Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Mai 2016 zur Weiterverfolgung und Überprüfung der Agenda 2030 (2016/2696(RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf das Dokument mit dem Titel „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“, das am 25. September 2015 auf dem Gipfel für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen in New York verabschiedet wurde,
– unter Hinweis auf die dritte Internationale Konferenz über Entwicklungsfinanzierung, die vom 13. bis 16. Juli 2015 in Addis Abeba stattfand,
– unter Hinweis auf den Bericht der Interinstitutionellen Sachverständigengruppe über die Indikatoren für die Ziele für nachhaltige Entwicklung (IAEG‑SDG), der am 17. Dezember 2015 veröffentlicht und im März 2016 auf der 47. Tagung der Statistikkommission der Vereinten Nationen angenommen wurde,
– unter Hinweis auf den Tagungsteil auf hoher Ebene des Wirtschafts- und Sozialrates (ECOSOC) der Vereinten Nationen, der vom 18. bis 22 Juli 2016 zu dem Thema „Umsetzung der Entwicklungsagenda für die Zeit nach 2015: Zusagen in Ergebnisse umwandeln“ stattfindet,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Mai 2015 zur Entwicklungsfinanzierung(1),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. November 2014 zur EU und den globalen Entwicklungsrahmen für die Zeit nach 2015(2),
– unter Hinweis auf das Übereinkommen von Paris, das am 12. Dezember 2015 auf der 21. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien (COP 21) des UNFCCC geschlossen wurde,
– gestützt auf Artikel 7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), in dem bekräftigt wird, dass die EU „auf die Kohärenz zwischen ihrer Politik und ihren Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen [achtet] und dabei [...] ihren Zielen in ihrer Gesamtheit Rechnung [trägt]“,
– unter Hinweis auf die laufende Ausarbeitung der globalen Strategie der EU für die Außen- und Sicherheitspolitik, von der das globale Handeln der Europäischen Union geleitet werden wird,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. November 2015 zum Thema „Die Rolle der EU innerhalb der Vereinten Nationen: Wie können die außenpolitischen Ziele der EU besser verwirklicht werden?“(3),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 26. Oktober 2015 zur Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung,
– unter Hinweis auf die Überarbeitung der Strategie Europa 2020 – Der neue Ansatz für die Zeit nach 2020,
– unter Hinweis auf die Erklärung von Paris über die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit, den Aktionsplan von Accra und die Erklärung und den Aktionsplan, die im Hochrangigen Forum über die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit angenommen wurden, das im Dezember 2011 in Busan stattfand,
– unter Hinweis auf den Europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik und seine anstehende Überarbeitung,
– gestützt auf Artikel 208 AEUV, in dem festgelegt ist, dass dem Grundsatz der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung bei sämtlichen außenpolitischen Maßnahmen der EU Rechnung zu tragen ist,
– unter Hinweis auf die Ergebnisse des Weltgipfels für humanitäre Hilfe, der am 23./24. Mai 2016 in Istanbul (Türkei) stattfindet,
– unter Hinweis auf das Schreiben des Entwicklungsausschusses vom 29. März 2016 an das für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung zuständige Mitglied der Kommission zur Weiterverfolgung und Überprüfung der Ziele für nachhaltige Entwicklung,
– gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass in der Resolution 70/1 der Generalversammlung der Vereinten Nationen gefordert wird, dass die Ziele und Zielvorgaben anhand eines Katalogs globaler Indikatoren weiterverfolgt und überprüft werden; in der Erwägung, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen beauftragt wurde, einen jährlichen Fortschrittsbericht über die Ziele für nachhaltige Entwicklung auszuarbeiten, um die Weiterverfolgung und Überprüfung im hochrangigen politischen Forum für nachhaltige Entwicklung zu unterstützen; in der Erwägung, dass sich der Fortschrittsbericht über die Ziele für nachhaltige Entwicklung auf Daten, die von nationalen statistischen Systemen erhoben werden, und Informationen, die auf unterschiedlichen Ebenen gesammelt werden, stützen muss;
B. in der Erwägung, dass die Statistikkommission auf ihrer 46. Tagung (die vom 3. bis 6. März 2015 stattfand) den Fahrplan für die Schaffung und Umsetzung eines Rahmens mit globalen Indikatoren gebilligt hat;
C. in der Erwägung, dass die Interinstitutionelle Sachverständigengruppe über die Indikatoren für die Ziele für nachhaltige Entwicklung (IAEG‑SDG), die damit beauftragt ist, einen Vorschlag für den Rahmen mit Indikatoren für die Überwachung der Ziele und Zielvorgaben der Entwicklungsagenda für die Zeit nach 2015 vollständig auszuarbeiten, Indikatoren für die Überprüfung der Agenda 2030 vorgeschlagen hat, denen im März 2016 auf der 47. Tagung der Statistikkommission der Vereinten Nationen zugestimmt wurde;
D. in der Erwägung, dass der vorgeschlagene Katalog von 230 Indikatoren für die Ziele für nachhaltige Entwicklung ein guter Ausgangspunkt und ein solider Rahmen für die Weiterbehandlung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung und die Überprüfung des Fortschritts bei ihrer Verwirklichung ist;
E. in der Erwägung, dass einige Indikatoren noch nicht endgültig beschlossen wurden und die Unterzeichnermitgliedstaaten im Einklang mit den globalen Indikatoren ihre nationalen, auf die Umstände in den jeweiligen Staaten abzustimmenden Indikatoren ausarbeiten müssen;
F. in der Erwägung, dass der Rahmen mit globalen Indikatoren im Juli 2016 vom Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) und im September 2016 von der Generalversammlung gebilligt werden dürfte;
G. in der Erwägung, dass der Rat (Auswärtige Angelegenheiten / Entwicklung) am 12. Mai 2016 tagen wird und den Standpunkt der EU für die Tagung des hochrangigen politischen Forums für nachhaltige Entwicklung im Juli 2016 ausarbeiten dürfte sowie wahrscheinlich festlegen wird, in welchem Kontext eine thematische Diskussion über Handel und Entwicklung, in deren Mittelpunkt der Beitrag der EU zur Privatwirtschaft bei der Umsetzung der Agenda 2030 steht, stattfinden wird;
H. in der Erwägung, dass eine systemweite strategische Planung, Umsetzung und Berichterstattung erforderlich sind, um dafür zu sorgen, dass die Umsetzung der neuen Agenda auf kohärente und integrierte Weise durch das Entwicklungssystem der Vereinten Nationen unterstützt wird;
I. in der Erwägung, dass der neue universelle Rahmen für nachhaltige Entwicklung mehr Kohärenz zwischen den verschiedenen Politikbereichen und EU‑Akteuren verlangt, und dass dies mehr Koordinierung, Dialog und Zusammenarbeit auf allen Ebenen innerhalb und zwischen den EU‑Organe erfordert, damit die drei Säulen der nachhaltigen Entwicklung (Ökologie, Wirtschaft und Soziales) in die Innen- und Außenpolitik der EU integriert werden;
J. in der Erwägung, dass die Tagung des hochrangigen politischen Forums für nachhaltige Entwicklung im Juli 2016 freiwillige Überprüfungen von 22 Ländern, zu denen mit Estland, Finnland, Frankreich und Deutschland auch vier europäische Länder gehören, und thematische Überprüfungen des Fortschritts bei den Zielen für nachhaltige Entwicklung, u. a. zu Querschnittsthemen, umfassen wird und dass diese Überprüfungen durch Überprüfungen der Fachkommissionen des ECOSOC und weiteren zwischenstaatlichen Gremien und Foren unterstützt werden;
