C.  in der Erwägung, dass Tausende Demonstranten in Städten im ganzen Land, unter anderem in Wad Madani, Khartum, Omdurman, Port Sudan, Atbara, Gedarif, Nyala, Kosti und Sinnar, aus Protest auf die Straße gingen, da die von der Regierung eingeführten Sparmaßnahmen in Verbindung mit den praktisch auf das Doppelte gestiegenen Kraftstoffpreisen die armen Bevölkerungsschichten am härtesten trafen,

D.  in der Erwägung, dass die Wirtschaftslage in Sudan weiterhin äußerst schwierig ist, da sie von steigender Inflation, einer geschwächten Währung und einem gravierenden Mangel an Dollar zur Zahlung von Einfuhren gekennzeichnet ist, seit Südsudan vor zwei Jahren seine Unabhängigkeit erlangt hat und nunmehr etwa 75 % der Rohölproduktion des zuvor vereinten Landes auf Südsudan entfallen;

E.  in der Erwägung, dass die fehlende Einigung über vorläufige Wirtschaftsvereinbarungen zwischen Sudan und Südsudan, unter anderem über die Nutzung von Erdöl, von beiden Seiten als Drohung eingesetzt wurde, was wesentlich zur derzeitigen Krise beigetragen hat; in der Erwägung, dass das Misstrauen zwischen den beiden Nachbarstaaten in Bezug auf die Aufteilung der Staatsschulden und auf die Frage, wie viel der Binnenstaat Südsudan für den Transport seines Erdöls durch Sudan zahlen soll, zu den ungeklärten Angelegenheiten zählen;

F.  in der Erwägung, dass Berichten zufolge mindestens 800 Aktivisten, darunter Mitglieder der Oppositionsparteien und Journalisten, während der laufenden Demonstrationen festgenommen wurden, bei denen bis zu 100 Menschen von Sicherheitskräften getötet worden sein sollen, eine Opferzahl, die den Hohen Kommissar für Menschenrechte der Vereinten Nationen veranlasst hat, „äußerste Zurückhaltung“ von den Sicherheitskräften zu fordern; in der Erwägung, dass Berichten zufolge die meisten getöteten Personen zwischen 15 und 25 Jahre alt waren, aber auch erst 10 bis 12 Jahre alte Kinder von den Sicherheitskräften erschossen wurden;

G.  in der Erwägung, dass das Bildungsministerium bekannt gegeben hat, dass die Schulen bis zum 20. Oktober 2013 geschlossen bleiben;

H.  in der Erwägung, dass bei der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste durch die sudanesischen Sicherheitskräfte scharfe Munition gegen friedliche Demonstranten eingesetzt wurde und Massenverhaftungen stattfanden; in der Erwägung, dass eine Reihe von Aktivisten, Mitglieder der Oppositionsparteien und Führungspersönlichkeiten der Zivilgesellschaft, darunter Lehrer und Studenten, in ihren Häusern verhaftet oder ohne Verbindung zur Außenwelt festgehalten und ihre Häuser von Agenten des staatlichen Nachrichten- und Sicherheitsdienstes (NISS) durchsucht wurden; in der Erwägung, dass Schnellverfahren durchgeführt wurden, wie nach der Festnahme von Madschdi Salim, einem bekannten Menschenrechtsverteidiger, und seit Ende September eine Informationsblockade durch Zensur der Druckmedien und die Abschaltung des Internetzugangs besteht;

I.  in der Erwägung, dass Sudan in Bezug auf die Achtung der Informationsfreiheit auf den weltweit letzten Plätzen rangiert; in der Erwägung, dass der NISS hier am 25. September 2013 eine völlig neue Dimension eingeführt hat, indem er es den Redakteuren der wichtigsten Zeitungen untersagt hat, nicht aus Regierungsquellen stammende Informationen über die Proteste zu veröffentlichen;

