Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Juli 2014 zur Ukraine (2014/2717(RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zur Europäischen Nachbarschaftspolitik, zur Östlichen Partnerschaft und zur Ukraine, insbesondere auf seine Entschließung vom 17. April 2014 zum Druck Russlands auf die Länder der Östlichen Partnerschaft und insbesondere zur Destabilisierung der Ostukraine(1),
– unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten vom 24. März 2014 in Den Haag,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 17. März, 14. April, 12. Mai und 23. Juni 2014,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 20. März und 27. Juni 2014,
– unter Hinweis auf den Abschlussbericht der internationalen Beobachtungsmission des BDIMR der OSZE über die vorgezogene Parlamentswahl in der Ukraine,
– unter Hinweis auf die Unterzeichnung der letzten Teile des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und der Ukraine mit Bestimmungen über eine vertiefte und umfassende Freihandelszone am 27. Juni 2014,
– unter Hinweis auf die Berichte des Amts des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 15. Mai und 15. Juni 2014 zur Menschenrechtslage in der Ukraine,
– unter Hinweis auf die Erklärung des NATO-Ukraine-Ausschusses vom 1. April 2014,
– gestützt auf Artikel 123 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Ukraine nach wie vor mit erheblichen sicherheits- und allgemeinpolitischen sowie sozial- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen konfrontiert ist; in der Erwägung, dass der Konflikt in der Ostukraine ein massives Hindernis für die Entwicklung und das Wohlergehen des Landes ist;
B. in der Erwägung, dass die Besetzung und Annexion der Krim durch Russland einen Verstoß gegen das Völkerrecht und Russlands internationale Verpflichtungen aus der Charta der Vereinten Nationen, der Schlussakte von Helsinki, dem Statut des Europarats und insbesondere dem Budapester Memorandum von 1994 über Sicherheitsgarantien sowie Russlands bilaterale Verpflichtungen aus dem bilateralen Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und Partnerschaft von 1997 darstellen;
C. in der Erwägung, dass Petro Poroschenko am 25. Mai 2014 zum neuen Präsidenten der Ukraine gewählt worden ist; in der Erwägung, dass die Wahl von einer internationalen Wahlbeobachtungsmission unter der Leitung des BDIMR der OSZE überwacht worden ist und trotz des feindlichen Sicherheitsumfelds und der illegalen Annexion der Krim durch Russland als eine Wahl gilt, die im Großen und Ganzen mit den internationalen Verpflichtungen in Einklang stand und bei der die Grundfreiheiten im größten Teil des Landes geachtet wurden;
D. in der Erwägung, dass der neue Präsident einen 15-Punkte-Friedensplan für eine friedliche Beilegung des Konflikts in der Ostukraine vorgelegt hat, in dem vorgesehen ist, die Souveränität, territoriale Integrität und nationale Einheit der Ukraine zu wahren, und zwar auf der Grundlage einer Amnestie für diejenigen, die sich ergeben und keine schweren Verbrechen begangen haben, der Einrichtung sicherer Korridore für den Rückzug russischer Söldner und der Einleitung eines inklusiven Dialogs;
E. in der Erwägung, dass Präsident Poroschenko als ersten Schritt eine einseitige Waffenruhe für die Zeit vom 20. bis 30. Juni 2014 verkündet hatte, um Konsultationen zwischen der Ukraine, Russland und den separatistischen Kräften zu ermöglichen; in der Erwägung, dass die von der Regierung der Ukraine einseitig verkündete Waffenruhe mehrmals verletzt wurde, hauptsächlich von den Separatisten, und es dabei zu Toten auf beiden Seiten gekommen ist;
