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Donnerstag, 6. Februar 2014 - Straßburg
Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Bankenabwicklungsfonds***I
 Ursprungsland oder Herkunftsort von frischem, gekühltem oder gefrorenem Fleisch von Schweinen, Schafen, Ziegen und Geflügel
 Keine Einwände gegen eine Durchführungsmaßnahme: Ausstellung von Treibhausgasemissionszertifikaten für den Zeitraum 2013–2020
 Lage in der Ukraine
 Lage in Syrien
 Lage in Ägypten
 Gipfeltreffen EU-Russland
 Fortschrittsbericht 2013 über Bosnien und Herzegowina
 Fortschrittsbericht 2013 über die Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien
 Fortschrittsbericht 2013 über Montenegro
 Abschaffung der Genitalverstümmelungen bei Frauen und Mädchen
 NAIADES II – Aktionsprogramm zur Förderung der Binnenschifffahrt
 Lage in Thailand
 Das Recht auf Bildung in der transnistrischen Region
 Bahrein, insbesondere die Fälle Nabil Radschab, Abdulhadi al-Khawaja und Ibrahim Scharif

Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Bankenabwicklungsfonds***I
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Text
Konsolidierter Text
Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Bankenabwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (COM(2013)0520 – C7-0223/2013 – 2013/0253(COD))(1)
(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)
P7_TA(2014)0095A7-0478/2013

Abänderung 1
ABÄNDERUNGEN DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS(2)
zu dem Vorschlag der Kommission
---------------------------------------------------------
VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Bankenabwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank(3),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(4),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(5),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)  Ein stärker integrierter Binnenmarkt für Bankdienstleistungen ist zur Förderung der wirtschaftlichen Erholung in der Union von entscheidender Bedeutung. Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise hat jedoch gezeigt, dass die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts in diesem Bereich bedroht ist und das Risiko einer finanziellen Fragmentierung wächst. Die Liquidität an den Interbankenmärkten hat abgenommen, und staatenübergreifende Banktätigkeiten werden aus Furcht vor Ansteckung sowie aufgrund des mangelnden Vertrauens in die Bankensysteme anderer Länder und die Fähigkeit der Mitgliedstaaten, die Banken zu stützen, reduziert. Dies gibt in einem Binnenmarkt, in dem Bankinstitute einen europäischen Pass nutzen und die meisten von ihnen daher in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind, Anlass zu erheblicher Sorge.

(2)  Die zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden Unterschiede bei den nationalen Abwicklungsvorschriften und den entsprechenden Verwaltungsverfahren sowie die Tatsache, dass es auf Unionsebene kein einheitliches Verfahren für Beschlüsse über die Abwicklung staatenübergreifender Banken gibt, tragen zum Vertrauensmangel und zur Instabilität des Marktes bei, da hinsichtlich des möglichen Ausgangs eines Bankenausfalls weder Sicherheit noch Vorhersagbarkeit gewährleistet sind. Abwicklungsbeschlüsse, die nur auf nationaler Ebene und innerhalb nicht harmonisierter Rechtsrahmen getroffen werden, können nur zu Wettbewerbsverzerrungen führen und letztlich den Binnenmarkt schwächen.

(3)  Insbesondere die unterschiedliche Behandlung von Bankengläubigern und die unterschiedliche Vorgehensweise der Mitgliedstaaten bei der Abwicklung und Sanierung ausfallender Banken wirken sich auf die Einschätzung des Kreditrisikos, der finanziellen Solidität und der Solvenz ihrer Banken aus. Dies schwächt das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Bankensektor und behindert die Wahrnehmung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs im Binnenmarkt, denn die Finanzierungskosten wären geringer, wenn zwischen den Vorgehensweisen der einzelnen Mitgliedstaaten nicht derartige Unterschiede bestünden.

(4)  Die zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden Unterschiede bei den nationalen Abwicklungsvorschriften und den entsprechenden Verwaltungsverfahren können dazu führen, dass Banken und Kunden, unabhängig von ihrer tatsächlichen Kreditwürdigkeit, allein aufgrund des Ortes ihrer Niederlassung höhere Kreditkosten entstehen. Zudem sehen sich die Bankkunden in einigen Mitgliedstaaten unabhängig von ihrer Kreditwürdigkeit höheren Kreditzinsen gegenüber als Bankkunden in anderen Mitgliedstaaten.

(4a)  Die Unfähigkeit bestimmter Mitgliedstaaten, ordnungsgemäß funktionierende Institutionen im Bereich der Bankenabwicklung zu betreiben, hat die Schäden der Bankenkrise in den letzten Jahren vergrößert.

(4b)  Für nationale Behörden bestehen möglicherweise Anreize zur Rettung von Banken mit öffentlichen Finanzmitteln, bevor ein Abwicklungsprozess eingeleitet wird, und deshalb wird die Schaffung eines einheitlichen europäischen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism – SRM) eine Grundvoraussetzung für die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen und eines neutraleren Ansatzes zu der Entscheidung sein, ob eine Bank abgewickelt werden soll.

(5)  Solange Abwicklungsvorschriften, praktische Vorgehensweisen und Ansätze zur Lastenteilung in nationaler Hand bleiben und die zur Finanzierung einer Abwicklung erforderlichen Mittel auf nationaler Ebene aufgenommen und verausgabt werden, wird die Fragmentierung des Binnenmarkts fortbestehen. Darüber hinaus haben die nationalen Aufsichtsbehörden ein großes Interesse daran, die potenziellen Auswirkungen von Bankenkrisen auf die Volkswirtschaften ihrer Länder so gering wie möglich zu halten und zu diesem Zweck einseitige Maßnahmen zur Absicherung von Bankgeschäften zu treffen, indem sie beispielsweise gruppeninterne Übertragungen und Ausleihungen beschränken oder für die in ihrem Hoheitsgebiet niedergelassenen Tochterunternehmen potenziell ausfallender Mutterunternehmen höhere Liquiditäts- oder Eigenkapitalanforderungen festlegen. Nationale Probleme und strittige Probleme zwischen Herkunfts- und Aufnahmemitgliedstaat sind der Effizienz staatenüberschreitender Abwicklungsverfahren abträglich. Dies schränkt die staatenübergreifenden Tätigkeiten der Banken ein, behindert die Wahrnehmung der Grundfreiheiten und verzerrt den Wettbewerb im Binnenmarkt.

(6)  Die Richtlinie [ ] des Europäischen Parlaments und des Rates(6)ist ein entscheidender Schritt in Richtung der Harmonisierung nationaler Vorschriften zur Bankenabwicklung, und sie sieht bei Ausfall staatenübergreifend tätiger Banken eine Zusammenarbeit zwischen den Abwicklungsbehörden vor. Allerdings wird mit der Richtlinie [ ] keine uneingeschränkte Harmonisierung erzielt und der Entscheidungsprozess nicht zentralisiert. Im Wesentlichen sieht die Richtlinie [ ] für die nationalen Behörden der Mitgliedstaaten dieselben Abwicklungsinstrumente und ‑befugnisse vor, lässt den Behörden bei der Anwendung der Instrumente und der Nutzung der nationalen Regelungen für die Finanzierung der Abwicklungsverfahren jedoch einen gewissen Ermessensspielraum. Auch wenn durch die Richtlinie [ ] Regulierungs- und Vermittlungsaufgaben auf die mit der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(7) geschaffene Europäische Aufsichtsbehörde (Europäischen Bankenaufsichtsbehörde) übertragen wurden, verhindert sie nicht vollständig, dass die Mitgliedstaaten hinsichtlich der Abwicklung staatenübergreifend tätiger Gruppen getrennte und potenziell inkohärente Entscheidungen treffen, die sich auf die Abwicklungskosten insgesamt auswirken können. Da sie zudem nationale Finanzierungsmechanismen vorsieht, schränkt sie die Abhängigkeit der Banken von der Unterstützung aus nationalen Haushaltsmitteln nicht genügend ein und schließt nicht völlig aus, dass die Mitgliedstaaten unterschiedliche Ansätze für die Inanspruchnahme der Finanzierungsmechanismen verfolgen.

(7)  Für die Vollendung des Binnenmarkts für Finanzdienstleistungen ist es von grundlegender Bedeutung, in der Union für wirksame einheitliche Beschlüsse über die Abwicklung ausfallender Banken und die Verwendung der auf Unionsebene aufgebrachten Mittel zu sorgen. Im Binnenmarkt kann der Ausfall von Banken in einem Mitgliedstaat die Stabilität der Finanzmärkte in der gesamten Union beeinträchtigen. Es liegt nicht nur im Interesse der Mitgliedstaaten, in denen Banken tätig sind, sondern ganz allgemein im Interesse aller Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass in allen Mitgliedstaaten wirksame und einheitliche Abwicklungsvorschriften und gleiche Bedingungen für die Finanzierung von Abwicklungen bestehen, da dies den Wettbewerb erhält und die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts verbessert. Die Bankensysteme im Binnenmarkt sind eng miteinander verflochten, die Bankengruppen sind international aufgestellt und Banken besitzen einen prozentual hohen Anteil an Auslandsvermögen. Ohne einen einheitlichen Abwicklungsmechanismus würden sich Bankkrisen in Mitgliedstaaten, die am einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM) teilnehmen, auch in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten stärker auf das Bankensystem auswirken. Mit dem SRM soll die Stabilität der Banken der teilnehmenden Mitgliedstaaten gestärkt und zudem verhindert werden, dass Krisen auf nicht teilnehmende Mitgliedstaaten übergreifen, wodurch die Funktionsfähigkeit des gesamten Binnenmarkts gefördert wird. Die Mechanismen für die Zusammenarbeit im Hinblick auf Institute, die sowohl in teilnehmenden als auch in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassen sind, sollten klar sein, und es ist wichtig, dass nicht teilnehmende Mitgliedstaaten nicht diskriminiert werden.

(7a)  Damit das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit im Bankensektor wiederhergestellt werden, wird die Europäische Zentralbank (EZB) eine umfassende Bewertung der Bilanzen aller unmittelbar beaufsichtigten Banken vornehmen. Für die Banken in den teilnehmenden Mitgliedstaaten, die nicht der unmittelbaren Aufsicht durch die EZB unterstehen, sollten die zuständigen Behörden in Zusammenarbeit mit der EZB eine gleichwertige Bilanzbewertung durchführen, die der Größe und dem Geschäftsmodell der Bank angemessen ist. Dies würde zur Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit beitragen und gleichzeitig auch sicherstellen, dass sich alle Banken einer Überprüfung unterziehen müssen.

(7b)  Um im gesamten Binnenmarkt gleiche Wettbewerbsbedingungen sicherzustellen, sollten für jeden Rechtsrahmen zur Sanierung und Abwicklung von Banken innerhalb der Union die Richtlinie für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten [Bank Recovery and Resolution Directive – BRRD] und etwaige aufgrund dieser Richtlinie erlassene delegierte Rechtsakte gelten. Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dieser Verordnung sollten die Kommission und der Ausschuss im Einklang mit den Anforderungen dieser Richtlinie und diesen delegierten Rechtsakten handeln. Durch diese Richtlinie sollten die Sanierungs- und Abwicklungsplanung, das frühzeitige Eingreifen, die Bedingungen und die Grundsätze für die Abwicklung sowie der Einsatz von Abwicklungsinstrumenten durch den SRM geregelt werden. Hauptziel der vorliegenden Verordnung ist es, diejenigen Aspekte abzudecken, die notwendig sind um sicherzustellen, dass der SRM diese Richtlinie umsetzt und dass ihm angemessene Finanzmittel zur Verfügung stehen. Die Kommission und der Ausschuss sollten auch allen sonstigen einschlägigen Rechtsvorschriften der Union unterliegen, einschließlich verbindlicher Regulierungs- und technischer Durchführungsstandards, die durch die EBA ausgearbeitet und durch die Kommission gemäß den Artikeln 10 bis 15 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 angenommen wurden. Für den Ausschuss sollten die Leitlinien und Empfehlungen gelten, die von der EBA im Hinblick auf die Richtlinie [BRRD] gemäß Artikel 16 der genannten Verordnung angenommen wurden, sowie gegebenenfalls Beschlüsse der EBA im Laufe eines verbindlichen Schlichtungsverfahrens gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung (EU) 1093/2010.

(8)  Mit der Schaffung des SSM durch die Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates(8), bei dem die Banken in den teilnehmenden Mitgliedstaaten zentral von der EZB beaufsichtigt werden, entsteht Inkongruenz zwischen der Beaufsichtigung dieser Banken auf der Ebene der Union und ihrer Behandlung auf nationaler Ebene beim Abwicklungsverfahren nach der Richtlinie [BRRD].

(8a)  In der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 ist die Möglichkeit vorgesehen, dass ein freiwillig teilnehmender, nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörender Mitgliedstaat seine enge Zusammenarbeit mit dem SSM beendet. Daher kann sich eine Situation ergeben, in der sich ein Mitgliedstaat zum Austritt aus dem SSM entscheidet, sich in seinem Hoheitsgebiet jedoch ein Institut befindet, das eine Abwicklungsfinanzierung aus dem SRM-Fonds erhält. Bei einer Überarbeitung dieser Verordnung können die Bestimmungen zur Regelung einer derartigen Situation festgelegt werden.

(9)  Während für Banken in Mitgliedstaaten, die nicht am SSM teilnehmen, auf nationaler Ebene aufeinander abgestimmte Aufsichts-, Abwicklungs- und Letztsicherungsmechanismen gelten, unterliegen Banken in Mitgliedstaaten, die sich am SSM beteiligen, in Bezug auf die Aufsicht einer Regelung auf Unionsebene und in Bezug auf Abwicklung und Letztsicherung nationalen Regelungen. Damit würde den Banken in Mitgliedstaaten, die am SSM teilnehmen, gegenüber denen in anderen Mitgliedstaaten ein Wettbewerbsnachteil entstehen. Da Aufsicht und Abwicklung auf zwei verschiedenen Ebenen innerhalb des SSM stattfinden, würden Intervention und Abwicklung bei Banken in den am SSM teilnehmenden Mitgliedstaaten nicht so schnell, kohärent und wirksam erfolgen wie bei Banken außerhalb des SSM. Dies wiederum würde sich negativ auf die Finanzierungskosten für diese Banken auswirken und zu einem Wettbewerbsnachteil führen, was mit Nachteilen nicht nur für die Mitgliedstaaten, in denen diese Banken tätig sind, sondern auch für die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts insgesamt verbunden wäre. Deshalb ist für die Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt ein zentralisierter Abwicklungsmechanismus für alle Banken, die in einem am SSM teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassen sind, von entscheidender Bedeutung.

(10)  Die Aufteilung der Abwicklungszuständigkeiten auf die nationale Ebene und die Unionsebene sollte sich nach den jeweiligen Aufsichtsbefugnissen auf diesen Ebenen richten. Solange in einem Mitgliedstaat die Aufsicht auf nationaler Ebene angesiedelt bleibt, sollte der jeweilige Mitgliedstaat auch künftig die finanziellen Folgen eines Bankenausfalls selbst tragen. Der einheitliche Abwicklungsmechanismus sollte deshalb nur für Banken und Finanzinstitute gelten, die in einem am SSM teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassen sind und im Rahmen des einheitlichen Abwicklungsmechanismus der Aufsicht der EZB unterstehen. Banken, die in einem nicht am SSM teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassen sind, sollten auch nicht dem einheitlichen Abwicklungsmechanismus unterliegen. Würden die betreffenden Mitgliedstaaten unter den einheitlichen Abwicklungsmechanismus fallen, würden falsche Anreize für sie geschaffen. So könnten die Aufsichtsbehörden in diesen Mitgliedstaaten gegenüber den Banken in ihren jeweiligen Rechtsräumen nachsichtiger werden, da sie nicht das volle finanzielle Risiko für deren Ausfall zu tragen hätten. Um Parallelität mit dem SSM sicherzustellen, sollte der einheitliche Abwicklungsmechanismus daher nur auf Mitgliedstaaten Anwendung finden, die am SSM teilnehmen. Sobald sich ein Mitgliedstaat dem SSM anschließt, sollte er automatisch auch dem einheitlichen Abwicklungsmechanismus unterliegen. Langfristig sollte sich der einheitliche Abwicklungsmechanismus auf den gesamten Binnenmarkt erstrecken.

(11)  Ein einheitlicher Bankenabwicklungsfonds (im Folgenden „der Fonds“) ist für das ordnungsgemäße Funktionieren eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus unentbehrlich. Unterschiedliche Systeme der nationalen Finanzierung würden die Anwendung einheitlicher Vorschriften für die Abwicklung von Banken im Binnenmarkt verzerren. Wenn die Abwicklung von Banken national bliebe, würde die Verbindung zwischen Staaten und dem Bankensektor nicht gekappt, und die Anleger würden weiterhin Darlehensbedingungen aufstellen, die sich nach dem Niederlassungsort der Banken und nicht nach ihrer Kreditwürdigkeit richten. Auch würde die derzeitige bedenkliche Aufsplitterung des Finanzmarkts beibehalten. Der Fonds sollte dazu beitragen, eine einheitliche Verwaltungspraxis bei der Finanzierung von Abwicklungen herbeizuführen und die Entstehung von Hindernissen für die Wahrnehmung der Grundfreiheiten oder eine durch divergierende nationale Verfahrensweisen bewirkte Verzerrung des Wettbewerbs im Binnenmarkt zu verhindern. Die finanzielle Ausstattung des Fonds sollte direkt von den Banken geleistet und auf Unionsebene gebündelt werden, damit die Mittel den betreffenden Mitgliedstaaten nach objektiven Kriterien zugewiesen werden können und damit die Finanzmarktstabilität gestärkt und die Verknüpfung zwischen der Haushaltslage einzelner Mitgliedstaaten und den Finanzierungskosten der dort tätigen Banken und Unternehmen abschwächt wird. Um diese Verbindung noch weiter zu kappen, sollten Entscheidungen des SRM, die einen direkten Eingriff in die haushaltspolitischen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten darstellen, verboten sein.

(12)  Deshalb gilt es, im Interesse eines reibungslosen und stabilen Funktionierens des Binnenmarkts Maßnahmen zu erlassen, durch die für alle am einheitlichen Aufsichtsmechanismus teilnehmenden Mitgliedstaaten ein einheitlicher Abwicklungsmechanismus geschaffen wird.

(13)  Eine zentralisierte Anwendung der in der Richtlinie [BRRD] verankerten Abwicklungsvorschriften in den teilnehmenden Mitgliedstaaten durch eine einzige Abwicklungsbehörde auf der Ebene der Union kann allerdings nur sichergestellt werden, wenn die Vorschriften für die Einrichtung und Umsetzung des einheitlichen Abwicklungsmechanismus direkt in den Mitgliedstaaten anwendbar sind und dadurch unterschiedliche Auslegungen in den Mitgliedstaaten verhindert werden. Um die harmonisierte Anwendung der Abwicklungsinstrumente sicherzustellen, sollte der Ausschuss gemeinsam mit der Kommission ein Abwicklungshandbuch verabschieden, in dem eine klare und detaillierte Anleitung zur Anwendung der in der Richtlinie [BRRD] aufgeführten Abwicklungsinstrumente enthalten ist. Dies dürfte dem Binnenmarkt insgesamt zugutekommen, da zur Wahrung eines fairen Wettbewerbs beigetragen und Hindernisse für die Wahrnehmung der Grundrechte nicht nur in den teilnehmenden Mitgliedstaaten, sondern im gesamten Binnenmarkt beseitigt werden.

(14)  Spiegelbildlich zum Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 sollte sich ein einheitlicher Abwicklungsmechanismus auf alle in den teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassenen Kreditinstitute erstrecken. Um während eines Abwicklungsverfahrens Asymmetrien innerhalb des Binnenmarkts bei der Behandlung ausfallender Institute oder Gläubiger zu verhindern, sollte es jedoch im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus möglich sein, Kreditinstitute eines teilnehmenden Mitgliedstaates direkt abzuwickeln. Wenn Mutterunternehmen, Wertpapierfirmen und Finanzinstitute unter die Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis durch die EZB fallen, sollten sie auch beim einheitlichen Abwicklungsmechanismus berücksichtigt werden. Zwar würde die EZB diese Institute nicht einer Einzelaufsicht unterstellen, doch wird sie die einzige Aufsichtsbehörde sein, die sich ein Gesamtbild von dem Risiko machen kann, dem eine Gruppe und damit indirekt auch die einzelnen Mitglieder der Gruppe ausgesetzt sind. Würden Unternehmen, die Teil der Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis durch die EZB sind, aus dem Anwendungsbereich des einheitlichen Abwicklungsmechanismus ausgeschlossen, wäre es unmöglich, die Abwicklung von Bankengruppen zeitlich zu planen und eine Abwicklungsstrategie für Bankengruppen zu verfolgen, sodass Abwicklungsbeschlüsse deutlich an Wirksamkeit verlieren würden.

(15)  Innerhalb des einheitlichen Abwicklungsmechanismus sollten Beschlüsse auf der am besten geeigneten Ebene gefasst werden. Der Ausschuss und insbesondere seine Exekutivsitzung sollten im größtmöglichen Umfang die Befugnis zur Vorbereitung und Fassung sämtlicher Beschlüsse im Hinblick auf das Abwicklungsverfahren erhalten, wobei die im AEUV, insbesondere in den Artikeln 114 und 107, verankerte Rolle der Kommission zu achten ist.

(15a)  Die Kommission sollte bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dieser Verordnung getrennt von ihren anderen Aufgaben und in vollkommenem Einklang mit den Zielen und Grundsätzen tätig werden, die in dieser Verordnung und der Richtlinie [BRRD] festgelegt sind. Die Aufgabentrennung sollte durch eine organisatorische Trennung gewährleistet werden.

(16)  Die EZB ist in ihrer Rolle als Aufsichtsbehörde innerhalb des SSM am besten in der Lage zu prüfen, ob ein Kreditinstitut ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt und ob nach vernünftigem Ermessen keine Aussicht besteht, dass der Ausfall des Instituts innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durch alternative Maßnahmen des privaten Sektors oder der Aufsichtsbehörden abgewendet werden kann. Der Ausschuss sollte in seiner Exekutivsitzung nach Erhalt einer Mitteilung der EZB und einer Bewertung der Abwicklungsbedingungen der Kommission den Entwurf eines Beschlusses ▐ über die Einleitung der Abwicklung eines Instituts vorlegen. In diesem Entwurf eines Beschlussessollte eine Empfehlung für einen klaren und detaillierten Rahmen für die Abwicklungsinstrumente und gegebenenfalls für den Einsatz des Fonds enthalten sein. Innerhalb dieses Rahmens sollte der Ausschuss in seiner Exekutivsitzung dann ein Abwicklungskonzept beschließen und die nationalen Abwicklungsbehörden über die Abwicklungsinstrumente und die auf nationaler Ebene auszuübenden Abwicklungsbefugnisse unterrichten. Die Mitglieder des Ausschusses sollten bestrebt sein, bei der Beschlussfassung zu einem Konsens zu gelangen, ohne dass die Effektivität der Beschlussverfahren des Ausschusses beeinträchtigt wird.

(17)  Der Ausschuss sollte befugt sein, Beschlüsse zu fassen, insbesondere in Verbindung mit der Abwicklungsplanung, der Bewertung der Abwicklungsfähigkeit, der Beseitigung von Hindernissen für die Abwicklungsfähigkeit und der Vorbereitung der Abwicklungsmaßnahmen. Die nationalen Abwicklungsbehörden sollten den Ausschuss bei der Planung, der Abwicklung und der Ausarbeitung der Abwicklungsbeschlüsse unterstützen. Da die Ausübung von Abwicklungsbefugnissen die Anwendung nationalen Rechts mit sich bringt, sollten die nationalen Abwicklungsbehörden für die Umsetzung der Abwicklungsbeschlüsse zuständig sein.

(18)  Für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts ist es von entscheidender Bedeutung, dass für alle Abwicklungsmaßnahmen dieselben Vorschriften gelten, unabhängig davon, ob sie von nationalen Abwicklungsbehörden im Rahmen der Richtlinie [BRRD] oder im Rahmen des einheitlichen Abwicklungsmechanismus ergriffen werden. Die Kommission prüft die genannten Maßnahmen nach Artikel 107 AEUV. Wenn zu Abwicklungsfinanzierungsmechanismen keine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV gehört, sollte die Kommission diese Maßnahmen analog nach Artikel 107 AEUV prüfen, um für gleiche Wettbewerbsbedingungen innerhalb des Binnenmarkts zu sorgen. Wenn keine Anmeldung nach Artikel 108 AEUV erforderlich ist, da die Inanspruchnahme des Fonds, wie vom Ausschuss in seiner Exekutivsitzung geplant, keine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 AEUV darstellt, sollte die Kommission die geplante Inanspruchnahme des Fonds analog nach den einschlägigen Beihilfevorschriften nach Artikel 107 AEUV prüfen, um die Integrität des Binnenmarkts zwischen teilnehmenden und nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten sicherzustellen. Der Ausschuss sollte erst dann über ein Abwicklungskonzept befinden, wenn die Kommission analog zu den Beihilfevorschriften sichergestellt hat, dass die Inanspruchnahme des Fonds nach denselben Vorschriften erfolgt wie Maßnahmen im Rahmen nationaler Finanzierungsmechanismen.

(19)  Damit bei Abwicklungen eine zügige und effektive Beschlussfassung sichergestellt ist, sollte es sich bei dem Ausschuss um eine spezifische Einrichtung der Union mit einer seinen spezifischen Aufgaben entsprechenden spezifischen Struktur handeln, die sich am Modell der anderen Einrichtungen der Union orientiert. Die Zusammensetzung des Ausschusses sollte sicherstellen, dass allen einschlägigen Interessen, die in Abwicklungsverfahren von Bedeutung sind, gebührend Rechnung getragen wird. Der Ausschuss sollte Exekutiv- und Plenarsitzungen halten. An seinen Exekutivsitzungen sollten der Exekutivdirektor, ein stellvertretender Exekutivdirektor sowie von der Kommission und der EZB ernannte Mitglieder, die unabhängig und objektiv im Interesse der gesamten Union handeln sollten, teilnehmen. Angesichts des Auftrags des Ausschusses sollten der Exekutivdirektor und der stellvertretende Exekutivdirektor auf der Grundlage ihrer Verdienste, Kompetenzen und Kenntnisse in Banken- und Finanzangelegenheiten sowie ihrer Erfahrung im Bereich der Finanzaufsicht und -regulierung ernannt werden. Der Exekutivdirektor und der stellvertretende Exekutivdirektor sollten auf der Grundlage eines offenen Auswahlverfahrens ausgewählt werden, über das das Europäische Parlament und der Rat gebührend unterrichtet werden sollten. Bei dem Auswahlverfahren sollte der Grundsatz der Ausgewogenheit der Geschlechter geachtet werden. Die Kommission sollte dem zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments eine Auswahlliste von Bewerbern für die Position des Exekutivdirektors und des stellvertretenden Exekutivdirektors zur Verfügung stellen. Die Kommission sollte dem Europäischen Parlament einen Vorschlag für die Ernennung des Exekutivdirektors und des stellvertretenden Exekutivdirektors zur Billigung vorlegen. Sobald das Europäische Parlament diesen Vorschlag gebilligt hat, sollte der Rat einen Durchführungsbeschluss zur Ernennung des Exekutivdirektors und des stellvertretenden Exekutivdirektors erlassen. Bei Beratungen über die Abwicklung einer Bank oder einer Gruppe, die in nur einem teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassen ist, sollte der Ausschuss auch das Mitglied, das von dem betroffenen Mitgliedstaat zu benennen ist und die nationale Abwicklungsbehörde vertritt, einladen und in den Entscheidungsprozess einbeziehen. Bei Beratungen über staatenübergreifende Gruppen sollten auch die Mitglieder, die vom Herkunftsmitgliedstaat und von allen betroffenen Aufnahmemitgliedstaaten benannt wurden und die die jeweiligen nationalen Abwicklungsbehörden vertreten, zur Exekutivsitzung des Ausschusses eingeladen und in den Entscheidungsprozess einbezogen werden. Damit eine ausgewogene Mitwirkung der Behörden des Herkunftsmitgliedstaats und der Behörden der Aufnahmemitgliedstaaten an der Entscheidungsfindung sichergestellt ist, sollten letztere gemeinsam nur eine Stimme haben. Beim Entscheidungsprozess sollte der relativen Bedeutung der Tochtergesellschaft, der Zweigniederlassung oder des Unternehmens, das/die unter die konsolidierte Beaufsichtigung fällt, für die Wirtschaft der einzelnen Mitgliedstaaten und innerhalb der Gruppe insgesamt Rechnung getragen werden.

(19a)  Da die Teilnehmer am Entscheidungsprozess des Ausschusses in seinen Exekutivsitzungen je nachdem, in welchem/welchen Mitgliedstaat(en) das entsprechende Institut tätig ist, wechseln, sollten die ständigen Teilnehmer – der Exekutivdirektor, der stellvertretende Exekutivdirektor sowie die von der Kommission und der EZB ernannten Mitglieder – sicherstellen, dass die Entscheidungen durchgehend in den verschiedenen Zusammensetzungen der Exekutivsitzungen des Ausschusses kohärent, sachgerecht und verhältnismäßig sind.

(19b)  Die EBA sollte an den Sitzungen des Ausschusses als Beobachter teilnehmen. Andere Beobachter, wie etwa Vertreter des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), können, falls angemessen, auch eingeladen werden, an den Sitzungen des Ausschusses teilzunehmen. Beobachter sollten denselben Anforderungen zur Wahrung des Berufsgeheimnisses unterliegen wie die Mitglieder und das Personal des Ausschusses und die Mitarbeiter, die zwischen teilnehmenden Mitgliedstaaten ausgetauscht oder von ihnen entsandt wurden und Abwicklungsaufgaben wahrnehmen.

(19c)  Der Ausschuss sollte interne Abwicklungsteams einrichten, die sich aus eigenem Personal und Personal der nationalen Abwicklungsbehörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten zusammensetzen, die der Leitung von Koordinatoren, die von den leitenden Mitarbeitern des Ausschusses ernannt werden, unterstehen sollten und die eingeladen werden könnten, als Beobachter an den Exekutivsitzungen des Ausschusses – allerdings ohne Stimmrecht – teilzunehmen.

(19d)  Der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen den Organen der Union ist in den Verträgen, insbesondere in Artikel 13 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union, verankert.

(20)  In Anbetracht des Auftrags des Ausschusses und der Kommission nach dieser Verordnung sowie der Abwicklungsziele, zu denen unter anderem der Schutz öffentlicher Mittel gehört, sollte die Arbeit des SRM aus Beiträgen der Institute der teilnehmenden Mitgliedstaaten finanziert werden. Unter keinen Umständen sollten die Haushalte der Mitgliedstaaten oder der Union für die Deckung dieser Kosten herangezogen werden.

(21)  In allen Angelegenheiten, die sich auf das Beschlussverfahren bei Abwicklungen beziehen, sollten die Kommission und gegebenenfalls der Ausschuss an die Stelle der nach der Richtlinie [BRRD] benannten nationalen Abwicklungsbehörden treten. Die nationalen Abwicklungsbehörden, die nach Maßgabe der Richtlinie [BRRD] benannt wurden, sollten weiterhin alle Aufgaben wahrnehmen, die mit der Umsetzung der vom Ausschuss angenommenen Abwicklungskonzepte in Verbindung stehen. Zur Wahrung von Transparenz und demokratischer Kontrolle und zum Schutz der Rechte der Unionsorgane sollte der Ausschuss bei allen Beschlüssen, die auf der Grundlage dieser Verordnung getroffen werden, gegenüber dem Europäischen Parlament und dem Rat verantwortlich sein. Ebenfalls im Interesse von Transparenz und demokratischer Kontrolle sollten die nationalen Parlamente über bestimmte Rechte verfügen, durch die sie sich über die Arbeit des Ausschusses informieren und in einen Dialog mit ihm eintreten können.

(21a)  Alle maßgeblichen Behörden sollten bei der Anwendung dieser Verordnung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfordert insbesondere die Bewertung der Auswirkungen, die der Ausfall eines Instituts haben könnte wegen der Art seiner Geschäftstätigkeit, seiner Beteiligungsstruktur, seiner Rechtsform, seines Risikoprofils, seiner Größe und seiner Rechtsstellung – z. B. ob ihm eine Ausnahme nach Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 gewährt wurde –, seiner Verflechtung mit anderen Instituten oder mit dem Finanzsystem im Allgemeinen, des Umfangs und der Komplexität seiner Tätigkeiten und seiner Mitgliedschaft in einem institutsbezogenen Sicherungssystem (IPS), das den Anforderungen des Artikels 113 Absatz 7 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 genügt, oder in anderen kooperativen Systemen der gegenseitigen Solidarität gemäß Artikel 113 Absatz 6 der genannten Verordnung und ob es Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 2 der Richtlinie 2004/39/EG erbringt bzw. ausübt.

(21b)  Es sollte die Möglichkeit bestehen, auf Verlangen der nationalen Parlamente der teilnehmenden Mitgliedstaaten eine Anhörung eines Vertreters des Ausschusses in Anwesenheit der zuständigen nationalen Behörde durch die relevanten Ausschüsse dieser Parlamente durchzuführen.

(22)  Wenn es nach der Richtlinie [BRRD] möglich ist, dass die nationalen Abwicklungsbehörden vereinfachte Anforderungen oder Ausnahmeregelungen in Bezug auf die vorgeschriebene Ausarbeitung von Abwicklungskonzepten anwenden, sollte ein Verfahren vorgesehen werden, nach dem der Ausschuss die Anwendung solcher vereinfachter Anforderungen genehmigen könnte.

(23)  Um einen einheitlichen Ansatz für Institute und Gruppen sicherzustellen, sollte der Ausschuss ermächtigt werden, für solche Institute und Gruppen Abwicklungspläne in Zusammenarbeit mit den nationalen Abwicklungsbehörden, von denen der Ausschuss verlangen kann, Aufgaben im Zusammenhang mit der Erstellung von Abwicklungsplänen wahrzunehmen, zu erstellen. Der Ausschuss sollte die Abwicklungsfähigkeit von Instituten und Gruppen prüfen und Maßnahmen ergreifen, mit denen Hindernisse für die Abwicklungsfähigkeit beseitigt werden können. Der Ausschuss sollte von den nationalen Abwicklungsbehörden verlangen, derartige geeignete Maßnahmen zur Beseitigung von Hindernissen für die Abwicklungsfähigkeit anzuwenden, um für Kohärenz und die Abwicklungsfähigkeit der betreffenden Institute zu sorgen. Wegen der institutsspezifischen und vertraulichen Art der Informationen, die in den Abwicklungsplänen enthalten sind, sollten Entscheidungen im Zusammenhang mit der Erstellung, der Bewertung und der Genehmigung der Abwicklungspläne und der Anwendung der geeigneten Maßnahmen vom Ausschuss in seiner Exekutivsitzung getroffen werden.

(24)  Der Planung einer Abwicklung kommt im Hinblick auf ihre Wirksamkeit eine entscheidende Rolle zu. Der Ausschuss sollte daher befugt sein, Änderungen in der Struktur und Organisation der Institute oder Gruppen zu verlangen, um praktische Hindernisse für die Anwendung der Abwicklungsinstrumente und -befugnisse zu beseitigen und die Abwicklungsfähigkeit der jeweiligen Unternehmen sicherzustellen. Wegen der potenziell systemischen Natur sämtlicher Institute ist es für die Aufrechterhaltung der Finanzmarktstabilität von ausschlaggebender Bedeutung, dass die Behörden die Möglichkeit haben, ein Institut abzuwickeln. Mit Blick auf die Wahrung des Rechts auf unternehmerische Freiheit nach Artikel 16 der Charta der Grundrechte sollte der Ermessensspielraum des Ausschusses auf das zur Vereinfachung der Struktur und der Tätigkeiten des Instituts unbedingt Erforderliche beschränkt werden, um die Abwicklungsfähigkeit zu verbessern. Darüber hinaus sollte eine zu den genannten Zwecken verhängte Maßnahme mit dem Unionsrecht im Einklang stehen. Die Maßnahmen sollten weder eine direkte noch eine indirekte Diskriminierung aus Gründen der Nationalität bewirken und sollten mit dem übergeordneten Argument des öffentlichen Interesses an der Finanzmarktstabilität zu rechtfertigen sein. Um zu bestimmen, ob eine Maßnahme im allgemeinen öffentlichen Interesse ergriffen wurde, sollte der Ausschuss, der im allgemeinen öffentlichen Interesse handelt, seine Abwicklungsziele verwirklichen können, ohne dass er bei der Anwendung der Abwicklungsinstrumente oder der Wahrnehmung der ihm übertragenen Befugnisse behindert wird. Zudem sollte eine Maßnahme nicht über das zur Realisierung der Ziele Erforderliche hinausgehen.

(24a)  In Abwicklungsplänen sollten die Auswirkungen auf die Arbeitnehmer berücksichtigt werden, und sie sollten nach Maßgabe der Richtlinie [BRRD] Verfahren zur Information von und Abstimmung mit den Arbeitnehmern oder ihren Vertretern während des gesamten Abwicklungsverfahrens umfassen. In diesem Zusammenhang sollten gegebenenfalls Tarifverträge oder andere von den Sozialpartnern vorgesehene Vereinbarungen berücksichtigt werden. Informationen über Abwicklungspläne, einschließlich etwaiger Aktualisierungen, sollten den Beschäftigten oder ihren Vertretern entsprechend den Vorgaben der Richtlinie [BRRD] bekannt gegeben werden.

(25)  Der einheitliche Abwicklungsmechanismus sollte sich auf die Rahmenvorgaben der Richtlinie [BRRD] und des SSM gründen. Der Ausschuss sollte deshalb befugt sein, frühzeitig einzugreifen, wenn sich die Finanzlage oder Solvenz eines Instituts verschlechtert. Die Informationen, die der Ausschuss in dieser Phase von ▐ der EZB erhält, sind für seine Entscheidung über das weitere Vorgehen zur Vorbereitung der Abwicklung des betreffenden Instituts von großer Bedeutung.

(26)  Um zum gegebenen Zeitpunkt eine schnelle Abwicklung vornehmen zu können, sollte der Ausschuss in Zusammenarbeit mit der jeweiligen zuständigen Behörde oder der EZB die Lage der betroffenen Institute genau beobachten und prüfen, ob etwaige Frühinterventionsmaßnahmen in Bezug auf diese Institute getroffen wurden.

(27)  Um eine Störung des Finanzmarkts und der Wirtschaft so gering wie möglich zu halten, sollte die Abwicklung innerhalb kurzer Zeit vollzogen werden. Einlegern sollte Zugang zumindest zu garantierten Einlagen, so bald wie möglich gewährt werden, und in jedem Fall bevor Einlegern Zugang zu garantierten Einlagen im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens gemäß der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme [Deposit Guarantee Schemes Directive – DGSD] gewährt wird. Die Kommission sollte während des gesamten Abwicklungsverfahrens Zugang zu allen Informationen haben, die sie für erforderlich erachtet, um in Kenntnis der Sachlage einen Beschluss im Rahmen des Abwicklungsverfahrens fassen zu können. Wenn die Kommission beschließt, den vom Ausschuss erstellten Entwurf eines Beschlusses, die Abwicklung eines Instituts einzuleiten, anzunehmen, sollte der Ausschuss unverzüglich ein Abwicklungskonzept festlegen, in dem die anzuwendenden Abwicklungsinstrumente und -befugnisse sowie die Inanspruchnahme etwaiger Finanzierungsmechanismen im Einzelnen ausgeführt sind.

(28)  Die Liquidation eines ausfallenden Instituts nach dem regulären Insolvenzverfahren könnte die Finanzmarktstabilität gefährden, die Erbringung wesentlicher Dienstleistungen unterbrechen und den Einlegerschutz beeinträchtigen. In einem solchen Fall besteht ein öffentliches Interesse am Rückgriff auf Abwicklungsinstrumente. Ziele der Abwicklung sollten folglich die Sicherstellung der Kontinuität wesentlicher Finanzdienstleistungen, die Aufrechterhaltung der Stabilität des Finanzsystems, die Verringerung des Moral-Hazard-Risikos durch geringere Inanspruchnahme finanzieller Unterstützung für ausfallende Institute aus öffentlichen Mitteln und der Schutz der Einleger sein.

(29)  Es sollte jedoch immer erst eine Liquidation eines insolventen Instituts im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens erwogen werden, bevor ein Beschluss über die Fortführung der Geschäftstätigkeit des Instituts gefasst wird. Im Interesse der Finanzmarktstabilität sollte die Geschäftstätigkeit eines insolventen Instituts im Rahmen des Möglichen unter Rückgriff auf private Mittel fortgeführt werden. Dies kann entweder durch Veräußerung an einen privaten Erwerber oder einen Zusammenschluss mit einem privaten Erwerber oder aber mittels Abschreibung der Verbindlichkeiten des Instituts bzw. Umwandlung seiner Schulden in Eigenkapital zwecks Rekapitalisierung erfolgen.

(30)  Bei der Ausübung von Abwicklungsbefugnissen sollten die Kommission und der Ausschuss sicherstellen, dass Anteilsinhaber und Gläubiger einen angemessenen Teil der Verluste tragen, die Geschäftsleitung ersetzt oder durch weitere Führungskräfte ergänzt wird, die Abwicklungskosten für das Institut so gering wie möglich gehalten und alle derselben Klasse zuzurechnenden Gläubiger eines insolventen Instituts nach Maßgabe dieser Verordnung und der Richtlinie [BRRD] in gleicher Weise behandelt werden.

(31)  Einschränkungen der Anteilsinhaber- und Gläubigerrechte sollten im Einklang mit Artikel 52 der Charta der Grundrechte erfolgen. Die Abwicklungsinstrumente sollten folglich nur auf die Kreditinstitute angewandt werden, die ausfallen oder wahrscheinlich ausfallen, und auch nur dann, wenn dies dem Ziel der Wahrung der Finanzmarktstabilität als allgemeinem Interesse dient. Insbesondere sollten die Abwicklungsinstrumente nur dann angewandt werden, wenn das Institut nicht gemäß einem regulären Insolvenzverfahren liquidiert werden kann, ohne das Finanzsystem zu destabilisieren, und die Maßnahmen erforderlich sind, um den raschen Transfer und die Fortführung systemisch wichtiger Aufgaben sicherzustellen und keine vernünftige Aussicht auf eine etwaige alternative Privatlösung besteht, einschließlich einer Kapitalerhöhung seitens der vorhandenen Anteilsinhaber oder eines Dritten, die ausreichen würde, um die vollständige Existenzfähigkeit des Instituts wiederherzustellen.

(32)  Der Eingriff in die Eigentumsrechte sollte nicht unverhältnismäßig sein. Folglich sollten die betroffenen Anteilsinhaber und Gläubiger keine größeren Verluste tragen als sie hätten tragen müssen, wenn das Institut zum Zeitpunkt des Abwicklungsbeschlusses liquidiert worden wäre. Für den Fall einer partiellen Übertragung von Vermögenswerten eines in Abwicklung befindlichen Instituts auf einen privaten Erwerber oder ein Brückeninstitut sollte der verbleibende Teil des in Abwicklung befindlichen Instituts nach dem regulären Insolvenzverfahren liquidiert werden. Zum Schutz der Anteilsinhaber und Gläubiger des Instituts während des Liquidationsverfahrens sollten diese befugt sein, Zahlungen aufgrund ihrer Forderungen in einer Höhe zu verlangen, die den Betrag nicht unterschreiten, der Schätzungen zufolge im Fall eines regulären Insolvenzverfahrens für das gesamte Institut beigetrieben worden wäre.

(33)  Um die Rechte der Anteilsinhaber zu schützen und dafür zu sorgen, dass der den Gläubigern gezahlte Betrag nicht unter dem Betrag liegt, den sie im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens erhalten würden, sollten klare Verpflichtungen für die Bewertung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten des Instituts festgelegt und genügend Zeit vorgesehen werden, um angemessen zu veranschlagen, wie sie im Fall einer Liquidation des Instituts im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens behandelt worden wären. Es sollte die Möglichkeit bestehen, eine solche Bewertung bereits in der Phase der Frühintervention in Angriff zu nehmen. Vor Einleitung einer Abwicklungsmaßnahme sollte eine Schätzung des Werts der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Instituts und eine Einschätzung der Behandlung vorgenommen werden, die die Anteilsinhaber und Gläubiger im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens erfahren würden.

(34)  Es ist wichtig, dass Verluste sofort bei Ausfall eines Instituts ausgewiesen werden. Die Leitgrundsätze für die Bewertung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten eines ausfallenden Instituts sind in der Richtlinie [BRRD] festgelegt. Ist Dringlichkeit geboten, sollte der Ausschuss eine rasche, vorläufige Bewertung der Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten eines ausfallenden Instituts vornehmen können, die so lange gelten sollte, bis eine unabhängige Bewertung vorgenommen wird.

(35)  Sollen Objektivität und Zuverlässigkeit des Abwicklungsverfahrens gewährleistet sein, muss festgelegt werden, in welcher Reihenfolge unbesicherte Forderungen von Gläubigern gegenüber einem abzuwickelnden Institut abgeschrieben oder umgewandelt werden sollten. Zur Begrenzung des Risikos, dass Gläubiger größere Verluste erleiden, als dies bei einer Liquidation des Instituts nach dem regulären Insolvenzverfahren der Fall wäre, sollte die festzulegende Reihenfolge sowohl für reguläre Insolvenzverfahren als auch für eine Abschreibung oder Umwandlung im Rahmen des Abwicklungsverfahrens gelten. Dies würde auch die Ermittlung des Schuldenstands erleichtern.

(35a)  Eine Harmonisierung des Insolvenzrechts in der gesamten Union, die ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Aufbau eines echten Binnenmarktes wäre, ist noch nicht erreicht worden. Allerdings wird für Unternehmen, die in den am SSM teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassen sind, und diejenigen, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, wegen der durch die Richtlinie [BRRD] eingeführten Harmonisierung die Rangfolge der Ansprüche von Gläubigern im Fall einer Insolvenz, wozu die Vorrechte von Einlegern gehören, die gleiche sein. Durch diese Harmonisierung wird eine bedeutende Quelle von Aufsichtsarbitrage eliminiert. Dennoch sollte schrittweise auf eine EU-Regelung für Insolvenzen hingearbeitet werden.

(36)  Die Kommission sollte auf der Grundlage des vom Ausschuss erstellten Entwurfs eines Beschlusses und in Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls den Rahmen für die Abwicklungsmaßnahme gemäß den Abwicklungsplänen der betroffenen Unternehmen vorgeben und dabei auf alle notwendigen Abwicklungsinstrumente zurückgreifen können. Innerhalb dieses klaren und präzisen Rahmens sollte der Ausschuss über die konkrete Ausgestaltung des Abwicklungskonzepts entscheiden. Zu den einschlägigen Abwicklungsinstrumenten sollten das Instrument der Unternehmensveräußerung, das Instrument des Brückeninstituts, das Bail-in-Instrument und das Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten gehören, die auch in der Richtlinie [BRRD] vorgesehen sind. Der Rahmen sollte es auch ermöglichen zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für eine Abschreibung und Umwandlung von Kapitalinstrumenten erfüllt sind.

(37)  Im Einklang mit der Richtlinie [BRRD] sollte das Instrument der Unternehmensveräußerung die Veräußerung des Instituts oder einzelner Geschäftsbereiche ohne Zustimmung der Anteilsinhaber an einen oder mehrere Erwerber ermöglichen.

(38)  Im Einklang mit der Richtlinie [BRRD] sollte das Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten die Behörden in die Lage versetzen, Vermögenswerte mit schlechten Leistungen oder im Wert geminderte Vermögenswerte auf eine getrennte Zweckgesellschaft zu übertragen. Dieses Instrument sollte ausschließlich in Kombination mit anderen Instrumenten genutzt werden, um einen unlauteren Wettbewerbsvorteil für das ausfallende Institut zu verhindern.

(39)  Eine wirksame Abwicklungsregelung sollte die vom Steuerzahler zu tragenden Kosten für die Abwicklung eines ausfallenden Instituts so gering wie möglich halten. Auch sollte sie gewährleisten, dass selbst große, systemisch relevante Institute ohne Gefährdung der Finanzmarktstabilität abgewickelt werden können. Das Bail-in-Instrument dient diesem Ziel, indem es sicherstellt, dass die Anteilsinhaber und Gläubiger des Unternehmens in angemessenem Umfang an den Verlusten beteiligt werden und einen angemessenen Teil dieser Kosten tragen. Zu diesem Zweck sollten, wie vom Rat für Finanzmarktstabilität empfohlen, in einen Abwicklungsrahmen gesetzliche Schuldenabschreibungsbefugnisse – als zusätzliche Option in Verbindung mit anderen Abwicklungsinstrumenten – aufgenommen werden.

(40)  Damit die erforderliche Flexibilität besteht, um Gläubigern unter bestimmten Umständen Verluste zuzuweisen, sollte im Einklang mit der Richtlinie [BRRD] sowohl in Fällen, in denen die Fortführung der Geschäftstätigkeit des ausfallenden Instituts sichergestellt werden soll, sofern eine realistische Aussicht auf die Wiederherstellung der Existenzfähigkeit des Instituts besteht, als auch in Fällen, in denen systemisch wichtige Dienstleistungen auf ein Brückeninstitut übertragen werden und die verbleibende Geschäftstätigkeit des Instituts eingestellt oder das Institut liquidiert wird, auf das Bail-in-Instrument zurückgegriffen werden können.

(41)  Wird das Bail-in-Instrument mit dem Ziel der Wiederherstellung des Kapitals des ausfallenden Instituts angewandt, um die Fortführung seiner Geschäftstätigkeit sicherzustellen, sollte im Einklang mit der Richtlinie [BRRD] die Abwicklung mittels Bail-in stets mit der Ersetzung der Geschäftsleitung sowie einer anschließenden Umstrukturierung des Instituts und seiner Tätigkeiten auf eine Art und Weise einhergehen, mit der die Ursache des Ausfalls behoben wird. Diese Umstrukturierung sollte im Wege der Umsetzung eines Reorganisationsplans erfolgen.

(42)  Im Einklang mit der Richtlinie [BRRD] sollte das Bail-in-Instrument nicht auf Forderungen angewandt werden, die abgesichert, besichert oder auf andere Art und Weise garantiert sind. Um jedoch sicherzustellen, dass das Bail-in-Instrument wirksam und zielführend ist, sollte es auf so viele nicht abgesicherte Verbindlichkeiten eines ausfallenden Instituts wie möglich angewandt werden können. Allerdings ist es zweckmäßig, bestimmte Arten nicht abgesicherter Verbindlichkeiten vom Anwendungsbereich des Bail-in-Instruments auszunehmen. Aus Gründen der öffentlichen Ordnung und einer wirksamen Abwicklung sollte das Bail-in-Instrument weder auf Einlagen angewandt werden, die unter die Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(9) fallen, noch auf Verbindlichkeiten gegenüber Beschäftigten des ausfallenden Instituts oder auf kommerzielle Forderungen im Zusammenhang mit den für den täglichen Geschäftsbetrieb des Instituts notwendigen Gütern und Dienstleistungen.

(43)  Im Einklang mit der Richtlinie [BRRD] sollten Einleger, die unter das Einlagensicherungssystem fallende Einlagen halten, nicht vom Bail-in-Instrument betroffen sein. ▐ Die Ausübung der Bail-in-Befugnisse würde bewirken, dass Einleger weiterhin Zugang zu ihren Einlagen hätten ▐.

(44)  Zur Verwirklichung der Lastenverteilung auf Anteilsinhaber und nachrangige Gläubiger, so wie sie nach den Vorschriften für staatliche Beihilfen verlangt wird, könnte der einheitliche Abwicklungsmechanismus ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung und der Richtlinie [BRRD] das Bail-in-Instrument analog anwenden.

(45)  Um zu verhindern, dass Institute ihre Verbindlichkeiten auf eine Art und Weise strukturieren, die die Wirksamkeit des Bail-in-Instruments einschränkt, sollte der Ausschuss bestimmen können, dass die Institute jederzeit einen dem Bail-in-Instrument unterliegenden aggregierten Betrag an Eigenmitteln, nachrangigen Schulden und vorrangigen Verbindlichkeiten, ausgedrückt als Prozentsatz der Gesamtverbindlichkeiten des Instituts, die nicht als Eigenmittel für die Zwecke der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates(10) und der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013(11) gelten, vorhalten müssen, der in den Abwicklungsplänen festgelegt ist.

(46)  Es sollte die nach den Umständen des Einzelfalls am besten geeignete Abwicklungsmethode gewählt werden; zu diesem Zweck sollte auf alle in der Richtlinie [BRRD] vorgesehenen Abwicklungsinstrumente zurückgegriffen werden können, und sie sollten im Einklang mit der genannten Richtlinie eingesetzt werden.

(47)  Durch die Richtlinie [BRRD] wurde den nationalen Abwicklungsbehörden die Befugnis zur Abschreibung und Umwandlung von Kapitalinstrumenten übertragen, da gleichzeitig die Voraussetzungen für die Abschreibung und Umwandlung von Kapitalinstrumenten und die Voraussetzungen für eine Abwicklung gegeben sein können und in einem solchen Fall zu prüfen ist, ob eine Abschreibung und Umwandlung der Kapitalinstrumente ausreicht, um die finanzielle Solidität des betroffenen Unternehmens wiederherzustellen, oder ob auch eine Abwicklungsmaßnahme erforderlich ist. In der Regel wird letzteres in einem Abwicklungskontext der Fall sein. Der Ausschuss und die Kommission sollten auch in dieser Funktion an die Stelle der nationalen Abwicklungsbehörden treten und daher befugt sein, zu bewerten, ob die Voraussetzungen für die Abschreibung und Umwandlung von Kapitalinstrumenten gegeben sind, und zu entscheiden, ob ein Unternehmen abgewickelt werden soll, sofern auch die Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt sind.

(48)  In allen teilnehmenden Mitgliedstaaten sollten Effizienz und Einheitlichkeit der Abwicklungsmaßnahmen sichergestellt sein. Daher sollte der Ausschuss befugt sein, wenn eine nationale Abwicklungsbehörde den Beschluss des Ausschusses nicht oder nur unzureichend umgesetzt hat, einem in Abwicklung befindlichen Institut unmittelbar Anweisungen zu erteilen.

(49)  Zur Steigerung der Wirksamkeit des einheitlichen Abwicklungsmechanismus sollte der Ausschuss in allen Fällen eng mit der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde zusammenarbeiten. Sofern angezeigt, sollte der Ausschuss auch mit der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen, dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken und den anderen Behörden zusammenarbeiten, die dem Europäischen System der Finanzaufsicht angehören. Darüber hinaus sollte der Ausschuss eng mit der EZB und den anderen Behörden zusammenarbeiten, die zur Überwachung von Kreditinstituten im Rahmen des SSM befugt sind, insbesondere im Fall von Gruppen, die einer Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis durch die EZB unterliegen. Zur effektiven Durchführung des Abwicklungsverfahrens für ausfallende Banken sollte der Ausschuss in allen Phasen des Abwicklungsverfahrens mit den nationalen Abwicklungsbehörden zusammenarbeiten. Die Zusammenarbeit mit letzteren ist nicht nur für die Durchführung der vom Ausschuss gefassten Abwicklungsbeschlüsse erforderlich, sondern auch im Vorfeld von Abwicklungsbeschlüssen, in der Phase der Abwicklungsplanung oder in der Phase der Frühintervention. Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dieser Verordnung sollte die Kommission eng mit der EBA zusammenarbeiten und die von dieser herausgegebenen Leitlinien und Empfehlungen gebührend berücksichtigen.

(49a)  Bei der Anwendung der Abwicklungsinstrumente und der Ausübung der Abwicklungsbefugnisse sollte der Ausschuss sicherstellen, dass Vertreter der Beschäftigten der betroffenen Unternehmen unterrichtet und gegebenenfalls konsultiert werden, wie es in der Richtlinie [BRRD] vorgesehen ist. In diesem Zusammenhang sollten gegebenenfalls Tarifverträge oder andere von den Sozialpartnern vorgesehene Vereinbarungen berücksichtigt werden.

(50)  Da der Ausschuss und nicht die nationalen Abwicklungsbehörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten die Abwicklungsbeschlüsse erlassen wird, sollte er auch für die Zwecke der Zusammenarbeit mit nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten die jeweiligen Behörden ersetzen, soweit es um Abwicklungsaufgaben geht. Insbesondere sollte der Ausschuss alle Behörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten in den Abwicklungskollegien vertreten, denen auch Behörden nicht teilnehmender Mitgliedstaaten angehören.

(50a)  Der Ausschuss und die Abwicklungsbehörden der Mitgliedstaaten, die nicht teilnehmende Mitgliedstaaten sind, sollten eine Vereinbarung schließen, in der in allgemeinen Worten beschrieben ist, wie sie im Rahmen der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gemäß der Richtlinie [BRRD] zusammenarbeiten werden. In den Vereinbarungen könnte u. a. die Abstimmung im Hinblick auf die Beschlüsse der Kommission und des Ausschusses geklärt werden, die Auswirkungen auf die in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassenen Tochterunternehmen oder Zweigniederlassungen haben, deren Mutterunternehmen in einem teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassen sind. Die Vereinbarungen sollten regelmäßig überprüft werden.

(51)  Da viele Institute nicht nur innerhalb der Union, sondern international tätig sind, muss ein wirksamer Abwicklungsmechanismus Grundsätze für die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Drittlandsbehörden festlegen. Drittlandsbehörden sollten im Einklang mit dem durch Artikel 88 der Richtlinie [BRRD] vorgegebenen Rechtsrahmen unterstützt werden. Zu diesem Zweck sollte der Ausschuss, der die einzige zur Abwicklung ausfallender Banken in den teilnehmenden Mitgliedstaaten befugte Stelle sein sollte, auch die ausschließliche Befugnis zum Abschluss nicht bindender Kooperationsvereinbarungen mit diesen Drittlandsbehörden im Namen der nationalen Behörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten besitzen.

(52)  Damit der Ausschuss seine Aufgaben sinnvoll wahrnehmen kann, sollte er über angemessene Untersuchungsbefugnisse verfügen. Er sollte entweder direkt oder über die nationalen Abwicklungsbehörden alle erforderlichen Informationen einholen und Untersuchungen sowie Prüfungen vor Ort durchführen können, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit den zuständigen nationalen Behörden, wobei er alle ihm von der EZB und den zuständigen nationalen Behörden zur Verfügung gestellten Informationen in vollem Umfang berücksichtigt. Im Zusammenhang mit Abwicklungen würden Prüfungen vor Ort dem Ausschuss eine wirksame Überwachung der Durchführung durch die nationalen Behörden ermöglichen und dafür sorgen, dass die Kommission und der Ausschuss ihre Beschlüsse auf der Grundlage abgesicherter Informationen fassen.

(53)  Damit sichergestellt ist, dass der Ausschuss Zugang zu allen relevanten Informationen hat, sollten sich die jeweiligen Unternehmen und ihre Beschäftigten nicht auf das Berufsgeheimnis berufen können, um die Offenlegung von Informationen gegenüber dem Ausschuss zu verhindern. Gleichzeitig sollte die Offenlegung dieser Informationen nicht als Verletzung des Berufsgeheimnisses angesehen werden.

(54)  Damit die Befolgung der im Rahmen des einheitlichen Abwicklungsmechanismus gefassten Beschlüsse sichergestellt werden kann, sollten bei Verstößen verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen verhängt werden. Der Ausschuss sollte berechtigt sein, nationale Abwicklungsbehörden anzuweisen, Verwaltungsstrafen oder in regelmäßigen Abständen zu zahlende Geldbußen gegen Unternehmen zu verhängen, die den ihnen durch seine Beschlüsse auferlegten Verpflichtungen nicht nachkommen. Im Interesse einer kohärenten, effizienten und effektiven Durchsetzungspraxis sollte der Ausschuss berechtigt sein, an die nationalen Abwicklungsbehörden gerichtete Leitlinien zur Anwendung von Verwaltungsstrafen und Geldbußen festzulegen.

