Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. April 2016 zur Lage im Mittelmeerraum und zur Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes der EU für Migration (2015/2095(INI))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Genfer Konvention von 1951 und ihr Zusatzprotokoll, insbesondere das Recht auf Nichtzurückweisung,
– unter Hinweis auf die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1989 über die Rechte des Kindes und auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 27. November 2014 zum 25. Jahrestag des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes(1),
– unter Hinweis auf das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982, das Internationale Übereinkommen von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See und das Internationale Übereinkommen von 1979 über den Such- und Rettungsdienst auf See in der jeweils geltenden Fassung,
– unter Hinweis auf die Internationale Konvention über den Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen von 1990,
– unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Aktionsplan für unbegleitete Minderjährige (2010–2014)“ (COM(2010)0213) und die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. September 2013 zur Lage unbegleiteter Minderjähriger in der EU(2),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 29. April 2015 zu den jüngsten Tragödien im Mittelmeer und zur Migrations- und Asylpolitik der EU(3),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. September 2015 zum Thema „Migration und Flüchtlinge in Europa“(4),
– unter Hinweis auf die Debatten, die im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres im Jahre 2015 stattgefunden haben: am 14. April in Gegenwart des Mitglieds der Kommission Avramopoulos; am 6. Mai zum Thema Solidarität und gerechte Aufteilung der Verantwortlichkeiten, auch bei Such- und Rettungsverpflichtungen; am 26. Mai zum Thema Strategie zur Zusammenarbeit mit Drittstaaten; am 4. Juni zur Ausarbeitung sicherer und legaler Wege für Asylbewerber und Flüchtlinge in die EU und die Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems; am 25. Juni zur Bekämpfung des kriminellen Schleusertums, des Menschenhandels und der Ausbeutung der Arbeitskraft irregulärer Migranten, zur Ausarbeitung angemessener legaler Wege der Migration aus wirtschaftlichen Gründen, zu Grenzmanagement und Visumpolitik; am 2. Juli zur Frage, wie die Mittel im Bereich Inneres auf dem Gebiet Migration und Entwicklung verwendet werden sollen; am 6. Juli über das erste Paket von Kommissionsvorschlägen zur Europäischen Migrationsagenda und zum Thema Solidarität und gerechte Aufteilung der Verantwortlichkeiten, auch bei Such- und Rettungsverpflichtungen, und der Ausarbeitung sicherer und legaler Wege für Asylbewerber und Flüchtlinge in die EU; am 16. Juli in der Gegenwart von Experten zu EU-Haushaltsmitteln in der Migrationspolitik, zu Maßnahmen, Verfahren und Daten im Zusammenhang mit unbegleiteten Minderjährigen in den Mitgliedstaaten der EU und in Norwegen, zur Zusammenarbeit zwischen der EU und Drittstaaten im Bereich Migration und zur Suche nach neuen Wegen für die Rechtsetzung im Bereich Wirtschaftsmigration; am 22. September über das zweite Paket von Kommissionsvorschlägen zur Europäischen Migrationsagenda; am 23. September mit einzelstaatlichen Parlamenten zum Hotspot-Ansatz und zur Bewältigung der Migration auf nationaler und lokaler Ebene; am 19. Oktober zur Bekämpfung des Schleusertums, des Menschenhandels und der Ausbeutung der Arbeitskraft irregulärer Migranten; am 10. November zur Mitteilung der Kommission zu dem Thema „Bewältigung der Flüchtlingskrise: Lagebericht zur Umsetzung der Prioritäten im Rahmen der Europäischen Migrationsagenda“ (COM(2015)0510); am 19. November zur internen und externen Finanzierung der Migrations- und Asylpolitik der EU; am 10. Dezember zur Zusammenarbeit zwischen der EU und Drittländern im Bereich Migration; am 21. Dezember zu Grenzmanagement und Visumpolitik, zur wirksamen Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und zur Ausarbeitung angemessener legaler Wege der Migration aus wirtschaftlichen Gründen,
– unter Hinweis auf die Debatten in der gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und des Entwicklungsausschusses vom 1. April 2015 zu dem Zusammenhang zwischen Entwicklung und Migration und die Debatten in der gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und des Unterausschusses Menschenrechte vom 15. September 2015 zur Achtung der Menschenrechte im Kontext der Migrationsströme im Mittelmeerraum,
– unter Hinweis auf die Berichte seines Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über die Reisen seiner Delegationen nach Lampedusa im September 2015 zu Such- und Rettungsoperationen und nach Tunesien im Oktober 2015 zur Zusammenarbeit mit Drittstaaten in den Bereichen Migration, Asyl und Grenzkontrolle; unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltsausschusses und des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über die gemeinsame Reise nach Sizilien im Juli 2015, um zu prüfen, wie sich die Migrantenströme auf die Region auswirken, und zwar auch unter Haushaltsgesichtspunkten,
– unter Hinweis auf den Zehn-Punkte-Aktionsplan der Kommission zu Fragen der Migration, der auf der gemeinsamen Tagung des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) und des Rates (Justiz und Inneres) vom 20. April 2015 in Luxemburg vorgelegt wurde,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Die europäische Migrationsagenda“ (COM(2015)0240),
– unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2015/778 vom 18. Mai 2015 über eine Militäroperation der Europäischen Union im südlichen zentralen Mittelmeer,
– unter Hinweis auf den von den EU-Botschaftern im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee gefassten Beschluss, die zweite Phase der Operation EUNAVFOR Med, die in Operation Sophia umbenannt wurde, einzuleiten(5), und unter Hinweis auf Operationen unter der Führung der NATO in der Ägäis,
– unter Hinweis auf die Resolution 2240 (2015) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 9. Oktober 2015,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „EU-Aktionsplan gegen die Schleusung von Migranten (2015–2020)“ (COM(2015)0285),
– unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen über die Umsetzung der Eurodac-Verordnung in Bezug auf die Verpflichtung zur Abnahme von Fingerabdrücken (SWD(2015)0150),
– unter Hinweis auf die Empfehlung der Kommission für eine europäische Neuansiedlungsregelung (C(2015)3560) und die Schlussfolgerungen der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten zur Neuansiedlung von 20 000 Personen, die internationalen Schutz benötigen, durch multilaterale und nationale Regelungen, die auf der Tagung des Rates (Justiz und Inneres) vom 20. Juli 2015 vorgelegt wurden,
– unter Hinweis auf den erläuternden Vermerk der Kommission zum Hotspot-Ansatz, auf die Lageberichte Griechenland und Italien vom 10. Februar 2016 sowie auf den Fortschrittsbericht Griechenland vom 4. März 2016,
– unter Hinweis auf den Beschluss (EU) 2015/1523 des Rates vom 14. September 2015 zur Einführung von vorläufigen Maßnahmen im Bereich des internationalen Schutzes zugunsten von Italien und Griechenland,
– unter Hinweis auf den Beschluss (EU) 2015/1601 des Rates vom 22. September 2015 zur Einführung von vorläufigen Maßnahmen im Bereich des internationalen Schutzes zugunsten von Italien und Griechenland,
– unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (COM(2015)0450),
– unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Erstellung einer gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten für die Zwecke der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und zur Änderung der Richtlinie 2013/32/EU (COM(2015)0452),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „EU-Aktionsplan für die Rückkehr“ (COM(2015)0453),
– unter Hinweis auf die Empfehlung der Kommission zur Erstellung eines gemeinsamen Handbuchs zum Thema „Rückkehr/Rückführung“, das von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten für Rückkehr-/Rückführungsmaßnahmen zu verwenden ist (C(2015)6250), und ihren Anhang,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe im Zusammenhang mit der aktuellen Flüchtlingsproblematik“ (COM(2015)0454),
– unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und der Hohen Vertreterin mit dem Titel „Bewältigung der Flüchtlingskrise in Europa: Die Rolle des auswärtigen Handelns der EU“ (JOIN(2015)0040),
– unter Hinweis auf den Beschluss der Kommission zur Einrichtung eines Nothilfe-Treuhandfonds der Europäischen Union zur Unterstützung der Stabilität und zur Bekämpfung der Ursachen von irregulärer Migration und Vertreibung in Afrika (C(2015)7293),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Bewältigung der Flüchtlingskrise: operative, haushaltspolitische und rechtliche Sofortmaßnahmen im Rahmen der Europäischen Migrationsagenda“ (COM(2015)0490) und ihre Anhänge,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel: „Bewältigung der Flüchtlingskrise: Lagebericht zur Umsetzung der Prioritäten im Rahmen der Europäischen Migrationsagenda“ (COM(2015)0510) und ihre Anhänge,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Ein europäischer Grenz- und Küstenschutz und effiziente Sicherung der Außengrenzen“ (COM(2015)0673), auf den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004, der Verordnung (EG) Nr. 863/2007 und der Entscheidung 2005/267/EG des Rates (COM(2015)0671), auf den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein europäisches Reisedokument für die Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (COM(2015)0668), auf den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 hinsichtlich eines verstärkten Abgleichs mit einschlägigen Datenbanken an den Außengrenzen (COM(2015)0670), auf den Vorschlag der Kommission für einen Beschluss des Rates zur Einführung von vorläufigen Maßnahmen im Bereich des internationalen Schutzes zugunsten von Schweden gemäß Artikel 9 des Beschlusses (EU) 2015/1523 des Rates und Artikel 9 des Beschlusses (EU) 2015/1601 des Rates zur Einführung von vorläufigen Maßnahmen im Bereich des internationalen Schutzes zugunsten von Italien und Griechenland (COM(2015)0677) und auf die Empfehlung der Kommission für eine Regelung betreffend die Türkei über die freiwillige Aufnahme aus humanitären Gründen (C(2015)9490),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat zum aktuellen Stand der Umsetzung der Prioritäten im Rahmen der Europäischen Migrationsagenda (COM(2016)0085),
– unter Hinweis auf die Empfehlung der Kommission an die Hellenische Republik zu den Sofortmaßnahmen, die von Griechenland im Hinblick auf die Wiederaufnahme der Überstellungen nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zu treffen sind (C(2016)0871),
– unter Hinweis auf den Vorschlag für einen Durchführungsbeschluss des Rates über die zeitweilige Aussetzung der Umsiedlung von 30 % der Antragsteller, die Österreich auf der Grundlage des Beschlusses (EU) 2015/1601 des Rates zur Einführung von vorläufigen Maßnahmen im Bereich des internationalen Schutzes zugunsten von Italien und Griechenland zugewiesen wurden (COM(2016)0080),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den Rat mit dem Titel „Zurück zu Schengen – ein Fahrplan“ (COM(2016)0120),
– unter Hinweis auf den Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat mit dem Titel „Zweiter Bericht über die Fortschritte der Türkei bei der Erfüllung der Vorgaben des Fahrplans für die Visaliberalisierung“ (COM(2016)0140) und die diesem Bericht beigefügten Arbeitsdokumente der Dienststellen der Kommission (SWD(2016)0097),
– unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Bereitstellung von Soforthilfe innerhalb der Union (COM(2016)0115) und den erwarteten Berichtigungshaushaltsplan Nr. 1/2016 zur Schaffung einer Haushaltslinie für dieses Instrument,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates, die auf seiner Sondertagung vom 23. April 2015, seiner Tagung vom 25./26. Juni 2015, der informellen Tagung der Staats- und Regierungschefs der EU zur Frage der Migration vom 23. September 2015, seiner Tagung vom 15. Oktober 2015 und seinen Tagungen vom 17./18. Dezember 2015 und vom 18./19. Februar 2016 angenommen wurden,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 20. Juli 2015 zu sicheren Herkunftsstaaten, vom 20. Juli 2015 zu Migration, vom 8. Oktober 2015 zur Zukunft der Rückkehrpolitik, vom 12. Oktober 2015 zu Migration, vom 9. November 2015 zu Maßnahmen zur Bewältigung der Flüchtlings- und Migrationskrise, vom 4. Dezember 2015 zu Staatenlosigkeit und vom 10. März 2016 zur Schleusung von Migranten,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes vom 14. September 2015,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen vom 20. Juli 2015 der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten zur Neuansiedlung von 20 000 Personen, die unzweifelhaft internationalen Schutz benötigen, durch multilaterale und nationale Regelungen,
– unter Hinweis auf den gemeinsamen Aktionsplan der EU und der Türkei vom 15. Oktober 2015 und seine Umsetzungsberichte vom 10. Februar und 4. März 2016,
– unter Hinweis auf die Erklärung der Staats- und Regierungschefs vom 7. März 2016,
– unter Hinweis auf die Erklärung der Konferenz auf hoher Ebene vom 8. Oktober 2015 zur Route über das östliche Mittelmeer und den Westbalkan sowie auf die Erklärung der Staats- und Regierungschefs vom 25. Oktober 2015 zum Zustrom von Flüchtlingen über die Westbalkanroute und den Fortschrittsbericht vom 10. Februar 2016,
– unter Hinweis auf den Aktionsplan und die politische Erklärung, die auf dem EU‑Afrika‑Gipfel zum Thema Migration vom 11./12. November 2015 in Valletta angenommen wurden,
– unter Hinweis auf die Arbeit und die Berichte des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) und insbesondere auf seinen Jahresbericht über die Asylsituation in der Europäischen Union 2014 und die monatlichen Trends im Bereich Asyl,
– unter Hinweis auf die Arbeit und die Berichte von Frontex und insbesondere auf ihre jährliche Risikoanalyse 2015 und ihre Vierteljahresberichte des Risikoanalysenetzes,
– unter Hinweis auf die Arbeit und die Berichte von Europol und insbesondere auf das gemeinsame operative Team MARE und die Einrichtung des Europäischen Zentrums zur Bekämpfung der Migrantenschleusung bei Europol,
– unter Hinweis auf die Arbeit und die Berichte von Eurojust und insbesondere die Berichte über den Menschenhandel,
– unter Hinweis auf die Arbeit, die Jahresberichte und die Studien der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte und insbesondere auf die Studien zu schwerer Ausbeutung von Arbeitskraft und zur Kriminalisierung von Migranten in einer irregulären Situation und Personen, die mit ihnen Kontakt haben,
– unter Hinweis auf Studien der Fachabteilung C zur Umsetzung von Artikel 80 AEUV, zu neuen Ansätzen, alternativen Wegen und Mitteln des Zugangs zu Asylverfahren für Personen, die internationalen Schutz suchen, zu neuen Wegen für die Rechtsetzung im Bereich Arbeitsmigration in die EU, zur Verbesserung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und Alternativen zu „Dublin“, zur Zusammenarbeit zwischen der EU und Drittländern im Bereich Migration und zur Aufnahme weiblicher Flüchtlinge und Asylbewerberinnen in der EU; unter Hinweis auf die Studie der Fachabteilung D zu dem Einsatz von EU-Haushaltsmitteln in der Migrationspolitik – Effizienzanalyse und bewährte Verfahren für die Zukunft und unter Hinweis auf die Studie der Fachabteilung der GD EXPO zu Migranten im Mittelmeerraum: Schutz der Menschenrechte,
– unter Hinweis auf Studien des Europäischen Migrationsnetzwerks, insbesondere auf die Studie zu Maßnahmen, Verfahren und Daten im Zusammenhang mit unbegleiteten Minderjährigen,
– unter Hinweis auf die Arbeit und die Berichte des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge,
– unter Hinweis auf die Arbeit und die Berichte des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für Menschenrechte von Migranten,
– unter Hinweis auf die Arbeit, Berichte und Entschließungen des Europarates,
– unter Hinweis auf die Arbeit und die Berichte der Internationalen Organisation für Migration,
– unter Hinweis auf die Arbeit und die Berichte des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung,
– unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zur europäischen Migrationsagenda, die in seiner 115. Plenarsitzung am 3. und 4. Dezember 2015 angenommen wurde,
– unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur europäischen Migrationsagenda und zum EU-Aktionsplan gegen die Schleusung von Migranten,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Dezember 2014 zur Lage im Mittelmeerraum und zur Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes der EU für Migration(6),
– unter Hinweis auf das Arbeitsdokument zu Artikel 80 – Solidarität und gerechte Aufteilung der Verantwortlichkeiten, auch bei Such- und Rettungsverpflichtungen,
– unter Hinweis auf das Arbeitsdokument zur Bekämpfung des kriminellen Schleusertums, des Menschenhandels und der Ausbeutung der Arbeitskraft irregulärer Migranten,
– unter Hinweis auf das Arbeitsdokument zum Thema „Das Grenzmanagement und die Visumpolitik sowie die Aufgaben von Frontex und weiterer einschlägiger Agenturen“,
– unter Hinweis auf das Arbeitsdokument zur Ausarbeitung sicherer und legaler Wege für Asylbewerber und Flüchtlinge in die EU, einschließlich einer Neuansiedlungspolitik der Union und entsprechender Integrationsmaßnahmen,
– unter Hinweis auf das Arbeitsdokument zur Ausarbeitung angemessener legaler Wege der Migration aus wirtschaftlichen Gründen,
– unter Hinweis auf das Arbeitsdokument zur internen und externen Finanzierung der Migrations- und Asylpolitik der EU,
– unter Hinweis auf das Arbeitsdokument zur wirksamen Durchsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS), wozu auch die Aufgaben des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) gehören,
– gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres sowie die Stellungnahmen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des Entwicklungsausschusses, des Haushaltsausschusses, des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr, des Ausschusses für regionale Entwicklung, des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter sowie des Petitionsausschusses (A8-0066/2016),
A. in der Erwägung, dass der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres in der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Dezember 2014 beauftragt wurde, die zur Debatte stehenden Maßnahmen zu bewerten, Empfehlungen auszuarbeiten und dem Plenum in Form eines strategischen Initiativberichts Bericht zu erstatten;
B. in der Erwägung, dass nach Angaben von Frontex(7) 1,83 Millionen Menschen im Jahr 2015 bei dem Versuch entdeckt wurden, die Außengrenzen der EU illegal zu überschreiten, was zu einem nie dagewesenen Rekord im Vergleich zu den 282 500 Migranten, die im Verlauf des gesamten Jahres 2014 in die EU einreisten, führte; in der Erwägung, dass nach Daten der IOM/UNICEF etwa 20 % aller auf dem Seeweg ankommenden Migranten Kinder sind(8);
C. in der Erwägung, dass nach Angaben des EASO(9) im Jahr 2015 über 1,4 Millionen Anträge auf internationalen Schutz in der EU+(10) gestellt wurden, wobei die Zahlen seit April ständig gestiegen sind, der Anteil der wiederholten Anträge jedoch abgenommen hat; in der Erwägung, dass etwa 6 % der Antragsteller behaupteten, unbegleitete Minderjährige zu sein; in der Erwägung, dass im Februar 2016 22 % der in Griechenland auf dem Seeweg ankommenden Personen Frauen und 40 % Kinder waren(11);
D. in der Erwägung, dass im Sinne des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes jeder Mensch unter 18 Jahren ein Kind ist;
E. in der Erwägung, dass im Jahr 2015 laut Angaben der Internationalen Organisation für Migration(12) über 3 771 Personen im Mittelmeer zu Tode gekommen sind oder vermisst werden; und in der Erwägung, dass bis zum 8. März 2016 im Mittelmeer 444 Personen ertranken; in der Erwägung, dass 77 Kinder in den ersten neun Wochen des Jahres 2016 gestorben sind – durchschnittlich mehr als ein Kind pro Tag; in der Erwägung, dass laut neuer Daten von Europol mindestens 10 000 unbegleitete Kinder nach ihrer Ankunft in Europa verschwunden sind;
F. in der Erwägung, dass der 3. Oktober als Tag der Erinnerung an alle Männer, Frauen und Kinder, die bei dem Versuch der Flucht vor Verfolgung, Konflikten und Kriegen in ihren Ländern gestorben sind, sowie an alle Frauen und Männer, die jeden Tag ihr Leben aufs Spiel setzen, um sie zu retten, anerkannt werden sollte;
G. in Erwägung, dass einige Teile der Welt unter Krieg und Gewalt sowie den kombinierten Auswirkungen von extremer Armut, Umweltzerstörung und fehlenden Chancen für die Jugend leiden, was zu einer weiteren Zunahme der Gewalt und Unsicherheit und zu neuen Migrationsbewegungen der Bevölkerung führen kann;
Artikel 80 AEUV – Solidarität und gerechte Aufteilung der Verantwortlichkeiten, auch bei Such- und Rettungsverpflichtungen
H. in der Erwägung, dass Artikel 80 AEUV den Grundsatz der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten in das Zentrum des gesamten Systems der Union stellt und eine Rechtsgrundlage für die Umsetzung dieser Grundsätze in politische Maßnahmen der Union in den Bereichen Asyl, Migration und Grenzkontrollen darstellt;
I. in der Erwägung, dass Solidarität die Form von interner und externer Solidarität annehmen kann; in der Erwägung, dass Umsiedlung, gegenseitige Anerkennung von Asylbeschlüssen, operative Unterstützungsmaßnahmen, eine proaktive Auslegung der derzeit geltenden Dublin-Verordnung und die Richtlinie zum vorübergehenden Schutz Mittel interner Solidarität sind, während Neuansiedlung, humanitäre Aufnahmeprogramme sowie Such- und Rettungsmaßnahmen auf See externe Solidarität fördern und das Katastrophenschutzverfahren beide erfassen kann;
J. in der Erwägung, dass am 3. März 2016 von den 39 600 in Italien aufgenommenen Asylbewerbern, die auf die anderen Mitgliedstaaten verteilt werden sollten, nur 338 tatsächlich umgesiedelt wurden, während in Griechenland 322 von 66 400 vorgesehenen Asylbewerbern umgesiedelt wurden;
Bekämpfung des kriminellen Schleusertums, des Menschenhandels und der Ausbeutung der Arbeitskraft irregulärer Migranten
K. in der Erwägung, dass Schleusung von Migranten, Menschenhandel und Ausbeutung der Arbeitskraft unterschiedliche rechtliche Phänomene sind, die durch unterschiedliche Rechtsrahmen auf Ebene der EU und internationaler Ebene angegangen werden und angemessen zielgerichtete Antworten erfordern, auch wenn sie sich in der Praxis oft überschneiden; in der Erwägung, dass kriminelle Schmuggler- und Schleusernetzwerke ihre Vorgehensweise sehr schnell ändern können, so dass schnell angepasste, auf den aktuellsten und genauesten Daten basierende Antworten erforderlich sind; in der Erwägung, dass gegen die kriminelle Schleusung von Migranten gerichtete Bemühungen nicht diejenigen treffen sollten, die humanitäre Hilfe für irreguläre Migranten leisten;
