Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. Februar 2014 zu der Binnenmarkt-Governance innerhalb des Europäischen Semesters 2014 (2013/2194(INI))
Das Europäische Parlament,
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 13. November 2013 mit dem Titel „Jahreswachstumsbericht 2014“ (COM(2013)0800) und des Berichts der Kommission mit dem Titel „Ein Binnenmarkt für Wachstum und Beschäftigung: Eine Analyse der erzielten Fortschritte und der verbleibenden Hindernisse in den Mitgliedstaaten – Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2014“ (COM(2013)0785) und der diesem Bericht zugrunde liegenden Hintergrundanalyse mit dem Titel „Internationale Wertschöpfungsketten innerhalb und außerhalb der EU“;
– in Kenntnis des ersten Berichts der Kommission vom 28. November 2012 über das Thema „Stand der Binnenmarktintegration 2013 – Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013“ (COM(2012)0752),
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 3. Oktober 2012 mit dem Titel „Binnenmarktakte II – Gemeinsam für neues Wachstum“ (COM(2012)0573),
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 8. Juni 2012 mit dem Titel „Bessere Governance für den Binnenmarkt“ (COM(2012)0259),
– in Kenntnis des Arbeitsdokuments der Kommissionsdienststellen vom 24. Februar 2012 mit dem Titel „Die Leistung des Binnenmarkts steigern – Governance-Test 2011“ (SWD(2012)0025),
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 13. April 2011 zum Thema „Binnenmarktakte: Zwölf Hebel zur Förderung von Wachstum und Vertrauen – Gemeinsam für neues Wachstum“ (COM(2011)0206),
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 3. März 2010 mit dem Titel „‚Europa 2020 – Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (COM(2010)2020),
– in Kenntnis des am 4. Juli 2013 veröffentlichten Binnenmarktanzeigers,
– in Kenntnis des Binnenmarktanzeigers Nr. 26 (Februar 2013),
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 27. und 28. Juni 2013,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Wettbewerbsfähigkeit“ vom 29. und 30. Mai 2013 zum Thema „Intelligente Regulierung“,
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 14. und 15. März 2013,
– in Kenntnis der Beratungen des Rates „Wettbewerbsfähigkeit“ vom 18. und 19. Februar 2013 über den Jahreswachstumsbericht 2013 und die Binnenmarktakte,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Februar 2013 mit Empfehlungen an die Kommission zur Governance des Binnenmarktes(1) und die am 8. Mai 2013 vorgelegte Antwort der Kommission;
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 24. und 25. Oktober 2013,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Juni 2012 zur Binnenmarktakte und den nächsten Schritten für das Wachstum(2) und die am 26. September 2012 vorgelegte Antwort der Kommission,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. April 2011 zu Governance und Partnerschaft im Binnenmarkt(3),
– gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (A7-0066/2014),
A. in der Erwägung, dass der Jahreswachstumsbericht 2013 den dritten Zyklus des Europäischen Semesters eingeleitet hat, der erstmals einen Jahresbericht über den Stand der Integration des Binnenmarkts umfasst;
B. in der Erwägung, dass ein wirksamer und gut funktionierender Binnenmarkt, der auf einer in hohem Maße wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft beruht, für nachhaltiges und integratives Wachstum wesentlich ist;
C. in der Erwägung, dass das Parlament dazu aufgefordert hat, eine Säule des Binnenmarkts vollständig in den Zyklus des Europäischen Semesters einzubeziehen;
D. in der Erwägung, dass eine bessere Governance des Binnenmarkts darauf abzielen sollte, eine bessere und schnellere Umsetzung und Durchführung der auf diesen bezogenen Richtlinien und Verordnungen sicherzustellen, insbesondere wenn sie mit den genannten Schlüsselbereichen in Verbindung stehen;