(55)  Verstößt eine nationale Abwicklungsbehörde gegen die Vorschriften des einheitlichen Abwicklungsmechanismus, indem sie die ihr nach dem nationalen Recht übertragenen Befugnisse nicht wahrnimmt, um einer Weisung des Ausschusses nachzukommen, kann der betreffende Mitgliedstaat gemäß der einschlägigen Rechtsprechung für etwaige Schäden haftbar gemacht werden, die Einzelpersonen, gegebenenfalls auch dem in Abwicklung befindlichen Unternehmen bzw. der in Abwicklung befindlichen Gruppe, oder Gläubigern eines Teils des jeweiligen Unternehmens oder der jeweiligen Gruppe in einem Mitgliedstaat entstanden ist.

(56)  Es sollten geeignete Vorschriften festgelegt werden über den Haushalt des Ausschusses, die Ausarbeitung des Haushaltsplans, den Erlass interner Vorschriften für das Verfahren zur Aufstellung und Ausführung des Haushalts, die Überwachung und Kontrolle des Haushalts durch den Ausschuss in seiner Plenarsitzung sowie über die interne und externe Rechnungsprüfung.

(56a)  Der Ausschuss sollte in seiner Plenarsitzung auch sein Jahresarbeitsprogramm verabschieden, überwachen und kontrollieren sowie Stellungnahmen und Empfehlungen zu dem Berichtsentwurf des Exekutivdirektors abgeben, der einen Abschnitt über die Abwicklungstätigkeiten, einschließlich der laufenden Abwicklungsfälle, und einen Abschnitt über finanzielle und administrative Angelegenheiten enthalten sollte.

(57)  Unter bestimmten Umständen kann die Wirksamkeit der angewandten Abwicklungsinstrumente von der Verfügbarkeit einer kurzfristigen Finanzierung für das Institut oder ein Brückeninstitut, der Bereitstellung von Garantien für potenzielle Erwerber bzw. der Bereitstellung von Kapital für das Brückeninstitut abhängen. Die Einrichtung eines Fonds ist daher wichtig, damit der Einsatz öffentlicher Mittel für derartige Zwecke vermieden werden kann.

(58)  Es muss gewährleistet sein, dass der Fonds in vollem Umfang für die Zwecke der Abwicklung ausfallender Institute zur Verfügung steht. Er sollte deshalb nicht für andere Zwecke als die effiziente Anwendung von Abwicklungsinstrumenten und ‑befugnissen in Anspruch genommen werden. Außerdem sollte er nur im Einklang mit den jeweiligen Abwicklungszielen und -grundsätzen genutzt werden, wobei die Vorschriften der Richtlinie [BRRD] vollständig geachtet werden. Entsprechend sollte der Ausschuss dafür sorgen, dass etwaige im Zusammenhang mit der Anwendung der Abwicklungsinstrumente entstehende Verluste, Kosten oder sonstige Aufwendungen zunächst von den Anteilsinhabern und Gläubigern des in Abwicklung befindlichen Instituts getragen werden. Erst wenn die Mittel der Anteilsinhaber und Gläubiger ausgeschöpft sind, sollten Verluste, Kosten und sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit den Abwicklungsinstrumenten vom Fonds getragen werden.

(59)  In der Regel sollten die Beiträge von der Finanzbranche geleistet werden, und zwar vor und unabhängig von einer etwaigen Einleitung von Abwicklungsmaßnahmen. Sollte die Vorfinanzierung zur Deckung der Verluste oder Kosten, die sich aus dem Rückgriff auf den Fonds ergeben, nicht ausreichen, sollten zusätzliche Beiträge zur Deckung dieser zusätzlichen Kosten oder Verluste erhoben werden. Darüber hinaus sollte der Fonds bei Finanzinstituten oder anderen Dritten Kredite aufnehmen oder andere Formen der Unterstützung vertraglich vereinbaren können, falls die ihm zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichen, um die durch die Inanspruchnahme des Fonds entstandenen Verluste, Kosten und anderen Aufwendungen zu decken, und die außerordentlichen Ex-post-Beiträge nicht unmittelbar verfügbar sind.

(59a)  Wenn es als Reaktion auf die Krise in teilnehmenden Mitgliedstaaten nationale Bankabgaben, Steuern oder Abwicklungsbeiträge gibt, sollten sie durch Beiträge an den Fonds ersetzt werden, um Doppelzahlungen zu unterbinden.

(60)  Um eine kritische Masse zu erreichen und eine prozyklische Wirkung abzuwenden, die entstünde, wenn der Fonds in einer Systemkrise ausschließlich auf Ex-post-Beiträge zurückgreifen würde, ist es unbedingt nötig, dass die dem Fonds vorab zur Verfügung stehenden Mittel eine bestimmte Mindesthöhe erreichen.

(60a)  Die Zielausstattung des Fonds sollte als Prozentsatz des Betrags der gedeckten Einlagen aller in den teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Kreditinstitute festgelegt werden. Da allerdings der Betrag der gesamten Verbindlichkeiten dieser Institute angesichts der Funktionen des Fonds ein besser geeigneter Richtwert wäre, sollte die Kommission prüfen, ob ein Referenzwert mit Bezug auf die gesamten Verbindlichkeiten, der zusätzlich zu der Zielausstattung zu erreichen wäre, in Zukunft eingeführt werden sollte, damit weiter gleiche Bedingungen im Einklang mit der Richtlinie [BRRD] gegeben sind.

(61)  Es sollte ein angemessener Zeitrahmen für die Erreichung der Zielausstattung des Fonds vorgesehen werden. Der Ausschuss sollte jedoch die Möglichkeit haben, den Beitragszeitraum anzupassen, um größeren Auszahlungen aus dem Fonds Rechnung zu tragen.

(61a)  Um die Verbindung zwischen Staaten und Banken zu kappen und die Effizienz und Glaubwürdigkeit des SRM sicherzustellen, insbesondere solange der Fonds noch nicht vollständig mit Geldmitteln versehen ist, ist die Einrichtung einer europäischen öffentlichen Darlehensfazilität innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens nach Inkrafttreten dieser Verordnung von wesentlicher Bedeutung. Darlehen aus dieser Darlehensfazilität sollten vom Fonds innerhalb einer vereinbarten Frist zurückgezahlt werden. Durch diese Darlehensfazilität würde sichergestellt, dass angemessene Finanzmittel für die durch diese Verordnung festgelegten Zwecke unverzüglich zur Verfügung stehen.

(62)  Haben teilnehmende Mitgliedstaaten bereits nationale Abwicklungsfinanzierungsmechanismen eingerichtet, sollten sie vorsehen können, dass diese Mechanismen ihre verfügbaren Finanzmittel, die sie in der Vergangenheit durch Ex-ante-Beiträge der Institute beschafft haben, einsetzen, um den Instituten einen Ausgleich für die Ex-ante-Beiträge zu gewähren, die sie an den Fonds abzuführen haben. Die den Mitgliedstaaten aus der Richtlinie 94/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(12) erwachsenden Verpflichtungen sollten von einer solchen Rückerstattung unberührt bleiben.

(63)  Um für eine faire Berechnung der Beiträge zu sorgen und Anreize zu schaffen, weniger riskant zu operieren, sollten die Beiträge zum Fonds, die vom Ausschuss im Einklang mitder Richtlinie [BRRD] und den gemäß dieser Richtlinie erlassenen delegierten Rechtsakten nach Konsultation der zuständigen Behörde festgelegt werden, der Höhe des Risikos Rechnung tragen, dem die Kreditinstitute ausgesetzt sind.

(65)  Zum Schutz des Werts der vom Fonds verwalteten Mittel sollten sie in ausreichend sicheren, diversifizierten und liquiden Vermögenswerten angelegt werden.

(66)  Der Kommission sollte die Befugnis übertragen werden, im Einklang mit Artikel 290 AEUV delegierte Rechtsakte zu erlassen, um Folgendes festzulegen: die Art der in den Fonds einzuzahlenden Beiträge und die Angelegenheiten, für die Beiträge fällig werden, die Methode zur Berechnung der Beiträge und die Art, wie diese zu zahlen sind, die Registrierungs-, Rechnungslegungs- und Berichtspflichten sowie weitere Vorschriften zur Gewährleistung der vollständigen und pünktlichen Entrichtung der Beiträge, das Beitragssystem für Institute, deren Geschäftstätigkeit nach Erreichung der Zielausstattung des Fonds zugelassen wird, Kriterien für die zeitliche Staffelung der Beiträge, die Umstände, unter denen die Entrichtung von Beiträgen vorgezogen werden kann, Kriterien für die Festlegung der Höhe der jährlichen Beiträge, Maßnahmen zur Festlegung der Umstände und Modalitäten, unter denen ein Institut teilweise oder ganz von außerordentlichen Ex-post-Beiträgen befreit werden kann.

(67)  Mit Blick auf die Wahrung der Vertraulichkeit der Arbeit des Ausschusses sollten seine Mitglieder und sein Personal, einschließlich der Mitarbeiter, die im Rahmen eines Austauschs mit teilnehmenden Mitgliedstaaten oder einer Entsendung durch teilnehmende Mitgliedstaaten Abwicklungsaufgaben ausüben, auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit zur Wahrung des Berufsgeheimnisses verpflichtet sein. Diese Anforderungen gelten zudem für sonstige Personen, die vom Ausschuss bevollmächtigt wurden, und Personen, die von nationalen Abwicklungsbehörden der Mitgliedstaaten bevollmächtigt oder dazu ernannt wurden, Prüfungen vor Ort vorzunehmen, und für Beobachter, die eingeladen wurden, an den Plenar- und Exekutivsitzungen des Ausschusses teilzunehmen. Zum Zweck der Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben sollte der Ausschuss befugt sein, unter bestimmten Bedingungen Informationen mit nationalen Behörden oder Unionsbehörden und sonstigen Einrichtungen auszutauschen.

(68)  Damit die Vertretung des Ausschusses im Europäischen System der Finanzaufsicht sichergestellt wird, sollte die Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 dahin gehend geändert werden, dass der Ausschuss von dem in der Verordnung festgelegten Begriff der „zuständigen Behörden“ erfasst wird. Eine derartige Gleichstellung des Ausschusses mit den zuständigen Behörden gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 steht im Einklang mit den der EBA durch Artikel 25 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zugewiesenen Aufgaben, dazu beizutragen, dass Sanierungs- und Abwicklungspläne aufgestellt und aufeinander abgestimmt werden, und sich aktiv daran zu beteiligen und die Abwicklung von insolvenzbedrohten Instituten und insbesondere von staatenübergreifenden Gruppen zu erleichtern.

(69)  Solange der Ausschuss noch nicht voll funktionsfähig ist, sollte die Kommission für die Durchführung der ersten Maßnahmen zuständig sein, einschließlich der Einziehung der zur Deckung der Verwaltungskosten erforderlichen Beiträge und der Ernennung eines Interimsexekutivdirektors, der sämtliche notwendigen Zahlungen im Namen des Ausschusses genehmigt.

(70)  Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und den in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundsätzen, insbesondere dem Eigentumsrecht, dem Recht auf den Schutz personenbezogener Daten, der unternehmerischen Freiheit, dem Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Beschäftigten im Unternehmen, dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht, und ist im Einklang mit diesen Rechten und Grundsätzen anzuwenden.

(71)  Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Festlegung eines effizienten, effektiven einheitlichen europäischen Rahmens für die Abwicklung von Kreditinstituten und die Gewährleistung einer kohärenten Anwendung der Abwicklungsvorschriften, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus. –

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

TEIL I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand

Diese Verordnung legt einheitliche Vorschriften und ein einheitliches Verfahren für die Abwicklung von Unternehmen gemäß Artikel 2 fest, die in den in Artikel 4 genannten teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassen sind.

Diese einheitlichen Vorschriften und das einheitliche Verfahren werden von dem gemäß Artikel 38 geschaffenen Ausschuss zusammen mit der Kommission und den Abwicklungsbehörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten im Rahmen eines mit dieser Verordnung geschaffenen einheitlichen Abwicklungsmechanismus angewandt. Der einheitliche Abwicklungsmechanismus wird durch einen einheitlichen Bankenabwicklungsfonds (im Folgenden „der Fonds“) unterstützt.

Artikel 2

Geltungsbereich

Diese Verordnung gilt für

(a)  in teilnehmenden Mitgliedstaten niedergelassene Kreditinstitute;

(b)  in teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassene Mutterunternehmen, einschließlich Finanzholdinggesellschaften und gemischter Finanzholdinggesellschaften, wenn sie gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe i der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 auf konsolidierter Basis von der EZB beaufsichtigt werden;

(c)  in teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassene Wertpapierfirmen und Finanzinstitute, wenn sie gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe i der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 in die Beaufsichtigung ihres Mutterunternehmens auf konsolidierter Basis durch die EZB einbezogen sind.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung, gelten die in Artikel 2 der Richtlinie [BRRD] und Artikel 3 der Richtlinie 2013/36/EU enthaltenen Begriffsbestimmungen. Darüber hinaus bezeichnet der Ausdruck

(1)  „zuständige nationale Behörde“ eine zuständige nationale Behörde im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013;

(1a)  „zuständige Behörde“ eine zuständige Behörde im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 40 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 und die EZB in ihrer Aufsichtsfunktion gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013;

(2)  „nationale Abwicklungsbehörde“ eine gemäß Artikel 3 der Richtlinie [BRRD] von einem Mitgliedstaat benannte Behörde;

(3)  „Abwicklungsmaßnahme“ die Anwendung eines Abwicklungsinstruments oder die Ausübung einer oder mehrerer Abwicklungsbefugnisse in Bezug auf ein Institut oder Unternehmen im Sinne des Artikels 2;

(3a)  „Ausschuss“ den Ausschuss für die einheitliche Abwicklung, der gemäß Artikel 38 dieser Verordnung geschaffen wurde;

(4)  „gedeckte Einlagen“ Einlagen, die durch Einlagensicherungssysteme gemäß dem nationalen Recht im Einklang mit der Richtlinie 94/19/EG und bis zu dem Deckungsniveau nach Artikel 7 der genannten Richtlinie gesichert sind;

(5)  „erstattungsfähige Einlagen“ Einlagen im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 94/19/EG, die – unabhängig von ihrer Höhe – nicht gemäß Artikel 2 der Richtlinie von der Einlagensicherung ausgeschlossen sind;

(11)  „in Abwicklung befindliches Institut“ ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2, für das eine Abwicklungsmaßnahme eingeleitet worden ist;

(12)  „Institut“ ein Kreditinstitut oder eine Wertpapierfirma, das bzw. die einer Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis gemäß Artikel 2 Buchstabe c unterliegt;

(13)  „Gruppe“ ein Mutterunternehmen und seine Tochterunternehmen, bei denen es sich um Unternehmen im Sinne des Artikels 2 handelt;

(19)  „verfügbare Finanzmittel“ Barmittel, Einlagen, Vermögenswerte und unwiderrufliche Zahlungsverpflichtungen, die dem Fonds für die in Artikel 74 genannten Zwecke zur Verfügung stehen;

(20)  „Zielausstattung“ die gemäß Artikel 68 sicherzustellende Höhe der verfügbaren Finanzmittel.

Artikel 4

Teilnehmende Mitgliedstaaten

Ein teilnehmender Mitgliedstaat ist ein Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, oder ein Mitgliedstaat, dessen Währung nicht der Euro ist, sofern er eine enge Zusammenarbeit nach Maßgabe des Artikels 7 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 eingegangen ist.

Artikel 5

Beziehung zur Richtlinie [BRRD] und zum anwendbaren nationalen Recht

-1. Vorbehaltlich dieser Verordnung wird die Wahrnehmung bzw. Ausübung von Aufgaben oder Befugnissen nach dieser Verordnung durch die Kommission und den Ausschuss in der Richtlinie [BRRD] und etwaigen aufgrund dieser Richtlinie erlassene delegierte Rechtsakte geregelt.

1.  Wenn die Kommission oder der Ausschuss aufgrund dieser Verordnung Aufgaben oder Befugnisse wahrnimmt, die gemäß der Richtlinie [BRRD] von der zuständigen nationalen Abwicklungsbehörde eines Mitgliedstaats wahrzunehmen sind, tritt der Ausschuss für die Zwecke der Anwendung dieser Verordnung und der Richtlinie [BRRD] an die Stelle der zuständigen nationalen Abwicklungsbehörde oder – im Fall einer staatenübergreifenden Gruppenabwicklung – an die Stelle der nationalen Behörde, die für die Abwicklung auf Gruppenebene zuständig ist.

1a.  Wenn der Ausschuss die ihm durch diese Verordnung übertragenen Befugnisse ausübt, unterliegt er den von der EBA ausgearbeiteten und von der Kommission gemäß den Artikeln 10 bis 15 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 erlassenen verbindlichen technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards, etwaigen von der EBA gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 angenommenen Leitlinien und Empfehlungen sowie Beschlüssen der EBA gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie [BRRD].

2.  Wird der Ausschuss als nationale Abwicklungsbehörde tätig, handelt er – soweit erforderlich – auf der Grundlage einer Genehmigung der Kommission.

3.  Vorbehaltlich der Bestimmungen dieser Verordnung werden die nationalen Abwicklungsbehörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten auf der Grundlage der durch die Richtlinie [BRRD] harmonisierten einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften und im Einklang mit ihnen tätig.

Artikel 6

Allgemeine Grundsätze

1.  Keine Maßnahme, kein Vorschlag und keine Strategie des Ausschusses, der Kommission oder der nationalen Abwicklungsbehörden darf zu einer Diskriminierung von in der Union niedergelassenen Unternehmen im Sinne des Artikels 2, Einlegern, Anlegern oder anderen Gläubigern aufgrund ihrer Nationalität oder ihres Geschäftssitzes führen.

1a.  Alle Maßnahmen, Vorschläge oder Strategien des Ausschusses, der Kommission oder einer nationalen Abwicklungsbehörde im Rahmen des SRM sind im Hinblick auf die Förderung der Stabilität des Finanzsystems in der Union und in jedem teilnehmenden Mitgliedstaat unter vollständiger Achtung und Einhaltung der Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Einheit und Integrität des Binnenmarkts umzusetzen.

2.  Bei Beschlüssen oder Maßnahmen, die sich in mehr als einem ▐ Mitgliedstaat auswirken können, insbesondere bei Beschlüssen, die in zwei oder mehr teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassene Gruppen betreffen, tragen die Kommission und der Ausschuss allen im Folgenden genannten Faktoren gebührend Rechnung:

(a)  den Interessen der ▐ Mitgliedstaaten, in denen eine Gruppe tätig ist, und insbesondere den Auswirkungen von Beschlüssen oder Maßnahmen oder auch eines Nichttätigwerdens auf die Finanzmarktstabilität, die Wirtschaft, das Einlagensicherungs- oder das Anlegerentschädigungssystem jedes einzelnen dieser Mitgliedstaaten;

(b)  dem Ziel der Abwägung der Interessen der einzelnen beteiligten Mitgliedstaaten und der Vermeidung einer unfairen Schädigung oder eines ungerechtfertigten Schutzes der Interessen eines ▐ Mitgliedstaats;

(c)  der Notwendigkeit, negative Auswirkungen auf andere Teile einer Gruppe, der ein in Abwicklung befindliches Unternehmen im Sinne des Artikels 2 angehört, zu verhindern;

(ca)  den Interessen der Gruppe an einer Fortsetzung ihrer staatenübergreifenden Tätigkeiten, soweit das möglich ist;

(d)  der Notwendigkeit, eine unverhältnismäßige Erhöhung der den Gläubigern der Unternehmen im Sinne des Artikels 2 auferlegten Kosten zu verhindern, die dazu führen würde, dass diese Kosten höher wären als es bei einer Abwicklung nach dem regulären Insolvenzverfahren der Fall gewesen wäre;

(e)  den nach Artikel 107 AEUV zu fassenden, in Artikel 16 Absatz 10 genannten Beschlüssen.

3.  Je nach Art und Umständen des Einzelfalls wägen die Kommission und der Ausschuss die in Absatz 2 genannten Faktoren und die Abwicklungsziele gemäß Artikel 12 ab.

4.   Beschlüsse oder Maßnahmen des Ausschusses oder der Kommission dürfen weder von den Mitgliedstaaten die Gewährung einer außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln verlangen noch einen direkten Eingriff in die haushaltspolitischen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten bedeuten.

4a.  Wenn der Ausschuss Beschlüsse fasst oder Maßnahmen ergreift, hat er dafür zu sorgen, dass die Vertreter der Beschäftigten der betroffenen Unternehmen informiert und gegebenenfalls konsultiert werden.

4b.  Bei Maßnahmen, Vorschlägen und politischen Entscheidungen der Kommission, des Ausschusses und nationaler Abwicklungsbehörden nach dieser Verordnung wird der Grundsatz der Nichtdiskriminierung hinsichtlich aller Mitgliedstaaten oder Gruppen von Mitgliedstaaten beachtet.

4c.  Die Kommission hat bei der Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben unabhängig, getrennt von ihren anderen Aufgaben und in vollkommenem Einklang mit den Zielen und Grundsätzen tätig zu werden, die in dieser Verordnung und der Richtlinie [BRRD] festgelegt sind. Die Trennung von Aufgaben sollte durch geeignete organisatorische Anpassungen gewährleistet werden.

TEIL II

BESONDERE BESTIMMUNGEN

TITEL I

Funktionen innerhalb des einheitlichen Abwicklungsmechanismus und Verfahrensvorschriften

Kapitel 1

Abwicklungsplanung

Artikel 7

Abwicklungspläne

1.  Der Ausschuss stellt gemeinsam mit den nationalen Abwicklungsbehörden für Unternehmen im Sinne des Artikels 2 und für Gruppen Abwicklungspläne auf und genehmigt sie.

2.  Unbeschadet des Kapitels 5 dieses Titels übermitteln die nationalen Abwicklungsbehörden dem Ausschuss für die Zwecke des Absatzes 1 alle zur Aufstellung und Umsetzung der Abwicklungspläne notwendigen Informationen, die sie sich gemäß Artikel 10 und Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie [BRRD] beschafft haben.

2a.  Der Abwicklungsplan für jedes Unternehmen und jede Gruppe wird gemäß den Artikeln 9 bis 12 der Richtlinie [BRRD] erstellt.

7.  Der Ausschuss erstellt die Abwicklungspläne in Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde oder der konsolidierenden Aufsichtsbehörde und den nationalen Abwicklungsbehörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten, in denen die Unternehmen niedergelassen sind. Der Ausschuss arbeitet mit den Abwicklungsbehörden in den nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten zusammen, in denen es Unternehmen gibt, die unter die Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis fallen.

8.  Der Ausschuss kann von den nationalen Abwicklungsbehörden die Erstellung vorläufiger Abwicklungsplanentwürfe und von der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde die Erstellung eines vorläufigen Gruppenabwicklungsplans zur Überprüfung und Genehmigung durch den Ausschuss verlangen. Der Ausschuss kann von den nationalen Abwicklungsbehörden verlangen, weitere Aufgaben im Zusammenhang mit der Erstellung von Abwicklungsplänen wahrzunehmen.

9.  Die Abwicklungspläne werden gemäß den Artikeln 9 und 12 der Richtlinie [BRRD] überprüft und gegebenenfalls aktualisiert.

9a.  Beschlüsse zur Aufstellung, Bewertung und Genehmigung der Abwicklungspläne und die Anwendung angemessener Maßnahmen werden vom Ausschuss in seinen Exekutivsitzungen gefasst.

Artikel 8

Bewertung der Abwicklungsfähigkeit

1.  Bei der Erstellung der Abwicklungspläne gemäß Artikel 7 bewertet der Ausschuss entsprechend den Anforderungen der Artikel 13 und 13a der Richtlinie [BRRD] nach Abstimmung mit den zuständigen Behörden, einschließlich der EZB, und den Abwicklungsbehörden nicht teilnehmender Mitgliedstaaten, in denen sich Tochtergesellschaften oder bedeutende Zweigniederlassungen befinden – soweit dies für die bedeutende Zweigniederlassung gemäß den Regelungen der Artikel 13 und 13a der Richtlinie [BRRD] relevant ist –, inwieweit Institute und Gruppen abwicklungsfähig sind▌.

2.  Ein Unternehmen ist als abwicklungsfähig zu betrachten, wenn es sich in einer der in Artikel 13 der Richtlinie [BRRD] aufgeführten Situationen befindet.

3.  ▐ Eine Gruppe ist als abwicklungsfähig zu betrachten, wenn sie sich in einer der in Artikel 13 der Richtlinie [BRRD] aufgeführten Situationen befindet.

4.  Für die Zwecke dieser Bewertung prüft der Ausschuss mindestens die in Abschnitt C des Anhangs der Richtlinie [BRRD] genannten Aspekte.

5.  Gelangt der Ausschuss nach einer gemäß Absatz 1 durchgeführten Bewertung der Abwicklungsfähigkeit eines Unternehmens oder einer Gruppe nach Abstimmung mit der zuständigen Behörde, einschließlich der EZB, zu der Feststellung, dass der Abwicklungsfähigkeit dieses Unternehmens oder dieser Gruppe potenzielle wesentliche Hindernisse entgegenstehen, erstellt der Ausschuss in Abstimmung mit den zuständigen Behörden einen an das Institut oder das Mutterunternehmen gerichteten Bericht, in dem die wesentlichen Hindernisse für die Anwendung der Abwicklungsinstrumente und die Wahrnehmung der Abwicklungsbefugnisse analysiert werden. Ferner werden in dem Bericht Empfehlungen für Maßnahmen formuliert, die nach Auffassung des Ausschusses erforderlich oder angemessen sind, um diese Hindernisse gemäß Absatz 8 zu beseitigen.

6.  Der Bericht wird dem betroffenen Unternehmen oder Mutterunternehmen, den zuständigen Behörden und den Abwicklungsbehörden nicht teilnehmender Mitgliedstaaten mit bedeutenden Zweigniederlassungen oder Tochterunternehmen übermittelt. Er muss die Gründe enthalten, die zu der jeweiligen Bewertung bzw. Feststellung geführt haben, und darlegen, dass die Bewertung bzw. Feststellung dem in Artikel 6 niedergelegten Gebot der Verhältnismäßigkeit genügt.

7.  Innerhalb von vier Monaten nach Eingang des Berichts können das Unternehmen oder das Mutterunternehmen Stellung nehmen und dem Ausschuss alternative Maßnahmen vorschlagen, mit denen die im Bericht aufgezeigten Hindernisse überwunden werden könnten. Der Ausschuss unterrichtet die zuständigen Behörden und die Abwicklungsbehörden der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten mit bedeutenden Zweigniederlassungen oder Tochterunternehmen über jede von dem Unternehmen oder Mutterunternehmen vorgeschlagene Maßnahme.

8.  Werden die Hindernisse für die Abwicklungsfähigkeit durch die von dem Unternehmen oder Mutterunternehmen vorgeschlagenen Maßnahmen nicht wirkungsvoll beseitigt, fasst der Ausschuss nach Abstimmung mit den zuständigen Behörden sowie gegebenenfalls der für die Makroaufsicht zuständigen Behörde einen Beschluss, in dem er feststellt, dass die Hindernisse für die Abwicklungsfähigkeit durch die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht wirkungsvoll beseitigt werden und er die nationalen Abwicklungsbehörden anweist, das Institut, das Mutterunternehmen oder ein Tochterunternehmen der betroffenen Gruppe zur Einleitung einer der in Absatz 14der Richtlinie [BRRD] aufgeführten Maßnahmen zu verpflichten, wobei folgende Kriterien zugrunde zu legen sind:

(a)  die Wirksamkeit der Maßnahmen, was die Beseitigung der Hindernisse für die Abwicklungsfähigkeit betrifft;

(b)  die Notwendigkeit, negative Auswirkungen auf die Finanzmarktstabilität in den ▐ Mitgliedstaaten, in denen die Gruppe tätig ist, zu vermeiden;

(c)  die Notwendigkeit, über das zur Beseitigung der Hindernisse notwendige Maß hinausgehende oder unverhältnismäßige Auswirkungen auf das Institut oder die Gruppe abzuwenden.

9.  Für die Zwecke des Absatzes 8 weist der Ausschuss die nationalen Abwicklungsbehörden an, eine oder mehrere der inAbsatz 14der Richtlinie [BRRD] aufgeführten Maßnahmen einzuleiten.

10.  Die nationalen Abwicklungsbehörden setzen die Weisungen des Ausschusses gemäß Artikel 26 um.

Artikel 8a

Abwicklungsfähigkeit systemrelevanter Institute

Der Ausschuss räumt der Bewertung der Abwicklungsfähigkeit von Instituten Vorrang ein, bei denen ein Systemrisiko besteht, einschließlich u. a. Instituten, die gemäß Artikel 131 der Richtlinie 2013/36/EU als global systemrelevante Institute (G-SRI) und andere systemrelevante Institute (A-SRI) anerkannt sind, und erstellt gegebenenfalls einen Plan für jedes dieser Institute, um Hindernisse für die Abwicklungsfähigkeit gemäß Artikel 8 dieser Verordnung und Artikel 14 der Richtlinie [BRRD] auszuräumen. Seine Befugnisse und seine Unabhängigkeit bleiben davon unberührt.

Artikel 9

Vereinfachte Anforderungen und Ausnahmeregelungen

1.  Der Ausschuss kann aus eigener Initiative oder auf Vorschlag einer nationalen Abwicklungsbehörde für die Erstellung der Sanierungs- und Abwicklungspläne gemäß Artikel 4 der Richtlinie [BRRD] vereinfachte Anforderungen zugrunde legen ▐.

2.  Nationale Abwicklungsbehörden können dem Ausschuss vorschlagen, in Bezug auf die Erstellung der Pläne für bestimmte Institute oder Gruppen vereinfachte Anforderungen zugrunde zu legen ▐. Ein solcher Vorschlag muss begründet werden und von allen maßgeblichen Unterlagen begleitet sein.

3.  Wenn der Ausschuss einen Vorschlag gemäß Absatz 1 erhält oder auf eigene Initiative tätig wird, unterzieht er die betroffenen Institute oder die betroffene Gruppe einer Bewertung. Bei dieser Bewertung wird den in Artikel 4 der Richtlinie [BRRD] aufgeführten Elementen Rechnung getragen.

4.  Der Ausschuss bewertet die laufende Anwendung der vereinfachten Anforderungen und beendet ihre Anwendung in den in Artikel 4 der Richtlinie [BRRD] aufgeführten Situationen.

Ist die nationale Abwicklungsbehörde, die gemäß Absatz 1 die vereinfachten Anforderungen ▐ vorgeschlagen hat, der Auffassung, dass der Beschluss, vereinfachte Anforderungen zugrunde zu legen▐, aufgehoben werden sollte, legt sie dem Ausschuss einen entsprechenden Vorschlag vor. Der Ausschuss fasst in diesem Fall einen Beschluss zu der vorgeschlagenen Aufhebung, in dem er den von der nationalen Abwicklungsbehörde genannten Gründen unter Berücksichtigung der in Absatz 3 genannten Punkte in vollem Umfang Rechnung trägt.

7.  Der Ausschuss unterrichtet die EBA, wenn er von den Absätzen 1 und 4 Gebrauch macht.

Artikel 10

Mindestanforderung an Eigenmittel und abschreibungsfähige Verbindlichkeiten

1.  Der Ausschuss legt in Abstimmung mit den zuständigen Behörden, einschließlich der EZB, vorbehaltlich seiner Abschreibungs- und Umwandlungsbefugnisse die in Absatz 2 genannte Mindestanforderung an Eigenmittel und abschreibungsfähige Verbindlichkeiten fest, die Institute und Mutterunternehmen im Sinne des Artikels 2 einhalten müssen.

2.  Die Mindestanforderung wird gemäß Artikel 39 der Richtlinie [BRRD] berechnet.

3.  Die in Absatz 1 genannte Festlegung erfolgt anhand der in Artikel 39 der Richtlinie [BRRD] festgelegten Kriterien.

Diese Festlegung enthält die Mindestanforderung, die die Institute für sich genommen und die die Mutterunternehmen auf konsolidierter Basis erfüllen müssen. Der Ausschuss kann beschließen, ▐ von der Pflicht zur Erfüllung der Mindestanforderung auf konsolidierter oder auf individueller Basis in den in Artikel 39 der Richtlinie [BRRD] aufgeführten Situationen abzusehen.

4.  Die in Absatz 1 genannte Festlegung kann vorsehen, dass die Mindestanforderung an Eigenmittel und abschreibungsfähige Verbindlichkeiten auf konsolidierter oder auf individueller Basis zum Teil durch vertragliche Bail-in-Instrumente gemäß Artikel 39 der Richtlinie [BRRD] erfüllt wird.

6.  Festlegungen des Ausschusses nach Absatz 1werden bei der Erstellung und Fortschreibung der Abwicklungspläne gemäß Artikel 7 vorgenommen.

7.  Der Ausschuss teilt seine Festlegung den nationalen Abwicklungsbehörden mit. Die nationalen Abwicklungsbehörden setzen die Weisungen des Ausschusses gemäß Artikel 26 um. Der Ausschuss verpflichtet die nationalen Abwicklungsbehörden, sich zu vergewissern und sicherzustellen, dass Institute und Mutterunternehmen stets über die in Absatz 1 vorgesehene Mindestausstattung verfügen.

8.  Der Ausschuss teilt der EZB und der EBA mit, welche Mindestanforderung er gemäß Absatz 1 für jedes Institut und jedes Mutterunternehmen festgelegt hat.

Kapitel 2

Frühzeitiges Eingreifen

Artikel 11

Frühzeitiges Eingreifen

1.  Die EZB unterrichtet von sich aus oder nach einer Mitteilung einer nationalen zuständigen Behörde eines teilnehmenden Mitgliedstaats den Ausschuss über alle Maßnahmen, zu denen sie ein Institut oder eine Gruppe verpflichten, oder die sie nach Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates, nach Artikel 23 Absatz 1 oder Artikel 24 der Richtlinie [BRRD] oder nach Artikel 104 der Richtlinie 2013/36/EU selbst treffen.

Der Ausschuss leitet alle Informationen, die er gemäß Unterabsatz 1 erhält, an die Kommission weiter.

2.  Ab dem Datum, an dem er die in Absatz 1 genannten Informationen erhält, und unbeschadet der Befugnisse von EZB und zuständigen Behörden im Rahmen anderer Unionsvorschriften kann der Ausschuss die Abwicklung des betroffenen Instituts oder der betroffenen Gruppe vorbereiten.

Für die Zwecke des Unterabsatzes 1 beobachtet der Ausschuss in Zusammenarbeit mit der EZB und der jeweils zuständigen Behörde die Verfassung des Instituts oder des Mutterunterunternehmens sowie die Einhaltung aller etwaigen Frühinterventionsmaßnahmen, zu denen diese verpflichtet wurden, eingehend.

3.  Der Ausschuss ist befugt,

(a)  gemäß Kapitel 5 dieses Titels alle Informationen zu verlangen, die zur Vorbereitung der Abwicklung des Instituts oder der Gruppe erforderlich sind;

(b)  gemäß Artikel 17 die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Instituts oder der Gruppe zu bewerten;

(c)  an potenzielle Erwerber heranzutreten, um die Abwicklung des Instituts oder der Gruppe vorzubereiten, oder dies von dem Institut, von dem Mutterunternehmen oder von der nationalen Abwicklungsbehörde vorbehaltlich der Einhaltung der in dieser Verordnung und in Artikel 76 der Richtlinie [BRRD] festgelegten Geheimhaltungsvorschriften zu verlangen;

(d)  von der zuständigen nationalen Abwicklungsbehörde den Entwurf eines vorläufigen Abwicklungskonzepts zu verlangen.

4.  Wollen die EZB oder die nationalen zuständigen Behörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten einem Institut oder einer Gruppe zusätzliche Maßnahmen nach Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates, nach den Artikeln 23 oder 24 der Richtlinie [BRRD] oder nach Artikel 104 der Richtlinie 2013/36/EU auferlegen, bevor das Institut oder die Gruppe die erste dem Ausschuss mitgeteilte Maßnahme zur Gänze erfüllt hat, unterrichtet die EZB von sich aus oder nach einer Mitteilung der nationalen zuständigen Behörde vor Verhängung dieser zusätzlichen Maßnahme erst den Ausschuss.

5.  Die EZB oder die zuständige Behörde und der Ausschuss stellen sicher, dass die in Absatz 4 genannte zusätzliche Maßnahme sowie vom Ausschuss gemäß Absatz 2 zur Vorbereitung der Abwicklung getroffene Maßnahmen kohärent sind.

Kapitel 3

Abwicklung

Artikel 12

Abwicklungsziele

1.  Werden die Kommission und der Ausschuss im Rahmen des in Artikel 16 genannten Abwicklungsverfahrens tätig, tragen sie dabei in Bezug auf ihre jeweiligen Zuständigkeiten den in Artikel 26 der Richtlinie [BRRD] festgelegten Abwicklungszielen Rechnung und wählen diejenigen Instrumente und Befugnisse aus, mit denen sich ihrer Ansicht nach die unter den Umständen des Einzelfalls relevanten Ziele am besten erreichen lassen.

2.  Die Kommission und der Ausschuss werden bei der Verfolgung der vorstehend genannten Ziele im Einklang mit Artikel 26 der Richtlinie [BRRD] tätig.

Artikel 13

Allgemeine Abwicklungsgrundsätze

Werden die Kommission und der Ausschuss im Rahmen des in Artikel 16 genannten Abwicklungsverfahrens tätig, treffen sie dabei alle geeigneten Maßnahmen um sicherzustellen, dass die Abwicklung im Einklang mit den in Artikel 29 der Richtlinie [BRRD] festgelegten Grundsätzen erfolgt.

Artikel 14

Abwicklung von Finanzinstituten und Mutterunternehmen

Abwicklungsmaßnahmen in Bezug auf Finanzinstitute und ihre Mutterunternehmen werden von der Kommission auf der Grundlage eines Beschlussentwurfs ergriffen, der vom Ausschuss gemäß Artikel 28 der Richtlinie [BRRD] erstellt wird.

Artikel 15

Rangfolge der Forderungen

Bei der Anwendung eines Bail-in-Instruments auf ein in Abwicklung befindliches Institut nehmen der Ausschuss und die nationalen Abwicklungsbehörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten unbeschadet der in Artikel 24 Absatz 3 festgelegten Ausnahme bestimmter Verbindlichkeiten vom Bail-in-Instrument nach einem entsprechenden Beschluss der Kommission auf der Grundlage eines vom Ausschuss erstellten Beschlussentwurfs ihre Befugnisse zur Abschreibung und Umwandlung von Forderungen in der in Artikel 43 der Richtlinie [BRRD] festgelegten Reihenfolge wahr:

Artikel 16

Abwicklungsverfahren

1.  Gelangt die EZB von sich aus oder nach einer Mitteilung einer nationalen zuständigen Behörde eines teilnehmenden Mitgliedstaats zu der Bewertung, dass die in Absatz 2 Buchstaben a und b genannten Voraussetzungen in Bezug auf ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 gegeben sind, unterrichtet sie umgehend die Kommission und den Ausschuss von dieser Bewertung.

Die in Unterabsatz 1 genannte Unterrichtung kann auf ein Bewertungsersuchen des Ausschusses oder einer nationalen Abwicklungsbehörde hin erfolgen, wenn nach Ansicht einer dieser Stellen Grund zu der Annahme besteht, dass ein Kreditinstitut ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt.

Die in Unterabsatz 1 genannte Unterrichtung erfolgt nach Konsultation des Ausschusses und der nationalen Abwicklungsbehörde.

1a.  Nach Maßgabe des Artikels 50 erfolgt die Erstellung und Annahme aller Beschlüsse des Ausschusses, die das Abwicklungsverfahren betreffen, im Rahmen der Exekutivsitzung.

2.  Der Ausschuss nimmt bei Erhalt einer Unterrichtung gemäß Absatz 1 ▐ eine Bewertung im Rahmen seiner Exekutivsitzung vor, um zu prüfen, ob folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

(a)  Das Unternehmen fällt aus oder fällt wahrscheinlich aus.

(b)  Bei Berücksichtigung zeitlicher Zwänge und anderer relevanter Umstände besteht nach vernünftigem Ermessen keine Aussicht, dass der Ausfall des Unternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durch alternative Maßnahmen des privaten Sektors,einschließlich Maßnahmen durch ein institutsbezogenes Sicherungssystem, oder Maßnahmen der Aufsichtsbehörden (einschließlich Frühinterventionsmaßnahmen oder Abschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten gemäß Artikel 18), die in Bezug auf das Unternehmen getroffen werden, abgewendet werden kann.

(c)  Eine Abwicklungsmaßnahme ist gemäß Absatz 4 im öffentlichen Interesse erforderlich.

3.  Für die Zwecke von Absatz 2 Buchstabe a ist das Unternehmen als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend zu betrachten, wenn die in Artikel 27 Absatz 2 der Richtlinie [BRRD] festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.

4.  Für die Zwecke von Absatz 2 Buchstabe c ist eine Abwicklungsmaßnahme unter den in Artikel 27 Absatz 3 der Richtlinie [BRRD] festgelegten Umständen als im öffentlichen Interesse liegend zu betrachten.

5.  Gelangt der Ausschuss zu der Bewertung, dass alle in Absatz 2 genannten Voraussetzungen erfüllt sind, legt er der Kommission unter Berücksichtigung der Unterrichtung nach Absatz 1 den Entwurf eines Beschlusses zur Abwicklung des Unternehmens vor. Der Entwurf eines Beschlusses umfasst mindestens Folgendes:

(a)  die Empfehlung zur Abwicklung des Unternehmens;

(b)  den in Artikel 19 Absatz 32 genannten Rahmen für die Abwicklungsinstrumente;

(c)  den Rahmen für die Inanspruchnahme des Fonds zur Unterstützung der Abwicklungsmaßnahme gemäß Artikel 71.

6.  Nach Erhalt des Entwurfs eines Beschlusses vom Ausschuss entscheidet die Kommission darüber, ob sie den Beschlussentwurf annimmtoder nicht, über den Rahmen für die Abwicklungsinstrumente, der auf das betreffende Unternehmen angewandt werden soll, sowie, falls angemessen, über den Einsatz des Fonds zur Unterstützung der Abwicklungsmaßnahme. ▐

Beabsichtigt die Kommission, den Beschlussentwurf des Ausschusses nicht oder mit Änderungen anzunehmen, sendet sie den Beschlussentwurf mit einer Erklärung an den Ausschuss zurück, in der sie darlegt, warum sie ihn nicht annehmen will bzw. worin die Gründe für die beabsichtigten Änderungen bestehen, und fordert seine Überarbeitung. Die Kommission kann eine Frist festsetzen, innerhalb deren der Ausschuss seinen ursprünglichen Beschlussentwurf auf der Grundlage der von ihr vorgeschlagenen Änderungen ändern und ihr erneut vorlegen kann. Außer in hinreichend begründeten dringenden Fällen stehen dem Ausschuss mindestens fünf Arbeitstage zur Verfügung, um den Beschlussentwurf nach einer entsprechenden Aufforderung durch die Kommission zu überarbeiten.

Die Kommission bemüht sich nach Kräften, die Leitlinien und Empfehlungen zu befolgen, die die EBA hinsichtlich der Wahrnehmung der ihr durch diesen Absatz übertragenen Aufgaben herausgibt, und sie handelt, wenn sie bestätigt, dass sie diese Leitlinien oder Empfehlungen befolgt oder zu befolgen gedenkt, entsprechend der Regelung in Artikel 16 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010.

7.  Der Beschluss der Kommission wird an den Ausschuss gerichtet. Beschließt die Kommission, das Unternehmen nicht abzuwickeln, weil die in Absatz 2 Buchstabe c genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind, wird das betreffende Unternehmen nach nationalem Insolvenzrecht abgewickelt.

8.  Der Ausschuss beschließt das in Artikel 20 genannte Abwicklungskonzept innerhalb des durch den Kommissionsbeschluss gesteckten Rahmens in seiner Exekutivsitzung und sorgt dafür, dass die zuständigen nationalen Abwicklungsbehörden die zur Durchführung des Abwicklungskonzepts notwendigen Abwicklungsmaßnahmen einleiten. Der Beschluss des Ausschusses ist an die zuständigen nationalen Abwicklungsbehörden gerichtet und weist diese an, gemäß Artikel 26 alle zur Umsetzung dieses Beschlusses notwendigen Maßnahmen zu treffen und zu diesem Zweck von den Abwicklungsbefugnissen Gebrauch zu machen, die in der Richtlinie [BRRD], insbesondere in deren Artikeln 56 bis 64, festgelegt sind. Liegt eine staatliche Beihilfe vor, kann der Ausschuss seinen Beschluss erst fassen, wenn die Kommission über die staatliche Beihilfe entschieden hat.

9.  Wenn der Ausschuss ▐ die Auffassung vertritt, dass Abwicklungsmaßnahmen staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellen könnten, fordert er den oder die betroffenen Mitgliedstaat/en auf, die Kommission gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV umgehend über die beabsichtigten Maßnahmen zu unterrichten.

10.  Soweit die vom Ausschuss in seiner Exekutivsitzung vorgeschlagene Abwicklungsmaßnahme eine Inanspruchnahme des Fonds vorsieht und nicht mit der Gewährung einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV verbunden ist, wendet die Kommission parallel dazu die für die Anwendung des Artikels 107 AEUV festgelegten Kriterien analog an.

11.  Die Kommission ist befugt, sich vom Ausschuss alle Informationen zu beschaffen, die sie zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben gemäß dieser Verordnung sowie gegebenenfalls gemäß Artikel 107 AEUV für relevant hält. Der Ausschuss ist befugt, sich gemäß Kapitel 5 dieses Titels von jeder Person alle Informationen zu beschaffen, die er zur Vorbereitung einer Abwicklungsmaßnahme und für den dazugehörigen Beschluss benötigt, einschließlich der in den Abwicklungsplänen gelieferten Aktualisierungen und Ergänzungen.

12.  Der Ausschuss ist befugt, der Kommission in Bezug auf ein Unternehmen, dessen Abwicklung beschlossen wurde, den Entwurf eines Beschlusses zur Änderung des Rahmens für die Abwicklungsinstrumente und für den Einsatz des Fonds vorzulegen.

12a.  Damit durchgehend gleiche Wettbewerbsbedingungen bestehen, hat die Kommission bei der Ausübung ihrer Zuständigkeiten im Bereich staatlicher Beihilfen und nach Maßgabe der Richtlinie [BRRD] den Einsatz des Fonds so zu behandeln, wie sie einen nationalen Abwicklungsfinanzierungsmechanismus behandeln würde.

Artikel 17

Bewertung

1.  Bevor Abwicklungsmaßnahmen getroffen werden oder die Befugnis zur Abschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten ausgeübt wird, stellt der Ausschuss sicher, dass eine faire und realistische Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten eines Unternehmens im Sinne des Artikels 2 gemäß Artikel 30 der Richtlinie [BRRD] vorgenommen wird.

16.  Nach Durchführung der Abwicklungsmaßnahme sorgt der Ausschuss dafür, dass gemäß Artikel 66 der Richtlinie [BRRD] wird getrennt von der Bewertung nach Absatz 1 bewertet wird, ob die Anteilsinhaber und Gläubiger eine bessere Behandlung erfahren hätten, wenn das Institut im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens abgewickelt worden wäre.

Artikel 18

Abschreibung und Umwandlung von Kapitalinstrumenten

1.  Die EZB unterrichtet von sich aus oder nach einer Mitteilung einer nationalen zuständigen Behörde eines teilnehmenden Mitgliedstaats den Ausschuss, wenn sie zu der Bewertung gelangt, dass in Bezug auf ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 oder eine in einem teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassene Gruppe die Bedingungen für eine Abschreibung und Umwandlung von Kapitalinstrumenten gemäß der Richtlinie [BRRD] erfüllt sind.

1a.  Die EZB unterrichtet den Ausschuss gemäß Absatz 1 nach einem Ersuchen des Ausschusses oder einer nationalen Abwicklungsbehörde um Bewertung, wenn nach Ansicht einer dieser Stellen Grund zu der Annahme besteht, dass in Bezug auf ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 oder eine in einem teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassene Gruppe die Voraussetzungen für eine Abschreibung und Umwandlung von Kapitalinstrumenten erfüllt sind.

1b.  Wenn die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt sind, legt der Ausschuss der Kommission unter Berücksichtigung der Unterrichtung nach Absatz 1 den Entwurf eines Beschlusses vor, in dem vorgesehen ist, dass die Befugnisse zur Abschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten einzeln oder nach dem Verfahren von Artikel 16 Absätze 4 bis 7 zusammen mit einer Abwicklungsmaßnahme ausgeübt werden.

5.  Nach Erhalt des Entwurfs eines Beschlusses vom Ausschuss entscheidet die Kommission darüber, ob sie den Beschlussentwurf annimmt oder nicht und ob die Befugnisse zur Abschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten einzeln oder nach dem Verfahren des Artikels 16 Absätze 4 bis 7 zusammen mit einer Abwicklungsmaßnahme auszuüben sind.

6.  Sind die in Absatz 1 genannten Bedingungen erfüllt, die Voraussetzungen für eine Abwicklung gemäß Artikel 16 Absatz 2 aber nicht erfüllt, weist der Ausschuss die nationalen Abwicklungsbehörden nach einem Beschluss der Kommission an, die Abschreibungs- oder Umwandlungsbefugnisse gemäß den Artikeln 51 und 52 der Richtlinie [BRRD] auszuüben.

7.  Sind die in Absatz 1 genannten Bedingungen für eine Abschreibung und Umwandlung von Kapitalinstrumenten erfüllt und darüber hinaus auch die in Artikel 16 Absatz 2 genannten Voraussetzungen für eine Abwicklung gegeben, findet das in Artikel 16 Absätze 4 bis 7 dargelegte Verfahren Anwendung.

8.  Der Ausschuss stellt sicher, dass die nationalen Abwicklungsbehörden von den Abschreibungs- bzw. Umwandlungsbefugnissen im Einklang mit der Richtlinie [BRRD] Gebrauch machen ▐.

9.  Die nationalen Abwicklungsbehörden setzen die Weisungen des Ausschusses um und führen die Abschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten gemäß Artikel 26 durch.

Artikel 19

Die Abwicklungsinstrumente betreffende allgemeine Grundsätze

1.  Beschließt der Ausschuss, ein Abwicklungsinstrument auf ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 anzuwenden, und würde die Abwicklungsmaßnahme zu Verlusten für die Gläubiger oder zu einer Umwandlung ihrer Forderungen führen, übt der Ausschuss die Befugnis gemäß Artikel 18 unmittelbar vor oder zeitgleich mit der Anwendung des Abwicklungsinstruments aus.

2.  Bei den Abwicklungsinstrumenten im Sinne des Artikels 16 Absatz 5 Buchstabe b handelt es sich um

(a)  das Instrument der Unternehmensveräußerung,

(b)  das Instrument des Brückeninstituts,

(c)  das Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten,

(d)  das Bail-in-Instrument.

3.  Bei der Annahme der Beschlussentwürfe gemäß Artikel 16 Absatz 5 berücksichtigt der Ausschuss folgende Faktoren:

(a)  die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des in Abwicklung befindlichen Instituts aufgrund der Bewertung gemäß Artikel 17;

(b)  die Liquiditätslage des in Abwicklung befindlichen Instituts;

(c)  die Marktfähigkeit des Franchise-Werts des in Abwicklung befindlichen Instituts im Lichte der Wettbewerbsbedingungen und der wirtschaftlichen Bedingungen am Markt;

(d)  die zur Verfügung stehende Zeit.

4.  ▐ Die Abwicklungsinstrumente können entweder einzeln oder zusammen angewandt werden, mit Ausnahme des Instruments der Ausgliederung von Vermögenswerten, das nur zusammen mit einem anderen Abwicklungsinstrument angewandt werden kann.

4a.  Der Ausschuss nimmt für die Durchführung der ihm durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben und mit dem Ziel, gleiche Wettbewerbsbedingungen bei der Anwendung der Abwicklungsinstrumente sicherzustellen, gemeinsam mit der Kommission einen Abwicklungsleitfaden an, in dem eine klare und ausführliche Anleitung zum Einsatz der Abwicklungsinstrumente gegeben wird.

Der Abwicklungsleitfaden nach Unterabsatz 1 hat die Form eines delegierten Rechtsakts, der von der Kommission gemäß Artikel 82 erlassen wird.

Artikel 20

Abwicklungskonzept

In dem vom Ausschuss nach Artikel 16 Absatz 8 beschlossenen Abwicklungskonzept werden in Einklang mit den Beschlüssen der Kommission über den Abwicklungsrahmen gemäß Artikel 16 Absatz 6 und etwaigen Beihilfebeschlüssen, falls anwendbar im Wege der Analogie, die Einzelheiten der auf das in Abwicklung befindliche Institut anzuwendenden Abwicklungsinstrumente zumindest im Hinblick auf die in Artikel 21 Absatz 2, Artikel 22 Absatz 2, Artikel 23 Absatz 2 und Artikel 24 Absatz 1 genannten Maßnahmen sowie die genauen Beträge und Zwecke festgelegt, für die der Fonds verwendet werden soll.

Im Laufe des Abwicklungsverfahrens kann das Abwicklungskonzept vom Ausschuss in einer den Umständen des Einzelfalls angemessenen Weise und innerhalb des von der Kommission gemäß Artikel 16 Absatz 6 beschlossenen Abwicklungsrahmens geändert und aktualisiert werden.

Artikel 21

Instrument der Unternehmensveräußerung

1.  In dem von der Kommission beschlossenen Rahmen besteht das Instrument der Unternehmensveräußerung darin, Folgendes auf einen Erwerber zu übertragen, bei dem es sich nicht um ein Brückeninstitut handelt:

(a)  Anteile oder andere Eigentumstitel an einem in Abwicklung befindlichen Institut, oder

(b)  alle oder bestimmte Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten eines in Abwicklung befindlichen Instituts.

2.  Mit Blick auf das Instrument der Unternehmensveräußerung wird in dem in Artikel 16 Absatz 8 genannten Abwicklungskonzept insbesondere Folgendes festgelegt:

(a)  die von der nationalen Abwicklungsbehörde gemäß Artikel 32 Absatz 1 und Absätze 7 bis 11 der Richtlinie [BRRD] zu übertragenden Titel, Vermögenswerte, Rechte und Verbindlichkeiten;

(b)  die kommerziellen Bedingungen, unter Berücksichtigung der Umstände und der im Abwicklungsverfahren entstehenden Kosten und Aufwendungen, zu denen die nationale Abwicklungsbehörde die Übertragung gemäß Artikel 32 Absätze 2 bis 4 der Richtlinie [BRRD] vornimmt;

(c)  ob die Übertragungsbefugnisse von der nationalen Abwicklungsbehörde gemäß Artikel 32 Absätze 5 und 6 der Richtlinie [BRRD] mehr als einmal ausgeübt werden können;

(d)  die Regelungen für die Vermarktung des jeweiligen Unternehmens oder der jeweiligen Titel, Vermögenswerte, Rechte und Verbindlichkeiten durch die nationale Abwicklungsbehörde gemäß Artikel 33 Absätze 1 und 2 der Richtlinie [BRRD];

(e)  ob die Einhaltung der Vermarktungsanforderungen durch die nationale Abwicklungsbehörde wahrscheinlich die Erreichung der Abwicklungsziele gemäß Absatz 3 beeinträchtigen würde.

3.  Der Ausschuss wendet das Instrument der Unternehmensveräußerung an, ohne die in Absatz 2 Buchstabe e genannten Vermarktungsanforderungen einzuhalten, wenn er zu der Feststellung gelangt, dass die Einhaltung dieser Anforderungen wahrscheinlich die Erreichung eines oder mehrerer Abwicklungsziele beeinträchtigen würde, und insbesondere, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

(a)  Er ist der Auffassung, dass ein Ausfall oder potenzieller Ausfall des in Abwicklung befindlichen Instituts eine schwerwiegende Bedrohung für die Finanzmarktstabilität darstellen bzw. eine bereits bestehende derartige Bedrohung erhöhen würde.

(b)  Er ist der Auffassung, dass die Einhaltung dieser Anforderungen wahrscheinlich die Effektivität des Instruments der Unternehmensveräußerung mit Blick auf die Abwendung der Bedrohung oder die Erreichung des in Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe b genannten Abwicklungsziels beeinträchtigen würde.

Artikel 22

Instrument des Brückeninstituts

1.  In dem von der Kommission beschlossenen Rahmen besteht das Instrument des Brückeninstituts darin, Folgendes auf ein Brückeninstitut zu übertragen:

(a)  Anteile oder andere Eigentumstitel, die von einem oder mehreren in Abwicklung befindlichen Instituten ausgegeben werden;

(b)  alle oder einzelne Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten eines oder mehrerer in Abwicklung befindlicher Institute.

2.  Mit Blick auf das Instrument des Brückeninstituts wird in dem in Artikel 20 genannten Abwicklungskonzept insbesondere Folgendes festgelegt:

(a)  die von der nationalen Abwicklungsbehörde gemäß Artikel 34 Absätze 1 bis 9 der Richtlinie [BRRD] auf ein Brückeninstitut zu übertragenden Titel, Vermögenswerte, Rechte und Verbindlichkeiten;

(b)  die Regelungen für die Einrichtung, den Betrieb und die Einstellung des Betriebs des Brückeninstituts durch die nationale Abwicklungsbehörde gemäß Artikel 35 Absätze 1 bis 3 und 5 bis 8 der Richtlinie [BRRD];

(c)  die Regelungen für die Vermarktung des Brückeninstituts oder seiner Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten durch die nationale Abwicklungsbehörde gemäß Artikel 35 Absatz 4 der Richtlinie [BRRD].

3.  Der Ausschuss stellt sicher, dass der Gesamtwert der von der nationalen Abwicklungsbehörde auf das Brückeninstitut übertragenen Verbindlichkeiten nicht den Gesamtwert der Rechte und Vermögenswerte übersteigt, die von dem in Abwicklung befindlichen Institut übertragen werden oder aus anderen Quellen stammen.

3a.  Bei einer für das Brückeninstitut oder für Teile der bzw. alle Eigentumsrechte und Verbindlichkeiten des Brückeninstituts erhaltenen Gegenleistung sind die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie [BRRD] einzuhalten.

Artikel 23

Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten

1.  In dem von der Kommission beschlossenen Rahmen besteht das Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten darin, Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten eines in Abwicklung befindlichen Instituts auf eine Zweckgesellschaft für Vermögensverwaltung zu übertragen, die die Anforderungen erfüllt, die in der Richtlinie [BRRD] für eine juristische Person festgelegt sind, damit sie eine Zweckgesellschaft für Vermögensverwaltung sein kann.

2.  Mit Blick auf das Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten wird in dem in Artikel 20 genannten Abwicklungskonzept insbesondere Folgendes festgelegt:

(a)  die von der nationalen Abwicklungsbehörde gemäß Artikel 36 Absätze 1 bis 4 und Absätze 6 bis 10 der Richtlinie [BRRD] auf eine für die Vermögensverwaltung gegründete Zweckgesellschaft zu übertragenden Titel, Vermögenswerte, Rechte und Verbindlichkeiten;

(b)  die Gegenleistung für die von der nationalen Abwicklungsbehörde auf die für die Vermögensverwaltung gegründete Zweckgesellschaft übertragenen Vermögenswerte im Einklang mit den in Artikel 17 festgelegten Grundsätzen. Diese Bestimmung steht dem nicht entgegen, dass die Gegenleistung einen Nominalwert oder negativen Wert annimmt.

2a.  Bei einer für die Zweckgesellschaft für Vermögensverwaltung oder für Teile der bzw. alle Eigentumsrechte und Verbindlichkeiten der Zweckgesellschaft für Vermögensverwaltung erhaltenen Gegenleistung sind die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie [BRRD] einzuhalten.

Artikel 24

Bail-in-Instrument

1.  Das Bail-in-Instrument kann für die in Artikel 37 der Richtlinie [BRRD] festgelegten Zwecke angewandt werden.

In dem von der Kommission beschlossenen Rahmen wird mit Blick auf das Bail-in-Instrument im Abwicklungskonzept insbesondere Folgendes festgelegt:

(a)  der aggregierte Betrag, um den die abschreibungsfähigen Verbindlichkeiten gemäß Absatz 6 zu vermindern oder umzuwandeln sind;

(b)  die Verbindlichkeiten, die gemäß den Absätzen 5 bis 13 ausgeschlossen werden können;

(c)  die Ziele und der Mindestinhalt des gemäß Absatz 16 vorzulegenden Reorganisationsplans.