F. in der Erwägung, dass der Föderationsrat der Russischen Föderation am 25. Juni 2014 einen Beschluss von Präsident Putin gebilligt hat, die Genehmigung des Einsatzes russischer Streitkräfte im Hoheitsgebiet der Ukraine aufzuheben;
G. in der Erwägung, dass der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ am 27. Juni 2014 die Analyse der Kommission, die Ukraine habe alle Vorgaben aus der ersten Phase des Maßnahmenplans zur Visaliberalisierung erfüllt, bestätigt und anschließend die zweite Phase des Visaliberalisierungsprozesses eingeleitet hat;
H. in der Erwägung, dass die EU und die Ukraine am 27. Juni 2014 die übrigen Bestimmungen des Assoziierungsabkommens mit Bestimmungen über eine vertiefte und umfassende Freihandelszone unterzeichnet haben; in der Erwägung, dass in diesem Abkommen anerkannt wird, dass die Bevölkerung der Ukraine bestrebt ist, in einem Land zu leben, in dem europäische Werte gelten und Demokratie und Rechtsstaatlichkeit herrschen;
I. in der Erwägung, dass Präsident Poroschenko nach dem Scheitern der einseitig erklärten Waffenruhe beschlossen hat, die Antiterroroperation zur Niederschlagung des separatistischen Aufstands im Osten des Landes wiederaufzunehmen; in der Erwägung, dass die ukrainische Armee mehrere Städte im Osten der Ukraine wieder unter ihre Kontrolle gebracht und die Aufständischen und Söldner dazu gezwungen hat, sich nach Donezk zurückzuziehen; in der Erwägung, dass die Kampfhandlungen jedoch noch andauern;
J. in der Erwägung, dass die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Russlands und der Ukraine am 2. Juli 2014 in Berlin zusammengekommen sind und eine Reihe von Maßnahmen vereinbart haben, mit denen auf eine dauerhafte beiderseitige Waffenruhe in der Ostukraine hingewirkt werden soll;
K. in der Erwägung, dass Präsident Poroschenko seine Bereitschaft zum Ausdruck gebracht hat, eine weitere Waffenruhe zu verkünden, sofern drei Voraussetzungen erfüllt sind, und zwar die Einhaltung der Waffenruhe durch beide Seiten, die Freilassung sämtlicher Geiseln und die von der OSZE überwachte tatsächliche Kontrolle der Grenze;
L. in der Erwägung, dass Präsident Poroschenko am 14. Juli 2014 erklärte, Offiziere der russischen Streitkräfte seien auf Seiten der Separatisten an Kampfhandlungen gegen die ukrainischen Streitkräfte beteiligt, und es sei ein neues russisches Raketensystem eingesetzt worden; in der Erwägung, dass aus NATO-Quellen verlautet, Russland habe den Aufständischen schwere Kampfpanzer, Artillerie und andere Waffensysteme geliefert und nicht verhindert, dass Söldner aus Russland die Grenze überqueren, um sich den Milizen der Aufständischen anzuschließen;
M. in der Erwägung, dass am 11. Juli 2014 in Brüssel Dreiparteienkonsultationen zwischen der Union, der Ukraine und Russland über die Umsetzung des Assoziierungsabkommens mit Bestimmungen über eine vertiefte und umfassende Freihandelszone stattgefunden haben; in der Erwägung, dass dieses Verfahren hilfreich ist und dazu beitragen könnte, mehrere seit langem bestehende Missverständnisse auszuräumen, indem die Vorzüge des Assoziierungsabkommens mit Bestimmungen über eine vertiefte und umfassende Freihandelszone erläutert werden und allen berechtigten Anliegen aller Parteien Rechnung getragen wird;
