Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2016 zur Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts: Jahresbericht 2014 (2015/2326(INI))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den 32. Jahresbericht über die Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts (2014) (COM(2015)0329),
– unter Hinweis auf den Bericht der Kommission mit dem Titel „Evaluierungsbericht zum Projekt ‚EU-Pilot‘ (COM(2010)0070)“,
– unter Hinweis auf den Bericht der Kommission mit dem Titel „Zweiter Evaluierungsbericht zum Projekt ‚EU-Pilot‘ (COM(2011)0930)“,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. März 2002 über die Beziehungen zum Beschwerdeführer bei Verstößen gegen das Gemeinschaftsrecht (COM(2002)0141),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 2. April 2012 mit dem Titel „Aktualisierung der Mitteilung über die Beziehungen zu Beschwerdeführern in Fällen der Anwendung von Unionsrecht“ (COM(2012)0154),
– unter Hinweis auf die Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission,
– unter Hinweis auf die Interinstitutionelle Vereinbarung über bessere Rechtsetzung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. September 2015 zum 30. und 31. Jahresbericht über die Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts (2012-2013)(1),
– gestützt auf Artikel 52 und Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses und die Stellungnahmen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und des Petitionsausschusses (A8-0262/2016),
A. in der Erwägung, dass die grundlegende Funktion der Kommission als „Hüterin der Verträge“ in Artikel 17 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) definiert ist;
B. in der Erwägung, dass die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) gemäß Artikel 6 Absatz 1 EUV den gleichen rechtlichen Wert wie die Verträge hat und sich an die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und – in Bezug auf die Umsetzung von Unionsrecht – an die Mitgliedstaaten richtet (Artikel 51 Absatz 1 Grundrechtecharta);
C. in der Erwägung dass die Kommission gemäß Artikel 258 Absätze 1 und 2 AEUV eine mit Gründen versehene Stellungnahme an einen Mitgliedstaat richtet, wenn sie der Auffassung ist, dass dieser gegen eine Verpflichtung aus den Verträgen verstoßen hat, und dass sie in dieser Angelegenheit den Gerichtshof anrufen kann, wenn der betreffende Mitgliedstaat der Stellungnahme nicht innerhalb der von der Kommission gesetzten Frist nachkommt;
D. in der Erwägung, dass nach der Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission zwar der Austausch von Informationen zu sämtlichen Vertragsverletzungsverfahren auf der Grundlage von Aufforderungsschreiben, nicht aber die Anwendung des informellen EU-Pilot-Verfahrens, das der Einleitung eines förmlichen Vertragsverletzungsverfahrens vorausgeht, vorgesehen ist;
E. in der Erwägung, dass sich die Kommission auf Artikel 4 Absatz 3 EUV und den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen der Union und den Mitgliedstaaten beruft, um die Verschwiegenheitspflicht der Kommission gegenüber den Mitgliedstaaten während der EU-Pilot-Vorgänge geltend zu machen;
F. in der Erwägung, dass das EU-Pilot-Verfahren eine engere und kohärente Zusammenarbeit zwischen Kommission und Mitgliedstaaten begünstigen soll, damit Verstöße gegen das EU-Recht nach Möglichkeit in einem früheren Stadium behoben und dadurch Vertragsverletzungsverfahren vermieden werden können;
G. in der Erwägung, dass bei der Kommission 2014 insgesamt 3 715 Beschwerden über potenzielle Verstöße gegen EU-Recht eingegangen sind, wobei Spanien (553), Italien (475) und Deutschland (276) die Mitgliedstaaten sind, gegen die die meisten Beschwerden eingereicht wurden;
H. in der Erwägung, dass die Kommission 2014 insgesamt 893 neue Vertragsverletzungsverfahren einleitete, wobei Griechenland (89), Italien (89) und Spanien (86) die Mitgliedstaaten mit den meisten anhängigen Verfahren sind;