2.  ▐

Ist die Bedingung nach Artikel 37 Absatz 3 der Richtlinie [BRRD] für die Anwendung des Bail-in-Instruments zur Rekapitalisierung eines Unternehmens nicht erfüllt, ist eines der in Artikel 19 Absatz 2 Buchstaben a, b und c genannten Abwicklungsinstrumente bzw. das in Artikel 19 Absatz 2 Buchstabe d genannte Bail-in-Instrument anzuwenden.

3.  Die in Artikel 38 Absatz 2 der Richtlinie [BRRD] aufgeführten Verbindlichkeiten sind nicht Gegenstand eine Abschreibung und Umwandlung.

5.  Der Ausschluss bestimmter Verbindlichkeiten aus dem Anwendungsbereich der Abschreibungs- und Umwandlungsbefugnisse unter außergewöhnlichen Umständen kann gemäß Artikel 38 Absatz 2a der Richtlinie [BRRD] erfolgen ▐.

Wird eine abschreibungsfähige Verbindlichkeit oder eine Kategorie abschreibungsfähiger Verbindlichkeiten ausgeschlossen, kann der Umfang der auf andere abschreibungsfähige Verbindlichkeiten angewandten Abschreibung oder Umwandlung erhöht werden, um solchen Ausschlüssen Rechnung zu tragen, sofern der Umfang der auf andere abschreibungsfähige Verbindlichkeiten angewandten Abschreibung oder Umwandlung dem Grundsatz entspricht, dass kein Gläubiger größere Verluste zu tragen hat als er im Fall einer Liquidation des Unternehmens im Sinne des Artikels 2 im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens zu tragen gehabt hätte.

6.  Wird eine abschreibungsfähige Verbindlichkeit oder eine Kategorie abschreibungsfähiger Verbindlichkeiten gemäß Absatz 5 ganz oder teilweise ausgeschlossen und sind die Verluste, die von diesen Verbindlichkeiten getragen worden wären, nicht ganz oder teilweise an andere Gläubiger weitergegeben worden, kann aus dem Fonds ein Beitrag an das in Abwicklung befindliche Institut für die in Artikel 38 der Richtlinie [BRRD] festgelegten Zwecke und im Einklang mit dem genannten Artikel geleistet werden.

8.  Der Beitrag des Fonds kann wie folgt finanziert werden:

(a)  durch den dem Fonds zur Verfügung stehenden Betrag, der durch Beiträge von Unternehmen im Sinne des Artikels 2 gemäß Artikel 66 aufgebracht wurde;

(b)  durch den Betrag, der innerhalb von drei Jahren durch Ex-post-Beiträge gemäß Artikel 67 aufgebracht werden kann;

(c)  wenn die Beträge gemäß den Buchstaben a und b nicht ausreichen, durch Beträge, die aus alternativen Finanzierungsquellen gemäß Artikel 69, auch im Rahmen der in Artikel 69 genannten Darlehensfazilität, aufgebracht werden.

9.  Unter den in Artikel 38 der Richtlinie [BRRD] aufgeführten außergewöhnlichen Umständen kann eine weitere Finanzierung aus alternativen Finanzierungsquellen im Einklang mit dem genannten Artikel angestrebt werden.

10.  Alternativ oder zusätzlich kann – sofern die Voraussetzungen nach Artikel 38 der Richtlinie [BRRD] für die Leistung eines Beitrags aus dem Fonds erfüllt sind – ein Beitrag aus den Mitteln geleistet werden, die durch Ex-ante-Beiträge gemäß Artikel 66 aufgebracht wurden und noch nicht in Anspruch genommen worden sind.

12.  Bei der Entscheidung nach Absatz 5, bestimmte Verbindlichkeiten aus dem Anwendungsbereich der Abschreibungs- und Umwandlungsbefugnisse auszuschließen,werden die in Artikel 38 der Richtlinie [BRRD] aufgeführten Umstände gebührend berücksichtigt.

13.  Bei der Anwendung des Bail-in-Instruments führt der Ausschuss eine Bewertung gemäß Artikel 41 der Richtlinie [BRRD] durch.

14.  Die Ausschlüsse nach Absatz 5 können entweder vorgenommen werden, um eine Verbindlichkeit vollständig von der Abschreibung auszuschließen oder um den Umfang der auf diese Verbindlichkeit angewandten Abschreibung zu begrenzen.

15.  Die Abschreibungs- und Umwandlungsbefugnisse tragen den in Artikel 15 festgelegten Anforderungen in Bezug auf die Rangfolge der Forderungen Rechnung.

16.  Die nationale Abwicklungsbehörde leitet den Reorganisationsplan, den sie nach Anwendung des Bail-in-Instruments gemäß Artikel 47 Absatz 1 der Richtlinie [BRRD] von dem bestellten Verwalter erhalten hat, unverzüglich an den Ausschuss weiter.

Innerhalb von zwei Wochen nach Vorlage des Reorganisationsplans übermittelt die Abwicklungsbehörde dem Ausschuss ihre Bewertung des Plans. Innerhalb eines Monats nach Vorlage des Reorganisationsplans bewertet der Ausschuss die Wahrscheinlichkeit, dass die langfristige Existenzfähigkeit des in Artikel 2 genannten Unternehmens bei Umsetzung des Plans wiederhergestellt wird. Die Bewertung wird im Benehmen mit der zuständigen Behörde vorgenommen.

Ist der Ausschuss überzeugt, dass dieses Ziel mit dem Plan erreicht würde, gestattet er der nationalen Abwicklungsbehörde, den Plan gemäß Artikel 47 Absatz 5 der Richtlinie [BRRD] zu genehmigen. Ist der Ausschuss nicht überzeugt, dass dieses Ziel mit dem Plan erreicht würde, weist er die nationale Abwicklungsbehörde an, gemäß Artikel 47 Absatz 6 der Richtlinie [BRRD] dem Verwalter seine Bedenken mit der Aufforderung mitzuteilen, den Plan so zu ändern, dass seine Bedenken berücksichtigt werden. Dies erfolgt im Benehmen mit der zuständigen Behörde.

Die nationale Abwicklungsbehörde leitet den geänderten Plan an den Ausschuss weiter. Der Ausschuss weist die nationale Abwicklungsbehörde an, dem Verwalter innerhalb einer Woche mitzuteilen, ob der geänderte Plan ihrer Überzeugung nach den geäußerten Bedenken Rechnung trägt oder ob er weiterer Änderungen bedarf.

Artikel 25

Überwachung durch den Ausschuss

1.  Der Ausschuss überwacht die Umsetzung des Abwicklungskonzepts durch die nationalen Abwicklungsbehörden sorgfältig. Im Hinblick darauf sind die nationalen Abwicklungsbehörden verpflichtet,

(a)  mit dem Ausschuss zusammenzuarbeiten und ihn bei der Erfüllung seiner Überwachungspflicht zu unterstützen;

(b)  in regelmäßigen, vom Ausschuss festgelegten Abständen auf dessen Aufforderung genaue, verlässliche und vollständige Informationen zur Umsetzung des Abwicklungskonzepts, zur Anwendung der Abwicklungsinstrumente und zur Ausübung der Abwicklungsbefugnisse vorzulegen, unter anderem in Bezug auf

(i)  den Betrieb und die Finanzlage des in Abwicklung befindlichen Instituts, des Brückeninstituts und der für die Vermögensverwaltung gegründeten Zweckgesellschaft;

(ii)  die Behandlung, die die Anteilsinhaber und Gläubiger bei einer Liquidation des Instituts im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens erfahren hätten;

(iii)  laufende Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit der Liquidation der Vermögenswerte des ausfallenden Instituts, Anfechtungen des Abwicklungsbeschlusses und der Bewertung oder im Zusammenhang mit Entschädigungsanträgen von Anteilsinhabern oder Gläubigern;

(iv)  die Bestellung, Absetzung oder Ersetzung von Evaluatoren, Verwaltern, Wirtschaftsprüfern, Anwälten und sonstigen Berufsträgern, die die nationale Abwicklungsbehörde gegebenenfalls unterstützen müssen, sowie in Bezug auf die Erfüllung ihrer Aufgaben;

(v)  alle sonstigen Angelegenheiten, auf die der Ausschuss gegebenenfalls Bezug nimmt;

(vi)  Umfang und Art der Ausübung der in Titel IV Kapitel V der Richtlinie [BRRD] aufgeführten Befugnisse der nationalen Abwicklungsbehörden;

(vii)  die wirtschaftliche Tragfähigkeit, Durchführbarkeit und Umsetzung des in Artikel 24 Absatz 16 vorgesehenen Reorganisationsplans.

Die nationalen Abwicklungsbehörden legen dem Ausschuss einen Abschlussbericht über die Umsetzung des Abwicklungskonzepts vor.

2.  Auf der Grundlage der bereitgestellten Informationen kann der Ausschuss den nationalen Abwicklungsbehörden Weisungen zu allen Aspekten der Umsetzung des Abwicklungskonzepts erteilen, insbesondere hinsichtlich der in Artikel 20 genannten Elemente und der Ausübung der Abwicklungsbefugnisse.

3.  Soweit für die Erreichung der Abwicklungsziele erforderlich, kann die Kommission auf Empfehlung des Ausschusses ▐ ihren Beschluss über den Abwicklungsrahmen überprüfen und gegebenenfalls Änderungen vornehmen.

Artikel 26

Durchführung von Abwicklungsbeschlüssen

1.  Die nationalen Abwicklungsbehörden treffen die erforderlichen Maßnahmen, um den in Artikel 16 Absatz 8 genannten Abwicklungsbeschluss durchzuführen, insbesondere indem sie Kontrolle über Unternehmen im Sinne des Artikels 2 ausüben, die erforderlichen Maßnahmen gemäß Artikel 64 der Richtlinie [BRRD] treffen und sicherstellen, dass die in der Richtlinie [BRRD] festgelegten Schutzbestimmungen eingehalten werden. Die nationalen Abwicklungsbehörden setzen alle an sie gerichteten Beschlüsse des Ausschusses um.

Dazu nutzen sie – vorbehaltlich dieser Verordnung – die Befugnisse, die ihnen in den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie [BRRD] übertragen werden, im Einklang mit den in nationalem Recht vorgesehenen Bedingungen. Die nationalen Abwicklungsbehörden unterrichten den Ausschuss in vollem Umfang über die Ausübung dieser Befugnisse. Alle von ihnen getroffenen Maßnahmen müssen mit dem in Artikel 16 Absatz 8 genannten Beschluss im Einklang stehen.

2.  Sollte eine nationale Abwicklungsbehörde einen in Artikel 16 genannten Beschluss nicht oder auf eine Weise durchgeführt haben, in der sich die in dieser Verordnung vorgesehenen Abwicklungsziele nicht erreichen lassen, ist der Ausschuss befugt, ein in Abwicklung befindliches Institut unmittelbar anzuweisen,

(a)  bestimmte Rechte, Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten eines in Abwicklung befindlichen Instituts auf eine andere juristische Person zu übertragen,

(b)  die Umwandlung etwaiger Schuldtitel zu verlangen, deren vertragliche Bedingungen unter den in Artikel 18 genannten Umständen eine Umwandlung vorsehen.

Der Ausschuss ist auch befugt, jede andere Befugnis unmittelbar auszuüben, die in der Richtlinie [BRRD] vorgesehen ist.

3.  Das in Abwicklung befindliche Institut muss alle gemäß Absatz 2 gefassten Beschlüsse befolgen. Diese Beschlüsse haben Vorrang vor allen zuvor von den nationalen Behörden in derselben Angelegenheit erlassenen Beschlüssen.

4.  Wenn sie Maßnahmen in Bezug auf Angelegenheiten treffen, die Gegenstand eines Beschlusses gemäß Absatz 2 sind, müssen die nationalen Behörden diesen Beschluss befolgen.

Kapitel 4

Zusammenarbeit

Artikel 27

Verpflichtung zur Zusammenarbeit

1.  Der Ausschuss unterrichtet die Kommission über alle von ihm zur Vorbereitung einer Abwicklung getroffenen Maßnahmen. Die Mitglieder und das Personal der Kommission unterliegen hinsichtlich aller Informationen, die der Ausschuss ihnen bereitstellt, der in Artikel 79 festgelegten Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses.

2.  Bei der Ausübung ihrer jeweiligen Zuständigkeiten nach dieser Verordnung arbeiten der Ausschuss ▐ sowie die ▐ zuständigen Behörden und Abwicklungsbehörden eng zusammen; dies gilt insbesondere für die Phasen der Planung einer Abwicklung sowie für des frühzeitige Eingreifens und der Abwicklung gemäß den Artikeln 7 bis 26. Sie stellen sich gegenseitig alle Informationen bereit, die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich sind.

4.  Wenn die EZB den Exekutivdirektor des Ausschusses zur Teilnahme an dem nach Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 eingerichteten Aufsichtsgremium der EZB als Beobachter einlädt, kann der Ausschuss für die Zwecke dieser Verordnung einen weiteren Vertreter für die Teilnahme benennen.

5.  Der Ausschuss benennt für die Zwecke dieser Verordnung einen Vertreter, der für ihn an dem nach Artikel 113 der Richtlinie [BRRD] eingerichteten Abwicklungsausschuss der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde teilnimmt.

6.  Der Ausschuss arbeitet eng mit der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF), dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und vergleichbaren künftigen europäischen Organisation zusammen, insbesondere wenn die EFSF, der ESM oder eine vergleichbare künftige europäische Organisationen in einem teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmen einen direkten oder indirekten finanziellen Beistand gewährt hat oder voraussichtlich gewähren wird; dies gilt insbesondere unter den in Artikel 24 Absatz 9 genannten außergewöhnlichen Umständen.

7.  Der Ausschuss und die EZB schließen eine Vereinbarung, in der sie die allgemeinen Bestimmungen für ihre Zusammenarbeit gemäß Absatz 2 festlegen. Die Vereinbarung wird regelmäßig überprüft und vorbehaltlich der angemessenen Behandlung vertraulicher Informationen veröffentlicht.

7a.  Der Ausschuss und die Abwicklungsbehörden der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten schließen Vereinbarungen, in denen sie die allgemeinen Bestimmungen für ihre Zusammenarbeit bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach der Richtlinie [BRRD] festlegen.

Unbeschadet des Unterabsatzes 1 schließt der Ausschuss eine Vereinbarung mit der zuständigen Abwicklungsbehörde jedes nicht teilnehmenden Mitgliedstaats, der Herkunftsstaat mindestens eines global systemrelevanten Instituts ist, das als solches gemäß Artikel 131 der Richtlinie 2013/36/EU anerkannt ist.

Jede Vereinbarung wird regelmäßig überprüft und vorbehaltlich der angemessenen Behandlung vertraulicher Informationen veröffentlicht.

Artikel 28

Informationsaustausch innerhalb des SRM

1.  Sowohl der Ausschuss als auch die nationalen Abwicklungsbehörden unterliegen der Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch.

2.  Der Ausschuss stellt der Kommission alle Informationen bereit, die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben gemäß dieser Verordnung sowie gegebenenfalls gemäß Artikel 107 AEUV relevant sind.

Artikel 29

Zusammenarbeit innerhalb des SRM und Behandlung von Gruppen

Artikel 12 Absätze 4, 5, 6 und 15 und die Artikel 80 bis 83 der Richtlinie [BRRD] gelten nicht für die Beziehungen zwischen den nationalen Abwicklungsbehörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten. Stattdessen finden die einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung Anwendung.

Artikel 30

Zusammenarbeit mit nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten

Umfasst eine Gruppe sowohl in teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassene als auch in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassene Unternehmen, vertritt der Ausschuss unbeschadet ▐ dieser Verordnung ▐ die nationalen Abwicklungsbehörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten bei der Zusammenarbeit mit nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten gemäß den Artikeln 7, 8, 11, 12, 15, 50 und 80 bis 83 der Richtlinie [BRRD].

Artikel 31

Zusammenarbeit mit den Behörden von Drittländern

Die Kommission und der Ausschuss sind innerhalb ihrer jeweiligen Zuständigkeitsbereiche ausschließlich dafür verantwortlich, im Namen der nationalen Abwicklungsbehörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten die in Artikel 88 Absatz 4 der Richtlinie [BRRD] genannten rechtlich nicht bindenden Kooperationsvereinbarungen zu schließen, und nehmen die Notifizierung über diese Vereinbarungen gemäß Absatz 6 des genannten Artikels vor.

Kapitel 5

Untersuchungsbefugnisse

Artikel 32

Informationsersuchen

1.  Zur Wahrnehmung der in dieser Verordnung genannten Aufgaben kann der Ausschuss von den folgenden juristischen oder natürlichen Personen direkt oder über die nationalen Abwicklungsbehörden unter voller Ausschöpfung aller bei der EZB oder den zuständigen nationalen Behörden verfügbaren Informationen sämtliche Informationen anfordern, die für die Wahrnehmung der ihm durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben erforderlich sind:

(a)  von Unternehmen im Sinne des Artikels 2,

(b)  von Mitarbeitern der Unternehmen im Sinne des Artikels 2,

(c)  von Dritten, an die Unternehmen im Sinne des Artikels 2 Funktionen oder Tätigkeiten ausgelagert haben.

2.  Die in Absatz 1 ▐ genannten Unternehmen und Personen legen die gemäß Absatz 1 angeforderten Informationen vor. Bestimmungen über das Berufsgeheimnis befreien diese Unternehmen und Personen nicht von der Pflicht zur Vorlage der Informationen. Die Bereitstellung der angeforderten Informationen gilt nicht als Verstoß gegen die Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses.

3.  Erhält der Ausschuss Informationen direkt von diesen Unternehmen oder Personen, übermittelt er sie den betroffenen nationalen Abwicklungsbehörden.

4.  Der Ausschuss kann hinsichtlich eines Instituts, das seinen Abwicklungsbefugnissen unterliegt, kontinuierlich Informationen, die für die Ausübung seiner Funktionen nach dieser Verordnung erforderlich sind, insbesondere über das Kapital, die Liquidität sowie die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten einholen▐.

5.  Der Ausschuss, die zuständigen Behörden und die nationalen Abwicklungsbehörden können Vereinbarungen mit Bestimmungen über das bei diesem Informationsaustausch anzuwendende Verfahren schließen. Der Informationsaustausch zwischen dem Ausschuss, den zuständigen Behörden und den nationalen Abwicklungsbehörden gilt nicht als Verstoß gegen die Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses.

6.  Die zuständigen Behörden, gegebenenfalls einschließlich der EZB, und die nationalen Abwicklungsbehörden arbeiten mit dem Ausschuss zusammen, um festzustellen, ob einige oder alle angeforderten Informationen bereits vorliegen. Ist dies der Fall, stellen die zuständigen Behörden, gegebenenfalls einschließlich der EZB, oder die nationalen Abwicklungsbehörden diese Informationen dem Ausschuss bereit.

Artikel 33

Allgemeine Untersuchungen

1.  Zur Wahrnehmung der in dieser Verordnung genannten Aufgaben kann der Ausschuss vorbehaltlich anderer in einschlägigem Unionsrecht festgelegten Bedingungen hinsichtlich jeder in einem teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassenen oder befindlichen Person im Sinne des Artikels 32 Absatz 1 alle erforderlichen Untersuchungen durchführen.

Zu diesem Zweck hat der Ausschuss das Recht,

(a)  Unterlagen anzufordern,

(b)  die Bücher und Aufzeichnungen von Personen im Sinne des Artikels 32 Absatz 1 zu prüfen und Kopien oder Auszüge dieser Bücher und Aufzeichnungen anzufertigen,

(c)  von einer Person im Sinne des Artikels 32 Absatz 1 oder ihren Vertretern oder Mitarbeitern schriftliche oder mündliche Erklärungen einzuholen,

(d)  jede andere Person zu befragen, die dieser Befragung zum Zweck der Einholung von Informationen über den Gegenstand einer Untersuchung zustimmt.

2.  Personen im Sinne des Artikels 32 Absatz 1 müssen sich den mit einem Beschluss des Ausschusses eingeleiteten Untersuchungen unterziehen.

Behindert eine Person die Durchführung einer Untersuchung, leisten die nationalen Abwicklungsbehörden des teilnehmenden Mitgliedstaats, in dem sich die betroffenen Räumlichkeiten befinden, die erforderliche Amtshilfe im Einklang mit dem nationalen Recht; dazu leisten sie unter anderem Hilfe beim Zugang des Ausschusses zu den Geschäftsräumen juristischer Personen im Sinne des Artikels 32 Absatz 1, damit die vorstehend genannten Rechte ausgeübt werden können.

Artikel 34

Prüfungen vor Ort

1.  Zur Wahrnehmung der in dieser Verordnung genannten Aufgaben kann der Ausschuss vorbehaltlich anderer in einschlägigem Unionsrecht festgelegten Bedingungen nach vorheriger Unterrichtung der nationalen Abwicklungsbehörden und der betroffenen zuständigen Behörden in den Geschäftsräumen juristischer Personen im Sinne des Artikels 32 Absatz 1 alle erforderlichen Prüfungen vor Ort durchführen. Zusätzlich hat der Ausschuss vor Ausübung der in Artikel 11 genannten Befugnisse die zuständige Behörde zu konsultieren. Der Ausschuss kann die Prüfung vor Ort durchführen, ohne diese juristischen Personen vorab darüber zu informieren, soweit dies für die ordnungsgemäße Durchführung und die Effizienz der Prüfung erforderlich ist.

2.  Die Bediensteten des Ausschusses und sonstige von ihm zur Durchführung der Prüfungen vor Ort bevollmächtigte Personen sind befugt, die Geschäftsräume und Grundstücke der juristischen Personen, die von einem Beschluss des Ausschusses über die Einleitung einer Untersuchung gemäß Artikel 33 Absatz 2 betroffen sind, zu betreten, und verfügen über sämtliche in Artikel 33 Absatz 1 genannten Befugnisse.

3.  Juristische Personen im Sinne des Artikels 32 Absatz 1 müssen sich den mit einem Beschluss des Ausschusses eingeleiteten Prüfungen vor Ort unterziehen.

4.  Die Bediensteten der nationalen zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem die Prüfung vorgenommen werden soll, sowie andere von dieser Behörde entsprechend bevollmächtigte oder bestellte Begleitpersonen unterstützen unter Aufsicht und Koordinierung des Ausschusses die Bediensteten des Ausschusses und sonstige von ihm bevollmächtigte Personen aktiv. Sie verfügen hierzu über die in Absatz 2 genannten Befugnisse. Die Bediensteten der nationalen Abwicklungsbehörden der betroffenen teilnehmenden Mitgliedstaaten sind ebenfalls berechtigt, an den Prüfungen vor Ort teilzunehmen.

5.  Stellen die Bediensteten des Ausschusses und andere von ihm bevollmächtigte oder bestellte Begleitpersonen fest, dass sich eine Person einer gemäß Absatz 1 angeordneten Prüfung widersetzt, leistet die nationale Abwicklungsbehörde des betroffenen teilnehmenden Mitgliedstaats im Einklang mit ihrem nationalen Recht die erforderliche Amtshilfe. Soweit für die Prüfung erforderlich, schließt diese Amtshilfe die Versiegelung von Geschäftsräumen und Büchern oder Aufzeichnungen ein. Verfügt die betroffene nationale Abwicklungsbehörde nicht über die dafür erforderliche Befugnis, nutzt sie ihre Befugnisse, um die erforderliche Amtshilfe von anderen nationalen Behörden anzufordern.

Artikel 35

Gerichtliche Genehmigung

1.  Ist für eine Prüfung vor Ort gemäß Artikel 34 Absätze 1 und 2 oder für die Amtshilfe gemäß Artikel 34 Absatz 5 nach nationalem Recht eine gerichtliche Genehmigung erforderlich, wird sie beantragt.

2.  Wird die in Absatz 1 genannte Genehmigung beantragt, prüft das nationale Gericht unverzüglich, ob der Beschluss des Ausschusses echt ist und ob die beantragten Zwangsmaßnahmen im Hinblick auf den Gegenstand der Prüfung nicht willkürlich oder unverhältnismäßig sind. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Zwangsmaßnahmen kann das einzelstaatliche Gericht den Ausschuss um detaillierte Erläuterungen bitten, insbesondere in Bezug auf die Gründe, aus denen der Ausschuss annimmt, dass ein Verstoß gegen die in Artikel 26 genannten Rechtsakte erfolgt ist, die Schwere des mutmaßlichen Verstoßes und die Art der Beteiligung der den Zwangsmaßnahmen unterworfenen Person. Das nationale Gericht prüft jedoch weder die Notwendigkeit der Prüfung noch verlangt es die Übermittlung der in den Akten des Ausschusses enthaltenen Informationen. Die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Ausschusses unterliegt ausschließlich der Prüfung durch den Gerichtshof der Europäischen Union.

Kapitel 6

Sanktionen

Artikel 36

Befugnis zur Verhängung von Verwaltungsstrafen

1.  Stellt der Ausschuss fest, dass ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 vorsätzlich oder fahrlässig einen der in Absatz 2 genannten Verstöße begangen hat, weist er die betreffende nationale Abwicklungsbehörde an, gemäß der Richtlinie [BRRD] gegen das Unternehmen im Sinne des Artikels 2 eine Verwaltungsstrafe zu verhängen.

Ein Verstoß eines dieser Unternehmen gilt als vorsätzlich begangen, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Unternehmen oder seine Geschäftsleitung den Verstoß absichtlich begangen hat.

2.  Gegen Unternehmen im Sinne des Artikels 2 können Verwaltungsstrafen verhängt werden,

(a)  wenn sie die gemäß Artikel 32 angeforderten Informationen nicht vorlegen,

(b)  wenn sie sich einer allgemeinen Untersuchung gemäß Artikel 33 oder einer Prüfung vor Ort gemäß Artikel 34 nicht unterziehen,

(c)  wenn sie keinen Beitrag zu dem Fonds gemäß Artikel 66 oder 67 leisten,

(d)  wenn sie einen gemäß Artikel 26 an sie gerichteten Beschluss des Ausschusses nicht einhalten.

3.  Die nationalen Abwicklungsbehörden veröffentlichen alle gemäß Absatz 1 verhängten Verwaltungsstrafen. Würde eine solche Veröffentlichung den Beteiligten einen unverhältnismäßig großen Schaden zufügen, veröffentlichen die nationalen Abwicklungsbehörden die Geldbuße ohne Bekanntgabe der Identität der Beteiligten.

4.  Im Hinblick auf die Einführung kohärenter, effizienter und wirksamer Durchsetzungsmaßnahmen und die Sicherstellung einer gemeinsamen, einheitlichen und kohärenten Anwendung dieser Verordnung gibt der Ausschuss Leitlinien zur Anwendung von Verwaltungsstrafen und Zwangsgeldern durch die nationalen Abwicklungsbehörden heraus.

Artikel 37

Zwangsgelder

1.  Der Ausschuss weist die betreffende nationale Abwicklungsbehörde an, gegen ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 ▐ ein Zwangsgeld zu verhängen, um

(a)  ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 zur Einhaltung eines gemäß Artikel 32 erlassenen Beschlusses zu verpflichten;

(b)  eine in Artikel 32 Absatz 1 genannte Person zur Vorlage vollständiger Informationen zu verpflichten, die er mit einem Beschluss gemäß dem genannten Artikel angefordert hat;

(c)  eine in Artikel 33 Absatz 1 genannte Person zur Duldung einer Untersuchung und insbesondere zur Vorlage vollständiger Unterlagen, Daten, Verfahren und sonstiger angeforderter Materialien sowie zur Vervollständigung und Korrektur sonstiger Informationen zu verpflichten, die im Rahmen einer mit einem Beschluss gemäß dem genannten Artikel angeordneten Untersuchung bereitgestellt wurden;

(d)  eine in Artikel 34 Absatz 1 genannte Person zur Duldung einer Prüfung vor Ort zu verpflichten, die mit einem Beschluss gemäß dem genannten Artikel angeordnet wurde.

2.  Zwangsgelder müssen wirksam und verhältnismäßig sein. Das Zwangsgeld wird für jeden Tag bis zu dem Zeitpunkt berechnet, zu dem das Unternehmen im Sinne des Artikels 2 oder die betreffende Person den jeweiligen Beschlüssen gemäß Absatz 1 Buchstaben a bis d nachkommt.

3.  Ein Zwangsgeld kann für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten verhängt werden.

TEIL III

INSTITUTIONELLER RAHMEN

TITEL I

Der Ausschuss

Artikel 38

Rechtsform

1.  Hiermit wird ein Ausschuss für die einheitliche Abwicklung geschaffen. Der Ausschuss ist eine Einrichtung der Europäischen Union mit einer seinen Aufgaben entsprechenden Struktur. Er besitzt eigene Rechtspersönlichkeit.

2.  Der Ausschuss genießt in jedem Mitgliedstaat die weitestgehende Rechts- und Geschäftsfähigkeit, die juristischen Personen nach dessen Rechtsvorschriften zuerkannt ist. Der Ausschuss kann insbesondere bewegliches und unbewegliches Vermögen erwerben und veräußern und ist vor Gericht parteifähig.

3.  Der Ausschuss wird von seinem Exekutivdirektor vertreten.

Artikel 39

Zusammensetzung

1.  Der Ausschuss setzt sich zusammen aus

(a)  dem Exekutivdirektor mit Stimmrechten;

(b)  dem stellvertretenden Exekutivdirektor mit Stimmrechten;

(c)  einem von der Kommission benannten Mitglied mit Stimmrechten;

(d)  einem von der EZB benannten Mitglied mit Stimmrechten;

(e)  je einem von jedem teilnehmenden Mitgliedstaat benannten Mitglied mit Stimmrechten gemäß den Artikeln 48 und 51, das die nationale Abwicklungsbehörde vertritt;

(ea)  einem von der EBA benannten Mitglied, das ohne Stimmrechte als Beobachter teilnimmt.

2.  Die Amtszeit des Exekutivdirektors, des stellvertretenden Exekutivdirektors und der von der Kommission und der EZB benannten Ausschussmitglieder beträgt fünf Jahre. Eine Wiederernennung ist vorbehaltlich Artikel 52 Absatz 6 nicht zulässig.

3.  Die Verwaltungs- und Managementstruktur des Ausschusses umfasst

(a)  eine Plenarsitzung des Ausschusses, in der die in Artikel 46 beschriebenen Aufgaben wahrgenommen werden,

(b)  eine Exekutivsitzung des Ausschusses, in der die in Artikel 50 beschriebenen Aufgaben wahrgenommen werden,

(c)  einen Exekutivdirektor, der die in Artikel 52 beschriebenen Aufgaben wahrnimmt.

Artikel 40

Einhaltung des Unionsrechts

Der Ausschuss arbeitet im Einklang mit dem Unionsrecht, insbesondere mit nach dieser Verordnung erlassenen Beschlüssen der Kommission.

Artikel 41

Verantwortlichkeit

1.  Der Ausschuss ist gegenüber dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission in Bezug auf die Anwendung dieser Verordnung gemäß den Absätzen 2 bis 8 verantwortlich.

2.  Der Ausschuss unterbreitet dem Europäischen Parlament, dem Rat, der Kommission und dem Europäischen Rechnungshof jährlich einen Bericht über die Wahrnehmung der ihm durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben. Dieser Bericht wird, vorbehaltlich der Pflichten zur Wahrung des Berufsgeheimnisses, auf der Website des Ausschusses veröffentlicht.

3.  Der Exekutivdirektor legt diesen Bericht dem Europäischen Parlament und dem Rat vor.

4.  Der Exekutivdirektor nimmt auf Verlangen des Europäischen Parlaments an Anhörungen zur Wahrnehmung seiner Abwicklungsaufgaben in den zuständigen Ausschüssen des Parlaments teil. Mindestens einmal jährlich findet eine Anhörung statt.

4a.  Der stellvertretende Exekutivdirektor nimmt auf Verlangen des Europäischen Parlaments an Anhörungen zur Wahrnehmung seiner Abwicklungsaufgaben in den zuständigen Ausschüssen des Europäischen Parlaments teil.

5.  Der Exekutivdirektor kann vom Rat auf dessen Verlangen zur Wahrnehmung seiner Abwicklungsaufgaben gehört werden.

6.  Der Ausschuss antwortet gemäß seinen eigenen Verfahren so rasch wie möglich und in jedem Fall innerhalb von fünf Wochen nach Übermittlung mündlich oder schriftlich auf Fragen, die ihm vom Europäischen Parlament oder vom Rat gestellt werden.

7.   Auf Verlangen führt der Exekutivdirektor mit dem Vorsitz und den stellvertretenden Vorsitz des zuständigen Ausschusses des Europäischen Parlaments unter Ausschluss der Öffentlichkeit vertrauliche Gespräche, sofern solche Gespräche erforderlich sind, damit das Europäische Parlament seine Befugnisse gemäß dem Vertrag wahrnehmen kann. Das Europäische Parlament und der Ausschuss schließen eine Vereinbarung über die Modalitäten solcher Gespräche im Hinblick auf die Gewährleistung absoluter Vertraulichkeit gemäß der Geheimhaltungspflicht, die dem Ausschuss durch diese Verordnung und durch Artikel 76 der Richtlinie [BRRD] als einer nationalen Abwicklungsbehörde im Sinne von Artikel 5 dieser Verordnung auferlegt wurde.

8.  Bei Untersuchungen durch das Parlament arbeitet der Ausschuss im Einklang mit dem AEUV mit dem Parlament zusammen. Der Ausschuss und das Europäische Parlament schließen vor dem1. März 2015 angemessene Vereinbarungen über die praktischen Modalitäten für die Ausübung der demokratischen Verantwortlichkeit und die Kontrolle über die Wahrnehmung der dem Ausschuss durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben. Diese Vereinbarungen regeln unter anderem den Zugang zu Informationen, die Zusammenarbeit bei Untersuchungen und die Unterrichtung über das Verfahren zur Auswahl des Exekutivdirektors und des stellvertretenden Exekutivdirektors. Diese Vereinbarungen haben einen Geltungsbereich, der demjenigen der Interinstitutionellen Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament und der EZB ähnlich ist, die gemäß Artikel 20 Absatz 9 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 geschlossen wurde.

Zu diesen Vereinbarungen zählt auch eine Vereinbarung zwischen dem Ausschuss und dem Europäischen Parlament über die Grundsätze und Verfahren für die Einstufung, die Vorlage beim Parlament und die verzögerte Offenlegung vertraulicher Informationen, die nicht Gegenstand der gemäß Artikel 20 Absatz 9 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 geschlossenen Interinstitutionellen Vereinbarung sind.

Artikel 42

Nationale Parlamente

-1. Im Zuge der Vorlage des Berichts nach Artikel 41 Absatz 2 leitet der Ausschuss diesen Bericht gleichzeitig den nationalen Parlamenten der teilnehmenden Mitgliedstaaten unmittelbar zu.

Die nationalen Parlamente können dem Ausschuss begründete Stellungnahmen zu dem Bericht übermitteln.

1.  Aufgrund der vom Ausschuss wahrgenommenen Aufgaben können die nationalen Parlamente der teilnehmenden Mitgliedstaaten den Ausschuss im Rahmen ihrer eigenen Verfahren ersuchen, schriftlich auf ihre an den Ausschuss gerichteten Bemerkungen oder Fragen zu den Aufgaben des Ausschusses nach dieser Verordnung zu antworten.

2.  Das nationale Parlament eines teilnehmenden Mitgliedstaats kann den Exekutivdirektor einladen, gemeinsam mit einem Vertreter der nationalen Abwicklungsbehörde an einem Gedankenaustausch über die Abwicklung von Unternehmen im Sinne von Artikel 2 in diesem Mitgliedstaat teilzunehmen.

3.  Diese Verordnung berührt nicht die Verantwortlichkeit der nationalen Abwicklungsbehörden gegenüber ihren nationalen Parlamenten nach Maßgabe des nationalen Rechts in Bezug auf die Wahrnehmung von Aufgaben, die dem Ausschuss oder der Kommission nicht durch diese Verordnung übertragen werden.

Artikel 43

Unabhängigkeit

1.  Bei der Wahrnehmung der durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben handeln der Ausschuss und die nationalen Abwicklungsbehörden unabhängig und im Allgemeininteresse.

2.  Die in Artikel 39 Absatz 2 genannten Mitglieder des Ausschusses handeln unabhängig und objektiv im Interesse der gesamten Union und dürfen von den Organen oder Einrichtungen der Union, von der Regierung eines Mitgliedstaats oder von öffentlichen oder privaten Stellen weder Weisungen anfordern noch entgegennehmen.

Artikel 43a

Für den Ausschuss geltende allgemeine Grundsätze

Für den Ausschuss gelten folgende Grundsätze:

(a)  Er handelt unabhängig im Einklang mit Artikel 43.

(b)  Seine Mitglieder verfügen über den notwendigen Sachverstand bezüglich der Sanierung und Insolvenz von Banken.

(c)  Er verfügt über die Fähigkeit, sich mit großen Bankengruppen zu befassen.

(d)  Er verfügt über die Fähigkeit, rasch und unparteiisch tätig zu werden.

(e)  Er stellt sicher, dass der nationalen Finanzmarktstabilität sowie der Finanzmarktstabilität der Union und des Binnenmarkts in angemessener Weise Rechnung getragen wird.

(f)  Er ist gegenüber dem Europäischen Parlament und dem Rat gemäß Artikel 41 verantwortlich.

Artikel 44

Sitz

Der Ausschuss hat seinen Sitz in Brüssel (Belgien).

TITEL II

Plenarsitzung des Ausschusses

Artikel 45

Teilnahme an Plenarsitzungen

An den Plenarsitzungen des Ausschusses nehmen alle Ausschussmitglieder teil.

Artikel 46

Aufgaben

1.  Aufgaben des Ausschusses im Rahmen der Plenarsitzung:

(a)  jährlich zum 30. November Verabschiedung des Jahresarbeitsprogramms des Ausschusses für das Folgejahr ▐ auf der Grundlage eines Entwurfs des Exekutivdirektors und Übermittlung des Programms zur Kenntnisnahme an das Europäische Parlament, den Rat, die Kommission und die EZB; seine Durchführung wird vom Ausschuss in seiner Plenarsitzung überwacht und kontrolliert;

(b)  Annahme, Überwachung und Kontrolle des jährlichen Haushalts des Ausschusses gemäß Artikel 58 Absatz 2;

(ba)  Abgabe von Stellungnahmen und Empfehlungen zu dem in Artikel 52 Absatz 2 Buchstabe g genannten Berichtsentwurf des Exekutivdirektors;

(c)  Beschlüsse über freiwillige Darlehen zwischen Finanzierungsmechanismen gemäß Artikel 68, die gegenseitige Unterstützung der nationalen Finanzierungsmechanismen gemäß Artikel 72 und die Darlehensvergabe an Einlagensicherungssysteme gemäß Artikel 73 Absatz 4;

(d)  Verabschiedung des jährlichen Tätigkeitsberichts über die in Artikel 41 genannten Tätigkeiten des Ausschusses,der detaillierte Angaben zur Ausführung des Haushalts enthalten muss;

(e)  Annahme der Finanzvorschriften des Ausschusses gemäß Artikel 61;

(f)  Annahme einer Betrugsbekämpfungsstrategie, die unter Berücksichtigung der Kosten und des Nutzens der durchzuführenden Maßnahmen den Betrugsrisiken angemessen ist;

(g)  Annahme von Bestimmungen zur Verhinderung und Bewältigung von Interessenkonflikten bei Mitgliedern;

(h)  Annahme der Geschäftsordnung;

(i)  gemäß Absatz 2 in Bezug auf das Personal des Ausschusses Ausübung der Befugnisse, die im Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften der Anstellungsbehörde und in den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde übertragen werden („Befugnisse der Anstellungsbehörde“);

(j)  Erlass geeigneter Durchführungsbestimmungen zur Anwendung des Statuts der Beamten und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten gemäß Artikel 110 des Statuts;

(k)  Ernennung eines Rechnungsführers gemäß dem Statut der Beamten und den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten, der seinen Aufgaben funktional unabhängig nachkommt;

(l)  Sicherstellung angemessener Folgemaßnahmen zu den Ergebnissen und Empfehlungen in Berichten über interne und externe Prüfungen und in Evaluierungen sowie Untersuchungen des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF);

(m)  sämtliche Beschlüsse über die Schaffung und gegebenenfalls Änderung der internen Strukturen des Ausschusses.

2.  Der Ausschuss erlässt in seiner Plenarsitzung gemäß Artikel 110 des Statuts der Beamten einen Beschluss auf der Grundlage von Artikel 2 Absatz 1 des Statuts der Beamten und Artikel 6 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten, mit dem dem Exekutivdirektor die entsprechenden Befugnisse der Anstellungsbehörde übertragen und die Bedingungen festgelegt werden, unter denen die Befugnisübertragung ausgesetzt werden kann. Der Exekutivdirektor kann diese Befugnisse weiter übertragen.

Wenn außergewöhnliche Umstände dies erfordern, kann der Ausschuss in seiner Plenarsitzung durch einen Beschluss die Übertragung der Befugnisse der Anstellungsbehörde an den Exekutivdirektor und die von ihm weiter übertragenen Befugnisse vorübergehend aussetzen und sie selbst ausüben oder sie einem seiner Mitglieder oder einem anderen Personalmitglied als dem Exekutivdirektor übertragen.

Artikel 47

Plenarsitzung des Ausschusses

1.  Der Exekutivdirektor beruft die Plenarsitzungen des Ausschusses ein.

2.  Der Ausschuss hält jährlich mindestens zwei ordentliche Plenarsitzungen ab. Darüber hinaus tritt er auf Initiative des Exekutivdirektors, auf Verlangen der Kommission oder auf Antrag von mindestens einem Drittel seiner Mitglieder zusammen.

3.  Der Ausschuss kann auf Ad-hoc-Basis Beobachter zu seinen Plenarsitzungen einladen. Insbesondere kann der Ausschuss auf ein entsprechendes Ersuchen hin einen Vertreter des ESM einladen, als Beobachter teilzunehmen.

4.  Der Ausschuss übernimmt die Sekretariatsgeschäfte für seine Plenarsitzungen.

Artikel 48

Beschlussverfahren

1.  Der Ausschuss fasst seine Beschlüsse in der Plenarsitzung mit einfacher Mehrheit seiner in Artikel 39 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Mitglieder. Die in Artikel 46 Absatz 1 Buchstabe c genannten Beschlüsse werden mit Zweidrittelmehrheit dieser Mitglieder gefasst.

2.  Der Exekutivdirektor nimmt an den Abstimmungen teil.

3.  Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung und veröffentlicht sie. In der Geschäftsordnung werden detaillierte Abstimmungsmodalitäten, insbesondere die Bedingungen, unter denen ein Mitglied im Namen eines anderen Mitglieds handeln kann, und, soweit angebracht, die Bestimmungen über die Beschlussfähigkeit festgelegt.

TITEL III

Exekutivsitzung des Ausschusses

Artikel 49

Teilnahme an den Exekutivsitzungen

1.  ▐ Die in Artikel 39 Absatz 1 Buchstaben a bis d genannten Ausschussmitglieder nehmen an den Exekutivsitzungen des Ausschusses teil.

2.  Bei Beratungen über in Artikel 2 genannte Unternehmen oder Unternehmensgruppen, die nur in einem teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassen sind, nimmt an den Beratungen und am Beschlussverfahren gemäß Artikel 51 Absatz 1 auch das von dem betreffenden Mitgliedstaat benannte Mitglied teil.

3.  Bei Beratungen über staatenübergreifende Gruppen nehmen an den Beratungen und am Beschlussverfahren gemäß Artikel 51 Absatz 2auch das von dem Mitgliedstaat, in dem die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde ansässig ist, benannte Mitglied und die von den Mitgliedstaaten, in denen ein Tochterunternehmen oder ein unter die konsolidierte Beaufsichtigung fallendes Unternehmen niedergelassen ist, benannten Mitglieder teil.

3a.  Die in Artikel 39 Absatz 1 Buchstaben a bis d genannten Mitglieder des Ausschusses stellen sicher, dass die Abwicklungsbeschlüsse und -maßnahmen, insbesondere hinsichtlich des Einsatzes des Fonds, durchgehend in den verschiedenen Zusammensetzungen der Exekutivsitzungen des Ausschusses kohärent, sachgerecht und verhältnismäßig sind.

Artikel 50

Aufgaben

1.  Die Plenarsitzung des Ausschusses wird durch eine Exekutivsitzung des Ausschusses unterstützt.

2.  Aufgaben des Ausschusses im Rahmen der Exekutivsitzung:

(a)  Vorbereitung aller in der Plenarsitzung des Ausschusses zu verabschiedenden Beschlüsse,

(b)  Annahme aller Beschlüsse zur Umsetzung dieser Verordnung.

2a.   Zu den Aufgaben des Ausschusses im Rahmen seiner in Absatz 2 genannten Exekutivsitzung gehören:

(-i)  Erstellung, Bewertung und Genehmigung von Abwicklungsplänen gemäß den Artikeln 7 bis 9;

(-ia)  Festlegung der Mindestanforderung an Eigenmittel und abschreibungsfähige Verbindlichkeiten, die Institute und Mutterunternehmen gemäß Artikel 10 einhalten müssen;

(i)  die frühestmögliche Übermittlung des Entwurfs eines Beschlusses gemäß Artikel 16 mit allen relevanten Informationen an die Kommission, damit sie eine Bewertung vornehmen und gemäß Artikel 16 Absatz 6 einen Beschluss mit umfassender Begründung fassen kann;

(ii)  Beschlüsse über Teil II des Ausschusshaushalts (Fonds).

3.  Bei dringendem Bedarf kann der Ausschuss in der Exekutivsitzung bestimmte vorläufige Beschlüsse im Namen der Plenarsitzung des Ausschusses treffen; dies gilt insbesondere in Bezug auf Verwaltungs- und Haushaltsangelegenheiten.

4.  Die Exekutivsitzung des Ausschusses findet auf Initiative des Exekutivdirektors oder auf Antrag eines der Ausschussmitglieder statt.

5.  Der Ausschuss verabschiedet in seiner Plenarsitzung die Geschäftsordnung der Exekutivsitzung.

Artikel 51

Beschlussfassung

1.  Bei Beratungen über einzelne Unternehmen oder Gruppen, die nur in einem teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassen sind, ist der Ausschuss bemüht, in seiner Exekutivsitzung zu einem Konsens zu gelangen. Ist kein Konsens möglich, fasst der Ausschuss seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der in Artikel 39 Absatz 1 Buchstaben a bis d genannten stimmberechtigten Mitglieder und der in Artikel 49 Absatz 2 genannten teilnehmenden Mitglieder. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Exekutivdirektors den Ausschlag.

2.  Bei Beratungen über staatenübergreifende Gruppen ist der Ausschuss bemüht, in seiner Exekutivsitzung zu einem Konsens zu gelangen. Ist kein Konsens möglich, fasst der Ausschuss seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der in Artikel 39 Absatz 1 Buchstaben a bis d genannten stimmberechtigten Mitglieder und der in Artikel 49 Absatz 3 genannten teilnehmenden Mitglieder. Die in Artikel 39 Absatz 1 Buchstaben a bis d genannten Ausschussmitglieder und das von dem Mitgliedstaat, in dem die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde ansässig ist, benannte Mitglied haben jeweils eine Stimme. Das Stimmrecht der nationalen Abwicklungsbehörde jedes teilnehmenden Mitgliedstaats, in dem ein Tochterunternehmen oder ein unter die konsolidierte Beaufsichtigung fallendes Unternehmen niedergelassen ist, entspricht einem Anteil einer Stimme. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Exekutivdirektors den Ausschlag.

3.  Der Ausschuss gibt sich in seiner Exekutivsitzung eine Geschäftsordnung für seine Exekutivsitzungen und veröffentlicht sie.

Exekutivsitzungen des Ausschusses werden vom Exekutivdirektor auf eigene Initiative oder auf Antrag eines seiner Mitglieder einberufen und vom Exekutivdirektor geleitet. Der Ausschuss kann auf seinen Exekutivsitzungen auf Ad-hoc-Basis Beobachter zu seinen Sitzungen einladen. Insbesondere kann der Ausschuss auf ein entsprechendes Ersuchen hin einen Vertreter des ESM einladen, als Beobachter teilzunehmen.

TITEL IV

Exekutivdirektor und stellvertretender Exekutivdirektor

Artikel 52

Ernennung und Aufgaben

1.  Der Ausschuss wird von einem Exekutivdirektor geleitet, der diese Aufgabe als Vollzeitbeschäftigter wahrnimmt und kein anderes Amt auf nationaler Ebene bekleiden darf.

2.  Der Exekutivdirektor hat folgende Aufgaben:

(a)  Vorbereitung der Arbeiten des Ausschusses für die Plenar- und Exekutivsitzungen sowie Einberufung und Wahrnehmung des Vorsitzes der Sitzungen;

(b)  Regelung aller Personalangelegenheiten;

(c)  laufende Verwaltung;

(d)  Ausführung des Haushalts des Ausschusses gemäß Artikel 58 Absatz 3;

(e)  Leitung des Ausschusses;

(f)  Umsetzung des Jahresarbeitsprogramms des Ausschusses;

(g)  jährliche Erstellung eines Berichtsentwurfs mit einem Abschnitt über die Abwicklungstätigkeiten des Ausschusses und einem Abschnitt über finanzielle und administrative Angelegenheiten.

3.  Der Exekutivdirektor wird von einem stellvertretenden Exekutivdirektor unterstützt.

Der stellvertretende Exekutivdirektor nimmt bei Abwesenheit des Exekutivdirektors dessen Aufgaben wahr.

4.  Der Exekutivdirektor und der stellvertretende Exekutivdirektor werden auf der Grundlage ihrer Verdienste, Fähigkeiten, Kenntnisse in Banken- und Finanzfragen sowie ihrer Erfahrung im Bereich der Finanzaufsicht und -regulierung ernannt.

Der Exekutivdirektor und der stellvertretende Exekutivdirektor werden auf der Grundlage eines offenen Auswahlverfahrens ausgewählt, bei dem der Grundsatz der Ausgewogenheit der Geschlechter geachtet wird und über den das Europäische Parlament und der Rat gebührend unterrichtet werden.

5.   Die Kommission stellt dem zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments eine Auswahlliste von Bewerbern für die Positionen des Exekutivdirektors und des stellvertretenden Exekutivdirektors zur Verfügung.

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament einen Vorschlag für die Ernennung des Exekutivdirektors und des stellvertretenden Exekutivdirektors zur Billigung vor. Sobald dieser Vorschlag gebilligt wurde, erlässt der Rat einen Durchführungsbeschluss zur Ernennung des Exekutivdirektors und des stellvertretenden Exekutivdirektors ▐.

6.  Abweichend von Artikel 39 Absatz 2 beträgt die Amtszeit des ersten stellvertretenden Exekutivdirektors, der nach Inkrafttreten dieser Verordnung ernannt wird, drei Jahre; die Amtszeit kann einmalig um fünf Jahre verlängert werden. Der Exekutivdirektor und der stellvertretende Exekutivdirektor bleiben bis zur Ernennung ihrer Nachfolger im Amt.

7.  Ein ▐ stellvertretender Exekutivdirektor, dessen Amtszeit verlängert worden ist, kann bei Ende des Gesamtzeitraums nicht an einem weiteren Auswahlverfahren für die gleiche Stelle teilnehmen.

8.  Erfüllen der Exekutivdirektor oder der stellvertretende Exekutivdirektor die Voraussetzungen für die Ausübung ihres Amtes nicht mehr oder haben sie sich eines schweren Fehlverhaltens schuldig gemacht, kann der Rat auf einen durch das Europäische Parlament gebilligten Vorschlag der Kommission einen Durchführungsbeschluss erlassen, um den Exekutivdirektor oder den stellvertretenden Exekutivdirektor seines Amtes zu entheben.

Für diese Zwecke kann das Europäische Parlament oder der Rat der Kommission mitteilen, dass es/er die Bedingungen für die Abberufung des Exekutivdirektors oder des stellvertretenden Exekutivdirektors von seinem Amt als erfüllt erachtet, worauf die Kommission zu antworten hat.

Artikel 53

Unabhängigkeit

1.  Der Exekutivdirektor und der stellvertretende Exekutivdirektor nehmen ihre Aufgaben in Einklang mit den Beschlüssen der Kommission und des Ausschusses wahr.

Bei den Beratungen und Entscheidungsverfahren im Ausschuss ersuchen der Exekutivdirektor und der stellvertretende Exekutivdirektor die Organe oder Einrichtungen der Union weder um Weisungen noch nehmen sie solche Weisungen entgegen, sondern sie äußern ihre eigenen Ansichten und stimmen unabhängig ab. Der stellvertretende Exekutivdirektor untersteht bei diesen Beratungen und Entscheidungsverfahren nicht den Weisungen des Exekutivdirektors.

2.  Weder die Mitgliedstaaten noch öffentliche oder private Stellen nehmen Einfluss auf die Wahrnehmung der Aufgaben des Exekutivdirektors und des stellvertretenden Exekutivdirektors.

3.  Im Einklang mit dem in Artikel 78 Absatz 6 genannten Statut sind der Exekutivdirektor und der stellvertretende Exekutivdirektor nach ihrem Ausscheiden aus dem Dienst weiterhin verpflichtet, bei der Annahme bestimmter Tätigkeiten oder Vorteile ehrenhaft und zurückhaltend zu sein.

TITEL V

FINANZVORSCHRIFTEN

Kapitel 1

Allgemeine Bestimmungen

Artikel 54

Ressourcen

Der Ausschuss ist dafür verantwortlich, die für die Wahrnehmung der ihm durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben erforderlichen finanziellen Mittel und das dafür erforderliche Personal einzusetzen.

Artikel 55

Haushalt

1.  Alle Einnahmen und Ausgaben des Ausschusses werden für jedes Haushaltsjahr geschätzt und im Haushaltsplan des Ausschusses ausgewiesen; das Haushaltsjahr fällt mit dem Kalenderjahr zusammen.

2.  Der Haushalt des Ausschusses muss hinsichtlich der Einnahmen und der Ausgaben ausgeglichen sein.

3.  Der Haushaltsplan umfasst zwei Teile: Teil I betrifft die Verwaltung des Ausschusses und Teil II den Fonds.

Artikel 56

Teil I des Haushaltsplans: Verwaltung des Ausschusses

1.  Die Einnahmen in Teil I des Haushaltsplans stammen aus den jährlichen Beiträgen zur Deckung der geschätzten jährlichen Verwaltungsausgaben gemäß Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a.

2.  Die Ausgaben in Teil I des Haushaltsplans umfassen mindestens Personalaufwendungen, Entgelte, Verwaltungs- und Infrastrukturausgaben, Ausgaben für berufliche Fortbildung und laufende Kosten.

Artikel 57

Teil II des Haushaltsplans: der Fonds

1.  Die Einnahmen in Teil II des Haushaltsplans stammen insbesondere aus

(a)  Beiträgen von Instituten mit Sitz in den teilnehmenden Mitgliedstaaten gemäß Artikel 62 außer den in Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a genannten Jahresbeiträgen;

(b)  Darlehen von anderen Abwicklungsfinanzierungsmechanismen in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten gemäß Artikel 68 Absatz 1;

(c)  Darlehen von Finanzinstituten oder sonstigen Dritten gemäß Artikel 69, auch im Rahmen der in jenem Artikel genannten Darlehensfazilität;

(d)  Erträgen aus der Anlage der vom Fonds gehaltenen Beträge gemäß Artikel 70.

2.  Die Ausgaben in Teil II des Haushaltsplans umfassen

(a)  Ausgaben für die Zwecke von Artikel 71;

(b)  Anlagen gemäß Artikel 70;

(c)  Zinsen für Darlehen von anderen Abwicklungsfinanzierungsmechanismen in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten gemäß Artikel 68 Absatz 1;

(d)  Zinsen für Darlehen von Finanzinstituten oder sonstigen Dritten gemäß Artikel 69, auch im Rahmen der in jenem Artikel genannten Darlehensfazilität.

Artikel 58

Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans

1.  Der Exekutivdirektor erstellt bis zum 15. Februar eines jeden Jahres einen Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben des Ausschusses für das Folgejahr und legt diesen spätestens am 31. März eines jeden Jahres der Plenarsitzung des Ausschusses zur Genehmigung vor.

2.  Der Haushaltsplan des Ausschusses wird von der Plenarsitzung des Ausschusses auf der Grundlage des Voranschlags verabschiedet. Soweit erforderlich, wird er nach seiner Überwachung und Kontrolle durch den Ausschuss in seiner Plenarsitzung entsprechend angepasst.

3.  Der Exekutivdirektor führt den Haushaltsplan des Ausschusses aus.

Artikel 59

Rechnungsprüfung und Kontrolle

1.  Der Ausschuss schafft eine Stelle für die interne Rechnungsprüfung, die gemäß den einschlägigen internationalen Standards arbeitet. Der interne Prüfer wird vom Ausschuss ernannt und ist diesem gegenüber dafür verantwortlich zu überprüfen, ob die Systeme und Verfahren des Ausschusses für die Ausführung des Haushaltsplans ordnungsgemäß funktionieren.

2.  Der interne Prüfer berät den Ausschuss in Bezug auf den Umgang mit Risiken durch unabhängige Stellungnahmen zur Qualität der Verwaltungs- und Kontrollsysteme und durch Abgabe von Empfehlungen zur Verbesserung der Voraussetzungen für die praktischen Tätigkeiten und Empfehlungen für eine wirtschaftliche Haushaltsführung.

3.  Der Ausschuss ist dafür zuständig, im Hinblick auf die Art seiner Aufgaben geeignete Systeme und Verfahren der internen Kontrolle zu schaffen.

Artikel 60

Rechnungslegung und Entlastung

1.  Der Exekutivdirektor handelt als Weisungsbefugter.

2.  Der Rechnungsführer des Ausschusses übermittelt dem Ausschuss bis zum 1. März des folgenden Haushaltsjahres die vorläufigen Abschlüsse.

3.  Der Ausschuss übermittelt in seiner Exekutivsitzung dem Europäischen Parlament, dem Rat, der Kommission und dem Rechnungshof bis zum 31. März jedes Jahres die vorläufigen Abschlüsse des Ausschusses für das abgelaufene Haushaltsjahr.

4.  Nach Eingang der Bemerkungen des Rechnungshofs zu den vorläufigen Abschlüssen des Ausschusses erstellt der Exekutivdirektor in eigener Verantwortung den endgültigen Jahresabschluss des Ausschusses und legt ihn der Plenarsitzung des Ausschusses zur Genehmigung vor.

5.  Der Exekutivdirektor übermittelt dem Europäischen Parlament, dem Rat, der Kommission und dem Rechnungshof vor dem 1. Juli des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres den endgültigen Jahresabschluss.

6.  Der Exekutivdirektor übermittelt dem Rechnungshof vor dem 1. Juli eine Antwort auf dessen Bemerkungen.

7.  Der endgültige Jahresabschluss wird bis zum 15. November des folgenden Jahres im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

8.  Der Ausschuss erteilt dem Exekutivdirektor in seiner Plenarsitzung Entlastung für die Ausführung des Haushaltsplans.

9.  Der Exekutivdirektor unterbreitet dem Europäischen Parlament auf dessen Anfrage alle im Zusammenhang mit der Buchführung des Ausschusses erforderlichen Informationen.

9a.  Nach der Überprüfung des vom Ausschuss gemäß Artikel 60 erstellten endgültigen Jahresabschlusses erstellt der Rechnungshof einen Bericht über seine Feststellungen und legt ihn vor dem 1. Dezember des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres dem Europäischen Parlament und dem Rat vor.

9b.  Der Rechnungshof erstattet insbesondere Bericht über

(a)  die Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Wirksamkeit der Verwendung der Mittel (einschließlich der Mittel aus dem Fonds);

(b)  alle Eventualverbindlichkeiten (für den Ausschuss, die Kommission oder sonstige), die daraus resultieren, dass die Kommission und der Ausschuss ihre Aufgaben gemäß der vorliegenden Verordnung wahrnehmen.

Artikel 61

Finanzvorschriften

Der Ausschuss legt nach Anhörung des Rechnungshofes der Europäischen Union und der Kommission interne Finanzvorschriften fest, die insbesondere das Verfahren für die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans regeln.

Soweit mit den Besonderheiten des Ausschusses vereinbar, beruhen die Finanzvorschriften auf der Rahmenfinanzregelung für Einrichtungen, die gemäß dem AEUV geschaffen wurden, nach Artikel 208 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates(13).