E. in der Erwägung, dass die Qualität der nationalen Reformprogramme nach dem Europäischen Semester im Hinblick auf Substanz, Transparenz und Durchführbarkeit sehr unterschiedlich ausfällt;
F. in der Erwägung, dass der Binnenmarkt in engem Zusammenhang mit anderen Querschnittsaufgaben der Politik, etwa Verbraucher- und Arbeitnehmerschutz, soziale Rechte, Umwelt und nachhaltige Entwicklung zählen, gesehen werden sollte;
G. in der Erwägung, dass die Binnenmarktakte I und II eine gut ausgebaute horizontale Strategie darstellen, die zu konkreten legislativen und nichtlegislativen Maßnahmen geführt hat, durch die das ungenutzte Wachstumspotenzial des Binnenmarkts entfesselt und Hindernisse auf dem Weg zum Binnenmarkt beseitigt wurden;
H. in der Erwägung, dass die Kommission Dienstleistungen, Finanzdienstleistungen, Verkehr, Energie und den digitalen Markt als Schlüsselbereiche für die Verbesserung der Funktionsweise und die Vertiefung des Binnenmarkts bestimmt hat; in der Erwägung, dass die Methode, mit der diese Bereiche bestimmt werden, regelmäßig überprüft und überarbeitet werden sollte, wobei die Wachstumsziele und -aussichten sowie die Kriterien für den erforderlichen Schutz der Bürger, insbesondere der Verbraucher, Fachleute und Arbeitnehmer, berücksichtigt werden sollten;
I. in der Erwägung, dass in Europa noch kein voll funktionsfähiger „digitaler“ Binnenmarkt für Online-Dienste und Kommunikationsdienste geschaffen worden ist; unter Hinweis darauf, dass der freie Verkehr von digitalen Dienstleistungen und der elektronische Geschäftsverkehr über Grenzen hinweg gegenwärtig durch die bruchstückhaften Vorschriften auf der Ebene der Mitgliedstaaten behindert wird; in der Erwägung, dass europäische Unternehmen und öffentliche Dienste wirtschaftlichen und sozialen Nutzen aus dem Einsatz fortgeschrittener IKT-Dienstleistungen und -Anwendungen ziehen werden;
J. in der Erwägung, dass eine zugängliche und effiziente europäische Verkehrsinfrastruktur, eine ehrgeizige europäische Industriepolitik und die Schaffung eines Energiebinnenmarkts – die darauf abzielen, sowohl die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stützen als auch einen universellen Zugang zu bezahlbarer Energie für Haushalte und Verbraucher sicherzustellen – für den EU-Binnenmarkt entscheidend sind; in der Erwägung, dass es deshalb erforderlich ist, in diesen Bereichen prioritäre Maßnahmen zu bestimmen;
Europäisches Semester
1. fordert die Kommission erneut auf, die Governance für den Binnenmarkt zu stärken, indem ein jährlicher Governance-Zyklus für den Binnenmarkt als spezifische Säule des Europäischen Semesters etabliert wird, der den Binnenmarktanzeiger, einen Jahresbericht über die Integration des Binnenmarkts im Rahmen des Jahreswachstumsberichts, die Anleitung der Mitgliedstaaten durch den Europäischen Rat, nationale Aktionspläne zur Umsetzung der Binnenmarktleitlinien und länderspezifische Empfehlungen umfasst; fordert die Kommission ferner auf, den wichtigsten Wachstumsbereichen – d. h. der Dienstleistungsbranche, der Energiewirtschaft, dem Verkehrswesen und dem digitalen Binnenmarkt – und den in den Binnenmarktakten I und II enthaltenen Maßnahmen umfassend Rechnung zu tragen;
2. betont, dass es erforderlich ist, den Binnenmarkt als dritte Säule des Europäischen Semesters zu bestimmen, um klare Prioritäten im Verhältnis zur Realwirtschaft zu setzen; ist der Ansicht, dass die Definition und die Umsetzung dieser Prioritäten wesentlich sind, um Wachstum zu stimulieren und den derzeit bestehenden Abstand zur Verwirklichung der Ziele der Strategie Europa 2020 zu überbrücken, während gleichzeitig die wirtschaftliche Konvergenz zwischen den Mitgliedstaaten innerhalb und außerhalb des Euro-Währungsgebiets sowie zwischen den Kern- und den Randgebieten der EU sichergestellt wird;