I. in der Erwägung, dass in Artikel 41 der Grundrechtecharta das Recht auf eine gute Verwaltung als Recht einer jeden Person darauf definiert ist, dass ihre Angelegenheiten von den Organen und Einrichtungen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden, und dass sich die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union nach Artikel 298 AEUV bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf eine offene, effiziente und unabhängige europäische Verwaltung stützen;
1. weist darauf hin, dass die Kommission nach Artikel 17 EUV für die Anwendung des Unionsrechts Sorge trägt, einschließlich der Grundrechtecharta (Artikel 6 Absatz 1 EUV), deren Bestimmungen sich an die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und – in Bezug auf die Umsetzung des Unionsrechts – an die Mitgliedstaaten richten;
2. stellt fest, dass in erster Linie die Mitgliedstaaten dafür zuständig sind, dass das EU-Recht korrekt umgesetzt und angewandt wird, weist aber darauf hin, dass dies die Organe der EU nicht von ihrer Pflicht entbindet, beim Erlass von abgeleitetem EU-Recht das EU-Primärrecht zu achten;
3. betont, dass die Kommission eine wichtige Funktion erfüllt, indem sie die Anwendung des EU-Rechts überwacht und dem Parlament und dem Rat ihren Jahresbericht übermittelt; fordert die Kommission auf, weiterhin aktiv an Instrumenten zu arbeiten, mit denen sich die Umsetzung, die Durchsetzung und die Einhaltung des EU-Rechts in den Mitgliedstaaten verbessern lässt, und in ihrem nächsten Jahresbericht zusätzlich zu den Angaben über die Umsetzung der EU-Richtlinien auch Daten über die Durchsetzung der EU-Verordnungen vorzulegen;
4. stellt fest, dass in erster Linie die Mitgliedstaaten dafür zuständig sind, dass das EU-Recht korrekt umgesetzt und angewandt wird, und hebt hervor, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des EU-Rechts auch die in den Verträgen und in der Charta der Grundrechte der EU verankerten Grundwerte und Rechte uneingeschränkt achten müssen; weist darauf hin, dass die Kommission dafür zuständig ist, die Umsetzung des EU-Rechts zu kontrollieren und zu bewerten; fordert deshalb die Mitgliedstaaten erneut auf, systematisch Entsprechungstabellen zu verwenden, weist aber darauf hin, dass dies die Organe der EU nicht von ihrer Pflicht entbindet, beim Erlass von abgeleitetem EU-Recht das EU-Primärrecht zu achten; nimmt zur Kenntnis, dass es von seinen Umsetzungsberichten in Bezug auf branchenbezogene Rechtsvorschriften Gebrauch machen sollte;
5. weist darauf hin, dass dem Parlament hier ebenfalls eine zentrale Rolle zukommt, da es die politische Kontrolle über die Maßnahmen der Kommission zur Rechtsdurchsetzung ausübt, indem es die Jahresberichte über die Umsetzung des EU-Rechts prüft und einschlägige parlamentarische Entschließungen verabschiedet; ist der Auffassung, dass das Parlament mehr zur fristgerechten und korrekten Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften beitragen könnte, wenn es sein Fachwissen auf dem Gebiet des legislativen Entscheidungsprozesses im Rahmen bestehender Kontakte zu nationalen Parlamenten zur Verfügung stellte;
6. stellt fest, dass die Mitgliedstaaten größten Wert auf die rechtzeitige und korrekte Umsetzung von EU-Recht in einzelstaatliches Recht und einen klaren einzelstaatlichen Rechtsrahmen legen sollten, damit Verstöße gegen das EU-Recht vermieden werden und den Menschen und Unternehmen die bezweckten Vorteile zuteilwerden, die eine effiziente und wirksame Anwendung des EU-Rechts mit sich bringt;
7. hebt hervor, dass die Sozialpartner, die Organisationen der Zivilgesellschaft und andere Interessenträger bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften, der Kontrolle und der Meldung von Unzulänglichkeiten bei der Umsetzung und Anwendung des EU-Rechts durch die Mitgliedstaaten eine wichtige Funktion erfüllen; nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission der Rolle der Interessenträger Rechnung trägt und 2014 neue Instrumente eingeführt hat, die diesen Prozess erleichtern; legt den Interessenträgern nahe, diesbezüglich auch in Zukunft wachsam zu bleiben;
