Index 
 Zurück 
 Vor 
 Vollständiger Text 
Verfahren : 2016/2568(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B8-0318/2016

Aussprachen :

Abstimmungen :

PV 10/03/2016 - 7.8

Angenommene Texte :

P8_TA(2016)0090

Angenommene Texte
PDF 202kWORD 88k
Donnerstag, 10. März 2016 - Straßburg
Lage in Eritrea
P8_TA(2016)0090RC-B8-0318/2016

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2016 zur Lage in Eritrea (2016/2568(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Eritrea, insbesondere die Entschließungen vom 7. Februar 2002(1), 18. November 2004(2) und 15. September 2011(3) zur Menschenrechtslage in dem Land, einschließlich des Falls Dawit Isaak,

–  unter Hinweis auf die Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen 751 (1992), 1882 (2009), 1907 (2009), 2023 (2011) und 2244 (2015), mit der das gegen Eritrea verhängte Waffenembargo bis zum 15. November 2016 verlängert wurde, und auf den Bericht der Überwachungsgruppe für Somalia und Eritrea vom 19. Oktober 2015,

–  unter Hinweis auf den dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen am 19. Juni 2015 vorgelegten Bericht der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen, Sheila B. Keetharuth, zu der Lage der Menschenrechte in Eritrea,

–  unter Hinweis auf das AKP-EU-Partnerschaftsabkommen (Abkommen von Cotonou) in der 2005 und 2010 geänderten Fassung, dem Eritrea als Vertragspartei angehört,

–  unter Hinweis auf den Beschluss 2010/127/GASP des Rates vom 1. März 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Eritrea(4), der durch den Beschluss 2010/414/GASP des Rates vom 26. Juli 2010(5) und erneut durch den Beschluss 2012/632/GASP des Rates vom 15. Oktober 2012(6) geändert wurde,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Arbeitsgruppe A „Kontrolle“ des Entwicklungsausschusses des Europäischen Parlaments vom 11. November 2015,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) vom 18. September 2014 zur Lage der politischen Gefangenen in Eritrea,

–  unter Hinweis auf den Bericht des EAD von 2015 über die Partnerschaft zwischen Eritrea und der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf den Länderbericht von UN Women vom Juni 2014 über die Regierung des Staates Eritrea,

–  unter Hinweis auf das am 3. Februar 2016 angenommene nationale Richtprogramm für Eritrea im Rahmen des 11. Europäischen Entwicklungsfonds,

–  unter Hinweis auf die Presseerklärung des Untersuchungsausschusses der Vereinten Nationen für Menschenrechte in Eritrea vom 8. Juni 2015,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe,

–  unter Hinweis auf die Erklärungen der Ko-Präsidenten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU vom 23. November 2011 und vom 25. Juni 2013 zur Menschenrechtslage in Eritrea,

–  unter Hinweis auf seine Aussprache vom 27. Mai 2015 zur EU-Entwicklungshilfe für Eritrea angesichts der dokumentierten Menschenrechtsverletzungen,

–  unter Hinweis auf die 1997 verabschiedete Verfassung von Eritrea, mit der die bürgerlichen Freiheiten einschließlich der Religionsfreiheit gewährleistet werden;

–  unter Hinweis auf die Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) Nr. 29 über Zwangs- oder Pflichtarbeit, Nr. 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit und Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes,

–  unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker von 1981,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

–  gestützt auf Artikel 123 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die EU Eritrea seit seiner Unabhängigkeit von Äthiopien im Jahr 1993 unterstützt; in der Erwägung, dass die ursprünglich nach der Unabhängigkeit des Landes versprochene Einführung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit von der eritreischen Regierung unter dem Vorwand der Landesverteidigung und der Wehrpflicht blockiert wird; in der Erwägung, dass die für 1997 angesetzte Präsidentschaftswahl nie stattfand und dass die im selben Jahr ratifizierte Verfassung Eritreas niemals umgesetzt wurde; in der Erwägung, dass die regionalen Wahlen des Jahres 2009 noch nicht abgehalten wurden; in der Erwägung, dass bereits vor der Auflösung der Nationalversammlung im Jahr 2002 Gesetze durch Regierungserlässe erlassen wurden;

