Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Februar 2014 zu dem Aktionsplan für eine wettbewerbsfähige und nachhaltige Stahlindustrie in Europa (2013/2177(INI))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf Titel XVII des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Artikel 173 (ehem. Artikel 157 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft), in dem es um die Industriepolitik der EU geht und unter anderem auf die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der Union Bezug genommen wird,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. Juni 2013 über den Aktionsplan für die Stahlindustrie mit dem Titel „Aktionsplan für eine wettbewerbsfähige und nachhaltige Stahlindustrie in Europa“ (COM(2013)0407),
– unter Hinweis auf den von der Kommission in Auftrag gegebenen Bericht des Zentrums für Europäische Politische Studien (CEPS – Centre for European Policy Studies) vom 10. Juni 2013 mit dem Titel „Assessment of cumulative cost impact for the steel industry“ (Bewertung der Auswirkungen kumulativer Kosten auf die Stahlindustrie)(1),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Mai 2013 zu regionalen Strategien für Industriegebiete in der Europäischen Union(2),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 27. März 2013 mit dem Titel „Grünbuch – Ein Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030“ (COM(2013)0169),
– unter Hinweis auf die Empfehlungen der Hochrangigen Gesprächsrunde über die Zukunft der Europäischen Stahlindustrie vom 12. Februar 2013(3),
– unter Hinweis auf seine Aussprache vom 4. Februar 2013 im Anschluss an die Erklärung der Kommission zum Wiederaufschwung der europäischen Wirtschaft vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Schwierigkeiten (2013/2538(RSP)),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Dezember 2012 zur Krise in der Stahlindustrie(4),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 10. Oktober 2012 mit dem Titel „Eine stärkere europäische Industrie bringt Wachstum und wirtschaftliche Erholung – Aktualisierung der Mitteilung zur Industriepolitik“ (COM(2012)0582),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Juni 2012 zur Binnenmarktakte und den nächsten Schritten für das Wachstum(5),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 30. Mai 2012 mit dem Titel „Maßnahmen für Stabilität, Wachstum und Beschäftigung“ (COM(2012)0299),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 14. Oktober 2011 mit dem Titel „Industriepolitik: Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit“ (COM(2011)0642),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. März 2011 zu einer Industriepolitik im Zeitalter der Globalisierung(6),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. März 2010 zu Investitionen in die Entwicklung von Technologien mit geringen CO2-Emissionen (SET-Plan)(7),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 29. Februar 2012 mit dem Titel „Rohstoffe für das künftige Wohlergehen Europas nutzbar machen. Vorschlag für eine europäische Innovationspartnerschaft für Rohstoffe“ (COM(2012)0082),
– unter Hinweis auf das Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen vom 13. Dezember 2011 mit dem Titel „Materials Roadmap Enabling Low Carbon Energy Technologies“ (Rohstofffahrplan für CO2-emissionsarme Energietechnologien) (SEC(2011)1609),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 8. März 2011 mit dem Titel „Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO2-armen Wirtschaft bis 2050“ (COM(2011)0112),
– in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 11. Dezember 2013(8),
– in Kenntnis der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 28. November 2013(9),
– unter Hinweis auf die Studie von Eurofound über Sozialpartnerorganisationen: Stahlindustrie,
– gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für internationalen Handel und des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (A7-0028/2014),
A. in der Erwägung, dass der europäische Kohle- und Stahlsektor nach dem Auslaufen des EGKS-Vertrags den Bestimmungen des EU-Vertrags unterliegt;
B. in der Erwägung, dass der europäische Kohle- und Stahlsektor von wesentlicher historischer Bedeutung für die europäische Integration ist und die Grundlage der industriellen Wertschöpfung in der EU darstellt;
C. in der Erwägung, dass die europäische Stahlindustrie der zweitgrößte Stahlerzeuger der Welt ist und für mehrere grundlegende Wirtschaftszweige der EU wie beispielsweise den Land- und Seetransport, das Baugewerbe, den Maschinenbau, die Haushaltsgerätebranche sowie Energie und Verteidigung strategische Bedeutung hat;
D. in der Erwägung, dass sich der Anteil der EU an der weltweiten Stahlproduktion in den letzten zehn Jahren halbiert hat und mittlerweile fast 50 % der weltweiten Produktion auf China entfallen;
E. in der Erwägung, dass die weltweite Nachfrage nach Stahl den Erwartungen zufolge langfristig steigen wird und Stahl für die industriellen Wertschöpfungsketten in der EU ein Werkstoff von zentraler Bedeutung bleiben wird und dass es daher im Interesse der Europäischen Union liegt, ihre heimische Produktion aufrechtzuerhalten;
