Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Januar 2015 zur Lage in Libyen (2014/3018(RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Libyen, insbesondere die Entschließungen vom 15. September 2011(1), vom 22. November 2012(2) und vom 18. September 2014(3),
– unter Hinweis auf die Erklärungen der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, zu Libyen, einschließlich der Erklärungen vom 16. und 30. Dezember 2014 sowie vom 10. Januar 2015,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 15. August, 30. August, 20. Oktober, 17. und 18. November sowie 15. Dezember 2014,
– unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Regierungen Frankreichs, Deutschlands, Italiens, Spaniens, des Vereinigten Königreichs und der USA zu Libyen vom 11. Januar 2015,
– unter Hinweis auf die Resolutionen 1970, 1973 (2011) und 2174 vom 27. August 2014 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen,
– unter Hinweis auf den Bericht der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Libyen (UNSMIL) vom 4. September 2014 mit dem Titel „Overview of violations of international human rights and humanitarian law during the ongoing violence in Libya“ (Überblick über die Verletzungen der internationalen Menschenrechtsnormen und des humanitären Völkerrechts bei den anhaltenden Gewaltausbrüchen in Libyen), der am 27. Dezember 2014 aktualisiert wurde,
– unter Hinweis auf die Genfer Abkommen von 1949 und ihre Zusatzprotokolle von 1977 sowie die Verpflichtung der Parteien bewaffneter Konflikte, das humanitäre Völkerrecht unter allen Umständen zu achten und für seine Achtung zu sorgen,
– unter Hinweis auf den Beschluss 2013/233/GASP des Rates vom 22. Mai 2013 über die Einrichtung der Mission der Europäischen Union zur Unterstützung des integrierten Grenzmanagements in Libyen (EUBAM Libyen),
– unter Hinweis auf das ENP-Paket zu Libyen vom September 2014,
– unter Hinweis auf den Sahel-Gipfel vom 19. Dezember 2014 in Mauretanien, an dem führende Persönlichkeiten aus Mauretanien, Mali, Niger, dem Tschad und Burkina Faso teilnahmen,
– unter Hinweis auf das gemeinsame Kommuniqué vom 22. September 2014, das 13 Länder(4) herausgegeben haben, in dem sie sich zu einer Politik der Nichteinmischung in die Angelegenheiten Libyens verpflichten;
– gestützt auf Artikel 123 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Libyer im Februar 2011 für politische Rechte auf die Straße gegangen sind und sich willkürlicher staatlicher Unterdrückung gegenübersahen, was zu neun Monaten Bürgerkrieg und dem Sturz des Gaddafi-Regimes geführt hat;
B. unter Hinweis darauf, dass Libyen seine dritte allgemeine, demokratische und freie Wahl im Juni 2014 durchgeführt hat, um ein Repräsentantenhaus zu wählen, um den im Juli 2012 gewählten Allgemeinen Nationalkongress zu ersetzen;
C. in der Erwägung, dass die Hoffnungen des libyschen Volkes, die durch den Fall von Oberst Gaddafi genährt wurden, trotz der nationalen Parlamentswahl im Juni 2014 durch politische Spaltung und Gewalt in einer Situation zunichte gemacht wurden, die sich zu einem gnadenlosen Bürgerkrieg entwickelt; in der Erwägung, dass rivalisierende Regierungen und Parlamente schon seit mehreren Monaten in Tripolis und Tobruk tätig sind;
D. in der Erwägung, dass in Libyen weiterhin politische Grabenkämpfe geführt werden, die sich zu einem gewaltsamen Kampf um die Macht zwischen zwei rivalisierenden Regierungssitzen und zahlreichen konkurrierenden Gruppierungen von Nationalisten, Islamisten, Stammeskräften und regionalistischen Kräften ausweiten, was zu weiterem Leid der Zivilbevölkerung, Todesopfern, Massenvertreibung und einer Ausweitung der humanitären Krise führt;