3. verweist auf seine Ansicht, dass der erste Bericht über den Zustand der Binnenmarktintegration unzureichend und unvollständig gewesen ist; ist deshalb der Auffassung, dass zukünftige Berichte in Bezug auf aktuelle Defizite in bestimmten Mitgliedstaaten deutlicher sein sollten, im Hinblick auf mögliche Abhilfen und zu erwartende Vorteile eine konkretere Anleitung geben sollten und auf wirksame Hebel für mehr Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit und damit für die Schaffung von Arbeitsplätzen hinweisen sollten, die gemeinsam eine konkrete Antwort auf die derzeitige soziale und wirtschaftliche Krise darstellen würden;
4. begrüßt den Bericht der Kommission über den Stand der Integration des Binnenmarkts 2014 (COM(2013)0785) und unterstützt insbesondere die Bemühungen der Kommission, Binnenmarktbelange im Rahmen des Europäischen Semesters stärker zu berücksichtigen; würdigt die Tatsache, dass der Bericht über den Stand des Binnenmarktes im Jahre 2014 einige konkrete Hinweise darauf enthält, welche Maßnahmen von den einzelnen Mitgliedstaaten getroffen wurden; hält den Bericht jedoch in Bezug auf eine qualitative Bewertung der Frage, inwieweit die Maßnahmen, die getroffen wurden, überhaupt Wirkung gezeigt haben, ob sie Erfolg gehabt haben und welche konkreten Ergebnisse es gegeben hat, für unzureichend; fordert die Entwicklung eines Instruments zur Analyse der Binnenmarktintegration im Rahmen der Binnenmarkt-Säule des Europäischen Semesters im Zusammenhang mit den länderspezifischen Empfehlungen; ist der Ansicht, dass dieses Analyseinstrument eine weitere Ergänzung des Binnenmarktanzeigers darstellen könnte;
5. ist der Ansicht, dass mehr horizontale Abstimmung und Kohärenz bei der Vorbereitung von Legislativvorschlägen mit Bedeutung für den Binnenmarkt erforderlich ist; ist der Ansicht, dass die Governance für den Binnenmarkt die Bedürfnisse aller Interessenträger angemessen berücksichtigen sollte und dass eine stärkere und frühere Beteiligung von Sozialpartnern, Zivilgesellschaft und anderen Interessenträgern an der Gestaltung, Annahme, Umsetzung und Überwachung der Maßnahmen erforderlich ist, um das Wachstum zu fördern und die Rechte der Bürger im Binnenmarkt durchzusetzen;
6. untersucht die Notwendigkeit der Durchführung umfassender Konsultationen und gründlicher Folgenabschätzungen, bevor die Kommission einen Vorschlag annimmt; legt Nachdruck darauf, dass die Vorschläge der Kommission mit den Grundsätzen der intelligenten Rechtsetzung und der regulatorischen Eignung im Einklang stehen, eine Abschätzung der Folgen für KMU enthalten und die Zustimmung des Ausschusses der Kommission für Folgenabschätzung finden müssen; hebt ferner hervor, dass in Folgenabschätzungen beurteilt werden muss, wie sich neue Rechtsvorschriften auf die Wachstumsaussichten und auf die Wettbewerbsfähigkeit Europas auswirken;
7. ist der Auffassung, dass das Europäische Semester unter Erweiterung der Befugnisse des Europäischen Parlaments in einem tieferen demokratischen Prozess mit größerer Beteiligung der nationalen Parlamente verankert werden sollte;
8. vertritt die Ansicht, dass bei diesem Prozess abgegebene länderspezifische Empfehlungen den von jedem Mitgliedstaat gemachten Fortschritt berücksichtigen sollten und dass die nationalen Vorkehrungen für die Umsetzung der Rechtsvorschriften über den Binnenmarkt nicht notwendigerweise einem für alle gleichen „Universalkonzept“ folgen müssen, sondern stattdessen die Wirkung der getroffenen Maßnahmen noch vertiefen und bewirken sollten, dass die tatsächlichen Ergebnisse der Politik verbessert werden;
9. spricht sich dafür aus, in den kommenden länderspezifischen Empfehlungen im Zyklus des Europäischen Semesters 2014 die Ergebnisse des Berichts über den Stand der Integration des Binnenmarkts durchgehender und konsequenter zu nutzen als in den länderspezifischen Empfehlungen für 2013;