Artikel 62

Beiträge

1.  Die in Artikel 2 genannten Unternehmen tragen zum Haushalt des Ausschusses gemäß dieser Verordnung und den nach Absatz 5 erlassenen delegierten Rechtsakten über Beiträge bei. Die Beiträge umfassen

(a)  jährliche Beiträge zur Deckung der Verwaltungsausgaben,

(b)  jährliche Ex-ante-Beiträge, die zur Erreichung der gemäß Artikel 66 berechneten Zielausstattung des in Artikel 65 genannten Fonds erforderlich sind,

(c)  außerordentliche Ex-post-Beiträge, die nach Artikel 67 berechnet werden.

2.  Die Höhe der Beiträge wird so festgelegt, dass die diesbezüglichen Einnahmen grundsätzlich ausreichen, den Haushalt des Ausschusses jedes Jahr auszugleichen und den Auftrag des Fonds zu erfüllen.

3.  Der Ausschuss legt nach Anhörung der zuständigen Behörde gemäß den in Absatz 5 genannten delegierten Rechtsakten die Beiträge der in Artikel 2 genannten Unternehmen jeweils in einem an das betroffene Unternehmen gerichteten Beschluss fest. Der Ausschuss wendet Regeln über die anzuwendenden Verfahren und das Berichtswesen sowie weitere Vorschriften an, damit die Beiträge vollständig und pünktlich gezahlt werden.

4.  Die nach den Absätzen 1, 2 und 3 erhobenen Beträge werden ausschließlich für die Zwecke dieser Verordnung verwendet.

5.  Der Kommission wird die Befugnis übertragen, im Einklang mit Artikel 82 delegierte Rechtsakte über Beiträge zu erlassen, um Folgendes festzulegen:

(a)  die Art der Beiträge und die Angelegenheiten, für die Beiträge fällig werden, die Methode zur Berechnung der Beiträge und die Art, wie sie zu zahlen sind;

(b)  die in Absatz 3 genannten Registrierungs-, Rechnungslegungs- und Berichtspflichten sowie weitere Vorschriften zur Sicherstellung der vollständigen und pünktlichen Entrichtung der Beiträge;

(c)  das Beitragssystem für Institute, deren Geschäftstätigkeit nach Erreichung der Zielausstattung des Fonds zugelassen wird;

(d)  die jährlichen Beiträge zur Deckung der Verwaltungsausgaben bis zur vollständigen Arbeitsaufnahme des Ausschusses.

Artikel 63

Betrugsbekämpfung

1.  Zur Erleichterung der Bekämpfung von Betrug, Korruption und sonstigen rechtswidrigen Handlungen nach der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 tritt der Ausschuss innerhalb von sechs Monaten nach dem Tag der Aufnahme seiner Tätigkeiten der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 25. Mai 1999 über interne Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) bei und verabschiedet nach dem Muster in der Anlage zu der Vereinbarung geeignete Bestimmungen, die für sämtliche Mitarbeiter des Ausschusses gelten.

2.  Der Europäische Rechnungshof ist befugt, bei Empfängern, Auftragnehmern und Unterauftragnehmern, die vom Ausschuss Gelder erhalten haben, Rechnungsprüfungen anhand von Unterlagen und vor Ort durchzuführen.

3.  Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) kann gemäß den Vorschriften und Verfahren, die in der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 und in der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 niedergelegt sind, Untersuchungen einschließlich Kontrollen und Überprüfungen vor Ort durchführen, um festzustellen, ob im Zusammenhang mit einem vom Ausschuss finanzierten Vertrag ein Betrugs- oder Korruptionsdelikt oder eine sonstige rechtswidrige Handlung, die den finanziellen Interessen der Union schadet, vorliegt.

Kapitel 2

Der einheitliche Bankenabwicklungsfonds

Abschnitt 1

Bildung des Fonds

Artikel 64

Allgemeine Bestimmungen

1.  Hiermit wird der einheitliche Bankenabwicklungsfonds errichtet.

2.  Der Ausschuss bedient sich des Fonds ausschließlich zu dem Zweck, den effizienten Einsatz der ▐ Abwicklungsinstrumente und -befugnisse ▌gemäß den ▐ Abwicklungszielen und -grundsätzen sicherzustellen. Der Unionshaushalt oder die nationalen Haushalte der Mitgliedstaaten werden unter keinen Umständen für Aufwendungen oder Verluste des Fonds oder für Verbindlichkeiten des Ausschusses haftbar gemacht.

3.  Eigentümer des Fonds ist der Ausschuss.

Artikel 65

Zielausstattung

1.  Während eines Zeitraums von höchstens zehn Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung müssen die verfügbaren Mittel des Fonds mindestens den in Artikel 93 Absatz 1 der Richtlinie [BRRD]vorgesehenen Prozentsatz der gemäß der Richtlinie [DGS] gedeckten Einlagen aller in den teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Kreditinstitute erreichen.

2.  In der ersten Phase des in Absatz 1 genannten Zeitraums werden die gemäß Artikel 66 berechneten und nach Artikel 62 erhobenen Beiträge zum Fonds zeitlich so gleichmäßig wie möglich gestaffelt, bis die Zielausstattung erreicht ist, es sei denn, sie können in Anbetracht einer günstigen Marktlage oder des Bedarfs des Fonds vorgezogen werden.

3.  Der Ausschuss kann die erste Phase um höchstens vier Jahre verlängern, wenn der Fonds insgesamt Auszahlungen von mehr als dem in Artikel 93 Absatz 2 der Richtlinie [BRRD] vorgesehenen Prozentsatz des in Absatz 1 genannten Gesamtbetrags vornimmt.

4.  Liegt nach der in Absatz 1 genannten ersten Phase der Betrag der verfügbaren Mittel unter der in Absatz 1 genannten Zielausstattung, werden nach Artikel 66 berechnete Beiträge erhoben, bis die Zielausstattung erreicht ist. Liegt der Betrag der verfügbaren Finanzmittel unter der Hälfte der Zielausstattung, werden die jährlichen Beiträge gemäß Artikel 93 Absatz 3 der Richtlinie [BRRD] festgelegt.

5.  Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 82 zu erlassen, in denen Folgendes festgelegt wird:

(a)  Kriterien für die zeitliche Staffelung der nach Absatz 2 berechneten Beiträge zum Fonds,

(b)  Umstände, unter denen die Entrichtung von Beiträgen ▌gemäß Absatz 2 vorgezogen werden kann,

(c)  Kriterien für die Festlegung der Anzahl der Jahre, um die die in Absatz 1 genannte erste Phase gemäß Absatz 3 verlängert werden kann,

(d)  Kriterien für die Festlegung der jährlichen Beiträge nach Absatz 4.

Artikel 66

Ex-ante-Beiträge

1.  Die Beiträge der einzelnen Institute werden mindestens jährlich erhoben und anteilig zur Gesamthöhe ihrer Verbindlichkeiten – ohne Eigenmittel und gedeckte Einlagen – im Verhältnis zur Gesamthöhe der Verbindlichkeiten – ohne Eigenmittel und gedeckte Einlagen – aller im Hoheitsgebiet der teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute berechnet.

Die Beiträge werden gemessen am Risikoprofil der einzelnen Institute anhand der Kriterien angepasst, die in den in Artikel 94 Absatz 7 der Richtlinie [BRRD] genannten delegierten Rechtsakten festgelegt sind.

2.  Die verfügbaren Finanzmittel, die mit Blick auf die Erreichung der Zielausstattung gemäß Artikel 65 zu berücksichtigen sind, können Barmittel, geldwerte Äquivalente, unter der Mindestliquiditätsquote als hochwertige liquide Vermögenswerte zugelassene Aktiva oder Zahlungsverpflichtungen umfassen, die in vollem Umfang durch Aktiva mit niedrigem Risiko abgesichert sind, welche nicht durch Rechte Dritter belastet, frei verfügbar und ausschließlich der Verwendung durch den Ausschuss für die in Artikel 71 Absatz 1 genannten Zwecke vorbehalten sind. Der Anteil dieser unwiderruflichen Zahlungsverpflichtungen darf den in Artikel 94 Absatz 3 der Richtlinie [BRRD] vorgesehen Prozentsatz des Gesamtbetrags der gemäß Absatz 1 erhobenen Beiträge nicht übersteigen.

2a.  Die einzelnen Beiträge der in Absatz 1 genannten Institute sind endgültig und dürfen unter keinen Umständen rückwirkend erstattet werden.

2b.  Haben teilnehmende Mitgliedstaaten bereits nationale Abwicklungsfinanzierungsmechanismen eingerichtet, können sie vorsehen, dass diese Mechanismen ihre verfügbaren Finanzmittel, die sie in der Vergangenheit durch Ex-ante-Beiträge der Institute beschafft haben, einsetzen, um den Instituten einen Ausgleich für die Ex-ante-Beiträge zu gewähren, die sie u. U. an den Fonds abzuführen haben. Die den Mitgliedstaaten aus der Richtlinie 94/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates erwachsenden Verpflichtungen bleiben von einer solchen Erstattung unberührt.

3.  Der Kommission wird unbeschadet von Absatz 1 Unterabsatz 2 die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 82 zu erlassen, in denen Folgendes festgelegt wird:

(a)  die Methode zur Berechnung der einzelnen in Absatz 1 genannten Beiträge;

(b)  die Qualität der Sicherheiten, mit denen die in Absatz 2 genannten Zahlungsverpflichtungen unterlegt sind;

(c)  die Kriterien für die Berechnung des Anteils der in Absatz 2 genannten Zahlungsverpflichtungen.

Artikel 67

Außerordentliche Ex-post-Beiträge

1.  Reichen die verfügbaren Finanzmittel nicht aus, um Verluste, Kosten und sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des Fonds zu decken, erhebt der Ausschuss im Einklang mit Artikel 62 von den im Hoheitsgebiet der teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Instituten außerordentliche Ex-post-Beiträge, um die zusätzlichen Aufwendungen zu decken. Die Berechnung der auf die einzelnen Institute entfallenden außerordentlichen Beiträge erfolgt gemäß den in den Artikeln 66 und 95 festgelegten Regeln und gemäß Artikel 95 Absatz 1 der Richtlinie [BRRD].

2.  Der Ausschuss kann im Einklang mit den in Absatz 3 genannten delegierten Rechtsakten ein Institut ganz oder teilweise von der Verpflichtung zur Zahlung außerordentlicher Ex-post-Beiträge gemäß Absatz 1 befreien, wenn die Summe der Zahlungen nach Artikel 66 und nach Absatz 1 dieses Artikels die Begleichung von Forderungen anderer Gläubiger gegen dieses Institut gefährden würde. Eine solche Befreiung wird für höchstens sechs Monate gewährt, kann aber auf Antrag des Instituts erneuert werden.

3.  Der Kommission wird die Befugnis übertragen, im Wege delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 82 die Umstände und Bedingungen festzulegen, unter denen ein in Artikel 2 genanntes Unternehmen teilweise oder ganz von außerordentlichen Ex-post-Beiträgen gemäß Absatz 2 befreit werden kann.

Artikel 68

Freiwillige Darlehen zwischen Finanzierungsmechanismen

1.  Der Ausschuss kann beantragen, für den Fonds Darlehen bei allen anderen Abwicklungsfinanzierungsmechanismen in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten aufzunehmen, falls

(a)  die nach Artikel 66 erhobenen Beträge nicht ausreichen, um die im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des Fonds entstandenen Verluste, Kosten und sonstigen Aufwendungen zu decken;

(b)  die in Artikel 67 vorgesehenen außerordentlichen Ex-post-Beiträge nicht unmittelbar verfügbar sind.

2.  Die genannten Abwicklungsfinanzierungsmechanismen entscheiden über einen solchen Antrag gemäß Artikel 97 der Richtlinie [BRRD]. Die Darlehensbedingungen unterliegen Artikel 97 Absatz 3 Buchstaben a, b und c dieser Richtlinie.

Artikel 69

Alternative Finanzierungsmöglichkeiten

1.  Der Ausschuss bemüht sich darum, für den Fonds bei Finanzinstituten oder anderen Dritten Darlehen aufzunehmen oder andere Formen der Unterstützung vertraglich zu vereinbaren, falls die nach den Artikeln 66 und 67 erhobenen Beträge nicht unmittelbar verfügbar sind oder nicht ausreichen, um die durch die Inanspruchnahme des Fonds entstandenen Aufwendungen zu decken.

Insbesondere bemüht sich der Ausschuss darum, für den Fonds eine Darlehensfazilität in Anspruch zu nehmen, vorzugsweise durch Anwendung eines europäischen öffentlichen Instruments, damit angemessene Finanzmittel für eine Verwendung gemäß Artikel 71 zur Verfügung stehen, wenn die gemäß den Artikeln 66 und 67 erhobenen oder zur Verfügung stehenden Beträge nicht ausreichen. Darlehen aus dieser Darlehensfazilität werden vom Fonds innerhalb einer vereinbarten Frist zurückgezahlt.

2.  Die in Absatz 1 erwähnten Darlehen oder andere Formen der Unterstützung werden im Einklang mit Artikel 62 innerhalb der Laufzeit der Ausleihung voll zurückgezahlt.

3.  Aufwendungen, die durch die Inanspruchnahme der in Absatz 1 genannten Darlehen entstehen, sind vom Ausschuss selbst und nicht vom Haushalt der Union oder von den teilnehmenden Mitgliedstaaten zu tragen.

Abschnitt 2

Verwaltung des Fonds

Artikel 70

Anlagen

1.  Der Ausschuss verwaltet den Fonds und kann die Kommission ersuchen, bestimmte Aufgaben im Zusammenhang mit der Verwaltung des Fonds wahrzunehmen.

2.  Die von einem in Abwicklung befindlichen Institut oder einem Brückeninstitut eingegangenen Beträge, Zinsen und sonstigen Erträge aus Anlagen und etwaigen weiteren Einnahmen werden ausschließlich dem Fonds zugeführt.

3.  Der Ausschuss verfolgt eine umsichtige und sichere Anlagepolitik, insbesondere indem er die im Fonds gehaltenen Beträge ▐ in Vermögenswerten hoher Bonität anlegt. Die Anlagen sollten sektoral und geografisch ausreichend diversifiziert sein, um das Konzentrationsrisiko zu mildern. Die Einkünfte aus diesen Anlagen werden dem Fonds zugeführt. Der Ausschuss veröffentlicht einen Investitionsrahmen mit einer Beschreibung der Anlagepolitik des Fonds.

4.  Der Kommission wird die Befugnis übertragen, nach dem in Artikel 82 festgelegten Verfahren delegierte Rechtsakte über die detaillierten Regeln zur Verwaltung des Fonds zu erlassen.

Abschnitt 3

Inanspruchnahme des Fonds

Artikel 71

Auftrag des Fonds

1.  In dem von der Kommission beschlossenen Rahmen kann der Ausschuss bei der Anwendung der Abwicklungsinstrumente auf in Artikel 2 genannte Unternehmen den Fonds zu folgenden Zwecken heranziehen:

(a)  für die Besicherung der Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten des in Abwicklung befindlichen Instituts, seiner Tochterunternehmen, eines Brückeninstituts oder einer für die Vermögensverwaltung gegründeten Zweckgesellschaft;

(b)  für die Gewährung von Darlehen an das in Abwicklung befindliche Institut, seine Tochterunternehmen, ein Brückeninstitut oder eine für die Vermögensverwaltung gegründete Zweckgesellschaft;

(c)  für den Erwerb von Vermögenswerten des in Abwicklung befindlichen Instituts;

(d)  zur Kapitalisierung eines Brückeninstituts oder einer für die Vermögensverwaltung gegründeten Zweckgesellschaft;

(e)  für Entschädigungszahlungen an Anteilsinhaber oder Gläubiger, falls sie nach einer Bewertung gemäß Artikel 17 Absatz 5 in Gegenleistung für ihre Forderungen eine weniger hohe Zahlung erhalten haben als sie nach einer Bewertung gemäß Artikel 16 bei einer Liquidation im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens erhalten hätten;

(f)  um anstelle des Beitrags, der durch die Abschreibung bestimmter Gläubiger bei Anwendung des Bail-in-Instruments und bei einem Beschluss der Abwicklungsbehörde zum Ausschluss bestimmter Gläubiger vom Anwendungsbereich des Bail-in gemäß Artikel 24 Absatz 3 erzielt worden wäre, einen Beitrag an das in Abwicklung befindliche Institut zu leisten;

(g)  für eine beliebige Kombination der unter den Buchstaben a bis f genannten Maßnahmen.

2.  Der Fonds kann im Kontext des Instruments der Unternehmensveräußerung auch für unter den Buchstaben a bis g genannte Maßnahmen in Bezug auf den Erwerber in Anspruch genommen werden.

3.  Der Fonds darf nicht unmittelbar herangezogen werden, um die Verluste eines Instituts oder eines in Artikel 2 genannten Unternehmens auszugleichen oder ein Institut oder ein in Artikel 2 genanntes Unternehmen zu rekapitalisieren. Führt die Inanspruchnahme des Abwicklungsfinanzierungsmechanismus für die in Absatz 1 genannten Zwecke indirekt dazu, dass ein Teil der Verluste eines Instituts oder eines in Artikel 2 genannten Unternehmens an den Fonds weitergegeben werden, gelten die in Artikel 38 der Richtlinie [BRRD] und Artikel 24 für die Inanspruchnahme des Abwicklungsfinanzierungsmechanismus aufgeführten Grundsätze.

4.  Der Ausschuss darf das Kapital, das gemäß Absatz 1 Buchstabe f beigetragen wurde, höchstens für einen Zeitraum von fünf Jahren halten.

Artikel 72

Gegenseitige Unterstützung der nationalen Finanzierungsmechanismen bei Gruppenabwicklungen, von denen Institute in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten betroffen sind

Bei einer Gruppenabwicklung, von der einerseits in einem oder mehreren teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassene Institute und andererseits in einem oder mehreren nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassene Institute betroffen sind, trägt der Fonds gemäß Artikel 98 der Richtlinie [BRRD] zur Finanzierung der Gruppenabwicklung bei.

TITEL VI

Sonstige Bestimmungen

Artikel 74

Vorrechte und Befreiungen

Das Protokoll (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union im Anhang zum Vertrag über die Europäische Union und zum Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union gilt für den Ausschuss und dessen Personal.

Artikel 75

Sprachenregelung

1.  Für den Ausschuss gilt die Verordnung Nr. 1 des Rates(14).

2.  Der Ausschuss entscheidet über die interne Sprachregelung des Ausschusses.

3.  Der Ausschuss kann darüber entscheiden, welche der Amtssprachen er bei der Übermittlung von Dokumenten an Organe oder Einrichtungen der Union benutzt.

4.  Der Ausschuss kann sich mit jeder nationalen Abwicklungsbehörde über die Sprache oder die Sprachen einigen, in der/denen die an die nationale Abwicklungsbehörde oder von ihr zu übermittelnden Dokumente abgefasst sein sollen.

5.  Die für die Arbeit des Ausschusses erforderlichen Übersetzungsaufgaben werden vom Übersetzungszentrum für die Einrichtungen der Europäischen Union übernommen.

Artikel 76

Personal des Ausschusses

1.  Das Statut der Beamten und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten sowie die einvernehmlich von den Organen und Einrichtungen der Union zur Anwendung dieses Statuts der Beamten und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten erlassenen Vorschriften gelten für das Personal des Ausschusses einschließlich des Exekutivdirektors und des stellvertretenden Exekutivdirektors.

2.  Der Ausschuss erlässt im Einvernehmen mit der Kommission geeignete Durchführungsbestimmungen zur Anwendung des Statuts der Beamten und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten gemäß Artikel 110 dieses Statuts.

Artikel 76a

Organisation des Personals des Ausschusses

1.  Der Ausschuss kann interne Abwicklungsteams einrichten, die sich aus Mitarbeitern der nationalen Abwicklungsbehörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten und aus eigenen Mitarbeitern zusammensetzen.

2.  Richtet der Ausschuss interne Abwicklungsteams gemäß Absatz 1 ein, ernennt er Koordinatoren derjenigen Teams, die sich aus eigenen Mitarbeitern zusammensetzen. Gemäß Artikel 47 Absatz 3 können die Koordinatoren als Beobachter zur Teilnahme an den Exekutivsitzungen des Ausschusses eingeladen werden, an der die von den jeweiligen Mitgliedstaaten ernannten Mitglieder gemäß Artikel 49 Absätze 2 und 3 teilnehmen.

3.  Der Ausschuss kann interne Ausschüsse einsetzen, die die Aufgabe haben, ihn bei der Wahrnehmung seiner Funktionen nach dieser Verordnung zu beraten und Anleitung zu geben.

Artikel 77

Austausch von Personal

1.  Der Ausschuss kann entsandte nationale Sachverständige oder anderes nicht vom Ausschuss eingestelltes Personal heranziehen.

2.  Der Ausschuss verabschiedet in seiner Plenarsitzung einen geeigneten Beschluss zur Festlegung von Vorschriften über Austausch und Entsendung von Mitarbeitern sowohl zwischen den nationalen Abwicklungsbehörden der teilnehmenden Mitgliedstaaten als auch zwischen diesen Behörden und dem Ausschuss.

Artikel 78

Haftung des Ausschusses

1.  Die vertragliche Haftung des Ausschusses bestimmt sich nach dem Recht, das auf den betreffenden Vertrag anzuwenden ist.

2.  Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für Entscheidungen aufgrund einer Schiedsklausel in einem vom Ausschuss geschlossenen Vertrag zuständig.

3.  Im Bereich der außervertraglichen Haftung ersetzt der Ausschuss den durch ihn oder seine Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit, insbesondere ihrer Abwicklungsfunktionen einschließlich Handlungen und Unterlassungen zugunsten ausländischer Abwicklungsverfahren, verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten die Haftung der öffentlichen Stellen für Schäden regeln.

4.  Der Ausschuss entschädigt eine nationale Abwicklungsbehörde eines teilnehmenden Mitgliedstaats für Schadenersatz, zu dem sie von einem nationalen Gericht verurteilt wurde oder zu dem sie sich in Absprache mit dem Ausschuss im Rahmen einer gütlichen Regelung verpflichtet hat und der sich aus einer Handlung oder Unterlassung dieser nationalen Abwicklungsbehörde im Zuge einer Abwicklung nach dieser Verordnung ergeben hat, es sei denn, diese Handlung oder Unterlassung stellt einen vorsätzlichen Verstoß gegen Unionsrecht, diese Verordnung oder einen Beschluss der Kommission oder des Ausschusses dar oder der Verstoß ist auf einen offensichtlichen und schweren Beurteilungsfehler zurückzuführen.

5.  Der Gerichtshof der Europäischen Union ist bei jeder Streitigkeit im Zusammenhang mit den Absätzen 3 und 4 zuständig. Die aus außervertraglicher Haftung hergeleiteten Ansprüche verjähren fünf Jahre nach Eintritt des Ereignisses, das ihnen zugrunde liegt.

6.  Die persönliche Haftung der Mitarbeiter gegenüber dem Ausschuss unterliegt dem Statut bzw. den für sie geltenden Beschäftigungsbedingungen.

Artikel 79

Berufsgeheimnis und Informationsaustausch

1.  Die Mitglieder des Ausschusses, sein Personal und Mitarbeiter, die im Rahmen eines Austauschs mit oder einer Entsendung von den Mitgliedstaaten Abwicklungsaufgaben wahrnehmen, sind nach Artikel 339 AEUV und den einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts verpflichtet, auch nach Beendigung ihrer Amtstätigkeit das Berufsgeheimnis zu wahren.

2.  Der Ausschuss stellt sicher, dass Einzelpersonen, die direkt oder indirekt, ständig oder gelegentlich Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Aufsichtsaufgaben erbringen, einschließlich Beamte des Ausschusses oder anderer durch ihn ermächtigte Personen oder Personen, die von den nationalen Abwicklungsbehörden ernannt wurden, um Prüfungen vor Ort vorzunehmen, entsprechenden Pflichten zur Wahrung des Berufsgeheimnisses unterliegen.

2a.  Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Pflichten zur Wahrung des Berufsgeheimnisses gelten auch für Beobachter, die ad hoc an den Ausschusssitzungen teilnehmen.

2b.  Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Pflichten zur Wahrung des Berufsgeheimnisses gelten unbeschadet der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001.

3.  Zum Zweck der Wahrnehmung der ihm durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben ist der Ausschuss befugt, innerhalb der in den einschlägigen Rechtsakten der Union festgelegten Grenzen und gemäß den darin vorgesehenen Bedingungen Informationen mit nationalen Behörden oder Behörden der Union und sonstigen Einrichtungen in den Fällen auszutauschen, in denen das Unionsrecht es den zuständigen nationalen Behörden ermöglicht, solchen Stellen Informationen zu übermitteln, oder in denen die Mitgliedstaaten nach Unionsrecht eine solche Offenlegung vorsehen können.

Artikel 80

Zugang zu Informationen und Verarbeitung personenbezogener Daten

4.  Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Ausschuss unterliegt der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates(15). Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die nationalen Abwicklungsbehörden unterliegt der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(16).

4a.  Die von den Entscheidungen des Ausschusses betroffenen Personen haben vorbehaltlich des legitimen Interesses anderer Personen an dem Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse das Recht auf Zugang zu den Akten des Ausschusses. Das Recht auf Akteneinsicht gilt nicht für vertrauliche Informationen.

Artikel 81

Sicherheitsvorschriften für den Schutz von Verschlusssachen und nicht als Verschlusssache eingestuften vertraulichen Informationen

Der Ausschuss wendet die Sicherheitsgrundsätze gemäß den Sicherheitsvorschriften der Kommission für den Schutz von Verschlusssachen der Europäischen Union und nicht als Verschlusssache eingestuften sensiblen Informationen an, die im Anhang des Beschlusses 2001/844/EG, EGKS, Euratom festgelegt sind. Die Anwendung der Sicherheitsgrundsätze umfasst unter anderem Bestimmungen über den Austausch, die Verarbeitung und die Speicherung solcher Informationen.

TEIL IV

DURCHFÜHRUNGSBEFUGNISSE UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 82

Ausübung der Befugnisübertragung

1.  Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

2.  Die Befugnisübertragung gilt ab dem in Artikel 88 angegebenen Datum auf unbestimmte Zeit.

2a.  Die Kohärenz zwischen dieser Verordnung und der Richtlinie [BRRD] ist zu gewährleisten. Delegierte Rechtsakte, die aufgrund dieser Verordnung erlassen werden, müssen mit der Richtlinie [BRRD] und den gemäß dieser Richtlinie erlassenen delegierten Rechtsakten kohärent sein.

3.  Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 19 Absatz 4a, Artikel 62 Absatz 5, Artikel 65 Absatz 5, Artikel 66 Absatz 3 und Artikel 70 Absatz 4 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der darin genannten Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem in dem Beschluss angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird davon nicht berührt.

4.  Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

5.  Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 62 Absatz 5, Artikel 65 Absatz 5, Artikel 66 Absatz 3, Artikel 67 Absatz 3 und Artikel 70 Absatz 4 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn das Europäische Parlament und der Rat binnen drei Monaten nach seiner Übermittlung keine Einwände gegen ihn erheben oder wenn sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat der Kommission vor Ablauf dieser Frist mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Diese Frist wird auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates um drei Monate verlängert.

Artikel 83

Überprüfung

1.  Die Kommission veröffentlicht bis zum 31. Dezember 2016 und danach alle fünf Jahre einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung, wobei sie einen besonderen Schwerpunkt auf die Überwachung der möglichen Auswirkungen auf das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts legt. In diesem Bericht wird Folgendes bewertet:

(a)  das Funktionieren des SRM und die Auswirkungen seiner Abwicklungstätigkeiten auf die Interessen der Union als Ganzes und auf die Kohärenz und Integrität des Binnenmarkts für Finanzdienstleistungen, einschließlich der möglichen Auswirkungen auf die Strukturen der nationalen Bankensysteme innerhalb der Union, auf ihre Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu anderen Bankensystemen außerhalb des SRMund außerhalb der Union, und in Bezug auf die Wirksamkeit der Zusammenarbeit und der Informationsaustauschregelungen innerhalb des SRM, zwischen dem SRM und dem SSM sowie zwischen dem SRM und den nationalen Abwicklungsbehörden und nationalen zuständigen Behörden der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten.

In dem Bericht wird insbesondere bewertet, ob

(i)  es notwendig ist, dass die dem Ausschuss und der Kommission durch diese Verordnung übertragenen Funktionen ausschließlich durch ein unabhängiges Organ bzw. eine unabhängige Einrichtung der Union ausgeübt werden;

(ii)  die Zusammenarbeit zwischen dem SRM, dem SSM, der EBA, der ESMA und der EIOPA sowie den anderen Behörden, die dem EFSF angehören, sachgerecht ist;

(iii)  das Anlageportfolio nach Artikel 70 dieser Verordnung aus sicheren und diversifizierten Vermögenswerten besteht;

(iv)  die Verknüpfung von Staatsschulden und Bankrisiko beseitigt wurde;

(v)  die Regelungen über Abstimmungen sachgerecht sind;

(vi)  ein Referenzwert mit Bezug auf die gesamten Verbindlichkeiten aller in den teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Kreditinstitute eingeführt werden sollte, der zusätzlich zu der Zielausstattung zu erreichen wäre, die als Prozentsatz der gedeckten Einlagen dieser Institute festgelegt würde;

(vii)  die für den Fonds festgelegte Zielausstattung und die Höhe der Beiträge zum Fonds den Zielausstattungen und der Höhe der Beiträge entsprechen, die durch nicht teilnehmende Mitgliedstaaten vorgeschrieben werden.

In dem Bericht sind auch mögliche Vertragsänderungen aufzuzeigen, die für die Ausstattung des SRM notwendig sind, insbesondere die mögliche Einrichtung einer unabhängigen Einrichtung der Union, um die dem Ausschuss und der Kommission durch diese Verordnung übertragenen Funktionen auszuüben;

(b)  die Wirksamkeit der Regelungen bezüglich der Unabhängigkeit und der Verantwortlichkeit;

(c)  das Zusammenspiel zwischen dem Ausschuss und der EBA;

(d)  das Zusammenspiel zwischen dem Ausschuss und den nationalen Abwicklungsbehörden der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten und die Auswirkungen des SRM auf diese Mitgliedstaaten sowie das Zusammenspiel zwischen dem Ausschuss und Behörden von Drittländern im Sinne von Artikel 2 Nummer 80 der Richtlinie [BRRD].

2.  Der Bericht wird dem Europäischen Parlament und dem Rat übermittelt. Die Kommission macht, falls zweckmäßig, begleitende Vorschläge.

2a.  Eine etwaige Überprüfung der Richtlinie [BRRD] muss, soweit angemessen, mit einer entsprechenden Überprüfung dieser Verordnung einhergehen.

Artikel 84

Änderungen der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010

Die Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 wird wie folgt geändert:

1.  Artikel 4 Nummer 2 erhält folgende Fassung:"

„(2) „zuständige Behörden“

   (i) zuständige Behörden im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 40 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2007/64/EG sowie solche, die in der Richtlinie 2009/110/EG genannt sind;
   (ii) in Bezug auf die Richtlinien 2002/65/EG und 2005/60/EG die Behörden, die dafür zuständig sind, die Einhaltung der Anforderungen der genannten Richtlinien durch die Kredit- und Finanzinstitute sicherzustellen;
   (iii) in Bezug auf Einlagensicherungssysteme Einrichtungen, die Einlagensicherungssysteme nach der Richtlinie [DGS] verwalten, oder in dem Fall, dass der Betrieb des Einlagensicherungssystems von einer privaten Gesellschaft verwaltet wird, die Behörde, die solche Systeme gemäß der genannten Richtlinie beaufsichtigt; ▌
   (iv) in Bezug auf Artikel 62 Absatz 5, Artikel 65 Absatz 5, Artikel 66 Absatz 3, Artikel 67 Absatz 4 und Artikel 70 Absatz 4 Abwicklungsbehörden wie in Artikel 3 der Richtlinie [BRRD] definiert und den mit der Verordnung (EU) Nr. …/… des Europäischen Parlaments und des Rates [SRM] geschaffenen Ausschuss für die einheitliche Abwicklung.“

"

2.  In Artikel 25 wird folgender Absatz eingefügt:"

„1a. Die Behörde kann Peer Reviews bezüglich des Informationsaustauschs und der gemeinsamen Aktivitäten des Ausschuss für die einheitliche Abwicklung und der nationalen Abwicklungsbehörden der nicht am SRM teilnehmenden Mitgliedstaaten bei der Abwicklung staatenübergreifender Gruppen organisieren und durchführen, um die Wirksamkeit und Kohärenz der Ergebnisse zu verstärken. Zu diesem Zweck konzipiert die Behörde Methoden, die eine objektive Bewertung und objektive Vergleiche ermöglichen.“

"

3.  In Artikel 40 Absatz 6 wird der folgende Unterabsatz 3 angefügt:"

„Für die Zwecke seiner Funktion aufgrund von Artikel 62 Absatz 5, Artikel 65 Absatz 5, Artikel 66 Absatz 3, Artikel 67 Absatz 4 und Artikel 70 Absatz 4 übt der Exekutivdirektor des Ausschusses für die einheitliche Abwicklung im Rat der Aufseher eine Beobachterrolle aus.“

"

Artikel 85

Ersetzung der nationalen Abwicklungsfinanzierungsmechanismen

Ab dem in Artikel 88 Unterabsatz 2 genannten Geltungsbeginn wird der Fonds den Abwicklungsfinanzierungsmechanismus der teilnehmenden Mitgliedstaaten gemäß Titel VII der Richtlinie [BRRD] ersetzen.

Artikel 86

Sitzabkommen und Bedingungen der Funktionsweise

1.  Die notwendigen Vorkehrungen im Hinblick auf die Unterbringung des Ausschusses im Sitzmitgliedstaat und die von diesem Mitgliedstaat zur Verfügung zu stellenden Einrichtungen werden zusammen mit den spezifischen im Sitzmitgliedstaat für den Exekutivdirektor, die Mitglieder des Ausschusses in seinen Plenarsitzungen, das Personal des Ausschusses sowie deren Familienmitglieder geltenden Vorschriften in einem Sitzabkommen zwischen dem Ausschuss und dem Sitzmitgliedstaat festgelegt; dieses Abkommen wird geschlossen, nachdem der Ausschuss in seiner Plenarsitzung seine Zustimmung erteilt hat, und tritt spätestens zwei Jahre nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung in Kraft.

2.  Der Sitzmitgliedstaat des Ausschusses schafft die bestmöglichen Voraussetzungen für einen reibungslosen Ablauf der Tätigkeit des Ausschusses, einschließlich eines mehrsprachigen und europäisch ausgerichteten schulischen Angebots und geeigneter Verkehrsanbindungen.

Artikel 87

Aufnahme der Tätigkeit durch den Ausschuss

1.  Der Ausschuss nimmt zum 1. Januar 2015 seine volle Tätigkeit auf.

2.  Die Kommission ist für die Errichtung und den anfänglichen Betrieb des Ausschusses zuständig, bis der Ausschuss die operativen Kapazitäten zur Ausführung seines eigenen Haushalts erreicht hat. Zu diesem Zweck wird Folgendes bestimmt:

(a)  Bis der Exekutivdirektor nach seiner Ernennung durch den Rat gemäß Artikel 53 sein Amt antritt, kann die Kommission einen Kommissionsbediensteten benennen, der als Interim-Exekutivdirektor fungiert und die Aufgaben des Exekutivdirektors wahrnimmt.

(b)  Abweichend von Artikel 46 Absatz 1 Ziffer i und bis zur Annahme eines Beschlusses, wie er in Artikel 46 Absatz 2 vorgesehen ist, übt der Interim-Exekutivdirektor die Befugnisse der Anstellungsbehörde aus.

(c)  Die Kommission kann dem Ausschuss Unterstützung leisten, insbesondere durch die Entsendung von Kommissionsbeamten zur Ausübung der Tätigkeiten der Einrichtung unter der Verantwortung des Interim-Exekutivdirektors oder des Exekutivdirektors.

(d)  Die Kommission erhebt die in Artikel 62 Absatz 5 Buchstabe d genannten jährlichen Beiträge im Namen des Ausschusses.

3.  Der Interim-Exekutivdirektor kann alle durch Mittel gedeckte Zahlungen, die in den Haushaltsplan des Ausschusses eingetragen wurden, genehmigen und kann Verträge – einschließlich Dienstverträgen – abschließen.

Artikel 88

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Artikel 7 bis 23 und Artikel 25 bis 37 gelten ab dem 1. Januar 2015.

Artikel 24 gilt ab dem 1. Januar 2016.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu... am...

Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates

Der Präsident Der Präsident

(1) Der Gegenstand wurde gemäß Artikel 57 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Geschäftsordnung zur erneuten Prüfung an den zuständigen Ausschuss zurücküberwiesen (A7-0478/2013).
(2)* Textänderungen: Der neue bzw. geänderte Text wird durch Fett- und Kursivdruck gekennzeichnet; Streichungen werden durch das Symbol ▌ gekennzeichnet.
(3) Stellungnahme vom 6. November 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
(4) Stellungnahme vom 17. Oktober 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
(5) Standpunkt des Europäischen Parlaments vom … .
(6)Richtlinie 2014/.../EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinien 77/91/EWG und 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG und 2011/35/EU sowie der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. L ...).
(7) Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde – EBA), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).
(8)Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. L 287 vom 29.10.2013, S. 63).
(9) Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme (ABl. L 135 vom 31.5.1994, S. 5-14).
(10) Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1).
(11) Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338).
(12) Richtlinie 94/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 zur Änderung der Richtlinie 80/390/EWG zur Koordinierung der Bedingungen für die Erstellung, die Kontrolle und die Verbreitung des Prospekts, der für die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse zu veröffentlichen ist, im Hinblick auf die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Prospekts (ABl. L 135 vom 31.5.1994, S. 1).
(13)Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1).
(14)ABl. 17 vom 6.10.1958, S. 385.
(15)Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1).
(16)Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31).


Ursprungsland oder Herkunftsort von frischem, gekühltem oder gefrorenem Fleisch von Schweinen, Schafen, Ziegen und Geflügel
PDF 123kWORD 26k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zu der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1337/2013 der Kommission vom 13. Dezember 2013 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Angabe des Ursprungslandes bzw. Herkunftsortes von frischem, gekühltem oder gefrorenem Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch (2014/2530(RSP))
P7_TA(2014)0096B7-0087/2014

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1337/2013 der Kommission vom 13. Dezember 2013 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Angabe des Ursprungslandes bzw. Herkunftsortes von frischem, gekühltem oder gefrorenem Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch(1),

–  gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission(2) (die „Verordnung über die Information der Verbraucher über Lebensmittel“), und insbesondere auf Artikel 7 Absatz 1 und Artikel 26 Absätze 2, 8 und 9,

–  gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren(3), und insbesondere auf Artikel 11,

–  gestützt auf Artikel 88 Absätze 2 und 3 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass laut Artikel 26 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 bei Fleisch, das in die Codes der Kombinierten Nomenklatur (KN) fällt, die in Anhang XI dieser Verordnung aufgeführt sind (der frisches, gekühltes oder gefrorenes Fleisch von Schweinen, Schafen, Ziegen und Geflügel umfasst), die Angabe des Ursprungslandes verbindlich vorgeschrieben ist;

B.  in der Erwägung, dass die Anwendung von Artikel 26 Absatz 2 dem Erlass von Durchführungsrechtsakten gemäß Absatz 8 dieses Artikels unterliegt, weswegen die Kommission die Durchführungsverordnung erlassen hat; in der Erwägung, dass in diesen Durchführungsrechtsakten gemäß Erwägung 59 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 die Art und Weise, in der bei Fleisch gemäß Artikel 26 Absatz 2 Buchstabe b das Ursprungsland oder der Herkunftsort anzugeben ist, geregelt sein muss;

C.  in der Erwägung, dass die Kommission in Artikel 26 Absatz 9 aufgefordert wird, in ihren Folgenabschätzungen und Berichten über die Anwendung von Absatz 2 Buchstabe b dieses Artikels unter anderem zu prüfen, welche Optionen es für die Modalitäten der Angabe des Ursprungslandes oder Herkunftsorts dieser Lebensmittel gibt, insbesondere in Bezug auf sämtliche folgenden im Leben eines Tieres entscheidenden Punkte: Geburtsort, Aufzuchtsort und Schlachtort;

D.  in der Erwägung, dass das Parlament in seiner Abstimmung am 16. Juni 2010 über die Verordnung über die Information der Verbraucher über Lebensmittel in Bezug auf frisches, gekühltes und gefrorenes Fleisch die Angabe des Ursprungslandes aufgrund von Geburt, Aufzucht und Schlachtung befürwortet hat(4);

E.  in der Erwägung, dass Informationen über Lebensmittel gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung über die Information der Verbraucher über Lebensmittel in Bezug auf die Eigenschaften des Lebensmittels und insbesondere in Bezug auf Ursprungsland oder Herkunftsort nicht irreführend sein sollten;

F.  in der Erwägung, dass Ursprungsangaben in der Union infolge der Krise um die Spongiforme Rinderenzephalopathie (BSE) für Rindfleisch und Rindfleischerzeugnisse verbindlich vorgeschrieben sind(5) und die Vorschriften der Union über die Etikettierung von Rindfleisch seit dem 1. Januar 2002 in Kraft sind; in der Erwägung, dass sich diese Kennzeichnungsvorschriften bereits auf Geburtsort, Aufzuchtsort und Schlachtort beziehen;

G.  in der Erwägung, dass die genannten für Rindfleisch und Rindfleischerzeugnisse geltenden Anforderungen zur Folge hatten, das die Erwartungen der Verbraucher in Bezug auf Informationen über die Herkunft anderer Fleischsorten stiegen, deren Verbrauch in der Union weit verbreitet ist;

H.  in der Erwägung, dass in Erwägung 31 der Verordnung über die Information der Verbraucher über Lebensmittel betont wird, dass die Herkunft von Fleisch das wichtigste Anliegen der Verbraucher ist und diese folglich erwarten, korrekt über das Ursprungsland von Fleisch informiert zu werden; in der Erwägung, dass dies auch in kürzlich durchgeführten Studien und aktuellen Berichten der Verbraucherforschung bestätigt wird(6);

I.  in der Erwägung, dass die Angaben über den Geburtsort, den Aufzuchtsort und den Schlachtort auf dem Lebensmitteletikett aufgeführt sein sollten, damit die Verbraucher korrekt über die Herkunft von Fleisch informiert werden; in der Erwägung, dass sich die Verbraucher dadurch zudem ein umfassenderes Bild über die mit einem Fleischerzeugnis in Zusammenhang stehenden Tierschutznormen und Umweltauswirkungen machen könnten;

J.  in der Erwägung, dass anhand der kürzlich aufgetretenen Lebensmittelskandale, darunter die betrügerische Ersetzung von Rindfleisch durch Pferdefleisch, deutlich geworden ist, dass strengere Vorschriften über die Rückverfolgbarkeit und Verbraucherinformation nicht nur nötig sind, sondern von den Verbrauchern auch gewünscht werden;

K.  in der Erwägung, dass die Anwendung einer Kennzeichnung „Fleisch aus der EU“ bzw. „Fleisch aus Drittländern“ auf Hackfleisch und Fleischabschnitte nahezu bedeutungslos ist und einen unerwünschten Präzedenzfall schaffen könnte, insbesondere mit Blick auf eine künftige Angabe des Ursprungslandes bei Fleisch, das als Zutat verwendet wird; in der Erwägung, dass die Vorschriften über die Ursprungsangaben bei Rindfleisch zeigen, dass die genauere Angabe des Ursprungs von Hackfleisch und Fleischabschnitte sowohl möglich als auch angemessen ist, damit die Verbraucherinformation und die Rückverfolgbarkeit sichergestellt sind;

1.  vertritt die Auffassung, dass die Durchführungsverordnung der Kommission über die in der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 vorgesehenen Durchführungsbefugnisse hinausgeht;

2.  fordert die Kommission auf, ihre Durchführungsverordnung zurückzuziehen;

3.  fordert die Kommission auf, die Durchführungsverordnung zu überarbeiten, sodass sie im Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften über die Ursprungsangaben bei Rindfleisch eine zwingende Anforderung bezüglich der Angabe des Geburtsorts sowie des Aufzuchtsorts und des Schlachtorts für unverarbeitetes Schweine-, Geflügel-, Schaf- und Ziegenfleisch umfasst;

4.  fordert die Kommission auf, alle in der Durchführungsverordnung enthaltenen Ausnahmeregelungen für Hackfleisch und Fleischabschnitte zu streichen;

5.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. L 335 vom 14.12.2013, S. 19.
(2) ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 18.
(3) ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.
(4) ABl. C 236 E vom 12.8.2011, S. 187.
(5) Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates (ABl. L 204 vom 11.8.2000, S. 1).
(6) Zum Beispiel: Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und an den Rat über die obligatorische Angabe des Ursprungslands oder Herkunftsorts bei Fleisch, das als Zutat verwendet wird (COM(2013)0755), das entsprechende Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen vom 17. Dezember 2013 über Ursprungsangaben bei Fleisch, das als Zutat verwendet wird: Verbrauchererwartungen, Durchführbarkeit möglicher Szenarien und Konsequenzen (SWD(2013)0437) und die Umfrage des Europäischen Verbraucherverbands (BEUC) vom 24. Januar 2013 über Ursprungsangaben (siehe http://www.beuc.org/Content/Default.asp?PageID=2139).


Keine Einwände gegen eine Durchführungsmaßnahme: Ausstellung von Treibhausgasemissionszertifikaten für den Zeitraum 2013–2020
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Beschluss des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 sich nicht gegen den Entwurf einer Verordnung (EU) Nr. .../... der Kommission zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1031/2010 insbesondere zur Festlegung der im Zeitraum 2013–2020 zu versteigernden Mengen von Treibhausgasemissionszertifikaten auszusprechen (D031326/02 – 2014/2523(RPS))
P7_TA(2014)0097B7-0090/2014

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis des Entwurfs einer Verordnung (EU) Nr. .../... der Kommission zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1031/2010 insbesondere zur Festlegung der im Zeitraum 2013–2020 zu versteigernden Mengen von Treibhausgasemissionszertifikaten,

–  gestützt auf die Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates(1),

–  in Kenntnis der Stellungnahme des in Artikel 23 der oben angeführten Richtlinie genannten Ausschusses vom 8. Januar 2014,

–  in Kenntnis des Schreibens der Kommission vom 7. Januar 2014, in dem diese das Parlament ersucht, zu erklären, dass es sich nicht gegen den Entwurf einer Verordnung aussprechen wird,

–  in Kenntnis des Schreibens des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 30. Januar 2014 an den Vorsitzenden der Konferenz der Ausschussvorsitze,

–  gestützt auf den Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse(2),

–  gestützt auf Artikel 88 Absatz 4 Buchstabe d und Artikel 87a Absatz 6 seiner Geschäftsordnung,

1.  erklärt, sich nicht gegen den Entwurf einer Verordnung der Kommission auszusprechen;

2.  beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss der Kommission und – zur Information – dem Rat zu übermitteln.

(1) ABl. L 275 vom 25.10.2003, S. 32.
(2) ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.


Lage in der Ukraine
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zur Lage in der Ukraine (2014/2547(RSP))
P7_TA(2014)0098RC-B7-0138/2014

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Dezember 2013 zu den Ergebnissen des Gipfeltreffens von Vilnius und zur Zukunft der Östlichen Partnerschaft, vor allem in Bezug auf die Ukraine(1),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Oktober 2013 zu dem Thema „Europäische Nachbarschaftspolitik: für eine Vertiefung der Partnerschaft“ – Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu den Berichten für 2012(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. September 2013 zum Druck Russlands auf Staaten der Östlichen Partnerschaft im Zusammenhang mit dem anstehenden Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft in Vilnius(3),

–  unter Hinweis auf die auf dem Gipfeltreffen zur Östlichen Partnerschaft am 29. November 2013 in Vilnius abgegebene gemeinsame Erklärung,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 20. Januar 2014 zur Ukraine,

–  unter Hinweis auf den Rücktritt von Ministerpräsident Asarow und seiner Regierung am 28. Januar 2014,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Ministerpräsidenten der Länder der Visegrád-Gruppe vom 29. Januar 2014 zur Ukraine,

–  unter Hinweis auf das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) zwischen der Europäischen Union und der Ukraine, das am 1. März 1998 in Kraft getreten ist, und auf das neue Assoziierungsabkommen, das am 30. März 2012 paraphiert wurde,

–  unter Hinweis auf das Gipfeltreffen EU-Russland vom 28. Januar 2014,

–  gestützt auf Artikel 110 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Demonstrationen, die infolge des Beschlusses von Präsident Janukowytsch, das Assoziierungsabkommen mit der EU nicht zu unterzeichnen, vor mehr als zwei Monaten begannen, in der Hauptstadt bis heute fortgesetzt werden und sich die Unzufriedenheit auf andere – auch im Osten der Ukraine gelegene – Städte ausbreitet; in der Erwägung, dass sich der Volksaufstand in der Ukraine auf die meisten Oblaste ausgeweitet und die Bevölkerung die Verwaltungssitze in diesen Oblasten unter ihre Kontrolle gebracht hat;

B.  in der Erwägung, dass die Lage in den vergangenen Wochen immer rascher eskaliert ist und die Menschen im Anschluss an die brutalen Übergriffe der Bereitschaftspolizei Berkut auf Demonstranten, Menschenrechtsaktivisten und Journalisten auf die Straße gegangen sind, um die Demokratie und die bürgerlichen Freiheiten zu verteidigen;

C.  in der Erwägung, dass die Staatsorgane der Ukraine trotz des internationalen Drucks die Politik der Einschüchterung, Repression, Folter und Gewalt gegen Demonstranten fortsetzen, wobei über 2 000 Personen verletzt, viele entführt und mindestens sechs getötet wurden;

D.  in der Erwägung, dass die Verabschiedung einer Reihe von gegen die Proteste gerichteten Gesetzen am 16. Januar 2014 durch die Regierungsmehrheit, mit denen die Meinungs- und die Versammlungsfreiheit erheblich eingeschränkt wurden, internationale Empörung sowie gewalttätige Zusammenstöße in Kiew hervorgerufen hat, in deren Folge Todesfälle zu beklagen waren;

E.  in der Erwägung, dass eine gewaltsame Niederschlagung der Proteste wie auch die Verhängung des Ausnahmezustands als kriminelle Handlung und Verletzung der Grundrechte mit weitreichenden internationalen Konsequenzen gelten werden;

F.  in der Erwägung, dass sich eine Ad-hoc-Delegation des Europäischen Parlaments vom 28. bis 30. Januar 2014 in Kiew aufgehalten hat, dort mit den Staatsorganen, Vertretern der Bewegung Euromajdan, der politischen Opposition und Kirchenoberhäuptern zusammengekommen ist und sich ein gründliches und umfassendes Bild von der Lage in der Ukraine machen konnte;

1.  würdigt die demokratische Gesinnung und das Durchhaltevermögen der Bevölkerung der Ukraine nach zwei Monaten mutiger Proteste, auf die die Staatsmacht mit brutaler Gewalt reagiert hat, und bekundet dem Einsatz der Bevölkerung für eine freie, demokratische und unabhängige Ukraine und ihre europäische Perspektive seine uneingeschränkte Solidarität und Unterstützung;

2.  erklärt sich zutiefst besorgt über die schwere politische Krise in der Ukraine und die gewaltsamen Zusammenstöße in Kiew und anderen Städten des Landes; fordert nachdrücklich eine politische Lösung der Krise und weist darauf hin, dass eine wirklich demokratische Debatte über die Mittel und Wege zur Überwindung der Konfrontation und der Spaltungen in der Ukraine geführt werden muss;

3.  verurteilt die Eskalation der Gewalt gegen friedliche Bürger, Journalisten, Studenten, Aktivisten der Zivilgesellschaft, Oppositionspolitiker und Geistliche auf das Schärfste und bekundet den Familien der Opfer der Gewalt in der Ukraine sein aufrichtiges Mitgefühl; fordert die Staatsorgane der Ukraine auf, die Bürgerrechte und Grundfreiheiten der Bevölkerung uneingeschränkt zu achten und unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um der Straffreiheit ein Ende zu setzen und Ermittlungen gegen die Verantwortlichen für die Gewalt gegenüber friedlichen Demonstranten einzuleiten und sie zu bestrafen;

4.  fordert auch die Demonstranten auf dem Majdan auf, auf Gewalt zu verzichten und durch friedliches Handeln die Rechtmäßigkeit ihres Anliegens zu wahren, und fordert alle Oppositionsführer auf, auch künftig von grundloser Gewalt abzusehen und die Proteste friedlich fortzuführen;

5.  erklärt sich besorgt über die übertriebene Anwendung von Gewalt durch die Sicherheitskräfte und die Tituschky sowie über die gewalttätigen Aktionen von Ultranationalisten;

6.  fordert insbesondere, dass Präsident Janukowytsch dem schändlichen Einsatz der Bereitschaftspolizei Berkut und anderer Sicherheitskräfte, die mit Provokationen, Entführungen, Schikanierung, Folter, Prügel und Erniedrigungen gegen Unterstützer der Bewegung Euromajdan vorgehen, sowie willkürlichen Festnahmen und der häufigen Praxis der überlangen Dauer der Untersuchungshaft ein Ende setzt; erklärt sich zutiefst besorgt über Berichte über Folter und hebt die internationalen Verpflichtungen der Ukraine in diesem Zusammenhang hervor; weist auf den aktuellen Fall Dmytro Bulatow – den Anführer der Bewegung Automajdan – hin, der entführt und gefoltert wurde;

7.  fordert Präsident Janukowytsch auf, die Beendigung dieser Maßnahmen anzuordnen, und fordert, dass alle illegal festgehaltenen Demonstranten und politischen Gefangenen, auch Julija Tymoschenko, sofort und bedingungslos freigelassen und politisch rehabilitiert werden; fordert die Einrichtung eines unabhängigen Untersuchungsausschusses unter der Leitung eines anerkannten internationalen Gremiums, beispielsweise des Europarats, um allen seit Beginn der Demonstrationen begangenen Menschenrechtsverletzungen nachzugehen;

8.  bekräftigt die Bereitschaft der EU, das Assoziierungsabkommen und das vertiefte und umfassende Freihandelsabkommen mit der Ukraine zu unterzeichnen, sobald die politische Krise beigelegt ist und die einschlägigen Voraussetzungen erfüllt sind, wie sie vom Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ am 10. Dezember 2012 festgelegt wurden und denen sich das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 13. Dezember 2012 angeschlossen hat;

9.  begrüßt den Beschluss der Werchowna Rada über die Aufhebung der gegen die Proteste gerichteten Gesetze und dessen Unterzeichnung durch Präsident Janukowytsch als positiven Schritt zu einer politischen Lösung der Krise; bedauert jedoch, dass durch das Amnestiegesetz, das am 29. Januar 2014 ohne die Zustimmung der Opposition angenommen wurde, Opfer zu Geiseln gemacht wurden; ist der Ansicht, dass eine bedingungslose Freilassung von Demonstranten die Gespräche in hohem Maße begünstigen und die Gesellschaft befrieden würde;

10.  fordert den Präsidenten und die Regierung auf, sich aufrichtig an einem inklusiven Dialog mit der Opposition, der Zivilgesellschaft und den Demonstranten auf dem Majdan zu beteiligen, um die angespannte und polarisierte Lage zu entschärfen und zu ermitteln, wie die derzeitige Krise in Politik und Gesellschaft in der Ukraine mit friedlichen Mitteln beigelegt werden kann;

11.  erinnert Präsident Janukowytsch daran, dass er gegenüber der Bevölkerung der Ukraine und der internationalen Gemeinschaft dafür verantwortlich ist, von repressiven Maßnahmen Abstand zu nehmen, die aktuelle politische Krise beizulegen und das Recht auf friedlichen Protest zu achten;

12.  fordert, dass die EU ihre Vermittlungstätigkeit fortsetzt und sich für einen Prozess einsetzt, in dessen Verlauf eine Deeskalation und ein konstruktiverer politischer Dialog in der Ukraine bewirkt werden, eine Beilegung der Krise in die Wege geleitet wird und das vollständig zerstörte Vertrauen allmählich wieder aufgebaut wird; betont, dass ein derartiger Dialog transparent sein sollte und dass die Bewegung Euromajdan und die Zivilgesellschaft umfassend in den Dialog einbezogen werden sollten;

13.  vertritt aufgrund von Forderungen zahlreicher gewöhnlicher Bürger der Ukraine sowie von Aktivisten und Politikern die Auffassung, dass durch das tatkräftige Engagement von Mitgliedern des Europäischen Parlaments in Kiew eine weitere Eskalation der Krise verhindert werden könnte, und fordert in diesem Zusammenhang die Errichtung einer ständigen Mission des Europäischen Parlaments in der Ukraine, die zum Abbau der Spannungen und zur Erleichterung des Dialogs zwischen den Parteien beitragen soll; beauftragt die Konferenz der Präsidenten, diese Mission so rasch wie möglich einzurichten;

14.  fordert die Organe der EU und die Mitgliedstaaten auf, unverzüglich Maßnahmen zu treffen, und zwar unter anderem, stärkeren diplomatischen Druck auszuüben und personenbezogene gezielte Maßnahmen – wie Reisebeschränkungen und das Einfrieren von Vermögenswerten und Eigentum – gegen alle Amtsträger und Parlamentarier der Ukraine und ihre Geldgeber aus der Wirtschaft (die Oligarchen), die für die Übergriffe auf und den Tod von Demonstranten verantwortlich sind, vorzubereiten, und die Bemühungen um eine Beendigung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung durch ukrainische Unternehmen und Geschäftsleute bei europäischen Banken zu verstärken;

15.  fordert die EU, die USA, den IWF, die Weltbank, die EBWE und die EIB auf, die Ausarbeitung eines langfristig angelegten Pakets konkreter finanzieller Unterstützungsmaßnahmen fortzusetzen, mit dem der Ukraine bei der Bewältigung ihrer sich verschlechternden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lage geholfen und Wirtschaftshilfe bereitgestellt wird, damit die Regierung die erforderlichen tiefgreifenden und umfassenden Reformen der Wirtschaft der Ukraine einleiten kann;

16.  begrüßt und unterstützt die derzeitigen Anstrengungen der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten, ein Paket mit umfangreichen Unterstützungsmaßnahmen für die Ukraine zu schnüren, das einer vertrauenswürdigen neuen Übergangsregierung angeboten werden sollte, um die gegenwärtig angespannte Situation in Bezug auf die Zahlungsfähigkeit des Landes zu lindern;

17.  ist der Ansicht, dass eine der zentralen Maßnahmen zur Beilegung der Krise in der Ukraine darin besteht, die Verfassung von 2004 wieder in Kraft zu setzen, die 2010 vom Verfassungsgericht unrechtmäßig und unter Umgehung des Parlaments der Ukraine aufgehoben wurde, sowie eine Übergangsregierung einzusetzen und Neuwahlen auszuschreiben;

18.  fordert die Organe der EU und die Mitgliedstaaten auf, sich zu einer weitgehenden Öffnung gegenüber der Gesellschaft der Ukraine zu bekennen, indem insbesondere rasch eine Einigung über eine kostenfreie Regelung zur Erteilung von Visa erzielt und letztendlich ein Abkommen über die Aufhebung der Visumpflicht geschlossen wird; erachtet es als geboten, die Visumgebühr für junge Menschen aus der Ukraine sofort drastisch zu senken sowie die Forschungszusammenarbeit zu intensivieren, den Jugendaustausch auszuweiten und mehr Stipendien zur Verfügung zu stellen;

19.  vertritt die Auffassung, dass weitere Anstrengungen unternommen werden sollten, um die Ukraine über die Energiegemeinschaft vollständig in den EU-Energiemarkt einzubeziehen; betont, dass es einzig und allein dem ukrainischen Volk obliegt, ohne Einmischung aus dem Ausland darüber zu entscheiden, welche geopolitische Ausrichtung das Land wählt und welchen internationalen Übereinkommen und Gemeinschaften die Ukraine sich anschließt;

20.  fordert Russland auf, eine konstruktive Haltung einzunehmen sowie das souveräne Recht seiner Nachbarstaaten, frei über ihre Zukunft zu entscheiden, nicht länger durch Vergeltungsmaßnahmen und ungebührlichen Druck zu untergraben; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, gegenüber Russland geschlossen aufzutreten, um die auf Europa gerichteten Bestrebungen der Staaten der Östlichen Partnerschaft zu unterstützen, die sich aus freien Stücken entschieden haben, ihre Beziehungen zur EU zu vertiefen; betont, dass politische, wirtschaftliche und sonstige Zwangsmaßnahmen gegen die Schlussakte von Helsinki verstoßen und dem Budapester Memorandum von 1994 zur Sicherheit der Ukraine zuwiderlaufen; weist darauf hin, dass sowohl die EU als auch die Russland Verantwortung dafür tragen, konkret zu Frieden und Wohlstand in den gemeinsamen Nachbarstaaten beizutragen, was sowohl der EU als auch Russland zugutekommt; bekräftigt seine Überzeugung, dass bei der Verwirklichung dieses Ziels die Zusammenarbeit der einzige erfolgversprechende Weg ist;

21.  unterstützt die weitergehende Einbindung der Zivilgesellschaft in die Reformen der jeweiligen Länder; fordert eine verstärkte interparlamentarische Zusammenarbeit mit der Parlamentarischen Versammlung Euronest; begrüßt die Einbeziehung der Konferenz der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in die Östliche Partnerschaft;

22.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Mitgliedstaaten, dem Präsidenten der Ukraine, der Regierung der Ukraine, der Werchowna Rada, der Parlamentarischen Versammlung Euronest, der Parlamentarischen Versammlung des Europarats und der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P7_TA(2013)0595.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2013)0446.
(3) Angenommene Texte, P7_TA(2013)0383.