E. unter Hinweis auf Berichte, nach denen beide Seiten eine ganze Reihe von Verstößen und Missbräuchen nach internationalen Menschenrechtsnormen und humanitärem Völkerrecht begangen haben; in der Erwägung, dass Schätzungen der UNSMIL zufolge mindestens 400 000 Libyer durch das jüngste Aufflammen der Kämpfe innerhalb des Landes vertrieben wurden und weitere 150 000 Menschen – darunter viele ausländische Arbeitnehmer – das Land verlassen haben; in der Erwägung, dass ausländisches Hilfspersonal und Diplomaten – darunter auch Bedienstete der EU und UNSMIL-Mitarbeiter – aus Libyen evakuiert wurden; in der Erwägung, dass der massive Zustrom libyscher Flüchtlinge in das benachbarte Tunesien die Kapazitäten dieses Landes und seine eigene Stabilität beträchtlich belastet; in der Erwägung, dass sich Schätzungen zufolge bereits über eine Million Libyer in Tunesien aufhalten;
F. in der Erwägung, dass der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Zeid Ra’ad al-Hussein, am 23. Dezember 2014 erklärt hat, dass der wahllose Beschuss von Zivilisten in Libyen sehr wohl zu einer Verfolgung wegen Kriegsverbrechen führen könne;
G. in der Erwägung, dass der Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen, Bernardino León, aktiv versucht hat, Gespräche zwischen den Krieg führenden Parteien zu vermitteln und einen nationalen Dialog zur Aussöhnung und die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit in Gang zu bringen; in der Erwägung, dass eine erste Gesprächsrunde am 29. September 2014 in Ghadames stattfand und am 11. Oktober 2014 in Tripolis fortgeführt wurde, wogegen eine weitere Runde, die ursprünglich für den 5. Januar 2015 anberaumt war, verschoben wurde, weil sich die beiden Parteien nicht einigen konnten; in der Erwägung, dass die UNSMIL bekannt gegeben hat, dass sich die libyschen Parteien nunmehr darauf geeinigt hätten, eine neue Gesprächsrunde angeblich am 14. Januar 2015 in Genf durchzuführen; in der Erwägung, dass sich beide Lager bislang weit gehend unwillig oder unfähig gezeigt haben, Kompromisse zu schließen;
H. in der Erwägung, dass die Sondergesandte der Vereinten Nationen für den Sahel, Hiroute Guebre Sellassie, den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gewarnt hat, dass die libysche Krise die gesamte Region in naher Zukunft zu destabilisieren drohe, und auch erklärt hat, dass terroristische und kriminellen Netze in Libyen engere Verbindungen zu Mali und dem Norden Nigerias aufbauten und auch Waffen- und Drogenhandel sowie anderen illegalen Handel betrieben;
I. in der Erwägung, dass die Einheit des libyschen Staates auf dem Spiel steht und eine echte Gefahr der Teilung in mindestens drei Regionen (Fesan, Zyrenaika und Tripolitanien) droht, wenn keine Kompromisslösung – verbunden mit einem Prozess der Aussöhnung – erreicht wird;
J. in der Erwägung, dass die aktuellen Kämpfe in hohem Maße die Ausbreitung und Festsetzung terroristischer Gruppen wie des ISIS in dem Land gefördert haben; in der Erwägung, dass dies – wenn keine geeigneten Schritte unternommen werden – eine große Bedrohung für die Sicherheit der Region und der EU darstellen könnte; in der Erwägung, dass der ostlibysche Ableger des IS am 8. Januar 2015 erklärt hat, er habe den Journalisten Sofiene Chourabi und den Kameramann Nadhir Ktari hingerichtet;
K. in der Erwägung, dass Kampfflugzeuge von Kräften, die der international anerkannten Regierung treu ergeben sind, am 4. Januar 2015 im militärischen Bereich des Hafens von Derna einen unter griechischer Flagge fahrenden Öltanker bombardiert haben und dass dabei ein griechisches und ein rumänisches Besatzungsmitglied getötet sowie zwei weitere Besatzungsmitglieder verletzt wurden; in der Erwägung, dass dieser Hafen von islamistischen Kämpfern kontrolliert wird und im Laufe des letzten Jahres mehrmals angegriffen wurde;
L. in der Erwägung, dass gemäß einer offiziellen Erklärung der Regierung vom 3. Januar 2015 Milizen des „Islamischen Staates“ 14 Soldaten der libyschen Armee getötet haben und dass die Regierung die internationale Gemeinschaft ersucht hat, das Waffenembargo gegen das Land aufzuheben, damit diese Milizen, die sie als Terroristen bezeichnet, bekämpft werden können;
