Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zu dem Fortschrittsbericht 2013 über Montenegro (2013/2882(RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen vom 29. März 2010 zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Montenegro andererseits(1),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 19./20. Juni 2003 und deren Anlage „Agenda von Thessaloniki für die westlichen Balkanstaaten: Auf dem Weg zur Europäischen Integration“,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 9. November 2010 an das Europäische Parlament und den Rat über die Stellungnahme der Kommission zum Antrag Montenegros auf Beitritt zur Europäischen Union (COM(2010)0670),
– unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 22. Mai 2012 an das Europäische Parlament und den Rat über die Fortschritte Montenegros bei der Durchführung von Reformen (COM(2012)0222) und die Schlussfolgerungen des Rates vom 26. Juni 2012 mit dem Beschluss, am 29. Juni 2012 Beitrittsverhandlungen mit Montenegro aufzunehmen,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ vom 11. Dezember 2012 zur Erweiterung und zum Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 16. Oktober 2013 mit dem Titel „Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2013–2014“ (COM(2013)0700) und das entsprechende Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen SWD(2013)0411 mit dem Titel „Montenegro: 2013 Progress Report“ [Montenegro: Fortschrittsbericht 2013],
– unter Hinweis auf die in der 6. Sitzung des Parlamentarischen Stabilitäts- und Assoziationsausschusses Europäische Union – Montenegro (SAPC) vom 29./30. April 2013 angenommene Erklärung und die in dieser Sitzung angenommenen Empfehlungen,
– unter Hinweis auf seine bisherigen Entschließungen zu Montenegro und seine Entschließung vom 22. November 2012 zu dem Thema „Erweiterung: Politiken, Kriterien und die strategischen Interessen der EU“(2),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. Oktober 2013 zu der Bewirtschaftung der Heranführungsmittel der Europäischen Union in den Bereichen Justiz und Korruptionsbekämpfung in den Bewerberländern und potenziellen Bewerberländern und seine Feststellungen zu Montenegro(3),
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der Beitritt zur EU eine entscheidende Triebfeder für kontinuierliche politische, soziale und wirtschaftliche Reformen bleiben sollte;
B. in der Erwägung, dass die EU die Rechtsstaatlichkeit ins Zentrum ihres Erweiterungsprozesses gestellt hat;
C. in der Erwägung, dass Montenegro Fortschritte in Richtung EU-Integration gemacht hat und dass die Begeisterung für das europäische Projekt das ganze politische Spektrum und die Gesellschaft insgesamt umfasst; in der Erwägung, dass dem Land der vorläufige Abschluss der Kapitel 25 und 26 gelungen ist;
D. in der Erwägung, dass die Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit, insbesondere durch eine Justizreform, sowie die Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität oberste Priorität haben; in der Erwägung, dass der Screening-Prozess zu allen Kapiteln abgeschlossen wurde; in der Erwägung, dass die Verhandlungen über die Kapitel 23 und 24 gemäß dem neuen Konzept der Kommission, Justizreformen und innere Angelegenheiten im Beitrittsprozess frühzeitig anzugehen, im Dezember 2013 eröffnet wurden;
E. in der Erwägung, dass die Unabhängigkeit und Wirksamkeit der Justiz durch die vor kurzem vorgenommenen Verfassungsreformen gestärkt werden, sobald diese vollständig umgesetzt sind;
F. in der Erwägung, dass finanzielle Korruption und organisierte Kriminalität, auch in den Institutionen, sowie Wahlunregelmäßigkeiten nach wie vor erhebliche Besorgnis schaffen; in der Erwägung, dass Montenegro sie angehen und sich eine solide Erfolgsbilanz im Bereich Rechtsstaatlichkeit erarbeiten muss;
G. in der Erwägung, dass der Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle im Reform- und EU-Beitrittsprozess zukommt;