F. in der Erwägung, dass die Europäische Union mit einer entsprechenden Politik die Entwicklung der Industrieproduktion in allen Mitgliedstaaten fördern sollte, damit innerhalb der EU Arbeitsplätze gesichert werden und erreicht wird, dass der Anteil der Industrieproduktion am BIP von derzeit 15,2 % auf mindestens 20 % bis zum Jahr 2020 steigt;
G. in der Erwägung, dass die EU-Stahlindustrie mit 350 000 direkten Arbeitsplätzen und mehreren weiteren Millionen Arbeitsplätzen in verbundenen Industriezweigen, auch in der Recycling-Lieferkette, ein wichtiger Arbeitgeber ist; in der Erwägung, dass jede Form der Umstrukturierung weitreichende Folgen in dem betroffenen Gebiet hat;
H. in der Erwägung, dass im Vergleich zu anderen Branchen in der Stahlindustrie die Beziehungen zwischen den Sozialpartnern in hohem Maße organisiert sind; in der Erwägung, dass dieses Merkmal Ausdruck findet in dem hohen Grad der gewerkschaftlichen Organisierung, der starken Präsenz von Arbeitgeberverbänden, die ebenfalls eine hohe Dichte aufweisen, und dem hohen Grad der Tarifbindung; in der Erwägung, dass dies Entwicklungen auf EU-Ebene entspricht, auf der sich die Stahlindustrie stets besonders aktiv für die Entwicklung von Beziehungen zwischen den Sozialpartnern eingesetzt hat(10);
I. in der Erwägung, dass trotz der anhaltenden Bemühungen der europäischen Stahlindustrie auf dem Gebiet von Forschung und Entwicklung und ihrer Investitionen zur Verringerung der Umweltauswirkungen und zur Optimierung der Ressourceneffizienz ihre globale Wettbewerbsfähigkeit aufgrund mehrerer Faktoren gefährdet ist:
—
die Nachfrage nach Stahl ging aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise und aufgrund struktureller Veränderungen mit Auswirkungen auf bestimmte stahlverarbeitende Branchen deutlich zurück;
—
die Betriebskosten sind deutlich höher als die der Konkurrenten;
—
es besteht eine scharfe Konkurrenz aus Drittländern, in denen für den Betrieb von Unternehmen keine ähnlich strengen Normen wie in der EU gelten;
J. in der Erwägung, dass den Ergebnissen der Bewertung der kumulativen Kosten der Stahlindustrie zufolge die Einhaltung der EU-Vorschriften einen bedeutenden Teil der Gewinnspanne der EU-Stahlproduzenten beeinflusst;
K. in der Erwägung, dass durch die Umweltschutz- und Energiepolitik der EU erkennbar ein schwieriges Geschäftsumfeld für die Eisen- und Stahlindustrie geschaffen wird und dass sie insbesondere die Energiepreise steigen und die Wettbewerbsfähigkeit des verarbeitenden Gewerbes der EU auf dem Weltmarkt schwinden lässt;
L. in der Erwägung, dass die Energiekosten bis zu 40 % der Gesamtbetriebskosten ausmachen und dass durch die Strompreise für die gewerblichen Endverbraucher in der EU die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen auf einem globalisierten Markt eingeschränkt wird;
M. in der Erwägung, dass die Stahlindustrie und insbesondere die Edelstahlbranche vollständig global ausgerichtet sind und die EU in einem starken Wettbewerb mit Drittländern steht, wobei in der EU höhere Produktionskosten bestehen, deren Ursache die einseitigen Kostenbelastungen innerhalb der EU sind, die vor allem durch die Energie- und die Klimaschutzpolitik der EU bedingt werden, weswegen die Erdgaspreise in der EU drei- bis viermal und die Strompreise doppelt so hoch sind wie in den Vereinigten Staaten;
N. in der Erwägung, dass mehr Stahlschrott aus der EU ausgeführt als in sie eingeführt wird und die EU somit beträchtliche Mengen an wertvollen Sekundärrohstoffen verliert, oftmals zugunsten der Stahlproduktion in Ländern, deren Umweltrecht hinter dem der EU zurückbleibt; in der Erwägung, dass die Stahlindustrie in der EU von Rohstoffeinfuhren abhängt, wobei 40 % der weltweiten Industrierohstoffe mit Ausfuhrbeschränkungen belegt sind, und die EU große Mengen Stahlschrott ausführt, dessen Ausfuhr in vielen Ländern beschränkt ist;
O. in der Erwägung, dass die Beschäftigungsperspektiven in der Stahlindustrie Anlass zu erheblicher Besorgnis geben, weil in der EU in den letzten Jahren aufgrund von Kapazitätsabbau bzw. Stilllegungen von Erzeugungsanlagen mehr als 65 000 Arbeitsplätze verloren gegangen sind;
P. in der Erwägung, dass die gegenwärtige Krise tiefgreifende soziale Probleme für die betroffenen Arbeitnehmer und Regionen verursacht und dass die Unternehmen, die eine Umstrukturierung durchführen, sozial verantwortbar handeln sollten, weil eine erfolgreiche Umstrukturierung erfahrungsgemäß ohne einen ausreichenden sozialen Dialog nicht möglich ist;
Q. in der Erwägung, dass die aktuelle Krise eine weltweite Überproduktion von Stahl zur Folge hatte; in der Erwägung, dass im Jahr 2050 jedoch Schätzungen zufolge das Zwei- bis Dreifache der heutigen Menge an Stahl und anderen Metallen zum Einsatz kommen wird und die europäische Stahlindustrie in den kommenden Jahren diese Durststrecke überstehen, investieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern muss;