Lage in Syrien
PDF 144kWORD 30k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zur Lage in Syrien (2014/2531(RSP))
P7_TA(2014)0099RC-B7-0141/2014

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Syrien,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ zu Syrien, insbesondere die Schlussfolgerungen vom 20. Januar 2014, und auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zu Syrien,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HR), Catherine Ashton, zu Syrien, insbesondere ihre Äußerungen auf der Genf-II-Konferenz zu Syrien vom 22. Januar 2014, und auf ihre Erklärung zu der Entscheidung der Vollversammlung der Koalition der syrischen Opposition, an der II. Genfer Konferenz vom 18. Januar 2014 teilzunehmen,

–  unter Hinweis auf die Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen 2118 vom 27. September 2013 zur Vernichtung der chemischen Waffen Syriens; in Kenntnis des am 12. Dezember 2013 veröffentlichten endgültigen Berichts der VN-Mission zur Untersuchung des mutmaßlichen Einsatzes chemischer Waffen in der Arabischen Republik Syrien,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen des für Internationale Zusammenarbeit, humanitäre Hilfe und Krisenreaktion zuständigen Mitglieds der Kommission, Kristalina Georgieva, zu Syrien,

–  unter Hinweis auf die Resolution des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 24. September 2013 zu der anhaltenden erheblichen Verschlechterung der Menschenrechtssituation und der humanitären Lage in der Arabischen Republik Syrien,

–  unter Hinweis auf den Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission der VN zur Arabischen Republik Syrien vom 11. September 2013,

–  unter Hinweis auf das Schlusskommuniqué der Aktionsgruppe für Syrien („Genfer Kommuniqué”) vom 30. Juni 2012 sowie auf die am 22. Januar 2014 begonnene Genf-II-Konferenz und die Ausführungen des Generalsekretärs der VN zu Beginn und zum Abschluss der Konferenz,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

–  unter Hinweis auf die völkerrechtlichen Verpflichtungen Syriens, zu denen der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, der Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, die VN-Kinderrechtskonvention und das Fakultativprotokoll über die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten sowie das Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords gehören,

–  unter Hinweis auf die Genfer Konventionen von 1949 und ihre Zusatzprotokolle,

–  gestützt auf Artikel 110 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  unter Hinweis darauf, dass die Gewalt in Syrien weiter eskaliert und die Zahl der Toten ständig steigt; in der Erwägung, dass nach Angaben der Vereinten Nationen seit Beginn des gewaltsamen Vorgehens gegen friedliche Demonstranten in Syrien mehr als 130 000 Menschen, in der Mehrzahl Zivilpersonen, umgekommen sind; in der Erwägung, dass nach Angaben des Amtes für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (OCHA) geschätzt 9 Millionen Menschen innerhalb Syriens humanitäre Hilfe brauchen, davon mehr als 6,5 Millionen Binnenvertriebene, und dass es mehr als 2,3 Millionen syrische Flüchtlinge, hauptsächlich in der Türkei, Jordanien, dem Libanon, Ägypten und dem Irak, gibt;

B.  in der Erwägung, dass sich die dramatische Menschenrechtslage, humanitäre Situation und Sicherheitslage weiterhin verschlechtert; in der Erwägung, dass die Menschenrechte vom Assad-Regime und von den radikal eingestellten Gruppen, die das Regime unterstützen, in großem Umfang verletzt werden und dass dabei auch Massaker und andere rechtswidrige Tötungen, willkürliche Verhaftungen und illegale Gefangennahmen, Geiselnahmen, Verschleppungen, Hinrichtungen von Gefangenen, systematische Folter und Misshandlung, sexuelle Gewalt und die Verletzung der Rechte von Kindern vorkommen; in der Erwägung, dass das syrische Regime als Massenstrafaktion gegen die Zivilbevölkerung ganze Stadtteile zerstört hat; in der Erwägung, dass die groß angelegte Zerstörung städtischer Gebiete Verzweiflung und einen Exodus der Zivilbevölkerung verursacht hat;

C.  in der Erwägung, dass es Beweise für außergerichtliche Massenexekutionen und andere Formen von Menschenrechtsverletzungen gibt, die von Kräften verübt werden, die Widerstand gegen das Assad-Regime leisten; in der Erwägung, dass bis zu 2000 verschiedene Gruppierungen gegen das Assad-Regime kämpfen, zu denen auch viele Elemente organisierter Kriminalität gehören; in der Erwägung, dass die Präsenz und die Infiltrationstätigkeit militanter Gruppen mit Verbindungen zu al-Qaida, wie ISIS und Dschabhat al-Nusra, zu denen viele ausländische und EU-Kämpfer mit einer radikal islamistischen Agenda gehören, zunimmt; in der Erwägung, dass die Radikalisierung eine große Gefahr im Nahostraum schafft;

D.  in der Erwägung, dass die zunehmende Einmischung ausländischer Akteure, ihr militärischer Nachschub und ihre politische Unterstützung sowie die anhaltende Spaltung der internationalen Gemeinschaft, die auch den VN-Sicherheitsrat betrifft, diesen Konflikt zu einem Stellvertreterkrieg machen;

E.  unter Hinweis darauf, dass ein Fotograf, der von der syrischen Militärpolizei übergelaufen war, 55 000 digitale Bilder von rund 11 000 Opfern an die Syrische Nationale Bewegung übergeben hat, die umfangreiche und systematische Verletzungen des internationalen humanitären Rechts durch das Regime erkennen lassen; in der Erwägung, dass eine Gruppe hochrangiger internationaler Rechtssachverständiger die Bilder geprüft und befunden hat, aufgrund des untersuchten Materials gebe es eindeutige Nachweise für systematische Folterungen und Tötungen inhaftierter Personen durch Beauftragte der syrischen Regierung, die von der Tatsacheninstanz eines Gerichts für glaubwürdig befunden werden könnten, und die Nachweise stützten Erkenntnisse über Verbrechen gegen die Menschlichkeit und könnten auch Erkenntnisse über Kriegsverbrechen stützen;

F.  in der Erwägung, dass die furchtbare Krise in Syrien eine humanitäre Katastrophe von in der neueren Geschichte unbekanntem Ausmaß verursacht hat, deren Ende nicht abzusehen ist; in der Erwägung, dass über die Hälfte der Betroffenen Kinder sind, die unter Hungersnot, Unterernährung und Krankheiten leiden; in der Erwägung, dass der fehlende Zugang zu Nahrungsmitteln, Wasser, grundlegender gesundheitlicher Versorgung, Hygiene, Obdach und Bildung kritische Erscheinungsformen dieser humanitären Katastrophe sind; in der Erwägung, dass humanitäre Hilfe durch Mangel an Sicherheit, Verwehrung von Zugang seitens des syrischen Staates und infrastrukturelle Hindernisse behindert wird;

G.  in der Erwägung, dass die 560 000 palästinensischen Flüchtlinge in Syrien eine besonders schutzbedürftige Gruppe sind, die von dem Konflikt betroffen ist; in der Erwägung, dass 250 000 Syrer in belagerten oder schwer zugänglichen Gebieten festsitzen, davon 18 000 palästinensische Flüchtlinge im Flüchtlingslager Jarmuk nahe Damaskus, die massenhaftem Leid ausgesetzt sind, wobei Berichten zufolge schon 57 Menschen verhungert sind; in der Erwägung, dass nach dem Ergebnis von Verhandlungen über das Flüchtlingslager Jarmuk bei Damaskus seinen Bewohnern einige Hilfsleistungen erbracht werden konnten, wenn auch noch viel mehr benötigt wird;

H.  unter Hinweis darauf, dass die anhaltende Gewalt eine dramatische Destabilisierungswirkung auf die Nachbarländer hat, was vor allem an den gewaltigen Flüchtlingsströmen liegt; in der Erwägung, dass diese Länder selbst vor riesigen inländischen Problemen stehen, wobei der Libanon und Jordanien besonders anfällig sind; in der Überzeugung, dass, wenn der Libanon in einen gewaltsamen Konflikt abgleitet, nicht nur eine humanitäre Krise sehr wahrscheinlich ist, sondern auch die Gefahr eines regionalen Kollapses besteht;

I.  in der Erwägung, dass die Genf-II-Konferenz zu Syrien vom Generalsekretär der Vereinten Nationen am 22. Januar 2014 eröffnet wurde und dass ihr Ziel darin besteht, eine politische Beilegung des Konflikts durch eine umfassende Einigung zwischen der syrischen Regierung und der Opposition zur vollständigen Umsetzung des Kommuniqués von Genf zu erreichen, in dem die Schaffung einer Übergangsregierung gefordert wurde, aus der die Abhaltung von Wahlen resultieren sollte; in der Erwägung, dass die konstruktive Beteiligung aller maßgeblichen Akteure im Friedensprozess für die Herbeiführung einer dauerhaften politischen Lösung von entscheidender Bedeutung ist; in der Erwägung, dass die Vollversammlung der Nationalen Koalition der Kräfte der syrischen Revolution und Opposition am 18. Januar 2014 beschlossen hat, die Einladung zur Beteiligung an diesem Prozess anzunehmen, dass aber mehrere aufständische Gruppen nicht vertreten waren; in der Erwägung, dass der Iran zu der Konferenz in der Schweiz eingeladen wurde und später ausgeladen wurde; in der Erwägung, dass die Verhandlungen am 31. Januar 2014 unterbrochen wurden und eine weitere Verhandlungsrunde für den 10. Februar 2014 vorgesehen ist; in der Erwägung, dass die Kampfhandlungen noch während der Genf-II-Gespräche weitergehen;

J.  in der Erwägung, dass am 15. Januar 2014 in Kuwait die zweite internationale Geberkonferenz für Syrien stattfand, auf der 2,4 Mrd. USD zugesagt wurden, was aber angesichts des großen humanitären Bedarfs, der von mehreren Stellen bei den VN auf 6,5 Mrd. USD geschätzt wurde, immer noch zu wenig ist; in der Erwägung, dass die Mittel der EU für humanitäre Hilfe an Syrien und die Nachbarländer einen Umfang von 1,1 Mrd. EUR erreicht haben;

K.  in der Erwägung, dass eine große Zahl von friedlichen Aktivisten der Zivilgesellschaft, Menschenrechtsaktivisten, Intellektuellen, Religionsvertretern - darunter die zwei entführten Bischöfe Ioann Ibrahim und Bulos Jazigi - Journalisten und Angehörigen medizinischer Berufe Schikanen, Verhaftungen, Folter oder Verschleppungen durch das syrische Regime, und in zunehmendem Maß auch durch mehrere Rebellengruppen, ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass die Sacharow-Preisträgerin 2011 Rasan Saituneh zusammen mit ihrem Ehemann und anderen Menschenrechtsaktivisten im Dezember 2013 in Damaskus entführt wurde, und dass man immer noch nichts über ihr Schicksal weiß;

L.  in der Erwägung, dass die Mission zur Untersuchung des mutmaßlichen Einsatzes chemischer Waffen in der Arabischen Republik Syrien am 12. Dezember 2013 zu dem Schluss gelangte, dass im Jahr 2013 chemische Waffen gegen Soldaten und/oder Zivilpersonen, auch Kinder, eingesetzt wurden; in der Erwägung, dass am 27. September 2013 die Resolution 2118 (2013) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen einstimmig angenommen wurde, in der unter anderem die rasche Vernichtung der Bestände des Chemiewaffenprogramms Syriens gebilligt wurde, was bis zum 30. Juni 2014 abgeschlossen sein sollte; unter Hinweis darauf, dass nur 5 % der gesamten Lagerbestände außer Landes geschafft wurden, um vernichtet zu werden; in der Erwägung, dass jedenfalls der Einsatz konventioneller Waffen die allermeisten Toten und Verletzten verursacht hat; in der Erwägung, dass in den letzten Monaten im großen Maßstab Fassbomben vom Assad-Regime eingesetzt worden sind, die eine riesige Zahl von Opfern gefordert haben;

M.  in der Erwägung, dass im vergangenen Jahr die Anträge von Syrern auf Asyl in der EU weiter zugenommen haben und dass die Krise um die Syrien-Flüchtlinge eine erste Bewährungsprobe für das vor kurzem überarbeitete Gemeinsame Europäische Asylsystem ist;

N.  unter Hinweis darauf, dass es in seiner Entschließung vom 9. Oktober 2013 die Mitgliedstaaten aufgefordert hat, auf akute Notlagen zu reagieren, indem ein sicherer Zugang zur EU gewährt wird, um Syrern einen befristeten Aufenthalt zu gewähren, und indem eine über die bestehenden nationalen Quoten hinaus gehende Integrierung und der Aufenthalt aus humanitären Gründen ermöglicht wird;

1.  verurteilt nachdrücklich die umfangreichen Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts durch das Assad-Regime, einschließlich aller Gewaltakte, der systematischen Folter und der Hinrichtung von Gefangenen; verurteilt die Menschenrechtsverletzungen und Verletzungen des humanitären Völkerrechts durch bewaffnete Gruppen, die gegen das Assad-Regime Widerstand leisten; verurteilt scharf alle Fälle von Verletzungen und des Missbrauchs von Kindern und Frauen, insbesondere sexueller Missbrauch und sexuelle Gewalt, auch im Namen des Heiligen Kriegs (Dschihad al-Nikab); verurteilt scharf die zunehmend häufigen terroristischen Anschläge, die zahlreiche Opfer und Zerstörung verursachen und von Organisationen und Einzelpersonen, die mit al-Qaida in Verbindung stehen, verübt werden; fordert, allen Gewalthandlungen in Syrien ein Ende zu setzen; betont, dass die Verantwortlichen für die umfangreichen, systematischen und eklatanten Menschenrechtsverletzungen, die in Syrien verübt worden sind, zur Rechenschaft gezogen und vor Gericht gestellt werden müssen, und unterstützt die Forderung der EU an alle ausländischen Kämpfer in Syrien, einschließlich der Hisbollah, sich unverzüglich zurückzuziehen, und die Forderung nach Einstellung jeglicher Finanzierung und Unterstützung von außen;

2.  spricht den Familien der Opfer sein Beileid aus; zollt dem Mut des syrischen Volkes Respekt und bekräftigt seine Solidarität mit ihm in seinem Kampf für Freiheit, Würde und Demokratie;

3.  erklärt sich besorgt über die zunehmende Einmischung von extremistischen islamistischen Gruppen und von ausländischen Kämpfern in den Konflikt in Syrien, über die Zunahme der religiös und ethnisch motivierten Gewalthandlungen im Land sowie über die fortgesetzte Fragmentierung und die internen Spaltungen der Opposition; fordert die Nationale Koalition der syrischen Oppositions- und Revolutionskräfte wie bisher dazu auf, eine stärker geeinte, inklusivere und intern und extern besser organisierte Oppositionsfront aufzubauen;

4.  wiederholt seinen Standpunkt, wonach mit der politischen Lösung die Einheit, die territoriale Integrität, die Souveränität und die Unabhängigkeit Syriens gewahrt werden soll;

5.  unterstützt rückhaltlos die Genf-II-Konferenz zu Syrien, die ein erster Schritt in einem Prozess sein sollte, der eine politische und demokratische Lösung des Konflikts herbeiführt, und betont die wesentliche Bedeutung der Aufrechterhaltung des Genf-II-Prozesses; begrüßt die Bemühungen des VN-Sondergesandten Lakhdar Brahimi, durch die diese erste direkte Kontaktaufnahme zwischen den Konfliktparteien möglich wurde; ist davon überzeugt, dass eine dauerhafte Beilegung der derzeitigen Krise in Syrien nur durch einen syrisch geführten politischen Prozess unter Beteiligung aller und mit Rückendeckung der internationalen Gemeinschaft erreicht werden kann; betont, dass ein echter politischer Wandel in dem Land nötig ist, wodurch dem Streben der Bevölkerung nach Freiheit und Demokratie Rechnung getragen wird; wiederholt seine Forderung an Präsident Assad, zurückzutreten;

6.  verweist auf die wesentliche Bedeutung Vertrauen schaffender Maßnahmen in diesem Zusammenhang; fordert daher die Verhandlungsdelegationen auf, sich auf örtliche Waffenstillstände, die Beendigung der Belagerung bestimmter Stadtgebiete, einschließlich der Stadt Homs, die Freilassung oder den Austausch von Gefangenen und die Erleichterung des Zugangs zu bedürftigen Zivilpersonen aus humanitären Gründen zu einigen und diese Schritte auch durchzuführen als erste Schritte zu konkreten Verhandlungen auf der Grundlage des Genfer Kommuniqués; stellt fest, dass während der ersten Gespräche kein nennenswerter Durchbruch und keine bedeutende Änderung der Standpunkte der beiden Seiten festzustellen waren; weist darauf hin, dass es wichtig ist, alle internationalen Schlüsselakteure am Genf-II-Prozess zu beteiligen; vertritt die Auffassung, dass eine langfristig angelegte Annäherung zwischen dem Westen und dem Iran zur Schaffung von regionalen Rahmenbedingungen beitragen kann, die dem Aussöhnungsprozess in Syrien förderlich sind;

7.  begrüßt die Fortschritte und die internationale Zusammenarbeit in Bezug auf die Vernichtung der chemischen Waffen Syriens und fordert die vollständige Umsetzung des Beschlusses des Exekutivrats der Organisation für das Verbot chemischer Waffen vom 27. September 2013; erklärt sich besorgt über Meldungen, wonach bis Ende Januar 2014 nur 5 % der syrischen Chemiewaffenbestände zur Vernichtung aus dem Land geschafft worden sind, und fordert die syrischen Staatsorgane auf, den durch die Resolution 2118 (2013) des VN-Sicherheitsrats vorgegebenen Zeitplan einzuhalten; fordert, dass die ökologische Unbedenklichkeit des Vernichtungsprozesses und der Umgang mit dem verbleibenden Abfall besonders wichtig genommen werden; betont jedoch, dass die meisten Todesfälle und Verletzungen im Zuge der furchtbaren Krise in Syrien von konventionellen Waffen verursacht wurden;

8.  betont, dass die Milderung des Leides von Millionen Syrern, die elementare Güter und Dienstleistungen benötigen, in Anbetracht des noch nie da gewesenen Ausmaßes der Krise Vorrang für die EU und die gesamte internationale Gemeinschaft haben muss; fordert dringend eine humanitär ausgerichtete Resolution des VN-Sicherheitsrats zu diesen Angelegenheiten; fordert insbesondere Russland und China als ständige Mitglieder des VN-Sicherheitsrats auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die Verabschiedung einer humanitären Resolution zu ermöglichen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nochmals auf, ihrer humanitären Verantwortung gerecht zu werden, ihre Hilfe für syrische Flüchtlinge aufzustocken und ihre diesbezüglichen Anstrengungen wirkungsvoller zu koordinieren; verurteilt die stetige Behinderung der Versuche, humanitäre Hilfe zu leisten, und fordert alle am Konflikt beteiligten Seiten, insbesondere das Assad-Regime, auf, unverzüglich die Gewährung humanitärer Hilfe über alle möglichen Kanäle, auch über Grenzen und Konfliktlinien hinweg, zu erleichtern und die Sicherheit von medizinischen Hilfskräften und Mitarbeitern humanitärer Organisationen zu gewährleisten;

9.  weist darauf hin, dass nach dem humanitären Völkerrecht Verwundete und Kranke so umfassend und so schnell wie möglich die für ihren Zustand erforderliche medizinische Pflege und Betreuung erhalten müssen; betont, dass das vorsätzliche Aushungern der Zivilbevölkerung und Angriffe gegen Gesundheitseinrichtungen nach dem internationalen Recht verboten sind und als Kriegsverbrechen angesehen werden;

10.  bekräftigt seine Forderung an die internationale Gemeinschaft, Schutzgebiete entlang der türkisch-syrischen Grenze und nach Möglichkeit innerhalb Syriens einzurichten sowie humanitäre Korridore zu schaffen;

11.  fordert die unverzügliche, bedingungslose und sichere Freilassung von allen politischen Häftlingen, medizinischen Kräften, Mitarbeitern humanitärer Organisationen, Journalisten, religiösen Würdenträgern und Menschenrechtsaktivisten, auch der Sacharow-Preisträgerin Rasan Seitouneh, und verlangt koordinierte Maßnahmen der EU, um ihre Freilassung abzusichern; fordert alle Seiten auf, für die Sicherheit der genannten Personen zu sorgen; fordert die syrische Regierung nachdrücklich auf, unverzüglich ungehinderten Zugang zu allen ihren Haftanstalten durch internationale Dokumentationsstellen, einschließlich der VN-Untersuchungskommission zu Syrien, zu gewähren;

12.  verurteilt die Einschüchterungen und Angriffe gegen friedliche Aktivisten und Journalisten; bedauert, dass es eine Zensur des Internets gibt und der Zugang zu Blogs und sozialen Netzen eingeschränkt ist; weist darauf hin, dass die Wahrung der Meinungsfreiheit, der Schutz von Journalisten und freie, unabhängige Medien grundlegende Elemente des demokratischen politischen Prozesses sind; betont die Bedeutung einer Stärkung der Akteure der Zivilgesellschaft in Syrien und einer aktiven, sinnvollen Mitwirkung von Frauen, jungen Menschen und Vertretern der Zivilgesellschaft am Genf-II-Prozess und am Wiederaufbau des Landes;

13.  hebt es als wichtig hervor, dass den besonders bedrohten Gruppen der syrischen Gesellschaft, wie ethnischen und religiösen Minderheiten, auch Christen, in der derzeitigen Krise Schutz gewährt wird und dass sie am Genf-II-Prozess beteiligt sind mit dem Ziel, die Tradition des Zusammenlebens zwischen Kulturen, Ethnien und Religionen in diesem Land im Interesse des zukünftigen Syrien zu erhalten;

14.  verlangt Nulltoleranz gegenüber der Ermordung, Entführung und Rekrutierung insbesondere von Kindern und fordert alle Konfliktparteien auf, die Resolution 1612 (2005) des VN-Sicherheitsrats vom 26. Juli 2005 über Kinder und bewaffnete Konflikte uneingeschränkt zu befolgen; betont, dass es wichtig ist, sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt zu verhindern und den Opfern angemessene Hilfe zu gewähren; betont in diesem Zusammenhang, dass Programme für eine frühzeitige Reaktion auf geschlechtsspezifische Gewalt wichtig sind; begrüßt die gegen das Entstehen einer „verlorenen Generation“ gerichtete Initiative der Vereinten Nationen und ihrer Partner auf humanitären Gebiet, durch die Verletzungen syrischer Kinder geheilt und ihre Zukunftsaussichten gesichert werden sollen, und legt der EU nahe, diese Initiative tatkräftig zu unterstützen;

15.  verlangt, dass die Lage der palästinensischen Flüchtlinge in Syrien, und vor allem die alarmierende humanitäre Situation im Flüchtlingslager Jarmuk, besonders wichtig genommen wird; fordert alle Konfliktparteien auf, dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) und anderen internationalen Hilfsorganisationen unverzüglich und ohne Bedingungen Zugang zu diesem Lager zu gewähren, damit das extreme Leid der Lagerbewohner gemildert wird;

16.  erklärt wie bisher seine Unterstützung für die Tätigkeit der vom Menschenrechtsrat der VN eingesetzten unabhängigen internationalen Untersuchungskommission der Vereinten Nationen zur Arabischen Republik Syrien und fordert den VN-Sicherheitsrat erneut auf, den Internationalen Strafgerichtshof mit einer formellen Untersuchung der Lage in Syrien zu befassen; ersucht die VP/HR, in dieser Richtung tätig zu werden;

17.  zollt den Gastgemeinschaften und den Syrien benachbarten Ländern, insbesondere Jordanien, dem Libanon, der Türkei, dem Irak und Ägypten, Anerkennung für ihr Vermögen, den Familien, die vor dem bewaffneten Konflikt in Syrien geflohen sind, Obdach und humanitäre Hilfe zu gewähren; gibt erneut seiner tiefen Besorgnis Ausdruck über die humanitären, sozialen, wirtschaftlichen, politischen und sicherheitspolitischen Auswirkungen der Krise in Syrien auf den gesamten Nahen Osten, insbesondere den Libanon und Jordanien; betont, dass eine kohärente Antwort erforderlich ist, um die Gastländer zu unterstützen, einschließlich humanitärer Entwicklung und makroökonomischer Unterstützung, und wiederholt seine Forderung, dass die EU anlässlich der Krise um die syrischen Flüchtlinge eine Konferenz über humanitäre Hilfe einberuft, wobei auf umgebende Aufnahmeländer abzielende Maßnahmen vorrangig zu behandeln sind, um diese Länder dabei zu unterstützen, die ständig zunehmenden Flüchtlingsströme zu bewältigen und ihre „Politik der offenen Tür“ beizubehalten;

18.  betont, dass die Krise in Syrien einen kohärenten gemeinsamen Ansatz der EU und ihrer Mitgliedstaaten im Bereich der humanitären Hilfe und darüber hinaus notwendig macht, und gibt seiner fortgesetzten Unterstützung für Vizepräsidentin / Hohe Vertreterin Catherine Ashton und Kommissarin Kristalina Georgieva in ihren Bemühungen um bessere Koordinierung auf diesem Gebiet Ausdruck;

19.  begrüßt es, dass in Kuwait 2,4 Mrd. USD zugesagt wurden, und fordert die Geber auf, ihre Versprechen einzuhalten und diesen Zusagen zügig nachzukommen; begrüßt das Engagement der EU und ihrer Mitgliedstaaten, die die meiste finanzielle Hilfe zur Verfügung stellen und die umfangreichsten Zusagen für die Zukunft gemacht haben; stellt allerdings fest, dass es weiterer bedeutender Anstrengungen bedarf, um den Bedarf an humanitärer Hilfe in Syrien zu decken, und fordert deshalb, dass internationale Akteure zusätzliche Finanzbeiträge leisten;

20.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Sondergesandten der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga für Syrien, dem Parlament und der Regierung des Iraks, dem Parlament und der Regierung Jordaniens, dem Parlament und der Regierung des Libanons, dem Parlament und der Regierung der Türkei, dem Parlament und der Regierung Ägyptens, dem Parlament und der Regierung Russlands, dem Parlament und der Regierung Chinas und allen am Konflikt in Syrien beteiligten Parteien zu übermitteln.


Lage in Ägypten
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zur Lage in Ägypten (2014/2532(RSP))
P7_TA(2014)0100RC-B7-0145/2014

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Ägypten, insbesondere die Entschließung vom 12. September 2013 zur Lage in Ägypten(1),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Oktober 2013 zu dem Thema „Die Europäische Nachbarschaftspolitik: für eine Vertiefung der Partnerschaft“ – Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu den Berichten für 2012(2);

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Mai 2013 zur Rückführung von Vermögenswerten an Transformationsländer des Arabischen Frühlings(3),

–  unter Hinweis auf die Erklärungen der Vizepräsidentin / Hohen Vertreterin der Kommission, Catherine Ashton, vom 24. Januar 2014 zu den gewalttätigen Übergriffen in Ägypten, vom 19. Januar 2014 zur Volksabstimmung über die Verfassung in Ägypten, vom 11. Januar 2014 zur Lage in Ägypten vor der Volksabstimmung über die Verfassung, vom 24. Dezember 2013 zu den Autobomben in Mansura, Ägypten und vom 23. Dezember 2013 zur Verurteilung politischer Aktivisten in Ägypten,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 8. Februar 2013 zum Arabischen Frühling,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 22. Juli und vom 21. August 2013 zu Ägypten,

–  unter Hinweis auf das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Ägypten von 2001, das 2004 in Kraft getreten ist und durch den Aktionsplan von 2007 gestärkt wurde, und auf den Fortschrittsbericht der Kommission vom 20. März 2013 über die Umsetzung dieses Abkommens,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966, zu dessen Vertragsparteien Ägypten gehört,

–  unter Hinweis auf die am 8. Juli 2013 in Ägypten veröffentlichte Verfassungserklärung, in der ein Fahrplan für Verfassungsänderungen und eine Neuwahl vorgeschlagen wurde,

–  unter Hinweis auf die ägyptische Verfassung, die durch den Verfassungsausschuss verfasst und durch eine Volksabstimmung am 14./15. Januar 2014 angenommen wurde,

–  unter Hinweis auf das von der ägyptischen Übergangsregierung vorgelegte „Programm zur Stärkung des Wegs zur Demokratie“,

–  unter Hinweis auf das ägyptische Gesetz Nr. 107 vom 24. November 2013 über das Recht auf öffentliche Versammlungen, Umzüge und friedliche Demonstrationen,

–  gestützt auf Artikel 110 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass Interimspräsident Adli Mansour die neue ägyptische Verfassung am 1. Dezember 2013 gebilligt hat, auf die sich der Verfassungsausschuss geeinigt hatte, der sich aus 50 Sachverständigen zusammensetzte, unter denen sich eine Vielzahl politischer und religiöser Vertreter, jedoch keine Vertreter der Muslimbrüder befanden;

B.  in der Erwägung, dass die Verfassung bei der Volksabstimmung am 14. und 15. Januar 2014 mit 98,1 % der Stimmen bei einer Beteiligung von 38,6 % angenommen wurde; in der Erwägung, dass im Vorfeld der Volksabstimmung Gewalt sowie Schikanen gegen und Inhaftierungen von Aktivisten, die sich für die Ablehnung der Verfassung einsetzten, das Bild prägten, was zu einer einseitigen öffentlichen Debatte im Vorfeld der Volksabstimmung geführt hat; in der Erwägung, dass laut einer Erklärung der Vizepräsidentin / Hohen Vertreterin Catherine Ashton die EU zwar nicht in der Lage sei, die Durchführung der Volksabstimmung gründlich zu bewerten oder angeblichen Unregelmäßigkeiten nachzugehen, diese jedoch das Ergebnis nicht grundlegend beeinflusst zu haben scheinen;

C.  in der Erwägung, dass die neue Verfassung Ägyptens viele positive Elemente insbesondere in den Bereichen Grundfreiheiten und Menschenrechte, Minderheitenschutz und Frauenrechte umfasst, aber auch Artikel enthält, denen zufolge die Streitkräfte von ziviler Kontrolle und ihr Haushalt von der parlamentarischen Kontrolle ausgenommen werden und Militärrichter Zivilisten vor Gericht stellen können, während durch einen anderen Artikel die Freiheit zur Ausübung religiöser Rituale und zur Einrichtung von religiösen Stätten auf die Anhänger der abrahamitischen Religionen beschränkt wird;

D.  in der Erwägung, dass politische Spannungen und die tiefe Polarisierung der Gesellschaft in Ägypten weiterhin zu terroristischen Anschlägen und gewalttätigen Zusammenstößen führen; in der Erwägung, dass seit Juli 2013 bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften und zwischen Gegnern und Anhängern des ehemaligen Präsidenten Mursi mehr als 1000 Menschen ums Leben gekommen sind und viele weitere verletzt wurden; in der Erwägung, dass die Sicherheitskräfte Berichten zufolge mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Demonstranten vorgegangen sind und Tausende festgenommen und inhaftiert wurden, während weiterhin Straflosigkeit besteht; in der Erwägung, dass der Ausnahmezustand im Land am 12. November 2013 aufgehoben wurde;

E.  in der Erwägung, dass in der Verfassungserklärung vom 8. Juli 2013 ein politischer Fahrplan für Ägypten festgelegt wurde; in der Erwägung, dass der ägyptische Interimspräsident Adli Mansur entgegen dem Fahrplan inzwischen gefordert hat, dass die Präsidentschaftswahl zuerst abgehalten wird; in der Erwägung, dass die Übergangsregierung mit ihrem Programm bestätigt hat, dass sie sich dafür einsetzt, ein demokratisches System aufzubauen, in dem die Rechte und Freiheiten aller Ägypter sichergestellt sind, diesen Fahrplan mit der uneingeschränkten Beteiligung aller politischen Akteure umzusetzen und eine Volksabstimmung über die neue Verfassung durchzuführen, auf die zu gegebener Zeit unter Einhaltung aller Rechtsvorschriften abgehaltene freie und faire Parlaments- und Präsidentschaftswahlen folgen sollen;

F.  in der Erwägung, dass Verstöße gegen die Grundfreiheiten und die Menschenrechte in Ägypten weiterhin weit verbreitet sind; in der Erwägung, dass Gewalt, Anstiftung zu Gewalt und Schikanen gegen politische Gegner, Journalisten und Aktivisten der Zivilgesellschaft im Vorfeld der Volksabstimmung weiter zugenommen haben; in der Erwägung, dass viele politische Aktivisten und Aktivisten der Zivilgesellschaft, darunter Alaa Abdel Fattah, Mohamed Abdel vom Ägyptischen Zentrum für wirtschaftliche und soziale Rechte und Ahmed Maher und Ahmed Douma, Anführer der Bewegung des 6. April, sowie Mitglieder verschiedener Parteien im Laufe der letzten Wochen festgenommen und verurteilt wurden; in der Erwägung, dass der ägyptische Nationale Rat für Menschenrechte, nachdem er die genannten prominenten Aktivisten im Gefängnis Tora besucht hatte, am 12. Januar 2014 einen Bericht veröffentlicht hat, in dem er ihre Haftbedingungen kritisiert und ein Ende ihrer Misshandlung gefordert hat; in der Erwägung, dass Berichten des Komitees für den Schutz von Journalisten zufolge seit Juli 2013 mindestens fünf Journalisten getötet und 45 angegriffen wurden, in 11 Nachrichtenstellen Razzien durchgeführt wurden und sich mindestens 44 Journalisten im Rahmen langwieriger Ermittlungsverfahren in Haft befinden, ohne dass gegen sie Anklage erhoben wurde; in der Erwägung, dass am 29.1.2014 zwanzig Journalisten von Al Dschasira – von denen acht nun in Haft sind und unter denen sich drei Europäer befinden – angeklagt wurden, weil sie einer „terroristischen Organisation“ angehören oder „Falschmeldungen verbreiten“ sollen;

G.  in der Erwägung, dass sich die Muslimbrüderschaft wiederholt geweigert hat, sich an dem von der Übergangsregierung angekündigten politischen Prozess zu beteiligen, und einen Boykott der Volksabstimmung gefordert hat, während mehrere ihrer Anführer weiterhin zu Gewalt gegen Staatsorgane und Sicherheitskräfte anstiften; in der Erwägung, dass die ägyptische Übergangsregierung die Muslimbrüderschaft verboten, ihre Anführer inhaftiert, ihre Vermögenswerte beschlagnahmt, ihre Medien zum Schweigen gebracht und die Mitgliedschaft zur Straftat erklärt hat, während es die der Bewegung angehörige Partei für Freiheit und Gerechtigkeit weiterhin gibt; in der Erwägung, dass der ehemalige Präsident Mursi seit dem 3. Juli 2013 inhaftiert ist und dass ihm mehrere Straftaten zur Last gelegt werden;

H.  in der Erwägung, dass die Grundfreiheiten und die Menschenrechte sowie soziale Gerechtigkeit und ein höherer Lebensstandard für die Bürger entscheidende Aspekte des Übergangs zu einer offenen, freien, demokratischen und wohlhabenden ägyptischen Gesellschaft sind; in der Erwägung, dass unabhängige Gewerkschaften und Organisationen der Zivilgesellschaft bei diesem Verfahren eine entscheidende Rolle spielen und dass freie Medien einen wichtigen Teil der Gesellschaften jeder Demokratie darstellen; in der Erwägung, dass ägyptische Frauen in der derzeitigen Phase des politischen und sozialen Umbruchs im Land weiterhin besonders gefährdet sind;

I.  in der Erwägung, dass die Spannungen zwischen Dschihadisten und koptischen Christen in Ägypten seit der Entmachtung von Präsident Mursi im vergangenen Sommer zugenommen und zur Zerstörung vieler Kirchen der koptischen Christen geführt haben; in der Erwägung, dass 2013 in Ägypten die weltweit höchste Zahl an Übergriffen gegen Christen verzeichnet und über mindestens 167 dieser Fälle in den Medien berichtet wurde; in der Erwägung, dass nahezu 500 Versuche unternommen wurden, Kirchen im Land zu schließen oder zu zerstören, und mindestens 83 Christen aus religiösen Gründen ermordet wurden;

J.  in der Erwägung, dass sich die Sicherheitslage weiter verschlechtert hat und Terroranschläge und gewalttätige Übergriffe auf Sicherheitskräfte auf der Sinai-Halbinsel weiter zugenommen haben; in der Erwägung, dass offiziellen Angaben zufolge seit dem 30. Juni 2013 mindestens 95 Sicherheitskräfte bei gewalttätigen Übergriffen ums Leben gekommen sind;

K.  in der Erwägung, dass in dieser Gegend Tausende von Menschen, hauptsächlich Flüchtlinge aus Eritrea und Somalia, darunter viele Frauen und Kinder, ums Leben kommen, verschwinden oder von Menschenhändlern entführt und gegen Lösegeld als Geiseln gehalten werden, gefoltert werden, sexuell missbraucht werden oder zum Zweck des Organhandels getötet werden;

L.  in der Erwägung, dass das Gesetz Nr. 107 vom 24. November 2013 über das Recht auf öffentliche Versammlungen, Umzüge und friedliche Demonstrationen weit verbreitete und massive Kritik in Ägypten und darüber hinaus hervorgerufen hat; in der Erwägung, dass die Vizepräsidentin / Hohe Vertreterin der Kommission, Catherine Ashton, in ihrer Erklärung vom 23. Dezember 2013 dargelegt, dass die Freiheit der Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit nach allgemeiner Ansicht durch dieses Gesetz übermäßig eingeschränkt werden; in der Erwägung, dass im Laufe der letzten Wochen auf der Grundlage dieses Gesetzes friedliche Proteste aufgelöst und zahlreiche Demonstranten festgenommen und inhaftiert wurden;

M.  in der Erwägung, dass die ägyptische Wirtschaft in einer sehr schwierigen Lage ist; in der Erwägung, dass die Arbeitslosen- und die Armutsquote seit 2011 gestiegen sind; in der Erwägung, dass politische Stabilität, eine solide Wirtschaftspolitik, Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption sowie internationale Unterstützung Voraussetzungen für wirtschaftlichen Wohlstand im Land sind; in der Erwägung, dass die politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Ägypten erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Weltregion und darüber hinaus hat;

N.  in der Erwägung, dass Umfang und Zielrichtung der EU-Hilfe für Ägypten in Einklang mit der überprüften Europäischen Nachbarschaftspolitik und insbesondere dem Grundsatz „Mehr für mehr“ anreizbasiert sind und daher von den Fortschritten abhängen, die das Land im Hinblick auf die Erfüllung seiner Zusagen unter anderem in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Gleichstellung der Geschlechter erzielt;

1.  gibt erneut seiner entschiedenen Solidarität mit dem ägyptischen Volk Ausdruck und unterstützt weiter seine legitimen demokratischen Bestrebungen und Bemühungen um einen friedlichen demokratischen Übergang zu politischen, wirtschaftlichen und sozialen Reformen;

2.  verurteilt nachdrücklich alle Arten von Gewalt, Terrorismus, Anstiftung zu Gewalt, Schikanen, Hassreden und Zensur; fordert sämtliche politischen Akteure und die Sicherheitskräfte auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben und Provokationen zu vermeiden, um zum Wohl des Landes weiterer Gewalt vorzubeugen; spricht den Familien der Opfer sein tief empfundenes Mitgefühl aus;

3.  fordert die ägyptische Übergangsregierung und die Sicherheitskräfte dazu auf, die Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, und zwar ungeachtet ihrer politischen Ansichten, ihrer Weltanschauung oder ihres Glaubens, die Rechtsstaatlichkeit zu wahren sowie die Menschenrechte und die Grundfreiheiten zu achten, die Vereinigungsfreiheit, die Freiheit, sich friedlich zu versammeln, das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit zu schützen, zu Dialog und Gewaltverzicht beizutragen sowie die internationalen Verpflichtungen des Landes zu achten und zu erfüllen;

4.  nimmt die neue Verfassung von Ägypten zur Kenntnis, die durch die Volksabstimmung vom 14./15. Januar 2014 gebilligt wurde und die einen wichtigen Schritt bei dem schwierigen Übergang des Landes zur Demokratie darstellen sollte; begrüßt es, dass in der neuen ägyptischen Verfassung eine Zivilregierung, die uneingeschränkte Glaubensfreiheit und die Gleichheit aller Bürger, einschließlich der Stärkung der Rechte der Frauen, die Rechte des Kindes, das Verbot aller Formen und Ausprägungen von Folter, das Verbot und die Kriminalisierung aller Formen von Sklaverei sowie die Zusage erwähnt werden, die von Ägypten unterzeichneten internationalen Menschenrechtsabkommen einzuhalten; fordert, dass die Bestimmungen zu den Grundfreiheiten – einschließlich der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit und der Freiheit der Meinungsäußerung – und Menschenrechten in der neuen Verfassung uneingeschränkt und wirksam umgesetzt werden und dass alle bestehenden und zukünftigen Rechtsvorschriften in diesen Bereichen damit in Einklang gebracht werden;

5.  äußert jedoch seine Besorgnis über bestimmte Artikel in der neuen Verfassung, insbesondere in Bezug auf diejenigen hinsichtlich des Status der Streitkräfte, darunter folgende: Artikel 202, der besagt, dass der Verteidigungsminister, der auch der Oberbefehlshaber ist, aus den Reihen der Offiziere der Streitkräfte ernannt wird; Artikel 203 zum Haushalt der Streitkräfte; Artikel 204, der Gerichtsverfahren gegen Zivilisten durch Militärrichter bei direkten Angriffen auf Militäranlagen, Militärgebiete, Militärausrüstung, Militärdokumente und ‑geheimnisse, öffentliche Mittel der Streitkräfte, Militärfabriken und Militärangehörige sowie bei bestimmten Verstößen im Zusammenhang mit dem Militärdienst ermöglicht; und Artikel 234, demzufolge der Verteidigungsminister nach Billigung durch den Obersten Rat der Streitkräfte ernannt wird, wobei diese Bestimmung für zwei ganze Präsidentenamtszeiten in Kraft bleiben soll, ohne dass irgendein Hinweis darauf gegeben wird, wie und von wem der Minister seines Amtes enthoben werden kann;

6.  betont, dass die Volksabstimmung über die Verfassung eine Gelegenheit bot, einen nationalen Konsens, eine Aussöhnung und institutionelle und politische Stabilität für das Land aufzubauen; weist darauf hin, dass die neue Verfassung mit überwältigender Mehrheit unterstützt wurde, dass die Beteiligung relativ gering war und dass über mutmaßliche Unregelmäßigkeiten während der Abstimmung berichtet wurde; bedauert zutiefst die gewalttätigen Zusammenstöße vor, während und nach der Volksabstimmung, bei denen es Tote und Verletzte gegeben hat;

7.  verurteilt alle Gewaltakte und Einschüchterungsversuche und fordert alle Akteure und die Sicherheitskräfte zur Zurückhaltung auf, damit es nicht zu weiteren Todesfällen und Verletzungen kommt, was auch im Interesse des Landes liegt; fordert die ägyptische Übergangsregierung auf sicherzustellen, dass alle solchen Fälle schnell, unabhängig, seriös und unparteiisch untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden; verweist die Übergangsregierung auf ihre Verantwortung, für die Sicherheit aller ägyptischen Bürger unabhängig von ihrer politischen oder religiösen Anschauung zu sorgen und die für Gewalt, Anstiftung zu Gewalt oder Verstöße gegen die Menschenrechte Verantwortlichen unparteiisch zur Rechenschaft zu ziehen;

8.  betont erneut, dass Versöhnung und ein integrativer politischer Prozess unter ziviler Führung und unter Beteiligung aller demokratischen politischen Akteure entscheidende Elemente des demokratischen Übergangs in Ägypten sind und dass die Organisation freier und fairer Parlaments- und Präsidentschaftswahlen – die zu einer angemessenen Vertretung unterschiedlicher politischer Ansichten und von Frauen und Minderheitengruppen führen – innerhalb des in der neuen Verfassung festgelegten Zeitrahmens ein weiterer entscheidender Schritt in diesem Prozess ist; fordert alle politischen und sozialen Akteure, einschließlich der Anhänger des ehemaligen Präsidenten Mursi, auf, auf Gewalttaten, Anstiftung zu Gewalt und Provokationen zu verzichten und zu den Versöhnungsbemühungen beizutragen; fordert die Freilassung aller politischen Häftlinge, die inhaftiert sind, weil sie ihr Recht auf Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit oder freie Meinungsäußerung ausgeübt haben; betont, dass freie und faire Gerichtsverfahren für alle Inhaftierten wichtig sind; regt an, das Gesetz über die Justizbehörden zu reformieren, um für eine wirkliche Gewaltenteilung Sorge zu tragen;

9.  fordert, alle Formen von Gewalt, Schikane oder Einschüchterung – durch Behörden, Sicherheitskräfte oder andere Gruppen – gegen politische Gegner, friedliche Demonstranten, Gewerkschaftsvertreter, Journalisten, Frauenrechtler und andere Akteure der Zivilgesellschaft in Ägypten sofort zu beenden; fordert, dass in solchen Fällen seriös und unparteiisch ermittelt wird und dass die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden; fordert erneut die Übergangsregierung auf, dafür zu sorgen, dass einheimische und internationale zivilgesellschaftliche Organisationen, unabhängige Gewerkschaften und Journalisten ihrer Tätigkeit im Land ungehindert und ohne staatliche Einflussnahme nachgehen können;

10.  ist besorgt über das Gesetz Nr. 107/2013 vom 24. November 2013 zur Regelung des Rechts auf öffentliche Versammlungen, Prozessionen und friedliche Proteste und fordert die ägyptische Übergangsregierung auf, dieses Gesetz umzugestalten oder aufzuheben, um die Vereinigungsfreiheit und die Freiheit, sich friedlich zu versammeln, gemäß dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und unter Einhaltung internationaler Standards und Pflichten zu gewährleisten;

11.  verurteilt die terroristischen Anschläge der jüngsten Zeit gegen Sicherheitskräfte in Ägypten; ist zutiefst besorgt über die weitere Verschlechterung der Sicherheitslage auf der Sinai-Halbinsel, und fordert verstärkte Bemühungen von Seiten der ägyptischen Übergangsregierung und der Sicherheitskräfte, um in dieser Gegend wieder für Sicherheit zu sorgen, insbesondere durch die Bekämpfung von Menschenhändlern; verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass alle Arten von Sklaverei, Unterdrückung, Ausbeutung von Menschen, Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und andere Formen von Menschenhandel in Ägypten laut Artikel 89 der neuen Verfassung verboten sind und Straftaten darstellen;

12.  verurteilt die Gewalt gegen die koptische Gemeinschaft und die Zerstörung zahlreicher Kirchen, Gemeindezentren und Geschäfte im ganzen Land aufs Schärfste; äußert seine Besorgnis darüber, dass die staatlichen Stellen trotz der vielen Warnungen keine angemessenen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der koptischen Gemeinschaft ergriffen haben;

13.  fordert, dass der Rat die Vereinigung Ansar Bait al-Maqdis, die für mehrere Übergriffe und Bombenanschläge der jüngsten Zeit auf dem Sinai, in Kairo und anderenorts die Verantwortung übernommen hat, auf seine Liste der bekannten terroristischen Vereinigungen setzt;

14.  fordert die ägyptische Übergangsregierung auf, Rechtsvorschriften auszuarbeiten, anzunehmen und umzusetzen, durch die alle Formen geschlechtsbezogener Gewalt, einschließlich der Vergewaltigung in der Ehe und der sexuellen Gewalt gegen Frauen, die an Protestaktionen und Demonstrationen teilnehmen, bekämpft werden; fordert die ägyptische Übergangsregierung auf, für wirksame und zugängliche Anzeigemöglichkeiten und Schutzmaßnahmen zu sorgen, die den Bedürfnissen der Opfer Rechnung tragen und durch die die Vertraulichkeit gewahrt wird; fordert, der Straflosigkeit ein Ende zu setzen und für angemessene strafrechtliche Sanktionen gegen die Täter Sorge zu tragen;

15.  begrüßt die von der ägyptischen Übergangsregierung zum Ausdruck gebrachte Bereitschaft, gemäß der Empfehlung des ägyptischen nationalen Rates für Menschenrechte in Kairo ein Regionalbüro der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte zu eröffnen, und fordert die ägyptische Übergangsregierung auf, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um die Eröffnung dieses Büros zu beschleunigen;

16.  begrüßt und unterstützt die Bemühungen der Vizepräsidentin / Hohen Vertreterin, Catherine Ashton, und des Sonderbeauftragten Bernardino León, zwischen den Parteien zu vermitteln, um einen Ausweg aus der gegenwärtigen politischen Krise auszuhandeln; fordert erneut den Rat, die Vizepräsidentin / Hohe Vertreterin und die Kommission auf, bei ihren bilateralen Beziehungen mit und ihrer finanziellen Unterstützung für das Land sowohl dem Grundsatz der Auflagenbindung („mehr für mehr“) als auch den schwerwiegenden wirtschaftlichen Problemen, mit denen Ägypten derzeit konfrontiert ist, Rechnung zu tragen; wiederholt seine Forderung nach klaren und gemeinsam vereinbarten Richtwerten in diesem Bereich; bekräftigt seine Zusage, das ägyptische Volk auf dem Weg zu demokratischen und wirtschaftlichen Reformen zu unterstützen;

17.  fordert die Vizepräsidentin / Hohen Vertreterin auf, den Bericht der EU-Wahlexpertenmission, die die Volksabstimmung über die Verfassung in Ägypten am 14. und 15. Januar 2014 beobachtet hat, zu veröffentlichen;

18.  fordert die ägyptische Regierung auf, um die Entsendung einer Wahlbeobachtungsmission der EU für die bevorstehende Präsidentschaftswahl nachzusuchen;

19.  betont erneut, dass die Erleichterung der Rückführung der von früheren Diktatoren und ihren Regimes gestohlenen Vermögenswerte eine moralische Verpflichtung für die EU und aufgrund ihres Symbolwerts eine politisch wichtige Angelegenheit für die Beziehungen der EU zu ihrer südlichen Nachbarschaft ist;

20.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten sowie der Übergangsregierung der Arabischen Republik Ägypten zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P7_TA(2013)0379.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2013)0446.
(3) Angenommene Texte, P7_TA(2013)0224.