H. in der Erwägung, dass die regionale Zusammenarbeit für die politische Stabilität, Sicherheit und wirtschaftliche Entwicklung in Montenegro und dem gesamten Raum sehr wichtig ist;
Beitrittsverhandlungen
1. begrüßt die Eröffnung von fünf neuen Verhandlungskapiteln im Dezember 2013; fordert dazu auf, die Beitrittsverhandlungen unter der Voraussetzung, dass Reformen fortgeführt und umgesetzt und konkrete Ergebnisse erreicht werden, rasch fortzusetzen;
2. begrüßt die Aktionspläne der Regierung zu den Kapiteln 23 und 24, die eine umfassende Reformagenda vorsehen und die Richtgröße für die Eröffnung dieser Kapitel darstellen;
3. befürwortet die Einbeziehung von Vertretern der Zivilgesellschaft in die Verhandlungsstrukturen; nimmt dennoch die Forderung von zivilgesellschaftlichen Organisationen danach zur Kenntnis, dass die Regierung im gesamten Verhandlungs- und Beitrittsprozess für größtmögliche Transparenz sorgt, unter anderem indem sie noch mehr Organisationen an der Arbeit der Arbeitsgruppen beteiligt und umfangreiche landesweite Konsultationen durchführt;
4. hebt die Verpflichtung sowohl der Regierung als auch des Parlaments hervor, die Kommunikation mit der Öffentlichkeit zu verbessern und alle Interessenträger, zivilgesellschaftlichen Organisationen und die Allgemeinheit rechtzeitig und transparent über die Entwicklungen in den Beitrittsverhandlungen zu unterrichten und ihre breite Beteiligung an diesem Prozess zu begünstigen;
Politische Kriterien
5. fordert alle politischen Kräfte sowohl der Regierung als auch der Opposition und entscheidende soziale und wirtschaftliche Akteure auf, sich im Wege eines dauerhaften Dialogs und einer konstruktiven Zusammenarbeit weiterhin auf die Agenda für die EU-Integration des Landes zu konzentrieren;
6. begrüßt die Stärkung der Aufsichtsfunktion des montenegrinischen Parlaments unter anderem durch Anhörungen zu Kontroll- und Beratungszwecken; fordert jedoch, dass die Ergebnisse von Anhörungen konsequenter weiterbehandelt werden, die Umsetzung verabschiedeter Rechtsvorschriften stärker kontrolliert wird und sich das Parlament aktiver an den Verhandlungen beteiligt; begrüßt die Entschließung zum Verfahren, zur Qualität und zur Dynamik des Prozesses der EU-Integration von Montenegro, die das Parlament Montenegros am 27. Dezember 2013 angenommen hat; ist der Ansicht, dass das Parlament und die zivilgesellschaftlichen Organisationen umfassend in den Integrationsprozess eingebunden werden müssen und dass er einer breiten demokratischen Unterstützung bedarf;
7. bedauert, dass nach der in diesem Jahr zu unrühmlicher Bekanntheit gelangten Abhöraffäre der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses, der zur Untersuchung der mutmaßlichen Zweckentfremdung öffentlicher Gelder für parteipolitische Ziele eingerichtet wurde, keine politischen Konsequenzen vorsieht und dass die Weiterbehandlung des Sachverhalts durch die Justiz bislang unvollständig ist; betont, dass eine gründliche Untersuchung und, sofern nötig, angemessene Maßnahmen sicherzustellen sind; fordert die verantwortlichen montenegrinischen Staatsorgane deshalb auf, für einen raschen, freien und fairen Abschluss des Rechtsverfahrens zu sorgen, unter Mitwirkung aller relevanten Parteien und unter sorgfältiger, objektiver und in vollem Einklang mit dem Gesetz stehender Prüfung sämtlicher Verstöße; begrüßt die kürzlich angekündigte Untersuchung der Videobespitzelungsaffäre in Cetinje, bei der Personen, denen ein Verstoß gegen das Wahlrecht nachgewiesen wird, in einem rechtsstaatlichen Verfahren eine angemessene Strafe zu erwarten haben;