R. in der Erwägung, dass eine Umstrukturierung nur dann wirtschaftlich erfolgreich und sozial verträglich sein kann, wenn sie in eine langfristige Strategie eingebunden ist, die darauf abzielt, die langfristige Tragfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern und zu stärken;
1. begrüßt den Aktionsplan der Kommission für die europäische Stahlindustrie als wichtigen Beitrag dazu, die weitere Verlagerung der Stahlerzeugung in Drittländer zu verhindern;
2. begrüßt den Ansatz der Kommission, den Dialog zwischen den EU-Organen, den führenden Wirtschaftsvertretern und den Gewerkschaften im Wege einer ständigen hochrangigen Gesprächsrunde zu Stahl und der europäischen Ausschüsse für den sektoralen sozialen Dialog fortzusetzen;
3. begrüßt die Einsetzung der Hochrangigen Gruppe Stahl, bedauert jedoch, dass diese Gruppe nur einmal jährlich zu einer Sitzung zusammenkommt; ist der Auffassung, dass die regionalen und lokalen Gremien derjenigen europäischen Regionen, in denen Stahlwerke angesiedelt sind, stärker in den Prozess eingebunden werden müssen, damit die Beteiligung dieser Regionen an der Arbeit der Hochrangigen Gruppe Stahl erleichtert und gefördert wird und somit die Zusammenarbeit und der Austausch von Informationen und bewährten Verfahren zwischen den wichtigsten Interessenträgern der Mitgliedstaaten angekurbelt werden;
4. betont, dass das bestehende europäische Wettbewerbs- und Beihilferecht stabile Rahmenbedingungen für die Stahlindustrie garantiert; fordert die Kommission auf, Wettbewerbsverzerrungen weiterhin entschieden zu verfolgen und zu ahnden;
I.Verbesserung der Rahmenbedingungen
I.1. Nachfrage ankurbeln
5. betont, dass nachhaltiges Wachstum von einer starken europäischen Industrie abhängt, und fordert daher die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die strategische Entwicklung stahlverarbeitender Schlüsselbranchen zu unterstützen, indem die Investitionsbedingungen – auch für Forschung und Innovation sowie den Ausbau der Kompetenzen – gefördert, Anreize für effiziente und faire Produktionsverfahren geschaffen (z. B. über Normungstätigkeit und die Politik im Bereich öffentliche Aufträge), der Binnenmarkt gestärkt und europäische Infrastrukturprojekte gemeinsam mit allen Akteuren gefördert werden;
6. ist der Auffassung, dass das Baugewerbe eine der wichtigsten stahlverarbeitenden Branchen ist und dass aus diesem Grund auf EU-Ebene eine detaillierte Studie über Möglichkeiten zur Förderung dieser Branche durch die Ausweitung öffentlicher Vorhaben erstellt werden muss, wobei nicht nur der Ausbau der Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur, sondern auch die Fortentwicklung von Bereichen wie Bildung, Kultur und öffentliche Verwaltung sowie nachhaltigen Bauweisen und Energieeffizienz zu berücksichtigen sind;
7. betont, dass eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft wichtig und zweckmäßig ist, um in den wichtigsten Branchen den Handel auszuweiten und die Nachfrage nach Stahl zu erhöhen, und bekräftigt daher, dass bei diesen Verhandlungen darauf geachtet werden muss, dass die industrielle Wettbewerbsfähigkeit der EU in keiner dieser Branchen beeinträchtigt wird;
8. fordert die Kommission auf, ein umfassendes Instrument zur Analyse des Stahlmarkts einzuführen, mit dem genaue Informationen über das europäische und das weltweite Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage in Bezug auf Stahl und Recycling bereitgestellt werden könnten, wobei zwischen struktur- und konjunkturbedingten Elementen der Entwicklung dieses Marktes unterschieden wird; ist der Auffassung, dass die Beobachtung des Stahlmarkts einen bedeutenden Beitrag zur Transparenz der Stahl- und Schrottmärkte leisten und wertvolle Anregungen für korrektive und proaktive Maßnahmen, die aufgrund der Konjunkturschwankungen in der Stahlindustrie unvermeidbar sind, bieten könnte;
9. fordert die Kommission auf, dieses Instrument zur Analyse des Marktes zu nutzen, um Risiken vorherzusehen und zu untersuchen, welchen Einfluss die Stilllegung von Anlagen auf die Erholung der Branche hat;
I.2. Beschäftigung
10. ist der Ansicht, dass die Kommission, die Mitgliedstaaten, die Wirtschaft und die Gewerkschaften gemeinschaftlich handeln sollten, um Fachkräfte, talentierte, hochqualifizierte Wissenschaftler und Manager in der Stahlindustrie zu halten und für ihn zu gewinnen, ebenso wie junge Talente im Wege von Ausbildungsprogrammen, und dadurch für dynamische und innovative Arbeitskräfte zu sorgen; verweist auf die Bedeutung regionaler Universitäten und Industrieforschungsinstitute, deren Kompetenz viel dazu beiträgt, dass auf nationaler Ebene die Voraussetzungen für eine wettbewerbsfähige Stahlindustrie geschaffen werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um den Verlust von Fachwissen zu verhindern und den Verlust von Arbeitsplätzen zu minimieren; fordert die Verbesserung der Planung und Bewältigung des Wandels, indem die