Gipfeltreffen EU-Russland
PDF 139kWORD 28k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zum Gipfeltreffen EU-Russland (2014/2533(RSP))
P7_TA(2014)0101RC-B7-0150/2014

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine vorausgegangenen Entschließungen zu Russland,

–  unter Hinweis auf das derzeit geltende Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit (PKA) zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits sowie auf die laufenden Verhandlungen über ein neues Abkommen zwischen der EU und Russland,

–  unter Hinweis auf die 2010 in Rostow am Don eingeleitete „Partnerschaft für Modernisierung“ sowie auf die Zusicherung der russischen Führung, dass die Modernisierung Russlands auf rechtsstaatlichen Prinzipien beruhen werde,

–  unter Hinweis auf das in der Gemeinsamen Erklärung vom 31. Mai 2003 im Anschluss an das 11. Gipfeltreffen EU-Russland in Sankt Petersburg dargelegte Ziel der EU und Russlands, einen gemeinsamen Wirtschaftsraum, einen gemeinsamen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, einen gemeinsamen Raum der äußeren Sicherheit und einen gemeinsamen Raum der Forschung und Bildung, der auch kulturelle Aspekte einschließt, (die vier „gemeinsamen Räume“) zu schaffen,

–  unter Hinweis auf die Menschenrechtskonsultationen zwischen der EU und Russland am 28. November 2013,

–  unter Hinweis auf das Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft am 28. und 29. November 2013,

–  unter Hinweis auf das Gipfeltreffen EU-Russland am 28. Januar 2014,

–  unter Hinweis auf die im Anschluss an das Gipfeltreffen EU-Russland am 28. Januar 2014 abgegebene Erklärung des Präsidenten der Kommission, José Manuel Durão Barroso, und die Anmerkungen des Präsidenten des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der EU und Russlands zur Bekämpfung des Terrorismus vom 28. Januar 2014,

–  gestützt auf Artikel 110 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass sich die EU nach wie vor für eine weitere Vertiefung und den Ausbau der Beziehungen zwischen der EU und Russland einsetzt, was in ihrer Zusage zum Ausdruck kommt, in umfassende Verhandlungen über ein neues Rahmenabkommen für den weiteren Ausbau der Beziehungen einzutreten, und in der Erwägung, dass die EU und Russland insbesondere in den Bereichen Energie, Wirtschaft und Unternehmertum tiefgreifende und umfassende Beziehungen aufgebaut haben;

B.  in der Erwägung, dass das Gipfeltreffen EU-Russland vom 28. Januar 2014 auf eine dreistündige eingeschränkte Zusammenkunft reduziert wurde, bei der man sich auf nur wenige Themen konzentrierte, und die Probleme in den Beziehungen zwischen der EU und Russland angesprochen wurden – hauptsächlich wegen des von Russland ausgeübten Drucks auf die Staaten der Östlichen Partnerschaft;

C.  in der Erwägung, dass eine verstärkte Zusammenarbeit und gutnachbarschaftliche Beziehungen zwischen der EU und Russland von grundlegender Bedeutung für Stabilität, Sicherheit und Wohlstand in Europa und insbesondere in den gemeinsamen Nachbarstaaten sind; in der Erwägung, dass der Ausbau einer strategischen Partnerschaft zwischen der EU und der Russischen Föderation nur auf der Grundlage gemeinsamer Werte möglich ist; in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Partnern auf internationaler Ebene in allen Institutionen, Organisationen und Foren unbedingt intensiviert werden muss, um die globale Ordnungspolitik zu verbessern und die gemeinsamen Herausforderungen zu bewältigen;

D.  in der Erwägung, dass die Entwicklungen in der Russischen Föderation hinsichtlich der Achtung und des Schutzes der Menschenrechte sowie der Achtung gemeinsam vereinbarter demokratischer Grundsätze und der Rechtsstaatlichkeit nach wie vor Anlass zu Besorgnis geben; in der Erwägung, dass die Russische Föderation als Vollmitglied des Europarates und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) den Grundsätzen der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte verpflichtet ist;

E.  in der Erwägung, dass alle Teilnehmer des Gipfeltreffens der Östlichen Partnerschaft in Vilnius ihr Bekenntnis zu den Grundsätzen des Völkerrechts und zu den grundlegenden Werten wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte bekräftigt haben;

F.  in der Erwägung, dass gutnachbarschaftliche Beziehungen, Frieden und Stabilität in den gemeinsamen Nachbarstaaten im Interesse sowohl Russlands als auch der EU sind; in der Erwägung, dass ein offener, ehrlicher und ergebnisorientierter Dialog über die Krisen und insbesondere die festgefahrenen Konflikte in diesen Ländern geführt werden sollte, dessen Ziel darin bestehen sollte, Sicherheit und Stabilität zu stärken, die territoriale Unversehrtheit der betreffenden Länder zu wahren und gemeinsame Mechanismen für das Krisenmanagement auszuarbeiten;

G.  in der Erwägung, dass die Staaten der Östlichen Partnerschaft gemäß der Schlussakte von Helsinki das umfassende souveräne Recht und die Freiheit haben, gleichberechtigte Beziehungen mit Partnern ihrer Wahl aufzubauen;

H.  in der Erwägung, dass mit Unterstützung russischer Streitkräfte und zulasten des Hoheitsgebiets Georgiens in Abchasien und im Gebiet Zchinwali (Südossetien) immer rascher Grenzanlagen errichtet werden und dabei Feindseligkeiten aufgekommen sind;

I.  in der Erwägung, dass Luftfahrtunternehmen den Staatsorganen Russlands seit dem 1. Dezember 2013 erweiterte Fluggastdaten übermitteln und dass die Staatsorgane Russlands ab dem 1. Juli 2014 für Überflüge die vollständigen Daten der Fluggäste und der Besatzung verlangen; in der Erwägung, dass die Staatsorgane Russlands ein umfassendes System zur Erhebung der Namen von Fluggästen einführen wollen;

1.  erachtet das Gipfeltreffen EU-Russland vom 28. Januar 2014 als Chance, Überlegungen über die Art und die Richtung der strategischen Partnerschaft zwischen der EU und Russland anzustellen und Meinungsverschiedenheiten zu klären; stellt fest, dass der reduzierte Umfang des Gipfeltreffens EU‑Russland die gegenwärtige Lage der Beziehungen zwischen der EU und Russland veranschaulicht, in der ein pragmatischer Austausch über inhaltliche Fragen möglich ist, die aber gleichzeitig auch die Herausforderungen zeigt, denen die Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland zur Zeit ausgesetzt ist; erwartet, dass die Aussprachen zu einem größeren beiderseitigen Vertrauen führen und die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die Partnerschaft mit neuem politischem Elan vorangebracht wird;

2.  bekräftigt seine Auffassung, dass Russland nach wie vor einer der wichtigsten Partner der EU beim Aufbau einer strategischen Zusammenarbeit ist, da es nicht nur wirtschaftliche und handelspolitische Interessen mit der EU teilt, sondern auch die Umsetzung gemeinsam vereinbarter demokratischer Werte anstrebt; betont, dass eine offen geführte Debatte zur Klärung gegenseitiger Meinungsverschiedenheiten eine Voraussetzung für Fortschritte in den bilateralen Beziehungen ist;

3.  betont, dass ein dauerhafter und konstruktiver Dialog auf der Grundlage der bestehenden Vereinbarungen der Welthandelsorganisation (WTO) geführt werden muss, in dessen Rahmen die Entwicklungen in der gemeinsamen Nachbarschaft und die einzelnen regionalen Initiativen zur wirtschaftlichen Integration erörtert werden, wobei deren Auswirkungen auf den Handel im Vordergrund stehen sollten; fordert die EU und Russland auf, nach Möglichkeiten zu suchen, wie die jeweiligen Prozesse der regionalen Integration besser miteinander in Einklang zu bringen sind, und gleichzeitig auch künftig auf die Vision einer künftigen gemeinsamen Handels- und Wirtschaftszone hinzuarbeiten;

4.  weist erneut darauf hin, dass der Dialog zwischen der EU und Russland über Themen im Zusammenhang mit der gemeinsamen Nachbarschaft auf dem Grundsatz der Souveränität und der Unabhängigkeit der benachbarten Länder bei der Wahl ihrer politischen und handelsspezifischen Bündnisse beruhen muss; ist überzeugt, dass es letztlich auch im eigenen Interesse Russlands liegen würde, wenn weitere politische und wirtschaftliche Reformen in den Staaten der Östlichen Partnerschaft wie der Ukraine auf der Grundlage der Werte und Normen der EU vollzogen würden, da damit das von Stabilität, Wohlstand und Zusammenarbeit geprägte Gebiet an seinen Grenzen ausgedehnt würde; bekräftigt die Aufforderung der EU an Russland, hierzu mit konstruktivem Engagement in Bezug auf die Staaten der Östlichen Partnerschaft beizutragen; spricht sich gegen die Absicht Russlands aus, die Region der Östlichen Partnerschaft als sein Einflussgebiet zu betrachten; ist der Auffassung, dass ausschließlich die Bürger der Ukraine berechtigt sein sollten, über die Zukunft des Landes zu entscheiden;

5.  bedauert, dass die russische Staatsführung in der Östlichen Partnerschaft der EU eine Bedrohung der politischen und wirtschaftlichen Interessen Russlands sieht; hebt hervor, dass Russland im Gegenteil von einer Ausweitung des Handels und der wirtschaftlichen Aktivitäten profitieren und dass sich seine Sicherheitslage verbessern würde, wenn seine Nachbarstaaten politisch stabil und berechenbar sind; hebt hervor, dass Synergien geschaffen werden müssen, damit die gemeinsamen Nachbarländer von ihren bilateralen Beziehungen sowohl zur EU als auch zur Russischen Föderation profitieren und den größtmöglichen Nutzen daraus ziehen können;

6.  bekräftigt, dass die vertieften und umfassenden Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Ländern der Östlichen Partnerschaft letztere im Gegensatz zu der von Russland propagierten Zollunion nicht daran hindern, mit Drittstaaten freien Handel zu treiben; weist daher darauf hin, dass die Staaten der Östlichen Partnerschaft auch nach der Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens und eines vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens weiter nach den Bestimmungen der im Rahmen der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) unterzeichneten Freihandelsabkommen frei Handel mit Russland treiben können;

7.  erwartet, dass – wenn die Voraussetzungen dafür geschaffen sind – die Verhandlungen über das neue Abkommen auf dem nächsten Gipfeltreffen in Sotschi im Juni 2014 aufgenommen werden können; bedauert, dass bei den Verhandlungen über das neue PKA, das das gegenwärtige ersetzen soll, keine Fortschritte erzielt wurden, was hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, dass sich die russische Seite nicht auf umfassende Verhandlungen über das Handelskapitel eingelassen hat; betont, dass das Engagement für die Partnerschaft für Modernisierung aufrechterhalten werden muss;

8.  fordert eine wirksame Abstimmung der politischen Verantwortung der EU gegenüber Russland in der nächsten Amtszeit der Kommission, wobei der Hohen Vertreterin / Vizepräsidentin eine eindeutige und zentrale Rolle zukommen muss und die Mitgliedstaaten zusagen müssen, geschlossen gegenüber Russland aufzutreten;

9.  fordert Russland auf, alle seine aus seinem Beitritt zur WTO erwachsenden multilateralen Verpflichtungen zu erfüllen und vollständig umzusetzen; fordert Russland auf, von willkürlichen Einfuhrverboten für Erzeugnisse aus den Mitgliedstaaten der EU Abstand zu nehmen, da solche Maßnahmen den bilateralen Beziehungen zwischen einzelnen Mitgliedstaaten und Russland sowie zwischen der EU und Russland schaden;

10.  verurteilt aufs Schärfste die kürzlich in Wolgograd verübten Terroranschläge; begrüßt die Verabschiedung der gemeinsamen Erklärung der EU und Russlands zur Bekämpfung des Terrorismus vom 28. Januar 2014, in der die EU und Russland übereingekommen sind, als Reaktion auf von Terroristen begangene Straftaten und auf das organisierte Verbrechen die Möglichkeiten einer noch intensiveren Zusammenarbeit auszuloten, ihre Zusammenarbeit dahingehend auszuweiten, dass bewährte Verfahren und erfahrene Ausbilder im Bereich der Terrorismusabwehr ausgetauscht werden, sowie ihre Zusammenarbeit sowohl im Rahmen der Vereinten Nationen als auch in anderen multilateralen Foren zu intensivieren;

11.  nimmt die Fortschrittsberichte zu den gemeinsamen Räumen in den Beziehungen zwischen der EU und Russland zur Kenntnis, in denen die Fortschritte und Rückschritte dargelegt werden, die bei der Umsetzung der gemeinsamen Räume und der 2005 verabschiedeten Fahrpläne zu verzeichnen sind; unterstützt insbesondere die Zusammenarbeit im Bereich Forschung und Entwicklung und betont, dass die vier gemeinsamen Räume auf dem Grundsatz der Gegenseitigkeit beruhen;

12.  erachtet die Energieversorgungssicherheit als sehr wichtig und hebt hervor, dass Rohstofflieferungen nicht als Instrument der Politik eingesetzt werden sollten; betont die große Bedeutung einer Zusammenarbeit im Energiebereich für beide Seiten, da sie eine Chance für eine intensivere Kooperation bei Handel und Wirtschaft in einem offenen und transparenten Markt darstellt, wobei völlig klar sein muss, dass diversifizierte Transportwege und Energieversorger für die EU unerlässlich sind; betont, dass eine solche Zusammenarbeit auf gegenseitiger Abhängigkeit und Transparenz sowie auf gleichberechtigtem Zugang zu Märkten, Infrastruktur und Investitionen beruhen sollte; fordert, dass die Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland im Bereich Energie – vor allem im Hinblick auf den Zugang Dritter – strikt auf den Grundsätzen des Binnenmarktes mit dem dritten Energiepaket sowie auf dem Vertrag über die Energiecharta (ECV) basiert; verleiht seiner Überzeugung Ausdruck, dass sich die vollständige Übernahme der Grundsätze des ECV durch Russland für beide Seiten positiv auf die bilateralen Beziehungen im Bereich Energie auswirken würde; fordert eine enge Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland in Bezug auf die Versorgung mit – insbesondere den als wichtig eingestuften – Rohstoffen und Seltenerdmetallen, und fordert die Einhaltung internationaler Regelungen und insbesondere der WTO-Regeln;

13.  fordert die Russische Föderation auf, ihren Beitrag zur Bewältigung des Klimawandels zu leisten; fordert Russland insbesondere auf, sich ein Ziel für den zweiten Verpflichtungszeitraum zu setzen, indem es die in Doha vereinbarte Änderung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen ratifiziert;

14.  bekräftigt seinen Einsatz für das langfristige Ziel des visumfreien Reiseverkehrs zwischen der EU und Russland, das mit einem auf den Inhalt und praktische Fortschritte ausgerichteten Ansatz Schritt für Schritt verwirklicht werden soll; stellt fest, dass derzeit Verhandlungen über eine verbesserte Fassung des Visaerleichterungsabkommens geführt und die gemeinsamen Maßnahmen für visumfreie Kurzaufenthalte umgesetzt werden; erklärt sich besorgt über die Pläne, eine große Zahl russischer Amtsträger mit einfachen „Dienstpässen“ bei dem Visaerleichterungsabkommen zu berücksichtigen;

15.  erklärt sich besorgt über die Entwicklungen in der Russischen Föderation hinsichtlich der Achtung und des Schutzes der Menschenrechte sowie der Achtung gemeinsam vereinbarter demokratischer Grundsätze, Regelungen und Verfahren und insbesondere hinsichtlich des Gesetzes über „ausländische Agenten“, der gegen lesbische, schwule, bi-, trans- und intersexuelle Menschen (LGBTI) gerichteten Gesetze, des erneut eingeführten Straftatbestands der Verleumdung, des Gesetzes über Hochverrat und der Regelungen zu öffentlichen Protesten; fordert Russland auf, seinen internationalen Verpflichtungen als Mitglied des Europarats nachzukommen;

16.  begrüßt die vor kurzem erfolgte Amnestierung von Inhaftierten und betont, dass ein eindeutiges und zuverlässiges Verständnis der Grundfreiheiten, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit zu weiteren Fortschritten der strategischen Partnerschaft beitragen wird; betont, dass eine unabhängige, unparteiische und effiziente Justiz Grundvoraussetzung für Rechtsstaatlichkeit ist und in hohem Maße zum Aufbau eines verlässlichen und stabilen Unternehmensumfelds und Investitionsklimas beiträgt;

17.  bekräftigt erneut seine Besorgnis über die Menschenrechtslage insgesamt in Russland und über die fehlende Weiterentwicklung der Modalitäten für die Menschenrechtskonsultationen zwischen der EU und Russland; bedauert insbesondere, dass dieser Dialog nur noch prozeduralen Charakter hat und nicht mehr als Mittel dient, um messbare und konkrete Ergebnisse zu erzielen; weist erneut darauf hin, dass öffentlich zugängliche Maßstäbe für den Fortschritt in diese Menschenrechtskonsultationen einbezogen und die Modalitäten des Dialogs beispielsweise dadurch verbessert werden müssen, dass die Veranstaltungsorte wechseln und russische nichtstaatliche Organisationen sowie die russischen Staatsorgane im Rahmen dieses Verfahrens auch in Bezug auf die Zusammensetzung der russischen Delegation zusammenarbeiten, und dass zudem anlässlich der Gipfeltreffen EU-Russland und nach Sitzungen des Partnerschaftsrates Beurteilungsberichte über die erzielten Fortschritte veröffentlicht werden müssen;

18.  fordert Russland auf, das Fördergesetz über die Propaganda für nicht traditionelle sexuelle Beziehungen und ähnliche regionale Anti-Propaganda-Gesetze vollständig aufzuheben, da sie die Menschenrechte und insbesondere die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Bezug auf die sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität beschneiden; erklärt sich ernsthaft besorgt über die negativen Auswirkungen dieser Gesetze auf die Gesellschaft, in der es zunehmend zu Diskriminierung von und Gewalt gegen Angehörige der LGBTI-Gemeinschaft kommt; fordert die Delegation der EU auf, Aktivisten, die sich für die Menschenrechte von Angehörigen der LGBTI-Gemeinschaft einsetzen, im Einklang mit den einschlägigen Leitlinien stärker zu unterstützen;

19.  fordert die Kommission im Hinblick auf die laufende Programmplanung für das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) und das Finanzinstrument für zivilgesellschaftliche Organisationen und lokale Behörden erneut auf, ihre Bemühungen um die Unterstützung der unterdrückten Zivilgesellschaft durch eine Verdoppelung ihrer Mittelzuweisungen für das Land erheblich zu verstärken;

20.  hebt hervor, dass regelmäßige Treffen im Rahmen des politischen Dialogs zu vielfältigen Themen der Außenpolitik ein wesentliches Element der Beziehungen zwischen der EU und Russland sind; stellt fest, dass Russland als ständiges Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen bei internationalen Krisensituationen seiner Verantwortung gerecht werden muss; fordert Russland auf, auf der Genf-II-Konferenz zu Syrien, auf der eine politische Lösung des Konflikts gefunden werden soll, einen in höchstem Maße konstruktiven Ansatz zu verfolgen; begrüßt die Bemühungen Russlands, zusammen mit den USA und der internationalen Gemeinschaft eine Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen und zum Beginn der Genf-II-Gespräche zu verabschieden;

21.  weist auf die große Bedeutung des Dialogs und der Zusammenarbeit mit Russland zu globalen Fragen hin, in deren Rahmen Themengebiete wie Afghanistan, die Arbeit des Nahost-Quartetts und die Bekämpfung der Piraterie am Horn von Afrika wirksam angegangen werden können; legt eine Vertiefung und Stärkung dieser Zusammenarbeit nahe, damit ein gemeinsames Handeln gegenüber dem Atomprogramm Irans ermöglicht wird;

22.  fordert Russland auf, seine Anerkennung der abgespaltenen georgischen Gebiete Abchasien und Zchinwali (Südossetien) zurückzunehmen; verurteilt die Errichtung von Grenzanlagen um Abchasien und das Gebiet Zchinwali (Südossetien) auf das Schärfste, da sie zu einer Ausdehnung der besetzten Gebiete zu Lasten Georgiens geführt hat; fordert Georgien und Russland auf, ohne Vorbedingungen direkte Gespräche über zahlreiche Themen – erforderlichenfalls mit Mediation durch einen für beide Seiten akzeptablen Dritten – aufzunehmen, die die Gespräche in Genf ergänzen, nicht aber ersetzen sollten;

23.  fordert die Russische Föderation auf, ihren Verpflichtungen hinsichtlich des Rückzugs russischer Truppen und Waffen aus dem Gebiet der Republik Moldau nachzukommen, die sie 1996 im Europarat eingegangen ist und die in die Beschlüsse des OSZE‑Gipfels in Istanbul von 1999 und des OSZE-Ministerrates in Porto von 2002 eingeflossen sind; erklärt sich besorgt darüber, dass diesbezüglich keinerlei Fortschritt erzielt wurde; hebt hervor, dass sich alle Teilnehmer der 5+2‑Gespräche verpflichtet haben, den Konflikt auf der Grundlage der territorialen Integrität der Republik Moldau zu lösen; fordert Russland auf, im Rahmen der Minsk-Gruppe eine konstruktive Rolle bei den Bemühungen um die Lösung des langwierigen Konflikts in Nagorny Karabach einzunehmen;

24.  ist der Auffassung, dass neue Bemühungen erforderlich sind, damit Fortschritte in der Zusammenarbeit und im Dialog zwischen der EU und Russland im Bereich der regionalen Sicherheit erzielt werden, was die Lösung langwieriger Konflikte in der Nachbarschaft einschließt;

25.  hält es für sehr wichtig, den interkulturellen Dialog zwischen der EU und Russland und die Kenntnisse der jeweiligen Geschichte und des kulturellen Erbes zu fördern sowie Mobilität und den Austausch von Studenten, Lehrern, Professoren und Forschern anzuregen, um so Kontakte von Mensch zu Mensch aufzubauen, die ein deutlich wahrnehm- und greifbares Zeugnis einer dauerhaften Partnerschaft ablegen, die langfristig zu einer Wertegemeinschaft führt;

26.  fordert die russische Staatsführung auf, bei der Öffnung russischer Archive mitzuwirken, Forschern einen Zugang zu gewähren und wichtige Dokumente auch über das Schicksal von Raoul Wallenberg freizugeben, der vor 70 Jahren Tausende von ungarischen Juden vor dem Tod im Rahmen des Völkermordes bewahrte;

27.  begrüßt die Arbeit des Ausschusses für parlamentarische Kooperation EU-Russland, der als Plattform für den Aufbau einer Zusammenarbeit und für einen anhaltenden Dialog zwischen den beiden Parlamenten dient;

28.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, den Regierungen und Parlamenten der Staaten der Östlichen Partnerschaft, dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Russischen Föderation, dem Europarat und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu übermitteln.


Fortschrittsbericht 2013 über Bosnien und Herzegowina
PDF 150kWORD 31k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zu dem Fortschrittsbericht 2013 über Bosnien und Herzegowina (2013/2884(RSP))
P7_TA(2014)0102B7-0074/2014

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf das am 16. Juni 2008 unterzeichnete und von allen EU-Mitgliedstaaten und Bosnien und Herzegowina ratifizierte Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Bosnien und Herzegowina andererseits,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 19. und 20. Juni 2003 und deren Anlage „Agenda von Thessaloniki für die westlichen Balkanstaaten: Auf dem Weg zur Europäischen Integration“,

–  in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates vom 11. Dezember 2012 und 21. Oktober 2013 zu Bosnien und Herzegowina,

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 16. Oktober 2013 mit dem Titel „Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2013-2014“ (COM(2013)0700) und des dazugehörigen Arbeitsdokuments der Kommissionsdienststellen vom 16. Oktober 2013 mit dem Titel „Bosnien und Herzegowina: Fortschrittsbericht 2013“ (SWD(2013)0415),

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen, insbesondere die Entschließung vom 23. Mai 2013 zum Fortschrittsbericht 2012 über Bosnien und Herzegowina(1) und die Entschließung vom 22. November 2012 zur Erweiterung: Politiken, Kriterien und die strategischen Interessen der EU(2),

–  gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass sich die EU auch künftig nachdrücklich für ein souveränes und vereintes Bosnien und Herzegowina sowie für die Beitrittsperspektive des Landes einsetzt;

B.  in der Erwägung, dass die aus Anhang 4 des Friedensabkommens von Dayton hervorgehende komplexe und ineffiziente institutionelle Architektur sowie die Untätigkeit der führenden Politiker in Bosnien und Herzegowina und deren Unfähigkeit zu Kompromissen weiterhin negative Auswirkungen gehabt haben, was die Fähigkeit des Landes betrifft, Fortschritte auf dem Weg in die EU zu erzielen und das Leben der Bürger zu verbessern; in der Erwägung, dass zur Schaffung eines funktionierenden und integrativen demokratischen Staates eine Verfassungsreform dringend notwendig ist;

C.  in der Erwägung, dass die EU-Mitgliedschaft Bosnien und Herzegowina als einem Staat in Aussicht gestellt wurde;

D.  in der Erwägung, dass neue Impulse sowie die Achtung gegenüber den Bürgern und die Einhaltung internationaler Verpflichtungen erforderlich sind, um einen erneuten Stillstand im Vorfeld der allgemeinen Wahlen im Oktober 2014 zu verhindern;

E.  in der Erwägung, dass die soziale, wirtschaftliche und politische Entwicklung im Land nach wie vor durch weitverbreitete Korruption, eine äußerst hohe Arbeitslosenquote und fehlende Zukunftsperspektiven für die Bürgerinnen und Bürger von Bosnien und Herzegowina ernsthaft beeinträchtigt wird;

F.  in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit mit anderen Ländern in der Region im Geiste gutnachbarschaftlicher Beziehungen eine Grundvoraussetzung für die friedliche Koexistenz und die Aussöhnung innerhalb von Bosnien und Herzegowina und in Südosteuropa ist;

Allgemeine Erwägungen

1.  ist zutiefst besorgt darüber, dass es weiterhin an einer gemeinsamen Vision der führenden Politiker der drei Volksgruppen des Landes mangelt; fordert die politischen Gruppierungen auf allen Entscheidungsebenen des Landes auf, die Zusammenarbeit und den Dialog zu intensivieren, um die bestehenden Auseinandersetzungen zu überwinden, damit Fortschritte bei den Reformbemühungen erzielt und die Lebensbedingungen der Menschen in Bosnien und Herzegowina verbessert werden; fordert die Zivilgesellschaft auf, sich bei den Bemühungen zur Reformierung des Landes stärker zu engagieren;

2.  begrüßt das am 1. Oktober 2013 in Brüssel erzielte 6-Punkte-Abkommen, bedauert jedoch die Blockierung seiner Umsetzung durch zentralistische Kräfte; betont, wie wichtig es ist, den Grundsätzen des Föderalismus und legitimer Vertretung zu folgen, um sicherzustellen, dass Bosnien und Herzegowina nicht von seinem Pfad abweicht;

3.  fordert eine Abkehr von der nationalistischen und ethnozentrischen Rhetorik aus der Führungsriege der drei Staatsvölker in Bosnien und Herzegowina; verurteilt jegliche Form von Segregation und Diskriminierung in einem Land aus religiösen oder ethnischen Gründen;

4.  fordert die führenden Politiker mit Nachdruck auf, einen Schwerpunkt auf die Umsetzung des Fahrplans für den Dialog auf hoher Ebene zu legen, um die Anforderungen im Hinblick auf das Inkrafttreten des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens erfüllen zu können;

5.  fordert die Regierungen und die zuständigen Behörden auf, die Effizienz und Funktionsfähigkeit ihrer Organe zu stärken und einen wirksamen EU-Mechanismus zur Koordinierung festzulegen, damit der gemeinsame Besitzstand der EU landesweit zum allgemeinen Wohlergehen der Bürger gleichartig umgesetzt und angewandt wird; fordert sie diesbezüglich auf, dafür zu sorgen, dass sie auf gesamtstaatlicher Ebene mit einer Stimme sprechen können; betont, dass der Beitrittsprozess ohne einen solchen Mechanismus weiterhin blockiert bleibt; fordert alle politischen Parteien auf, auf eine Intensivierung des politischen Dialogs und eine Verbesserung der politischen Kultur hinzuwirken;

6.  erinnert die Kommission daran, dass die EU-Erweiterung mehr ist als eine bloße Übernahme des gemeinsamen Besitzstands der EU und sich auf ein echtes und umfassendes Bekenntnis zu den europäischen Werten stützen muss; fordert eine Fortführung der Kontakte der EU zu den führenden Politikern in Bosnien und Herzegowina und ein Überdenken der EU-Strategie gegenüber Bosnien und Herzegowina, da die Verhandlungen in Richtung eines EU-Kandidatenstatus im Vergleich zu den Verhandlungen mit anderen Ländern der Region ins Stocken geraten sind; legt der internationalen Gemeinschaft, dem Europäischen Rat und insbesondere den Mitgliedstaaten nahe, ihre Bemühungen zu intensivieren, um die führenden Politiker in Bosnien und Herzegowina dazu zu bewegen, sich darauf zu einigen, die Verfassungsreform und die EU-bezogenen Reformen voranzubringen; fordert den nächsten Vizepräsidenten/Hohen Vertreter und das für die Erweiterung zuständige Kommissionsmitglied auf, Bosnien und Herzegowina nach der Ernennung der nächsten Kommission 2014 höchste Priorität einzuräumen; verweist in diesem Zusammenhang auf die wichtige Rolle und das Engagement der EU-Delegation und des EU-Sonderbeauftragten in Bosnien und Herzegowina;

7.  legt der Kommission nahe, die Anstrengungen zu intensivieren, um eine Einigung über die Umsetzung des Urteils in der Rechtssache „Sejdić / Finci“ zu ermöglichen, das gleiche Rechte für alle Staatsvölker und Bürger sicherstellt, und dazu beizutragen, dass die Ziele der EU-Agenda, einschließlich eines funktionierenden Systems des verantwortlichen Regierungshandelns, der demokratischen Entwicklung und des wirtschaftlichen Wohlstands und der Achtung der Menschenrechte, umgesetzt werden;

8.  fordert die Staats- und Regierungschefs und die Außenminister der EU auf, sich stärker persönlich für das Land zu engagieren;

9.  fordert die Behörden auf, die noch ausstehenden Zielvorgaben und Bedingungen für die Schließung des Büros des Hohen Repräsentanten zu erfüllen, um mehr lokale Verantwortlichkeit und Zuständigkeit zu ermöglichen; betont, dass die Auflösung des Büros des Hohen Repräsentanten erst in Erwägung gezogen werden kann, wenn die Bedingungen voll und ganz erfüllt sind;

10.  ist äußerst besorgt darüber, dass die vier Jahre lang anhaltende Uneinigkeit zwischen den führenden Politikern den Europarat dazu veranlasst hat, erstmals die Aussetzung des Rechts des Landes auf Vertretung in dieser Organisation zu erwägen, falls vor der Wahl keine wesentlichen Fortschritte bei der Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) erzielt werden; betont, dass im Falle einer Nichtumsetzung des Urteils des EGMR die Legitimität der Wahlen für das Amt des Präsidenten und zur Völkerkammer von Bosnien und Herzegowina im Jahr 2014 in Frage gestellt werden wird;

11.  bekräftigt, dass die Verfassungsreform weiterhin von entscheidender Bedeutung ist, um Bosnien und Herzegowina in einen effizienten und uneingeschränkt funktionsfähigen Staat umzuwandeln; legt der Föderation nahe, diesbezüglich konkrete Vorschläge zu prüfen, einschließlich des Zusammenschlusses bestimmter Kantone und der Umverteilung von Zuständigkeiten, um ihre komplizierte institutionelle Struktur zu vereinfachen, eine ausgewogenere Vertretung aller Staatsvölker und Bürger sicherzustellen, ethnische Diskriminierung zu beseitigen und den Staat funktionsfähiger und weniger kostspielig zu gestalten und seine Rechenschaftspflicht gegenüber den Bürgern zu verstärken; fordert alle politischen Parteien auf, sich konstruktiv und offen an diesem Prozess zu beteiligen und sich dabei die Ratschläge und Orientierungen der Venedig-Kommission zunutze zu machen; begrüßt und unterstützt die Bemühungen von Organisationen der Zivilgesellschaft, Einfluss auf den Prozess der Verfassungsreform zu nehmen;

12.  begrüßt, dass die Phase der Auszählung der ersten Volks- und Wohnungszählung seit 1991 reibungslos verlaufen ist und abgeschlossen wurde; ruft die verantwortlichen Behörden auf, sicherzustellen, dass die Zählung eine statistische Übung bleibt und dass sie internationalen Standards entspricht; fordert alle zuständigen Behörden eindringlich auf, eine Zählung, die dazu dient, objektive sozioökonomische Daten zu liefern, nicht zu politisieren;

13.  ist ernsthaft besorgt, dass die Finanzhilfe der EU aufgrund der Streitigkeiten über die Aufteilung der Zuständigkeiten beeinträchtigt wird; bedauert, unterstützt jedoch gleichzeitig voll und ganz die Entscheidung der Kommission, aus dem Instrument für Heranführungshilfe IPA-I finanzierte Projekte einzustellen; ist besorgt, dass die Untätigkeit Folgen für die Bereitstellung von Millionen von Euro aus EU-Mitteln für die politische und sozioökonomische Entwicklung im Rahmen von IPA-II zeitigen könnte;

Politische Kriterien

14.  ist besorgt, dass die Legislativtätigkeit weiterhin durch politische Positionierungen behindert wird; fordert eine stärkere politische Rechenschaftspflicht der führenden Politiker gegenüber den Menschen in Bosnien und Herzegowina;

15.  fordert alle in der Parlamentarischen Versammlung von Bosnien und Herzegowina vertretenen politischen Parteien auf, unverzüglich die erforderlichen Änderungen des Wahlrechts zu beschließen, damit die Parlamentswahlen im Oktober 2014 abgehalten werden können; bekräftigt, dass die Entscheidungen des Verfassungsgerichts von Bosnien und Herzegowina endgültig und rechtsverbindlich sind und somit umgesetzt werden müssen;

16.  ist ernsthaft besorgt, was das leistungsschwache Rechtssystem und das wachsende Unvermögen betrifft, Gerichtsurteile umzusetzen; fordert eindringlich, dass politische Angriffe auf die Justiz unterbunden werden und dass gegen die Fragmentierung der haushaltspolitischen Zuständigkeiten im Justizwesen vorgegangen wird;

17.  würdigt den strukturierten Dialog über die Justiz, in dessen Rahmen konkrete Ergebnisse erzielt und eine Reihe von Empfehlungen umgesetzt wurden; begrüßt die Fortschritte, die bei der Verringerung der anhängigen Gerichtsfälle erzielt wurden; wiederholt in Einklang mit den Empfehlungen des strukturierten Dialogs die Aufforderung zur Durchführung struktureller und institutioneller Reformen des Justizsystems, um unter anderem die Fragen in Zusammenhang mit der Harmonisierung der vier verschiedenen Rechtssysteme von Bosnien und Herzegowina anzugehen, einschließlich der Einrichtung eines Obersten Gerichtshofs auf gesamtstaatlicher Ebene, in Einklang mit den Empfehlungen der einschlägigen Stellungnahme der Venedig-Kommission;

18.  bekundet Zufriedenheit darüber, dass die Rückstände an unbearbeiteten Rechtssachen betreffend Kriegsverbrechen ebenfalls verringert und die Strafverfolgung bei Fällen der Anwendung von sexueller Gewalt in kriegerischen Auseinandersetzungen verbessert wurde; begrüßt die Ernennung von 13 neuen Staatsanwälten bei der Staatsanwaltschaft, die sich hauptsächlich mit der Strafverfolgung von Kriegsverbrechen befassen werden; fordert eine Intensivierung der Anstrengungen zur Untersuchung und strafrechtlichen Verfolgung dieser Straftatbestände, einschließlich eines angemessenen Zeugenschutzes, die Verabschiedung eines gesamtstaatlichen Programms zur Verbesserung der Stellung der Opfer, einschließlich der Überlebenden von sexueller Gewalt und Folter in kriegerischen Auseinandersetzungen, und Maßnahmen zur Stärkung der einschlägigen Ressourcen auf allen Ebenen;

19.  nimmt das Urteil des EGMR im Fall „Maktouf and Damjanović vs. Bosnia and Herzegovina“ sowie dessen Auswirkungen zur Kenntnis, die zu einer Änderung der Rechtsprechung hinsichtlich anderer vor dem Verfassungsgericht von Bosnien und Herzegowina anhängiger Berufungen, unter anderem wegen Anklagen wegen Völkermords, geführt haben, mit der Folge, dass 10 zu langen Haftstrafen verurteilte Angeklagte freigesprochen wurden; bekräftigt, dass das Streben nach Gerechtigkeit für Kriegsverbrechen für die Opfer und ihre Familien von entscheidender Bedeutung ist und dass daher eine gebührende Prüfung stattfinden sollte, bevor solche Freisprüche erfolgen; betont, wie wichtig es ist, dass die innerstaatlichen Behörden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um – wo immer dies erforderlich ist – für die weitere Inhaftierung früher Verurteilter zu sorgen, deren Fall neu untersucht werden soll, sofern ihre Inhaftierung mit den Urteilen des EGMR in Einklang steht, oder sonstige Sicherheitsmaßnahmen zu treffen;

20.  ist besorgt über die finanzielle Tragfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und über ihre Zersplitterung und Politisierung sowie über den Mangel an politischem Willen für ihre Reform; begrüßt, dass im Bereich der innerstaatlichen Koordinierung zur Angleichung der Rechtsvorschriften an die EU-Normen gewisse Verbesserungen erzielt wurden, ist allerdings nach wie vor besorgt über die möglichen Auswirkungen der komplexen Verteilung und Zuweisung von Zuständigkeiten auf die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen; ist besorgt, dass für den Export landwirtschaftlicher Erzeugnisse in die EU erforderliche Einrichtungen für phytosanitäre Untersuchungen nicht hinreichend entwickelt wurden; fordert die Regierung nachdrücklich auf, die Schaffung eines gesamtstaatlichen Ministeriums für Landwirtschaft zu unterstützen;

21.  begrüßt, dass sich die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft verbessert, fordert jedoch, dass institutionelle Mechanismen für die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Einrichtungen und Organisationen der Zivilgesellschaft auf gesamtstaatlicher Ebene geschaffen werden und möglichst bald auf der Ebene der Entitäten und Kantone in Betrieb genommen werden können; fordert ferner, dass die Zivilgesellschaft stärker regelmäßig und strukturiert in den Beitrittsprozess einbezogen wird; ruft zu einer verstärkten Zusammenarbeit und Synergien unter den NRO auf;

22.  betont, dass Bosnien und Herzegowina die wesentlichen Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation zu den Arbeitnehmerrechten ratifiziert hat; bedauert, dass Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte nach wie vor eingeschränkt sind, und fordert die Regierung auf, diese Rechte zu gewährleisten;

23.  zeigt sich besorgt über das hohe Ausmaß an Korruption in allen Bereichen des öffentlichen Lebens und über die komplexen Verbindungen zwischen politischen Interessenträgern, Unternehmen und Medien; fordert, dass die Strategie zur Bekämpfung der Korruption zügiger umgesetzt wird und dass Schritte eingeleitet werden, damit Fälle von Korruption wirksamer untersucht und verfolgt und die Beschuldigten verurteilt werden können;

24.  begrüßt die Absicht der Regierung der Föderation, ein Gesetzespaket zur Bekämpfung von Korruption und organisiertem Verbrechen in das parlamentarische Verfahren einzubringen; unterstreicht, dass der Bekämpfung von Korruption höchste Priorität beigemessen werden muss, und fordert einen allumfassenden Konsultationsprozess mit allen Beteiligten und betroffenen Institutionen, um den Legislativvorschlag in voller Übereinstimmung mit dem gemeinsamen Besitzstand der EU und den sich aus dem strukturierten Dialog zum Thema Justiz ergebenden Empfehlungen zu aktualisieren; begrüßt in diesem Zusammenhang die technische Unterstützung seitens der EU-Delegation in Bosnien und Herzegowina;

25.  zeigt sich besorgt, dass das organisierte Verbrechen, Geldwäsche und der illegale Handel mit Menschen, Drogen und Waren fortbestehen, da effiziente Institutionen fehlen; würdigt die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern und begrüßt in diesem Zusammenhang die Vereinbarung zwischen Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Serbien über die Einrichtung eines gemeinsamen Koordinierungszentrums zur besseren Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität; fordert, dass für strukturelle Verbesserungen bei der Zusammenarbeit zwischen den Grenzkontroll-, Polizei- und Strafverfolgungsbehörden und für wirkungsvollere Folgemaßnahmen der Justiz gesorgt wird; fordert, dass die Strafverfolgungsbehörden systematisch Erkenntnisse sammeln, analysieren und nutzen; erwartet positive Entwicklungen infolge des Inkrafttretens des vor kurzem angenommenen Zeugenschutzgesetzes, dessen technische Harmonisierung noch aussteht;

26.  drückt sein Bedauern darüber aus, dass Bosnien und Herzegowina nach wie vor ein Herkunfts-, Transit- und Bestimmungsland des Frauenhandels ist; begrüßt die Annahme einer neuen Strategie und eines Aktionsplans zur Bekämpfung des Menschenhandels für 2013-2105; betont, dass ein umfassender, multidisziplinärer und opferorientierter Ansatz bei der Bekämpfung des Menschenhandels erforderlich ist und dass die Identifizierung der Opfer verbessert werden muss;

27.  ist besorgt, dass hinsichtlich der Frauenrechte und der Geschlechtergleichstellung trotz der geltenden rechtlichen Bestimmungen nur begrenzte Fortschritte zu verzeichnen sind; fordert, dass die einschlägigen Gesetze und Maßnahmen, auch im Zusammenhang mit dem Wahlrecht, bis zu den nächsten Parlamentswahlen 2014 vollständig umgesetzt werden, und dass konkrete Schritte eingeleitet werden, um die Erwerbsbeteiligung von Frauen sowie deren Mitwirkung in der Politik zu erhöhen;

28.  fordert die zuständigen Stellen auf, die Rechte von Minderheiten und schutzbedürftigen Gruppen aktiv zu schützen, die Vorschriften und Maßnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung umzusetzen und eine landesweite Antidiskriminierungsstrategie zu entwickeln; besteht darauf, dass sich die politischen Parteien und die Zivilgesellschaft von der Diskriminierung distanzieren und eine inklusive und tolerante Gesellschaft fördern; ist besorgt über Hassreden, Bedrohungen, Belästigungen und Diskriminierungen, die insbesondere gegen lesbische, schwule, bi-, trans- und intersexuelle Personen gerichtet sind; ist zutiefst entsetzt über den brutalen Anschlag beim „Merlinka“-Filmfestival in Sarajevo am 1. Februar 2014; fordert die Behörden diesbezüglich auf, eine umfassende Untersuchung durchzuführen und dafür zu sorgen, dass ähnliche Veranstaltungen künftig einen angemessenen Polizeischutz erhalten; fordert die EU-Delegation, die Behörden von Bosnien und Herzegowina und die politischen Parteien auf, den Opfern dieses Anschlags offen ihre Unterstützung zu bekunden und derartige Aktionen zu verurteilen;

29.  fordert, dass Anstrengungen unternommen werden, um den Medienpluralismus zu gewährleisten und zu fördern; ist besorgt über den zunehmenden politischen und finanziellen Druck auf die Medien und über die gegen Journalisten gerichteten Drohungen; betont, dass eine transparente und freie Medienlandschaft unabdingbar für die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung ist; fordert Maßnahmen für ein sicheres Arbeitsumfeld für Journalisten; fordert die Behörden nachdrücklich auf, die politische, institutionelle und finanzielle Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten in Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften sicherzustellen und den digitalen Umstieg zu vollenden; fordert weitere Anstrengungen, um den gleichen Zugang zu Informationen in allen Amtssprachen sicherzustellen und im Bereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gleiche Rechte für alle Staatsvölker sicherzustellen;

30.  fordert die Behörden auf, ausreichende Mittel für die frühkindliche Erziehung und Bildung sowie Dienste für Familien von Kindern mit Behinderungen bereitzustellen und sich mit der Gewalt gegen Kinder zu befassen;

31.  legt den zuständigen Stellen auf allen Ebenen in ganz Bosnien und Herzegowina nahe, die Bildungsreform zur Verbesserung der Bildungsstandards entschieden voranzubringen, ein inklusives und diskriminierungsfreies Bildungssystem zu fördern und der ethnischen Trennung im Bildungssektor (zwei Schulen unter einem Dach) ein Ende zu bereiten; ersucht sie, die Weiterbildung von Lehrkräften zum Erwerb von Zusatzqualifikationen zu unterstützen, die darauf ausgerichtet sind, interethnisch gemischtes Lernen zu fördern, und langfristige Programme zum Aufbau von Kapazitäten voranzutreiben; empfiehlt, dass in den Medien von Bosnien und Herzegowina eine integrierte Bildung gefördert wird; legt der Konferenz der Bildungsminister nahe, einen kohärenteren Rechtsrahmen im Bereich der Bildung in ganz Bosnien und Herzegowina zu schaffen, einschließlich einer zunehmenden Vereinheitlichung von Lehrplänen und Standards als Voraussetzung für die Annäherung der ethnischen Gemeinschaften; bedauert, dass keine nationale Einrichtung in Bosnien und Herzegowina in irgendeiner Form am EU-Programm für lebenslanges Lernen teilgenommen hat; fordert die zuständigen Stellen nachdrücklich auf, eine solche Einrichtung zu schaffen, die es dem Land ermöglichen würde, an dem daran anknüpfenden Programm „Erasmus+“ teilzunehmen;

32.  fordert die Behörden auf, Roma-Kindern den gleichen Zugang zu Bildungsdiensten zu garantieren, mit den einschlägigen NRO zusammenzuarbeiten, um Roma-Familien zu ermutigen, den Zugang ihrer Kinder zu Bildung zu unterstützen, und die wirksame Integration von Roma-Kindern im Bildungswesen unter anderem durch Programme zur Förderung der Schulreife voranzubringen;

33.  begrüßt den Beschluss des zuständigen Ministeriums der Föderation, vorübergehend die Verantwortung für die Finanzierung kultureller Einrichtungen wie der Nationalbibliothek und dem Museum für Geschichte zu übernehmen; fordert die zuständigen Stellen in Bosnien und Herzegowina auf, dafür zu sorgen, dass Anstrengungen zu einer sofortigen Lösung des Status der sieben nationalen Kultureinrichtungen – Nationalmuseum, Kunstgalerie, Historisches Museum, Museum für Literatur und Theater, Filmarchiv, Nationalbibliothek und Bibliothek für Blinde –, unternommen werden, damit diese einen ordnungsgemäßen Rechts- und Finanzstatus erhalten; fordert eine langfristige Lösung für die Finanzierung dieser Einrichtungen;

34.  fordert, dass die Koordinierung auf lokaler Ebene intensiviert, der Dialog zwischen Gebern, Interessenträgern und Behörden vor Ort ausgebaut und ein Schwerpunkt auf nachhaltige Maßnahmen zugunsten von Rückkehrern gelegt wird; fordert Anstrengungen zur Sicherstellung der Rückkehr von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen in alle betroffenen Gebiete; fordert das Land auf, sich mit dem ungelösten humanitären Anliegen der 7 886 Fälle von Personen, die seit dem Krieg als vermisst gelten, zu befassen und die Arbeitsbedingungen für das Institut für vermisste Personen zu verbessern;

35.  zollt den über 430 Männern, Frauen und Kindern Respekt, die während des Krieges getötet wurden und deren sterbliche Überreste im September in dem Massengrab in Tomasica in der Nähe von Prijedor in der Republika Srpska gefunden wurden, und bekundet ihren Familien sein Mitgefühl; fordert eine vollständige und umfassende Untersuchung der Gräueltaten; appelliert an alle Personen, denen Hinweise auf unentdeckte Massengräber vorliegen, die Behörden ebenso wie im Fall des Grabs in Tomasica zu informieren;

Sozioökonomische Fragen

36.  fordert die zuständigen Stellen auf, die wirtschaftspolitische Koordinierung im Land zu stärken, um das Wirtschaftswachstum voranzubringen, sowie weitere Strukturreformen einzuleiten, die Haushaltsdisziplin aufrechtzuerhalten und die Entwicklung der Einnahmen zu verbessern; fordert sie ferner auf, die Zusammensetzung und Effizienz der öffentlichen Ausgaben und des großen ineffektiven öffentlichen Sektors – mit seinen zahlreichen Kompetenzüberschneidungen – zu verbessern und die Stabilität des Finanzsektors durch eine Stärkung des rechts- und ordnungspolitischen Rahmens sicherzustellen; ist besorgt über die mangelhafte Durchsetzung der Rechtsvorschriften und der Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption, wodurch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beeinträchtigt und ausländische Investitionen abgehalten werden und zum Entstehen eines großen informellen Sektors beigetragen wird; bekräftigt, dass ein einheitlicher Wirtschaftsraum geschaffen werden muss und der ins Stocken geratene Privatisierungsprozess wieder aufgenommen und beschleunigt werden muss, um die Haushaltslage zu verbessern und den Wettbewerb anzukurbeln; fordert die zuständigen Stellen auf, den Umweltschutz in Einklang mit den EU-Normen zu verbessern;

37.  ist darüber besorgt, dass die Sozialschutzregelungen des Landes trotz hoher öffentlicher Ausgaben ineffizient sind; betont die Notwendigkeit einer Harmonisierung und Reform der fragmentierten Sozialschutzsysteme, um die Gleichbehandlung aller Bürger, einschließlich Menschen mit Behinderungen, zu gewährleisten; fordert die Regierungen mit Nachdruck auf, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern und Reformen des Arbeitsmarkts umzusetzen, um mit konkreten wirtschaftlichen Maßnahmen gegen die sehr hohe Arbeitslosigkeit vorzugehen, die die makroökonomische Stabilität gefährdet; fordert, dass weitere Maßnahmen ergriffen werden, um die Beteiligung der zahlreichen jungen Arbeitslosen am Arbeitsmarkt des Landes zu erleichtern;

Regionale Zusammenarbeit

38.  würdigt die konstruktive Rolle von Bosnien und Herzegowina bei der regionalen Zusammenarbeit und fordert das Land auf, sich weiterhin um eine Lösung der ungelösten Grenz- und Eigentumsfragen mit seinen Nachbarstaaten zu bemühen; fordert zur weiteren Entwicklung der Beziehungen mit anderen am europäischen Integrationsprozess beteiligten Staaten auf;

39.  begrüßt ausdrücklich, dass sich Bosnien und Herzegowina und Serbien verpflichtet haben, die bilateralen Beziehungen zu verbessern, wozu auch die Unterzeichnung der Auslieferungs- und Rücknahmeabkommen sowie eines Protokolls über die Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord gehört; begrüßt die bilateralen Grenzabkommen mit Kroatien; fordert Bosnien und Herzegowina zur weiteren Zusammenarbeit mit der Kommission hinsichtlich der Anpassung des Interimsabkommens/Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens insbesondere in Bezug auf den grenzüberschreitenden Handel auf; um sicherzustellen, dass traditionelle Handelsströme zwischen den EU-Mitgliedstaaten und den Partnerländern des Zentraleuropäischen Freihandelsabkommens nicht unterbrochen werden; fordert mit Nachdruck, dass die Reisedokumente von Bürgern des Kosovo akzeptiert werden und ihnen eine Einreise in das Land ermöglicht wird;

40.  bekräftigt seine Unterstützung der Visaliberalisierung für die westlichen Balkanstaaten, die als wichtige Säule in ihrem europäischen Integrationsprozess fungiert; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, die Asylverfahren für Bürger der westlichen Balkanstaaten, die visumfreien Reiseverkehr mit dem Schengen-Raum als wirksames Mittel zur Verringerung der Zahl unbegründeter Asylanträge genießen, zu verkürzen, den Asylbewerbern jedoch nach wie vor das Recht zu gewähren, ihren Fall in einer ausführlichen Befragung darzulegen; begrüßt darüber hinaus die in ihrem Koalitionsvertrag mit Bezug auf ihre nationalen Asylgesetze festgehaltene Absicht der neuen Regierungskoalition in Deutschland, Bosnien und Herzegowina zu einem „sicheren Herkunftsstaat“ zu erklären, um eine raschere Bearbeitung dieser Anträge zu ermöglichen;

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o   o

41.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, dem Staatspräsidium und dem Ministerrat von Bosnien und Herzegowina, der Parlamentarischen Versammlung von Bosnien und Herzegowina sowie den Regierungen und Parlamenten der Föderation Bosnien und Herzegowina und der Republika Srpska zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P7_TA(2013)0225.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2012)0453.


Fortschrittsbericht 2013 über die Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien
PDF 163kWORD 38k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zu dem Fortschrittsbericht 2013 über die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (2013/2883(RSP))
P7_TA(2014)0103B7-0073/2014

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Entscheidung des Europäischen Rates vom 16. Dezember 2005, dem Land den Kandidatenstatus für die EU-Mitgliedschaft zu gewähren, sowie auf seine Schlussfolgerungen vom 13. Dezember 2012, vom 27. bis 28. Juni 2013 und vom 17. Dezember 2013,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Thessaloniki vom 19. und 20. Juni 2003 zu den Aussichten der westlichen Balkanstaaten auf einen Beitritt zur Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf die Resolutionen 845 (1993) und 817 (1993) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, die Resolution 47/225 (1993) der Generalversammlung der Vereinten Nationen und das Interimsabkommen vom 13. September 1995,

–  unter Hinweis auf das Urteil des Internationalen Gerichtshofs zur Anwendung des Interimsabkommens,

–  unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 16. April 2013 mit dem Titel „Durchführung von Reformen im Rahmen des Dialogs auf hoher Ebene und Förderung gutnachbarlicher Beziehungen“ (COM(2013)0205), ihren Fortschrittsbericht 2013(SWD(2013)0413) und die Mitteilung vom 16. Oktober 2013 mit dem Titel „Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2013-2014“ (COM(2013)0700),

–  unter Hinweis auf die Vereinbarung zwischen den politischen Parteien vom 1. März 2013, den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses vom 26. August 2013 und die Absichtserklärung vom 16. September 2013,

–  unter Hinweis auf seine bisherigen Entschließungen zu dem Land und seine Entschließung vom 22. November 2012 mit dem Titel „Erweiterung: Politiken, Kriterien und die strategischen Interessen der EU“(1),

–  gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass der Europäische Rat im fünften Jahr in Folge beschlossen hat, die Beitrittsverhandlungen mit dem Land trotz einer entsprechenden positiven Empfehlung von Seiten der Kommission nicht aufzunehmen; in der Erwägung, dass diese weitere Verschiebung zu wachsenden Frustrationen der Öffentlichkeit im Land in Bezug auf den stagnierenden EU-Integrationsprozess führt und das Risiko einer Verschärfung der innenpolitischen Probleme und Spannungen birgt; in der Erwägung, dass Probleme auf bilateraler Ebene kein Hindernis für die offizielle Aufnahme der Beitrittsverhandlungen darstellen sollten, wenngleich sie vor Beendigung des Beitrittsprozesses gelöst werden sollten;

B.  in der Erwägung, dass Rechtsstaatlichkeit, Medienfreiheit, regionale Zusammenarbeit und gutnachbarliche Beziehungen wesentliche Bestandteile des EU-Erweiterungsprozesses sind;

C.  in der Erwägung, dass bilaterale Fragen in konstruktiver Weise möglichst frühzeitig und unter Berücksichtigung der Grundsätze und Werte der Vereinten Nationen und der EU behandelt werden sollten;

1.  fordert den Rat erneut auf, unverzüglich ein Datum für den Beginn der Beitrittsverhandlungen festzulegen;

2.  lädt Griechenland ein, seinen Ratsvorsitz dafür zu nutzen, dem europäischen Integrationsprozess des Landes neuen Antrieb zu verleihen und damit seine in der Agenda von Thessaloniki 2003 zum Ausdruck kommende Verpflichtung zu untermauern und ein positives Umfeld für den Abbau der bilateralen Divergenzen im Sinne der europäischen Werte und Grundsätze zu schaffen; fordert den griechischen Ratsvorsitz auf, die positive Dynamik seiner Führung zur Entwicklung neuer Initiativen zu nutzen, mit denen der derzeitige Stillstand in den Verhandlungen überwunden und auf eine Lösung hingearbeitet wird;

3.  fordert das Land auf, seine Reformen zu konsolidieren und von Maßnahmen und Praktiken Abstand zu nehmen, die seiner europäischen Zukunft im Wege stehen könnten, und tatsächliche Fortschritte in den entscheidenden Bereichen sicherzustellen, wie in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates, insbesondere in den Aussagen zum Prozess der Erweiterung, Stabilisierung und Assoziierung, festgehalten ist; ist der Ansicht, dass durch den Beginn der Verhandlungen mit der EU ein positiver Schritt zur Beilegung der aktuellen Konflikte mit den Nachbarländern getan werden kann und gleichzeitig weitere Reformen zur Verbesserung der Lage im Land angestoßen würden;

4.  bedauert angesichts der positiven Empfehlung der Kommission und ihrer positiven Bewertung der Ergebnisse des Beitrittsdialogs auf hoher Ebene und ihrer gleichzeitigen Warnung vor Rückschritten die Tatsache, dass der Europäische Rat beschlossen hat, seine Entscheidung vom Dezember 201nicht zu wiederholen, in der er sich in seiner Schlussfolgerung dem Standpunkt der Kommission zum größten Teil anschloss, von einer möglichen Entscheidung, Beitrittsverhandlungen während des nächsten Ratsvorsitzes zu eröffnen, ausging und feststellte, dass die Kommission alle notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen ergreifen werde, um dies zu ermöglichen;

5.  betont, dass weitere Verzögerungen bei der Aufnahme der Beitrittsverhandlungen zunehmende und unvorhersehbare Risiken für das Land sowie für die regionale Stabilität mit sich bringen; fordert sowohl die Regierung als auch die Kommission auf, eine quantitative Analyse der möglichen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Kosten sowie der inländischen und regionalen politischen Auswirkungen und Risiken vorzunehmen, die entstehen, weil der Rat kein Datum für den Beginn der Beitrittsverhandlungen festgelegt hat;

6.  bekräftigt, dass sich der Umgang mit den Kandidatenländern und den potenziellen Kandidatenländern nach deren jeweiligen Leistungen richten sollte;

7.  schließt sich trotz der ausgesprochen großen Herausforderungen, denen das Land gegenübersteht, der Schlussfolgerung der Kommission an, wonach das Land angesichts seiner Stellung im Beitrittsprozess ein hohes Maß an Übereinstimmung mit dem Besitzstand der EU erreicht hat und die Kopenhagener Kriterien in einem so weitgehenden Maße erfüllt, dass mit Beitrittsgesprächen begonnen werden kann; stellt fest, dass im Rahmen der EU‑Verfahrens neue Mitglieder nur dann aufgenommen werden, wenn sie allen Anforderungen genügen; teilt die Auffassung der Kommission, dass die Eröffnung der Kapitel 23 und 24 über Justiz, Demokratie und Menschenrechte die Fortschritte in diesen Bereichen beschleunigen wird, die für einige Mitgliedstaaten ein besonderes wichtiges Anliegen darstellen;

8.  fordert den Europäischen Rat auf, sich für die Einleitung des Screening-Verfahrens, insbesondere in den Kapiteln 23 und 24, auszusprechen; ist der Ansicht, dass das Screening dazu beitragen wird, das Land aufbauend auf der Reformdynamik dabei zu unterstützen, die für jedes Kandidatenland bestehenden Herausforderungen, darunter weitere Verbesserungen bei der Funktionsweise des Rechtsstaats sowie Reformen von Justiz und öffentlicher Verwaltung, besser zu bewältigen, und zudem den Zusammenhalt zwischen den Volksgruppen stärken wird;

9.  begrüßt, dass das Land seine Verpflichtungen im Rahmen des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens erfüllt und die Rechtsangleichung an den Besitzstand schon weit vorangeschritten ist; fordert den Rat auf, die Empfehlungen der Kommission zum Übergang in die zweite Phase der Umsetzung des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens (SAA) gemäß den einschlägigen Vorschlägen des Abkommens anzunehmen;

10.  betont, dass gutnachbarschaftliche Beziehungen und regionale Zusammenarbeit eine wesentliche Säule des Beitrittsprozesses des Landes zur EU darstellen, einschließlich einer ausverhandelten und für beide Seiten annehmbare Lösung für das Namensproblem unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen; wiederholt seine Aussage – ohne dabei die Lage der albanischen Minderheit im Lande sowie die schwierigen beiderseitigen Probleme mit anderen Nachbarstaaten, insbesondere mit Griechenland und Bulgarien, aus dem Blick zu verlieren – dass die Lösung bilateraler Probleme so früh wie möglich während des Beitrittsprozesses und in einem konstruktiven und gutnachbarschaftlichen Geiste durch einen intensiven offenen Dialog im Geiste der gemeinsamen europäischen Zukunft und möglichst vor der Eröffnung von Beitrittsverhandlungen angegangen werden sollte, wie auch die Kommission diesbezüglich erklärte; erklärt erneute, dass Handlungen, kontroverse Maßnahmen und Aussagen, die sich negativ auf die gutnachbarschaftlichen Beziehungen auswirken könnten, vermieden werden sollten; fordert konkretere Ergebnisse bei der Zusammenarbeit zum Zweck des Aufbaus gutnachbarschaftlicher Beziehungen zwischen den drei Beteiligten Athen, Sofia und Skopje;

11.  schließt sich dem Standpunkt der Kommission an, dass die Glaubwürdigkeit des EU‑Erweiterungsprozesses bedroht ist, wenn es weiterhin keine Fortschritte in Bezug auf den EU-Beitritt des Landes vonseiten des Europäischen Rates gibt; fügt hinzu, dass dies auch dem Klima nicht förderlich sein wird, das notwendig ist, um Anreize für Reformmaßnahmen im Zusammenhang mit der EU zu schaffen; weist darauf hin, dass der Beitrittsprozess selbst den Impuls zur Vollendung der Reformen schafft;

12.  vertritt die Auffassung, dass die Tatsache, dass es den beiden Seiten im Verlauf von beinahe 20 Jahren nicht gelungen ist, eine für beide annehmbare, gerechte und angemessene Lösung des Namensproblems zu finden, auch die Glaubwürdigkeit des zur Erreichung dieses Ziels dienenden Rahmens in Frage stellt, wobei für die Erreichung dieses Ziels Anstrengungen unternommen werden müssen; stellt fest, dass sich dies trotz der großen Bemühungen des Vermittlers der Vereinten Nationen und des wirklich vorhandenen politischen Willens beider Seiten, eine Lösung zu finden, so verhält; bekräftigt jedoch seinen Standpunkt, wonach bilaterale Probleme nicht dazu genutzt werden sollten, den EU-Beitrittsprozess zu behindern;

13.  begrüßt in diesem Zusammenhang den vom VN-Sonderbeauftragten Matthew Nimetz vorgebrachten Vorschlag eines zusammengesetzten Landesnamens, der eine geografische Bezeichnung enthält, und ist der Ansicht, dass dieser Vorschlag eine gute Ausgangsbasis für einen Kompromiss darstellt, sofern die mazedonische Nationalität, Identität, Kultur und Sprache nicht in Frage gestellt werden;

14.  fordert Griechenland dazu auf, seinen Ratsvorsitz zusammen mit allen in der Kommission, dem Rat und dem Parlament und dem Land selbst vorhandenen Interessen dafür zu nutzen, den ehrlichen Bemühungen, ohne weitere Verzögerungen eine von allen Seiten akzeptierte Lösung des Namensproblems zu finden, neuen Antrieb zu verleihen; verweist auf das Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom 5. Dezember 2011 zur Anwendung des Interimsabkommens vom 13. September 1995; ist der Ansicht, dass die Führung des Landes und die EU der Öffentlichkeit vor einem diesbezüglichen Referendum die Vorteile der Lösung schlüssig erklären sollten, sobald diese vereinbart worden ist; begrüßt das Treffen und die Gespräche in Bezug auf das Land zwischen dem griechischen Außenminister Evangelos Venizelos und dem französischen Außenminister Laurent Fabius und hofft, dass diese Entwicklung einen Vorboten für umfassendere positive Entwicklungen im Hinblick auf eine mögliche Lösung des Namensproblems darstellt;

15.  begrüßt die Tatsache, dass in neun Monaten fünf Treffen zwischen Arbeitsgruppen des Landes und aus Bulgarien stattgefunden haben, die in einer guten Atmosphäre verlaufen sind; ist der Auffassung, dass die tief verwurzelten Probleme auf historischer und gemeinschaftlicher Ebene und andere gemeinsame Anliegen der beiden Länder am besten in einem Dialog in diesem Geiste gelöst werden können, wobei eine Zusammenarbeit mit den Medien, mit der Justiz und mit anderen Stellen erforderlich ist; fordert deutliche Schritte hin zu dem Abschluss eines bilateralen Abkommens zu gegebener Zeit, das eine diesbezüglichen Rahmen darstellen würde;

16.  wiederholt seine Besorgnis über die Verwendung historischer Argumente in der gegenwärtigen Diskussion mit dem jeweiligen Nachbarn und klagt erneut Fortschritte hinsichtlich des gemeinsamen Begehens von gemeinsamen historischen Ereignissen und Jahrestagen mit benachbarten EU‑Mitgliedstaaten ein, da dies ein besseres Verständnis der Geschichte und gutnachbarschaftliche Beziehungen fördern würde; fordert Bemühungen zur Bildung gemeinsamer Expertenkommissionen für Geschichte und Bildung, um eine objektive Interpretation der Geschichte, eine intensivere wissenschaftliche Zusammenarbeit sowie eine positivere Einstellung junger Menschen gegenüber ihren Nachbarn zu fördern; fordert die Staatsorgane nachdrücklich auf, Unterrichtsmaterialien bereitzustellen, die frei sind von ideologischen Geschichtsinterpretationen und auf ein verbessertes wechselseitiges Verständnis abzielen;

17.  lobt das Land für die Beibehaltung seiner konstruktiven Rolle und seinen positiven Beitrag zu der regionalen Zusammenarbeit und begrüßt seine aktive Teilnahme an regionalen Initiativen wie der Mitteleuropäischen Initiative (MEI) und der regionalen Initiative für Migration, Asyl und Flüchtlinge (Regional Initiative for Migration, Asylum and Refugees – MARRI); beglückwünscht das Land zu dem erfolgreichen Abschluss seiner Amtszeit als Vorsitz des Südosteuropäischen Kooperationsprozesses (SEECP) (Juni 2012 – Juni 2013) und begrüßt in diesem Zusammenhang die Förderung des Gedanken einer allumfassenden Integration als wertvollen Beitrag für eine weitere Stärkung der regionalen Zusammenarbeit;

18.  fordert die Kommission und den Rat auf, das Land in das neue Konzept für eine makroregionale Zusammenarbeit in Südosteuropa, d.h. die makroregionale Strategie für die Adria und das Ionische Meer und das transnationale Programm „Südosteuropa“, aufzunehmen;

19.  betont, dass die vollständige Umsetzung der Empfehlungen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu den Ereignissen vom 24. Dezember 2012 und die Einhaltung der Absichtserklärung durch alle Parteien unverzichtbar dafür sind, das Land zu einer euro-atlantischen Perspektive zurückzuführen; verweist mit Stolz auf die Rolle, die das für Erweiterung zuständige Kommissionsmitglied und das Parlament bei der Vermittlung der Einigung vom 1. März 2013 gespielt haben, räumt aber ein, dass es die Aufgabe der politischen Parteien selbst ist, zur Ermöglichung einer umfassenden und unabhängigen Kontrolle der Regierung durch den Gesetzgeber und zur Aufrechterhaltung der europäischen demokratischen Normen für einen wechselseitigen konstruktiven Dialog und Zusammenarbeit zu sorgen und den Rückgriff auf Boykotte abzulehnen; betont, wie wichtig es für die Wahrung der politischen Stabilität ist, dass Regierung und politische Parteien auf eine Verbesserung der Beziehungen hinarbeiten;

20.  begrüßt die Schlussfolgerungen der OSZE/BDIMR-Wahlbeobachtungsmission, wonach die Kommunalwahlen im Frühling effizient durchgeführt wurden; teilt die dort ausgedrückte Besorgnis hinsichtlich der Ausgewogenheit der Medienberichterstattung, des Verschwimmens der Grenzen zwischen staatlicher und parteipolitischer Tätigkeit hinsichtlich der Verwendung von Verwaltungsressourcen und der gemeldeten Unregelmäßigkeiten bei der Registrierung von Wählerinnen und Wählern aus der Gemeinde Pustec, Albanien; begrüßt voll und ganz, dass sich die Regierung verpflichtet hat, die Empfehlungen der OSZE/BDIMR für eine Wahlreform umzusetzen; betont die Notwendigkeit weiterer Bemühungen zur Verbesserung der Transparenz der Finanzierung und der Rechenschaftspflicht der politischen Parteien; fordert nachdrücklich, dass Maßnahmen ergriffen werden, um ein Verschwimmen der Grenzen zwischen staatlicher und parteipolitischer Tätigkeit in Wahlkämpfen zu verhindern, und fordert außerdem eine parteiübergreifende Einigung auf eine Überprüfung des Wahlregisters;