J.  in der Erwägung, dass es zahlreiche Verstöße gegen die Pressefreiheit gab, beispielsweise die Abschaltung des Internetzugangs, die Beschlagnahmung von Zeitungen, die Schikanierung von Journalisten und die Zensur von Nachrichten-Websites; in der Erwägung, dass die Büros der Fernsehsender Al‑Arabija und Sky News Arabic Service geschlossen wurden; in der Erwägung, dass das Erscheinen von Tageszeitungen wie Al‑Sudani, Al‑Meghar, Al‑Garida, Al‑Maschhad Alaan, Al‑Sijassi und der regierungsfreundlichen Al-Intibaha am 19. September 2013 untersagt wurde sowie die Ausgaben von drei Zeitungen, darunter Al‑Intibaha, direkt nach dem Druck beschlagnahmt wurden;

K.  in der Erwägung, dass unzensierter Zugang zu offenem Internet, Mobiltelefonen und IKT positive Auswirkungen auf Menschenrechte und Grundfreiheiten hat, indem der Umfang der Freiheit der Meinungsäußerung, des Zugangs zu Informationen und der Versammlungsfreiheit in der ganzen Welt verbessert wird; in der Erwägung, dass das digitale Sammeln und Verbreiten von Beweisen für begangene Menschenrechtsverletzungen zum globalen Kampf gegen die Straflosigkeit beiträgt;

L.  in der Erwägung, dass Zugang zum Internet ein Grundrecht ist, das auf einer Stufe mit anderen grundlegenden Menschenrechten steht, vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen anerkannt wird und entsprechend verteidigt und erhalten werden sollte;

M.  in der Erwägung, dass die staatliche Regulierungsbehörde eine Sondereinheit für Überwachung und Filterung eingerichtet hat und die Staatsorgane von Sudan offen zugeben, dass sie Inhalte filtern lassen, die der öffentlichen Moral und Ethik widersprechen oder die Ordnung gefährden;

N.  in der Erwägung, dass die Staatsorgane am 25. September 2013 in einer Informationsblockade eines seit den Unruhen in Ägypten 2011 nicht mehr dagewesenen Ausmaßes den Internetzugang im ganzen Land für mehr als 24 Stunden unterbrochen haben; in der Erwägung, dass die Datenübertragungsrate für den Internetzugang während einer Reihe von Protesten im Juni 2012 drastisch gedrosselt wurde;

O.  in der Erwägung, dass Sudan im Freedom-House-Bericht „Freiheit im Netz 2013“, der am 3. Oktober 2013 veröffentlicht wurde, als „nicht frei“ eingestuft wird und an 63. Stelle von 100 Ländern steht; in der Erwägung, dass Sudan auf dem „Press Freedom Index 2013“ von „Reporter ohne Grenzen“ an 170. Stelle von 179 Ländern steht; in der Erwägung, dass „Reporter ohne Grenzen“ die Maßnahmen der Regierung verurteilt hat;

P.  in der Erwägung, dass die meisten Aktivisten das Internet nutzen, um miteinander zu kommunizieren, Informationen im Ausland zu verbreiten und ihre Ansichten und Bedenken zu äußern; in der Erwägung, dass Bürger gemeldet haben, dass während der Blockade sogar Textmitteilungsdienste unterbrochen waren;

Q.  in der Erwägung, dass Umar Al-Baschir bei der im April 2010 abgehaltenen landesweiten Wahl – der ersten pluralistischen Wahl in Sudan seit 1986 – als Präsident von Sudan wiedergewählt wurde; in der Erwägung, dass die EU-Wahlbeobachtungsmission, die viele Unregelmäßigkeiten und Mängel im Wahlverfahren festgestellt hat, erklärte, dass die Wahl internationalen Standards nicht entsprach;

R.  in der Erwägung, dass der Internationale Strafgerichtshof 2009 und 2010 zwei Haftbefehle gegen Präsident Al-Baschir erlassen hat, in denen ihm die Verantwortung für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord zur Last gelegt wird, und in der Erwägung, dass Sudan zwar keine Vertragspartei des Römischen Statuts ist, jedoch gemäß der Resolution des VN-Sicherheitsrats Nr. 1953 (2005) verpflichtet ist, mit dem Internationalen Strafgerichtshof zu kooperieren und Sudan den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs daher achten muss;