M. in der Erwägung, dass der ISIS Kämpfer in Libyen ausbildet und sich ein Ableger der Organisation im Ostteil des Landes festsetzt; in der Erwägung, dass Terroristen am 30. Dezember 2014 in Tobruk eine Autobombe zur Explosion gebracht haben und dass dieser Angriff einer Sitzung des libyschen Repräsentantenhauses galt; unter Hinweis auf Berichte, nach denen Einheiten von Al-Qaida im islamischen Maghreb logistische Stützpunkte am südlichen Rand Libyens eingerichtet haben; in der Erwägung, dass eine Miliz des „Islamischen Staates“ einer offiziellen Regierungserklärung vom 3. Januar 2015 zufolge 14 Soldaten der libyschen Armee hingerichtet hat;
N. in der Erwägung, dass Milizenkommandant General Heftar am 28. Dezember 2014 Luftangriffe auf Misrata, eine Hochburg der Milizengruppe Fadschr Libya (Morgendämmerung Libyens) fliegen ließ, was als Vergeltungsaktion für die Milizenangriffe vom 25. Dezember 2014 auf Libyens größten Erdölterminal in Sidra und auf Soldaten der libyschen Armee in Sirte mit 22 Toten angesehen wird;
O. in der Erwägung, dass etwa 20 ägyptische koptische Christen von Kämpfern der Ansar-al-Sharia-Brigaden in der von Milizen unter Kontrolle gehaltenen Stadt Sirte entführt wurden und dass es sich dabei um den jüngsten einer zunehmenden Anzahl von Angriffen auf Christen und andere religiöse Minderheiten in Libyen handelt; in der Erwägung, dass es zudem auf allen Seiten immer öfter zu Festnahmen, Entführungen, Folterungen und Hinrichtungen mutmaßlicher Kämpfer kommt;
P. in der Erwägung, dass Berichten zufolge Hunderte von Migranten und Flüchtlingen, die vor der Gewalt in Libyen geflohen sind, bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren und nach Europa zu gelangen, ums Leben gekommen sind, was zu einer bedeutenden Flüchtlingskrise in Italien und Malta geführt hat; in der Erwägung, dass die meisten Migranten, die nach Europa wollen, von Libyen aus über das Meer fahren;
Q. in der Erwägung, dass das Oberste Gericht Libyens am 6. November 2014 entschieden hat, dass die Parlamentswahl vom Juni, durch die das international anerkannte Repräsentantenhaus mit Sitz in Tobruk eingesetzt wurde, rechtswidrig gewesen sei;
R. in der Erwägung, dass das Repräsentantenhaus dieses Urteil nicht anerkennt, und zwar mit der Begründung, der Gerichtshof sei mit diesem Urteil über sein Mandat hinausgegangen und das Urteil sei auf Druck islamistischer Milizen in Tripolis gefällt worden, und dass es angekündigt hat, das Repräsentantenhaus und die Regierung würden ihre Arbeit fortsetzen;
S. in der Erwägung, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in seiner Resolution 2174 (2014) Reiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten von „Personen und Einrichtungen“ billigt, „die nach Feststellung des Ausschusses andere Handlungen begangen oder unterstützt haben, die den Frieden, die Stabilität oder die Sicherheit Libyens bedrohen oder den erfolgreichen Abschluss seines politischen Übergangs behindern oder untergraben“;
T. in der Erwägung, dass die Kontrolle und Verwaltung der Nationalen Ölgesellschaft Libyens ein wichtiges Element in dem Konflikt darstellt; in der Erwägung, dass beide Konfliktparteien ihre eigenen Ölminister ernannt haben und damit versuchen, die Einnahmen aus dem Ölgeschäft in ihre Kassen zu lenken; in der Erwägung, dass die Staatseinnahmen Libyens zu 95 % auf Erdöl zurückgehen und dass Erdöl 65 % des BIP des Landes ausmacht; in der Erwägung dass Libyen über die größten Erdölreserven in Afrika und die fünftgrößten in der Welt verfügt;
1. verurteilt aufs schärfste die starke Eskalation der Gewalt in Libyen, die sich vor allem gegen Zivilisten richtet und die künftigen Aussichten auf eine friedliche Beilegung des Konflikts stark untergräbt; unterstützt nachdrücklich die Gespräche in Genf unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen und fordert alle Konfliktparteien auf, die vom Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen, Bernardino León, vorgeschlagene Aussetzung der militärischen Operationen zum Zweck der Schaffung eines günstigen Umfelds zu akzeptieren;