B.  in der Erwägung, dass durch Eritreas Unabhängigkeit von Äthiopien im Jahr 1993 bei der internationalen Gemeinschaft und dem Volk von Eritrea Hoffnungen geweckt wurden, dass die Bürger ein Land aufbauen könnten, in dem die Menschenrechte geachtet werden und das frei von Repressionen ist; in der Erwägung, dass sich diese Hoffnungen nicht erfüllt haben und dass im Gegenteil die Repressionen und Menschenrechtverletzungen sogar noch zugenommen haben;

C.  in der Erwägung, dass laut dem Bericht der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für Eritrea das Land eine der schlechtesten Menschenrechtsbilanzen weltweit aufweist, da dort Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind und in den vergangenen Jahren keine Verbesserungen festgestellt werden konnten; in der Erwägung, dass viele junge Menschen aus dem Land geflohen sind, um den staatlichen Repressionen und der obligatorischen Wehrpflicht zu entgehen, die oft in einem sehr jungen Alter beginnt, in der Erwägung, dass die gesetzlich festgelegte Dauer des Wehrdienstes von 18 Monaten oft ignoriert wird, sodass die meisten Eritreer ihren Wehrdienst auf unbestimmte Zeit leisten müssen, und in der Erwägung, dass ein solcher verlängerter obligatorischer Wehrdienst das potenzielle Wirtschaftswachstum des Landes behindert; in der Erwägung, dass jede Erhöhung des Gehalts für den Wehrdienst bedeutungslos ist, da die vor Kurzem erfolgte Abwertung des Nakfa und bankenseitige Beschränkungen zu dem aktuellen Mangel im Land geführt haben; in der Erwägung, dass viele Wehrpflichtige als Zwangsarbeiter eingesetzt werden und zivile Aufgaben verrichten müssen; in der Erwägung, dass die meisten Wehrpflichtigen sich praktisch in einem Zustand der Sklaverei befinden, bei dem jede Beschäftigung, Bewerbungen und die Möglichkeit des Familienlebens kontrolliert werden; in der Erwägung, dass die Glaubens-, Gewissens-, Medien- und Meinungsfreiheit nicht gewährleistet sind;

D.  in der Erwägung, dass der Untersuchungsausschuss der Vereinten Nationen zu den Menschenrechten in Eritrea zu der Schlussfolgerung gelangt ist, dass die Verstöße in den Bereichen außergerichtliche Hinrichtungen, Folter (einschließlich sexueller Folter und sexueller Sklaverei), Wehrdienst als Form der Sklaverei, Zwangsarbeit und die Politik der gezielten Todesschüsse an der Grenze möglicherweise Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen;

E.  in der Erwägung, dass Human Rights Watch betont, dass es in Eritrea keine Religionsfreiheit gibt; in der Erwägung, dass die Regierung Bürger, die eine andere als die von ihr anerkannten vier Religionen praktizieren, stark schikaniert; in der Erwägung, dass die Regierung sich auch im Fall der anerkannten Religionen in die Ausübung der Religion durch die Menschen einmischt;

F.  in der Erwägung, dass homosexuelle Handlungen in Eritrea illegal sind und die Regierung sich weigert, Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Diskriminierung umzusetzen, um lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle und intersexuelle (LBGTI) Personen zu schützen;