S.  in der Erwägung, dass Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge 50 % der Bevölkerung von Sudan (die insgesamt 34 Millionen Menschen zählt) jünger als 15 Jahre sind und dass etwa 46 % der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben;

T.  in der Erwägung, dass von Konflikten in Grenzgebieten von Sudan mehr als 900 000 Menschen betroffen waren, darunter mehr als 220 000, die nach Äthiopien oder Südsudan geflüchtet sind, und in der Erwägung, dass seit Anfang 2013 geschätzte weitere 300 000 Menschen aufgrund der Kämpfe zwischen Stämmen in Darfur vertrieben wurden;

U.  in der Erwägung, dass die EU 2012–2013 mehr als 76 Mio. EUR für humanitäre Hilfe in Sudan zugewiesen hat (Stand 20. August 2013); in der Erwägung, dass Sudan das 2005 geänderte Abkommen von Cotonou nicht ratifiziert hat und daher keine finanzielle Unterstützung aus dem 10. Europäischen Entwicklungsfonds erhalten kann;

1.  zeigt sich zutiefst besorgt über die sich verschlechternde politische, wirtschaftliche und soziale Lage in Sudan, die während der Proteste, die sich kürzlich rasch über das gesamte Land ausgebreitet haben, von Gewalt und Todesopfern geprägt war;

2.  verurteilt die Tötungen, die Gewalt gegen Demonstranten, die Medienzensur, die politische Einschüchterung und die Schikanierung und willkürliche Verhaftung von Menschenrechtsverteidigern, politischen Aktivisten und Journalisten;

3.  fordert die Regierung von Sudan auf, die Schikanierung zu beenden und alle friedlichen Demonstranten, politischen Aktivisten, Mitglieder der Opposition, Menschenrechtsverteidiger, Angehörigen der Gesundheitsberufe, Blogger und Journalisten unverzüglich freizulassen, die festgenommen wurden, als sie ihr Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit ausübten; betont, dass alle Inhaftierten Anspruch auf einen fairen Prozess auf der Grundlage einer glaubwürdigen Ermittlung sowie ein Recht auf einen Anwalt und die Beachtung der Unschuldsvermutung haben und dass die Regierung den Inhaftierten Zugang zu ihren Familien und zu medizinischer Versorgung gewähren muss;

4.  bedauert den Einsatz von scharfer Munition gegen Demonstranten, die zu unrechtmäßigen Tötungen führte, die unverhältnismäßige Gewalt und Anschuldigungen, dass Sicherheitskräfte vorsätzlich Demonstranten getötet haben; fordert die sudanesische Regierung dringend auf, die Unterdrückung unverzüglich zu beenden und der Straflosigkeit von NISS-Mitgliedern ein Ende zu setzen; fordert, dass der drakonische nationale Sicherheitsakt 2010 aufgehoben wird;

5.  fordert die sudanesischen Sicherheitskräfte auf, die Grundprinzipien der Vereinten Nationen für die Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schusswaffen durch Beamte mit Polizeibefugnissen zu beachten, in denen Bedingungen festgelegt werden, unter denen Gewalt rechtmäßig angewandt werden darf, ohne Menschenrechte zu verletzen, einschließlich des Rechts auf Leben;

6.  fordert die Staatsorgane von Sudan auf, Menschenrechte und Grundfreiheiten nach dem Völkerrecht, wie das Recht auf freie Meinungsäußerung – auch im Internet –, Versammlungsfreiheit, Religionsfreiheit, die Rechte der Frau und das Recht auf Gleichberechtigung der Geschlechter, wiederherzustellen und zu achten und jegliche Einschränkungen beim Zugang zu Informationen und Kommunikationstechnologien unverzüglich aufzuheben;