L. in der Erwägung, dass die Bekämpfung der Schleusung von Migranten, des Menschenhandels und der Ausbeutung der Arbeitskraft sowohl kurz- und mittelfristige als auch langfristige Antworten erfordert, einschließlich Maßnahmen, um kriminelle Netzwerke zu zerstören und Straftäter vor Gericht zu stellen, das Sammeln und Analysieren von Daten, Maßnahmen zum Schutz von Opfern und zur Rückkehr von Migranten ohne rechtmäßigen Aufenthalt sowie die Zusammenarbeit mit Drittstaaten und längerfristige Strategien, um die Nachfrage nach Personen aus dem Menschenhandel und der Schleusung von Menschen sowie die tieferliegenden Ursachen der Migration, die Menschen in die Hände von Schmugglern zwingen, anzugehen;
Grenzmanagement und Visumpolitik sowie die Aufgaben der Grenzschutzagentur und weiterer einschlägiger Agenturen
M. in der Erwägung, dass derzeit ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren zu zahlreichen Vorschlägen der Kommission im Bereich Grenzmanagement und Visumpolitik stattfindet, insbesondere zu dem Vorschlag für eine Verordnung über den Visakodex der Union (Neufassung) (2014/0094(COD)), dem Vorschlag für eine Verordnung über die Einführung eines Rundreise-Visums (2014/0095(COD)) und dem Vorschlag für eine Verordnung über das einheitliche Visaformat: Sicherheit (2015/0134(COD)); in der Erwägung, dass in diesem Bereich kürzlich von der Kommission neue Vorschläge vorgelegt worden sind, die im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren bearbeitet werden;
N. in der Erwägung, dass die Abschaffung interner Grenzkontrollen Hand in Hand gehen muss mit einem wirksamen Grenzmanagement an den Außengrenzen mit hohen gemeinsamen Standards, einem wirksamen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und uneingeschränkter Achtung der Grundrechte aller;
O. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament gefordert hat, die Fähigkeit der Grenzschutzagentur der Union, mutmaßlichen Grundrechtsverletzungen nachzugehen, auch im Rahmen ihrer Arbeitsvereinbarungen mit den zuständigen Behörden von Drittländern zu verbessern, und in der Erwägung, dass der Vorschlag der Kommission für eine neue Grenzschutzagentur der Union ein Beschwerdeverfahren beinhaltet;
P. in der Erwägung, dass der derzeit geltende Visakodex den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumt, von den normalen Zulässigkeitsbedingungen für Visa aus humanitären Gründen (Artikel 19 und 25) abzuweichen;
Ausarbeitung sicherer und legaler Wege für Asylbewerber und Flüchtlinge in die EU, einschließlich einer Neuansiedlungspolitik der Union und entsprechender Integrationsmaßnahmen
Q. in der Erwägung, dass 86 % der Flüchtlinge weltweit Zuflucht in nicht industrialisierten Ländern finden; in der Erwägung, dass kriminelle Netzwerke und Schmuggler die Verzweiflung der Menschen ausnutzen, die vor Verfolgung und Krieg fliehen und in die EU gelangen wollen;
R. in der Erwägung, dass es nur begrenzt legale und sichere Wege der Einreise für Flüchtlinge in die EU gibt und viele weiterhin das Risiko auf sich nehmen, sich auf gefährliche Reisen zu begeben; in der Erwägung, dass die Schaffung neuer sicherer und legaler Wege der Einreise für Asylbewerber und Flüchtlinge in die EU, die auf bestehenden Rechtsvorschriften und Praktiken beruhen, der EU und den Mitgliedstaaten ermöglichen würde, eine bessere Übersicht über den Schutzbedarf und die Einreise in die EU zu haben sowie das Geschäftsmodell der Schmuggler zu untergraben;
Strategie zur Zusammenarbeit mit Drittstaaten, insbesondere in Bezug auf regionale Schutzprogramme, Neuansiedlung, Rückführung und Bekämpfung der Ursachen der Migration
S. in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit der EU mit Drittländern durch politische Instrumente wie regionale Dialoge, bilaterale Dialoge, die Gemeinsame Agenda für Migration und Mobilität und Mobilitätspartnerschaften, durch rechtliche Instrumente wie Migrationsklauseln in „globalen Vereinbarungen“, Rückübernahmeabkommen, Abkommen über Visaerleichterungen und Abkommen über die Befreiung von der Visumpflicht und durch operative Instrumente wie regionale Schutzprogramme, regionale Entwicklungs- und Schutzprogramme, Frontex-Arbeitsvereinbarungen und die Zusammenarbeit des EASO mit Drittstaaten entwickelt wird;
T. in der Erwägung, dass einzelne Mitgliedstaaten weiterhin intensives außenpolitisches Handeln im Bereich Migration auf bilateraler Ebene entwickeln;
U. in der Erwägung, dass die EU ihre externe Zusammenarbeit mit Drittländern im Bereich Migration und Asyl intensiviert hat, um in angemessener Weise auf die derzeitige Flüchtlingskrise zu reagieren, und neue Initiativen der Zusammenarbeit wie den gemeinsamen Aktionsplan der EU und der Türkei, die Verpflichtungen auf der Westbalkanroute und den auf dem Gipfeltreffen in Valletta angenommenen Aktionsplan in die Wege geleitet hat;
Ausarbeitung angemessener legaler Wege der Migration aus wirtschaftlichen Gründen
V. in der Erwägung, dass die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter in der EU Schätzungen zufolge bis 2020 um 7,5 Millionen sinken wird; in der Erwägung, dass Prognosen zur Entwicklung der Erfordernisse des Arbeitsmarkts in der EU auf einen entstehenden und zukünftigen Mangel in speziellen Bereichen hinweisen; in der Erwägung, dass Drittstaatsangehörige viele Schwierigkeiten haben, ihre ausländischen Abschlüsse anerkennen zu lassen, und daher für ihre Arbeit eher überqualifiziert sind;
W. in der Erwägung, dass der Ansatz der EU zur Arbeitskräftemigration mit zahlreichen Richtlinien für bestimmte Arbeitnehmergruppen und Drittstaatsangehörige, die unter bestimmten Bedingungen arbeiten dürfen, fragmentiert ist; in der Erwägung, dass dieser Ansatz nur kurzfristigen, spezifischen Bedürfnissen dienen kann;
Analyse der Art und Weise, wie Mittel im Bereich Inneres, darunter Nothilfemittel, auf dem Gebiet Migration und Entwicklung ausgegeben werden
X. in der Erwägung, dass es verschiedene EU-Finanzinstrumente zur Finanzierung der Tätigkeit von Mitgliedstaaten und von Drittstaaten im Bereich Migration, Asyl und Grenzmanagement gibt; in der Erwägung, dass Finanzmittel für Mitgliedstaaten vor allem durch den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) und den Fonds für die innere Sicherheit (ISF) verteilt werden, aber zahlreiche andere Programme und Fonds für Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Migration verwendet werden können; in der Erwägung, dass die Finanzmittel für Drittstaaten zwar im Wesentlichen durch das Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit verteilt, aber von zahlreichen Generaldirektionen der Kommission und dem Europäischen Auswärtigen Dienst verwaltet werden;
Y. in der Erwägung, dass die bestehende Fragmentierung der Haushaltslinien und Verantwortlichkeiten es schwierig machen kann, einen umfassenden Überblick über die Verwendung der Fonds und sogar über die genaue Quantifizierung der im Bereich der Migration von der EU ausgegebenen Mittel zu geben;
Wirksame Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, einschließlich der Aufgaben des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen
Z. in der Erwägung, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) gemeinsame Regeln für eine gemeinsame Asylpolitik, einen gemeinsamen Asylstatus sowie gemeinsame Asylverfahren, die EU-weit gültig sind, enthält; in der Erwägung jedoch, dass viele Warnsignale, einschließlich der von der Kommission angenommenen Entscheidungen über Vertragsverletzungen zeigen, dass das GEAS in vielen Mitgliedstaaten noch nicht vollständig umgesetzt wurde; in der Erwägung, dass eine Umsetzung wesentlich ist, um einzelstaatliche Rechtsvorschriften zu harmonisieren und Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern, und in der Erwägung, dass Mitgliedstaaten von dem EASO Unterstützung anfordern können, um die Anforderungen des GEAS zu erfüllen; in der Erwägung, dass mit der Harmonisierung der Aufnahmebedingungen und Asylverfahren eine hohe Belastung für Staaten vermieden werden kann, die bessere Bedingungen anbieten und eine Schlüsselposition für die Aufteilung der Verantwortlichkeiten innehaben;
AA. in der Erwägung, dass die derzeitigen Mechanismen des Dublin-Systems nicht objektiv waren und keine fairen Kriterien für die Zuweisung von Zuständigkeiten für Anträge auf internationalen Schutz festgelegt sowie keinen schnellen Zugang zum Schutz gewährt haben; in der Erwägung, dass das System in der Praxis nicht angewendet wird und mit zwei Beschlüssen des Rates zu vorübergehenden Umsiedlungen ausdrückliche Ausnahmen angenommen wurden; in der Erwägung, dass die Kommission einen Vorschlag für eine grundlegende Überarbeitung der Dublin-III-Verordnung bis März 2016 angekündigt hatte;
AB. in der Erwägung, dass Artikel 3 der Genfer Flüchtlingskonvention vorsieht, dass die Mitgliedstaaten Flüchtlinge nicht aus Gründen der Rasse, der Religion oder des Herkunftslandes unterschiedlich behandeln;
Solidarität
1. verweist darauf, dass Solidarität der Grundsatz sein muss, auf dem die Tätigkeit der EU im Bereich der Migration basiert; stellt fest, dass der Grundsatz der Solidarität gemäß Artikel 80 AEUV die Bereiche Asyl, Immigration und Grenzkontrollen abdeckt; ist der Ansicht, dass Artikel 80 in Verbindung mit Artikel 77-79 AEUV eine Rechtsgrundlage für die Umsetzung des Grundsatzes der Solidarität in diesen Bereichen darstellt;
Suche und Rettung
2. geht davon aus, dass das Retten von Menschenleben oberste Priorität haben muss und dass – sowohl auf Ebene der Europäischen Union als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten – die ordnungsgemäße Finanzierung der Such- und Rettungsoperationen wesentlich ist; stellt fest, dass es einen Anstieg von irregulären Ankünften auf dem Seeweg und einen alarmierenden Anstieg von Toten auf See gegeben hat und noch immer eine adäquate europäische Antwort fehlt;
3. erinnert daran, dass das Retten von Leben ein Akt der Solidarität mit denjenigen ist, die sich in Gefahr befinden, aber auch eine völkerrechtliche Verpflichtung, da Artikel 98 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen, das von allen Mitgliedstaaten und der Union selbst ratifiziert wurde, vorschreibt, dass jeder Person in Seenot Hilfe zu leisten ist;
4. ist der Ansicht, dass eine dauerhafte, robuste und wirksame Reaktion der EU bei Such- und Rettungsoperationen auf See von entscheidender Bedeutung ist, um zu verhindern, dass die Zahl der Todesopfer unter Migranten, die versuchen, das Mittelmeer zu überqueren, weiter in die Höhe schnellt;
5. schlägt in diesem Zusammenhang vor, dass Such- und Rettungskapazitäten verstärkt werden müssen und dass die Regierungen der Mitgliedstaaten mehr Ressourcen – finanzielle Hilfe und Mittel – im Rahmen eines EU-weiten humanitären Einsatzes bereitstellen müssen, der das Ziel verfolgt, Migranten in Gefahr zu finden, zu retten, ihnen zu helfen, und sie zum nächstgelegenen sicheren Ort zu bringen;
6. hebt hervor, dass für private Kapitäne oder nichtstaatliche Organisationen, die Menschen in Seenot tatsächlich helfen, nicht das Risiko einer Bestrafung wegen dieser Hilfeleistung bestehen sollte; ist der Ansicht, dass die Handelsschifffahrt nicht als Ersatzoption für die Erfüllung von Such- und Rettungsverpflichtungen der Mitgliedstaaten und der EU betrachtet werden sollte;
Bekämpfung von Menschenhandel und kriminellem Schleusertum
7. fordert eine klare Unterscheidung zwischen in die Europäische Union geschleusten Personen und Opfern von Menschenhandel in die Union, wobei die politischen Antworten hierauf sowohl richtig integriert als auch zielgerichtet sein müssen; stellt fest, dass generell betrachtet, kriminelles Schleusen von Migranten die Ermöglichung der illegalen Einreise einer Person in einen Mitgliedstaat umfasst, während Menschenhandel dagegen in der Anwerbung, dem Transport oder dem Empfang einer Person durch den Einsatz von Gewalt, Betrug oder Missbrauch zum Zwecke der Ausbeutung besteht;