8. betont, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Wahlsystem und die demokratischen Strukturen gestärkt werden muss, und fordert das Parlament auf, die Wahlrechtsreform zu beschleunigen, indem die Vorschriften zur Regelung der Wahlen und der Parteienfinanzierung geändert werden, darunter auch der Gesetzentwurf über ein einziges Wählerverzeichnis und die Änderungsentwürfe zum Gesetz über die Personalausweise; betont, dass in Bezug auf das einzige Wählerverzeichnis uneingeschränkte Transparenz und Rechenschaftspflicht vonnöten sind; fordert, dass diese Reformen im Einklang mit den seit langem vorliegenden Empfehlungen des BDIMR der OSZE stehen und vollkommen transparent in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft durchgeführt werden müssen; unterstützt die Forderung der Kommission, eine eindeutige und von einem breiten Konsens getragene Abgrenzung zwischen öffentlichen Interessen und Parteiinteressen zu schaffen; fordert die Regierung auf, vorausweisend Informationen über staatliche Beihilfen an Einzelpersonen und Unternehmen, über die Beschäftigung im öffentlichen Sektor und über weitere Ausgaben zu veröffentlichen, die sich möglicherweise auf das Wahlverhalten auswirken; stellt fest, dass der Eindruck von Korruption ebenso schädlich sein kann wie Korruption selbst;
9. betont die Bedeutung der Reform der öffentlichen Verwaltung für die Umsetzung des Besitzstands; erachtet es für wesentlich, dass der Koordinierungs- und Aufsichtsmechanismus mit Blick auf die Umsetzung der auf die öffentliche Verwaltung bezogenen Strategie gestärkt wird und weitere Maßnahmen für eine transparente, professionelle, wirksame und auf Leistung beruhende öffentliche Verwaltung ergriffen werden; fordert den Staat auf, bei der Einstellung und Entlassung von Beamten sorgfältig vorzugehen, um den Eindruck einer weiteren Politisierung des öffentlichen Dienstes zu vermeiden; fordert, dass die Unabhängigkeit und die Kapazitäten des Amtes des Bürgerbeauftragten gestärkt werden;
10. begrüßt die Verfassungsänderungen, mit denen darauf abgezielt wird, die Unabhängigkeit der Justiz zu stärken, und zwar durch die Verringerung der politischen Einflussnahme auf die Ernennung von Staatsanwälten und Justizbeamten auf allen Ebenen dank transparenterer und stärker leistungsbezogener Verfahren und insbesondere durch die Wahl des Generalstaatsanwalts; nimmt jedoch die Initiative des Bürgerbeauftragten zur Kenntnis, die Verfassungsmäßigkeit dieser Änderungen und der Bestimmungen des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof hinsichtlich der Wahl der Verfassungsrichter zu prüfen; fordert die zuständigen Behörden auf, bei Disziplinarverfahren für eine solide Erfolgsbilanz zu sorgen und sicherzustellen, dass die Justiz zügig tätig wird und die Rechtsprechung vereinheitlicht wird; fordert die Ausarbeitung und Umsetzung weiterer gesetzgeberischer und anderer Maßnahmen, um die Politisierung der Justiz in der Praxis zu verringern, indem unter anderem die Leistung der Justizbehörden objektiv bewertet, die Rechenschaftspflicht in der Justiz gemäß den Empfehlungen der Venedig-Kommission klar nachgewiesen und für leistungsbezogene Beförderungen Sorge getragen wird; erachtet es als dringend geboten, die Unabhängigkeit der für Vergehen zuständigen Gerichte von der Exekutive sicherzustellen;
11. begrüßt die Maßnahmen, mit denen das Gerichtssystem optimiert, die Effizienz der Rechtsprechung verbessert und der Rückstau anhängiger Verfahren weiter abgebaut wird; erklärt sich jedoch besorgt über die Länge der Gerichtsverfahren, die mangelhafte Infrastruktur vieler Gerichte, die unzulängliche Durchsetzung zivil- und verwaltungsrechtlicher Entscheidungen und die unzureichende Mittelausstattung der Justiz- und Strafverfolgungsorgane; fordert, die Kapazitäten der Gerichtskollegien und der Staatsanwaltschaft auszubauen sowie die Rechenschaftspflicht und die Vorkehrungen im Hinblick auf die Integrität in der Justiz zu stärken; fordert Maßnahmen, mit denen der Zugang der Bürger zur Zivilgerichtsbarkeit und zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nach europäischen Maßstäben sichergestellt wird; fordert nachdrücklich mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht der Gerichte bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität;