2. fordert alle Seiten, die an der Gewalt beteiligt sind, auf, sich zu einer bedingungslosen Waffenruhe zu verpflichten, keine Maßnahmen zu ergreifen, welche die Spaltungen und die Polarisierung fördern, öffentlich zu erklären, dass sie solche Maßnahmen nicht hinnehmen werden, und sich ohne Vorbedingungen an den Bemühungen des Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen für Libyen, Bernardino León, zu beteiligen, durch die rivalisierende Gruppen zu einem inklusiven nationalen politischen Dialog zusammengebracht werden sollen; fordert, dass Frauen und Minderheiten angemessen in diesen Prozess eingebunden werden; erinnert daran, dass der derzeitige Konflikt mit militärischen Mitteln nicht zu lösen ist;
3. bekräftigt seine entschiedene und umfassende Unterstützung der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Libyen; würdigt die unermüdlichen Bemühungen des Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen für Libyen, Bernardino León, der diesen politischen Dialog vermittelt; begrüßt die Tatsache, dass eine neue Runde des politischen Dialogs für die nächsten Tage in Genf anberaumt ist;
4. fordert die EU auf, diese Bemühungen zu unterstützen, indem sie unverzüglich zielgerichtete Sanktionen – darunter Reiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten – gegen diejenigen verhängt, die für die bewaffnete Gewalt, Menschenrechtsverletzungen und -missbräuche sowie die Boykottierung der Verhandlungen unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen verantwortlich sind;
5. bekräftigt seine Unterstützung für das Repräsentantenhaus in Tobruk als das einzige legitime Organ, das aus der Wahl vom Juni 2014 hervorgegangen ist; fordert das gewählte Repräsentantenhaus und die offizielle Regierung erneut auf, ihren Aufgaben auf der Grundlage der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte nachzukommen und dabei alle Bürger einzubeziehen, um im Interesse des Landes zu handeln und die Rechte aller Bürger Libyens – darunter auch der religiösen und ethnischen Minderheiten – zu schützen;
6. erklärt sich sehr besorgt über die zunehmende Präsenz und Tätigkeit von mit Al-Qaida verbundenen terroristischen Gruppierungen, Milizen des „Islamischen Staates“ und Einzelpersonen in Libyen; ist der Auffassung, dass die Gefahr besteht, dass die Region – analog zu den Ereignissen in Syrien und Irak – in einem destruktiven Chaos versinkt; vertritt die Ansicht, dass diese Gruppen eine große Gefahr für die Stabilität und Sicherheit der gesamten Region und auch für die Sicherheit Europas darstellen; bekräftigt, dass durch Terrorakte verursachte Bedrohungen des internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit mit allen Mitteln und im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen und dem Völkerrecht – einschließlich der geltenden internationalen Menschenrechtsnormen, des internationalen Flüchtlingsrechts und des humanitären Völkerrechts – bekämpft werden müssen;
7. fordert die EU und die internationale Gemeinschaft auf, auch weiterhin die Bemühungen um die Bekämpfung des Terrorismus unter gebührender Achtung des Völkerrechts zu unterstützen und zu verhindern, dass sich der Terrorismus weiter ausbreitet und dass er neue Stützpunkte in Libyen errichtet;
8. betont, dass sich der Konflikt in Libyen destabilisierend auf andere Länder im Sahel und auf die Sicherheit Europas auswirkt; fordert die Nachbarländer und die regionalen Akteure, insbesondere Ägypten, Katar, Saudi-Arabien, die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate, auf, Aktionen zu unterlassen, die die derzeitigen Spaltungen vertiefen und Libyens Übergang zur Demokratie unterminieren könnten, und den von den Vereinten Nationen geführten Ghadames-Prozess uneingeschränkt zu unterstützen; erinnert daran, dass diejenigen, die aktiv Hindernisse für eine einvernehmliche politische Lösung schaffen, gegen Resolutionen des Sicherheitsrats zu Libyen verstoßen und die Konsequenzen ihrer Aktionen tragen müssen;
