Entschließung des Europäischen Parlaments vom 28. Juni 2016 zu der Entscheidung für den Austritt aus der EU infolge des Ergebnisses des Referendums im Vereinigten Königreich (2016/2800(RSP))
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
1. nimmt den Wunsch der Bürger und Bürgerinnen des Vereinigten Königreichs zur Kenntnis, die EU zu verlassen; weist darauf hin, dass der Wille, den die Menschen geäußert haben, vollständig und gänzlich zu achten ist, wobei am Anfang die möglichst baldige Aktivierung des Artikels 50 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) stehen muss;
2. betont, dass dies ein kritischer Moment für die EU ist; die Interessen und Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger der Union müssen wieder zum Kernstück der Debatte gemacht werden; das europäische Projekt muss jetzt erneut in Gang gesetzt werden;
3. betont, dass der Wille einer Mehrheit der Bürger und Bürgerinnen des Vereinigten Königreichs respektiert werden sollte, indem das Austrittsverfahren rasch und kohärent durchgeführt wird;
4. betont, dass die Verhandlungen nach Artikel 50 EUV, die den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU betreffen, beginnen müssen, sobald die förmliche Mitteilung erfolgt ist;
5. gibt zu bedenken, dass zur Vermeidung schädlicher Unsicherheit für alle und zum Schutz der Integrität der Union die in Artikel 50 EUV genannte Mitteilung so bald wie möglich erfolgen muss; erwartet, dass der Premierminister des Vereinigten Königreichs das Ergebnis des Referendums dem Europäischen Rat vom 28./29. Juni 2016 mitteilt; durch diese Mitteilung wird das Austrittsverfahren eingeleitet;
6. erinnert daran, dass in der einvernehmlichen Regelung, auf die sich die Staats- und Regierungschefs im Februar geeinigt haben, festgelegt ist, dass sie nur in Kraft träte, wenn das Vereinigte Königreich entscheiden würde, in der EU zu verbleiben; sie ist deshalb nichtig;
7. erinnert daran, dass man sich über jede neue Beziehung zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU nicht einigen kann, solange das Abkommen über den Austritt nicht abgeschlossen ist;
8. erinnert daran, dass die Zustimmung des Europäischen Parlaments nach den Verträgen erforderlich ist und dass es in vollem Umfang in allen Phasen der verschiedenen Verfahren einbezogen werden muss, die das Abkommen über den Austritt und jede künftige Beziehung betreffen;
9. legt dem Rat nahe, die Kommission zum Verhandlungsführer in Sachen Artikel 50 EUV zu ernennen;
10. betont, dass die derzeitigen Probleme eine Reflexion über die Zukunft der EU erfordern: es ist notwendig, die Union zu reformieren und sie besser und demokratischer zu machen; stellt fest, dass sich zwar einige Mitgliedstaaten für eine langsamere oder weniger weit gehende Integration entscheiden, der Kern der EU aber gestärkt werden muss und „à la carte“-Lösungen vermieden werden sollten; ist der Auffassung, dass die Notwendigkeit, unsere gemeinsamen Werte zu fördern, für Stabilität sowie soziale Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, Wachstum und Arbeitsplätze zu sorgen, die anhaltende wirtschaftliche und soziale Unsicherheit zu überwinden, die Bürgerinnen und Bürger zu schützen und die Herausforderung der Migration zu bewältigen, Entwicklung und Demokratisierung erfordert, insbesondere der Wirtschafts- und Währungsunion und des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, sowie eine Stärkung der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik; ist deshalb der Auffassung, dass die Reformen zu einer Union führen müssen, die das bietet, was die Bürger und Bürgerinnen erwarten;
11. fordert einen Fahrplan für eine bessere Union, der sich auf die vollständige Nutzung des Vertrags von Lissabon gründet und durch eine Revision der Verträge ergänzt wird;
12. wird seine interne Organisation ändern, um dem Willen einer Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger des Vereinigten Königreichs, aus der Europäischen Union auszutreten, Rechnung zu tragen;
13. nimmt den Rücktritt des Kommissionsmitglieds aus dem Vereinigten Königreich und die Neuzuteilung seines Zuständigkeitsbereichs zur Kenntnis;
14. fordert den Rat auf, die Reihenfolge der Vorsitze zu ändern um zu verhindern, dass der Austritt das Management der täglichen Arbeit der Union gefährdet;
15. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Europäischen Rat, dem Rat, der Kommission und der Europäischen Zentralbank, den nationalen Parlamenten und der Regierung des Vereinigten Königreichs zu übermitteln.