G.  in der Erwägung, dass Diskriminierung von und Gewalt gegen Frauen in allen Schichten der eritreischen Gesellschaft vorkommen; in der Erwägung, dass Frauen nicht nur in der Armee und in Militärcamps in sehr hohem Maße dem Risiko der sexuellen Gewalt ausgesetzt sind, sondern auch in der Gesellschaft im Allgemeinen, da Gewalt gegen Frauen dort in einem Umfeld der Straflosigkeit stattfindet; in der Erwägung, dass schätzungsweise 89 % der Mädchen in Eritrea einer Genitalverstümmelung unterzogen wurden; in der Erwägung, dass die Regierung im März 2007 eine Erklärung veröffentlichte, in der sie die Genitalverstümmelung als Straftatbestand einstufte, die Ausübung dieser Praxis verbot und das ganze Jahr über Bildungsprogramme unterstützte, mit denen die Menschen von dieser Praxis abgehalten werden sollten; in der Erwägung, dass Frauen ihr Recht auf Lebensmittelmarken und Zugang zu Land verlieren können;

H.  in der Erwägung, dass eine enorme Anzahl von Eritreern aus verschiedenen unvertretbaren Gründen wie freier Meinungsäußerung oder ganz ohne ausdrückliche Begründung und für nicht genau angegebene Zeiträume inhaftiert werden; in der Erwägung, dass Häftlinge, darunter auch Kinder, unter äußerst schlimmen Bedingungen festgehalten werden, die in manchen Fällen mit Folter gleichzusetzen sind, und ihnen medizinische Hilfe verweigert wird; in der Erwägung, dass weibliche Häftlinge oft von männlichen Beamten bewacht werden, wodurch die Gefahr von sexueller oder geschlechtsbezogener Gewalt steigt; in der Erwägung, dass Eritrea laut dem Bericht des Freedom House Index 2015 weiterhin zu den repressivsten Medienumgebungen zählt und die niedrigste mögliche Bewertung erhalten hat, wodurch es als „das schlechteste der schlechten“ Länder eingestuft wurde, und dass es einen der geringsten Anteile an Internetanschlüssen weltweit – nur 1 % – hat;

I.  in der Erwägung, dass der Sprecher des EAD in seiner Erklärung vom 18. September 2014 seine Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht hat, dass seit dem 18. September 2001 elf Parlamentsabgeordnete und prominente Mitglieder der Volksfront für Demokratie und Gerechtigkeit ohne Anklage, Verfahren oder Rechtsbeistand inhaftiert waren, sowie darüber, dass zehn unabhängige Journalisten, darunter Dawit Isaak, der die schwedische Staatsangehörigkeit besitzt und somit der einzige europäische Gewissensgefangene ist, seit dem 23. September 2001 unrechtmäßig gefangen gehalten werden; in der Erwägung, dass sich der Patriarch Abune Antonios seit Januar 2006 ohne Kontakt zur Außenwelt in Hausarrest befindet;

J.  in der Erwägung, dass es in Eritrea keine Pressefreiheit gibt, da unabhängige Medien verboten sind, und dass Eritrea auf der Weltrangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen acht Jahre in Folge den letzten Platz der 170 bis 180 bewerteten Länder belegte;

K.  in der Erwägung, dass Eritrea laut dem UNDP-Bericht zur menschlichen Entwicklung 2015 auf dem Index der menschlichen Entwicklung für das Jahr 2015 Platz 186 von 188 Ländern belegte;

L.  in der Erwägung, dass es der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Menschenrechtslage in Eritrea zufolge drei Bereiche gibt, die besonderen Anlass zur Sorge geben, nämlich die Wahrnehmung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, einschließlich des Rechts auf angemessenen Wohnraum, Schleuseraktivitäten und Menschenhandel sowie die zunehmende Zahl unbegleiteter Minderjähriger unter den mehr als 5 000 Menschen, die jeden Monat aus dem Land fliehen;

M.  in der Erwägung, dass am 26. Juni 2015 Hunderte von eritreischen Flüchtlingen vor dem Hauptsitz der Afrikanischen Union protestiert haben und gefordert haben, dass die regionale Organisation sich für demokratische Reformen in ihrem Heimatland einsetzt; in der Erwägung, dass die Protestierenden den langjährigen Präsidenten Eritreas Isaias Afewerki beschuldigt haben, ein Diktator zu sein, und die Afrikanische Union nachdrücklich aufgefordert haben, aktiv zu werden;