9. begrüßt die Erklärungen der Afrikanischen Union vom 3. Dezember 2014 und der Liga Arabischer Staaten vom 5. Januar 2015 sowie ihre öffentliche Zusage, den von den Vereinten Nationen geführten Prozess zu unterstützen;
10. betont, dass es eines gemeinsamen und koordinierten Vorgehens aller 28 Mitgliedstaaten unter der Aufsicht der Hohen Vertreterin bedarf; fordert die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zu koordinieren und ihre Unterstützung auf den Aufbau des Staatswesens und der Verwaltung zu konzentrieren, zusammen mit den Mitgliedstaaten, den Vereinten Nationen, der NATO und regionalen Partnern bei der Schaffung effektiver und unter nationaler Führung und Kontrolle stehender Sicherheitskräfte (Streit- und Polizeikräfte), die Frieden und Ordnung im Land sicherstellen können, Unterstützung zu leisten und sich für die Unterzeichnung einer Waffenruhe und die Schaffung eines Mechanismus zur Überwachung dieser Waffenruhe einzusetzen; betont, dass die EU auch die Unterstützung der Reform des libyschen Justizwesens und anderer für ein demokratisches Regierungssystem wesentlicher Bereiche als vorrangig einstufen sollte;
11. erinnert an das starke Engagement der EU für die Einheit und territoriale Integrität Libyens und an die Notwendigkeit, die Ausbreitung des Terrorismus zu verhindern; verweist auf die am 27. August 2014 verabschiedete Resolution 2174 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, durch die die bestehenden internationalen Sanktionen gegen Libyen so ausgeweitet wurden, dass die strafrechtliche Verantwortung von Personen darin aufgenommen wurde, die Handlungen begehen oder unterstützen, „die den Frieden, die Stabilität oder die Sicherheit Libyens bedrohen oder den erfolgreichen Abschluss seines politischen Übergangs behindern oder untergraben“; fordert die EU auf, weitere Maßnahmen, einschließlich restriktiver Maßnahmen, in Erwägung zu ziehen;
12. betont, dass alle Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts geahndet werden müssen; weist auf die Erklärung der UNSMIL hin, dass viele der in Libyen begangenen Verletzungen und Missbräuche in die Zuständigkeit des IStGH fallen, und fordert, dass dem IStGH die adäquaten politischen, logistischen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, damit er diese Verbrechen untersuchen kann; ist überzeugt, dass eine Stärkung der internationalen Mechanismen der Rechenschaftspflicht die Milizen davon abhalten kann, weitere Missbräuche und Verletzungen zu begehen, und fordert, die Einrichtung einer Untersuchungskommission der Vereinten Nationen oder eines ähnlichen Mechanismus zur Untersuchung von Verletzungen von Menschenrechten und humanitärem Völkerrecht in Betracht zu ziehen;
13. gibt seiner Solidarität mit dem libyschen Volk Ausdruck; ist der Überzeugung, dass die Europäische Union im Einklang mit ihren in ihrer Nachbarschaftspolitik für den südlichen Mittelmeerraum eingegangenen Verpflichtungen dem libyschen Volk dabei helfen muss, sein Ziel der Schaffung eines demokratischen, stabilen und wohlhabenden Staates zu erreichen; fordert eine anhaltende humanitäre, finanzielle und politische Unterstützung durch die EU und die internationale Gemeinschaft, um die humanitäre Lage in Libyen und die große Not der Binnenvertriebenen und Flüchtlinge sowie der Zivilbevölkerung, die keinen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen hat, zu lindern;
14. fordert alle Parteien in Libyen auf, Sicherheit und Freiheit von Christen und anderen religiösen Minderheiten zu gewährleisten, die mit wachsender Diskriminierung und Verfolgung konfrontiert werden und sich selbst im Kreuzfeuer des Konflikts befinden; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass zukünftige bilaterale Abkommen effiziente Überwachungsmechanismen zum Schutz der Menschenrechte religiöser Minderheiten umfassen.