12. fordert im Interesse der Bekämpfung der Straflosigkeit die gebührende Weiterbehandlung unerledigter Berichte über Kriegsverbrechen mit strengeren, wirksameren und transparenteren Ermittlungsverfahren und Strafverfolgungsmaßnahmen gegen Kriegsverbrechen; betont, dass weitere Maßnahmen erforderlich sind, um nicht nur die Straflosigkeit, sondern auch den Anschein der Straflosigkeit zu bekämpfen; fordert die Behörden in dieser Hinsicht auf, die Leitlinien für Strafurteile zu überarbeiten und die offenbar unverhältnismäßige Anzahl von Freisprüchen bei schwersten Straftaten zu prüfen;
13. würdigt die Justizreformstrategie 2007–2012 der Regierung, bringt jedoch seine Besorgnis über ihre langsame Umsetzung zum Ausdruck; stellt fest, dass sich die Strategie 2013–2018 in einer fortgeschrittenen Vorbereitungsphase befindet; fordert daher die Regierung Montenegros auf, sich generell auf die Umsetzung der vorhandenen Strategien zu konzentrieren und ihre Auswertung umfassend und öffentlich zu erörtern, anstatt sie einfach ohne die erforderliche Beurteilung zu ersetzen; fordert, dass Kontrollgremien für Strategien und Aktionspläne zur Norm werden;
14. betont, dass zusätzliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Korruption erforderlich sind, und fordert die Umsetzung der GRECO-Empfehlungen;
15. erklärt sich besorgt darüber, dass das Bildungs- und Gesundheitswesen, die Wahlverfahren, das Katasterwesen, die Raumplanung, das Bauwesen, die Privatisierung und die Vergabe öffentlicher Aufträge nach wie vor anfällig für Korruption sind; erwartet, dass durch die Eröffnung des Kapitels 5 (Vergabe öffentlicher Aufträge) eine Beschleunigung der notwendigen einschlägigen Reformen bewirkt wird; begrüßt die Einrichtung eines neuen parlamentarischen Ausschusses für Korruptionsbekämpfung; fordert die Staatsorgane nachdrücklich auf, die Kapazitäten der Aufsichtsgremien zu stärken, die Revision zu verbessern, die Transparenz bei der Parteienfinanzierung zu erhöhen und die Kapazitäten auf allen Ebenen zu stärken, damit Unregelmäßigkeiten bei der Umsetzung der Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge eingedämmt werden;
16. erklärt sich besorgt über den zunehmend eingeschränkten Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen über Unternehmen und Grundbuchämter; stellt fest, dass der Zugang der Öffentlichkeit zu derartigen Informationen für Journalisten und Akteure der Zivilgesellschaft sehr wichtig ist, wenn es darum geht, Fälle von Korruption aufzudecken und Verbindungen zwischen dem organisierten Verbrechen und staatlichen Stellen ans Licht zu bringen; fordert die Staatsorgane auf, im Hinblick auf die einschlägigen Ämter einen hohen Grad an Transparenz wiederherzustellen;
17. betont, dass die Reformen bei der Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens durchgesetzt und eine solide Erfolgsbilanz bei Ermittlungen, Strafverfolgungen und Verurteilungen auf allen Ebenen erreicht werden muss; fordert, die Zusammenarbeit und Koordinierung von Strafverfolgungsbehörden und Justiz bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Korruption auf allen Ebenen zu intensivieren und die Qualität der Arbeit der Gerichte in Fällen mit hoher Bedeutung zu verbessern; äußert schwerwiegende Bedenken dagegen, dass Gerichtsurteile der ersten Instanz in Verfahren gegen die organisierte Kriminalität wieder aufgehoben wurden; bekräftigt, dass die Straflosigkeit von Straftätern, die wegen Korruption oder strafbarer Handlungen des organisierten Verbrechens verurteilt wurden, nicht hinnehmbar ist; fordert den Staat auf, sicherzustellen, dass die staatlichen Stellen und Einrichtungen alle einschlägigen Maßnahmen umsetzen und bei Unterlassung zur Rechenschaft gezogen werden;
18. fordert Montenegro auf, die internationale und regionale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Korruption und der organisierten Kriminalität fortzusetzen; fordert größere Anstrengungen, um die Grenzkontrollen wirksamer zu gestalten und so das organisierte Verbrechen und den Schmuggel über die „Balkanroute“ zu bekämpfen; betont, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche durch lokale und internationale kriminelle Vereinigungen stärker überwacht und durchgesetzt werden müssen;