7.  fordert die sudanesische Regierung mit Nachdruck auf, alle Arten von Unterdrückung gegen diejenigen einzustellen, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen – auch im Internet – und Journalisten zu schützen; betont die Rolle der Medien, um Bürgern Informationen zu geben und ihnen eine Plattform zur Äußerung ihrer legitimen Bedenken zu bieten, und verurteilt die Blockade vom 22. September 2013 und die vom NISS geführte Einschüchterungskampagne daher scharf;

8.  fordert die sudanesische Regierung dringend auf, ihrer Bevölkerung jederzeit freien Zugang zum Internet zu gewähren; betont, dass der Zugang zum Internet ein vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen anerkanntes Grundrecht ist, das genau wie alle anderen Menschenrechte erhalten und verteidigt werden sollte;

9.  fordert die sudanesische Regierung auf, die Umsetzung der notwendigen politischen Reformen fortzusetzen, um gegen die anhaltende Misswirtschaft, Armut, die zunehmende Korruption und die Unsicherheit im Westen und Süden des Landes vorzugehen, und legt den Staatsorganen von Sudan und allen regionalen und internationalen Partnern nahe, Programme für junge Menschen umsetzen, um Bildung, Ausbildung und Beschäftigung zu fördern;

10.  fordert die Staatsorgane von Sudan auf, einen echten Prozess des umfassenden nationalen Dialogs mit der Opposition, insbesondere in Darfur, aufzunehmen; fordert die Regierungen von Sudan und Südsudan dringend auf, eine Einigung zu den ungelösten vorläufigen Wirtschaftsvereinbarungen zwischen den beiden Ländern zu erzielen, auch in der Frage der Nutzung des Erdöls, die zu den derzeitigen Unruhen in Sudan beigetragen hat;

11.  weist erneut auf die Schlussfolgerungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ vom Juni 2008 hin, in denen auf die anhaltende Weigerung der Regierung von Sudan eingegangen wird, mit dem Internationalen Strafgerichtshof zusammenzuarbeiten, und darauf hingewiesen wird, dass die Regierung von Sudan eine Verpflichtung – und die Möglichkeit – zur Zusammenarbeit hat und dass jeder vom Internationalen Strafgerichtshof erlassene Haftbefehl beachtet werden sollte; fordert Umar Al-Baschir dringend auf, das Völkerrecht zu achten und sich für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord vor dem Internationalen Strafgerichtshof zu verantworten;

12.  fordert die sudanesische Regierung auf, ihren nationalen Sicherheitsakt zu überprüfen, demzufolge die Inhaftierung von Verdächtigen für bis zu viereinhalb Monate ohne jegliche gerichtliche Kontrolle zulässig ist, und fordert die sudanesische Regierung auch auf, ihr Rechtssystem im Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards zu reformieren;

13.  fordert die sudanesische Regierung auf, die Todesstrafe abzuschaffen, die immer noch in Kraft ist, und Todesurteile in angemessene alternative Sanktionen umzuwandeln;

14.  fordert die Staatsorgane auf, eine umfassende, unabhängige Untersuchung aller gemeldeten Tötungen durchzuführen, während es ihre Entscheidung begrüßt, einen Untersuchungsausschuss einzurichten, um die für die Tötungen Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen;

15.  fordert die Afrikanische Union auf, in enger Zusammenarbeit mit den Sonderverfahren des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen dringend eine Untersuchungskommission zu entsenden, um die Anschuldigungen des übermäßigen und vorsätzlichen Einsatzes von tödlicher Gewalt durch die sudanesischen Sicherheitskräfte und die Umstände, die zum Tod von Demonstranten, darunter Menschenrechtsverteidigern, geführt haben, zu untersuchen;

16.  fordert die Kommission dringend auf, die Ausfuhr von Technologien zur Massenüberwachung aus der EU in Länder, in denen sie wahrscheinlich für Verstöße gegen die Freiheit im digitalen Raum und andere Menschenrechte eingesetzt werden, durch Rechtsvorschriften zu beschränken;