8. ist der Ansicht, dass jeder ganzheitliche Ansatz zur Migration notwendigerweise Maßnahmen zur Störung von Aktivitäten krimineller Netzwerke, die an Menschenhandel und Menschenschmuggel beteiligt sind, enthalten muss;
9. begrüßt die positive Rolle, die Marineschiffe bisher übernommen haben, um Leben auf dem Meer zu retten und kriminelle Netzwerke zu zerstören; unterstützt die Ziele von Marineoperationen, wie der Operation Sophia; betont, dass Leben geschützt werden müssen, und hebt hervor, dass bei der Operation in jeder Hinsicht sichergestellt werden muss, dass das Leben der Migranten geschützt wird;
10. hebt hervor, dass Militäroperationen nicht der vorrangige Aspekt eines ganzheitlichen Ansatzes zur Migration sein sollten, und bekräftigt, dass die Operation Sophia nicht dazu führen darf, dass bereits im Mittelmeer genutzte Mittel davon abgelenkt werden, Leben zu retten;
Rolle der Agenturen der Union im Kampf gegen kriminelles Schmuggeln
11. verweist darauf, dass die politischen Antworten den aktuellsten und genauesten Daten angepasst werden müssen, da Kriminelle ihre Vorgehensweise sehr schnell ändern können und ändern; nimmt als positiven Fortschritt die Annahme des Aktionsplans gegen die Schleusung von Migranten durch die Kommission am 27. Mai 2015 („Aktionsplan gegen die Schleusung“) zur Kenntnis, der die Schaffung einer Kontaktgruppe der EU-Agenturen zum Thema Schleusung von Migranten vorsieht, um die operative Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zu stärken;
12. betont, dass alle vorhandenen Instrumente, wie etwa die Risikobewertungen der Agenturen, in vollem Umfang genutzt werden sollten; stellt fest, dass die EU-Agenturen uneingeschränkt zusammenarbeiten, aber auch die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten vorantreiben sollten; stellt fest, dass durch eine bessere Koordinierung der Bemühungen Daten auf einzelstaatlicher Ebene gesammelt und an die Agenturen weitergeleitet werden könnten;
Umsiedlung
13. erinnert daran, dass der Prozess der Umsiedlung – d. h. die Überstellung von Personen, die internationalen Schutz beantragt haben oder genießen, von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat – ein praktisches Beispiel der Solidarität innerhalb der Europäischen Union ist; erinnert ferner daran, dass das Europäische Parlament seit 2009 einen verbindlichen Mechanismus für die Verteilung von Asylbewerbern auf die Mitgliedstaaten fordert;
14. stellt fest, dass der Rat im letzten Jahr zwei Beschlüsse über vorübergehende Umsiedlungsmaßnahmen in der Union („Umsiedlungsbeschlüsse“)(13) angenommen hat und dass diese die Überstellung von Personen, die internationalen Schutz beantragen, von Griechenland und Italien in andere Mitgliedstaaten beinhalten; stellt fest, dass diese Umsiedlungsbeschlüsse eine vorübergehende Aussetzung der Dublin-Regeln darstellen, obwohl sie die Dublin-Regeln über die Zuteilung von Zuständigkeiten nicht aufheben;
15. ist der Auffassung, dass das Ergreifen dringender Umsiedlungsmaßnahmen ein Schritt in die richtige Richtung ist, und fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Verpflichtungen in Bezug auf diese Maßnahmen so schnell wie möglich zu erfüllen;
16. erinnert daran, dass für die Zwecke der Umsiedlungsbeschlüsse von der Umsiedlung nur Personen betroffen sein werden, die Staaten angehören, bei deren Staatsangehörigen der Anteil der Entscheidungen zur Gewährung internationalen Schutzes in der Union in den vorangegangenen drei Monaten Eurostat-Daten zufolge mindestens 75 % betragen hat; stellt fest, dass die Umsiedlungsbeschlüsse relativ wenige Menschen betreffen und sehr viele Antragsteller außer Acht lassen werden, die aus anderen Drittstaaten kommen und die nach diesen Beschlüssen nicht umgesiedelt werden können;
17. ist besorgt darüber, dass nach den derzeitigen Umsiedlungsbeschlüssen Mitgliedstaaten der Erstankunft weiterhin die schwierigeren Anträge auf internationalen Schutz (und Rechtsbehelfe) bearbeiten, längere Zeiträume für die Aufnahme organisieren und die Rückkehr derjenigen koordinieren müssen, die sich endgültig nicht auf den internationalen Schutz berufen können; bekräftigt, dass jedes neue Verwaltungssystem des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems auf dem Grundsatz der Solidarität und einer gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten beruhen muss;
18. ist der Ansicht, dass zusätzlich zu den Kriterien in den Umsiedlungsbeschlüssen, nämlich das BIP des Mitgliedstaats, die Bevölkerungszahl des Mitgliedstaats, die Arbeitslosenquote in dem Mitgliedstaat und die bisherige Zahl von Asylbewerbern in dem Mitgliedstaat, zwei weitere Kriterien berücksichtigt werden sollten, nämlich die Größe des Hoheitsgebiets des Mitgliedstaats und die Bevölkerungsdichte des Mitgliedstaats;
19. ist der Ansicht, dass die Präferenzen des Antragstellers, soweit in der Praxis möglich, bei der Durchführung der Umsiedlung berücksichtigt werden sollten; weist darauf hin, dass dies ein Weg ist, Sekundärmigration zu vermeiden und die Antragsteller selbst zu ermutigen, die Umsiedlungsentscheidung anzunehmen, dass dadurch der Umsiedlungsprozess jedoch nicht gestoppt werden sollte;
Neuansiedlung
20. ist der Auffassung, dass Neuansiedlung eine der bevorzugten Möglichkeiten für die Gewährung einer sicheren und legalen Einreise in die EU für Flüchtlinge und für Personen ist, die internationalen Schutz benötigen, wenn die Flüchtlinge weder in ihre Heimat zurückkehren, noch wirksamen Schutz erhalten oder in dem Gastland integriert werden können;
21. stellt ferner fest, dass Neuansiedlung in Zusammenarbeit mit dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) ein gut etabliertes humanitäres Programm und ein nützliches Instrument für die Verwaltung der geordneten Einreise von Personen, die internationalen Schutz benötigen, in die Hoheitsgebiete von Mitgliedstaaten ist;
22. hebt hervor, dass die EU angesichts des nie dagewesenen Zustroms von Migranten, die weiterhin die Außengrenzen der Union erreichen, und der steten Zunahme der Zahl von Menschen, die internationalen Schutz beantragen, einen verbindlichen und obligatorischen Rechtssetzungsansatz in Bezug auf Neuansiedlungen benötigt, wie dies in der Agenda für Migration der Kommission dargelegt ist; empfiehlt, dass ein solcher Ansatz angesichts der Gesamtzahl von Flüchtlingen, die internationalen Schutz in der EU suchen, nur eine Wirkung entfalten kann, wenn er die Neuansiedlung einer bedeutenden Zahl von Flüchtlingen ermöglicht, wobei der globale Neuansiedlungsbedarf, den das UNHCR jährlich veröffentlicht, zu berücksichtigen ist;
23. hebt hervor, dass Bedarf für ein dauerhaftes, EU-weites Neuansiedlungsprogramm mit verpflichtender Teilnahme aller Mitgliedstaaten besteht, das in Bezug auf die Gesamtzahl der Flüchtlinge, die in der EU Schutz suchen, die Neuansiedlung einer bedeutenden Anzahl von Flüchtlingen ermöglicht;
Aufnahme aus humanitären Gründen
24. verweist darauf, dass die Aufnahme aus humanitären Gründen als Ergänzung zur Neuansiedlung genutzt werden kann, um den am stärksten gefährdeten Menschen, wie unbegleiteten Minderjährigen, Flüchtlingen mit Behinderungen oder Personen, die dringend medizinischer Evakuierung bedürfen, – häufig vorübergehend – schnellen Schutz zu bieten;
25. hebt hervor, dass allen Mitgliedstaaten nahegelegt werden sollte, humanitäre Aufnahmeprogramme einzurichten und umzusetzen, wenn die Neuansiedlung für Drittstaatsangehörige nicht möglich ist;
Visa aus humanitären Gründen
26. weist darauf hin, dass Visa aus humanitären Gründen Personen, die internationalen Schutz brauchen, die Möglichkeit geben, in ein Drittland einzureisen, um Asyl zu beantragen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die bestehenden Möglichkeiten der Ausstellung von Visa aus humanitären Gründen in Botschaften und Konsulaten der EU in Herkunftsländern oder Transitstaaten, insbesondere für schutzbedürftige Personen, zur Anwendung zu bringen;
27. ist der Ansicht, dass es Personen, die um internationalen Schutz ersuchen, möglich sein sollte, direkt in jedem Konsulat und jeder Botschaft der Mitgliedstaaten ein Europäisches Visum aus humanitären Gründen zu beantragen und, wenn es nach Beurteilung gewährt wird, solch ein Visum aus humanitären Gründen es dem Inhaber erlauben sollte, in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats einzureisen, allein zu dem Zweck, dort einen Antrag auf internationalen Schutz einzureichen; ist daher der Ansicht, dass der Visakodex der EU geändert werden sollte, und zwar indem speziellere Bestimmungen über Visa aus humanitären Gründen eingefügt werden;
Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS)
28. verweist darauf, dass weitere Schritte notwendig sind, damit das GEAS wirklich ein einheitliches System wird;
29. verweist darauf, dass eine umfassende Bewertung der Umsetzung dieses Pakets (in Form von Evaluierungsberichten der Kommission), gefolgt von einer schnellen Weiterverfolgung für den Fall, dass die Umsetzung in bestimmten Mitgliedstaaten nicht zufriedenstellend ist, absolut notwendig ist, um die Harmonisierung zu verbessern;
30. stellt fest, dass zum Beispiel unzulässige Anträge, Folgeanträge, beschleunigte Verfahren und Grenzverfahren sämtlich besondere Verfahren sind, in denen mit der Neufassung der Asylverfahrensrichtlinie versucht wurde, einen ausgewogenen Ausgleich zwischen der Wirksamkeit des Systems und den Rechten der Antragsteller, insbesondere für schutzbedürftige Personen, zu schaffen; betont, dass dieser Ausgleich nur erreicht werden kann, wenn die Rechtsvorschriften vollständig und ordnungsgemäß umgesetzt werden;
31. betont die Bedeutung der rechtlichen Kontrolle aller Formen von Inhaftierung gemäß den Einwanderungs- und Asylgesetzen; weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten sowohl nach dem Völkerrecht als auch nach der Charta der Grundrechte der EU verpflichtet sind, Alternativen zur Inhaftierung zu prüfen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Richtlinie über Asylverfahren und die Richtlinie über die Aufnahmebedingungen im Hinblick auf Inhaftierungszentren ordnungsgemäß umzusetzen;
32. erinnert daran, dass es wichtig ist, die Zahl der Staatenlosen zu reduzieren und fordert die Mitgliedstaaten auf, Verfahren zur Bestimmung der Staatenlosigkeit zu entwickeln und sich zu bewährten Verfahren zur Erhebung von zuverlässigen Daten über Staatenlose und zur Bestimmung der Staatenlosigkeit auszutauschen;
Überarbeitung der Dublin-III-Verordnung
33. stellt fest, dass die Funktionsweise der Dublin-III-Verordnung(14) viele Fragen aufgeworfen hat, die mit Fairness und Solidarität bei der Bestimmung des für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verantwortlichen Mitgliedstaats verbunden sind; ist der Ansicht, dass der besondere Migrationsdruck, der auf den an den EU-Außengrenzen gelegenen EU-Mitgliedstaaten lastet, durch das derzeitige System nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt wird; ist der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten die anhaltenden Schwierigkeiten mit der Dublin-Logik akzeptieren müssen und die Europäische Union Optionen für Solidarität sowohl unter den Mitgliedstaaten als auch gegenüber den betroffenen Migranten entwickeln muss;