19. betont, dass die Regierung Montenegros die Konsultationen mit der Zivilgesellschaft und der Opposition fortsetzen und intensivieren sowie die Interaktion und den Dialog mit ihnen verbessern muss, um mehr Transparenz in Politik und Rechtsetzung zu erreichen, insbesondere bei der Anwendung von Rechtsvorschriften und der Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens; würdigt von daher die Anstrengungen der Regierung zur Steigerung der Transparenz ihres Handelns für die Öffentlichkeit, stellt aber gleichzeitig fest, dass noch viel getan werden muss; begrüßt die weitreichende Beteiligung der Zivilgesellschaft an den Arbeitsgruppen für die EU-Verhandlungskapitel, weist allerdings darauf hin, dass einige Vertreter der Zivilgesellschaft Bedenken im Zusammenhang mit der Art und Qualität dieser Beteiligung geäußert haben; bedauert, dass sich die Beziehungen zwischen bestimmten Bereichen der Regierung und der Zivilgesellschaft unlängst verschlechtert haben, wobei auf beiden Seiten Befürchtungen zum Ausdruck kamen, dass die Risiken durch wechselseitige Feindseligkeiten den gemeinsamen Wunsch nach Fortschritten bei der EU-Integration überlagern; regt deshalb einen produktiven und ausgewogenen Dialog zwischen allen Seiten an, wobei die Regierung die Arbeit der Zivilgesellschaft objektiv unterstützt und erleichtert und deren Vertreter vollständig in den politischen Prozess einbindet, während die Organisationen der Zivilgesellschaft Kritik an der Politik üben und die Regierung in einer gerechten und konstruktiven Weise zur Rechenschaft ziehen;
20. stellt mit Zufriedenheit fest, dass die Unterstützung durch das IPA in Montenegro gut funktioniert; fordert die Regierung und die Kommission auf, das Verwaltungsverfahren für die IPA‑Mittel zu vereinfachen, damit sie für kleinere und dezentral organisierte zivilgesellschaftliche Organisationen, Gewerkschaften und andere Empfänger einfacher zugänglich sind;
21. hebt hervor, dass Montenegro die acht wesentlichen Übereinkommen der IAO zu den Arbeitnehmerrechten und die überarbeitete Europäische Sozialcharta ratifiziert hat; betont, dass die grundlegenden Arbeits- und Gewerkschaftsrechte zwar allgemein geachtet werden, aber weiter gestärkt werden müssen; hebt die wichtige Rolle des sozialen Dialogs hervor und fordert die Regierung auf, den Sozialrat zu stärken;
22. betont, dass freie, unabhängige und unparteiische Medien in einer funktionierenden Demokratie sehr wichtig sind; erklärt sich zutiefst besorgt über die Zunahme der verbalen und physischen Einschüchterung von Journalisten sowie den zunehmend durch Mittelkürzungen und Gerichtsverfahren ausgeübten Druck; erklärt sich sehr betroffen darüber, dass seit August 2013 mindestens zwei Bombenanschläge und etwa ein halbes Dutzend physischer Angriffe auf Journalisten verübt wurden; bedauert zutiefst, dass Montenegro auf dem Index von „Reporter ohne Grenzen“ über Medienfreiheit nun an 113. Stelle steht; weist erneut darauf hin, dass verantwortungsvoll handelnde Medien, die redaktionelle Unabhängigkeit und die breite Streuung der Eigentumsverhältnisse im Bereich Medien im Einklang mit den europäischen Standards gestärkt werden müssen; hebt hervor, dass alle Beteiligten in Politik und Medien für die Förderung eines Klimas der Toleranz gegenüber anderen Meinungen verantwortlich sind; hält es für sehr wichtig, zum Schutz von Journalisten und der Pressefreiheit beizutragen; fordert, dass alle Bedrohungen von und Übergriffe auf Journalisten angemessen untersucht und strafrechtlich verfolgt werden, auch die noch anhängigen Vergehen; begrüßt die Entscheidung, ein gesondertes Gremium einzurichten, das die staatlichen Bemühungen zur Aufklärung von Morden an und Übergriffen auf Journalisten überwachen soll, was dazu beitragen kann, größeres Vertrauen zwischen Staat und Medien herzustellen;