Berufsbildung gefördert, das Qualifikationsniveau gesteigert und Umschulungen unterstützt werden; ist besorgt darüber, dass systematische Lösungen für das Problem des Generationswechsels fehlen und künftig Qualifikationsdefizite bestehen werden und dass Fachwissen und Kompetenzen verloren gehen, und betont, dass die für die künftige Wettbewerbsfähigkeit der Branche entscheidenden personellen und fachlichen Ressourcen erhalten und ausgebaut werden müssen; fordert die Kommission auf, mithilfe der Programme Erasmus+ und Erasmus für Unternehmer Allianzen für branchenspezifische Fertigkeiten zu fördern, die auf der Grundlage von Daten über den Bedarf an Qualifikationen und ihre Entwicklung dazu beitragen sollen, Ausbildungsgänge und gemeinsame Verfahren auszuarbeiten und umzusetzen, und zwar auch das praxisorientierte Lernen; fordert, dass Maßnahmen zur Stärkung der Interventionsinstrumente zur Unterstützung der Arbeitnehmer und ihrer beruflichen Bildung ergriffen werden, um die Wiederbeschäftigung von in der Stahlindustrie Beschäftigten in der Folge betrieblicher Umstrukturierungsmaßnahmen zu fördern und zu flankieren;
11. vertritt die Auffassung, dass das Fehlen einer echten Industriepolitik aufgrund der außerordentlich hohen Energiepreise den dauerhaften Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie verursacht; stellt fest, dass die hohen Preise für Energie und Rohstoffe nicht nur darin begründet sind, dass sie aus Drittländern eingeführt werden müssen, sondern dass es hierfür auch unionsinterne Gründe gibt; stimmt mit der Kommission darin überein, dass die bisherige Umstrukturierung der Stahlindustrie aufgrund des Rückgangs der Zahl der Arbeitsplätze soziale Probleme verursacht hat;
12. fordert, dass die Beschwerlichkeit und der Stress der Arbeit in der Stahlindustrie für die Arbeitnehmer und die Unterauftragnehmer, die auf den Produktionsprozess zurückzuführen sind,(11) in der neuen Strategie der Europäischen Union für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie in den Strategiepapieren zum Thema Renten und sonstige Sozialleistungen berücksichtigt werden; betont, dass Arbeitnehmer in der Stahlindustrie in Bezug auf die Arbeitsbelastung einem höheren Risiko ausgesetzt sind als der durchschnittliche Arbeitnehmer in den 28 EU-Staaten, weil sie mit körperlichen Risiken und potenziellen Gesundheitsschäden infolge ihrer Beschäftigung konfrontiert sind;
13. begrüßt den mit den Arbeitnehmervertretern stattfindenden sozialen Dialog und die zusätzlichen (formellen und informellen) Strukturen des sozialen Dialogs – wie beispielsweise Arbeitsgruppen, Lenkungsausschüsse usw. –, die eine Plattform für einen verstärkten Austausch zwischen den Arbeitnehmern und den Arbeitgebern bieten;
14. weist darauf hin, dass zur Förderung eines weiter gehenden sozialen Dialogs in der europäischen Stahlindustrie die Besonderheiten der Branche wie die Beschwerlichkeit der Arbeit in der Stahlproduktion, die Eigenschaften der Arbeitskräfte, Umweltbelange, die Verbreitung technologischer Innovationen und die wesentliche Umstrukturierung der europäischen Stahlindustrie berücksichtigt werden müssen;
15. betont, dass die Umsetzung des Aktionsplans auch einen Schwerpunkt bei den kurzfristigen Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Arbeitskräfte und die Wettbewerbsfähigkeit der Branche haben sollte, und fordert die Kommission auf, Kapazitätsabbau und Stilllegungen von Erzeugungsanlagen in der EU genau zu überwachen; ist der Ansicht, dass EU-Mittel nicht dazu eingesetzt werden sollten, die wirtschaftliche Nutzung bestimmter Anlagen aufrechtzuerhalten, weil dadurch der Wettbewerb zwischen Stahlproduzenten in der EU verzerrt würde, sondern ausschließlich dazu, die Auswirkungen von Stilllegungen oder Betriebsverkleinerungen auf die betroffenen Arbeitnehmer zu mildern und die Jugendbeschäftigung in dieser Branche zu fördern;
16. betont, dass eine Begrenzung der Nachfrage nicht zu einem unlauteren Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten um Arbeitsplätze führen darf; fordert in diesem Zusammenhang eine gesamteuropäische Lösung;
17. fordert die Kommission auf, Initiativen zur Bewahrung der Stahlerzeugung in der EU zu fördern, um Arbeitsplätze zu erhalten, und Maßnahmen zur Vorbeugung gegen Betriebsstilllegungen in der EU zu unterstützen;
18. fordert die Kommission auf, unverzüglich und in vollem Umfang EU-Mittel einzusetzen, um die sozialen Folgen der industriellen Umstrukturierung gering zu halten; fordert, dass insbesondere die Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) und des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) umfassend genutzt werden;
19. ist der Überzeugung, dass die Beteiligung der Arbeitnehmer an Innovations- und Umstrukturierungsmaßnahmen der beste Garant für einen wirtschaftlichen Erfolg ist;