34. weist darauf hin, dass der Druck auf das – von der Dublin-Verordnung vorgesehene – System durch die steigende Zahl der in der EU ankommenden Flüchtlinge gezeigt hat, dass das System, so wie es umgesetzt wurde, die beiden vorrangigen Ziele, objektive und faire Kriterien für die Zuweisung von Zuständigkeiten festzulegen und schnell internationalen Schutz zu gewähren, im Wesentlichen verfehlt hat; bekräftigt seine Vorbehalte gegen das Kriterium, wonach gegenwärtig der Mitgliedstaat der ersten Einreise für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, und ist der Ansicht, dass dieses Kriterium überarbeitet werden sollte;
35. weist ferner darauf hin, dass es gleichzeitig innerhalb der EU häufig zu Sekundärmigration kommt; sieht es als offensichtlich an, dass das Dublin-System seit seiner Einrichtung nicht dafür geschaffen war, Verantwortlichkeiten zwischen den Mitgliedstaaten zu verteilen, sondern hauptsächlich dem Zweck diente, die Zuständigkeit für die Bearbeitung von Asylanträgen schnell einem einzelnen Mitgliedstaat zuzuweisen;
36. empfiehlt, dass die Kriterien, auf die sich die Umsiedlungsbeschlüsse stützen, unmittelbar in die Standards der Union für die Zuteilung von Zuständigkeiten für die Bearbeitung von Anträgen auf internationalen Schutz aufgenommen werden sollten; betont, dass es bei der Überarbeitung der Dublin-Verordnung das Konzept der „Personen, die eindeutig internationalen Schutz benötigen“ zu prüfen ist, da die Migranten und Flüchtlinge, die nicht in diese Kategorie fallen, weiterhin in die Zuständigkeit des Mitgliedstaats der Erstankunft fallen;
37. ist der Ansicht, dass die Europäische Union denjenigen Mitgliedstaaten, die die meisten Asylanträge erhalten, angemessene und geeignete finanzielle und technische Unterstützung bereitstellen sollte; ist der Auffassung, dass der Sinn der Anwendung von Maßnahmen zur Solidarität und Aufteilung der Verantwortlichkeiten darin besteht, die Qualität und das Funktionieren des GEAS zu verbessern;
38. weist darauf hin, dass eine Möglichkeit für eine grundlegende Überarbeitung des Dublin-Systems die Einrichtung einer zentralen Sammlung der Anträge auf Ebene der Union – wobei jeder Asylbewerber als Person betrachtet würde, die Asyl in der gesamten Union und nicht in einem einzelnen Mitgliedstaat sucht – und die Schaffung eines zentralen Systems für die Zuteilung der Zuständigkeit für alle Personen, die Asyl in der EU suchen, wäre; schlägt vor, dass ein solches System bestimmte Schwellenwerte pro Mitgliedstaat vorsehen könnte, womit möglicherweise der Sekundärmigration entgegengewirkt werden könnte, da alle Mitgliedstaaten vollständig an dem zentralen System beteiligt wären und keine individuelle Verantwortung für die Zuteilung der Antragsteller an andere Mitgliedstaaten mehr trügen; ist der Ansicht, dass ein solches System auf der Grundlage vieler Hotspots der EU funktionieren könnte, von denen aus die Verteilung in der Union stattfinden sollte; hebt hervor, dass bei einem neuen System der Zuweisung von Zuständigkeiten die Schlüsselkonzepte Einheit der Familie und Kindeswohl berücksichtigt werden müssen;
Gegenseitige Anerkennung
39. stellt fest, dass derzeit Mitgliedstaaten Asylentscheidungen anderer Mitgliedstaaten nur anerkennen, wenn sie negativ sind; bekräftigt, dass die gegenseitige Anerkennung positiver Asylentscheidungen ein logischer Schritt zur ordnungsgemäßen Umsetzung von Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe a AEUV wäre, in dem ein in der ganzen Union gültiger einheitlicher Asylstatus gefordert wird;
Richtlinie zum vorübergehenden Schutz
40. verweist darauf, dass die Kommission im Fall eines Massenzustroms auf eigene Initiative oder nach Prüfung eines Antrags eines Mitgliedstaats vorschlagen kann, die Richtlinie 2001/55/EG des Rates über vorübergehenden Schutz (Richtlinie über vorübergehenden Schutz) zu aktivieren(15); stellt fest, dass dazu ein Beschluss des Rates erforderlich ist, der mit qualifizierter Mehrheit ergeht; stellt fest, dass die Richtlinie aktiviert werden sollte, wenn die Gefahr besteht, dass das Asylsystem der Union den Massenzustrom oder bevorstehenden Massenzustrom von Vertriebenen nicht zu bewältigen vermag; betont jedoch, dass die Richtlinie über vorübergehenden Schutz seit ihrer Annahme 2001 nie angewandt wurde;
41. stellt fest, dass die Richtlinie zum vorübergehenden Schutz auch die Möglichkeit der Evakuierung Vertriebener aus Drittstaaten vorsieht und dass diese Evakuierung die Nutzung humanitärer Korridore in Zusammenarbeit mit dem UNHCR ermöglichen würde, wobei die Mitgliedstaaten verpflichtet wären, den Vertriebenen erforderlichenfalls geeignete Hilfestellung zur Erlangung der erforderlichen Visa zu gewähren;
42. ist der Ansicht, dass die Asylsysteme einiger Mitgliedstaaten an den Außengrenzen bereits jetzt offensichtlich überlastet sind und dass die Richtlinie zum vorübergehenden Schutz somit nach ihrer eigenen Logik bereits hätte aktiviert werden müssen; fordert bei der Überarbeitung dieser Richtlinie in jedem Fall eine klare Definition des Begriffs „Massenzustrom“; ist sich des Umstands bewusst, dass die Überarbeitung der Richtlinie zum vorübergehenden Schutz im Rahmen des Dublin-Systems erfolgen kann;
Integration
43. stellt fest, dass die Teilhabe aller Akteure der Gesellschaft wesentlich ist, und schlägt daher vor, den Austausch bewährter Verfahren auf dem Gebiet der Integration zu intensivieren, wobei die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für Integrationsmaßnahmen beachtet wird; betont, dass die Integrationsmaßnahmen für alle Drittstaatsangehörigen mit legalem Wohnsitz eher Inklusion statt Isolation fördern sollte; stellt fest, dass die lokalen und regionalen Behörden, einschließlich der Kommunen, eine wesentliche Rolle beim Integrationsprozess spielen;
44. betont, dass die Aufnahmemitgliedstaaten Flüchtlingen Unterstützung und Möglichkeiten bieten müssen, sich zu integrieren und ein neues Leben in ihrer neuen Gesellschaft aufzubauen; stellt fest, dass dazu unbedingt Unterkunft, Alphabetisierungs‑ und Sprachkurse, interkultureller Dialog, allgemeine und berufliche Bildung und auch effektiver Zugang zu den demokratischen Strukturen in der Gesellschaft gehören, wie dies in der Anerkennungsrichtlinie(16) vorgesehen ist; stellt fest, dass Flüchtlinge, wie Unionsbürger auch, Rechte und Pflichten in den Aufnahmemitgliedstaaten haben; betont daher, dass Integration ein wechselseitiger Prozess ist und dass die Achtung der Werte, auf denen die EU beruht, wie die Achtung der Grundrechte der Flüchtlinge, integraler Bestandteil des Integrationsprozesses, sein muss;
45. erinnert daran, dass gemäß Artikel 15 der Richtlinie über Aufnahmebedingungen die Mitgliedstaaten die Voraussetzungen festlegen, unter denen Personen, die internationalen Schutz beantragen, Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt wird, wobei dieser Zugang wirksam und im Einklang mit dem Zeitrahmen von Artikel 15 Absatz 1 sein muss; ist sich des Umstands bewusst, dass die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 15 Absatz 2 aus beschäftigungspolitischen Gründen Bürgern der Union, Angehörigen der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und Drittstaatsangehörigen mit Aufenthaltstitel Vorrang einräumen können;
46. ist der Ansicht, dass Personen, denen in der Union internationaler Schutz gewährt wird und eine Stelle in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem ihnen internationaler Schutz gewährt wurde, angeboten wird, die Möglichkeit haben sollten, dieses Angebot anzunehmen;
47. bekräftigt, dass die bessere Anerkennung ausländischer Qualifikationen ein praktischer Weg ist, damit sich diese Drittstaatsangehörigen, die sich bereits in der Union aufhalten, besser integrieren können, und fordert die Kommission auf, geeignete Vorschläge in dieser Hinsicht vorzulegen;
48. fordert private und lokale Integrationsprogramme für die Personen, die für eine Neuansiedlung akzeptiert wurden, in Zusammenarbeit mit Mitgliedstaaten und lokalen Behörden und unter Beachtung bewährter Verfahren der Mitgliedstaaten und lokalen Behörden;
Einheit der Familie
49. fordert die Mitgliedstaaten auf, sich darum zu bemühen, dass Familien zusammenbleiben, weil dies langfristig die Integrationsaussichten fördert, da der Aufbau eines neuen Lebens und nicht die Sorge um Familienmitglieder, die sich noch nicht in Sicherheit befinden, im Mittelpunkt steht;
50. hebt hervor, dass die Mitgliedstaaten rechtliche und praktische Hindernisse überwinden sollten, um zügigere Entscheidungen zu Familienzusammenführungen zu treffen;
51. empfiehlt, dass die Mitgliedstaaten bis zur grundlegenden Überarbeitung der Dublin-Verordnung stärker die Ermessensklauseln nutzen sollten, um den Grundsatz der Einheit der Familie zu achten;
Kinder
52. betont die schutzbedürftige Position von in der EU ankommenden Kindern und bekräftigt das Recht eines jeden Kindes, vor allem als Kind behandelt zu werden; fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, die spezifischen Bestimmungen des GEAS betreffend unbegleitete Minderjährige, einschließlich betreffend den Zugang zu Rechtsbeihilfe, Vormundschaft, Anspruch auf Gesundheitsdienste, Unterkunft und Bildung sowie das Recht, in einer für sie verständlichen Sprache angesprochen und von ordnungsgemäß geschulten Staatsbediensteten interviewt zu werden, in vollem Umfang anzuwenden; bekräftigt, dass Mitgliedstaaten Kinder nicht deshalb in Haft nehmen sollten, weil sie Migranten sind;
53. erinnert daran, dass Unterstützung, Information und Schutz auf unbegleitete und von ihren Familien getrennte Kinder zu deren Wohl ausgeweitet werden sollte und dass von unbegleiteten und von ihren Familien getrennten Kindern eingereichte Anträge auf Familienzusammenführung vorrangig behandelt werden sollten;
54. stellt fest, dass eine effektive Vormundschaft und ein kindgerechtes Schutzsystem zur Vorbeugung von Missbrauch, Vernachlässigung und Ausbeutung von Kindern, denen elterliche Fürsorge fehlt, von entscheidender Bedeutung sind; weist auf die Bedeutung der Festlegung von EU-Leitlinien für ein Vormundschaftssystem hin, die darauf abzielen, angemessene Unterstützung und angemessenen Schutz zu bieten und sicherzustellen, dass ausländische und inländische Kinder gleich behandelt werden;
55. vertritt den Standpunkt, dass die Altersprüfung auf eine multidisziplinäre und sichere Art und Weise mit den schonendsten Methoden sowie unter Wahrung der körperlichen Unversehrtheit und menschlichen Würde des Kindes, insbesondere im Hinblick auf Mädchen, durchgeführt werden und von unabhängigen, qualifizierten Fachkräften und Experten vorgenommen werden sollte;
56. fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, aufgeschlüsselte Daten über die Situation von Kindern unter Flüchtlingen und Migranten zu sammeln, um die Systeme besser für die Integration von Kindern unter Flüchtlingen und Migranten zu rüsten;
Rückführung
57. ist sich des Umstands bewusst, dass die sichere Rückführung von Menschen, die nach einer individuellen Prüfung ihres Asylantrags keinen Anspruch auf Schutz in der EU haben, im Rahmen einer ordnungsgemäßen Umsetzung des GEAS erfolgen muss;
58. erkennt an, dass die Wirksamkeit des Rückführungssystems der Union angesichts der Tatsache, dass 36 % der Drittstaatsangehörigen, die im Jahr 2014 angewiesen wurden, die EU zu verlassen, tatsächlich zurückkehrten, verbessert werden muss;
59. vertritt den Standpunkt, dass es im Hinblick darauf, die Effizienz der Rückübernahmen zu erhöhen und die Kohärenz der Rückführungen auf europäischer Ebene zu gewährleisten, notwendig sein wird, neue Rückübernahmeabkommen der EU abzuschließen, die Vorrang vor bilateralen Vereinbarungen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern haben sollten;