21.  betont die Notwendigkeit, die Professionalität und Unabhängigkeit der öffentlichen Verwaltung durch Verbesserungen auf allen Ebenen der Politik sicherzustellen; stellt fest, dass das Gesetz über die Angestellten des öffentlichen Dienstes und das Gesetz über die Verwaltungsbediensteten am 8. Januar 2014 im Parlament in erster Lesung verabschiedet wurden; erachtet es als wichtig, dass die Grundsätze der Transparenz, der Leistung und der ausgewogenen Vertretung in einem neuen Rechtsrahmen verankert werden; fordert die Regierung auf, die erforderlichen Reformen in diesem Bereich sowie auch hinsichtlich der öffentlichen Ausgaben und der öffentliche Auftragsvergabe fortzusetzen, da sich dies positiv auf die Regierungsführung auswirken wird;

22.  fordert nachdrücklich eine tiefergehende Demokratisierung mittels weiterer entschiedener Maßnahmen zur Dezentralisierung des Staatshaushalts, wobei es die im vergangenen Jahr vollzogenen Kürzungen des Haushalts für bedauerlich hält, aber dem Gutachten zum Stand der Dezentralisierung mit Interesse entgegensieht sowie den gestiegenen Anteil der Einnahmen in den Kernhaushalten der Gemeinden aufgrund von weiteren Maßnahmen zur stärkeren Respektierung der lokalen Selbstverwaltung, insbesondere in den Fällen, in denen die auf lokaler Ebene dominierenden Parteien auf nationaler Ebene zur Opposition gehören, begrüßt;

23.  begrüßt den durch andere Länder in der Region im EU‑Integrationsprozess bereits erreichten Fortschritt, verleiht jedoch seiner Besorgnis darüber Ausdruck, dass weitere Verzögerungen bei der Eröffnung der Beitrittsgespräche ein störendes Ungleichgewicht in der Region schaffen könnte, so dass die guten Beziehungen zwischen den Volksgruppen noch weiter gefährdet werden und bei allen Bürger Mazedoniens der Eindruck entsteht, den Anschluss zu verlieren; verurteilt alle Arten des extremen Nationalismus in allen Ländern; fordert Maßnahmen gegen Diskriminierung und zur Förderung von Toleranz in der Gesellschaft im Hinblick auf Religion, ethnische Zugehörigkeit und Sprache;

24.  schließt sich der Forderung der Kommission an, die Überprüfung des Rahmenabkommens von Ohrid abzuschließen und mit der Umsetzung seiner Empfehlungen zu beginnen;

25.  stellt fest, dass die weitere Stärkung des politischen Dialogs mit der albanischen Bevölkerungsgruppe im Land einen wichtigen Beitrag zur regionalen Stabilität und Zusammenarbeit darstellt;

26.  fordert die Regierung, die Medien, die akademische Gemeinschaft, die Zivilgesellschaft und alle relevanten Interessenträger auf, der Öffentlichkeit das deutliche Signal zu senden, dass Diskriminierung aus Gründen der nationalen Identität im Land nicht geduldet wird, was auch für das Justizsystem, die Medien, Beschäftigungsmöglichkeiten und soziale Chancen gilt; hebt hervor, wie wichtig dies für die Integration der unterschiedlichen ethnischen Gemeinschaften und für die Stabilität und die europäische Integration des Landes sind;

27.  bedauert es, dass bei der Schaffung eines integrierten Bildungssystems nicht mehr Fortschritte erzielt wurden und dass keine Gelder für die Umsetzung der Strategie für eine integrierte Bildung zur Verfügung gestellt wurden; zeigt sich besorgt darüber, dass offenbar immer weniger Jugendliche die Sprache der jeweils anderen Gruppe beherrschen; fordert nachdrücklich, in dieser Sache tätig zu werden, um Aufteilungen und potenzielle Konflikte zwischen Schulkindern unterschiedlicher ethnischer Herkunft zu verhindern; hebt gleichzeitig hervor, dass die Förderung verpflichtender inklusiver zweisprachiger Bildungsmöglichkeiten von großer Bedeutung ist; ist weiterhin besorgt über die in den Schulen stattfindende Trennung von Roma-Schülern von den anderen Schülern;

28.  ist der Ansicht, dass Hürden, die einer Volkszählung im Einklang mit den besten demokratischen Standards im Wege stehen, zum Teil durch die Einrichtung eines Personenstandsregisters als vorläufige Lösung beseitigt werden könnten;

29.  bedauert die Verschlechterung des Rufs des Landes im Hinblick auf die Medienfreiheit; teilt die Besorgnis der Kommission, dass die Wahrung der Meinungsfreiheit und die Existenz von unterschiedlichen und pluralistischen Medien, die frei von politischer Einflussnahme sind, für das Land weiterhin eine wesentliche Herausforderung darstellt; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der mangelnde Medienpluralismus teilweise das Ergebnis staatlicher Werbemaßnahmen ist; betont, dass die Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sichergestellt werden muss, und ruft die staatlichen Stellen auf, diesbezüglich Sicherheitsvorkehrungen im Mediengesetz vorzusehen; fordert nachdrücklich, dass das derzeitige Mediengesetz Gegenstand weiterer Konsultierungen und eines Dialogs wird, da eine derart wichtige Reform nur mit breiter Zustimmung der Pressevertreter des Landes durchgeführt werden kann; weist darauf hin, dass weitere Anstrengungen erforderlich sind, um das Vertrauen zwischen der Regierung und den Medienschaffenden wiederherzustellen und aufzubauen; unterstützt die Initiative des Medieninstituts des Landes, mit EU-Unterstützung ein Weißbuch über die Verbesserung der Beziehungen zwischen der Zivilgesellschaft und den Medien zu veröffentlichen; unterstreicht, dass weitere Anstrengungen zum Schutz der Rechte der bei den Medien Beschäftigten und für ihre Unabhängigkeit notwendig sind; betont, dass Transparenz in Bezug auf die Besitzverhältnisse von Medien erforderlich ist;

30.  weist auf die Fortschritte hin, die bei den Gesprächen am runden Tisch zwischen der Regierung und dem Journalistenverband aufbauend auf den Erfahrungen des OSZE‑Beauftragten für die Freiheit der Medien bereits erzielt worden sind; ist der Ansicht, dass die Wiederaufnahme dieser Gespräche, die Umsetzung des in ihrem Rahmen vereinbarten Fahrplans in Richtung Meinungsfreiheit und die Gewährleistung angemessener Arbeitsbedingungen für Journalisten nach wie vor der Hauptmechanismus sind, mit dem die erforderlichen Fortschritte erzielt werden können; erkennt an, dass umfassende Meinungsfreiheit nur in einer Gesellschaft erreicht werden kann, in der für die Öffentlichkeit ein Recht auf Zugang zu Informationen besteht und in der es einen öffentlichen Raum für eine offen geführte öffentliche Debatte gibt;

31.  vertritt jedoch die Auffassung, dass der jüngste Fall des inhaftierten Tomislav Kezarovski und andere Fälle – die nur von einem unabhängigen Gericht beurteilt werden sollten, das seine Tätigkeit nach Maßgabe der europäischen Menschenrechtskonvention ausübt – Anlass zur Besorgnis über die mögliche Ausübung selektiver Justiz im Land geben, zu deren Vermeidung alle Behörden wirksame Maßnahmen ergreifen sollten;

32.  nimmt das neue Gesetzes über die Überprüfung auf Mitarbeit in der ehemaligen Staatssicherheit zur Kenntnis, weist aber auch auf die Bedenken der Venedig‑Kommission und des Helsinki‑Komitees in Bezug auf die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes und sein Missbrauchspotenzial hin;

33.  spricht sich dafür aus, das Mandat des Ausschusses für Datenüberprüfung zu stärken, indem alle erforderlichen Dokumente der Geheimdienst- und Spionageabwehrbehörden auf Dauer in seine Räumlichkeiten überstellt werden;

34.  bekräftigt die Empfehlungen aus seiner vorherigen Entschließung im Hinblick auf die Stärkung der Zivilgesellschaft; fordert die Regierung auf, die wichtige Rolle der Zivilgesellschaft und ihren Nutzen in der politischen Debatte anzuerkennen, und fordert sie auf, Organisationen der Zivilgesellschaft aktiv am Dialog über Politikgestaltung zu beteiligen; betont, was für eine wesentliche Rolle zivilgesellschaftliche Organisationen dabei spielen können, den EU-Integrationsprozess in höherem Maße transparent, rechenschaftspflichtig und integrativ zu gestalten; schlägt vor, dass den Organisationen der Zivilgesellschaft Unterstützung für ihre Initiativen angeboten werden sollte; begrüßt die Einbindung der Zivilgesellschaft in die vom Justizministerium eingerichtete Arbeitsgruppe über Kapitel 23 und fordert alle Ministerien auf, diesem Beispiel zu folgen; fordert eine wohlwollende Prüfung des Vorschlags zur Auswahl von Organisationen der Zivilgesellschaft für die Teilnahme an Arbeitsgruppen im Rahmen des nationalen Programms zur Übernahme des Besitzstands;

35.  äußert sein Bedauern und seine Besorgnis über die große Verzögerung bei der Umsetzung der zweiten Strategie der Regierung für die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und ihres Aktionsplans; ist besorgt über das fehlende Engagement bei der Umsetzung dieser Maßnahmen und über die fehlende Transparenz hinsichtlich der Unterstützung der Zivilgesellschaft durch Haushaltsmittel; vertritt die Auffassung, dass die offene Regierungspartnerschaft, für die sich das Land ausgesprochen hat, einen angemessenen Rahmen für die Verbesserung der Situation bieten kann; begrüßt und unterstützt die Verwendung von Indikatoren zur Bewertung der Beteiligung der Zivilgesellschaft wie in der Mitteilung der Kommission vom 12. September 2012 „Die Wurzeln der Demokratie und der nachhaltigen Entwicklung“ (COM(2012)0492) dargestellt;

36.  fordert die Kommission und die Regierung erneut auf, einer Mindestquote bei dem kommenden Programmplanungszeitraum der Heranführungshilfe zuzustimmen, gemäß derer 15 % der Zahlungen an nichtstaatliche Akteure gehen und wonach die technische Hilfe an zivilgesellschaftliche Organisationen von der Zivilgesellschaft selbst verwaltet wird; fordert ferner, dass die Heranführungshilfe II dazu verwendet wird, das Ziel zu erreichen, 9 % der Haushaltsmittel des Landes durch dezentrale regionale und lokale Gebietskörperschaften zuzuteilen;

37.  lobt das Land für die kürzlich durchgeführten Reformen, durch die der nationale Rechtsrahmen mit den internationalen Standards in Einklang gebracht wurde; fordert das Land nachdrücklich auf, die Transparenz des Justizrats zu steigern, um den Eindruck weitgehend auszuräumen, dass er unter Einfluss und Druck arbeitet; fordert die Kommission auf, die Einhaltung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Bezug auf das Land in ihren künftigen Fortschrittsberichten zu berücksichtigen und einer Analyse zu unterziehen;

38.  begrüßt die Aktivitäten zur Verbesserung der Professionalität, Unabhängigkeit und Effizienz der Justiz, insbesondere die Einstellung von Absolventen der Akademie für Richter und Staatsanwälte als Richter und Staatsanwälte, die Beibehaltung der positiven Abschlussquote der Gerichte im ersten Halbjahr 2013 sowie den weiteren Abbau des Rückstaus; fordert die Vereinheitlichung der Rechtsprechung, um ein berechenbares Justizsystem zu gewährleisten und das Vertrauen der Öffentlichkeit zu stärken;

39.  fordert insbesondere eine Unterstützung der staatlichen Kommission für Korruptionsverhütung, der Antikorruptionseinheit des Innenministeriums, der Staatsanwaltschaft für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Korruption und des staatlichen Rechnungshofs im Hinblick auf die Haushaltsmittel und materielle und Humanressourcen; betont außerdem, dass Korruptionsfälle auf hoher Ebene in den Fokus gerückt werden müssen und stärkerer Gebrauch von Beschlagnahmungs- und Einziehungsanordnungen gemacht werden muss, und fordert nachdrücklich kontinuierliche Anstrengungen zur Einrichtung eines Registers zur Aufzeichnung von Verurteilungen in Korruptionsfällen auf hoher Ebene; fordert die unabhängigen Organisationen der Zivilgesellschaft und die Medien auf, Korruption aufzudecken und sich für unabhängige und unparteiische Ermittlungen und Verfahren einzusetzen; begrüßt die fortgesetzten Anstrengungen der staatlichen Kommission zur Korruptionsverhütung, unterstützt vom UNDP, den präventiven Aspekt im Kampf gegen die Korruption durch die Einführung umfassender Integritätssysteme in neun Pilotgemeinden zu intensivieren; unterstützt die Absicht der nationalen Behörden, die Änderung des Gesetzes über Korruptionsverhütung abzuschließen, das Konzept des Integritätssystems landesweit zu erweitern und den Hinweisgebern systematischen und institutionellen Schutz zu bieten;

40.  stellt fest, dass die Aktivitäten zur Betriebsaufnahme der National Intelligence Database (NID) noch in Gang sind, und ruft die Behörden des Landes auf, ihre Anstrengungen diesbezüglich zu verstärken und das nationale Koordinierungszentrum für die Bekämpfung von organisierter Kriminalität so schnell wie möglich einzurichten, um den Kampf gegen organisierte Kriminalität, Korruption, Betrug, Geldwäsche und andere schwere Straftaten, darunter auch solchen grenzüberschreitender Natur, umfassend zu unterstützen;

41.  verweist mit Sorge auf die häufige Verhängung von Untersuchungshaft und deren oft sehr lange Dauer sowie auf die Haftbedingungen der Untersuchungshäftlinge; weist auf Fälle unverhältnismäßiger Polizeieinsätze bei Demonstrationen hin; fordert, dass die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ergriffenen Maßnahmen verhältnismäßig sind und das Recht auf Versammlungsfreiheit dabei geachtet wird;

42.  begrüßt das neue Gesetz über Gerechtigkeit für Kinder und fordert ausreichende finanzielle Mittel für seine Umsetzung; bedauert weiterhin das Fehlen einer Gesundheitsversorgung sowie von Bildungsmöglichkeiten in den Jugendhaftanstalten;

43.  begrüßt die Abnahme der Anzahl von Kindern in Pflegeinrichtungen, ist jedoch weiterhin besorgt über die hohe Anzahl von Kindern mit Behinderungen, die sich weiterhin in Einrichtungen befinden; fordert weitere Reformen der Strukturen zum Schutz von Kindern und einen Ausbau der Kapazitäten der Zentren für Sozialarbeit zur Unterstützung benachteiligter Familien;

44.  begrüßt die Bildung des Nationalen Jugendrats und die Anstrengungen, mit denen sichergestellt werden soll, dass er breit angelegt, politisch unparteiisch und ein vollständiges Mitglied des Europäischen Jugendforums ist; ruft die Agentur für Jugend und Sport des Landes dazu auf, seine Aktivitäten umfassend zu unterstützen und sich an ihnen zu beteiligen;

45.  ruft die Regierung dazu auf, der Kommission für den Schutz vor Diskriminierung und der Antidiskriminierungseinheit im Ressort Chancengleichheit ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen zuzuweisen; fordert Maßnahmen zur verstärkten Sensibilisierung im Hinblick auf Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung;

46.  begrüßt die Wiedereröffnung des LSBTI-Zentrums in Skopje, nachdem es in den vergangenen zwölf Monaten Ziel von fünf Anschlägen gewesen war; begrüßt die Erkenntnisse der Antidiskriminierungskommission des Landes, die Homophobie in Schulbüchern verurteilt hat, und fordert entsprechende weitere Maßnahmen; fordert insbesondere das Verbot von Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Ausrichtung im Bereich Beschäftigung; äußert sein Bedauern darüber, dass das Gesetz gegen Diskriminierung immer noch nicht dem europäischen Besitzstand entspricht; fordert erneut eine Änderung des Gesetzes, um dieses mit dem Besitzstand umfassend anzupassen; verurteilt jegliche Gewalt gegen Lesben, Schwule, Bi-, Trans, und Intersexuelle (LSBTI) und fordert alle führenden Vertreter von Politik und Gesellschaft auf, diese Gewalt ebenfalls zu verurteilen; fordert, dass die für derartige Gewaltakte Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden; erinnert die Regierung und die politischen Parteien an ihre Verantwortung bei der Schaffung einer Kultur der Integration und Toleranz;

47.  fordert die Behörden nachdrücklich auf, systematisch Daten über ausgegrenzte und marginalisierte Gruppen zu sammeln, einschließlich Straßenkinder, Roma‑Kinder und Menschen mit Behinderungen; bedauert, dass keine Daten über Hassverbrechen gesammelt werden; ist weiterhin besorgt über die Anzahl der Roma-Kinder in Sonderschulen, begrüßt jedoch das Stipendiensystem der Regierung für Roma-Kinder, damit diese die Sekundarstufe abschließen können;

48.  ist weiterhin besorgt über die andauernde Diskriminierung von Roma; betont in diesem Zusammenhang, dass Roma-Frauen einer doppelten Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts und der ethnischen Herkunft ausgesetzt sind, die in den meisten Fällen mit Armut einhergeht; zeigt sich besorgt darüber, dass diese seit Langem anerkannte doppelte Diskriminierung weitverbreitet ist, alltäglich vorkommt und weiter zunimmt; fordert die Behörden auf, dieses Muster zu durchbrechen, und fordert mit Nachdruck die energische Umsetzung der Strategie zu Inklusion der Roma sowie Maßnahmen zur Sicherstellung des Zugangs der Roma zu Gesundheit, Bildung, Beschäftigung, Wohnraum und Sozialhilfeleistungen;

49.  fordert die Regierung mit großem Nachdruck auf, das Problem der Roma zu lösen, die keine Personaldokumente haben;

50.  fordert die Regierung auf, ihre Bemühungen zur Verbesserung der Lage der Roma und der Aschkali-Flüchtlinge aus dem Kosovo zu verstärken;

51.  begrüßt, dass die Zahl der 81 Bürgermeisterposten im Lande, die von Frauen bekleidet werden, von null auf vier gestiegen ist, und dass die Anzahl der Frauen im Parlament gemäß der Geschlechterquote ebenfalls gestiegen ist; äußert sich jedoch besorgt darüber, dass sich Frauen weiterhin häufig freiwillig von der politischen Entscheidungsfindung zurückziehen; begrüßt die Änderungen des Arbeitsgesetzes, durch die der rechtliche Schutz für Frauen in der Schwangerschaft und kurz nach der Geburt verbessert wird, zeigt sich jedoch besorgt über die hohe Arbeitslosenquote bei Frauen; begrüßt die Annahme der Strategie zur Gleichstellung der Geschlechter, weist aber darauf hin, dass die staatlichen Mechanismen für die Gleichstellung der Geschlechter noch immer nicht ordnungsgemäß funktionieren, und fordert die Regierung auf, die Funktionsweise dieser Mechanismen zu verbessern und ihre Personal- und Mittelausstattung aufzustocken; fordert die staatlichen Stellen auf, einen geschlechterbezogenen Ansatz in allen Politikbereichen sicherzustellen und die Förderung der Sensibilisierung zu Fragen der Gleichstellung der Geschlechter sowie von Initiativen in diesem Bereich zu verstärken; bedauert, dass wichtige Änderungen des Gesetzes zum Schwangerschaftsabbruch vom Parlament in einem verkürzten Verfahren ohne eine breitere öffentliche Debatte verabschiedet wurden;

52.  hebt lobend hervor, dass die Regierung die makroökonomische Stabilität bewahrt hat, und begrüßt, dass die Volkswirtschaft wieder wächst; weist jedoch auf die nur langsam stattfindende Annäherung der Einkommen hin und ist ebenfalls hinsichtlich der Frage in Sorge, ob die Zielsetzung eines Defizits der öffentlichen Haushalte von 2,6 Prozent bis 2016 erreicht werden kann und wie die Haushaltskonsolidierung erfolgen soll; empfiehlt der Kommission, dem Land den Status einer funktionierenden Marktwirtschaft zuzuerkennen;

53.  begrüßt das reale BIP-Wachstum von 2,9 % im ersten Quartal 2013 im Vergleich zu demselben Quartal 2012; nimmt die positiven Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt mit einem Anstieg der Beschäftigungszahlen im ersten Quartal 2013 um 3,9 % im Vergleich zu demselben Quartal des Jahres 2012 zusammen mit einer Abnahme der Arbeitslosenzahlen um 4,2 % im Jahresverlauf zur Kenntnis; begrüßt die Platzierung des Landes im Weltbank-Bericht „Doing Business“ unter den zehn Ländern der Welt mit dem größten Fortschritt bei den wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen;

54.  begrüßt die Absicht der Kommission, einen gesonderten Dialog über Beschäftigungs- und Sozialpolitik mit diesem und anderen Ländern der Region zu führen; fordert Maßnahmen zur Modernisierung des Arbeitsrechts, damit es in vollem Maße den IAO‑Übereinkommen entspricht; betont, dass das Land die acht wesentlichen Konventionen zu Arbeitnehmerrechten der IAO ratifiziert hat; fordert einen Ausbau der Befugnisse der Sozialpartner und die Sicherstellung der Arbeits- und Gewerkschaftsrechte; teilt die Besorgnis, dass eine hohe Arbeitslosenrate insbesondere unter gefährdeten Gruppen wie Jugendlichen und Frauen eine der dringendsten Herausforderungen für die Regierung darstellt, und fordert verstärkte Maßnahmen zum Kampf gegen Armut, hohe Jugendarbeitslosigkeit und Diskriminierung;

55.  stellt fest, dass die Regierung des Landes Maßnahmen in Bezug auf die jüngsten Fälle der in EU Länder exportierten landwirtschaftlichen Erzeugnisse mit hohen Pestizidwerten ergriffen hat; fordert die zuständigen Behörden insbesondere auf, die Kontrollen der Umsetzung der Pflanzenschutznormen der EU in dem Land zu verschärfen und besser zu überprüfen;

56.  bedauert, dass das Land noch nicht über eine umfassende Klimapolitik verfügt, obwohl es sich den EU-Standpunkten im internationalen Kontext anschließt; erwartet, dass die Regierung die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um die Kapazitäten der Verwaltung zur Umsetzung der Rechtsvorschriften zum Klimawandel zu stärken;

57.  betont, dass es erheblicher Anstrengungen im Bereich des Umweltschutzes bedarf, insbesondere, was die Wasserqualität, den Naturschutz, den Schutz wild lebender Pflanzen und Tiere, die Kontrolle der industriellen Umweltverschmutzung und das Risikomanagement betrifft; fordert Anstrengungen zur Umsetzung der Gesetze in diesen Bereichen; betont, dass ohne eine angemessene Stärkung der Kapazitäten der Verwaltung kein wesentlicher Fortschritt erzielt werden kann; fordert die Regierung auf, die diesbezüglich erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen;

58.  fordert die Regierung auf, die Zusammenarbeit mit der EU im Energiesektor im Rahmen der Energiegemeinschaft fortzusetzen;

59.  weist darauf hin, dass das Potenzial des Landes im Hinblick auf erneuerbare Energien auch aufgrund aufwendiger Verwaltungsverfahren und hoher Strompreise unterentwickelt ist; fordert in diesem Zusammenhang die Behörden auf, die Anstrengungen in diesem Bereich zu verstärken, um die im Rahmen der Energiegemeinschaft bestehende Verpflichtung der vollständigen Umsetzung der Richtlinie über erneuerbare Energien bis Anfang 2014 zu erfüllen;

60.  bekräftigt seine Unterstützung der Visaliberalisierung für die westlichen Balkanstaaten, die als wichtige Säule in ihrem europäischen Integrationsprozess fungiert; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, die Asylverfahren für Bürger der westlichen Balkanstaaten, die visumfreien Reiseverkehr mit dem Schengen-Raum als wirksames Mittel zur Verringerung der Zahl unbegründeter Asylanträge genießen, zu verkürzen und den Bewerbern jedoch nach wie vor das Recht zu gewähren, ihren Fall in einer ausführlichen Befragung darzulegen;

61.  bekräftigt die Notwendigkeit eines angemessenen Gleichgewichts zwischen legitimen Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung und der Verhinderung der Erstellung von ethnischen Profilen oder anderen Maßnahmen, die sich möglicherweise diskriminierend auf die Wahrung des Rechts der Freizügigkeit auswirken können; lobt die regionale Zusammenarbeit im Hinblick auf Einwanderung und Flüchtlinge; fordert mit Nachdruck, dass die derzeitige Liberalisierung der Visumbestimmungen der EU für das Land beibehalten wird; vertritt die Auffassung, dass das Land zu einem “sicheren Herkunftsland” erklärt werden sollte, um die Bearbeitungsverfahren für Anträge zu beschleunigen; fordert die Regierung auf, das bestehende liberale Verfahren der Visaerteilung hinsichtlich der Nachbarländer beizubehalten und die Anstrengungen zur Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage von Minderheiten zu verstärken und Diskriminierungen oder negative Maßnahmen wie Reisebeschränkungen gegenüber Menschen zu verhindern, deren Asylantrag in der EU abgelehnt wurde;

62.  nimmt die Bemühungen der Regierung zur Kenntnis, die lokale Straßeninfrastruktur des Landes wieder aufzubauen, um Verbesserungen beim alternativen Fremdenverkehr und bei den Lebensbedingungen der Bürger zu erreichen; ermutigt das Land diesbezüglich, ein dynamischeres Konzept für Regionalentwicklungsvorhaben im Rahmen des Instruments für Heranführungshilfe (IPA) zu erstellen, das die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Verbindungen zwischen den Ländern in der Region verstärkt, und sich an der Entwicklung eines modernen und ökoeffizienten Schienensystems zur Anbindung von Südosteuropa an den restlichen Kontinent zu beteiligen; fordert weitere Fortschritte in der Verkehrspolitik und ihre weitere Angleichung an den Besitzstand;

63.  nimmt das Treffen der Verkehrsminister des Landes mit ihren Amtskollegen aus Bulgarien zu Kenntnis, das am 28. November 2013 in Sofia stattfand, und hofft, dass die bei dem Treffen bekräftigten Zusagen zur Fertigstellung der Schienenverbindung zwischen den beiden Ländern in nächster Zeit umgesetzt werden, da dies neue wirtschaftliche Perspektiven für die Region eröffnen wird;

64.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung und dem Parlament des Landes zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P7_TA(2012)0453.


Fortschrittsbericht 2013 über Montenegro
PDF 155kWORD 32k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zu dem Fortschrittsbericht 2013 über Montenegro (2013/2882(RSP))
P7_TA(2014)0104B7-0072/2014

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen vom 29. März 2010 zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Montenegro andererseits(1),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 19./20. Juni 2003 und deren Anlage „Agenda von Thessaloniki für die westlichen Balkanstaaten: Auf dem Weg zur Europäischen Integration“,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 9. November 2010 an das Europäische Parlament und den Rat über die Stellungnahme der Kommission zum Antrag Montenegros auf Beitritt zur Europäischen Union (COM(2010)0670),

–  unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 22. Mai 2012 an das Europäische Parlament und den Rat über die Fortschritte Montenegros bei der Durchführung von Reformen (COM(2012)0222) und die Schlussfolgerungen des Rates vom 26. Juni 2012 mit dem Beschluss, am 29. Juni 2012 Beitrittsverhandlungen mit Montenegro aufzunehmen,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ vom 11. Dezember 2012 zur Erweiterung und zum Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 16. Oktober 2013 mit dem Titel „Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2013–2014“ (COM(2013)0700) und das entsprechende Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen SWD(2013)0411 mit dem Titel „Montenegro: 2013 Progress Report“ [Montenegro: Fortschrittsbericht 2013],

–  unter Hinweis auf die in der 6. Sitzung des Parlamentarischen Stabilitäts- und Assoziationsausschusses Europäische Union – Montenegro (SAPC) vom 29./30. April 2013 angenommene Erklärung und die in dieser Sitzung angenommenen Empfehlungen,

–  unter Hinweis auf seine bisherigen Entschließungen zu Montenegro und seine Entschließung vom 22. November 2012 zu dem Thema „Erweiterung: Politiken, Kriterien und die strategischen Interessen der EU“(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. Oktober 2013 zu der Bewirtschaftung der Heranführungsmittel der Europäischen Union in den Bereichen Justiz und Korruptionsbekämpfung in den Bewerberländern und potenziellen Bewerberländern und seine Feststellungen zu Montenegro(3),

–  gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass der Beitritt zur EU eine entscheidende Triebfeder für kontinuierliche politische, soziale und wirtschaftliche Reformen bleiben sollte;

B.  in der Erwägung, dass die EU die Rechtsstaatlichkeit ins Zentrum ihres Erweiterungsprozesses gestellt hat;

C.  in der Erwägung, dass Montenegro Fortschritte in Richtung EU-Integration gemacht hat und dass die Begeisterung für das europäische Projekt das ganze politische Spektrum und die Gesellschaft insgesamt umfasst; in der Erwägung, dass dem Land der vorläufige Abschluss der Kapitel 25 und 26 gelungen ist;

D.  in der Erwägung, dass die Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit, insbesondere durch eine Justizreform, sowie die Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität oberste Priorität haben; in der Erwägung, dass der Screening-Prozess zu allen Kapiteln abgeschlossen wurde; in der Erwägung, dass die Verhandlungen über die Kapitel 23 und 24 gemäß dem neuen Konzept der Kommission, Justizreformen und innere Angelegenheiten im Beitrittsprozess frühzeitig anzugehen, im Dezember 2013 eröffnet wurden;

E.  in der Erwägung, dass die Unabhängigkeit und Wirksamkeit der Justiz durch die vor kurzem vorgenommenen Verfassungsreformen gestärkt werden, sobald diese vollständig umgesetzt sind;

F.  in der Erwägung, dass finanzielle Korruption und organisierte Kriminalität, auch in den Institutionen, sowie Wahlunregelmäßigkeiten nach wie vor erhebliche Besorgnis schaffen; in der Erwägung, dass Montenegro sie angehen und sich eine solide Erfolgsbilanz im Bereich Rechtsstaatlichkeit erarbeiten muss;

G.  in der Erwägung, dass der Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle im Reform- und EU-Beitrittsprozess zukommt;

H.  in der Erwägung, dass die regionale Zusammenarbeit für die politische Stabilität, Sicherheit und wirtschaftliche Entwicklung in Montenegro und dem gesamten Raum sehr wichtig ist;

Beitrittsverhandlungen

1.  begrüßt die Eröffnung von fünf neuen Verhandlungskapiteln im Dezember 2013; fordert dazu auf, die Beitrittsverhandlungen unter der Voraussetzung, dass Reformen fortgeführt und umgesetzt und konkrete Ergebnisse erreicht werden, rasch fortzusetzen;

2.  begrüßt die Aktionspläne der Regierung zu den Kapiteln 23 und 24, die eine umfassende Reformagenda vorsehen und die Richtgröße für die Eröffnung dieser Kapitel darstellen;

3.  befürwortet die Einbeziehung von Vertretern der Zivilgesellschaft in die Verhandlungsstrukturen; nimmt dennoch die Forderung von zivilgesellschaftlichen Organisationen danach zur Kenntnis, dass die Regierung im gesamten Verhandlungs- und Beitrittsprozess für größtmögliche Transparenz sorgt, unter anderem indem sie noch mehr Organisationen an der Arbeit der Arbeitsgruppen beteiligt und umfangreiche landesweite Konsultationen durchführt;

4.  hebt die Verpflichtung sowohl der Regierung als auch des Parlaments hervor, die Kommunikation mit der Öffentlichkeit zu verbessern und alle Interessenträger, zivilgesellschaftlichen Organisationen und die Allgemeinheit rechtzeitig und transparent über die Entwicklungen in den Beitrittsverhandlungen zu unterrichten und ihre breite Beteiligung an diesem Prozess zu begünstigen;

Politische Kriterien

5.  fordert alle politischen Kräfte sowohl der Regierung als auch der Opposition und entscheidende soziale und wirtschaftliche Akteure auf, sich im Wege eines dauerhaften Dialogs und einer konstruktiven Zusammenarbeit weiterhin auf die Agenda für die EU-Integration des Landes zu konzentrieren;

6.  begrüßt die Stärkung der Aufsichtsfunktion des montenegrinischen Parlaments unter anderem durch Anhörungen zu Kontroll- und Beratungszwecken; fordert jedoch, dass die Ergebnisse von Anhörungen konsequenter weiterbehandelt werden, die Umsetzung verabschiedeter Rechtsvorschriften stärker kontrolliert wird und sich das Parlament aktiver an den Verhandlungen beteiligt; begrüßt die Entschließung zum Verfahren, zur Qualität und zur Dynamik des Prozesses der EU-Integration von Montenegro, die das Parlament Montenegros am 27. Dezember 2013 angenommen hat; ist der Ansicht, dass das Parlament und die zivilgesellschaftlichen Organisationen umfassend in den Integrationsprozess eingebunden werden müssen und dass er einer breiten demokratischen Unterstützung bedarf;

7.  bedauert, dass nach der in diesem Jahr zu unrühmlicher Bekanntheit gelangten Abhöraffäre der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses, der zur Untersuchung der mutmaßlichen Zweckentfremdung öffentlicher Gelder für parteipolitische Ziele eingerichtet wurde, keine politischen Konsequenzen vorsieht und dass die Weiterbehandlung des Sachverhalts durch die Justiz bislang unvollständig ist; betont, dass eine gründliche Untersuchung und, sofern nötig, angemessene Maßnahmen sicherzustellen sind; fordert die verantwortlichen montenegrinischen Staatsorgane deshalb auf, für einen raschen, freien und fairen Abschluss des Rechtsverfahrens zu sorgen, unter Mitwirkung aller relevanten Parteien und unter sorgfältiger, objektiver und in vollem Einklang mit dem Gesetz stehender Prüfung sämtlicher Verstöße; begrüßt die kürzlich angekündigte Untersuchung der Videobespitzelungsaffäre in Cetinje, bei der Personen, denen ein Verstoß gegen das Wahlrecht nachgewiesen wird, in einem rechtsstaatlichen Verfahren eine angemessene Strafe zu erwarten haben;

8.  betont, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Wahlsystem und die demokratischen Strukturen gestärkt werden muss, und fordert das Parlament auf, die Wahlrechtsreform zu beschleunigen, indem die Vorschriften zur Regelung der Wahlen und der Parteienfinanzierung geändert werden, darunter auch der Gesetzentwurf über ein einziges Wählerverzeichnis und die Änderungsentwürfe zum Gesetz über die Personalausweise; betont, dass in Bezug auf das einzige Wählerverzeichnis uneingeschränkte Transparenz und Rechenschaftspflicht vonnöten sind; fordert, dass diese Reformen im Einklang mit den seit langem vorliegenden Empfehlungen des BDIMR der OSZE stehen und vollkommen transparent in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft durchgeführt werden müssen; unterstützt die Forderung der Kommission, eine eindeutige und von einem breiten Konsens getragene Abgrenzung zwischen öffentlichen Interessen und Parteiinteressen zu schaffen; fordert die Regierung auf, vorausweisend Informationen über staatliche Beihilfen an Einzelpersonen und Unternehmen, über die Beschäftigung im öffentlichen Sektor und über weitere Ausgaben zu veröffentlichen, die sich möglicherweise auf das Wahlverhalten auswirken; stellt fest, dass der Eindruck von Korruption ebenso schädlich sein kann wie Korruption selbst;

9.  betont die Bedeutung der Reform der öffentlichen Verwaltung für die Umsetzung des Besitzstands; erachtet es für wesentlich, dass der Koordinierungs- und Aufsichtsmechanismus mit Blick auf die Umsetzung der auf die öffentliche Verwaltung bezogenen Strategie gestärkt wird und weitere Maßnahmen für eine transparente, professionelle, wirksame und auf Leistung beruhende öffentliche Verwaltung ergriffen werden; fordert den Staat auf, bei der Einstellung und Entlassung von Beamten sorgfältig vorzugehen, um den Eindruck einer weiteren Politisierung des öffentlichen Dienstes zu vermeiden; fordert, dass die Unabhängigkeit und die Kapazitäten des Amtes des Bürgerbeauftragten gestärkt werden;

10.  begrüßt die Verfassungsänderungen, mit denen darauf abgezielt wird, die Unabhängigkeit der Justiz zu stärken, und zwar durch die Verringerung der politischen Einflussnahme auf die Ernennung von Staatsanwälten und Justizbeamten auf allen Ebenen dank transparenterer und stärker leistungsbezogener Verfahren und insbesondere durch die Wahl des Generalstaatsanwalts; nimmt jedoch die Initiative des Bürgerbeauftragten zur Kenntnis, die Verfassungsmäßigkeit dieser Änderungen und der Bestimmungen des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof hinsichtlich der Wahl der Verfassungsrichter zu prüfen; fordert die zuständigen Behörden auf, bei Disziplinarverfahren für eine solide Erfolgsbilanz zu sorgen und sicherzustellen, dass die Justiz zügig tätig wird und die Rechtsprechung vereinheitlicht wird; fordert die Ausarbeitung und Umsetzung weiterer gesetzgeberischer und anderer Maßnahmen, um die Politisierung der Justiz in der Praxis zu verringern, indem unter anderem die Leistung der Justizbehörden objektiv bewertet, die Rechenschaftspflicht in der Justiz gemäß den Empfehlungen der Venedig-Kommission klar nachgewiesen und für leistungsbezogene Beförderungen Sorge getragen wird; erachtet es als dringend geboten, die Unabhängigkeit der für Vergehen zuständigen Gerichte von der Exekutive sicherzustellen;

11.  begrüßt die Maßnahmen, mit denen das Gerichtssystem optimiert, die Effizienz der Rechtsprechung verbessert und der Rückstau anhängiger Verfahren weiter abgebaut wird; erklärt sich jedoch besorgt über die Länge der Gerichtsverfahren, die mangelhafte Infrastruktur vieler Gerichte, die unzulängliche Durchsetzung zivil- und verwaltungsrechtlicher Entscheidungen und die unzureichende Mittelausstattung der Justiz- und Strafverfolgungsorgane; fordert, die Kapazitäten der Gerichtskollegien und der Staatsanwaltschaft auszubauen sowie die Rechenschaftspflicht und die Vorkehrungen im Hinblick auf die Integrität in der Justiz zu stärken; fordert Maßnahmen, mit denen der Zugang der Bürger zur Zivilgerichtsbarkeit und zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nach europäischen Maßstäben sichergestellt wird; fordert nachdrücklich mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht der Gerichte bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität;

12.  fordert im Interesse der Bekämpfung der Straflosigkeit die gebührende Weiterbehandlung unerledigter Berichte über Kriegsverbrechen mit strengeren, wirksameren und transparenteren Ermittlungsverfahren und Strafverfolgungsmaßnahmen gegen Kriegsverbrechen; betont, dass weitere Maßnahmen erforderlich sind, um nicht nur die Straflosigkeit, sondern auch den Anschein der Straflosigkeit zu bekämpfen; fordert die Behörden in dieser Hinsicht auf, die Leitlinien für Strafurteile zu überarbeiten und die offenbar unverhältnismäßige Anzahl von Freisprüchen bei schwersten Straftaten zu prüfen;

13.  würdigt die Justizreformstrategie 2007–2012 der Regierung, bringt jedoch seine Besorgnis über ihre langsame Umsetzung zum Ausdruck; stellt fest, dass sich die Strategie 2013–2018 in einer fortgeschrittenen Vorbereitungsphase befindet; fordert daher die Regierung Montenegros auf, sich generell auf die Umsetzung der vorhandenen Strategien zu konzentrieren und ihre Auswertung umfassend und öffentlich zu erörtern, anstatt sie einfach ohne die erforderliche Beurteilung zu ersetzen; fordert, dass Kontrollgremien für Strategien und Aktionspläne zur Norm werden;

14.  betont, dass zusätzliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Korruption erforderlich sind, und fordert die Umsetzung der GRECO-Empfehlungen;

15.  erklärt sich besorgt darüber, dass das Bildungs- und Gesundheitswesen, die Wahlverfahren, das Katasterwesen, die Raumplanung, das Bauwesen, die Privatisierung und die Vergabe öffentlicher Aufträge nach wie vor anfällig für Korruption sind; erwartet, dass durch die Eröffnung des Kapitels 5 (Vergabe öffentlicher Aufträge) eine Beschleunigung der notwendigen einschlägigen Reformen bewirkt wird; begrüßt die Einrichtung eines neuen parlamentarischen Ausschusses für Korruptionsbekämpfung; fordert die Staatsorgane nachdrücklich auf, die Kapazitäten der Aufsichtsgremien zu stärken, die Revision zu verbessern, die Transparenz bei der Parteienfinanzierung zu erhöhen und die Kapazitäten auf allen Ebenen zu stärken, damit Unregelmäßigkeiten bei der Umsetzung der Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge eingedämmt werden;

16.  erklärt sich besorgt über den zunehmend eingeschränkten Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen über Unternehmen und Grundbuchämter; stellt fest, dass der Zugang der Öffentlichkeit zu derartigen Informationen für Journalisten und Akteure der Zivilgesellschaft sehr wichtig ist, wenn es darum geht, Fälle von Korruption aufzudecken und Verbindungen zwischen dem organisierten Verbrechen und staatlichen Stellen ans Licht zu bringen; fordert die Staatsorgane auf, im Hinblick auf die einschlägigen Ämter einen hohen Grad an Transparenz wiederherzustellen;

17.  betont, dass die Reformen bei der Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens durchgesetzt und eine solide Erfolgsbilanz bei Ermittlungen, Strafverfolgungen und Verurteilungen auf allen Ebenen erreicht werden muss; fordert, die Zusammenarbeit und Koordinierung von Strafverfolgungsbehörden und Justiz bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Korruption auf allen Ebenen zu intensivieren und die Qualität der Arbeit der Gerichte in Fällen mit hoher Bedeutung zu verbessern; äußert schwerwiegende Bedenken dagegen, dass Gerichtsurteile der ersten Instanz in Verfahren gegen die organisierte Kriminalität wieder aufgehoben wurden; bekräftigt, dass die Straflosigkeit von Straftätern, die wegen Korruption oder strafbarer Handlungen des organisierten Verbrechens verurteilt wurden, nicht hinnehmbar ist; fordert den Staat auf, sicherzustellen, dass die staatlichen Stellen und Einrichtungen alle einschlägigen Maßnahmen umsetzen und bei Unterlassung zur Rechenschaft gezogen werden;

18.  fordert Montenegro auf, die internationale und regionale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Korruption und der organisierten Kriminalität fortzusetzen; fordert größere Anstrengungen, um die Grenzkontrollen wirksamer zu gestalten und so das organisierte Verbrechen und den Schmuggel über die „Balkanroute“ zu bekämpfen; betont, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche durch lokale und internationale kriminelle Vereinigungen stärker überwacht und durchgesetzt werden müssen;

19.  betont, dass die Regierung Montenegros die Konsultationen mit der Zivilgesellschaft und der Opposition fortsetzen und intensivieren sowie die Interaktion und den Dialog mit ihnen verbessern muss, um mehr Transparenz in Politik und Rechtsetzung zu erreichen, insbesondere bei der Anwendung von Rechtsvorschriften und der Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens; würdigt von daher die Anstrengungen der Regierung zur Steigerung der Transparenz ihres Handelns für die Öffentlichkeit, stellt aber gleichzeitig fest, dass noch viel getan werden muss; begrüßt die weitreichende Beteiligung der Zivilgesellschaft an den Arbeitsgruppen für die EU-Verhandlungskapitel, weist allerdings darauf hin, dass einige Vertreter der Zivilgesellschaft Bedenken im Zusammenhang mit der Art und Qualität dieser Beteiligung geäußert haben; bedauert, dass sich die Beziehungen zwischen bestimmten Bereichen der Regierung und der Zivilgesellschaft unlängst verschlechtert haben, wobei auf beiden Seiten Befürchtungen zum Ausdruck kamen, dass die Risiken durch wechselseitige Feindseligkeiten den gemeinsamen Wunsch nach Fortschritten bei der EU-Integration überlagern; regt deshalb einen produktiven und ausgewogenen Dialog zwischen allen Seiten an, wobei die Regierung die Arbeit der Zivilgesellschaft objektiv unterstützt und erleichtert und deren Vertreter vollständig in den politischen Prozess einbindet, während die Organisationen der Zivilgesellschaft Kritik an der Politik üben und die Regierung in einer gerechten und konstruktiven Weise zur Rechenschaft ziehen;

20.  stellt mit Zufriedenheit fest, dass die Unterstützung durch das IPA in Montenegro gut funktioniert; fordert die Regierung und die Kommission auf, das Verwaltungsverfahren für die IPA‑Mittel zu vereinfachen, damit sie für kleinere und dezentral organisierte zivilgesellschaftliche Organisationen, Gewerkschaften und andere Empfänger einfacher zugänglich sind;

21.  hebt hervor, dass Montenegro die acht wesentlichen Übereinkommen der IAO zu den Arbeitnehmerrechten und die überarbeitete Europäische Sozialcharta ratifiziert hat; betont, dass die grundlegenden Arbeits- und Gewerkschaftsrechte zwar allgemein geachtet werden, aber weiter gestärkt werden müssen; hebt die wichtige Rolle des sozialen Dialogs hervor und fordert die Regierung auf, den Sozialrat zu stärken;

22.  betont, dass freie, unabhängige und unparteiische Medien in einer funktionierenden Demokratie sehr wichtig sind; erklärt sich zutiefst besorgt über die Zunahme der verbalen und physischen Einschüchterung von Journalisten sowie den zunehmend durch Mittelkürzungen und Gerichtsverfahren ausgeübten Druck; erklärt sich sehr betroffen darüber, dass seit August 2013 mindestens zwei Bombenanschläge und etwa ein halbes Dutzend physischer Angriffe auf Journalisten verübt wurden; bedauert zutiefst, dass Montenegro auf dem Index von „Reporter ohne Grenzen“ über Medienfreiheit nun an 113. Stelle steht; weist erneut darauf hin, dass verantwortungsvoll handelnde Medien, die redaktionelle Unabhängigkeit und die breite Streuung der Eigentumsverhältnisse im Bereich Medien im Einklang mit den europäischen Standards gestärkt werden müssen; hebt hervor, dass alle Beteiligten in Politik und Medien für die Förderung eines Klimas der Toleranz gegenüber anderen Meinungen verantwortlich sind; hält es für sehr wichtig, zum Schutz von Journalisten und der Pressefreiheit beizutragen; fordert, dass alle Bedrohungen von und Übergriffe auf Journalisten angemessen untersucht und strafrechtlich verfolgt werden, auch die noch anhängigen Vergehen; begrüßt die Entscheidung, ein gesondertes Gremium einzurichten, das die staatlichen Bemühungen zur Aufklärung von Morden an und Übergriffen auf Journalisten überwachen soll, was dazu beitragen kann, größeres Vertrauen zwischen Staat und Medien herzustellen;

23.  betont, dass unabhängigen und zukunftsfähigen öffentlich-rechtlichen Medien eine besondere Aufgabe bei der Stärkung der Freiheit der Medien und der Demokratie zukommt, und fordert die staatlichen Stellen diesbezüglich auf, das Gesetz über den Rundfunk Montenegros (Radio i Televizija Crne Gore, RTCG) zu ändern und Rechtsgarantien für die Sicherung der finanziellen Tragfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien zu verabschieden und sie dadurch in die Lage zu versetzen, ihren gesellschaftlichen Auftrag zu erfüllen;

24.  fordert Verbesserungen im Bereich des Zeugenschutzes und den Erlass eines Gesetzes über den Schutz von Informanten;

25.  betont, dass es Aufgabe aller politischen Kräfte ist, für ein Klima der Toleranz und Inklusion aller nationalen Minderheiten zu sorgen; begrüßt die Minderheitenpolitik der Regierung, durch die insbesondere die vertiefte Integration der albanischen Bevölkerungsgruppe vorangebracht wurde; fordert eine Verbesserung der Lage sozial benachteiligter Gruppen, beispielsweise des Zugangs von Menschen mit Behinderungen zu Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen sowie der Zugänglichkeit öffentlicher Gebäude; begrüßt den aktuellen Roma-Aktionsplan der Regierung, fordert aber weitere Maßnahmen zur Förderung von Bildung und Beschäftigung von Roma und anderen Minderheiten, die nach wie vor diskriminiert werden, insbesondere in Anbetracht des begrenzten Zugangs zu Bildungseinrichtungen, mit dem Kinder von Roma, Aschkali und Ägyptern konfrontiert sind;

26.  stellt fest, dass Frauen in vielen Bereichen der Gesellschaft Montenegros immer noch unterrepräsentiert sind, auch im Parlament, in Entscheidungspositionen und auf dem Arbeitsmarkt; fordert die Regierung auf, ihre Bemühungen um die Verbesserung der Geschlechtergleichstellung zu intensivieren, die einschlägigen finanziellen und personellen Mittel aufzustocken, für die Umsetzung des Aktionsplans zur Geschlechtergleichstellung Sorge zu tragen, den Grundsatz des gleichen Lohns für gleiche Arbeit einzuführen und Frauen zu mehr Teilhabe – insbesondere in der Politik – anzuregen;

27.  erklärt sich besorgt darüber, dass in Montenegro gegenüber Homosexualität in erheblichem Ausmaß Intoleranz herrscht, die in häufigen Akten und Androhungen von Gewalt sowie Hassreden gegen Aktivisten für die Rechte von Schwulen zum Ausdruck kommt; bedauert, dass der prominenteste LGBTI-Aktivist des Landes aus Sorge um seine Sicherheit Asyl im Ausland beantragt hat; begrüßt zwar die neue Strategie der Regierung zur Verbesserung der Lebensqualität von lesbischen, schwulen, bi-, trans- und intersexuellen Personen, betont aber, dass diese Strategie auch umgesetzt werden muss; erachtet es insbesondere als notwendig, die Öffentlichkeit aufzuklären und zu informieren, um einen Wandel der Einstellungen voranzubringen; würdigt ausdrücklich, dass Regierung und Polizei die Pride-Paraden in Budva und Podgorica, die in diesem Jahr erstmals stattgefunden haben, unterstützt und erleichtert haben; betont, dass die schwulenfeindliche Gewalt während der Umzüge umfassend untersucht werden muss und die Täter vor Gericht gestellt werden müssen; hält die Staatsorgane dazu an, die Toleranz gegenüber LGBTI-Personen auch künftig zu fördern und Straftraten zügig strafrechtlich zu verfolgen; betont, dass die gesellschaftliche Akzeptanz verbessert und der Diskriminierung von Schwulen ein Ende gesetzt werden muss;

28.  erklärt sich besorgt darüber, dass das Problem der Gewalt gegen Frauen und Kinder fortbesteht und viele die Gewalt auch für gesellschaftlich akzeptabel halten; bedauert, dass der Aufbau von Dienstleistungen für Familien und Gemeinschaften nur schleppend vorankommt; fordert die Regierung auf, die Öffentlichkeit stärker für Gewalt in der Familie und gegen Frauen sowie für das Recht des Kindes auf Schutz vor jeglicher Form der Misshandlung, Vernachlässigung oder Ausbeutung zu sensibilisieren; begrüßt die neuen Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt, zur Stärkung der Rechte der Kinder und zur Verbesserung der Berufsausbildung, fordert jedoch weitere Maßnahmen zur wirksamen Umsetzung des Gesetzes zum Schutz vor Gewalt in der Familie, was den Schutz und die Unterstützung von Opfern sowie ihren Zugang zur Justiz, die Ausarbeitung und Koordinierung von Präventionsprogrammen und eine stärkere Rechenschaftspflicht der Täter betrifft;

Sozioökonomische Probleme

29.  fordert die Regierung auf, sich auf die Förderung des Wirtschaftswachstums zu konzentrieren, um die Armut zu bekämpfen und den Lebensstandard aller Bürger zu verbessern, auch indem geprüft wird, ob und in welchen Bereichen die Sozialfürsorge reformiert werden kann, und um die regionalen Unterschiede zu verringern; fordert, verstärkt gegen den umfangreichen informellen Sektor vorzugehen und den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums und das Rechtssystem generell zu verbessern, damit die Korruption systematisch bekämpft wird und das Umfeld für Unternehmen günstiger wird, und um Strukturreformen durchzuführen, mit denen ausländische Direktinvestitionen, die für die Diversifizierung der Wirtschaft von entscheidender Bedeutung sind, ins Land geholt und unterstützt werden;

30.  betont, dass Verfahren für die Beilegung von Handelsstreitigkeiten transparent und frei von politischer Einflussnahme sein und auf dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit beruhen müssen, damit sich das Geschäftsklima weiter verbessert; fordert eine rasche Beilegung der Auseinandersetzung um das Aluminiumwerk KAP; betont, dass Privatisierungen fair, umsichtig, transparent und geordnet durchgeführt werden sollten; weist auf die Bedenken hin, die wegen staatlicher Beihilfen geäußert wurden, und fordert, dass sie im Einklang mit dem Besitzstand der Union und dem Stabilitäts- und Assoziierungsabkommen gegebenenfalls transparent gezahlt werden und aufrechterhalten werden können; begrüßt die Anstrengungen der Regierung, um der steigenden Staatsverschuldung und den großen strukturellen Haushaltsdefiziten zu begegnen; fordert weitere Maßnahmen, damit das Programm für die Entwicklung des ländlichen Raums im Rahmen des IPA auch künftig umgesetzt wird und um im Einklang mit dem Besitzstand der Union Rechtsvorschriften über die Wasserqualität auszuarbeiten;

31.  stellt fest, dass das neue Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge im Januar 2012 in Kraft getreten ist, bei seiner Umsetzung in der Praxis jedoch insbesondere im Gesundheitswesen fehlende Wirksamkeit zu verzeichnen ist; fordert die Staatsorgane Montenegros auf, bei allen Auftragsvergabeverfahren mehr Transparenz herzustellen und Aktionspläne mit klaren Zielen, Verfahren und Fristen festzulegen, um das neues Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge wirksam durchzusetzen und die Rechtsvorschriften über Konzessionen, Versorgungsdienste und die Beschaffung von Verteidigungsgütern mit dem Besitzstand der EU in Einklang zu bringen;

32.  würdigt die Umsetzung des „Small Business Act“; fordert eine stärkere Unterstützung des öffentlichen Sektors für KMU, da KMU eine der Triebkräfte des Wirtschaftswachstums sind; fordert die Zusammenführung der fragmentierten Strategien, durch Wirksamkeit unternehmens- und industriepolitischer Instrumente beeinträchtigt wird;

33.  erklärt sich besorgt über die unveränderte Lage am Arbeitsmarkt und fordert deshalb entschiedene Maßnahmen gegen die hohe Arbeitslosigkeit, insbesondere bei erstmalig Arbeitsuchenden, und zur Verbesserung des schlecht funktionierenden Arbeitsmarkts; fordert die Regierung auf, für die Umsetzung des Arbeitsrechts im Einklang mit den Normen der IAO zu sorgen, auch durch eine Verbesserung der Inspektionen; betont, dass gegen die Schattenwirtschaft vorgegangen werden muss; fordert die Stärkung des dreiseitigen sozialen Dialogs;

34.  hält Montenegro dazu an, in den Bereichen Umweltschutz und Klimawandel weitere Anstrengungen zu unternehmen, nämlich die Verwaltungskapazität zur Umsetzung der einschlägigen Maßnahmen und Rechtsvorschriften der EU auszubauen, damit die Übereinstimmung mit dem diesbezüglichen Besitzstand der Union sichergestellt wird;

35.  stellt fest, dass illegale errichtete Bauten, insbesondere in Tourismusgebieten, ein beträchtliches Problem in Montenegro sind; fordert die staatlichen Stellen Montenegros auf, sich entschieden für eine nachhaltige Entwicklung des Landes einzusetzen; betont, dass die Ausweitung des Tourismus umweltgerecht vollzogen werden muss;

Regionale Zusammenarbeit

36.  begrüßt, dass Montenegro vorausschauend an Initiativen wie der Initiative für die regionale Aussöhnung oder an dem Vorhaben, eine Gruppe der sechs Westbalkanstaaten zu schaffen, mitwirkt und dass die Regierung bestrebt ist, sich maßgeblich in Initiativen für die regionale Zusammenarbeit einzubringen; fordert Montenegro auf, seine Zusammenarbeit in den Bereichen Kultur und Wirtschaft mit benachbarten Mitgliedstaaten der EU zu verbessern; würdigt, dass die Regierung gute bilaterale Beziehungen mit allen Nachbarstaaten, auch dem Kosovo, unterhält, betont aber, dass die Streitigkeiten mit Kroatien über die Landes- und Seegrenzen rasch beigelegt werden müssen, insbesondere angesichts der vorbereitenden Erkundung von Erdöllagerstätten auf hoher See; legt dem Land nahe, den Grenzverlauf mit Serbien, Bosnien und Herzegowina und Kosovo endgültig festzulegen, damit potenzielle Spannungsquellen beseitigt werden; begrüßt die Fortschritte bei der Umsetzung der Erklärung von Sarajevo, einschließlich der Umsetzung des Programms für die Beschaffung regionalen Wohnraums; hält das Land dazu an, die Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten im Rahmen eines Austauschs von Erfahrungen über die Beitrittsverhandlungen fortzuführen;

37.  begrüßt die Besuche von Ministerpräsident Dačić in Podgorica und von Ministerpräsident Đukanović in Belgrad, die ersten derartigen Besuche seit der Unabhängigkeit Montenegros; würdigt diese Ereignisse als starkes Zeichen der Aussöhnung und eines größeren Maßes an Engagement und Offenheit auf beiden Seiten, das für die weitere regionale und europäische Integration nur Gutes bedeuten kann;

38.  betont, dass die gutnachbarschaftlichen Beziehungen, die Montenegro mit den Staaten dieses Raums unterhält, eine Grundlage für erfolgreiche Verhandlungen mit der EU sind und dass es sich bei diesem Land an sich um ein Beispiel für Zusammenarbeit und Engagement für Frieden und Stabilität im Westbalkanraum handelt;

39.  begrüßt die unlängst begonnenen Bemühungen der Regierung, Binnenvertriebene zu registrieren und ihren Status zu klären, und stellt fest, dass es sich dabei um eine schwierige Aufgabe handelt, auch was den Bürokratieabbau anbelangt; fordert die EU und andere Partner auf der Balkan-Halbinsel auf, die Regierung Montenegros bei der schnellstmöglichen Lösung dieses Problems zu unterstützen und dabei zu helfen, dass ein schmerzhaftes Kapitel in der Geschichte dieses Raums geschlossen wird;

40.  begrüßt das Bekenntnis der Regierung Montenegros zum NATO-Beitritt, wenngleich es die großen Auffassungsunterschiede zwischen den Parlamentariern und in der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit zur Kenntnis nimmt; ist fest davon überzeugt, dass die Bemühungen Montenegros um die Mitgliedschaft in der NATO förderlich sein werden, was die angestrebte Mitgliedschaft in der EU und die Verbesserung der regionalen Zusammenarbeit und Sicherheit betrifft; würdigt insbesondere den Beitrag Montenegros zu Missionen der VN und im Rahmen der GSVP, beispielsweise in Afghanistan, Liberia und Mali, zumal die Verteidigungsressourcen des Landes beschränkt sind; begrüßt dieses klare Signal eines Bekenntnisses Montenegros zur Zusammenarbeit mit internationalen Partnern, um Frieden und Stabilität in der ganzen Welt zu fördern;

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o   o

41.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie der Regierung und dem Parlament von Montenegro zu übermitteln.

(1) ABl. L 108 vom 29.4.2010, S. 3.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2012)0453.
(3) Angenommene Texte, P7_TA(2013)0434.