20. betont, dass qualifizierte und kompetente Menschen dem Übergang zu nachhaltigeren Produktionsverfahren und Erzeugnissen gewachsen sein müssen, und fordert eine europäische Strategie für allgemeine und berufliche Bildung; begrüßt das „Greening Technical Vocational Education and Training project for the steel sector“ (Projekt zur Herausbildung von Umweltkompetenzen für die technische Berufsausbildung und Weiterbildung in der europäischen Stahlindustrie)(12), in dessen Rahmen Stahlunternehmen, Forschungseinrichtungen und die Sozialpartner gemeinsam den Qualifikationsbedarf für die Verwirklichung ökologischer Nachhaltigkeit untersucht haben; fordert die Kommission auf, die Umsetzung der Ergebnisse des Projekts weiter zu fördern;
21. fordert die Kommission auf, einen Umstrukturierungsplan aufzustellen, der hochwertige Arbeitsplätze und industrielle Wertschöpfung in den europäischen Regionen erhält und schafft;
II.Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Stahlindustrie
II.1. Sicherstellung der Energieversorgung zu erschwinglichen Preisen
22. stellt fest, dass aufgrund der Rohstoffarmut des europäischen Kontinents die Energiepreise in der EU in den vergangenen Jahren beträchtlich gestiegen sind, wodurch die weltweite Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in der EU entscheidend geschwächt wurde; stellt fest, dass die Energiepreise die wichtigsten Kostenfaktoren für die Stahlindustrie und andere energieintensive Industriezweige sind; ist der Ansicht, dass das wirkungsvolle Funktionieren des Energiebinnenmarkts, das vor allem auf der Preistransparenz beruht, eine Voraussetzung dafür ist, dass die Stahlindustrie zu erschwinglichen Preisen mit Energie aus unbedenklichen und nachhaltigen Quellen versorgt wird; betont, dass fehlende grenzüberschreitende Verbindungen ergänzt werden sollten und dass die geltenden Vorschriften vollständig umgesetzt werden müssen, um Vorteile aus einem europäischen Energiebinnenmarkt zu ziehen; befürwortet das Versprechen der Kommission, die Anstrengungen dahingehend zu verstärken, dass die Kluft zwischen den für die Industrie der EU bestehenden Energiepreisen und ‑kosten und denen ihrer größten Konkurrenten sich verringert, wobei die Strategien der einzelnen Mitgliedstaaten berücksichtigt werden, sodass die Staaten den jeweiligen einzelstaatlichen Bedürfnissen gerecht werden können; ist der Ansicht, dass die Kommission in den kommenden 12 Monaten diesbezüglich konkrete Vorschläge vorlegen sollte;
23. betont, dass die Kommission die Verlagerung von CO2-Emissionsquellen konkreter und detaillierter angehen sollte, dass die klimaschutz- und energiepolitischen Zielvorgaben für 2030 für die Industriezweige in der EU technisch und wirtschaftlich zu bewältigen sein müssen und dass den erfolgreichsten Unternehmen keine direkten oder indirekten zusätzlichen Kosten aus den klimaschutzpolitischen Maßnahmen entstehen sollten; betont, dass bei den Zuteilungen im Zusammenhang mit der Verlagerung von CO2-Emissionsquellen 100 % kostenfreie Zuteilungen auf der Grundlage technisch erreichbarer Referenzwerte ohne Anwendung eines Kürzungsfaktors auf die Sektoren, in denen CO2-Emissionsquellen verlagert werden, vorgesehen sein sollten;
24. legt der Kommission nahe, Strategien für die Verbreitung von CO2-emissionsarmen Energieträgern auszuarbeiten, um deren zügige Integration in den Elektrizitätsmarkt zu fördern;
25. ist der Ansicht, dass Investitionen in Technologien unterstützt werden sollten, mit denen die Nutzung der Eingangsenergie und die energetische Verwertung optimiert werden, z. B. durch den optimierten Einsatz von Prozessgasen und Abwärme, die zur Dampf- und Stromerzeugung genutzt werden könnten;
26. ist der Ansicht, dass langfristige Verträge zwischen den Energieversorgern und den gewerblichen Verbrauchern gefördert, die Energiekosten gesenkt und die für die entlegenen Regionen der EU wichtigen internationalen Leitungen gestärkt werden müssen, wodurch auch Anreize für Standortverlagerungen in Drittländer und zwischen Mitgliedstaaten beseitigt würden; betont, dass durch langfristige Energieversorgungsverträge das Risiko schwankender Energiepreise verringert und ein Beitrag zur Senkung der Strompreise für gewerbliche Verbraucher geleistet werden könnte; fordert die Kommission auf, Leitlinien für die Wettbewerbsaspekte langfristiger Energieversorgungsverträge vorzugeben;
27. fordert die Kommission auf, Strategien zum kosteneffizienten Einsatz von CO2-emissionsarmen Energieträgern zu entwickeln und Subventionen schrittweise abzubauen, um eine rasche Integration derartiger Energieformen in den Elektrizitätsmarkt zu fördern; ist der Ansicht, dass es in der Zwischenzeit möglich sein sollte, die Kosten der allgemeinen Strompreisaufschläge zu Lasten energieintensiver Industriezweige auszugleichen, falls es sich dabei um Kosten handelt, die Konkurrenten in Drittländern nicht zu tragen haben;