60. ist der Ansicht, dass die Rückführung von Migranten nur sicher, unter Einhaltung der Grund- und Verfahrensrechte der betreffenden Migranten und in für sie sichere Länder durchgeführt werden darf; bekräftigt, dass eine freiwillige Rückkehr Vorrang vor einer erzwungenen Rückkehr haben sollte;
61. ist der Ansicht, dass Mitgliedstaaten, die Migranten „zurückweisen“, ohne ihnen die Möglichkeit zu geben, einen Asylantrag zu stellen, gegen das Recht der EU und das Völkerrecht verstoßen, und schlägt vor, dass die Kommission geeignete Maßnahmen gegen Mitgliedstaaten ergreift, die dies versuchen;
Liste sicherer Herkunftsstaaten
62. erkennt den jüngsten Vorschlag der Kommission für eine EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten an, mit der die Asylverfahrensrichtlinie geändert werden soll(17); stellt fest, dass eine solche EU-Liste – wenn sie für die Mitgliedstaaten verpflichtend wäre – grundsätzlich ein wichtiges Instrument für die Erleichterung des Asylverfahrens einschließlich der Rückführung sein könnte;
63. bedauert die derzeitige Lage, in der die Mitgliedstaaten unterschiedliche Listen verwenden, die unterschiedliche sichere Länder enthalten, was eine einheitliche Anwendung behindert und die Sekundärmigration fördert;
64. betont, dass eine Liste sicherer Herkunftsstaaten nicht von dem Grundsatz ablenken sollte, dass jeder Mensch das Recht auf eine angemessene individuelle Prüfung seines Antrags auf internationalen Schutz hat;
Vertragsverletzungsverfahren
65. stellt fest, dass die Kommission im September 2015 verpflichtet war, zusätzlich zu den bereits 34 anhängigen Verfahren 40 Vertragsverletzungsbeschlüsse im Zusammenhang mit der Umsetzung des GEAS gegen 19 Mitgliedstaaten anzunehmen; bekräftigt, dass das Parlament umfassend über die Verfahren unterrichtet werden sollte, die die Kommission gegen Mitgliedstaaten einleitet, die Rechtsvorschriften der Union in diesem Bereich nicht oder noch nicht ordnungsgemäß umgesetzt haben;
66. betont erneut, wie wichtig es ist, dass die Mitgliedstaaten, wenn sich einmal auf Rechtsvorschriften der Union geeinigt wurde und diese angenommen wurden, ihren Teil der Vereinbarung erfüllen und diese Rechtsvorschriften umsetzen;
67. stellt ferner fest, dass es unmöglich ist, die Vorteile und Nachteile bestimmter Elemente des GEAS zu bewerten, da viele Mitgliedstaaten die Rechtsvorschriften nicht vollständig umgesetzt haben;
Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO)
68. empfiehlt, das EASO langfristig zu einer Hauptkoordinationsstelle des GEAS aufzubauen, um eine gemeinsame Anwendung der Regeln dieses Systems sicherzustellen; bekräftigt, dass sich das EASO von einer Ansammlung von Experten aus den Mitgliedstaaten in eine vollwertige Agentur der EU entwickeln muss, die den Mitgliedstaaten und an den Außengrenzen operative Unterstützung leistet, wenn das GEAS wirklich europäisch wird; betont, dass es in diesem Zusammenhang kurz‑, mittel‑ und langfristig mit den notwendigen Mitteln und dem notwendigen Personal ausgestattet werden muss;
69. stellt fest, dass im EASO-Haushalt für 2015 nur 30 000 EUR für Umsiedlung, Neuansiedlung und die Außendimension vorgesehen waren; bekräftigt, dass dieser sehr schmale Haushalt vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse im Mittelmeerraum und der zahlreichen Verweise auf das EASO in den Umsiedlungsbeschlüssen nicht ernst genommen werden kann; verweist darauf, dass kurz‑, mittel‑ und langfristig bedeutende Erhöhungen des EASO-Haushalts, seiner Personalressourcen und der Beträge, die es für Umsiedlung und Neuansiedlung bereitstellt, notwendig sind;
Frontex und die vorgeschlagene neue europäische Grenz- und Küstenwache
70. nimmt die jüngst von Frontex wahrgenommene Rolle zur Kenntnis, in Seenot befindlichen Schiffen oder Personen Hilfe zu leisten, und erkennt ihren durch die gemeinsamen Operationen Triton und Poseidon geleisteten Beitrag an der Rettung vieler Menschenleben im Mittelmeer an;
71. ist sich des Umstands bewusst, dass die jüngst vorgeschlagene europäische Grenz- und Küstenwache Frontex ersetzen und einen integrierten europäischen Grenzschutz an den Außengrenzen sicherstellen soll, um die Migration wirksam zu steuern und ein hohes Maß an innerer Sicherheit in der Union zu gewährleisten, wobei die Personenfreizügigkeit in der Union beibehalten wird; stellt im Einklang mit den Verträgen und ihren Protokollen fest, dass Mitgliedstaaten, die Unterzeichner des Schengener Abkommens sind, jedoch noch nicht zum Schengen-Raum ohne interne Grenzkontrollen gehören, an allen Maßnahmen nach dem neuen Vorschlag teilnehmen oder davon profitieren können;
72. sieht Verhandlungen über den Vorschlag in den Reihen der und zwischen den Mitgesetzgebern im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens gemäß Artikel 294 AEUV erwartungsvoll entgegen;
Schengen und das Management und die Sicherheit der Außengrenzen
73. erinnert daran, dass die Union seit der Schaffung des Schengen-Raums ein Raum ohne Binnengrenzen ist, dass die Schengen-Mitgliedstaaten ein schrittweises gemeinsames Vorgehen in Bezug auf die Schengen-Außengrenzen entwickelt haben und dass einem solchen System immer die Logik innegewohnt hat, dass die Abschaffung interner Grenzkontrollen mit ausgleichenden Maßnahmen zur Stärkung der Außengrenzen des Schengen-Raums und mit einem Informationsaustausch mithilfe des Schengener Informationssystems (SIS) Hand in Hand gehen muss;
74. stellt fest, dass die Integrität des Schengen-Raums und die Abschaffung interner Grenzkontrollen von einem wirksamen Grenzmanagement an den Außengrenzen mit hohen gemeinsamen Standards, die von allen Mitgliedstaaten an den Außengrenzen angewendet werden, und von einem wirksamen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten abhängt;
75. akzeptiert, dass die Union den Schutz der Außengrenzen stärken und das GEAS weiterentwickeln muss und dass Maßnahmen zu ergreifen sind, damit der Schengen-Raum besser für die neuen Herausforderungen, denen Europa gegenübersteht, gewappnet ist und die grundlegenden Prinzipien der Sicherheit und der Personenfreizügigkeit gewahrt bleiben;
76. verweist darauf, dass die Einreise in den Schengen-Raum gemäß dem Schengener Grenzkodex im Allgemeinen an der Außengrenze kontrolliert wird und dass darüber hinaus die Bürger vieler Drittstaaten ein Visum benötigen, um in den Schengen-Raum einzureisen;
77. bekräftigt die Forderung des UNHCR, dass die Achtung der Grundrechte und internationaler Verpflichtungen nur gewährleistet werden kann, wenn operative Verfahren und Pläne diese Verpflichtungen in praktischen, klaren Anleitungen für das Grenzpersonal an den Land‑, See‑ und Luftgrenzen widerspiegeln; unterstreicht die Notwendigkeit, den Zivilschutzmechanismus der Union weiter zu stärken, um auf Ereignisse mit weitreichenden Folgen zu reagieren, die eine signifikante Anzahl von Mitgliedstaaten betreffen;
78. betont erneut, dass es insbesondere bei Rechtsvorschriften im Bereich Asyl und Migration für die Wirksamkeit der Rechtsvorschriften über Binnen‑ und Außengrenzen wesentlich ist, dass die auf der Ebene der Union vereinbarten Maßnahmen von den Mitgliedstaaten ordnungsgemäß umgesetzt werden; betont, dass nach erhöhtem Druck eine bessere Umsetzung der Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen wesentlich ist und dadurch die hervorgerufenen Sicherheitsbedenken von Bürgern in gewisser Weise gelindert werden können;
79. nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission am 15. Dezember 2015 einen Vorschlag für eine gezielte Überarbeitung des Schengener Grenzkodex vorgelegt hat, in dem sie vorschlägt, dass alle Unionsbürger (nicht nur Drittstaatsangehörige) systematischen Kontrollen auf Grundlage der einschlägigen Datenbanken an den Außengrenzen des Schengen-Raums unterworfen werden;
80. betrachtet den Schengen-Raum als eine der größten Errungenschaften der europäischen Integration; stellt fest, dass der Konflikt in Syrien und Konflikte anderswo in der Region zu nie dagewesenen Zahlen von Flüchtlingen und Migranten, die in der EU ankommen, geführt hat, was wiederum Mängel an Teilen der Außengrenzen der Union offengelegt hat; ist besorgt, dass in Reaktion darauf manche Mitgliedstaaten die Notwendigkeit fühlten, ihre internen Grenzen zu schließen oder vorübergehende Grenzkontrollen einzuführen, so dass das ordnungsgemäße Funktionieren des Schengen-Raums in Frage gestellt wird;
Hotspots
81. verweist darauf, dass gemäß dem „Hotspot-Ansatz“, der von der Kommission in der Europäischen Migrationsagenda dargelegt wird, die Grenzschutzagentur, EASO, Europol und Eurojust die Mitgliedstaaten entsprechend ihrer jeweiligen Mandate operativ unterstützen sollen;
82. weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Agenturen der Union die notwendigen Ressourcen benötigen, um die ihnen zugewiesenen Aufgaben erfüllen zu können; dringt darauf, dass die EU-Agenturen und die Mitgliedstaaten das Parlament umfassend über ihre Arbeit an den Hotspots informieren;
83. stellt fest, dass beide Umsiedlungsbeschlüsse eine operative Unterstützung für Italien und Griechenland an den Hotspots bei der Überprüfung der Migranten bei der Erstankunft, der Registrierung ihres Antrags auf internationalen Schutz, der Unterrichtung der Antragsteller über die Umsiedlung, der Organisation von Rückführungsaktionen für diejenigen, die nicht um internationalen Schutz nachsuchen oder aus anderen Gründen nicht berechtigt sind zu bleiben oder deren Antrag nicht bewilligt wurde, sowie der Erleichterung aller Stufen des Umsiedlungsverfahrens selbst vorsehen;
84. fordert, dass die Hotspots so schnell wie möglich eingerichtet werden, um diesen Mitgliedstaaten konkrete operative Unterstützung zu bieten; fordert die Zuweisung technischer und finanzieller Ressourcen und Unterstützung an die Ankunftsmitgliedstaaten wie Italien und Griechenland für eine rasche und effiziente Registrierung und Verweisung aller in der Union ankommenden Migranten an die zuständigen Behörden unter vollständiger Wahrung der Grundrechte der Migranten; ist der Ansicht, dass rasche und effiziente Unterstützung der Union für die Mitgliedstaaten und die Akzeptanz dieser Unterstützung wichtig für gegenseitiges Vertrauen ist;
85. weist darauf hin, dass eines der Hauptziele solcher Hotspots darin besteht, der Europäischen Union die Möglichkeit zu geben, den Bedürftigen rasch Schutz und humanitäre Hilfe zu bieten; betont, dass große Sorgfalt vonnöten ist, um sicherzustellen, dass bei der Kategorisierung der Migranten an diesen Hotspots die Rechte aller Migranten uneingeschränkt gewahrt werden; stellt jedoch fest, dass die ordnungsgemäße Identifizierung der Personen, die am Ort ihrer ersten Ankunft in der EU internationalen Schutz beantragen, dazu beitragen dürfte, das Funktionieren eines reformierten GEAS zu erleichtern;
Strafrecht im Zusammenhang mit Migration
86. stellt fest, dass die Kommission in ihrem Aktionsplan gegen die Schleusung von Migranten ausführt, dass sie eine Überarbeitung der Richtlinie 2004/81/EG des Rates über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige, die Opfer des Menschenhandels sind oder denen Beihilfe zur illegalen Einwanderung geleistet wurde und die mit den zuständigen Behörden kooperieren, erwägt;
87. ist der Ansicht, dass eine solche Überarbeitung unerlässlich ist und dabei die Einführung eines Systems erwogen werden sollte, das es den Opfern von Menschenhandel und kriminellem Schleusertum ermöglicht, sich zu melden und zur effektiven Strafverfolgung von Menschenhändlern und Schleusern ohne Angst, selbst verfolgt zu werden, beizutragen;
88. nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission eine Überarbeitung der Richtlinie 2002/90/EG des Rates zur Definition der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt erwägt; ist der Ansicht, dass diejenigen, die für Bedürftige verschiedene Arten von humanitärer Hilfe leisten, nicht strafrechtlich verfolgt werden sollten und dass dieser Grundsatz im EU-Recht berücksichtigt werden sollte;
89. betont, dass ein anderer wichtiger Schritt bei der Aufdeckung von kriminellen Schleuser‑ und Menschenhändlernetzen die Priorisierung von Finanzermittlungen darstellt, da die Verfolgung und Beschlagnahme der Gewinne dieser kriminellen Netzwerke wesentlich ist, um sie zu schwächen und schließlich aufzudecken; fordert in diesem Zusammenhang, dass die Mitgliedstaaten die 4. Geldwäscherichtlinie rasch und wirksam umsetzen;
90. verweist darauf, dass es für die Gewährleistung effizienter strafrechtlicher Untersuchungen wichtig ist, die Fachleute zu schulen, damit die Beteiligten das Phänomen, das sie bekämpfen sollen, vollständig verstehen und wissen, wie sie es zu einem frühen Zeitpunkt erkennen;
Zusammenarbeit mit Drittstaaten
91. weist darauf hin, dass die Säule Asyl und internationaler Schutz im Gesamtansatz für Migration und Mobilität (GAMM) unter größerer Beteiligung von Drittstaaten weiterentwickelt werden sollte; stellt fest, dass sich die derzeitigen Aktionen in diesem Bereich im Rahmen der regionalen Schutzprogramme und der Regionalentwicklungs- und Schutzprogramme auf den Ausbau der Kapazitäten zur Bekämpfung krimineller Schleuser- und Menschenhändlernetzwerke in Drittstaaten, die Herkunfts- und Transitländer sind, konzentrieren; stellt gleichzeitig fest, dass das Element der Neuansiedlung in diesen Programmen weiterhin eine geringe Rolle spielt; ist der Ansicht, dass die Maßnahmen für den Ausbau der Kapazitäten und für Neuansiedlungen intensiviert und gemeinsam mit Drittstaaten, die viele Flüchtlinge aufgenommen haben, durchgeführt werden sollten;
92. erkennt an, dass der GAMM das grundlegende Instrument ist, das die Ziele der externen politischen Maßnahmen in Bezug auf Migration, Asyl und Grenzen definiert; nimmt zur Kenntnis, dass es in diesem Rahmen verschiedene Instrumente gibt, einschließlich regionaler Dialoge, bilateraler Dialoge, Mobilitätspartnerschaften, Gemeinsamer Agenden zu Migration und Mobilität, Rückübernahmeabkommen, Abkommen über Visaerleichterungen, Abkommen über die Befreiung von der Visumpflicht, regionaler Schutzprogramme sowie regionaler Entwicklungs- und Schutzprogramme;
93. vertritt die Auffassung, dass sich die externe Dimension auf die Zusammenarbeit mit Drittstaaten bei der Bekämpfung der Ursachen und der irregulären Ströme nach Europa und beim Vorgehen gegen diese Ströme konzentrieren sollte; vertritt ferner die Auffassung, dass Partnerschaften und die Zusammenarbeit mit wichtigen Herkunfts-, Transit- und Zielländern weiterhin im Mittelpunkt stehen sollten, etwa der Dialog EU-Afrika zum Thema Migration und Mobilität und die Prozesse von Khartum und Rabat sowie Budapest und Prag;
94. weist darauf hin, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten bei der Auswahl ihrer Unterstützung für Strafverfolgungsbehörden von Drittstaaten selektiv vorgehen und berücksichtigen müssen, ob diese Behörden die Menschenrechte von Migranten bereits verletzt haben;
95. empfiehlt, dass bei der Zusammenarbeit mit Drittstaaten die Asylsysteme und die Flüchtlingshilfe dieser Länder untersucht werden müssen und geprüft werden muss, ob die Länder imstande und bereit sind, gegen Menschenhandel und kriminelles Schleusertum in und durch ihre Länder vorzugehen;
96. fordert die EU auf, Drittstaaten beim Aufbau ihrer Asylsysteme und Integrationsstrategien zu helfen, um Staatsangehörigen aus Drittstaaten, die internationalen Schutz benötigen, die Möglichkeit zu bieten, dort Schutz zu suchen; ist der Ansicht, dass die EU bei der Zusammenarbeit mit Drittstaaten einem Ansatz folgen muss, der für alle Seiten – d. h. für die EU, für den betreffenden Drittstaat und für die Flüchtlinge und Migranten in diesem Drittstaat – vorteilhaft ist;
97. weist darauf hin, dass die EU ihre externe Zusammenarbeit mit Drittländern im Bereich Migration und Asyl intensiviert hat, um in angemessener Weise auf die derzeitige Flüchtlingskrise zu reagieren, und neue Initiativen der Zusammenarbeit wie den gemeinsamen Aktionsplan der EU und der Türkei in die Wege geleitet hat; betont in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, dass alle Parteien ihre Verpflichtungen aus dem gemeinsamen Aktionsplan erfüllen – einschließlich der Bekämpfung der Ursachen für den Massenzustrom von Syrern, der Verstärkung der Zusammenarbeit für die Unterstützung der Syrer, die unter vorübergehendem Schutz stehen, und ihrer Aufnahmegemeinschaften in der Türkei – und dass die Türkei ihren Verpflichtungen zur Verhinderung irregulärer Migrationsströme aus ihrem Hoheitsgebiet in die EU nachkommt;
Sensibilisierungskampagnen
98. weist darauf hin, dass viele geschleuste Personen sich der Gefahren, denen sie sich auf einer potenziell gefährlichen Reise nach Europa aussetzen, bewusst sind, sich aber dennoch für die Reise entscheiden, da sie diese Risiken geringer einschätzen als die, denen sie sich ohne Migration ausgesetzt sehen;
99. begrüßt, dass der Aktionsplan gegen die Schleusung von Migranten den Start neuer Sensibilisierungskampagnen mit der Bewertung bereits vorhandener verknüpft; empfiehlt, dass im Rahmen von Sensibilisierungskampagnen darüber informiert werden sollte, nach welchen Kriterien der Flüchtlingsstatus in der EU festgestellt wird, da damit einige Migranten – die sich auf eine gefährliche Reise machen, nur um wieder zurückgeschickt zu werden, wenn ihnen kein Schutz gewährt wird – davon abgehalten werden könnten, diese Reise anzutreten;
Bekämpfung der Ursachen
100. bekräftigt, dass die EU eine langfristige Strategie annehmen muss, um den „Antriebsfaktoren“ in Drittstaaten (Konflikte, Verfolgung, ethnische Säuberungen, allgemeine Gewalt oder andere Faktoren wie extreme Armut, Klimawandel oder Naturkatastrophen) entgegenzuwirken, durch die Menschen in die Hände von kriminellen Schleusernetzwerken getrieben werden, da sie dies als einzige Chance sehen, die Europäische Union zu erreichen;
101. verweist darauf, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über die Menschenrechte von Migranten die EU auch aufgefordert hat, reguläre Migrationskanäle zu öffnen, damit Migranten formale Einreise- und Ausreisesysteme nutzen können, anstatt sich an kriminelle Schleusernetzwerke zu wenden;
102. betont, dass der jüngste Anstieg der Zahl der in der Union ankommenden Flüchtlinge zeigt, dass vorbeugende Maßnahmen allein nicht ausreichen, um das derzeitige Migrationsphänomen zu bewältigen;
103. vertritt die Auffassung, dass langfristig größere Anstrengungen zur Lösung der geopolitischen Probleme notwendig sind, die die eigentlichen Ursachen der Migration betreffen, da Krieg, Armut, Korruption, Hunger und Chancenlosigkeit die Menschen weiterhin in die Flucht nach Europa treiben werden, solange die Union nicht bereit ist, beim Wiederaufbau dieser Länder zu helfen; weist darauf hin, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten folglich Mittel aufbringen müssen, um den Kapazitätsaufbau in Drittländern zu unterstützen, etwa durch die Erleichterung von Investitionen und Bildung, durch die Stärkung und Durchsetzung der Asylsysteme, durch Hilfen für eine bessere Grenzverwaltung und die Stärkung der dortigen Rechts- und Justizsysteme;
Finanzierung für Drittländer
104. stellt fest, dass das wichtigste Instrument der Finanzierung für Drittländer das Instrument für Entwicklungszusammenarbeit (DCI) ist, das den einzigen globalen thematischen Finanzierungsschwerpunkt für Migration im Rahmen des Programms für Globale Öffentliche Güter und Herausforderungen der EU umfasst und von der Generaldirektion (GD) Internationale Zusammenarbeit und Entwicklung der Kommission (DEVCO) verwaltet wird; stellt ferner fest, dass – wie im Falle der den Mitgliedstaaten direkt zugewiesenen Mittel – zudem andere Generaldirektionen der Kommission und EU-Institutionen an der Verwaltung des DCI beteiligt sind, so dass die EU-Hilfe für die Nachbarländer der EU von der GD Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen durch das Instrument für Heranführungshilfe finanziert, humanitäre Hilfe durch die GD für Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz (ECHO) bereitgestellt und das Instrument für Stabilität und Frieden durch den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) verwaltet wird; verweist darauf, dass sich beide von der GD Inneres und Migration (HOME) verwalteten Fonds – der Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) und der Fonds für die innere Sicherheit (ISF) – auch auf eine externe Dimension erstrecken und somit ein neuer Interessenträger im Bereich der externen Finanzierung entsteht;
105. begrüßt die kürzlich erfolgte Einrichtung des Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika und die Zusage in Höhe von 1,8 Mrd. EUR für den Fonds, mit dem ein zusätzliches Element bei der Finanzausstattung entstanden ist; fordert die Mitgliedstaaten auf, weiter Beiträge für den Fonds zu leisten;
106. empfiehlt, dass entsprechend dem GAMM die vier thematischen Säulen der legalen Migration und Mobilität, der irregulären Migration und des Menschenhandels, des internationalen Schutzes und der Auswirkung von Migration auf die Entwicklung in der EU-Außenpolitik und bei der Förderung gleich gewichtet werden sollten;
Transparenz der Finanzierung
107. stellt fest, dass die Migrationspolitik der EU über unterschiedliche politische Instrumente umgesetzt wird, die jeweils eigene, nicht notwendigerweise miteinander verbundene Ziele verfolgen, und die Mittelkoordinierung zwischen den vielen beteiligten Akteuren unzulänglich ist; weist darauf hin, dass die Fragmentierung der Haushaltslinien und Verantwortlichkeiten eine Managementstruktur entstehen lässt, die einen umfassenden Überblick über die Zuweisung und tatsächliche Verwendung der unterschiedlichen verfügbaren Mittel erschweren könnte; weist ferner darauf hin, dass es aufgrund dieser Fragmentierung schwieriger wird, die Gesamtausgaben für Migrationspolitik in der Europäischen Union zu bestimmen;
108. ist der Ansicht, dass ein umfassender Überblick über die migrationsbezogene interne und externe Förderung der EU erforderlich ist, da das Fehlen eines solchen Überblicks ein klares Hindernis für Transparenz und solide Politikgestaltung ist; stellt fest, dass dies mithilfe einer Website erreicht werden könnte, die eine Datenbank mit allen EU-finanzierten Projekten im Zusammenhang mit Migrationspolitik enthält; betont, dass auch bei den Haushaltslinien Transparenz notwendig ist, damit eine angemessene Finanzausstattung zur Verwirklichung aller Ziele der Migrationspolitik der EU sichergestellt werden kann;
109. erinnert daran, dass die positiven Auswirkungen der Migrationsfonds der EU abhängig von Prozessen auf einzelstaatlicher und EU-Ebene sind, mit denen Transparenz, eine wirksame Überwachung und Rechenschaftspflicht sichergestellt werden; ist der Ansicht, dass darüber nachgedacht werden sollte, wie sich die Überwachung und Bewertung als laufende Prozesse und nicht nur als Ex-Post-Kontrollen etablieren lassen; ist ferner der Ansicht, dass die Rolle des Rechnungshofes in diesem Zusammenhang gestärkt werden sollte; stellt fest, dass vergleichbare qualitative und quantitative Indikatoren festgelegt werden sollten, um die Wirkungen der EU-Fonds zu messen und beurteilen zu können, ob diese Fonds ihre Ziele erreicht haben;