1. begrüßt die Unterzeichnung des verbleibenden Teils des Assoziierungsabkommens mit den Bestimmungen über eine vertiefte und umfassende Freihandelszone, und erklärt sich davon überzeugt, dass das Abkommen eine Triebfeder für Reformen in Politik und Wirtschaft sein wird und zu einer Modernisierung, der Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der Stimulierung des Wirtschaftswachstums führen wird; unterstützt die Ukraine darin, mit der vorläufigen Anwendung des Abkommens fortzufahren; erklärt, dass das Europäische Parlament sein Verfahren zur Ratifizierung des Abkommens so bald wie möglich abschließen wird; fordert die Mitgliedstaaten und die Ukraine auf, das Abkommen zügig zu ratifizieren, damit es so bald wie möglich vollständig umgesetzt werden kann; betont, dass das Assoziierungsabkommen mit den Bestimmungen über eine vertiefte und umfassende Freihandelszone in keinerlei Verbindung zu einer NATO-Mitgliedschaft steht;
2. begrüßt ausdrücklich die Unterzeichnung der Assoziierungsabkommen mit Georgien und der Republik Moldau, die den Beginn einer neuen Ära in den politischen Beziehungen und den Wirtschaftsbeziehungen dieser Länder zur Union verkörpern; fordert eine rasche Ratifizierung dieser Abkommen und begrüßt, dass das Parlament der Republik Moldau das Abkommen bereits ratifiziert hat; weist das Vorgehen Russlands zurück, handelspolitische Strafmaßnahmen gegen Länder zu erlassen, die Assoziierungsabkommen mit der Union unterzeichnet haben, da diese Abkommen keine Gefahr für Russland darstellen; hebt hervor, dass diese Vorgehensweise gegen die Regeln der Welthandelsorganisation verstößt, politisch motiviert ist und deshalb nicht hingenommen werden kann;
3. begrüßt, dass Petro Poroschenko im ersten Wahlgang einer fairen und demokratischen Wahl in das Amt des Präsidenten der Ukraine gewählt wurde; stellt fest, dass das Wahlergebnis ein Beleg dafür ist, dass die europäische und demokratische Perspektive der Ukraine in der Bevölkerung große Unterstützung genießt;
4. unterstützt den Friedensplan als große Chance für eine Deeskalation und den Frieden; unterstützt das entschlossene Vorgehen von Präsident Poroschenko zur Wahrung der Einheit, Souveränität und territorialen Unversehrtheit der Ukraine; begrüßt dessen Engagement für eine Lösung des Problems der systemischen Korruption und Veruntreuung öffentlicher Gelder; weist erneut darauf hin, dass Russland an militärischen Handlungen und am Nachschub beteiligt ist; fordert Russland nachdrücklich auf, seinen internationalen Verpflichtungen nachzukommen, sich ernsthaft an den Verhandlungen über eine friedliche Lösung zu beteiligen und seinen tatsächlichen Einfluss zu nutzen, um der Gewalt ein Ende zu setzen;
5. fordert ein neues Treffen der trilateralen Kontaktgruppe für die Beilegung des Konflikts in der Südostukraine und spricht sich für die Nutzung neuer Formen der Kommunikation zwischen den Parteien aus;
6. betont, dass die Bevölkerung der Ukraine das fundamentale Recht hat, über die Zukunft von Wirtschaft und Politik ihres Landes frei zu entscheiden; bekräftigt das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung nach Maßgabe des Artikels 51 der Charta der Vereinten Nationen; weist erneut darauf hin, dass die internationale Gemeinschaft die Einheit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine unterstützt; fordert die Sicherheitskräfte der Ukraine nachdrücklich auf, bei sogenannten Antiterroroperationen das humanitäre Völkerrecht und internationale Menschenrechtsnormen uneingeschränkt zu achten und hebt hervor, dass die Zivilbevölkerung unbedingt geschützt werden muss; fordert Rebellen und Söldner auf, das gleiche zu tun und nicht Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu benutzen; betont, dass die Krise auf politischem Wege beigelegt werden muss; fordert alle Seiten nachdrücklich auf, Zurückhaltung zu üben und sich an eine Waffenruhe zu halten, die so bald wie möglich erklärt werden sollte und deren Regeln genauestens umgesetzt werden sollten;