10. ist der Auffassung, dass die dritte Säule des Europäischen Semesters, die der Integration des Binnenmarkts gewidmet ist, darauf abzielen sollte, prioritäre Politikbereiche und Maßnahmen zur Stimulierung und Wiederbelebung der Realwirtschaft zu bestimmen; vertritt die Ansicht, dass dieses Ziel nur dann wirksam erreicht werden kann, wenn es alle EU-Institutionen konsequent teilen und unterstützen; befürwortet aus diesem Grund eine gebündelte Organisation der Arbeit des Rates (Wettbewerbsfähigkeit), sodass sie ausdrücklich dem Anliegen verpflichtet ist, in das Europäische Semester die Prioritäten einzubringen, die von Bedeutung für die Realwirtschaft sind;
Schlüsselbereiche
11. vertritt die Ansicht, dass die von der Kommission ermittelten Schlüsselbereiche – Dienstleistungen, Finanzdienstleistungen, Verkehr, Energie und digitaler Markt – für die vollständige Integration des Binnenmarkts weiterhin entscheidend sind; ist außerdem der Auffassung, dass die Wiederaufnahme einer durchdachten und integrierten Industriepolitikmit Schwerpunkt auf diesen Wirtschaftszweigen mit Bemühungen um die Stärkung der Bürgerrechte – einschließlich der Verbraucher- und Arbeitnehmerrechte –, einem auf Wissen und Innovation gründenden Wettbewerbsmodell, das auf Anreizen der EU für Investitionen und Zugang zu Finanzmitteln beruht, mit Forschung und Entwicklung sowie der Förderung der Hochschulbildung einhergehen sollte, damit erneut Wachstum generiert werden kann;
12. fordert die Kommission nachdrücklich auf, eine wirkliche europäische Industriepolitik zu entwickeln; ist der Ansicht, dass die Reindustrialisierung eine sektorübergreifende Priorität für die Union sein sollte; ist der Auffassung, dass diese neue Industriepolitik die Durchsetzung der Binnenmarktregeln sowie eine ganzheitliche Strategie für die externe Dimension des Binnenmarkts mit besonderem Gewicht auf einer durchdachten Verbraucherschutzpolitik und einem besseren Zugang zu Kapital und Infrastruktur umfassen sollte, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu steigern und sie in die Lage zu versetzen, Zugang zu globalen Märkten zu erhalten;
13. betont, dass den Unternehmen durch die Beseitigung der Hindernisse für den freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr die Möglichkeit gegeben wird, ihren Tätigkeitsbereich auszudehnen und ihre Kapazitäten in den Bereichen Innovation, Investition, Steigerung der Produktivität und Schaffung von Arbeitsplätzen zu erweitern;
14. fordert die Kommission auf, einen detaillierten Aktionsplan für Maßnahmen im Hinblick auf die Verwirklichung eines umfassend integrierten und verknüpften Energiebinnenmarkts vorzulegen; betont, dass den Verbrauchern transparente und vergleichbare Energiepreise angeboten werden müssen und dabei gleichzeitig sichergestellt sein muss, dass Verbraucher und insbesondere schutzbedürftige Verbraucher geschützt werden; betont die Notwendigkeit beträchtlicher Investitionen in die Energieinfrastruktur und ist der Ansicht, dass den Fortschritten, die im Bereich Energie erzielt wurden, entsprechende Fortschritte in allen Bereichen der Versorgungwirtschaft folgen sollten;
15. hebt hervor, dass die Verbesserung der Infrastruktur – insbesondere grenzüberschreitender Verbindungen und der Interoperabilität – für das effiziente Funktionieren des Binnenmarkts wesentlich ist; vertritt die Ansicht, dass ein einziges, vernetztes und effizientes europäisches Verkehrssystem für den freien Personen-, Waren- und Dienstleistungsverkehr im Binnenmarkt von entscheidender Bedeutung ist; ist der Auffassung, dass weitere Investitionen wesentlich sind, um diese Ziele zu erreichen, und bekräftigt, dass eine breite Palette von Finanzierungsinstrumenten für diese Vorhaben eingeführt werden sollte;