15. verlangt, dass die Neutralität der wichtigsten libyschen Institutionen, insbesondere der Zentralbank, der nationalen Ölgesellschaft und des staatlichen Investitionsfonds, gewahrt wird, die von den Vereinten Nationen die Genehmigung erhalten haben, Erdöleinnahmen aus dem Ausland entgegenzunehmen;
16. lobt die Gastfreundschaft Tunesiens gegenüber schätzungsweise 1,5 Millionen libyscher Bürger, die vor der Gewalt fliehen und sich derzeit in Tunesien aufhalten; ersucht die EU darum, der tunesischen Regierung bei dieser Aufgabe finanzielle und logistische Unterstützung zu leisten;
17. ersucht internationale Unternehmen darum, vor dem Abschluss von Transaktionen im Zusammenhang mit libyschem Öl – das dem libyschen Volk gehört – sicherzustellen, dass durch solche Transaktionen nicht direkt oder indirekt Krieg führende Milizen finanziert werden; ersucht in Libyen tätige internationale Unternehmen erneut darum, ihre Finanzbeziehungen im Energiesektor offenzulegen;
18. ist nach wie vor besorgt über die Weiterverbreitung von Waffen, Munition und Sprengmitteln sowie den Waffenschmuggel, die eine Gefahr für die Bevölkerung und die Stabilität in Libyen und die der Region darstellen;
19. wiederholt seine Forderung an die Hohen Vertreterin, das Mandat der Mission der Europäischen Union zur Unterstützung des Grenzschutzes (EUBAM) in Libyen, die derzeit ausgesetzt und in Tunesien stationiert ist, zu überprüfen, um der dramatisch veränderten Situation in dem Land Rechnung zu tragen, damit eine ordnungsgemäß koordinierte Mission der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) konzipiert werden kann, die in Abstimmung mit den Vereinten Nationen und regionalen Partnern arbeitet, sobald eine politische Lösung gefunden ist; ist der Auffassung, dass die GSVP-Mission darauf ausgerichtet sein sollte, die Umsetzung einer politischen Lösung zu unterstützen, dass sie der Reform des Sicherheitssektors sowie der Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration Vorrang einräumen sollte und dass sie auch andere dringende Bedürfnisse der Regierungsführung befriedigen sollte; vertritt die Ansicht, dass die GSVP-Mission angesichts eines lang andauernden Krieges in Libyen und einer sich verschlimmernden Instabilität und gravierenden Bedrohung der europäischen Sicherheit bereit sein sollte, an einer koordinierten Aktion im Auftrag des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zur Stabilisierung Libyens teilzunehmen;
20. ist zutiefst besorgt über das Schicksal von Migranten, Asylbewerbern und Flüchtlingen in Libyen, da sich ihre ohnehin schon kritische Lage noch weiter verschlechtert; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, Italien wirksam bei seinen lobenswerten Bemühungen, die dramatisch zunehmenden Migranten- und Flüchtlingsströme aus Nordafrika und insbesondere aus Libyen zu bewältigen, beizustehen;
21. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Regierung und dem Repräsentantenhaus Libyens, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union zu übermitteln.
Algerien, Ägypten, Frankreich, Deutschland, Italien, Katar, Saudi-Arabien, Spanien, Tunesien, Türkei, Vereinigte Arabische Emirate, Vereinigtes Königreich und Vereinigte Staaten von Amerika sowie EU und Vereinte Nationen.