Beschluss des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2016 zu dem Antrag auf Aufhebung der Immunität von Czesław Adam Siekierski (2015/2241(IMM))
Das Europäische Parlament,
– befasst mit einem vom Generalstaatsanwalt der Republik Polen am 13. August 2015 übermittelten und am 9. September 2015 im Plenum bekannt gegebenen Antrag auf Aufhebung der Immunität von Czesław Adam Siekierski im Zusammenhang mit einem durch den polnischen Hauptinspektor für den Straßenverkehr eingeleiteten Verfahren (Aktenzeichen CAN-PST-SCW.7421.35493.2015.5.A.0475),
– nachdem Czesław Adam Siekierski auf sein Recht auf Anhörung gemäß Artikel 9 Absatz 5 der Geschäftsordnung verzichtet hat,
– gestützt auf Artikel 9 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union und auf Artikel 6 Absatz 2 des Aktes vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments,
– unter Hinweis auf die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Mai 1964, 10. Juli 1986, 15. und 21. Oktober 2008, 19. März 2010, 6. September 2011 und 17. Januar 2013(1),
– unter Hinweis auf Artikel 105 Absatz 2 und 108 der Verfassung der Republik Polen und Artikel 7b Absatz 1 und 7c Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 10b des polnischen Gesetzes vom 9. Mai 1996 über die Ausübung des Mandats der Abgeordneten und Senatoren,
– gestützt auf Artikel 5 Absatz 2, Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 9 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses (A8-0004/2016),
A. in der Erwägung, dass der Generalstaatsanwalt der Republik Polen einen Antrag des polnischen Hauptinspektors für den Straßenverkehr auf Aufhebung der Immunität eines für Polen gewählten Mitglieds des Europäischen Parlaments, Czesław Adam Siekierski, wegen eines Verstoßes gegen Artikel 92a des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten vom 20. Mai 1971 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 1 der Straßenverkehrsordnung vom 20. Juni 1997 übermittelt hat; insbesondere in der Erwägung, dass die behauptete Ordnungswidrigkeit die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften betrifft;
B. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 9 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union Mitgliedern des Europäischen Parlaments im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parlamentsmitgliedern diese Staates zuerkannte Unverletzlichkeit zusteht;
C. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 105 Absatz 2 und 108 der Verfassung der Republik Polen Abgeordnete oder Senatoren ohne Zustimmung des Sejm bzw. des Senats nicht strafrechtlich belangt werden dürfen;
D. in der Erwägung, dass es in der Zuständigkeit des Europäischen Parlaments liegt, darüber zu entscheiden ob die Immunität von Czesław Adam Siekierski aufzuheben ist oder nicht;
E. in der Erwägung, dass die mutmaßliche Ordnungswidrigkeit keinen unmittelbaren und offenkundigen Zusammenhang mit der Ausübung des Amtes von Czesław Adam Siekierski als Mitglied des Europäischen Parlaments hat;
F. in der Erwägung, dass in dem vorliegenden Fall das Parlament keine Anzeichen von fumus persecutionis gefunden hat, d. h. einen hinreichend ernsten und genauen Verdacht, dass dem Antrag die Absicht zugrunde liegt, der politischen Tätigkeit des Mitglieds zu schaden,
1. beschließt, die Immunität von Czesław Adam Siekierski aufzuheben;
2. beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss und den Bericht seines zuständigen Ausschusses unverzüglich der zuständigen Behörde der Republik Polen und Czesław Adam Siekierski zu übermitteln.
Urteil des Gerichtshofs vom 12. Mai 1964, Wagner/Fohrmann und Krier, 101/63, ECLI:EU:C:1964:28; Urteil des Gerichtshofs vom 10. Juli 1986, Wybot/Faure und andere, 149/85, ECLI:EU:C:1986:310; Urteil des Gerichts vom 15. Oktober 2008, Mote/Parlament, T‑345/05, ECLI:EU:T:2008:440; Urteil des Gerichtshofs vom 21. Oktober 2008, Marra/De Gregorio und Clemente, C‑200/07 und C‑201/07, ECLI:EU:C:2008:579; Urteil des Gerichts vom 19. März 2010, Gollnisch/Parlament, T‑42/06, ECLI:EU:T:2010:102; Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2011, Patriciello, C 163/10, ECLI:EU:C:2011:543; Urteil des Gerichts vom 17. Januar 2013, Gollnisch/Parlament, T‑346/11 und T‑347/11, ECLI:EU:T:2013:23.