16. betont, dass mit einer konsistenten Umsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften und weiterer Vorschläge der Kommission zu digitalen Diensten dazu beigetragen werden kann, dass Europa den Binnenmarkt in vollem Umfang nutzt; fordert eine wirksame Strategie für einen digitalen Binnenmarkt, damit Onlinedienste in Europa wettbewerbsfähiger, grenzüberschreitend wirksamer und transparenter werden, und für ein hohes Maß an Zugänglichkeit und Verbraucherschutz gesorgt wird; verweist auf die Bedeutung gezielter Investitionen und stellt fest, dass die Arbeiten am Vorschlag zur Verwirklichung des vernetzten Kontinents den Wettbewerb im Telekommunikationssektor fördern und dadurch zu einer Verringerung der Preisunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten beitragen werden;
17. fordert eine ehrgeizige Umsetzung der Verbraucheragenda, einschließlich legislativer und programmatischer Maßnahmen mit dem Ziel, den Verbraucherschutz und das Vertrauen in den Binnenmarkt zu stärken, die Stellung der Verbraucher zu verbessern, den Durchschnittsverbraucher zu verantwortlichem Verhalten zu ermutigen und den Schutz schwacher Verbraucher zu verbessern;
18. ist der Ansicht, dass ein leichterer Zugang von KMU zu Finanzierungen dazu beitragen würde, die Liquiditätsprobleme zu lösen und das Betriebskapital von KMU zu erhöhen; begrüßt die Tatsache, dass alternative Finanzierungsmöglichkeiten für KMU unter den Prioritäten, die von der Kommission im Jahreswachstumsbericht 2014 und im Bericht über den Stand der Integration des Binnenmarkts genannt werden, einen wichtigen Platz einnehmen; unterstützt nachdrücklich das Ziel, für KMU besondere Anleihen und eine eigene Börse zu entwickeln, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um dieses Ziel zu verwirklichen; unterstützt ferner Initiativen auf EU-Ebene zur Ergänzung nationaler Bemühungen zur vermehrten Bereitstellung von Kleinstkrediten und zur Förderung sozialen Unternehmertums, wie etwa die Unterstützung von Entwicklungsbanken, die zinsgünstigere Darlehen vergeben als Geschäftsbanken; hält es für geboten, KMU über das Programm für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und für KMU (COSME) und das Programm Horizont 2020 ganz besonders zu fördern;
19. verweist auf die Relevanz der Hemmnisse für einen funktionierenden Binnenmarkt durch die Fragmentierung des Marktes für Finanzdienstleistungen für Privatkunden, worauf die Kommission im Bericht über den Stand der Integration des Binnenmarkts hingewiesen hat, insbesondere im Zusammenhang mit sehr unterschiedlichen Zinssätzen bei Bankkrediten, die erhebliche Auswirkungen auf Verbraucher, Haushalte und KMU haben; vertritt die Auffassung, dass dieses Unterschiede einen effektiven Finanzierungszugang verhindern und die Realwirtschaft beeinträchtigen; ist besorgt angesichts des negativen Eindrucks, den die Verbraucher hinsichtlich der Fragmentierung und der Defizite der Finanzdienstleistungen für Privatkunden haben, insbesondere in Bezug auf Bankkonten, Hypotheken, private Altersvorsorge und Wertpapiere;
20. ist der Auffassung, dass die Regulierung von Finanzdienstleistungen für bessere Informationen, erhöhten Schutz und wirksame Entschädigung für die Kunden sorgen sollte; betont, dass die Arbeit an Legislativvorschlägen zum Markt für Finanzdienstleistungen für Verbraucher und Privatkunden, insbesondere über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontogebühren, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen, rasch und erfolgreich abgeschlossen werden muss; vertritt die Ansicht, dass weitere Vorschläge, wie eine spezifische Verbraucherinsolvenzordnung, vorgelegt werden sollten, die über den bruchstückhaften und unzureichenden Ansatz hinausgehen, um sichere Investitionen von privaten Ersparnissen in die Realwirtschaft zu fördern;
21. bedauert, dass die Freizügigkeit von Bürgern und insbesondere von Arbeitnehmern und Angehörigen der freien Berufe in ganz Europa noch immer nicht vollständig gewährleistet ist, obwohl stichhaltige Beweise dafür vorliegen, dass der Binnenmarkt eine wichtige Rolle für die Bewältigung der Krise spielt, und hält stärkere Maßnahmen für erforderlich, um die verbleibenden Hindernisse zu beseitigen und für Wachstumsimpulse zu sorgen und gleichzeitig die Rechte der Bürger und Arbeitnehmer zu gewährleisten; hebt die Notwendigkeit einer ausgewogenen Entwicklung des Binnenmarkts hervor, die sich auf eine uneingeschränkte Wahrnehmung der wirtschaftlichen Freiheiten im Einklang mit der sozialen Marktwirtschaft stützt;