23. betont, dass unabhängigen und zukunftsfähigen öffentlich-rechtlichen Medien eine besondere Aufgabe bei der Stärkung der Freiheit der Medien und der Demokratie zukommt, und fordert die staatlichen Stellen diesbezüglich auf, das Gesetz über den Rundfunk Montenegros (Radio i Televizija Crne Gore, RTCG) zu ändern und Rechtsgarantien für die Sicherung der finanziellen Tragfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien zu verabschieden und sie dadurch in die Lage zu versetzen, ihren gesellschaftlichen Auftrag zu erfüllen;
24. fordert Verbesserungen im Bereich des Zeugenschutzes und den Erlass eines Gesetzes über den Schutz von Informanten;
25. betont, dass es Aufgabe aller politischen Kräfte ist, für ein Klima der Toleranz und Inklusion aller nationalen Minderheiten zu sorgen; begrüßt die Minderheitenpolitik der Regierung, durch die insbesondere die vertiefte Integration der albanischen Bevölkerungsgruppe vorangebracht wurde; fordert eine Verbesserung der Lage sozial benachteiligter Gruppen, beispielsweise des Zugangs von Menschen mit Behinderungen zu Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen sowie der Zugänglichkeit öffentlicher Gebäude; begrüßt den aktuellen Roma-Aktionsplan der Regierung, fordert aber weitere Maßnahmen zur Förderung von Bildung und Beschäftigung von Roma und anderen Minderheiten, die nach wie vor diskriminiert werden, insbesondere in Anbetracht des begrenzten Zugangs zu Bildungseinrichtungen, mit dem Kinder von Roma, Aschkali und Ägyptern konfrontiert sind;
26. stellt fest, dass Frauen in vielen Bereichen der Gesellschaft Montenegros immer noch unterrepräsentiert sind, auch im Parlament, in Entscheidungspositionen und auf dem Arbeitsmarkt; fordert die Regierung auf, ihre Bemühungen um die Verbesserung der Geschlechtergleichstellung zu intensivieren, die einschlägigen finanziellen und personellen Mittel aufzustocken, für die Umsetzung des Aktionsplans zur Geschlechtergleichstellung Sorge zu tragen, den Grundsatz des gleichen Lohns für gleiche Arbeit einzuführen und Frauen zu mehr Teilhabe – insbesondere in der Politik – anzuregen;
27. erklärt sich besorgt darüber, dass in Montenegro gegenüber Homosexualität in erheblichem Ausmaß Intoleranz herrscht, die in häufigen Akten und Androhungen von Gewalt sowie Hassreden gegen Aktivisten für die Rechte von Schwulen zum Ausdruck kommt; bedauert, dass der prominenteste LGBTI-Aktivist des Landes aus Sorge um seine Sicherheit Asyl im Ausland beantragt hat; begrüßt zwar die neue Strategie der Regierung zur Verbesserung der Lebensqualität von lesbischen, schwulen, bi-, trans- und intersexuellen Personen, betont aber, dass diese Strategie auch umgesetzt werden muss; erachtet es insbesondere als notwendig, die Öffentlichkeit aufzuklären und zu informieren, um einen Wandel der Einstellungen voranzubringen; würdigt ausdrücklich, dass Regierung und Polizei die Pride-Paraden in Budva und Podgorica, die in diesem Jahr erstmals stattgefunden haben, unterstützt und erleichtert haben; betont, dass die schwulenfeindliche Gewalt während der Umzüge umfassend untersucht werden muss und die Täter vor Gericht gestellt werden müssen; hält die Staatsorgane dazu an, die Toleranz gegenüber LGBTI-Personen auch künftig zu fördern und Straftraten zügig strafrechtlich zu verfolgen; betont, dass die gesellschaftliche Akzeptanz verbessert und der Diskriminierung von Schwulen ein Ende gesetzt werden muss;
28. erklärt sich besorgt darüber, dass das Problem der Gewalt gegen Frauen und Kinder fortbesteht und viele die Gewalt auch für gesellschaftlich akzeptabel halten; bedauert, dass der Aufbau von Dienstleistungen für Familien und Gemeinschaften nur schleppend vorankommt; fordert die Regierung auf, die Öffentlichkeit stärker für Gewalt in der Familie und gegen Frauen sowie für das Recht des Kindes auf Schutz vor jeglicher Form der Misshandlung, Vernachlässigung oder Ausbeutung zu sensibilisieren; begrüßt die neuen Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt, zur Stärkung der Rechte der Kinder und zur Verbesserung der Berufsausbildung, fordert jedoch weitere Maßnahmen zur wirksamen Umsetzung des Gesetzes zum Schutz vor Gewalt in der Familie, was den Schutz und die Unterstützung von Opfern sowie ihren Zugang zur Justiz, die Ausarbeitung und Koordinierung von Präventionsprogrammen und eine stärkere Rechenschaftspflicht der Täter betrifft;