17.  bedauert angesichts der schweren politischen Unruhen in Sudan und der bewaffneten Konflikte, während derer sudanesische Kräfte und von der Regierung unterstützte Miliztruppen weiterhin ungestraft Kriegsverbrechen begehen, die Entscheidung der Hohen Vertreterin der EU, das Mandat der EU-Sonderbeauftragten für Sudan/Südsudan zu beenden; ist die Ansicht, dass die EU ohne einen benannten EU-Sonderbeauftragen für Sudan/Südsudan bei den internationalen Verhandlungen und Bemühungen nur eine Nebenrolle spielen dürfte, zumal die USA, Russland und China allesamt Sondergesandte für Sudan haben; fordert die Hohe Vertreterin daher auf, diese Entscheidung rückgängig zu machen und das Mandat der Sonderbeauftragten für Sudan/Südsudan zu verlängern;

18.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Regierung von Sudan, der Afrikanischen Union, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, den Ko-Vorsitzenden der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU und dem Panafrikanischen Parlament (PAP) zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P7_TA(2012)0470.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2013)0274.


Jüngste Gewaltwelle im Irak
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Oktober 2013 zu der jüngsten Gewalt in Irak (2013/2874(RSP))
P7_TA(2013)0424RC-B7-0446/2013

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Irak, insbesondere jene vom 14. März 2013 zum Irak: die problematische Lage von Minderheitengruppen, insbesondere der irakischen Turkmenen(1),

–  unter Hinweis auf das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Irak andererseits, sowie unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Januar 2013 zum Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Irak(2),

–  unter Hinweis auf das gemeinsame Strategiepapier der Europäischen Kommission für den Irak (2011-2013),

–  in Kenntnis des Berichts über die Menschenrechte im Irak für den Zeitraum Januar bis Juni 2012, der gemeinsam von der Hilfsmission der Vereinten Nationen im Irak (UNAMI) und der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte am 19. Dezember 2012 vorgelegt wurde,

–  unter Hinweis auf den Bericht Nr. 144 der „International Crisis Group“ vom 14. August 2013 zum Nahen Osten mit dem Titel: „Make or Break: Iraq’s Sunnis and the State”,

–  unter Hinweis auf die Angaben der Vereinten Nationen zur Zahl der Todesopfer im September, die am 1. Oktober 2013 veröffentlicht wurden,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen Ban, Ki-moon, vom 29. Juli 2013, in der er die politischen Führungskräfte auffordert, zu verhindern, dass es in Irak zu einer Katastrophe kommt,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen Ban, Ki-moon, vom 1. September 2013 zu den tragischen Vorfällen im Lager Ashraf, bei denen 52 Menschen getötet wurden,

–  unter Hinweis auf die UN-Erklärung von 1981 über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Überzeugung,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966, zu dessen Vertragsparteien der Irak gehört,

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, vom 5. September 2013 zu den jüngsten Gewaltausbrüchen in Irak,

–  gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass Irak vor ernsten politischen, sicherheitsrelevanten und sozio-ökonomischen Herausforderungen steht; sowie in der Erwägung, dass seine politische Landschaft extrem fragmentiert ist und es häufig zu gewalttätigen Übergriffen und zu religiöser Hetze kommt, sodass viele der legitimen Hoffnungen der Menschen in Irak auf Frieden, Wohlstand und einen echten demokratischen Wandel zunichte gemacht werden;

B.  in der Erwägung, dass laut den Angaben der UNAMI über die Zahl der Opfer bei den Terrorakten und Gewalttaten im September 2013 insgesamt 979 Iraker getötet und weitere 2 133 verletzt wurden; in der Erwägung, dass Bagdad im September 2013 mit 1 429 zivilen Opfern (418 Tote und 1011 Verletzte) die Provinz war, die am stärksten betroffen war, gefolgt von Ninewa, Diyala, Salahuddin und Anbar; in der Erwägung, dass auch aus Kirkuk, Erbil, Babil, Wasit, Dhi-Qar und Basra Todesopfer gemeldet wurden;