28. betont, dass die Sicherung der Energieversorgung eine wichtige Voraussetzung für die Stahlindustrie ist; fordert die Mitgliedstaaten auf, das dritte Energiepaket uneingeschränkt umzusetzen; fordert die Mitgliedstaaten auf, durch die Aufstellung der notwendigen Energieinfrastrukturprojekte Energieversorgungssicherheit zu schaffen und Investoren geeignete Anreize zu bieten, um die Abhängigkeit von eingeführten fossilen Brennstoffen zu senken; legt der Kommission nahe, die Diversifizierung der Erdgasquellen und ‑versorgungswege zu fördern und bei der Koordinierung und Unterstützung der Sicherung der Versorgungswege für Flüssigerdgas eine führende Rolle zu übernehmen; fordert die Kommission auf, eine umfassende Bewertung der Angemessenheit der Stromerzeugung durchzuführen und Anleitungen zur Erhaltung der Flexibilität der Stromnetze zu geben;
29. fordert die Kommission auf, entsprechend der Forderung in der Entschließung des Parlaments vom 13. Dezember 2012 zur Krise in der Stahlindustrie einen Bericht über die Überwachung der Entwicklungen in den Niederlassungen, deren Existenz in ihrer derzeitigen Form gefährdet ist, vorzulegen;
II.2. Klimaschutz, Ressourceneffizienz und Umweltauswirkungen
30. verweist darauf, dass die europäische Stahlindustrie seit 1990 die Gesamtemissionen um etwa 25 % gesenkt hat; weist darauf hin, dass Stahl ohne Qualitätsverluste vollständig rezyklierbar ist; stellt fest, dass Stahlerzeugnisse einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Übergang zu einer wissensgestützten, CO2-emissionsarmen und ressourcenschonenden Wirtschaft zu erleichtern; betont, dass Bemühungen zur weiteren Senkung der Gesamtemissionen der Stahlindustrie unternommen werden müssen;
31. ist der Ansicht, dass zur Erhaltung der europäischen Stahlproduktion ein tragfähiges Modell der Stahlproduktion herangezogen werden sollte; fordert die Kommission auf, europäische Nachhaltigkeitsstandards, wie beispielsweise die Kennzeichnung SustSteel für Stahlbauprodukte, auszuarbeiten und zu propagieren;
32. weist auf die Bedeutung der Logistik-Kosten – insbesondere in der Schifffahrt –, der Versorgung mit Rohstoffen, der Versorgungssicherheit und des mit dem Ausbau von Häfen verbundenen Wirtschaftswachstums hin;
33. ist der Auffassung, dass die EU verschiedene Einfuhr- und Verteilungsstandorte für Rohstoffe benötigt, weil die europäische Stahlindustrie die Abhängigkeit von einem einzigen Einlaufhafen für Rohstoffe vermeiden muss; vertritt die Ansicht, dass folglich ein Drehkreuz für den Transport von Mineralien in den Süden und Osten Europas geschaffen werden sollte;
34. stellt fest, dass die Primärstahlerzeugung in der EU angesichts der zunehmenden weltweiten Stahlproduktion und zum Zweck der Erzeugung bestimmter, in mehreren europäischen Wertschöpfungsketten benötigter Sorten von großer Bedeutung ist; betont, dass Stahlerzeugung mit Hilfe von Stahlschrott den Energieeinsatz um rund 75 % und den Rohstoffeinsatz um 80 % reduziert; fordert die Kommission daher auf, das reibungslose Funktionieren des europäischen Stahlschrottmarkts sicherzustellen, indem sie für ein besseres Funktionieren der Märkte für Sekundärmetalle sorgt, gegen die illegale Ausfuhr von Schrott vorgeht, durch die der europäischen Wirtschaft wertvolle Rohstoffe verloren gehen, und für die Stärkung der Kapazitäten der Mitgliedstaaten eintritt, aufgrund der Verordnung Kontrollen der Verbringung von Abfällen vorzunehmen; unterstützt die Weiterentwicklung des Recyclings von Schrott, indem möglichst viel Schrott gesammelt und eingesetzt und für eine höhere Qualität des Schrotts gesorgt wird, sodass der Zugang zu Rohstoffen sichergestellt ist, die Energieabhängigkeit verringert wird, Emissionen vermindert werden und Kreislaufwirtschaft gefördert wird; unterstützt die Initiative der Kommission, die Verbringung von Abfällen zu kontrollieren, um illegale Schrottausfuhren zu verhindern, die häufig in Länder erfolgen, deren Umweltrecht nicht mit dem europäischen vergleichbar ist;
35. fordert die Kommission auf, in Bezug auf die Klimaschutz-, Umwelt-, Energie- und Wettbewerbspolitik einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen und sektorspezifischen Besonderheiten Rechnung zu tragen; ist der Ansicht, dass die Kommission bei der Regulierung Synergien ermitteln sollte, durch die die klimaschutz- und energiepolitischen Ziele verwirklicht werden können und gleichzeitig die Ziele der Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung gefördert und die Risiken der Verlagerung von CO2-Emissionsquellen und von Standortverlagerungen minimiert werden;
36. fordert die Kommission auf, die nächste Überprüfung der „Carbon Leakage List“ mit offenen und transparenten Methoden durchzuführen und dabei den Beitrag von in der EU produziertem Stahl zur Eindämmung des Klimawandels und den indirekten Einfluss der Strompreise auf den Wettbewerb zu berücksichtigen; fordert die Kommission auf, die Wirksamkeit der Vorschriften zur Verlagerung von CO2-Emissionsquellen auch zukünftig sicherzustellen, indem die Stahlindustrie weiterhin auf der „Leakage List“ aufgeführt wird;
37. betont, dass im Klimaschutzrahmenwerk für 2030 sektorale Unterschiede, die technologische Realisierbarkeit und die wirtschaftliche Tragfähigkeit berücksichtigt werden sollten und dass es grundsätzlich keine zusätzlichen Kosten für effizientere Industrieanlagen zur Folge haben darf;