8. weist darauf hin, dass sich die effektive Anwendung des EU-Rechts positiv auf die Glaubwürdigkeit der EU-Organe auswirkt; hebt anerkennend hervor, dass die von Bürgern, Unternehmen und Organisationen der Zivilgesellschaft eingereichten Petitionen – ein im Vertrag von Lissabon verankertes Grundrecht und neben Wahlen und Volksabstimmungen, die die direkten Kanäle der demokratischen Willensäußerung darstellen, ein wichtiges Element der Unionsbürgerschaft – im Jahresbericht der Kommission als wichtiges Instrument zur Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts und zur Entdeckung möglicher Schlupflöcher durch unmittelbare Meinungsäußerungen und Erfahrungsberichte der Bürger gewürdigt werden;
9. ist der Auffassung, dass unrealistische Umsetzungsfristen für Rechtsvorschriften dazu führen können, dass die Mitgliedstaaten an deren Einhaltung scheitern, und dass diese Praxis einer stillschweigenden Billigung einer verspäteten Anwendung gleichkommt; fordert die EU-Organe auf, für die Umsetzung von Verordnungen und Richtlinien passendere Zeitpläne zu vereinbaren und dabei den erforderlichen Prüfungs- und Konsultationszeiträumen gebührend Rechnung zu tragen; ist der Ansicht, dass die Kommission Berichte, Prüfergebnisse und Gesetzesrevisionen innerhalb der von den Mitgesetzgebern vereinbarten Fristen und nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften vorlegen sollte;
10. begrüßt, dass die neue Interinstitutionelle Vereinbarung über bessere Rechtsetzung Bestimmungen enthält, mit denen für eine bessere Umsetzung und Anwendung des EU-Rechts sowie eine strukturiertere Zusammenarbeit in dieser Hinsicht gesorgt werden soll; unterstützt die in der Vereinbarung erhobene Forderung, dass nationale Maßnahmen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Rechtsvorschriften der Union stehen (Stichwort „Überregulierung“), besser entsprechend gekennzeichnet werden; betont, dass die Umsetzung in innerstaatliches Recht verbessert werden muss und die Mitgliedstaaten eigene Maßnahmen, die sie in Ergänzung zu EU-Richtlinien beschließen, melden und klar benennen sollten; betont, dass die Mitgliedstaaten bei der Anwendung von EU-Rechtsvorschriften vermeiden sollten, diesen Rechtsvorschriften unnötige Auflagen hinzuzufügen, da dies zu falschen Vorstellungen in Bezug auf die gesetzgeberische Tätigkeit der EU führt und die ungerechtfertigte EU-Skepsis bei den Bürgern verstärkt; weist jedoch darauf hin, dass dadurch das Vorrecht der Mitgliedstaaten, auf einzelstaatlicher Ebene höhere soziale und ökologische Standards als die auf Unionsebene vereinbarten zu beschließen, keinesfalls beeinträchtigt wird;
11. ist der Ansicht, dass das Parlament eine größere Rolle bei der Überprüfung spielen sollte, wie Beitrittsländer und Staaten, die mit der Europäischen Union Assoziierungsabkommen geschlossen haben, das EU-Recht einhalten; schlägt in diesem Zusammenhang vor, die betreffenden Staaten in geeigneter Form durch eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit deren Parlamenten bei der Einhaltung und Anwendung des EU-Rechts zu unterstützen;
12. schlägt vor, dass das Parlament infolge der jährlichen Fortschrittsberichte der Kommission ordentliche Berichte und nicht nur Entschließungen zu allen Bewerberländern verfasst, um allen beteiligten Ausschüssen die Möglichkeit zu geben, Stellungnahmen abzugeben; ist der Ansicht, dass die Kommission weiterhin Fortschrittsberichte für alle Länder der Europäischen Nachbarschaft, die Assoziierungsabkommen unterzeichnet haben, veröffentlichen sollte, damit das Parlament eine seriöse und systematische Bewertung der Fortschritte dieser Länder bei der Umsetzung des Besitzstands der Union im Zusammenhang mit der Assoziierungsagenda vornehmen kann;