22. erinnert daran, dass das zyklische Verfahren bei der Vorlage von Binnenmarktakten Möglichkeiten dafür bietet, auf regelmäßiger Grundlage die Prioritäten für die Entwicklung des Binnenmarkts zu bestimmen und zu erörtern; ist der Ansicht, dass dieses Verfahren verbessert und weiterentwickelt werden sollte;
23. begrüßt das Paket von Legislativvorschlägen für eine Verordnung über die Sicherheit von Verbraucherprodukten und die Marktüberwachung sowie über die Offenlegung nichtfinanzieller und Diversitätsinformationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen; vertritt die Auffassung, dass diese Initiativen die Rechte der Verbraucher verbessern, Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher besser gewährleisten, den Handel mit Gütern und Dienstleistungen fördern und zu einem neuen Modell der Wettbewerbsfähigkeit ermuntern können; fordert die Kommission daher dazu auf, eng mit dem Parlament und dem Rat zusammenzuarbeiten, um in angemessener Zeit zu einem Abschluss zu kommen;
24. betont die Bedeutung der politischen Vereinbarungen, die über die Reformen der Richtlinie über die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen, das Paket zum öffentlichen Beschaffungswesen und Konzessionen und die Richtlinie über alternative Streitbeilegung und die Verordnung über Online-Streitbeilegung erreicht worden sind; fordert daher die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, diese neuen Rechtsvorschriften zügig und umfassend umzusetzen;
25. unterstreicht die Notwendigkeit, die Vorschriften über die öffentliche Vergabe und Konzessionen ordnungsgemäß umzusetzen; hebt hervor, dass das öffentliche Beschaffungswesen insbesondere für KMU ein wesentlicher Wachstumsmotor ist; ist der Auffassung, dass die Umsetzung dieser Reform eine wichtige Gelegenheit darstellt, die öffentliche Verwaltung zu modernisieren und das strategische Potenzial des öffentlichen Beschaffungswesens auszuschöpfen, vor allem im Hinblick auf Innovationen und Nachhaltigkeit sowie im Hinblick auf eine Verbesserung der Qualität und der Wirksamkeit der öffentlichen Ausgaben unter Berücksichtigung der spezifischen Erfordernisse der Verwaltungen auf lokaler und nationaler Ebene; ist der Ansicht, dass es sich dabei um Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Umsetzung der Vorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen und Konzessionen handelt;
26. hält die neuen Vorschriften über die beruflichen Befähigungsnachweise (die im November 2013 angenommen wurden und mit denen die Richtlinie 2005/36/EG geändert wurde) für einen wichtigen Schritt zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und zur Stärkung der Freizügigkeit von Arbeitnehmern und Freiberuflern, da sie auf ein hohes gemeinsames Niveau bei der Berufsausbildung abzielen und die Verwendung des Europäischen Berufsausweises voranbringen; betont, dass die uneingeschränkte und ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (und der Dienstleistungsrichtlinie) das Wirtschaftswachstum in der EU entscheidend voranbringen wird; ist gleichzeitig davon überzeugt, dass die regulierten Berufe reformiert werden müssen, damit Jugendliche besseren Zugang zu diesen Berufen bekommen und ein dynamischerer Markt geschaffen wird, der den Verbrauchern angemessene Garantien bietet;
Governance-Instrumente
27. verweist auf die Antwort der Kommission auf die Entschließung des Parlaments vom 7. Februar 2013 in Bezug auf die rechtliche Grundlage für den geforderten Legislativvorschlag, der die in der Entschließung aufgeführten Elemente enthalten würde; ist der Auffassung, dass der Inhalt dort formulierter spezifischer Empfehlungen immer noch wertvolle Ideen für eine verbesserte Governance des Binnenmarkts enthält;