38. erklärt sich besorgt über die Folgen, die der aktuelle Beschluss der Kommission über die nationalen Umsetzungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten für die dritte Handelsperiode des EHS aufgrund der Anwendung des sektorübergreifenden Korrekturfaktors für die Industrie haben könnte, wobei an diesen Folgen deutlich wird, dass die Industrie auch mit den besten verfügbaren und derzeit in der EU angewendeten Technologien das Ziel nicht erreichen kann, sodass selbst den effizientesten Anlagen in der EU zusätzliche Kosten entstehen könnten;
39. betont, dass eine wirksame und zuverlässige Infrastruktur für die Entwicklung der Stahlindustrie wichtig ist, und weist darauf hin, dass weltweit 65% des Stahls noch immer auf Erzbasis erzeugt werden, sodass Investitionen in adäquate Infrastrukturen, die die gesamte Kette von der Förderstätte über die Stahlwerke bis hin zu den Exportmärkten abdecken, beträchtliche Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit, vor allem in dünn besiedelten Ländern, haben werden;
II.3. Gleiche Ausgangsbedingungen auf internationaler Ebene
40. ist der Auffassung, dass in Handelsverhandlungen die wirtschaftlichen und strategischen Interessen der Union und ihrer Mitgliedstaaten zur Geltung gebracht werden sollten und ein Ansatz der Gegenseitigkeit verfolgt werden sollte, wobei Erwägungen wie der Zugang zu neuen Märkten, der Zugang zu Rohstoffen, das Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionsquellen und von Investitionen, gleiche Ausgangsbedingungen und die Verlagerung von Fachwissen Berücksichtigung finden; ist der Ansicht, dass in den Strategien die Unterschiede zwischen Industrieländern, den wichtigen Schwellenländern und den am wenigsten entwickelten Ländern zum Ausdruck kommen sollten; betont, dass der Zugang zu neuen Exportmärkten in expandierenden Volkswirtschaften, auf denen europäischer Stahl ohne Handelshemmnisse verkauft werden kann, von entscheidender Bedeutung für das Wachstums- und Entwicklungspotenzial der europäischen Stahlindustrie sein wird; bedauert, dass einige unserer Handelspartner unfaire und restriktive Maßnahmen zum Schutz der heimischen Stahlindustrie anwenden, etwa Investitionsbeschränkungen oder Bevorzugung bei öffentlichen Aufträgen, sodass die Stahlausfuhren der EU ohne Anlass behindert werden; bedauert, dass seit Beginn der weltweiten Krise im Jahr 2008 eine Zunahme protektionistischer Maßnahmen zu verzeichnen ist, auf die zahlreiche Drittländer zurückgreifen, um die eigene Stahlindustrie zu schützen;
41. fordert die Kommission auf, sicherzustellen, dass zukünftige Handelsabkommen Bestimmungen enthalten, die die Exportchancen und Marktzugangsmöglichkeiten für europäische Stähle und stahlbasierte Produkte deutlich verbessern;
42. unterstützt den Vorschlag der Kommission, dass vor der Unterzeichnung von Freihandelsabkommen – unter Berücksichtigung sowohl der Wertschöpfungskette des verarbeitenden Gewerbes in der EU als auch der europäischen Industrie im weltweiten Rahmen – eine Folgenabschätzung, auch für Stahl, durchzuführen ist; fordert die Kommission auf, die kumulativen Auswirkungen von Abkommen – sowohl der derzeit geltenden als auch derjenigen, über die gegenwärtig verhandelt wird – auf der Grundlage von gezielt festgelegten Kriterien regelmäßig zu bewerten, einschließlich der Art und Weise, in der Interessenträger einbezogen werden;
43. fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass sämtliche in bestehenden und künftigen Handelsverhandlungen und -abkommen eingegangene bzw. noch einzugehende Verpflichtungen tatsächlich eingehalten werden; fordert die Kommission auf, gegen unlauteren Wettbewerb aus Drittländern vorzugehen und dabei die ihr zur Verfügung stehenden Maßnahmen wie die handelspolitischen Schutzinstrumente oder erforderlichenfalls den Streitbeilegungsmechanismus der WTO auf verhältnismäßige, rasche und wirkungsvolle Weise einzusetzen; fordert die Kommission auf, gegen den unlauteren Protektionismus von Drittländern vorzugehen und so den Zugang europäischer Unternehmen zu den Märkten und den Zugang zu Rohstoffen sicherzustellen;
44. weist darauf hin, dass für die Stahlindustrie am häufigsten handelspolitische Schutzinstrumente angewandt werden; erklärt sich besorgt über die Zeitspanne von durchschnittlich zwei Jahren, die vergeht, bis die Kommission Antidumpingmaßnahmen ergreift, während die Vereinigten Staaten dafür nur sechs Monate benötigen; fordert die Kommission auf, Maßnahmen zu ergreifen, durch die die EU über wirksame handelspolitische Schutzinstrumente verfügt, die rasch eingesetzt werden können und es ihr ermöglichen werden, zügiger gegen Fälle von Dumping vorzugehen, wie es angesichts des starken Wettbewerbs, in dem die europäische Industrie in einer globalisierten Wirtschaft steht, erforderlich ist;