13. begrüßt den 32. Jahresbericht der Kommission über die Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts und stellt fest, dass Umwelt, Verkehr, Binnenmarkt und Dienstleistungen 2013 die Politikbereiche waren, in denen die meisten Vertragsverletzungsverfahren 2014 noch anhängig waren; stellt außerdem fest, dass Umwelt, Gesundheit und Verbraucher sowie Mobilität und Verkehr wiederum die Politikbereiche waren, in denen 2014 die meisten neuen Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wurden; legt der Kommission nahe, dem Europäischen Parlament im Interesse der interinstitutionellen Transparenz einen besseren Einblick in die Unterlagen über Vertragsverletzungsverfahren zu gewähren;
14. stellt fest, dass ausweislich des Jahresberichts die Zahl der förmlichen Vertragsverletzungsverfahren in den letzten fünf Jahren zurückgegangen ist und dies nach Ansicht der Kommission ein Beweis für die Wirksamkeit des strukturierten Dialogs mit den Mitgliedstaaten über das EU-Pilot-System ist; vertritt allerdings die Ansicht, dass der Rückgang in den letzten Jahren und der voraussichtliche Rückgang in den kommenden Jahren auf die stetig sinkende Zahl neuer Gesetzgebungsvorschläge der Kommission zurückzuführen ist; hebt hervor, dass die Kommission bei verspäteter Umsetzung von Richtlinien keine EU-Pilot-Verfahren durchführt;
15. weist darauf hin, dass diese Ex-post-Bewertungen die Kommission nicht von ihrer Pflicht entbinden, die Anwendung und Umsetzung des EU-Rechts effektiv und fristgemäß zu kontrollieren, und dass das Parlament bei der Überprüfung der Umsetzung von Rechtsvorschriften unterstützend tätig werden könnte, indem es seine Kontrollfunktion gegenüber der Kommission wahrnimmt;
16. stellt fest, dass der Anstieg der Zahl neuer EU-Pilot-Verfahren in dem untersuchten Zeitraum und der Rückgang der Zahl der anhängigen Vertragsverletzungsverfahren gemäß dem Jahresbericht zeigen, dass sich das EU-Pilot-System bewährt und positiv ausgewirkt hat, da es zu einer effizienteren Durchsetzung des EU-Rechts beigetragen hat; bekräftigt jedoch, dass die Durchsetzung des EU-Rechts nicht hinreichend transparent verläuft und keine echte Kontrolle seitens der Beschwerdeführer und Betroffenen stattfindet, und bedauert, dass dem Parlament trotz dessen wiederholter Aufforderung noch immer nicht ausreichend Einsicht in EU-Pilot-Verfahren und anhängige Fälle gewährt wird; fordert die Kommission daher zu mehr Transparenz auf, was Informationen über EU-Pilot-Verfahren und anhängige Fälle angeht;
17. ist der Ansicht, dass Geldbußen für Verstöße gegen EU-Recht wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein sollten, wobei wiederholte Verstöße im gleichen Bereich bei der Ahndung berücksichtigt werden sollten, und dass die Rechte der Mitgliedstaaten geachtet werden müssen;
18. weist darauf hin, dass die Europäische Union auf den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit, der Rechtssicherheit und der Vorhersehbarkeit von Rechtsvorschriften gegründet wurde und die Bürger der Union von Rechts wegen als Erste klar, über allgemein zugängliche Quellen, transparent und frühzeitig (über das Internet und andere Kanäle) darüber informiert werden müssen, ob und welche einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zur Umsetzung des EU-Rechts erlassen werden und welche einzelstaatlichen Behörden für deren ordnungsgemäße Durchsetzung zuständig sind;
19. fordert die Kommission auf, alle unterschiedlichen Portale, Anlaufstellen und Websites in einem zentralen Portal zusammenzuführen, über das die Bürger leicht auf Online-Beschwerdeformulare zugreifen und anwenderfreundliche Informationen über Vertragsverletzungsverfahren abrufen können; fordert die Kommission ferner auf, in ihrem nächsten Kontrollbericht genauere Angaben zur Nutzung dieser Internetangebote zu machen;