Zusätzliche Mittel für die Migration
110. begrüßt, dass im Haushalt der Union für 2016 zusätzliche Mittel bereitgestellt werden, damit mit der Bewältigung des derzeitigen Migrationsphänomens begonnen werden kann; verweist darauf, dass es sich bei den neuen Finanzmitteln um vorgetragene Mittel aus dem mehrjährigen Finanzrahmen 2014–2020 handelt, d. h., dass die EU heute ausgibt, was morgen ausgegeben werden sollte;
111. stimmt der Auffassung zu, dass die jüngst vorgelegten Haushaltsvorschläge und die im Haushalt der Union für 2016 vorgesehenen zusätzlichen Finanzmittel einschließlich der Inanspruchnahme des Flexibilitätsinstruments zu begrüßen sind, wobei die mittel- und langfristige Finanzierung weiterhin problematisch ist; ist besorgt darüber, dass die vorgeschlagene Aufstockung der Mittel für die Haushaltslinien im Rahmen des AMIF für 2016 nicht mit einem Vorschlag für die Anpassung der im Rahmen dieses Fonds im Zeitraum 2014–2020 verfügbaren Gesamtmittel einhergeht; vertritt die Auffassung, dass die Finanzierung im Rahmen des AMIF ohne eine solche Anpassung lange vor dem Jahr 2020 auslaufen wird;
112. fordert die Mitgliedstaaten auf, die sich aus Mitteln, die nicht unmittelbar mit der Migrationspolitik zusammenhängen, aber für Maßnahmen auf diesem Gebiet (etwa Integrationsmaßnahmen) eingesetzt werden können, ergebenden Möglichkeiten bestmöglich auszuschöpfen, darunter Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds, dem Europäischen Hilfsfonds für am stärksten benachteiligte Personen, dem Programm Horizont 2020, dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und dem Programm Rechte, Gleichstellung und Unionsbürgerschaft;
113. empfiehlt, im Rahmen der für Ende 2016 geplanten Prüfung des MFR umfangreiche zusätzliche Mittel unter Rubrik 3 „Unionsbürgerschaft, Freiheit, Sicherheit und Recht“ bereitzustellen, so dass eine den Migrationstrends und dem sich daraus ergebenden Finanzbedarf für die Asyl-, Migrations- und Integrationspolitik der EU und der Mitgliedstaaten angemessene Förderung zur Verfügung gestellt wird;
Einbeziehung der Zivilgesellschaft
114. weist darauf hin, dass die Sicherstellung operativer Finanzierungen eine zentrale Aufgabe nichtstaatlicher Organisationen ist, da die Förderung überwiegend projektbezogen ausgelegt ist; bekräftigt, dass Freiwilligeninitiativen und zivilgesellschaftliche Initiativen zur Hilfe von Migranten gefördert und dort, wo es angemessen ist, von der Kommission und den Mitgliedstaaten finanziert werden sollten; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, Projekte zivilgesellschaftlicher Organisationen, die in den Bereichen Migration, Integration und Asyl tätig sind, zu fördern, sofern dies angemessen und möglich ist;
115. bekräftigt, dass die zivilgesellschaftliche Beteiligung an der Entwicklung von Maßnahmen der Union und nationalen Programmen im Einklang mit dem im AMIF verankerten Partnerschaftsprinzip sichergestellt werden muss; schlägt vor, dass auf EU-Ebene eine regelmäßige Konsultation zwischen der Kommission und im Bereich Asyl, Migration und Integration tätigen zivilgesellschaftlichen Organisationen erwogen werden sollte;
Demografische Entwicklungen
116. stellt fest, dass einer – vor den verstärkten Migrationsströmen in die EU im Jahr 2015 verfassten – Studie der OECD und der Kommission von 2014 zufolge die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15–64) in der EU zwischen 2013 und 2020 um 7,5 Millionen sinken wird und der Rückgang noch stärker ausfallen würde, wenn die Nettomigration in diesen Prognosen unberücksichtigt bliebe, da die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in diesem Fall um 11,7 Millionen zurückgehen würde;
117. weist darauf hin, dass im November 2015 die durchschnittliche Jugenderwerbslosigkeit in den Mitgliedstaaten dennoch bei 20 % lag;
118. stellt ferner fest, dass nach jüngsten Eurostat-Prognosen das Verhältnis der Über-65-Jährigen zur Altersgruppe der 15-64-Jährigen zwischen Anfang 2013 und 2050 von 27,5 % auf fast 50 % steigen wird; stellt fest, dass sich damit das derzeitige Verhältnis von vier Personen im erwerbsfähigen Alter pro Person von mindestens 65 Jahren auf zwei Personen im erwerbsfähigen Alter pro Person von mindestens 65 Jahren ändern würde;
Legale Arbeitsmigration
119. stellt fest, dass die Rechtsgrundlage für die Verwaltung der legalen Migration auf Unionsebene in Artikel 79 AEUV enthalten ist;
120. ist sich des Umstands bewusst, dass Artikel 79 Absatz 5 den Mitgliedstaaten das Recht einräumt, Quoten für die Zulassung von Arbeit suchenden Drittstaatsangehörigen in ihrem Hoheitsgebiet festzulegen;
121. verweist darauf, dass die Strategie Europa 2020 die Notwendigkeit einer umfassenden Arbeitsmigrationspolitik und einer besseren Integration der Migranten festgestellt hat, wenn die Unionsziele eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums erreicht werden sollen;
122. stellt fest, dass der derzeit geltende Rechtsrahmen der EU über den Zugang von Drittstaatsangehörigen zum Arbeitsmarkt der Union recht fragmentiert ist, da er auf bestimmte Arbeitnehmergruppen ausgerichtet ist und nicht auf die Regulierung der Arbeitsmigration im Allgemeinen;
123. ist der Ansicht, dass die Union langfristig allgemeinere Vorschriften über Einreise und Aufenthalt für in der Union Arbeit suchende Drittstaatsangehörige festlegen muss, um die festgestellten Lücken im Arbeitsmarkt der Union zu schließen;
Notwendigkeit einer besseren Datenlage
124. fordert einen umfassenden Überblick über den Arbeitsmarkt in der Union als notwendige Voraussetzung für die Entwicklung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen; stellt fest, dass die Entwicklung neuer Instrumente für die bessere Ermittlung und Prognose des gegenwärtigen und künftigen Bedarfs auf dem Arbeitsmarkt in der Union notwendig ist; schlägt vor, dass die in diesem Zusammenhang bestehenden Instrumente – etwa des Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung (CEDEFOP) oder der OECD – verbessert oder sogar mit internationalen Statistiken über das Arbeitskräftepotenzial aus Drittstaaten zusammengelegt werden, damit sie ein genaueres Bild der Lage vermitteln;
125. ist der Ansicht, dass bessere Daten und verbesserte Instrumente zur Analyse dieser Daten politischen Entscheidungsträgern auf jeden Fall helfen würden, die künftige Migrationspolitik festzulegen, und dass die Union und die Mitgliedstaaten Lücken in ihren Arbeitsmärkten ermitteln sollten, damit Arbeitsplätze vermittelt werden können, die sonst unbesetzt bleiben würden;
Ausbeutung der Arbeitskraft
126. stellt fest, dass die Ausbeutung von Arbeitskraft infolge von Menschenhandel, Schleusertum oder auch ohne diese Straftaten stattfinden kann und somit diejenigen, die irreguläre Migranten in solchen Mitgliedstaaten ausbeuten, in denen dies an sich nicht strafbar ist, straffrei ausgehen;
127. bedauert, dass das Risiko eines Arbeitgebers, der irreguläre Migranten ausbeutet, entdeckt und/oder strafrechtlich verfolgt zu werden, gering ist und dies ein entscheidender Faktor bei der Ausbeutung von Arbeitskraft ist, insbesondere in den am stärksten gefährdeten Sektoren (Landwirtschaft, Baugewerbe, Hotels und Gaststätten, Hausangestellte und Pflegedienste); empfiehlt zur Bekämpfung dieser Straffreiheit, dass erstens sichergestellt wird, dass alle Fälle von schwerer Ausbeutung von Arbeitskraft strafrechtlich verfolgt und angemessen nach dem nationalen Recht bestraft werden, und dass zweitens die Arbeitsinspektionen in den gefährdeten Sektoren verstärkt werden;
128. stellt fest, dass viele Mitgliedstaaten derzeit die Ausbeutung von Arbeitskraft nur dann strafrechtlich verfolgen, wenn sie in Form von Menschenhandel stattfindet, was eine große Lücke für alle Fälle lässt, in denen die Ausbeuter von Arbeitskraft nicht an Menschenhandel beteiligt waren oder ihre Beteiligung nicht nachgewiesen werden kann;
129. bekräftigt, dass zur Erleichterung der von der Richtlinie 2009/52/EG über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (Richtlinie über Sanktionen gegen Arbeitgeber) vorgesehenen Beschwerden besondere Verfahren vollständig umgesetzt und in der Praxis korrekt angewendet werden sollten; ist der Auffassung, dass die Opfer von Menschenhandel und in die EU geschleuste Personen, die bei der strafrechtlichen Verfolgung von Menschenhändlern und/oder Schleusern mithelfen und diese erleichtern, besonders geschützt werden müssen; schlägt außerdem vor, das – in der EU-Strategie von 2014 zur Bekämpfung von Menschenhandel erläuterte – Konzept zu unterstützen, eine europäische Unternehmenskoalition gegen Menschenhandel zu bilden, deren Hauptzweck es ist, Lieferketten zu entwickeln, die nicht in Menschenhandel verwickelt sind;
130. ist der Ansicht, dass die Bemühungen zur Beseitigung der Ausbeutung der Arbeitskraft von Migranten letztendlich dem dualen Ansatz folgen müssen, die Ausbeuter effektiv strafrechtlich zu verfolgen und gleichzeitig die Opfer zu schützen;
Überarbeitung der „Blauen Karte“
131. erinnert daran, dass die Kommission in der Migrationsagenda ihre Absicht angekündigt hat, die Richtlinie über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung (Richtlinie über die „Blaue Karte“) zu überarbeiten und dabei insbesondere die Fragen des Anwendungsbereichs (mögliche Einbeziehung von Unternehmern, die bereit sind, in Europa zu investieren) und der Verbesserung der Regeln über die Mobilität innerhalb der EU zu überprüfen;
132. bekräftigt, dass der Bericht der Kommission über die Umsetzung der derzeit geltenden Richtlinie über die „Blaue Karte“ ihre Schwachstellen hervorhebt, einschließlich des sehr beschränkten Harmonisierungsgrads aufgrund des weiten Ermessensspielraums, der den Mitgliedstaaten bei ihrer Umsetzung eingeräumt wird, darunter insbesondere das Recht der Mitgliedstaaten, parallele einzelstaatliche Systeme beizubehalten;
133. ist ferner der Ansicht, dass sich die Richtlinie natürlich nicht nur auf die hochqualifizierten Arbeitskräfte beziehen sollte, sondern auch die Stellen, für die gute Qualifikationen erforderlich sind und ein nachgewiesener Arbeitskräftemangel herrscht, zum Gegenstand haben sollte; ist darüber hinaus der Auffassung, dass bei der Überarbeitung der Richtlinie über die „Blaue Karte“ ehrgeizig und gezielt vorgegangen werden sollte und dabei die Unstimmigkeiten der derzeit geltenden Richtlinie beseitigt werden sollten, insbesondere im Zusammenhang mit den parallel existierenden einzelstaatlichen Systemen; empfiehlt, im Rahmen der Überarbeitung jene Drittstaatsangehörige in den Anwendungsbereich einzubeziehen, die dazu beitragen könnten, dass die festgestellten Lücken in den Arbeitsmärkten der EU geschlossen werden;
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134. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten, dem EASO, Frontex, Europol, Eurojust, der Grundrechteagentur, eu-LISA, dem Europarat, dem Ausschuss der Regionen und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss zu übermitteln.
IOM und UNICEF, Informationsblatt: Migration of Children to Europe (Migration von Kindern nach Europa), http://www.iom.int/sites/default/files/press_release/file/IOM-UNICEF-Data-Brief-Refugee-and-Migrant-Crisis-in-Europe-30.11.15.pdf.
Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31).
Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. L 212 vom 7.8.2001, S. 12).
Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).
Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 60).