45. fordert die Kommission auf, zu überprüfen, ob das System „Surveillance 2“ eine mindestens gleich gute Gewähr für die Überwachung und die Kontrolle in Bezug auf unfaire Subventions- und Dumpingpraktiken bietet wie das System zur vorherigen Überwachung von Einfuhren bestimmter Eisen- und Stahlerzeugnisse, das die Verordnung (EU) Nr. 1241/2009 der Kommission vorsieht;
46. betont, dass ein fairer Handel mit Stahlerzeugnissen nur unter Einhaltung grundlegender Arbeitnehmerrechte und Umweltschutznormen funktionieren kann;
47. ist der Ansicht, dass EU-Standards für die soziale Verantwortung von Unternehmen und die Mitbestimmung der Arbeitnehmer von europäischen Unternehmen auch in Drittländern umgesetzt werden sollten und dass die regionale Entwicklung gefördert werden sollte;
48. legt der Kommission nahe, die vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen, um den Zugang zu Kokskohle sicherzustellen;
49. fordert die Kommission auf, die Reform des Regulierungsrahmens für Finanzmärkte voranzubringen, um spekulationsbedingte Preisschwankungen zu verhindern, für Preistransparenz zu sorgen und die Versorgungssicherheit sowohl bei Stahl als auch bei Rohstoffen zu verbessern;
50. fordert die Kommission auf, europäischen Stahl durch Rechtsinstrumente zur Zertifizierung der Endverwendung von rostfreiem Stahl und seiner chemisch-physikalischen Zusammensetzung zu schützen, indem unter anderem eine Qualitätszertifizierung für Stahlerzeugnisse eingeführt wird, die einen Schutz für die europäische Produktion vor nicht zertifizierten Erzeugnissen bieten kann;
51. unterstützt den Vorschlag der Kommission, Maßnahmen zu ergreifen, um gegen illegale Märkte für Stahlprodukte vorzugehen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, mögliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung zu prüfen;
II.4. Forschung, Entwicklung und Innovation
52. stellt fest, dass eine umfassende Verbreitung von bahnbrechenden Technologien für die Einhaltung des in dem Fahrplan für 2050 vorgesehenen Wegs zur CO2-Reduzierung besonders wichtig ist; begrüßt das Ziel des Programms ULCOS, und zwar innovative, extrem emissionsarme Technologien zur Stahlerzeugung zu ermitteln und zu entwickeln, sowie das Programm SPIRE und andere Programme zur Entwicklung neuer Stahlsorten, Produktions- und Recyclingverfahren und Geschäftsmodelle, die Wertsteigerungen sowie größere Effizienz und Nachhaltigkeit ermöglichen und durch die die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Stahlindustrie gefördert wird;
53. fordert die Kommission auf, eine ehrgeizige Innovationspolitik zu betreiben, die die Entwicklung hochwertiger, energieeffizienter und innovativer Produkte ermöglicht und die EU in die Lage versetzt, sich im zunehmend starken weltweiten Wettbewerb zu behaupten;
54. begrüßt die Ergebnisse der spezifischen Instrumente für Kohle und Stahl, z. B. des Forschungsfonds für Kohle und Stahl, und fordert die Kommission auf, den seit 2002 eingeschlagenen Kurs beizubehalten;
55. ist der Auffassung, dass innovationsfördernde Finanzhilfen allen mit der Stahlindustrie in Zusammenhang stehenden Tätigkeitsfeldern zugutekommen müssen und dass folglich im Rahmen des Programms Horizont 2020 EIB-Fazilitäten zum Einsatz kommen müssen, um die Zusammenarbeit der Stahlkonzerne mit den Regionen, in denen sie angesiedelt sind, in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Innovation zu fördern und um eine nachhaltige Wirtschaftstätigkeit anzukurbeln;
56. stimmt mit der Kommission darin überein, dass im Rahmen des Programms Horizont 2020 der Schwerpunkt auf die Demonstration von neuen Technologien und auf entsprechende Pilotprojekte sowie auf umwelt- und ressourcenschonendere und energieeffizientere Technologien gelegt werden sollte;
57. ist der Ansicht, dass Anreize geschaffen werden müssen, durch die die großen multinationalen Konzerne in den Regionen, in denen sich ihre Industriekapazitäten befinden, in Forschung und Entwicklung investieren, damit die Beschäftigung in den betroffenen Regionen und deren Dynamik gefördert werden;
58. verweist auf die großen finanziellen Risiken in Zusammenhang mit der Entwicklung, der Ausweitung, der Demonstration und dem Einsatz bahnbrechender Technologien; befürwortet die Bildung von Clustern, Forschungskooperationen und öffentlich-privaten Partnerschaften wie SPIRE und EMIRI; unterstützt den Einsatz von innovativen Finanzinstrumenten, wie beispielsweise Fazilitäten für Finanzierungen auf Risikoteilungsbasis, die den in eine Krise geratenen Stahlunternehmen vorrangig Zugang geben; fordert die Europäische Investitionsbank und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung auf, einen langfristig angelegten Finanzierungsrahmen für Stahlprojekte zu konzipieren;
59. fordert die Kommission auf, die Europäische Innovationspartnerschaft für Rohstoffe – mit Blick auf die Stahlindustrie und die gesamte Rohstoff-Wertschöpfungskette, insbesondere auf Recyclingverfahren und neue Geschäftsmodelle – weiter umzusetzen;
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60. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.