7. verurteilt die Aggression Russlands gegenüber der Krim als gravierenden völkerrechtlichen Verstoß gegen die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine und weist die Politik Russlands der Schaffung vollendeter Tatsachen in den Außenbeziehungen zurück; betrachtet die Annexion der Krim als illegal und lehnt es ab, die De-facto-Herrschaft Russlands über die Halbinsel anzuerkennen, begrüßt die Entscheidung, die Einfuhr von Waren von der Krim und aus der Stadt Sewastopol, die nicht mit einer Herkunftsbescheinigung der Ukraine versehen sind, zu verbieten, und legt anderen Ländern nahe, im Einklang mit der Resolution 68/262 der Generalversammlung der Vereinten Nationen ähnliche Maßnahmen einzuführen;
8. verurteilt, dass in der Ostukraine die Kampfhandlungen andauern, dabei täglich Menschen getötet werden, Wohnraum und Hab und Gut zerstört wird und dass viele tausend Zivilisten aus den Konfliktgebieten in sichere Gegenden fliehen müssen; begrüßt, dass die ukrainische Seite bei dem Beschluss, eine einseitige Waffenruhe zu verkünden, guten Willen gezeigt hat, und bedauert, dass die Separatisten und Söldner es ablehnten, diesem Beispiel zu folgen; erklärt sich zutiefst besorgt um die Sicherheit der Zivilbevölkerung, die nach wie vor in den Gebieten Donezk und Luhansk festsitzt; bedauert, dass es Tote gegeben hat und auch Kinder unter den Opfern zu verzeichnen sind; bekundet den Angehörigen sein aufrichtiges Beileid; verurteilt, dass die Zivilbevölkerung ins Visier genommen wird, und fordert die strikte Einhaltung des humanitären Völkerrechts;
9. fordert Russland auf, den Friedensplan aufrichtig und entschlossen zu unterstützen, Maßnahmen zur wirksamen Kontrolle seiner Grenze zur Ukraine zu treffen und das ununterbrochene Einsickern von bewaffneten illegalen Kämpfern, Waffen und Ausrüstung, feindselige Handlungen und Infiltrationen zu unterbinden, die Stärke seiner Truppen an der Grenze zur Ukraine unverzüglich zu verringern und sie innerhalb kürzester Zeit von der Grenze zur Ukraine abzuziehen sowie die Aufständischen und Söldner mittels seines Einflusses dazu zu zwingen, die Waffenruhe einzuhalten, ihre Waffen niederzulegen und sich über einen Rückzugskorridor nach Russland zurückzuziehen, wie es im Friedensplan von Präsident Poroschenko vorgesehen ist, und auf diese Weise die ersten lang erwarteten konkreten Maßnahmen zu treffen, mit denen es belegen kann, dass es wirklich an einer Deeskalation der Krise interessiert ist;
10. missbilligt die illegale Inhaftierung der ukrainischen Luftwaffen-Navigatorin Nadija Sawtschenko in Russland und verlangt ihre sofortige Freilassung sowie die Freilassung sämtlicher Geiseln, die in der Ukraine oder in Russland festgehalten werden;
11. fordert die Vizepräsidentin der Kommission / Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) auf, in den zur Beilegung der Krise eingerichteten Dialogforen, wie etwa der Kontaktgruppe, mehr Präsenz zu zeigen und eine höhere Sichtbarkeit zu erreichen;
12. begrüßt die Ausdehnung der gegenwärtigen Sanktionen auf elf weitere Personen, bei denen es sich überwiegend um Vertreter der sogenannten separatistischen Regierungen handelt; begrüßt die Vorarbeiten des Rates, des EAD und der Mitgliedstaaten für die Verhängung weiterer Sanktionen gegen Russland, die den Wirtschafts-, Finanz- und Energiesektor treffen sowie ein Embargo für Waffen und Güter mit doppeltem Verwendungszweck umfassen sollten; fordert ein kollektives Verbot des Verkaufs von Waffen an Russland und dessen rasche Einführung und Aufrechterhaltung bis zur Normalisierung der Lage in der Ostukraine; warnt Russland davor, dass weitere Schritte zur Destabilisierung der Ukraine zu zusätzlichen und weitreichenden Konsequenzen für die Beziehungen zwischen der Union und Russland führen werden;