1. fordert den Rat (Auswärtige Angelegenheiten / Entwicklung) auf, vor der Tagung des hochrangigen politischen Forums für nachhaltige Entwicklung im Juli 2016 einen kohärenten und gemeinsamen Standpunkt der EU anzunehmen und dabei dem in dieser Entschließung zum Ausdruck gebrachten Standpunkt des Parlaments Rechnung zu tragen; vertritt die Auffassung, dass im Interesse der Glaubwürdigkeit und der Führungsrolle der EU ein gemeinsamer Standpunkt vorgelegt werden muss; ist besorgt darüber, dass die Kommission vor der Tagung des hochrangigen politischen Forums für nachhaltige Entwicklung bislang keine Mitteilung über die Weiterbehandlung und Überprüfung der Agenda 2030 veröffentlicht hat, um die die Mitglieder des Entwicklungsausschusses ersucht hatten und die als Grundlage für den gemeinsamen Standpunkt der EU dienen würde;
2. begrüßt den Bericht der Interinstitutionellen Sachverständigengruppe über die Indikatoren für die Ziele für nachhaltige Entwicklung; vertritt die Auffassung, dass er eine bemerkenswerte Errungenschaft und eine gute Grundlage für Verhandlungen ist, da mit den vorgeschlagenen Indikatoren auf eine Reihe von weitaus vielfältigeren strukturellen Problemen aufmerksam gemacht wird;
3. begrüßt, dass die Aufschlüsselung von Daten in einem separaten Kapitel behandelt wird und der Stärkung der nationalen Statistikkapazitäten Bedeutung beigemessen wird;
4. stellt fest, dass dem hochrangigen politischen Forum für nachhaltige Entwicklung bei der Überprüfung der Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung eine entscheidende Rolle zukommt; stellt fest, dass dieses Gremium dafür sorgen muss, dass der Bedarf auf koordinierte und wirksame Weise bewertet wird und die für die wirksame Umsetzung der Agenda 2030 benötigten Fahrpläne angenommen werden;
5. betont, dass die Agenda 2030 und die Ziele für nachhaltige Entwicklung eine neue internationale Verpflichtung sind, Armut zu beseitigen, die Entwicklungsstrategien für die kommenden 15 Jahre neu zu definieren und zu modernisieren und sicherzustellen, dass wir unsere Zusagen einhalten;
6. fordert die Kommission auf, einen Vorschlag für eine übergreifende Strategie für nachhaltige Entwicklung vorzulegen, die alle einschlägigen internen und externen Politikbereiche der EU, einen detaillierten Zeitplan bis 2030, eine Halbzeitüberprüfung und ein besonderes Verfahren, mit dem für die uneingeschränkte Einbeziehung des Parlaments gesorgt wird, sowie einen konkreten Plan für die Umsetzung umfasst, mit dem die Verwirklichung der 17 Ziele, 169 Zielvorgaben und 230 globalen Indikatoren koordiniert und die Kohärenz mit den Zielen im Rahmen des Übereinkommens von Paris und ihre Verwirklichung sichergestellt wird; hält die Universalität der Ziele für wichtig und betont, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten zugesagt haben, alle Ziele und Zielvorgaben in der Praxis und im Geist uneingeschränkt umzusetzen;
7. fordert, dass zu der neuen Strategie der EU für nachhaltige Entwicklung und den mit ihr zusammenhängenden Umsetzungsstrategien im Wege eines Prozesses, in den alle Beteiligten einbezogen werden, eine umfassende Konsultation mit allen Interessenträgern, zu denen auch die nationalen Parlamente, die Gebietskörperschaften und die Zivilgesellschaft gehören, durchgeführt wird;
8. fordert eine Mitteilung der Kommission über die Weiterbehandlung und Überprüfung der Agenda 2030, die eindeutige Informationen über die Umsetzungsstruktur der Agenda auf der Ebene der EU und der Mitgliedstaaten enthält; betont, dass alle einschlägigen Generaldirektionen der Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) uneingeschränkt an der Integration der Agenda 2030 in die anstehende Überprüfung der Strategie Europa 2020 und die künftige globale Strategie der EU für die Außen- und Sicherheitspolitik beteiligt sein und dabei für eine starke Politikkohärenz im Interesse der nachhaltigen Entwicklung sorgen sollten;