Sozioökonomische Probleme
29. fordert die Regierung auf, sich auf die Förderung des Wirtschaftswachstums zu konzentrieren, um die Armut zu bekämpfen und den Lebensstandard aller Bürger zu verbessern, auch indem geprüft wird, ob und in welchen Bereichen die Sozialfürsorge reformiert werden kann, und um die regionalen Unterschiede zu verringern; fordert, verstärkt gegen den umfangreichen informellen Sektor vorzugehen und den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums und das Rechtssystem generell zu verbessern, damit die Korruption systematisch bekämpft wird und das Umfeld für Unternehmen günstiger wird, und um Strukturreformen durchzuführen, mit denen ausländische Direktinvestitionen, die für die Diversifizierung der Wirtschaft von entscheidender Bedeutung sind, ins Land geholt und unterstützt werden;
30. betont, dass Verfahren für die Beilegung von Handelsstreitigkeiten transparent und frei von politischer Einflussnahme sein und auf dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit beruhen müssen, damit sich das Geschäftsklima weiter verbessert; fordert eine rasche Beilegung der Auseinandersetzung um das Aluminiumwerk KAP; betont, dass Privatisierungen fair, umsichtig, transparent und geordnet durchgeführt werden sollten; weist auf die Bedenken hin, die wegen staatlicher Beihilfen geäußert wurden, und fordert, dass sie im Einklang mit dem Besitzstand der Union und dem Stabilitäts- und Assoziierungsabkommen gegebenenfalls transparent gezahlt werden und aufrechterhalten werden können; begrüßt die Anstrengungen der Regierung, um der steigenden Staatsverschuldung und den großen strukturellen Haushaltsdefiziten zu begegnen; fordert weitere Maßnahmen, damit das Programm für die Entwicklung des ländlichen Raums im Rahmen des IPA auch künftig umgesetzt wird und um im Einklang mit dem Besitzstand der Union Rechtsvorschriften über die Wasserqualität auszuarbeiten;
31. stellt fest, dass das neue Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge im Januar 2012 in Kraft getreten ist, bei seiner Umsetzung in der Praxis jedoch insbesondere im Gesundheitswesen fehlende Wirksamkeit zu verzeichnen ist; fordert die Staatsorgane Montenegros auf, bei allen Auftragsvergabeverfahren mehr Transparenz herzustellen und Aktionspläne mit klaren Zielen, Verfahren und Fristen festzulegen, um das neues Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge wirksam durchzusetzen und die Rechtsvorschriften über Konzessionen, Versorgungsdienste und die Beschaffung von Verteidigungsgütern mit dem Besitzstand der EU in Einklang zu bringen;
32. würdigt die Umsetzung des „Small Business Act“; fordert eine stärkere Unterstützung des öffentlichen Sektors für KMU, da KMU eine der Triebkräfte des Wirtschaftswachstums sind; fordert die Zusammenführung der fragmentierten Strategien, durch Wirksamkeit unternehmens- und industriepolitischer Instrumente beeinträchtigt wird;
33. erklärt sich besorgt über die unveränderte Lage am Arbeitsmarkt und fordert deshalb entschiedene Maßnahmen gegen die hohe Arbeitslosigkeit, insbesondere bei erstmalig Arbeitsuchenden, und zur Verbesserung des schlecht funktionierenden Arbeitsmarkts; fordert die Regierung auf, für die Umsetzung des Arbeitsrechts im Einklang mit den Normen der IAO zu sorgen, auch durch eine Verbesserung der Inspektionen; betont, dass gegen die Schattenwirtschaft vorgegangen werden muss; fordert die Stärkung des dreiseitigen sozialen Dialogs;
34. hält Montenegro dazu an, in den Bereichen Umweltschutz und Klimawandel weitere Anstrengungen zu unternehmen, nämlich die Verwaltungskapazität zur Umsetzung der einschlägigen Maßnahmen und Rechtsvorschriften der EU auszubauen, damit die Übereinstimmung mit dem diesbezüglichen Besitzstand der Union sichergestellt wird;