13. fordert den Rat auf, Russland zu ersuchen, seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, und Sanktionen der Stufe 3 zu verhängen, falls die Situation dies erfordert;
14. fordert den Europäischen Rat auf, zur Krise in der Ukraine und insbesondere in Anbetracht des Verhaltens der Regierung Russlands, das sich auch im Zusammenhang mit der Energieversorgungssicherheit der Union zeigt, eine kohärentere und härtere Strategie zu verfolgen und geschlossen aufzutreten; bedauert, dass einige Mitgliedstaaten diesbezüglich ein Bild der Uneinigkeit und der mangelnden Solidarität in der Union abgeben;
15. unterstützt eine erneuerte, einvernehmlich vereinbarte Waffenruhe, um die Sicherheitslage zu stabilisieren, eine echte Deeskalation zu bewirken und die Umsetzung des Friedensplans von Präsident Poroschenko voranzubringen, dessen Bedingungen die beiderseitige Einhaltung der Waffenruhe, die Freilassung der Geiseln und die von der OSZE überwachte tatsächliche Kontrolle der Grenze sind; begrüßt, dass die ukrainischen Streitkräfte in der Ostukraine aktuell Erfolge erzielt und mehrere wichtige Städte wieder unter ihre Kontrolle gebracht haben;
16. vertritt nachdrücklich die Auffassung, dass die Rolle der OSZE-Sonderbeobachtungsmission aufgewertet werden sollte, indem sie besser ausgestattet wird und ihre Finanzmittel aufgestockt werden, um die Ukraine bei der Sicherung und Überwachung der Gebiete an der Grenze zu unterstützen;
17. weist die Regierung der Ukraine nochmals darauf hin, dass Wirtschaft und Politik des Landes dringend reformiert werden müssen; ist der Ansicht, dass Reformen im Land nicht nur auf ausländischen Druck eingeleitet, sondern mit der festen Unterstützung der Bevölkerung durchgeführt werden sollten, damit im Zuge der Modernisierung dauerhafte wirtschafts- und sozialpolitische Chancen entstehen;
18. fordert eine unabhängige und unparteiische Untersuchung aller Ereignisse, bei denen es Todesfälle gab, und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die seit November 2013 in allen Teilen der Ukraine begangen wurden, wobei diese Untersuchung mit starker internationaler Beteiligung und unter der Aufsicht des Europarats durchgeführt werden sollte; fordert, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden; erklärt sich davon überzeugt, dass nur durch eine erfolgreiche Untersuchung dieser Verbrechen dazu beigetragen werden kann, dass die Gesellschaft der Ukraine und die Angehörigen, Freunde und Bekannten der Opfer das Vertrauen in die Institutionen des Staates wiedererlangen;
19. hält es nach wie vor für geboten, der systematischen und strukturellen Beschneidung der Menschenrechte, der schlechten Regierungsführung, der weitverbreiteten Korruption und der riesigen Schattenwirtschaft in der Ukraine ein Ende zu setzen; stellt fest, dass der laufende Prozess zur Reform der Verfassung in der Ukraine sehr wichtig ist und dass der Aufbau der Zivilgesellschaft unterstützt werden muss, um eine wirklich partizipative Demokratie zu schaffen, in der die Menschenrechte gefördert und geschützt werden und durch verantwortungsbewusste Regierungsführung und verantwortungsbewusstes Verwaltungshandeln dafür gesorgt wird, dass der gesamten Bevölkerung in allen Gebieten des Landes Gerechtigkeit widerfährt, wodurch ein Beitrag zu Sicherheit und Stabilität geleistet wird; fordert die Verabschiedung eines Gesetzes über das Diskriminierungsverbot im Einklang mit europäischen Standards;