N.  in der Erwägung, dass die Vereinten Nationen im November 2015 vor einer schlimmen Dürre am Horn von Afrika infolge des derzeitigen Wetterphänomens „El Niño“ gewarnt haben; in der Erwägung, dass es sich dabei nach Angaben der Vereinten Nationen von Dezember 2015 um die bislang schlimmste in dieser Region dokumentierte Dürre handelt, wodurch die Ernteerträge um 50 bis 90 % gesunken sind; in der Erwägung, dass Eritrea dadurch zu den Ländern gehört, für die es eine große Herausforderung darstellt, die Ernährungssicherheit für die eigene Bevölkerung sicherzustellen;

O.  in der Erwägung, dass der Präsident von Eritrea ungeachtet der Dürre Ängste vor einer Nahrungsmittelkrise mit den Worten abgetan hat, in dem Land werde es „trotz niedrigerer landwirtschaftlicher Erträge keine Krise geben“;

P.  in der Erwägung, dass die EU, was Entwicklungshilfe und Unterstützung angeht, ein wichtiger Partner für Eritrea ist;

Q.  in der Erwägung, dass die Regierung von Eritrea die Hilfe 2011 einseitig ausgesetzt hat und ihre Zusammenarbeit und Partnerschaft mit der EU nicht öffentlich anerkennt; in der Erwägung, dass Eritrea MdEP nicht die Möglichkeit gibt, das Land frei und ohne Kontrollen zu besuchen;

R.  in der Erwägung, dass der Verlust der Lebensgrundlage Frauen und Kinder dazu bringt, das Land zu verlassen; in der Erwägung, dass Eritreer 2015 die viertgrößte Gruppe von Menschen (nach Syrern, Irakern und Afghanen) waren, die sich auf die gefährliche Reise nach Europa begeben und bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, riskieren, in die Fänge von skrupellosen Menschenschmugglern zu geraten; in der Erwägung, dass Europa daher von der Lage in Eritrea unmittelbar betroffen ist, da Eritreer in ihr Heimatland zurückkehren könnten, wenn die Menschenrechte in dem Land geachtet und gewahrt würden und die Menschen dort ohne Furcht leben könnten;

S.  in der Erwägung, dass Angaben des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen zufolge mehr als 400 000 Eritreer, d. h. 9 % der Gesamtbevölkerung, geflohen sind; in der Erwägung, dass nach Schätzungen des UNHCR jeden Monat etwa 5 000 Eritreer das Land verlassen, was zu einem großen Teil auf die anhaltenden gravierenden Menschenrechtsverletzungen zurückzuführen ist; in der Erwägung, dass 2015 bei 69 % der Asylanträge von Eritreern der Flüchtlingsstatus in der EU zuerkannt wurde, während zusätzliche 27 % der Antragsteller subsidiären Schutz erhielten, was zeigt, wie schwerwiegend die Verfolgung in Eritrea ist;

T.  in der Erwägung, dass Menschenhandel wegen Lösegeld mit schwerwiegender Folter im Sinai die Ursache für den Tod oder das Verschwinden zahlreicher eritreischer Flüchtlinge ist, die entführt wurden, während die schwer traumatisierten Überlebenden keinerlei Betreuung oder Unterstützung erfahren haben; in der Erwägung, dass völlige Straffreiheit herrscht und die Verantwortlichen nicht vor Gericht gestellt wurden; in der Erwägung, dass unbegleiteten Kindern, die Opfer von Menschenhandel sind, besondere Aufmerksamkeit gelten sollte, da sie aufgrund ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit spezifische Unterstützung und Betreuung benötigen;

