Beschluss des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2015 über den Antrag auf Aufhebung der Immunität von Georgios Kyrtsos (2015/2238(IMM))
Das Europäische Parlament,
– befasst mit einem von der Staatsanwaltschaft beim Obersten Gerichtshof von Griechenland am 21. Juli 2015 übermittelten und am 9. September 2015 im Plenum bekannt gegebenen Antrag auf Aufhebung der Immunität von Georgios Kyrtsos im Zusammenhang mit einer Beschwerde des Gewerbeaufsichtsamts von Ost-Attika wegen Nichtzahlung von Löhnen(1),
– nachdem Georgios Kyrtsos auf sein Recht auf Anhörung gemäß Artikel 9 Absatz 5 der Geschäftsordnung verzichtet hat,
– gestützt auf die Artikel 8 und 9 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union und auf Artikel 6 Absatz 2 des Aktes vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments,
– unter Hinweis auf die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Mai 1964, 10. Juli 1986, 15. und 21. Oktober 2008, 19. März 2010, 6. September 2011 und 17. Januar 2013(2),
– unter Hinweis auf Artikel 62 der Verfassung der Hellenischen Republik,
– gestützt auf Artikel 5 Absatz 2, Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 9 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses (A8-0358/2015),
A. in der Erwägung, dass die Staatsanwaltschaft beim Obersten Gerichtshof von Griechenland den Antrag gestellt hat, die Immunität von Georgios Kyrtsos, Mitglied des Europäischen Parlaments, im Zusammenhang mit einer möglichen Anklage wegen einer mutmaßlichen Straftat, aufzuheben;
B. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 9 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union Mitgliedern des Europäischen Parlaments im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parlamentsmitgliedern zuerkannte Unverletzlichkeit zusteht;
C. in der Erwägung, dass ein Abgeordneter laut Artikel 62 der Verfassung der Hellenischen Republik während der Legislaturperiode ohne vorherige Zustimmung des Parlaments nicht verfolgt, festgenommen oder inhaftiert oder in sonstiger Weise in seiner Freiheit beschränkt werden darf;
D. in der Erwägung, dass Georgios Kyrtsos der teilweisen Nichtzahlung von Löhnen an einen seiner früheren Arbeitnehmer beschuldigt wird;
E. in der Erwägung, dass die Beschuldigung sich auf einen Teil des Lohns für 2013 eines früheren Arbeitnehmers zweier Zeitungsverlage bezieht, deren Manager Georgios Kyrtsos damals war, und sich gegen Georgios Kyrtsos als früheren Manager dieser Unternehmen richtet;
F. in der Erwägung, dass die mutmaßliche Straftat offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Stellung von Georgios Kyrtsos als Mitglied des Europäischen Parlaments, sondern vielmehr in Zusammenhang mit seiner früheren Tätigkeit als Manager zweier Zeitungsverlage steht;
G. in der Erwägung, dass die Strafverfolgung keine in Ausübung des Amtes als Mitglied des Europäischen Parlaments erfolgte Äußerung oder abgegebene Stimme im Sinne von Artikel 8 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union betrifft;
H. in der Erwägung, dass kein Grund zu der Annahme besteht, dass das zugrunde liegende Strafverfahren von der Absicht getragen ist, die politische Tätigkeit des Mitglieds zu beeinträchtigen (fumus persecutionis), da es mehrere Jahre vor Beginn des Mandats des Mitglieds eingeleitet wurde;
1. beschließt, die Immunität von Georgios Kyrtsos aufzuheben;
2. beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss und den Bericht seines zuständigen Ausschusses unverzüglich den griechischen Behörden zu übermitteln.
Urteil des Gerichtshofs vom 12. Mai 1964, Wagner/Fohrmann und Krier, 101/63, ECLI:EU:C:1964:28; Urteil des Gerichtshofs vom 10. Juli 1986, Wybot/Faure und andere, 149/85, ECLI:EU:C:1986:310; Urteil des Gerichts vom 15. Oktober 2008, Mote/Parlament, T-345/05, ECLI:EU:T:2008:440; Urteil des Gerichtshofs vom 21. Oktober 2008, Marra/De Gregorio und Clemente, C-200/07 und C-201/07, ECLI:EU:C:2008:579; Urteil des Gerichts vom 19. März 2010, Gollnisch/Parlament, T-42/06, ECLI:EU:T:2010:102; Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2011, Patriciello, C-163/10, ECLI: EU:C:2011:543; Urteil des Gerichts vom 17. Januar 2013, Gollnisch/Parlament, T-346/11 und T-347/11, ECLI:EU:T:2013:23.