28. nimmt Kenntnis von der angepassten Struktur der zweiten Ausgabe des Berichts über den Stand der Integration des Binnenmarkts (COM(2013)0785)); begrüßt, dass die Kommission dabei auch auf die vom Parlaments in seiner Entschließung vom 7. Februar 2013 erhobenen Forderungen eingegangen ist; weist darauf hin, dass zahlreiche Maßnahmen, die in dieser Entschließung erläutert werden, bereits zu einer verbesserten Um- und Durchsetzung des EU-Rechts geführt haben, einschließlich zu einer verstärkten Nutzung des Projekts „EU-Pilot“;
29. begrüßt den Online-Binnenmarktanzeiger und insbesondere seine visuelle und informative Art der Darstellung der Leistung von Mitgliedstaaten im Hinblick auf EU-Rechtsvorschrift, die für das Funktionieren des Binnenmarkts relevant ist; vertritt die Ansicht, dass der Online-Binnenmarktanzeiger in allen Sprachen der Union verfügbar sein sollte, um bei allen europäischen Bürgern das Verständnis des Binnenmarkts und ihrer potenziell aktiven Rollen darin zu fördern;
30. vertritt die Ansicht, dass Anstrengungen unternommen werden sollten, um die Umsetzung und die einheitliche Anwendung des Rechts der Union in den Mitgliedstaaten transparenter zu machen; stellt fest, dass die Umsetzungsfristen im Durchschnitt um neun Monate überschritten werden und dass es immer mehr Richtlinien gibt, deren Umsetzung seit zwei Jahren oder noch länger überfällig ist; ist der Auffassung, dass jede Richtlinie konsequent umgesetzt werden sollte und dass alle Umsetzungsmaßnahmen angenommen werden sollten, um die auf Unionsebene erreichten Kompromisse wiederzugeben;
31. vertritt allerdings die Ansicht, dass rein quantitative Statistiken über die Umsetzung der Binnenmarktvorschriften nicht ausreichend sind und dass es erforderlich ist, sich – gestützt auf Schlüsselindikatoren, die auf europäischer Ebene gezielt für die einzelnen Branchen des Binnenmarktes entwickelt wurden – auf die Qualität zu konzentrieren, mit der die Umsetzung der Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten erfolgt;
32. begrüßt den Bericht „Internationale Wertschöpfungsketten innerhalb und außerhalb der EU“ als ein positives Beispiel für den Einsatz bestimmter Indikatoren zur Bewertung der Binnenmarktintegration unter besonderer Berücksichtigung der Verbreitung von Produktionssystemen in der EU; ist der Ansicht, dass durch die Entwicklung grenzüberschreitender Lieferketten seit langem bestehende Hindernisse bei der Vollendung des Binnenmarktes weiter abgebaut werden können, wenn sie mit weiteren Initiativen unterstützt werden, zumal europäische Unternehmen dadurch produktiver und auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähiger werden;
33. begrüßt das verbesserte Niveau des durchschnittlichen Umsetzungsdefizits, das jetzt auf 0,6 % gesunken ist; betont, dass sich in einem wichtigen Politikbereich selbst ein sehr kleines Defizit äußerst nachteilig auf die Chancen der Verbraucher und der Unternehmen und damit auf die europäische Wirtschaft in ihrer Gesamtheit auswirken kann;
34. beklagt die durchschnittliche Dauer von Vertragsverletzungsverfahren und bedauert insbesondere, dass Verfahren zu Dienstleistungen am längsten dauern, nämlich durchschnittlich 49,8 Monate; ist der Ansicht, dass bei Vertragsverletzungsverfahren zahlreiche Beschränkungen zutage treten, was die Frage betrifft, wie schnell Mängel bei der Umsetzung und Anwendung von Binnenmarktbestimmungen geklärt und behoben werden können; fordert die Mitgliedstaaten auf, wirksamer mit der Kommission zusammenzuarbeiten, um Verfahren schneller zu beenden, und fordert die Kommission auf, mit einzelstaatlichen Maßnahmen, die dem Binnenmarkt abträglich sind, weiterhin gründlich aufzuräumen;