20. weist darauf hin, dass Kommission und Parlament gleichermaßen zu loyaler Zusammenarbeit verpflichtet sind; fordert daher, dass die Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission dahingehend überarbeitet wird, dass Angaben zu EU-Pilot-Verfahren in Form von (vertraulichen) Dokumenten an den für die Auslegung und Anwendung des Unionsrechts zuständigen Parlamentsausschuss übermittelt werden können;
21. weist darauf hin, dass das Parlament in seiner Entschließung vom 15. Januar 2013(2) den Erlass einer Verordnung über ein europäisches Verwaltungsverfahrensrecht nach Maßgabe von Artikel 298 AEUV gefordert hat, dieser Forderung jedoch ungeachtet der Tatsache, dass die Entschließung mit deutlicher Mehrheit angenommen wurde (572 Ja-Stimmen, 16 Gegenstimmen und 12 Enthaltungen), kein Vorschlag der Kommission folgte; fordert die Kommission auf, die Entschließung des Parlaments einer erneuten Prüfung zu unterziehen, um dann einen Vorschlag für eine Rechtsvorschrift über ein europäisches Verwaltungsverfahrensrecht vorzulegen;
22. bedauert insbesondere das Ausbleiben einer Reaktion auf seine Forderung nach verbindlichen Bestimmungen in Form einer Verordnung, in der die einzelnen Aspekte des Vertragsverletzungsverfahrens und des Vorverfahrens, einschließlich Mitteilungen, verbindlicher Fristen, des Anhörungsrechts, der Begründungspflicht und des Rechts einer jeden Person auf Akteneinsicht, erfasst und somit die Rechte der Bürger gestärkt werden und Transparenz gewährleistet wird;
23. weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine vom Rechtsausschuss neu eingesetzte Arbeitsgruppe zum EU-Verwaltungsrecht entschieden hat, als Anregung für die Kommission einen Entwurf für solch eine Verordnung über das Verwaltungsverfahren für die Verwaltungsstellen der Union auszuarbeiten, und zwar nicht, um das Initiativrecht der Kommission in Frage zu stellen, sondern um zu zeigen, dass der Erlass einer solchen Verordnung zweckmäßig und durchführbar wäre;
24. ist der Ansicht, dass mit diesem Entwurf einer Verordnung nicht bezweckt wird, die geltenden EU-Rechtsvorschriften auszuhebeln, sondern sie zu ergänzen, etwa wenn Lücken und Probleme bei der Auslegung festgestellt werden, und die Verständlichkeit, Klarheit und Kohärenz der Auslegung bestehender Vorschriften im Interesse der Bürger und Unternehmen sowie der Verwaltung und ihrer Bediensteten zu verbessern;
25. fordert daher die Kommission einmal mehr auf, einen Gesetzgebungsvorschlag für ein europäisches Verwaltungsverfahrensrecht vorzulegen und dabei bei den bisherigen Arbeiten des Parlaments in diesem Bereich anzusetzen;
26. weist darauf hin, dass die EU-Organe an die Verträge und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union gebunden sind, auch wenn sie als Mitglieder von Gruppen internationaler Kreditgeber („Troikas“) handeln;
27. fordert die Kommission auf, die Achtung des EU-Rechts wirklich als politische Priorität zu betrachten, der in enger Zusammenarbeit mit dem Parlament Rechnung getragen wird, das seinerseits verpflichtet ist, die Kommission politisch zur Rechenschaft zu ziehen und als Mitgesetzgeber dafür zu sorgen, dass es selbst umfassend informiert ist, damit es seine legislative Tätigkeit kontinuierlich verbessern kann;
28. spricht sich dafür aus, im Parlament ein Verfahren für die Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts durch die Mitgliedstaaten einzuführen, mit dem Verstöße landesbezogen analysiert werden können, wobei berücksichtigt wird, dass die zuständigen ständigen Ausschüsse des Parlaments die Anwendung des EU-Rechts innerhalb ihrer jeweiligen Zuständigkeitsbereiche kontrollieren;
29. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Ausschuss der Regionen, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie den einzelstaatlichen Parlamenten zu übermitteln.