9. betont, dass sich die neue Agenda 2030 in der Überprüfung des Europäischen Konsenses über die Entwicklungspolitik vollständig widerspiegeln muss und dass hierzu auch ein Paradigmenwechsel und eine umfassende Veränderung der Entwicklungspolitik der EU gehören; weist darauf hin, dass es für die Verwirklichung der Ziele und der entsprechenden Zielvorgaben von wesentlicher Bedeutung ist, dass die Hilfe im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit unter angemessener Achtung der Grundprinzipien der wirksamen Zusammenarbeit sowie auf geeignete Weise und gezielt geplant wird;
10. betont, dass die EU die anstehende Halbzeitüberprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) uneingeschränkt nutzen muss, damit dafür gesorgt wird, dass sich sämtliche Verpflichtungen, die sie im Rahmen der Agenda 2030 eingegangen ist, in den Finanzierungsmechanismen und Haushaltslinien widerspiegeln; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, sich unverzüglich erneut dem Ziel zu verpflichten, 0,7 % des BNE für die ODA bereitzustellen, und einen Zeitplan für die stufenweise Aufstockung der ODA zur Erreichung der 0,7 % vorzulegen;
11. fordert, dass zwischen dem hochrangigen politischen Forum für nachhaltige Entwicklung und der Kommission ein regelmäßiger Dialog über die erzielten Fortschritte stattfindet, wobei dem Parlament regelmäßig im Einklang mit den Grundsätzen der Transparenz und der gegenseitigen Rechenschaftspflicht Bericht erstattet werden muss; betont, dass zwischen der Kommission und dem Parlament ein verstärkter Dialog über die Umsetzung der Agenda 2030 geführt werden muss, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklungspolitik und die Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung;
12. fordert die Kommission und den EAD auf, in enger Abstimmung mit anderen Partnern konkrete Vorschläge dazu vorzulegen, wie die Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung wirksamer in die Umsetzung der Agenda 2030 integriert werden kann, und ruft dazu auf, diesen neuen Ansatz in allen EU‑Organen durchgängig zu berücksichtigen, damit für eine wirksame Zusammenarbeit gesorgt und der „Jeder‑für‑sich“‑Ansatz überwunden wird;
13. hält es für wichtig, dass das Konzept der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung berücksichtigt wird; fordert die Kommission und den EAD auf, in enger Abstimmung mit anderen Partnern konkrete Vorschläge dazu vorzulegen, wie die Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung besser in den Ansatz der EU zur Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung integriert werden kann, und ruft dazu auf, diesen neuen Ansatz in allen EU‑Organen durchgängig zu berücksichtigen;
14. fordert die Kommission auf, für die Umsetzung der Agenda 2030 wirksame Mechanismen für die Überwachung, Überprüfung und Rechenschaftslegung auszuarbeiten und dem Parlament regelmäßig Bericht zu erstatten; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die demokratische Kontrolle durch das Parlament, möglicherweise im Wege einer bindenden interinstitutionellen Vereinbarung gemäß Artikel 295 AEUV, erhöht werden muss;
15. ersucht die Kommission sowie die Sonderorganisationen, Fonds und Programme der Vereinten Nationen, einen Dialog auf hoher Ebene über die Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung aufzunehmen, damit die EU, die Vereinten Nationen und weitere Geber ihre Strategien, Programme und Maßnahmen aufeinander abstimmen können; betont, dass aufgeschlüsselte und zugängliche Daten wichtig sind, um den Fortschritt zu beobachten und die Ergebnisse zu bewerten;
16. forderte die Organisationen und Einrichtungen der Vereinten Nationen auf, die Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung innerhalb der Arbeitsstrukturen der Vereinten Nationen zu stärken, damit alle Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung wirksam integriert werden;
17. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zu übermitteln.