35. stellt fest, dass illegale errichtete Bauten, insbesondere in Tourismusgebieten, ein beträchtliches Problem in Montenegro sind; fordert die staatlichen Stellen Montenegros auf, sich entschieden für eine nachhaltige Entwicklung des Landes einzusetzen; betont, dass die Ausweitung des Tourismus umweltgerecht vollzogen werden muss;
Regionale Zusammenarbeit
36. begrüßt, dass Montenegro vorausschauend an Initiativen wie der Initiative für die regionale Aussöhnung oder an dem Vorhaben, eine Gruppe der sechs Westbalkanstaaten zu schaffen, mitwirkt und dass die Regierung bestrebt ist, sich maßgeblich in Initiativen für die regionale Zusammenarbeit einzubringen; fordert Montenegro auf, seine Zusammenarbeit in den Bereichen Kultur und Wirtschaft mit benachbarten Mitgliedstaaten der EU zu verbessern; würdigt, dass die Regierung gute bilaterale Beziehungen mit allen Nachbarstaaten, auch dem Kosovo, unterhält, betont aber, dass die Streitigkeiten mit Kroatien über die Landes- und Seegrenzen rasch beigelegt werden müssen, insbesondere angesichts der vorbereitenden Erkundung von Erdöllagerstätten auf hoher See; legt dem Land nahe, den Grenzverlauf mit Serbien, Bosnien und Herzegowina und Kosovo endgültig festzulegen, damit potenzielle Spannungsquellen beseitigt werden; begrüßt die Fortschritte bei der Umsetzung der Erklärung von Sarajevo, einschließlich der Umsetzung des Programms für die Beschaffung regionalen Wohnraums; hält das Land dazu an, die Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten im Rahmen eines Austauschs von Erfahrungen über die Beitrittsverhandlungen fortzuführen;
37. begrüßt die Besuche von Ministerpräsident Dačić in Podgorica und von Ministerpräsident Đukanović in Belgrad, die ersten derartigen Besuche seit der Unabhängigkeit Montenegros; würdigt diese Ereignisse als starkes Zeichen der Aussöhnung und eines größeren Maßes an Engagement und Offenheit auf beiden Seiten, das für die weitere regionale und europäische Integration nur Gutes bedeuten kann;
38. betont, dass die gutnachbarschaftlichen Beziehungen, die Montenegro mit den Staaten dieses Raums unterhält, eine Grundlage für erfolgreiche Verhandlungen mit der EU sind und dass es sich bei diesem Land an sich um ein Beispiel für Zusammenarbeit und Engagement für Frieden und Stabilität im Westbalkanraum handelt;
39. begrüßt die unlängst begonnenen Bemühungen der Regierung, Binnenvertriebene zu registrieren und ihren Status zu klären, und stellt fest, dass es sich dabei um eine schwierige Aufgabe handelt, auch was den Bürokratieabbau anbelangt; fordert die EU und andere Partner auf der Balkan-Halbinsel auf, die Regierung Montenegros bei der schnellstmöglichen Lösung dieses Problems zu unterstützen und dabei zu helfen, dass ein schmerzhaftes Kapitel in der Geschichte dieses Raums geschlossen wird;
40. begrüßt das Bekenntnis der Regierung Montenegros zum NATO-Beitritt, wenngleich es die großen Auffassungsunterschiede zwischen den Parlamentariern und in der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit zur Kenntnis nimmt; ist fest davon überzeugt, dass die Bemühungen Montenegros um die Mitgliedschaft in der NATO förderlich sein werden, was die angestrebte Mitgliedschaft in der EU und die Verbesserung der regionalen Zusammenarbeit und Sicherheit betrifft; würdigt insbesondere den Beitrag Montenegros zu Missionen der VN und im Rahmen der GSVP, beispielsweise in Afghanistan, Liberia und Mali, zumal die Verteidigungsressourcen des Landes beschränkt sind; begrüßt dieses klare Signal eines Bekenntnisses Montenegros zur Zusammenarbeit mit internationalen Partnern, um Frieden und Stabilität in der ganzen Welt zu fördern;
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41. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie der Regierung und dem Parlament von Montenegro zu übermitteln.