20. hebt hervor, dass Vertrauen zwischen den verschiedenen Gruppen in der Gesellschaft aufgebaut werden muss; ruft dazu auf, einen Prozess der dauerhaften Versöhnung einzuleiten; betont in diesem Zusammenhang, dass ein inklusiver landesweiter Dialog eingerichtet werden muss, bei dem Hassreden und aggressive Rhetorik auch von Russland vermieden werden, durch die sich der Konflikt weiter verschärfen könnte;
21. erachtet es als sehr wichtig, einen graduellen Prozess der Dezentralisierung durch Übertragung gesamtstaatlicher Befugnisse auf die Gebiets- und Kommunalverwaltungsorgane einzuleiten, ohne dabei das innere Kräftegleichgewicht und die Funktionsfähigkeit des Staates zu untergraben;
22. begrüßt die Verabschiedung eines Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Aufträge und fordert eine zügige Umsetzung dieses Gesetzes; sieht der raschen Errichtung einer politisch unabhängigen Korruptionsbekämpfungsstelle entgegen, die befugt ist, in Korruptionsfällen zu ermitteln;
23. betont, dass die Rechtsstaatlichkeit gestärkt werden muss, auch durch die Einleitung einer Justizreform, durch die dazu beigetragen wird, das Vertrauen der Bürger in die Justiz wiederherzustellen; hebt hervor, dass die Struktur der Strafverfolgungsorgane entpolitisiert und entmilitarisiert werden muss;
24. begrüßt den Beschluss, im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine robuste zivile Mission in der Ukraine einzurichten; fordert die Vizepräsidentin / Hohe Vertreterin auf, diese Mission zügig einzusetzen; erklärt sich davon überzeugt, dass diese Mission ein ehrgeiziges Mandat benötigt, damit sie die Bevölkerung der Ukraine bei den erforderlichen tiefgreifenden Bemühungen um die Stabilisierung der Lage im Land konkret unterstützen kann;
25. bekräftigt, dass es Präsident Poroschenko in seinem Vorhaben unterstützt, eine vorgezogene Parlamentswahl abzuhalten; betont, dass diese Wahl nach Maßgabe der Empfehlungen der Venedig-Kommission durchgeführt werden muss;
26. erklärt sich sehr besorgt darüber, dass sich die Menschenrechtslage und die humanitäre Lage in der Ostukraine und auf der Krim verschlechtert und dass diese Lage durch von Russland angestiftete Aufständische und Söldner verursacht wird, insbesondere durch Folterungen, Hinrichtungen, Verschleppungen von Journalisten und Aktivisten und Geiselnahmen, darunter auch Fälle von Kindesentführungen; fordert, dass die Zivilbevölkerung besser geschützt wird und dass die Regierung der Ukraine in den betroffenen Gebieten humanitäre Hilfe gewährt;
27. weist in diesem Zusammenhang auf den aktuellen Bericht von Amnesty International hin und verurteilt aufs Schärfste die Entführungen, brutalen Prügelattacken, Folterungen, Morde und außergerichtlichen Hinrichtungen sowie weitere schwerwiegende Verstöße gegen die Menschenrechte und andere massive Völkerrechtsverletzungen aus den vergangenen drei Monaten, die gegen nicht aktiv am Konflikt in der Ostukraine beteiligte Aktivisten, Demonstranten, Journalisten und viele andere Bürgerinnen und Bürger gerichtet waren und hauptsächlich von bewaffneten Separatisten – in einigen Fällen aber auch von Regierungstruppen – begangen wurden; unterstützt die Forderung an die Regierung der Ukraine, ein zentrales und regelmäßig aktualisiertes Verzeichnis zur Erfassung mutmaßlicher Entführungen einzurichten sowie sorgfältig und unparteiisch allen Vorwürfen nachzugehen, es sei zu missbräuchlicher Gewaltanwendung, Misshandlungen oder Folterungen gekommen;