Abschaffung der Genitalverstümmelungen bei Frauen und Mädchen
PDF 218kWORD 24k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zu der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Abschaffung der weiblichen Genitalverstümmelung (FGM)“ (2014/2511(RSP))
P7_TA(2014)0105B7-0091/2014

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Abschaffung der weiblichen Genitalverstümmelung (FGM)“ (COM(2013)0833),

–  unter Hinweis auf den Bericht des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen mit dem Titel „Female genital mutilation in the European Union and Croatia“ (Verstümmelung weiblicher Genitalien in der Europäischen Union und in Kroatien),

–  unter Hinweis auf die Resolution Nr. 67/146 der Generalversammlung der Vereinten Nationen zur Verstärkung der weltweiten Bemühungen um die Abschaffung der Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Juni 2012 zur Ausmerzung der Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen(1),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 5. April 2011 zu den Prioritäten und Grundzügen einer neuen EU-Politik zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. März 2009 zur Bekämpfung der Genitalverstümmelung bei Frauen in der Europäischen Union(3),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Januar 2008 mit dem Titel „Im Hinblick auf eine EU-Kinderrechtsstrategie“(4),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI(5),

–  unter Hinweis auf die Strategie der Kommission für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2010–2015), die am 21. September 2010 vorgelegt wurde,

–  unter Hinweis auf das „Stockholmer Programm – Ein offenes und sicheres Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger“(6),

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats vom 12. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbuler Übereinkommen),

–  gestützt auf Artikel 6 und 7 des EU-Vertrags zur Achtung der Menschenrechte (allgemeine Grundsätze) und Artikel 12 und 13 des EG-Vertrags (Diskriminierungsverbot),

–  unter Hinweis auf die 1990 angenommene Allgemeine Empfehlung Nr. 14 des Ausschusses der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau zur Beschneidung von Mädchen und Frauen,

–  gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass das Parlament den Begriff „Gewalt gegen Frauen“ in seiner Entschließung vom 5. April 2011 zu den Prioritäten und Grundzügen einer neuen EU-Politik zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen als jeglichen Akt geschlechtsbezogener Gewalt definiert, „der zu Schäden oder Leiden physischer, sexueller oder psychologischer Natur führt oder führen kann, wobei auch Androhung von entsprechenden Akten, Zwang oder willkürliche Freiheitsberaubung unabhängig davon, ob sie in der Öffentlichkeit oder in der Privatsphäre erfolgen, eingeschlossen werden(7)“;

B.  in der Erwägung, dass die Verstümmelung weiblicher Genitalien eine Form der Gewalt gegen Frauen und Mädchen darstellt, die gegen ihre Grundrechte und die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgelegten Grundsätze verstößt, und dass die Bekämpfung der Verstümmelung weiblicher Genitalien unbedingt Teil des allgemeinen und einheitlichen Vorgehens zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen werden muss;

C.  in der Erwägung, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2008 alle Verfahren als Verstümmelung weiblicher Genitalien definiert hat, bei denen die äußeren weiblichen Geschlechtsorgane ohne medizinische Indikation teilweise oder vollständig entfernt werden, darunter die Sunna-Beschneidung oder Klitoridektomie (teilweise oder vollständige Entfernung der Klitoris sowie der Vorhaut), die Exzision (teilweise oder vollständige Entfernung der Klitoris und der äußeren Schamlippen) und die extremste Form der Verstümmelung weiblicher Genitalien, die Infibulation (Verengung der Vaginalöffnung durch die Schaffung einer Abdeckung);

D.  in der Erwägung, dass laut Angaben der WHO schätzungsweise 140 Millionen Kinder, junge Mädchen und Frauen weltweit diese grausame Form der geschlechtsbezogener Gewalt erlitten haben; in der Erwägung, dass laut der WHO die Genitalverstümmelung zumeist an jungen Mädchen vorgenommen wurde, die höchstens 15 Jahre alt waren; in der Erwägung, dass dieser grausame Brauch laut Berichten in 28 afrikanischen Ländern, im Jemen, im Nordirak und in Indonesien üblich ist;

E.  in der Erwägung, dass die Verstümmelung weiblicher Genitalien ein brutaler Brauch ist, der nicht nur in Drittstaaten vorkommt, sondern auch Frauen und Mädchen in der EU betrifft, die entweder im Hoheitsgebiet der EU oder vor ihrer Einreise in die EU bzw. während Aufenthalten außerhalb der EU in ihren Heimatländern der Genitalverstümmelung unterworfen werden(8); in der Erwägung, dass laut dem UNHCR jedes Jahr etwa 20 000 Frauen und Mädchen aus Ländern, in denen die Verstümmelung weiblicher Genitalien üblich ist, in der EU Asyl suchen, wobei 9 000 von ihnen möglicherweise bereits verstümmelt wurden(9), und dass Schätzungen zufolge bis zu 500 000 Frauen innerhalb der EU eine Genitalverstümmelung erlitten haben oder diesbezüglich gefährdet sind(10), während diese Straftat immer noch selten bestraft wird;

F.  in der Erwägung, dass die Verstümmelung weiblicher Genitalien häufig zu Hause unter schlechten, unhygienischen Bedingungen und meist ohne Betäubung und medizinisches Wissen durchgeführt wird und vielfältige sehr schwere und häufig irreparable Folgen für die physische und psychische Gesundheit der Frauen und Mädchen hat und ihrer sexuellen und reproduktiven Gesundheit schadet oder sogar tödlich endet;

G.  in der Erwägung, dass die Verstümmelung weiblicher Genitalien eindeutig gegen den Grundwert der Europäischen Union der Gleichstellung von Frauen und Männern verstößt und traditionellen Werten entspricht, laut denen Frauen als Objekte und als Eigentum der Männer angesehen werden; in der Erwägung, dass kulturelle und traditionelle Werte unter keinen Umständen als Vorwand vorgebracht werden sollten, um die Verstümmelung weiblicher Genitalien bei Kindern, jungen Mädchen oder Frauen zu rechtfertigen;

H.  in der Erwägung, dass der Schutz der Rechte des Kindes in zahlreichen Vereinbarungen und Rechtsvorschriften auf einzelstaatlicher, europäischer und internationaler Ebene verankert ist, und in der Erwägung, dass die Gewalt gegen Frauen in Allgemeinen, darunter auch die Gewalt gegen junge Mädchen, auf keinen Fall mit der Achtung kultureller Traditionen oder verschiedener Arten von Initiationsriten gerechtfertigt werden darf;

I.  in der Erwägung, dass jeder Mitgliedstaat laut der Allgemeinen Empfehlung Nr. 14 des Ausschusses der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau zur Beschneidung von Mädchen und Frauen und der Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten, in der die Verstümmelung weiblicher Genitalien als eine Form der geschlechtsbezogenen Gewalt anerkannt wird und Mindeststandards für den Schutz festgelegt werden, im Rahmen der internationalen Menschenrechte verpflichtet ist, die Verstümmelung weiblicher Genitalien zu verhindern;

1.  begrüßt die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Abschaffung der weiblichen Genitalverstümmelung (FGM)“, in der sie sich verpflichtet, EU-Mittel zu verwenden, um die Verstümmelung weiblicher Genitalien zu verhindern und die Hilfe für die Opfer zu verbessern, etwa indem gefährdete Frauen im Rahmen der Asylvorschriften der EU geschützt werden, und zusammen mit dem Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) den internationalen Dialog zu stärken und die Forschung zu fördern, um gefährdete Frauen und Mädchen eindeutig zu identifizieren;

2.  begrüßt das Engagement der Kommission, den Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren zum Thema Verstümmelung weiblicher Genitalien zwischen Mitgliedstaaten, nichtstaatlichen Organisationen und Sachverständigen zu erleichtern, und betont, dass die Zivilgesellschaft, auch diejenige in Drittstaaten, weiterhin umfassend an Sensibilisierungskampagnen und an der Entwicklung von Informationsmaterial und Schulungen beteiligt werden muss;

3.  weist darauf hin, dass internationale, europäische und einzelstaatliche Einrichtungen eine entscheidende Rolle dabei spielen, die Verstümmelung weiblicher Genitalien zu verhindern, Frauen und Mädchen zu schützen, Opfer zu identifizieren und Maßnahmen zu ergreifen, um geschlechtsbezogene Gewalt, darunter die Verstümmelung weiblicher Genitalien, zu bekämpfen, und begrüßt das Engagement der EU, weiterhin Maßnahmen zu ergreifen, um die Abschaffung der Verstümmelung weiblicher Genitalien in Ländern, die diese ausüben, zu fördern;

4.  fordert die Kommission erneut auf, unverzüglich einen Vorschlag für einen EU‑Rechtsakt vorzulegen, in dem vorbeugende Maßnahmen gegen alle Arten der Gewalt gegen Frauen (darunter die Verstümmelung weiblicher Genitalien) festgelegt werden, und, wie im Stockholmer Programm erwähnt, eine umfassende EU-Strategie zu dem Thema zu unterbreiten, die weitere strukturierte gemeinsame Aktionspläne zur Beseitigung der Verstümmelung weiblicher Genitalien in der EU enthält;

5.  betont, dass sich die Kommission und der EAD gegenüber Drittstaaten, die die Verstümmelung weiblicher Genitalien nicht verurteilen, unnachgiebig zeigen müssen;

6.  fordert die Kommission auf, Daten über die Verstümmelung weiblicher Genitalien in einem vereinheitlichten Verfahren zu erfassen, und ersucht das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen, Demographen und Statistiker in die Entwicklung einer gemeinsamen Methode einzubeziehen und in Übereinstimmung mit der Mitteilung Richtdaten auszuarbeiten, um sicherzustellen, dass die Lage in den einzelnen Mitgliedstaaten miteinander verglichen werden kann;

7.  fordert die Mitgliedstaaten erneut auf, existierende Verfahren, insbesondere die Richtlinie 2012/29/EU und Schulungsmaßnahmen für Sachkundige zum Schutz von Frauen und Mädchen, anzuwenden und Einwohner, die die Straftat der Verstümmelung weiblicher Genitalien begangen haben, zu verfolgen, rechtlich zu belangen und zu bestrafen, auch wenn die Straftat außerhalb der Grenzen des betroffenen Mitgliedstaats begangen wurde, und fordert daher, den Grundsatz der Extraterritorialität in die strafrechtlichen Bestimmungen aller Mitgliedstaaten aufzunehmen, damit die Straftat in allen 28 Mitgliedstaaten in demselben Umfang bestraft werden kann;

8.  fordert die EU und diejenigen Mitgliedstaaten, die das Istanbuler Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen noch nicht ratifiziert haben, auf, das Übereinkommen unverzüglich zu ratifizieren, damit das Engagement der EU den internationalen Standards entspricht, die ein umfassendes und integriertes Vorgehen gegen Gewalt gegen Frauen und die Verstümmelung weiblicher Genitalien fördern;

9.  fordert die Kommission auf, 2016 zum Europäischen Jahr zur Beendigung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen auszurufen;

10.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Europarat, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. C 332 E vom 15.11.2013, S. 87.
(2) ABl. C 296 E vom 2.10.2012, S. 26.
(3) ABl. C 117 E vom 6.5.2010, S. 52.
(4) ABl. C 41 E vom 19.2.2009, S. 24.
(5) ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 57.
(6) ABl. C 115 vom 4.5.2010, S. 1.
(7) Artikel 1 der Erklärung der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1993 über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (A/RES/48/104); Ziffer 113 der Aktionsplattform von Peking der Vereinten Nationen von 1995.
(8) EIGE, „Female genital mutilation in the European Union and Croatia“ (Verstümmelung weiblicher Genitalien in der Europäischen Union und in Kroatien), 2013.
(9) Beitrag des UNHCR zur Konsultation der Kommission zur Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen in der EU, 2013.
(10) Waris Dirie und Corinna Milborn, Schmerzenskinder, Marion von Schröder, Berlin, 2005.


NAIADES II – Aktionsprogramm zur Förderung der Binnenschifffahrt
PDF 211kWORD 23k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zu Naiades II – ein Aktionsprogramm zur Unterstützung der Binnenschifffahrt (2013/3002(RSP))
P7_TA(2014)0106B7-0094/2014

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis der Anfrage zur mündlichen Beantwortung an die Kommission zu Naiades II – ein Aktionsprogramm zur Unterstützung der Binnenschifffahrt (O‑000016/2014 – B7-0104/2014),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. Oktober 2006 zu dem Thema „Förderung der Binnenschifffahrt: „Naiades“ – Integriertes Europäisches Aktionsprogramm für die Binnenschifffahrt“(1),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 10. September 2013 mit dem Titel „Mehr Qualität in der Binnenschifffahrt – Naiades II“ (COM(2013)0623),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Dezember 2011 zu dem Thema „Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum – Wege zu einem wettbewerbsbestimmten und ressourcenschonenden Verkehrssystem“(2),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 17. Januar 2006 über die Förderung der Binnenschifffahrt mit dem Titel „Naiades“ – Integriertes Europäisches Aktionsprogramm für die Binnenschifffahrt“ (COM(2006)0006),

–  unter Hinweis auf das Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen vom 10. September 2013 mit dem Titel: „Greening the fleet: reducing pollutant emissions in inland waterway transport“ (Ökologisierung der Flotte: Verringerung der Schadstoffemissionen in der Binnenschifffahrt) (SWD(2013)0324),

–  gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Binnenschifffahrt einen erheblichen Beitrag zum Verkehrssystem der EU leistet, da mit ihrer Hilfe Güter zwischen den Häfen der EU und dem Hinterland transportiert werden;

B.  in der Erwägung, dass die Binnenschifffahrt energieeffizient ist und einen Beitrag zur Erreichung der im Weißbuch der EU über die Verkehrspolitik genannten Ziele im Hinblick auf eine CO2-emissionsarme Wirtschaft leistet;

C.  in der Erwägung, dass die Binnenschifffahrt bei Ausschöpfung ihres vollen Potenzials in der EU ein wesentliches Element zur Lösung der mit der Überlastung und der Umweltbelastung zusammenhängenden Probleme sein könnte, die auf die Einfuhr von Gütern über Seehäfen zurückgehen;

D.  in der Erwägung, dass die Binnenschiffsflotte modernisiert und an den technischen Fortschritt angepasst werden müsste, um unter anderem durch die Entwicklung von flussangepassten Schiffen in einer nachhaltigen Binnenschifffahrt (Rassin – River Adapted Ships for Sustainable Inland Navigation) die Umweltfreundlichkeit der Schiffe weiter zu verbessern und auf diese Weise den Wettbewerbsvorteil der Binnenschifffahrt zu sichern;

E.  in der Erwägung, dass sich die ungünstige Wirtschaftslage in der EU auch auf die Binnenschifffahrt ausgewirkt hat und dass sich die Branche in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befindet;

F.  in der Erwägung, dass sich die gegenwärtige Überkapazität verheerend auf die Binnenschifffahrt auswirkt;

G.  in der Erwägung, dass die Struktur der Binnenschifffahrt zum Großteil auf KMU beruht, d. h. auf Eigentümern/Betreibern, die mit ihrer Familie auf dem Schiff arbeiten und leben, und dass diese KMU besonders anfällig für die Krise sind;

H.  in der Erwägung, dass Sozialnormen, wie die auf Arbeitszeiten bezogenen Normen, und die Bildung in dieser Branche von entscheidender Bedeutung sind;

I.  in der Erwägung, dass lediglich begrenzte finanzielle Mittel für die Binnenschifffahrt bestimmt sind und dass der Zugang zu Finanzmitteln zunehmend schwierig ist;

1.  begrüßt die Initiative der Kommission, das Programm Naiades bis 2020 zu aktualisieren und neu aufzulegen;

2.  unterstützt die im Aktionsprogramm Naiades II für den Zeitraum 2014–2020 festgelegten spezifischen Maßnahmen;

3.  bedauert, dass die Kommission den Vorschlag zu Naiades II nicht durch eine geeignete und speziell hierfür ausgewiesene Finanzierung ergänzt hat, damit die Ziele des Aktionsprogramms erreicht werden können, und fordert daher eine gut strukturierte Strategie mit kurz- und mittelfristig erreichbaren Zielen und einen konkreten Fahrplan, in dem unter anderem die Ressourcen für die Umsetzung festgehalten sind;

4.  fordert die Kommission auf, schnellstmöglich konkrete Maßnahmen zu ergreifen, die den Besonderheiten einer Branche Rechnung tragen, die im Wesentlichen auf KMU beruht;

5.  betont, dass eine hochwertige Infrastruktur eine wichtige Voraussetzung für den Ausbau der Binnenschifffahrt und der Binnenhäfen und deren Integration in das transeuropäische Verkehrsnetz ist, fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, alle wichtigen Verkehrsengpässe in den anzunehmenden Umsetzungsplänen für die Korridore zu berücksichtigen, und betont, dass die Fazilität „Connecting Europe“ vorrangig auf die Finanzierung der Schaffung der Infrastruktur für die umweltfreundlicheren Verkehrsträger wie die Binnenschifffahrt ausgerichtet ist;

6.  begrüßt es, dass Binnenwasserstraßen in sechs der neun Kernnetzkorridore des TEN-V integriert wurden, und hofft, dass angesichts der Tatsache, dass im Rahmen der Fazilität „Connecting Europe“ vorrangig Ausgaben zur Beseitigung von Verkehrsengpässen, zur Schließung von vorhandenen Lücken und insbesondere zur Verstärkung von grenzüberschreitenden Abschnitten des Kernnetzes gefördert werden, geeignete Schritte gegen Verkehrsengpässe und vorhandene Lücken unternommen werden; weist darauf hin, dass im Rahmen der Fazilität „Connecting Europe“ auch vorrangig Systeme für Telematikanwendungen, die als Binnenschifffahrtsinformationsdienste (RIS) dienen, gefördert werden;

7.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, naturbelassene, frei fließende Flüsse, die folglich Gegenstand spezifischer Maßnahmen sein können, besonders zu berücksichtigen; betont, dass das EU-Umweltrecht eingehalten werden muss, wie es in den Artikeln 16 und 36 der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 über Leitlinien der Union für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) festgehalten ist;

8.  hebt neben der Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das Kernnetz fertigzustellen, ihre Aufgabe hervor, durch eine regelmäßige Instandhaltung für eine angemessene und zuverlässige Infrastruktur zu sorgen, damit weiterhin gute Navigationsbedingungen herrschen und die Binnenschifffahrt somit ihrer Rolle als verlässlicher und wirtschaftlicher Verkehrsträger gerecht wird;

9.  fordert die Kommission auf, die Integration der RIS, der Daten aus der Beobachtung des Binnenschifffahrtsmarktes und der Instrumente im Bereich der TEN-V-Korridore zu beschleunigen, um eine integrierte multimodale Lenkung des Verkehrs zu fördern; befürwortet, dass der Datenaustausch der RIS erweitert und in Informationsströme anderer Verkehrsträger integriert wird, um die Integration der Binnenschifffahrt und anderer Verkehrsträger zu begünstigen, und fordert die Kommission auf, rasch Leitlinien zu formulieren, damit diese Integration stattfinden kann;

10.  fordert die Kommission auf, die Übernahme bewährter Verfahren zur Integration von Dienstleistungen der Binnenschifffahrt in multimodale Logistikketten zu unterstützen;

11.  betont, dass im Rahmen der bestehenden EU-Programme wie der Fazilität „Connecting Europe“, des Programms Horizont 2020 und des Kohäsionsfonds eine angemessene Finanzierung von neuen Technologien, Innovationen und nachhaltigen Güterbeförderungsdiensten bereitzustellen ist, um die Übernahme von Innovationen anzukurbeln und die Binnenschifffahrt umweltfreundlicher zu machen, und fordert die Kommission auf, zur Verwirklichung dieses Ziels konkrete Finanzierungsprogramme auszuarbeiten;

12.  fordert die Kommission auf, Optionen für die Ausschöpfung der Reservemittel vorzulegen, bei denen diese mit Finanzinstrumenten aus bestehenden Fonds der Union wie etwa der Fazilität „Connecting Europe“ sowie mit Finanzinstrumenten der Europäischen Investitionsbank gekoppelt werden;

13.  ersucht die Mitgliedstaaten, unter Berücksichtigung des Europäischen Aktionsprogramms nationale Strategien zur Förderung der Binnenschifffahrt weiterzuentwickeln und regionalen und örtlichen Behörden sowie Hafenbehörden nahezulegen, dies ebenfalls zu tun;

14.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. C 313 E vom 20.12.2006, S. 443.
(2) ABl. C 168 E vom 14.6.2013, S. 72.


Lage in Thailand
PDF 128kWORD 24k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zur Lage in Thailand (2014/2551(RSP))
P7_TA(2014)0107RC-B7-0122/2014

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine vorausgegangenen Entschließungen zu Thailand vom 5. Februar 2009(1), vom 20. Mai 2010(2) und vom 17. Februar 2011(3),

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

–  unter Hinweis auf die allgemeine regelmäßige Überprüfung Thailands vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen vom 5. Oktober 2011 und die daraus hervorgegangenen Empfehlungen,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen der Sprecherin der Hohen Vertreterin der EU Catherine Ashton vom 26. November 2013 zur politischen Lage in Thailand, vom 13. Dezember 2013 und vom 23. Januar 2014 zu den neuesten Entwicklungen in Thailand und vom 30. Januar 2014 zu den bevorstehenden Wahlen,

–  unter Hinweis auf die am 2. Dezember 2013 von der Delegation der Europäischen Union in Abstimmung mit den Missionschefs der EU in Thailand veröffentlichte Erklärung,

–  unter Hinweis auf die Pressemitteilungen des Sprechers des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 26. Dezember 2013 und vom 14. Januar 2014,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) aus dem Jahre 1966,

–  unter Hinweis auf die Grundprinzipien der Vereinten Nationen für die Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schusswaffen durch Beamte mit Polizeibefugnissen von 1990,

–  gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Demonstrationen im November 2013 begannen, nachdem das thailändische Repräsentantenhaus ein von der regierenden Pheu-Thai-Partei (PTP) eingebrachtes Amnestiegesetz verabschiedet hatte, das sich auf mehrere Straftaten erstreckte, die von politischen Führungskräften und Amtsträgern der Regierung – darunter der ehemalige Ministerpräsident Thaksin Shinawatra, Bruder der amtierenden Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra – seit 2004 begangen wurden; in der Erwägung, dass sich der vormalige Ministerpräsident seit 2008 im selbst gewählten Exil befindet, um eine zweijährige Gefängnisstrafe zu umgehen, die in einem Korruptionsfall gegen ihn verhängt wurde;

B.  in der Erwägung, dass am 11. November 2013 in Bangkok friedliche Demonstrationen gegen das vorgeschlagene Amnestiegesetz ihren Anfang nahmen, an deren Spitze der ehemalige stellvertretende Ministerpräsident und heutige Anführer der Oppositionspartei „Demokratisches Reformkomitee des Volkes“ (PDRC), Suthep Thaugsuban, stand; in der Erwägung, dass die Straßenproteste trotz der Ablehnung des Amnestiegesetzes durch den thailändischen Senat weitergingen;

C.  in der Erwägung, dass das Verfassungsgericht am 20. November 2013 eine vorgeschlagene Verfassungsänderung, der zufolge zukünftig alle Mitglieder des Senats gewählt werden sollten, sowie eine Petition der Opposition, die Pheu-Thai-Partei aufzulösen, zurückwies, wonach die regierungsfeindlichen Proteste zunahmen;

D.  in der Erwägung, dass der stellvertretende Ministerpräsident Suthep Thaugsuban der Regierung vorwarf, keine Legitimität zu besitzen, und vorschlug, das Parlament durch einen nicht gewählten „Volksrat“ zu ersetzen, der politische und institutionelle Reformen umsetzen solle;

E.  in der Erwägung, dass während der monatelangen Unruhen mehrere Menschen getötet und hunderte verletzt wurden, darunter auch Kwanchai Praipana, ein Anführer der der Regierung nahestehenden Seite, der am 22. Januar 2014 angeschossen und verwundet wurde, und Suthin Tharatin, ein Anführer der thailändischen Oppositionsbewegung, der am 26. Januar 2014 erschossen wurde;

F.  in der Erwägung, dass die Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra am 21. Januar 2014 einen auf 60 Tage angesetzten Ausnahmezustand über die Hauptstadt Bangkok und die benachbarten Provinzen verhängte und damit öffentliche Versammlungen von mehr als fünf Personen verbot, das Festhalten von der Ausübung von Gewalt verdächtigter Personen in Untersuchungshaft bis zu 30 Tagen ermöglichte, die Zensur von zu Gewalt aufrufenden Meldungen erlaubte und allen an der Durchsetzung des Dekrets beteiligten Regierungsstellen und Amtsträgern zusagte, dass sie nicht strafrechtlich verfolgt würden;

G.  in der Erwägung, dass das Verfassungsgericht am 24. Januar 2014 entschied, dass die Wahlen aufgrund der Unruhen verschoben werden könnten, die Regierung jedoch beschloss, die vorgezogene Stimmabgabe ab dem 26. Januar 2014 durchzuführen;

H.  in der Erwägung, dass am 2. Februar 2014 in Thailand eine Parlamentswahl stattfand und die Stimmabgabe am 26. Januar 2014 begann, obwohl die Wahlkommission aufgrund der anhaltenden Unruhen eine Verschiebung der Wahl gefordert hatte;

I.  in der Erwägung, dass die größte Oppositionspartei – die Demokratische Partei – bekanntgab, nicht an der für den 2. Februar 2014 anberaumten Wahl teilzunehmen;

J.  in der Erwägung, dass am 26. Januar 2014 die Stimmabgabe in 83 von insgesamt 375 Stimmbezirken im Land abgebrochen wurde, da protestierende Regierungsgegner den Zugang zu den Wahllokalen blockierten, Wahlhelfer behinderten und die Wähler von der Ausübung ihres Wahlrechts abhielten;

K.  in der Erwägung, dass die Ministerpräsidentin trotz der geringen Wahlbeteiligung im Anschluss an ein Treffen mit der Wahlkommission am 28. Januar 2014 bekanntgab, dass der Wahltermin am 2. Februar 2014 aufrechterhalten würde;

L.  in der Erwägung, dass in neun Provinzen keine Stimmabgabe stattfand und Demonstranten in Teilen von Bangkok und im Süden des Landes nachweislich die Eintragung in das Wählerverzeichnis störten und die Stimmabgabe behinderten, wovon Schätzungen zufolge 69 der 375 Stimmbezirke und 8,75 Mio. Wähler betroffen waren;

M.  in der Erwägung, dass die Legislaturperiode dem thailändischen Recht zufolge erst dann eröffnet werden kann, wenn mindestens 95 % (oder 475 Sitze) der 500 Sitze vergeben sind; in der Erwägung, dass aus diesem Grund in den betroffenen Gebieten eine Nachwahl stattfinden muss;

N.  in der Erwägung, dass das Parlament nicht zusammenkommen und keine neue Regierung gebildet werden kann, womit die Gefahr eines Machtvakuums droht, das die Krise möglicherweise verlängern wird;

1.  erklärt sich äußerst besorgt darüber, dass sich die politischen und sozioökonomischen Spannungen in Thailand inzwischen in gewaltsamen Zusammenstößen zwischen der Regierung und der Opposition sowie zwischen Demonstranten und den Sicherheitskräften entladen, und bringt seine Solidarität mit dem thailändischen Volk, das unter den Folgen der Unruhen leidet, und mit allen Familien zum Ausdruck, deren Angehörige in den letzten Monaten getötet oder verletzt wurden;

2.  fordert die thailändischen Staatsorgane auf, den jüngsten Fällen von Gewaltanwendung, bei denen es mehrmals zu Toten und Verletzten kam, umfassend nachzugehen und die Verantwortlichen strafrechtlich zu verfolgen;

3.  fordert alle Parteien auf, die Rechtsstaatlichkeit zu achten und demokratische Grundsätze einzuhalten; betont, dass Wahlen frei und fair ablaufen müssen, und verurteilt die destruktiven Aktionen der regierungskritischen Demonstranten, die die Wähler am 26. Januar 2014 und am 2. Februar 2014 an der Abgabe ihrer Stimmzettel hinderten;

4.  fordert die thailändischen Staatsorgane auf, das Recht auf Meinungsfreiheit, auf friedliche Versammlungen und auf Vereinigungsfreiheit zu schützen; fordert die Regierung auf, umgehend den Ausnahmezustand aufzuheben, da die bestehenden Gesetze für die Bewältigung der derzeitigen Lage ausreichen;

5.  fordert die Demonstranten sowohl der Regierungs- als auch der Oppositionsseite auf, von jeglicher politisch motivierter Gewalt Abstand zu nehmen und ihre Anliegen innerhalb des in Thailand geltenden demokratischen und verfassungsmäßigen Rahmens zu vertreten;

6.  fordert die Anführer der Demokratischen Partei auf, dem vom thailändischen Volk gewählten Parlament die Ausübung seines Mandats zu ermöglichen;

7.  betont, dass der Vorschlag des Demokratischen Reformkomitees des Volkes, anstelle der Regierung einen nicht gewählten „Volksrat“ einzusetzen, der das Land bis zu zwei Jahre lang regieren soll, undemokratisch ist;

8.  fordert die Regierung, die Wahlkommission und die Opposition auf, umgehend einen konstruktiven Dialog aufzunehmen und einen integrativen und befristeten Prozess institutioneller und politischer Reformen einzuleiten, die in einem nationalen Referendum angenommen werden könnten, an das sich integrative, sichere, freie und faire Wahlen anschließen;

9.  begrüßt die von der nationalen Menschenrechtskommission ergriffene Initiative eines Konsultativtreffens von Intellektuellen, Vertretern der gesellschaftlichen Bewegungen, religiösen Würdenträgern sowie den vier ehemaligen Ministerpräsidenten Anand Panyarachun, Banharn Silapa-acha, Chavalit Yongchaiyudh und Chuan Leekpai, mit dem ein Ausweg aus der Krise gesucht und vorangebracht werden soll;

10.  fordert das Militär auf, neutral zu bleiben und eine konstruktive Rolle einzunehmen, damit die andauernde Krise friedlich bewältigt wird;

11.  erklärt sich besorgt über die Besetzung öffentlicher Bürogebäude und Fernsehsender, die Einschüchterung der Medien und die gegen zwei in Phuket tätige Journalisten vorgebrachten Verleumdungsklagen;

12.  weist darauf hin, dass nach den Grundprinzipien der Vereinten Nationen für die Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schusswaffen durch Beamte mit Polizeibefugnissen „Beamte mit Polizeibefugnissen [...] bei der Wahrnehmung ihrer Pflichten soweit als möglich nichtgewaltsame Mittel einzusetzen [haben], bevor sie Gewalt anwenden oder von Schusswaffen Gebrauch machen“ und „wenn der rechtmäßige Einsatz von Gewalt oder Schusswaffen unabwendbar ist, [...] Zurückhaltung bei dem Einsatz zu üben und die Verhältnismäßigkeit gegenüber der Schwere der Straftat und dem legitimen Handlungsziel zu wahren [haben]“;

13.  bekräftigt seine Unterstützung für die Demokratie in Thailand und nimmt die ausgezeichneten Beziehungen der EU zu dem Land und seine Rolle als Quelle von Wohlstand und Stabilität in der Region zur Kenntnis; betont, dass die Verhandlungen über ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) zwischen der EU und Thailand abgeschlossen wurden und beide Parteien ihre dauerhafte Verbundenheit mit den demokratischen Grundsätzen und den Menschenrechten bekräftigen;

14.  fordert die internationale Gemeinschaft auf, größtmögliche Bemühungen zur Beendigung der Gewalt zu unternehmen; fordert die Vizepräsidentin der Kommission / Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, die politische Lage sehr genau zu beobachten und mit dem ASEAN und den Vereinten Nationen Maßnahmen abzustimmen, um den Dialog zu fördern und die Demokratie in dem Land zu stärken;

15.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Vize-Präsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Regierung und dem Parlament Thailands, dem Generalsekretär des ASEAN sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zu übermitteln.

(1) ABl. C 67 E vom 18.3.2010, S. 144.
(2) ABl. C 161 E vom 31.5.2011, S. 152.
(3) ABl. C 188 E vom 28.6.2012, S. 57.


Das Recht auf Bildung in der transnistrischen Region
PDF 131kWORD 28k
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zu Transnistrien (2014/2552(RSP))
P7_TA(2014)0108RC-B7-0128/2014

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Republik Moldau und der Europäischen Union, das am 1. Juli 1998 in Kraft getreten ist,

–  unter Hinweis auf den Aktionsplan für die Republik Moldau, der auf der siebten Tagung des Kooperationsrates EU-Moldau vom 22. Februar 2005 angenommen wurde,

–  unter Hinweis auf das von der EU und der Republik Moldau am 29. November 2013 anlässlich des Gipfeltreffens zur Östlichen Partnerschaft in Vilnius paraphierte Assoziierungsabkommen,

–  unter Hinweis auf das Urteil der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 19. Oktober 2012 in der Sache Catan und 27 andere gegen die Republik Moldau und Russland (Nr. 43370/04),

–  unter Hinweis auf die Erklärungen des Gipfeltreffens der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Istanbul von 1999 und der Sitzung des OSZE-Ministerrats in Porto von 2002,

–  unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zur Lage in der Republik Moldau, insbesondere die Entschließung vom 15. September 2011 zum Assoziierungsabkommen(1) und seine Entschließungen zur Lage in der Region Transnistrien,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. September 2013 zum Druck Russlands auf Staaten der Östlichen Partnerschaft im Zusammenhang mit dem anstehenden Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft in Vilnius(2) und seine Entschließung vom 12. Dezember 2013 zu den Ergebnissen des Gipfeltreffens von Vilnius und zur Zukunft der Östlichen Partnerschaft, vor allem in Bezug auf die Ukraine(3),

–  unter Hinweis auf das Urteil des Verfassungsgerichts der Republik Moldau vom 5. Dezember 2013, in dem Rumänisch als Amtssprache des Landes festgelegt wird, und unter Hinweis darauf, dass die selbsternannte Regierung Transnistriens die Bildung in rumänischer Sprache nach wie vor einschränkt,

–  unter Hinweis auf die Empfehlungen der Sitzungen des Ausschusses für parlamentarische Kooperation EU-Moldau, insbesondere in Bezug auf das Recht auf Bildung in der Region Transnistrien,

–  gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass der Krieg in der Region Transnistrien der Republik Moldau im Jahr 1992 ein separatistisches, unrechtmäßiges und autoritäres Regime in dieser Region an die Macht gebracht hat; in der Erwägung, dass seither ein ruhender Konflikt schwelt und dass es kontinuierlich und breitflächig zu schweren Menschenrechtsverletzungen kommt, auch in den Bereichen Bildung und Schulbetrieb;

B.  in der Erwägung, dass jedwede politische Einflussnahme auf das Bildungswesen inakzeptabel ist; in der Erwägung, dass die an der Beilegung des Transnistrien-Konflikts beteiligten Parteien den freien und nichtdiskriminierenden Zugang zu Bildung in der Region und den ordnungsgemäßen Betrieb der Bildungseinrichtungen sicherstellen und der Sicherheit der Kinder und des Personals höchste Priorität einräumen sollten;

C.  in der Erwägung, dass die Gebietskörperschaften in Gagausien am 2. Februar 2014 ein regionales Referendum über die Ausrichtung der Außenpolitik des Landes organisiert haben; in der Erwägung, dass die Zentralregierung und die zuständigen Justizbehörden das Referendum für rechtswidrig erklärt haben;

D.  in der Erwägung, dass seit 1992 im sogenannten 5+2-Format über Transnistrien verhandelt wird, dass bisher jedoch trotz der genannten wiederholten internationalen Beschlüsse keine tragbare Lösung gefunden wurde, die auf der uneingeschränkten Achtung der territorialen Integrität und Souveränität der Republik Moldau beruht; in der Erwägung, dass dort nach wie vor russische Truppen stationiert sind;

E.  in der Erwägung, dass die 5+2-Verhandlungen 2011 wiederaufgenommen wurden und sich seitdem die Arbeitsgruppe zu Bildung getroffen hat;

F.  in der Erwägung, dass die Spannungen zugenommen haben, da die Verhandlungen ständig von der selbsternannten Regierung Transnistriens untergraben werden; in der Erwägung, dass vorläufig vereinbart wurde, eine neue Runde der 5+2-Verhandlungen am 27. und 28. Februar 2014 zu organisieren, und dass diese neue Verhandlungsrunde eine erneute Chance bietet, den Stillstand zu überwinden und erhebliche Fortschritte zu erzielen;

G.  in der Erwägung, dass es dort laut einem OSZE-Bericht vom November 2012 acht Schulen gibt, in denen das lateinische Alphabet verwendet wird und die mit Unterstützung des Bildungsministeriums weiter betrieben werden können, von denen sich sechs in dem Gebiet unter transnistrischer Kontrolle befinden und zwei in das benachbarte, von der Republik Moldau kontrollierte Gebiet am linken Ufer verlegt wurden, was täglich zu großen Transportproblemen für die Schüler führt; in der Erwägung, dass in dem Bericht hervorgehoben wird, dass die Lage dieser Schulen unverändert ernst ist und dass zu den Problemen die Mietverträge, der Zustand der Räumlichkeiten, die Bewegungsfreiheit, der Gütertransport, die Gesundheits-, Sicherheits- und Hygieneinspektionen, die sinkende Schülerzahl, der Druck auf die Eltern und Lehrer oder ihre Einschüchterung, die Rechtsstellung und die spezifischen Situationen der Immobilien in Rîbniţa und der zuvor in Grigoriopol und Dubăsari gelegenen Schulen gehören;

H.  in der Erwägung, dass die selbsternannte Regierung Transnistriens seit Dezember 2013 erneut aggressiv gegen die acht rumänischsprachigen Schulen vorgeht und dabei mehrere Maßnahmen ergriffen hat, von administrativem Druck bis hin zu Erklärungen der selbsternannten Regierung, sie würde Schulen, die sich weigern, die Autorität des separatistischen Regimes anzuerkennen, schließen lassen;

I.  in der Erwägung, dass zahlreiche Lehrer der Oberschule Lucian Blaga in Tiraspol rechtswidrig von der separatistischen Miliz vernommen und unter Druck gesetzt wurden, ihre Steuern an die selbsternannte Regierung Transnistriens und nicht an die Republik Moldau abzuführen; in der Erwägung, dass die Bankkonten der Schule im Januar 2014 mehrere Wochen lang von der selbsternannten Regierung gesperrt wurden; in der Erwägung, dass am 5. Februar 2014 der Schulleiter, der Buchhalter und der Fahrer der Oberschule Lucian Blaga festgenommen wurden, als sie die Gehälter des Personals der Oberschule beförderten;

J.  in der Erwägung, dass die noch offenen Probleme in Verbindung mit den rumänischsprachigen Schulen in der Sitzung der Arbeitsgruppe zu Bildung in Chişinău vom 27. Januar 2014 nicht erfolgreich angegangen werden konnten; in der Erwägung, dass eine vorläufige Einigung erzielt wurde, gemeinsame Kontrollbesuche in diesen Schulen durchzuführen;

K.  in der Erwägung, dass die OSZE-Mission in der Republik Moldau den Betrieb der rumänischsprachigen Schulen seit der Krise im Jahr 2004 überwacht, als die selbsternannte Regierung Transnistriens gegen acht Schulen in der Region vorgegangen ist, die von der moldauischen Zentralregierung betrieben werden und einen moldauischen Lehrplan haben; in der Erwägung, dass die OSZE zwischen den zentralen und den transnistrischen Bildungsbehörden vermittelt, damit Lösungen für die noch offenen Probleme gefunden und neuen Krisen vorgebeugt wird; in der Erwägung, dass die selbsternannte Regierung Transnistriens den Zugang der OSZE-Mission zu der Region eingeschränkt hat und dem Leiter der Mission seit dem 1. Februar 2014 sogar den Zugang verweigert;

L.  in der Erwägung, dass in dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 19. Oktober 2012 in der Sache Catan und andere gegen die Republik Moldau und Russland auf einen Verstoß der Russischen Föderation gegen Artikel 2 des Zusatzprotokolls Nr. 1 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verwiesen wurde;

M.  in der Erwägung, dass die Republik Moldau große Fortschritte bei der Vertiefung ihrer Beziehungen mit der EU gemacht hat und dass das Assoziierungsabkommen eine Gelegenheit für das gesamte Land und auch Regionen wie Transnistrien oder Gagausien darstellt, die Beziehungen mit der EU noch weiter zu vertiefen, die Werte und Normen der EU zu übernehmen und gleichzeitig seine wirtschaftlichen Aussichten zu verbessern;

N.  in der Erwägung, dass der Bereich Bildung zwar sehr heikel ist, in diesem Bereich aber dennoch ein großes Potenzial für eine künftige Zusammenarbeit herrscht;

1.  bedauert zutiefst die mangelnde Achtung der Menschenrechte in der Region Transnistrien, insbesondere im Bereich Bildung;

2.  verurteilt die Politisierung des Bereichs Bildung, ist der Ansicht, dass die Bildungsfreiheit ein Grundrecht ist, und fordert die uneingeschränkte Achtung dieses Rechts und die Einstellung jeglichen Drucks auf die rumänischsprachigen Bildungseinrichtungen in der Region Transnistrien;

3.  bedauert, dass das Fortbestehen der genannten Probleme erheblich zu der sinkenden Schülerzahl in den rumänischsprachigen Schulen beigetragen hat; übt scharfe Kritik daran, dass die öffentlichen Versorgungsunternehmen in Transnistrien diesen Schulen höhere Preise in Rechnung stellen als anderen Bildungseinrichtungen und dass die Schulen und ihre Schüler aufgrund der Ungewissheit in Bezug auf die Räumlichkeiten und Mietverträge verunsichert sind;

4.  verurteilt den stärkeren administrativen Druck durch die selbsternannte Regierung Transnistriens, insbesondere die höheren Mieten, die Abschaffung kostenloser Mietverträge (wovon die Gymnasien in Corjova und Roghi betroffen sind), die Einschränkungen bei der Nutzung von Bankkonten und die Schikanierung von Lehrern (Oberschule Lucian Blaga, Januar 2014), die mit der Festnahme des Schulleiters, des Buchhalters und des Fahrers der Oberschule am 5. Februar 2014 ihren Höhepunkt erreichte;

5.  fordert die selbsternannte Regierung Transnistriens auf, das Grundrecht auf Bildung in der Muttersprache uneingeschränkt zu achten und der Sicherheit der Kinder und des Personals höchste Priorität einzuräumen;

6.  fordert die Regierung auf, sicherzustellen, dass Kinder und Eltern vor den nachteiligen Folgen der aktuellen politischen Lage geschützt sind, und nach Lösungen zu suchen, die im besten Interesse der direkt betroffenen Kinder und Eltern sind;

7.  nimmt die Vereinbarung zur Kenntnis, vom 10. bis 20. März 2013 gemeinsame Kontrollbesuche in den rumänischsprachigen Schulen durchzuführen;

8.  verurteilt die mangelnde konstruktive Beteiligung der selbsternannten Regierung Transnistriens an den 5+2-Verhandlungen, weshalb seit der Wiederaufnahme der Gespräche nur geringe Fortschritte erzielt wurden;

9.  betont das eindeutige Bekenntnis der EU zur territorialen Integrität der Republik Moldau und fordert eine stärkere Einbeziehung der EU bei der Beilegung dieses Konflikts in ihrer direkten Nachbarschaft, darunter auch die Aufwertung der Rolle der EU zu einem Verhandlungspartner; unterstützt den Dialog als das einzige Instrument, mit dem sich solch heikle und wichtige Probleme lösen lassen und für dauerhafte Lösungen gesorgt werden kann;

10.  ist der Überzeugung, dass der Wohlstand und die Stabilität der Republik Moldau innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen und der gesamten Region nur durch die friedliche Beilegung des Transnistrien-Konflikts vollständig erreicht werden können;

11.  fordert die OSZE auf, ihre Maßnahmen zur Überwachung und zur Erleichterung der Verhandlungen fortzuführen und das Recht auf Bildung der Schüler an den rumänischsprachigen Schulen in Transnistrien zu verteidigen; fordert die selbsternannte Regierung Transnistriens ferner auf, mit der OSZE-Mission in der Republik Moldau zusammenzuarbeiten und ihr Zugang zu dem von der selbsternannten Regierung Transnistriens kontrollierten Gebiet zu gewähren;

12.  fordert die Hohe Vertreterin auf, in der für Februar 2014 geplanten nächsten Runde der 5+2-Verhandlungen das Recht auf Bildung anzusprechen, den 5+2-Verhandlungen größere Aufmerksamkeit zu schenken und alle beteiligten Parteien auf allen Ebenen, auch bei den bilateralen Gipfeltreffen, einzubeziehen, um schneller zu einer umfassenden und friedlichen Beilegung des Transnistrien-Konflikts zu gelangen;

13.  fordert die Russische Föderation auf, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vollumfänglich umzusetzen, laut dem Russland in den Fällen moldauischer Schulen, die in der Region Transnistrien die rumänische Sprache verwenden, gegen das Recht auf Bildung verstoßen hat;

14.  weist darauf hin, dass durch die Präsenz russischer Truppen die Achtung und Förderung der Menschenrechte in der Region gefährdet ist; fordert die Russische Föderation auf, unverzüglich seine Unterstützung für die selbsternannte Regierung Transnistriens einzustellen und die 1996 im Europarat eingegangene und in den OSZE-Beschlüssen (Istanbul 1999 und Porto 2002) festgehaltene Verpflichtung zum Abzug der russischen Truppen und zur Rückführung der Waffen aus dem Hoheitsgebiet der Republik Moldau zu erfüllen; fordert außerdem, diese Truppen durch eine zivile friedenserhaltende Mission zu ersetzen;

15.  fordert die Gebietskörperschaften, auch in Gagausien, zur Zurückhaltung und zur uneingeschränkten Achtung der Verfassung der Republik Moldau und in diesem Zusammenhang auch zum Schutz der Minderheiten auf; unterstützt den Dialog mit der moldauischen Zentralregierung, damit keine einseitigen Beschlüsse gefasst werden;

16.  fordert den Rat und die Mitgliedstaaten auf, ein beschleunigtes Verfahren anzuwenden, das im Laufe dieses Sommers zur Liberalisierung der Visumvorschriften für die Republik Moldau führen soll, da sich dies positiv auf alle Bürger und auch auf den Bereich Bildung auswirken wird;

17.  fordert die Kommission auf, die technischen Verfahren für die Unterzeichnung und vorläufige Anwendung des Assoziierungsabkommens und auch des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens zu beschleunigen;

18.  ist der Überzeugung, dass durch die Umsetzung der Bestimmungen des Assoziierungsabkommens und des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens durch die selbsternannte Regierung Transnistriens auch der soziale Fortschritt, Verbesserungen bei den Menschenrechten und die Modernisierung der Wirtschaft in Transnistrien vorangetrieben würden;

19.  fordert die Kommission darüber hinaus auf, Instrumente wie das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte zu nutzen, um die transnistrische Bevölkerung direkt zu unterstützen und Programme zur Unterstützung der Zivilgesellschaft und zur Förderung des Zugangs zu Informationen, Bildung und freien Medien auszuarbeiten, der ihnen von der selbsternannten Regierung Transnistriens verwehrt wird;

20.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Regierung und dem Parlament der Republik Moldau, der Regierung Rumäniens, der Regierung der Ukraine, der Regierung der Russischen Föderation, der Regierung der USA, dem Generalsekretär der OSZE und dem Generalsekretär des Europarates zu übermitteln.

(1) ABl. C 51 E vom 22.2.2013, S. 108.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2013)0383.
(3) Angenommene Texte, P7_TA(2013)0595.


Bahrein, insbesondere die Fälle Nabil Radschab, Abdulhadi al-Khawaja und Ibrahim Scharif
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Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zu Bahrain, insbesondere den Fällen von Nabil Radschab, Abdulhadi al-Chawadscha und Ibrahim Scharif (2014/2553(RSP))
P7_TA(2014)0109RC-B7-0100/2014

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Bahrain, insbesondere diejenigen vom 17. Januar 2013(1) und 12. September 2013(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. März 2011 zu den Beziehungen der Europäischen Union zum Golf-Kooperationsrat(3),

–  unter Hinweis auf die Erklärungen der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zu Bahrain, insbesondere ihre Erklärungen vom 7. Januar, 11. Februar, 1. Juli und 25. November 2013 sowie vom 16. Januar 2014,

–  unter Hinweis auf die örtliche EU-Erklärung vom 19. September 2013 zu den jüngsten Entwicklungen in Bahrain,

–  unter Hinweis auf den Besuch einer Delegation seines Unterausschusses Menschenrechte in Bahrain vom 19. und 20. Dezember 2012 und zu der Presseerklärung, die diese Delegation abgegeben hat, sowie auf den Besuch der Delegation für die Beziehungen zur Arabischen Halbinsel vom 27. bis 30. April 2013 und ihre Presseerklärung,

–  in Kenntnis der Erklärungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen und insbesondere der Erklärung vom 8. Januar 2013 sowie der Erklärungen des Sprechers der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 6. August 2013,

–  in Kenntnis der Erklärung der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte und der gemeinsamen Erklärung vom 9. September 2013 zu dem Amt des Hohen Kommissars für Menschenrechte (OHCHR) und der Menschenrechtslage in Bahrain,

–  in Kenntnis des Treffens des Gemeinsamen Rates und Ministertreffens EU-Golf-Kooperationsrat vom 30. Juni 2013 in Manama, Bahrain,

–  in Kenntnis des Beschlusses, den der Ministerrat der Arabischen Liga in seiner Sitzung vom 1. September 2013 in Kairo gefasst hat, einen panarabischen Menschenrechtsgerichtshofs in Manama, der Hauptstadt Bahrains, einzurichten,

–  unter Hinweis auf den von der Unabhängigen Untersuchungskommission von Bahrain (BICI) im November 2011 veröffentlichten Bericht und ihren Folgebericht vom 21. November 2012,

–  in Kenntnis der Stellungnahme der Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen für willkürliche Inhaftierungen vom 25. Juli 2013 (A/HRC/WGAD/2013/12),

–  unter Hinweis auf den Strategischen Rahmen und den Aktionsplan der EU vom 25. Juni 2012 für Menschenrechte und Demokratie,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Dezember 2012 zu einer digitalen Freiheitsstrategie in der Außenpolitik der EU(4),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Juni 2013 zur Presse- und Medienfreiheit in der Welt(5),

–  in Kenntnis der EU-Leitlinien von 2004 zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern, die 2008 aktualisiert wurden,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966, das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe und die Arabische Charta der Menschenrechte, denen Bahrain jeweils als Vertragspartei angehört,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

–  unter Hinweis auf die Genfer Konvention von 1949,

–  gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass Menschenrechtsverletzungen in Bahrain weiterhin Anlass zu großer Sorge geben; in der Erwägung, dass die Rechte und Freiheiten von Teilen der Bevölkerung – vor allem das Recht von Einzelpersonen auf friedliche Demonstration, Meinungsfreiheit und digitale Freiheit – durch viele der jüngsten Maßnahmen der Behörden von Bahrain weiterhin schwer verletzt und beschränkt werden; in der Erwägung, dass Menschenrechtsaktivisten ständig systematischen Kontrollen, Schikanen und Verhaftungen ausgesetzt sind;

B.  in der Erwägung, dass Nabil Radschab, der Präsident des Zentrums für Menschenrechte in Bahrain (Bahrain Centre for Human Rights (BCHR)) und stellvertretender Generalsekretär der Internationalen Föderation für Menschenrechte, im August 2012 zu drei Jahren Haft verurteilt wurde, weil man ihn für schuldig befunden hatte, zwischen Februar und März 2011 zu „illegalen Versammlungen“ aufgerufen und an ihnen teilgenommen sowie die „öffentliche Ordnung gestört“ zu haben; unter Hinweis darauf, dass diese Strafe im Berufungsverfahren auf zwei Jahre Haft verkürzt wurde; in der Erwägung, dass Nabil Radschab vor seiner Inhaftierung mehrmals festgenommen wurde, weil er während der Proteste für Demokratie, die 2011 in Bahrain ausbrachen, friedlich Kritik an der Regierung geübt hatte;

C.  in der Erwägung, dass Nabil Radschab am Freitag, 29. November 2013, drei Viertel seiner zweijährigen Haftstrafe verbüßt hatte und rechtlich für eine Freilassung infrage kam; in der Erwägung, dass die Rechtsanwälte von Nabil Radschab am 21. Januar 2014 bei Gericht einen dritten Antrag auf vorzeitige Freilassung eingereicht haben, der allerdings abgelehnt wurde;

D.  in der Erwägung, dass die Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen für willkürliche Inhaftierungen die Inhaftierung von Nabil Radschab als willkürlich bezeichnet hat;

E.  in der Erwägung, dass Abdulhadi al-Chawadscha, der Gründer des BCHR und regionaler Koordinator von „Front Line Defenders“, der die dänische Staatsbürgerschaft besitzt, und Ibrahim Scharif, Generalsekretär der nationalen Gesellschaft für demokratische Aktion, am 22. Juni 2011 von einem Militärgericht zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt wurden; in der Erwägung, dass das Strafverfahren nach drei Jahren Rechtsmittelverfahren abgeschlossen wurde und die Urteile bestätigt wurden;

F.  in der Erwägung, dass Seinab al-Chawadscha, die Tochter von Abdulhadi al-Chawadscha, am 27. Januar 2014 zu weiteren vier Monaten Haft verurteilt wurde, weil man sie für schuldig befunden hatte, „Regierungseigentum zerstört“ zu haben;

G.  in der Erwägung, dass die Behörden von Bahrain gemäß dem Bericht der BICI zugesagt haben, Reformen durchzuführen; in der Erwägung, dass die Regierung die wichtigsten Empfehlungen der Kommission nicht vollständig umgesetzt hat, insbesondere die Freilassung von Demonstrantenführern, die verurteilt wurden, weil sie ihr Recht auf Meinungsfreiheit und friedliche Versammlung ausgeübt hatten;

H.  in der Erwägung, dass Bahrain am 2. September 2013 verkündet hat, dass es Sitz der ständigen Hauptverwaltung des arabischen Menschenrechtsgerichtshofs sein werde, nachdem dieser in der Sitzung der Arabischen Liga in Kairo gebilligt worden war;

I.  in der Erwägung, dass seine Königliche Hoheit Kronprinz Salman bin Hamad bin Issa al‑Chalifa am 15. Januar 2014 auf Ersuchen seiner Königlichen Majestät König Hamad bin Issa al‑Chalifa erstmals seit den Ereignissen vom Februar 2011 weit reichende Gespräche mit Teilnehmern am Nationalen Dialog für Konsens, einschließlich insbesondere Scheich Ali Salman, den Generalsekretär von Alwefaq, führte;

1.  verurteilt alle Menschenrechtsverletzungen in Bahrain und fordert die Regierung von Bahrain nachdrücklich auf, den Empfehlungen im Bericht der BICI und der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung Folge zu leisten, allen Menschenrechtsmissbräuchen ein Ende zu setzen und im Einklang mit den völkerrechtlichen Menschenrechtsverpflichtungen von Bahrain die Menschenrechte und Grundfreiheiten zu achten, einschließlich der Meinungsfreiheit sowohl online als auch offline und der Versammlungsfreiheit, ;

2.  fordert die unverzügliche und bedingungslose Freilassung von allen Häftlingen aus Gewissensgründen, politischen Aktivisten, Journalisten, Menschenrechtsverteidigern und friedlichen Demonstranten, einschließlich Nabil Radschab, Abdulhadi al-Chawadscha, Ibrahim Scharif, Nadschi Fatil und Seinab al-Chawadscha;

3.  ist äußerst besorgt über die Behandlung von Nabil Radschab und anderen Menschenrechtsaktivisten durch die Behörden von Bahrain über ihre Weigerung hinaus, ihm eine vorzeitige Freilassung zu gewähren, für die er nach den Gesetzen infrage kommt;

4.  fordert die Ratifizierung des internationalen Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen;

5.  betont die Pflicht, dafür zu sorgen, dass Menschenrechtsverteidiger geschützt werden und ihnen erlaubt wird, ihre Arbeit ohne Behinderung, Einschüchterung oder Schikane zu verrichten;

6.  wendet sich gegen die Einrichtung oder Benutzung von Sondergerichten oder die Benutzung von Militärgerichten für Verfahren wegen Straftaten im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit;

7.  fordert die Behörden von Bahrain nachdrücklich auf, die Rechte Jugendlicher im Einklang mit dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes zu achten, dessen Vertragspartei Bahrain ist;

8.  begrüßt die Entscheidung von Prinz Salman bin Hamad bin Issa al‑Chalifa, am 15. Januar 2014 Gespräche mit den führenden Vertretern der fünf größten Oppositionsgruppierungen zu führen, um nach Mitteln und Wegen zu suchen, die Probleme zu lösen, die beim nationalen Dialog aufgetreten sind, der von der Regierung einige Tage zuvor ausgesetzt worden war; begrüßt die positive Reaktion der Opposition und sieht der Wiederaufnahme des Nationalen Dialogs für Konsens erwartungsvoll entgegen; stellt fest, dass es keine andere als eine bahrainische Lösung auf der Grundlage von Kompromissen und gegenseitigem Vertrauen gibt; hofft, dass dieser Schritt einen ernsthaften nationalen Dialog unter Beteiligung aller fördern und die Grundlage für tief greifende und nachhaltige Reformen in Richtung auf eine nationale Aussöhnung der Gesellschaft von Bahrain legen wird;

9.  ist ermutigt durch die Aufnahme der Arbeit des im Innenministerium angesiedelten Amtes eines Bürgerbeauftragten und einer Dienststelle für Sonderermittlungen bei der Staatsanwaltschaft und fordert diese Institutionen auf, unabhängig und wirksam tätig zu werden; begrüßt die zunehmend aktive Rolle, die das Nationale Institut für Menschenrechte seit seiner Reform spielt, und die Einsetzung der „Kommission für Gefangene und Häftlinge“, die Haftanstalten überwachen wird, um Folter und Misshandlung zu verhindern; fordert die Behörden von Bahrain auf, die Bedingungen und die Behandlung von Gefangenen zu verbessern und den einschlägigen örtlichen und internationalen Organisationen Zugang zu den Haftanstalten zu gewähren;

10.  stellt fest, dass sich die Regierung von Bahrain weiterhin darum bemüht, das Strafgesetzbuch und die rechtlichen Verfahren zu reformieren, und ermuntert dazu, diesen Prozess fortzuführen; fordert die Regierung von Bahrain auf, alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um faire Prozesse sowie die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz in Bahrain zu gewährleisten und sicherzustellen, dass sie in vollkommener Übereinstimmung mit internationalen Menschenrechtsnormen handelt;

11.  empfiehlt den Vereinten Nationen, einen spontanen Besuch durch die drei Sonderberichterstatter für das Recht auf friedliches Versammeln und Vereinigung, für Folter und für die Unabhängigkeit von Richtern und Rechtsanwälten zu organisieren;

12.  fordert die Vizepräsidentin / Hohe Vertreterin und die Mitgliedstaaten auf zusammenzuarbeiten, um eine klare Strategie zu entwickeln, nach der bestimmt wird, wie sich die EU sowohl öffentlich als auch privat aktiv für die Freilassung der inhaftierten Aktivisten und Gefangenen aus Gewissensgründen engagieren wird; fordert die Vizepräsidentin / Hohe Vertreterin auf, mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um die Annahme der Schlussfolgerungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) zur Menschenrechtslage in Bahrain zu gewährleisten, die eine konkrete Forderung nach einer unverzüglichen und bedingungslosen Freilassung der inhaftierten Aktivisten umfassen sollten;

13.  begrüßt die Entscheidung der Arabischen Liga, einen Arabischen Menschenrechtsgerichtshof in Manama einzurichten, und äußert seine Hoffnung, dass dies als Katalysator für Menschenrechte in der gesamten Region fungieren könnte; fordert die Regierung von Bahrain und ihre Partner in der Arabischen Liga nachdrücklich auf, die Integrität, Unparteilichkeit, Effizienz und Glaubwürdigkeit dieses Gerichtshofs sicherzustellen;

14.  fordert vom Rat, dass er angemessene Maßnahmen ergreift, falls der Reformprozess nicht fortgeführt wird oder sich die Menschenrechtslage verschlechtert;

15.  empfiehlt ein offizielles Moratorium für Hinrichtungen mit Blick auf die Abschaffung der Todesstrafe;

16.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung und dem Parlament des Königreichs Bahrain zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte P7_TA(2013)0032.
(2) Angenommene Texte P7_TA(2013)0390.
(3) ABl. C 247 E vom 17.8.2012, S. 1.
(4) Angenommene Texte P7_TA(2012)0470.
(5) Angenommene Texte P7_TA(2013)0274.

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