U.  in der Erwägung, dass das Programm für den Sicherheitssektor der Zwischenstaatlichen Behörde für Entwicklung (IGAD) am 22. Februar 2016 in Addis Abeba, Äthiopien, einen Untersuchungsbericht mit dem Titel „Human Smuggling and Trafficking on the Horn of Africa-Central Mediterranean Route“ (Menschenschmuggel und Menschenhandel am Horn von Afrika und der zentralen Mittelmeerroute) veröffentlicht hat;

V.  in der Erwägung, dass Eritrea den Khartum-Prozess – eine am 28. November 2014 von der EU und der Afrikanischen Union gestartete Initiative gegen Migration und Menschenhandel – unterstützt, wozu die Umsetzung konkreter Vorhaben unter anderem im Bereich Kapazitätsaufbau für die Justiz und Sensibilisierung gehört;

W.  in der Erwägung, dass die EU anfänglich im März 2010 Sanktionen gegen Eritrea verhängt hat, um die Resolution 1907 (2009) des VN-Sicherheitsrates umzusetzen, und in der Erwägung, dass diese Sanktionen ein Waffenembargo, Reisebeschränkungen und das Einfrieren von Vermögenswerten von Menschen, die eine Bedrohung für Frieden und nationale Aussöhnung darstellen, umfassten;

X.  in der Erwägung, dass Europa ein starkes Interesse an einer Stabilisierung der Lage in Eritrea hat, da die gegenwärtige Situation einen Großteil der Bevölkerung zur Flucht zwingt und Tausende von Menschen infolge krimineller Machenschaften wie dem Schleusen von Migranten und dem Menschenhandel ihr Leben verlieren;

Y.  in der Erwägung, dass das Regime seinen totalitären Zugriff auch auf die im Ausland lebenden Eritreer ausweitet, indem es ihre Einnahmen mit einer Steuer in Höhe von 2 % belegt, ihnen nachspioniert und Familienmitglieder, die in Eritrea geblieben sind, mutmaßlicher strafbarer Handlungen beschuldigt; in der Erwägung, dass der Minister für nationale Entwicklung Eritreas und der EU-Delegationsleiter am 28. Januar 2016 im Rahmen des 11. Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) in Asmara das nationale Richtprogramm (NRP) unterzeichnet haben, das 200 Mio. EUR für die nächsten fünf Jahre umfasst; in der Erwägung, dass die Maßnahmen sich insbesondere auf erneuerbare Energien, Regierungsführung und die Verwaltung der öffentlichen Finanzen im Energiesektor konzentrieren sollten;

Z.  in der Erwägung, dass der Entwicklungsausschuss des Europäischen Parlaments die Kommission und den EAD am 13. November 2015 aufgefordert hat, die dem EEF-Ausschuss übermittelten Schlussfolgerungen zum Entwurf des nationalen Richtprogramms für Eritrea zu berücksichtigen, in denen auf den Umfang und die Schwere der Menschenrechtsverletzungen durch das Regime von Eritrea, die mangelnde Verlässlichkeit dieses Regimes als Partner bei der Entwicklungszusammenarbeit, die allgegenwärtige Korruption und das praktisch vollständige Fehlen von Transparenz bei der Verwaltung der öffentlichen Finanzen des Landes sowie das Risiko eines Missbrauchs der EEF-Mittel für Migrationssteuerung hingewiesen wurde; in der Erwägung, dass der Entwicklungsausschuss den EEF-Ausschuss aufgefordert hat, das NRP vorbehaltlich weiterer Gespräche nicht anzunehmen; in der Erwägung, dass der Standpunkt des Parlaments ignoriert wurde;