C.  in der Erwägung, dass die Auswirkungen der Gewalt auf die Zivilbevölkerung nach wie vor erschreckend hoch sind und weiter zunehmen, wobei seit Anfang des Jahres 2013 bis zu 5000 Zivilisten getötet und bis zu 10000 verletzt wurden – die höchste Zahl in den letzten fünf Jahren;

D.  in der Erwägung, dass ein großer Teil der Bevölkerung nach wie vor vor ernsthaften sozialen und wirtschaftlichen Problemen – weitverbreitete Armut, hohe Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Stagnation, Umweltzerstörung und fehlende Grundversorgungsdienste – steht; in der Erwägung, dass zahlreiche friedliche Demonstrationen, bei denen mehr soziale, wirtschaftliche und politische Rechte gefordert wurden, nach wie vor systematisch von den Sicherheitskräften gewaltsam unterdrückt werden, und dass diese nicht strafrechtlich verfolgt werden;

E.  in der Erwägung, dass die irakische Verfassung allen Bürgerinnen und Bürgern Gleichheit vor dem Gesetz zusichert und ebenso die administrativen, politischen, kulturellen und bildungsspezifischen Rechte der verschiedenen Nationalitäten garantiert;

F.  in der Erwägung, dass in dem Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Irak und insbesondere in seiner Menschenrechtsklausel betont wird, dass sich der politische Dialog zwischen der EU und Irak auf Menschenrechte und den Ausbau demokratischer Institutionen konzentrieren sollte;

1.  verurteilt zutiefst die jüngsten Terrorakte und die zunehmende religiös motivierte Gewalt, da dies die Gefahr birgt, dass das Land in religiöse Konflikte zurückfallen könnte und Anlass zu der Befürchtung besteht, dass diese sich auf die weitere Region ausweiten könnten; weist darauf hin, dass die Gewalt zwar religiöse Züge trägt, die wahren Ursachen jedoch eher politisch als religiös sind;

2.  spricht den Familienangehörigen und Freunden der Toten und Verletzten sein Beileid aus;

3.  verurteilt die jüngsten Anschläge, und zwar den Anschlag vom 3. September 2013, bei dem vor allem in den schiitischen Bezirken von Bagdad mindestens 60 Menschen getötet wurden; vom 15. September 2013, bei dem über 40 Menschen in ganz Irak bei Sprengstoffanschlägen getötet wurden, wobei mehrheitlich von Schiiten bewohnte Gebiete das Ziel dieser Anschläge waren; vom 21. September 2013, bei dem mindestens 60 Menschen bei einer Beerdigung in Sadr City, Bagdad, getötet wurden; vom 30. September 2013, bei dem mindestens 54 Menschen durch Detonationen von Autobomben getötet wurden, vorwiegend in von Schiiten bewohnten Vierteln Bagdads; vom 5. Oktober 2013, bei dem mindestens 51 Menschen getötet und über 70 verletzt wurden, als ein Selbstmordattentäter bei einem Anschlag in Bagdad schiitische Pilger in dem Bezirk Al-Adhamiya ins Visier nahm, und mindestens 12 Menschen getötet und mindestens 25 weitere verletzt wurden, als am selben Tag ein anderer Selbstmordattentäter einen Anschlag auf ein Café in Balad, einem Ort nördlich von Bagdad, verübte; vom 6. Oktober 2013, bei dem mindestens 12 Kinder im Alter zwischen 6 und 12 Jahren getötet und viele weitere verletzt wurden, als sich ein Selbstmordattentäter in der Nähe einer Grundschule im schiitischen turkmenischen Dorf Qabak in die Luft sprengte; vom 7. Oktober 2013, bei dem in Bagdad bei einer neuen Welle von Detonationen mindestens 22 Menschen getötet wurden; und vom 8. Oktober 2013, als mindestens 9 Menschen in Bagdad durch eine Autobombe und Anschläge auf die Sicherheitskräfte im Norden des Landes getötet wurden;