28. betont, dass als notwendige Voraussetzung für die Wirtschaftsentwicklung und die Stabilität der Ukraine eine klare, faire und dauerhafte Lösung für die Sicherheit der Erdgasversorgung der Ukraine aus Russland gefunden werden muss; ist der Ansicht, dass die Union ihre Anstrengungen fortsetzen sollte, eine Vereinbarung herbeizuführen, in der vorgesehen ist, dass die Ukraine für Erdgas fortan einen marktüblichen und nicht politisch motivierten Erdgaspreis zahlt; weist mit Nachdruck darauf hin, dass der Einsatz von Energieressourcen als außenpolitisches Instrument die langfristige Glaubwürdigkeit Russlands als zuverlässiger Handelspartner der Union untergräbt und dass weitere Maßnahmen zur Verringerung der Abhängigkeit der Union von russischem Erdgas unbedingt Vorrang genießen müssen;
29. fordert die Mitgliedstaaten auf, durch Schubumkehr in den Röhren eine hinreichende Erdgasversorgung aus benachbarten Staaten in der Union sicherzustellen; begrüßt vor diesem Hintergrund die Vereinbarung zwischen der Slowakei und der Ukraine über Erdgaslieferungen in umgekehrter Richtung, die die Ukraine dazu veranlassen dürfte, ein transparentes und verlässliches Erdgasfernleitungsnetz einzurichten; weist erneut auf die strategische Bedeutung der Energiegemeinschaft hin, deren Vorsitz im Jahr 2014 die Ukraine innehat; begrüßt, dass die Zusammenarbeit mit der Ukraine ein integraler Bestandteil der im Juni 2014 von der Kommission vorgestellten Strategie für eine sichere europäische Energieversorgung ist;
30. begrüßt es, dass die Ukraine vor kurzem in die zweite Phase des Aktionsplans für die Visaliberalisierung eingetreten ist und dadurch ihre Entschlossenheit bekräftigt hat, den hierfür erforderlichen rechtlichen, politischen und institutionellen Rahmen zu schaffen; erklärt sich fest davon überzeugt, dass das Endziel die rasche Aufhebung der Visumpflicht sein sollte; fordert, dass in der Zwischenzeit auf Unionsebene und auf Ebene der Mitgliedstaaten umgehend zeitlich begrenzte, einfache und kostengünstige Verfahren für die Ausstellung von Visa eingeführt werden;
31. begrüßt, dass die Kommission eine Unterstützungsgruppe für die Ukraine eingerichtet hat, die den Staatsorganen der Ukraine jegliche erforderliche Unterstützung bei der Durchführung von Reformen in Politik und Wirtschaft leisten und sich mit der Durchführung der „europäischen Reformagenda“ befassen soll;
32. hebt hervor, dass europäische Interessen und Werte verteidigt und Stabilität, Wohlstand und Demokratie in den Ländern Europas gefördert werden müssen;
33. bekräftigt erneut seine Ansicht, dass mit den Assoziierungsabkommen mit der Ukraine und den anderen Ländern der Östlichen Partnerschaft die letzte Stufe in den jeweiligen Beziehungen zur Union noch nicht erreicht ist; weist in diesem Zusammenhang nochmals darauf hin, dass Georgien, die Republik Moldau und die Ukraine – wie jeder andere europäische Staat – gemäß Artikel 49 des Vertrags über die Europäische Union eine europäische Perspektive haben und die Mitgliedschaft in der Union beantragen können, sofern sie sich an die Grundsätze der Demokratie halten, die Grundfreiheiten, die Menschen- und die Minderheitenrechte achten und die Rechtstaatlichkeit gewährleisten.
34. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten, dem Europarat sowie dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Ukraine und dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Russischen Föderation zu übermitteln;