AA.  in der Erwägung, dass die Partei PFDJ (Volksfront für Demokratie und Gerechtigkeit) die Flüchtlings- und Diasporagemeinschaften durch die Botschaften kontrollieren und überwachen lässt, die an Erpressung in Form von Diaspora-Steuern und „freiwilligen“ Beiträgen für Dienstleistungen, wie die Ausstellung von Ausweisen, Pässen, Geburtsurkunden und wichtigen Dokumenten, auf die Flüchtlinge möglicherweise angewiesen sind, beteiligt sind; in der Erwägung, dass diese Praktiken gegen das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen verstoßen; in der Erwägung, dass führende Mitglieder der Jugendorganisation der PFDJ in den Niederlanden mit der Unterstützung der politischen Führung in Asmara rechtlich massiv gegen niederländische Wissenschaftler, Medienorgane und staatliche Einrichtungen vorgehen, vermutlich, damit die Kritik an dem Regime verstummt; in der Erwägung, dass auch gegen die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Lage der Menschenrechte in Eritrea Drohungen geäußert wurden;

1.  nimmt mit großer Besorgnis die anhaltend katastrophale Menschenrechtslage und das vollständige Fehlen von Rechtsstaatlichkeit und Medienfreiheit in Eritrea zur Kenntnis;

2.  betont, dass dem Vorgehen gegen die Defizite in der Justiz und Maßnahmen zugunsten einer demokratischen Regierungsführung und der Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit Vorrang eingeräumt werden müssen, indem der autoritären Machtausübung durch Angst vor willkürlicher Haft und Isolationshaft, Folter und anderen Menschenrechtsverletzungen – von denen einige als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft werden können – ein Ende gesetzt wird;

3.  fordert die Regierung Eritreas auf, das System des unbegrenzten Wehrdienstes abzuschaffen, indem sie die Wehrpflichtigen demobilisiert, die ihren obligatorischen 18-monatigen Pflichtdienst abgeleistet haben, und tatsächlich davon absieht, die Wehrpflichtigen nach diesem Zeitraum zu Zwangsarbeit heranzuziehen, die Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen zu ermöglichen und die Zwangspraxis zu beenden, dass alle Schüler ihr letztes Schuljahr in einem militärischen Ausbildungslager verbringen müssen; fordert die eritreische Regierung auf, sicherzustellen, dass niemand vor Vollendung des 18. Lebensjahres eine militärische Ausbildung durchläuft und dass keine Bürger, die das normale Wehrdienstalter überschritten haben, zum Wehrdienst einberufen werden; merkt an, dass die eritreischen Behörden im Februar 2016 darauf hingewiesen haben, dass das Abkommen mit der EU keine Reform der Politik Eritreas im Bereich des Wehrdienstes zur Folge haben würde;

4.  ist der Ansicht, dass der EEF-Ausschuss die Empfehlungen des Entwicklungsausschusses, den NRP nicht anzunehmen und weitere Gespräche zu führen, hätte berücksichtigen sollen; ist der Ansicht, dass der Beschluss, den NRP für Eritrea trotz des Widerstands des Europäischen Parlaments anzunehmen, Anzeichen für ein Demokratiedefizit ist und die Rolle des Europäischen Parlaments bei der Sicherstellung der wirksamen Umsetzung der EU-Entwicklungsziele ernsthaft untergräbt; fordert in diesem Zusammenhang, dem Parlament mittels einer verbindlichen interinstitutionellen Vereinbarung gemäß Artikel 295 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Kontrollbefugnisse über die EEF zu übertragen; betont, dass die Schlussfolgerungen des Entwicklungsausschusses zu Entwürfen von Programmplanungsdokumenten von der Kommission automatisch an die Ständigen Vertretungen der Mitgliedstaaten übermittelt werden sollten;

5.  nimmt zur Kenntnis, dass in den nächsten fünf Jahren 200 Mio. EUR aus dem 11. Europäischen Entwicklungsfonds für das NRP bereitgestellt werden, um damit die Armutsbekämpfung und die sozioökonomische Entwicklung zu fördern, die wirtschaftlichen und politischen Ursachen der Migration in Angriff zu nehmen und Projekte aus den Bereichen erneuerbare Energieträger, Energieeffizienz und Wirtschaftssteuerung zu finanzieren; weist darauf hin, dass diese Programmmittel zusätzlich zu anderen Bereichen der Zusammenarbeit wie dem Europäischen Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) zur Verfügung gestellt werden;