4.  verurteilt zutiefst den Anschlag vom 1. September 2013 auf das Lager Ashraf durch die irakischen Streitkräfte, bei dem 52 iranische Flüchtlinge getötet und 7 Personen entführt wurden, darunter 6 Frauen, die, wie die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin, Catherine Ashton, mitteilte, vermutlich in Bagdad festgehalten werden, und fordert ihre unverzügliche und bedingungslose Freilassung; erklärt, dass es die Arbeit der UNAMI unterstützt, die die ungefähr 3000 Einwohner außerhalb Iraks umsiedeln will;

5.  zeigt sich äußerst besorgt über die wiederkehrende Instabilität und fordert alle politischen Führungskräfte Iraks ungeachtet ihres ethnischen oder religiösen Hintergrunds auf, zusammenzuarbeiten, um der religiös motivierten Gewalt und dem Misstrauen zwischen den Religionen ein Ende zu bereiten und das irakische Volk zusammenzubringen;

6.  fordert sowohl die irakische Regierung als auch die Regionalregierungen auf, die Anschläge zu verurteilen und umgehend eine umfassende unabhängige und internationale Untersuchung der jüngsten Terroranschläge in der Region zu erleichtern, und fordert die irakische Regierung auf, uneingeschränkt mit den Ermittlern zu kooperieren, damit die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden können;

7.  ist besorgt über das Übergreifen der Gewalt vom benachbarten Syrien auf Irak, da in diesem Land dschihadistische Rebellen, die mit dem „Islamischen Staat des Irak“, einer militanten sunnitischen Dachorganisation, zu der auch Al-Qaida gehört, in Verbindung stehen, zunehmend an Bedeutung gewonnen haben;

8.  fordert die politischen, religiösen und zivilen Führungskräfte sowie die Sicherheitskräfte eindringlich auf, jetzt zusammenzuarbeiten, um das Blutvergießen zu beenden und dafür zu sorgen, dass alle irakischen Bürger sich gleichermaßen sicher fühlen;

9.  fordert die irakische Regierung und alle politischen Führungskräfte auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um allen Menschen in Irak Sicherheit und Schutz bieten zu können, insbesondere den Angehörigen der schutzbedürftigen Minderheiten; fordert die irakische Regierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Sicherheitskräfte die Rechtsstaatlichkeit und die internationalen Normen beachten;

10.  fordert die internationale Gemeinschaft und die EU auf, die irakische Regierung zu unterstützen und in diesem Zusammenhang Initiativen zur Förderung des nationalen Dialogs, zur Konsolidierung der Rechtsstaatlichkeit und zur Bereitstellung von Grundversorgungsdiensten zu fördern, mit dem Ziel, einen sicheren, stabilen, vereinten, wohlhabenden und demokratischen Staat Irak zu schaffen, in dem die Menschenrechte und die politischen Rechte aller Menschen geschützt sind;

11.  fordert die irakischen Behörden auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um mehr Mittel für Programme zur Verbesserung der Situation bereitzustellen, da die Sicherheitslage die Probleme für verletzlichere Gruppen wie Frauen, Jugendliche und Menschenrechtsaktivisten, darunter auch Gewerkschaftler, verschärft hat;

12.  ermahnt zu einem religiösen Dialog zwischen sunnitischen und schiitischen Geistlichen und hält einen solchen Dialog zur Konfliktlösung für notwendig; ist der Auffassung, dass die jüngsten Gespräche zwischen den USA und Iran ebenfalls eine Gelegenheit für Irak darstellen, als Vermittler zu handeln, da Irak eines der wenigen Länder ist, das mit beiden Parteien starke Beziehungen unterhält; fordert die iranischen Führungskräfte auf, sich konstruktiv an der Stabilisierung der Region zu beteiligen;

13.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, dem EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Repräsentantenrat Iraks, der Regionalregierung von Kurdistan, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P7_TA(2013)0101.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2013)0022.

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