35. ist der Auffassung, dass Vertragsverletzungsverfahren als letzter Ausweg angesehen werden sollten, der erst einzuschlagen ist, wenn Versuche zur Koordinierung und Behebung der Lage gescheitert sind, und dass die Kommission daher dazu anregen sollte, „EU-Pilot“ oder andere Verfahren zu nutzen, bevor ein Mitgliedstaat vor den Gerichtshof gebracht wird; dringt ferner darauf, dass alles unternommen werden wird, um Vertragsverletzungsverfahren bei Verstößen gegen EU-Binnenmarktbestimmungen effektiver anzuwenden, und dass die Mitgliedstaaten und der Europäische Rat die Weiterentwicklung der Vertragsverletzungsverfahren im Rahmen zukünftiger Überprüfungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union fortsetzen;
36. unterstützt die Maßnahmen der Kommission zur Verbesserung der Zusammenarbeit der nationalen Behörden im Hinblick auf das Funktionieren des Binnenmarkts; teilt die Auffassung, dass ein ständiger IT-Mechanismus, der den Austausch relevanter Informationen erleichtert, die Lage wesentlich verbessern könnte, da Sitzungen von Gruppen nationaler Experten, die ein paar Mal im Jahr stattfindenden, kaum der richtige Weg sind, um mit einer derart vorrangigen Angelegenheit umzugehen;
37. bekräftigt die Bedeutung des einwandfreien Funktionierens des Binnenmarktinformationssystems, dem kürzlich eine angemessene Rechtsgrundlage gegeben wurde und das derzeit um neue Politikbereiche und Sektoren erweitert wird; fordert die Kommission auf, das Parlament über den Betrieb des maschinellen Übersetzungswerksystems zu informieren, das eingeführt wurde, um die Kommunikation zwischen nationalen, regionalen und lokalen Behörden zu erleichtern;
38. fordert die Mitgliedstaaten auf, die im Rahmen der digitalen Agenda vorgesehenen Maßnahmen ohne Abstriche umzusetzen und die Bemühungen um die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung – nicht zuletzt durch die zügige Umsetzung von Maßnahmen in Verbindung mit elektronischer Verwaltung, elektronischen Gesundheitsdiensten, elektronischer Rechnungstellung und elektronischem Beschaffungswesen – im Hinblick darauf zu verstärken, mehr und bessere digitale Dienste für die Bürger und Unternehmen in Europa bereitzustellen, die Kosten zu senken und die Effizienz des öffentlichen Sektors zu verstärken;
39. stellt fest, dass das Problemlösungsnetz SOLVIT nach wie vor kaum in Anspruch genommen wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass angemessene Ressourcen für das SOLVIT-Netz und die einheitlichen Ansprechpartner zur Verfügung gestellt werden, wie es nach der Dienstleistungsrichtlinie erforderlich ist; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten gleichermaßen dazu auf, weitere Schritte zu unternehmen, um Informationen über die Verfügbarkeit dieser Instrumente unter Unternehmen und Unternehmern zu verbreiten; vertritt ferner die Auffassung, dass die Mitgliedstaaten einen intensiveren und umfassenderen Austausch bewährter Verfahren einleiten sollten;
40. verweist auf die ständige Zunahme der Nutzung der Portale „Ihr Europa“ und „Ihr Europa ‒ Beratung“, die dazu führen sollte, dass für jeden, der sich in der Europäischen Union bewegt, die erforderlichen Informationen bereitgestellt werden;
41. begrüßt, dass während des Monats des Binnenmarkts vom 23. September bis zum 23. Oktober Bürger aus ganz Europa, politische Entscheidungsträger, Sachverständige und führende Persönlichkeiten der EU zu Diskussionen im Internet und bei den entsprechenden Veranstaltungen auf nationaler Ebene zusammenkamen, um die bisherigen Fortschritte, die noch verbleibenden Aufgaben und Ideen zur Zukunft des Binnenmarkts zu erörtern, und fordert die Kommission auf, den Bedenken und Anregungen der Teilnehmer in gebührender Form Rechnung zu tragen; fordert die Kommission auf, Form und Wirksamkeit der Veranstaltung von 2013 zu bewerten, was etwa die Frage betrifft, inwieweit Bürger, Unternehmen und Verbraucher damit erreicht werden, und ihnen eine wirkliche Chance zur Mitgestaltung des Binnenmarkts zu bieten;
o o o
42. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission und dem Rat und dem Europäischen Rat sowie den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.