6.  fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass die zugeteilten Mittel nicht der eritreischen Regierung zugutekommen, sondern ausschließlich dem Zweck dienen, die Bedürfnisse des eritreischen Volkes im Hinblick auf Entwicklung, Demokratie, Menschenrechte, verantwortungsvolle Regierungsführung und Sicherheit sowie Redefreiheit, Pressefreiheit und Versammlungsfreiheit zu erfüllen; fordert die EU nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass die vor kurzem vereinbarte Hilfe an Auflagen gebunden ist und dass der NRP Eritrea dabei unterstützt, einen wesentlichen Wandel in seiner Energiepolitik zu vollziehen, um Energie für alle zugänglich zu machen, insbesondere in den ländlichen Gebieten, in denen es derzeit immer noch keinen Strom gibt; ist außerdem davon überzeugt, dass der Aspekt der Regierungsführung im NRP stark darauf ausgerichtet sein sollte, die Empfehlungen der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung zu Menschenrechten unter der Leitung der Vereinten Nationen umzusetzen;

7.  erinnert daran, dass ein unbegleiteter Minderjähriger vor allem ein potenziell gefährdetes Kind ist und dass daher der Schutz von Kindern, und nicht etwa Einwanderungspolitik, bei allen unbegleitete Minderjährige betreffenden Maßnahmen der Mitgliedstaaten und der EU an erster Stelle stehen muss, damit die Grundprinzipien zum Wohle der Kinder gewahrt werden; erinnert daran, dass als Kind und damit minderjährig ausnahmslos jede Person anzusehen ist, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat; erinnert daran, dass unbegleitete Minderjährige, besonders Mädchen, doppelt so häufig Schwierigkeiten und Problemen ausgesetzt sind wie andere Minderjährige;

8.  appelliert an die internationale Gemeinschaft und die Entwicklungspartner Eritreas, in dieser Angelegenheit tätig zu werden und Druck auf die eritreische Regierung auszuüben, damit sie ausländische Hilfe zur Unterstützung gefährdeter Gemeinschaften zulässt, ehe sich die Krise weiter zuspitzt; fordert die EU mit Nachdruck auf, dringende und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um der eritreischen Bevölkerung dabei zu helfen, ihre Widerstandsfähigkeit gegen das Wetterphänomen „El-Niño“ zu stärken, damit Ernährungssicherheit sowie der Zugang zu Wasser und sanitärer Grundversorgung garantiert werden können;

9.  ist nach wie vor sehr besorgt über die Lage der Menschenrechte in dem Land; bekräftigt seine Forderung an die staatlichen Stellen Eritreas, Parlamentarier, Journalisten (darunter der seit 2005 verschollene schwedische Staatsbürger Dawit Isaak), politische Gefangene und Gefangene aus Gewissensgründen umgehend und bedingungslos freizulassen;

10.  legt der Kommission nahe, eindeutige Garantien von der eritreischen Regierung einzuholen, dass sie demokratische Reformen umsetzen und für die Achtung der Menschenrechte sorgen wird, indem sie unter anderem die am 7. Februar 2014 gebilligten Empfehlungen der Arbeitsgruppe der 18. Tagung der Vereinten Nationen zur allgemeinen regelmäßigen Überprüfung umsetzt; fordert die Regierung auf, den unabhängigen Sachverständigen der VN und der Afrikanischen Union, einschließlich der Sonderberichterstatterin der VN, Zugang zu dem Land zu gewähren und der Untersuchungskommission, die sich mit der Menschenrechtslage in Eritrea befasst, zu ermöglichen, ihren Auftrag vollumfänglich auszuführen und mit ihr zusammenzuarbeiten, unter anderem auch was Fragen der öffentlichen Finanzen betrifft;

11.  verweist darauf, dass die Religionsfreiheit ein Grundrecht ist, und verurteilt scharf jegliche Gewalt oder Diskriminierung aus Gründen der Religion;

12.  begrüßt die von der eritreischen Regierung ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Genitalverstümmelung bei Frauen; fordert die Regierung auf, die Förderung und den Schutz der Rechte der Frauen allgemein zu verbessern, unter anderem durch die Ergreifung weiterer Maßnahmen zur Bekämpfung schädlicher Praktiken wie Kinder-, Früh- und Zwangsheirat, und gegen die Straffreiheit bei sexueller Gewalt vorzugehen; fordert die eritreische Regierung auf, von alleinstehenden Frauen geführte Haushalte zu respektieren und dafür zu sorgen, dass diese unterstützt und geschützt werden;

13.  verurteilt, dass die eritreische Regierung auf eine „Diaspora-Steuer“ zurückgreift, die durch Erpressung oder sonstige illegalen Mittel von außerhalb des Landes lebenden Eritreern eingezogen und unter Verletzung von Resolutionen der Vereinten Nationen dazu verwendet wird, bewaffnete Gruppen in Nachbarländern zu finanzieren und somit die Region zu destabilisieren; fordert die Regierung nachdrücklich auf, die Politik der „Kollektivschuld“ zu beenden, die auf die Familienangehörigen derjenigen abzielt, die sich dem Wehrdienst entziehen, versuchen, aus Eritrea zu fliehen, oder die Einkommensteuer von 2 % nicht zahlen, die die Regierung im Ausland lebenden Eritreern auferlegt;

14.  fordert Eritrea auf, das VN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe zu unterzeichnen und unverzüglich in nationales Recht umzusetzen und seine Verpflichtungen im Rahmen des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker, in denen Folter untersagt wird, in vollem Umfang einzuhalten; stellt mit Besorgnis fest, dass öffentliche und private Akteure, einschließlich Unternehmen, durch die Kontrolle der Regierung wesentlich beeinträchtigt werden; erkennt an, dass eine Kontrolle des Haushalts aufgrund der Tatsache, dass es keinerlei Verwaltung der öffentlichen Finanzen und auch keinen nationalen Haushaltsplan gibt, nicht möglich ist und dass die Fungibilität der finanziellen Ressourcen infolge der Kontrolle der Zentralbank durch die Regierung militärische Anschaffungen begünstigen und somit zu Terrorismus und der Destabilisierung der Region beitragen kann;

15.  fordert alle in Eritrea investierenden internationalen Firmen eindringlich auf, bei ihrem Handeln die Menschenrechte umfassend zu wahren und niemandem Schaden zuzufügen;

16.  fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, die Rolle der Volksfront für Demokratie und Gerechtigkeit und ihrer zahlreichen Tochterorganisationen wie etwa ihrer Jugendorganisation zu untersuchen und alle Arten von Vereinigungen und Tätigkeiten zu verbieten, die direkt zu Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen in Europa beitragen, demokratische Prinzipien und Rechtsstaatlichkeit untergraben und Strukturen der Einschüchterung und Erpressung schaffen; fordert die Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, Maßnahmen zu ergreifen, um der Praxis der „Diaspora-Steuer“ ein Ende zu setzen, und die Geldströme in Bezug auf die anderen „Beiträge“, die von an die eritreische Regierung gekoppelten Vereinigungen im Ausland erhoben werden, zu untersuchen und das Recht aller Flüchtlinge aus Eritrea auf Asyl in Europa umfassend zu schützen;

17.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU, dem Rat der Afrikanischen Union, der Ostafrikanischen Gemeinschaft, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie den staatlichen Stellen Eritreas zu übermitteln.

(1) ABl. C 284 E vom 21.11.2002, S. 359.
(2) ABl. C 201 E vom 18.8.2005, S. 123.
(3) ABl. C 51 E vom 22.2.2013, S. 146.
(4) ABl. L 51 vom 2.3.2010, S. 19.
(5) ABl. L 195 vom 27.7.2010, S. 74.
(6) ABl. L 282 vom 16.10.2012, S. 46.

Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen