Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2016 zu dem Entwurf eines Durchführungsbeschlusses der Kommission über das Inverkehrbringen von Saatgut zum Anbau von genetisch verändertem Mais der Sorte 1507 (DAS-Ø15Ø7-1) (D046172/00 – 2016/2920(RSP))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Entwurf eines Durchführungsbeschlusses der Kommission über das Inverkehrbringen von Saatgut zum Anbau von genetisch verändertem Mais der Sorte 1507 (DAS-Ø15Ø7-1) (D046172/00),
– gestützt auf die Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates(1), insbesondere auf Artikel 18 Absatz 1,
– unter Hinweis auf das wissenschaftliche Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in der Fassung vom 24. Februar 2012 zur Aktualisierung der Bewertung der Umweltverträglichkeitsprüfung und der Empfehlungen zum Risikomanagement in Bezug auf den Anbau von insektenresistentem genetisch verändertem Mais der Sorte 1507(2),
– unter Hinweis auf das wissenschaftliche Gutachten der EFSA vom 18. Oktober 2012 zur Ergänzung der Schlussfolgerungen der Umweltverträglichkeitsprüfung und der Empfehlungen zum Risikomanagement in Bezug auf den Anbau von insektenresistentem genetisch verändertem Mais der Sorte 1507(3),
– unter Hinweis auf das wissenschaftliche Gutachten der EFSA vom 6. Dezember 2012 zur Aktualisierung der Schlussfolgerungen der Risikobewertung und der Empfehlungen zum Risikomanagement in Bezug auf insektenresistenten genetisch veränderten Mais der Sorte MON 810(4),
– unter Hinweis auf das wissenschaftliche Gutachten der EFSA vom 6. Dezember 2012 zur Ergänzung der Schlussfolgerungen der Umweltverträglichkeitsprüfung und der Empfehlungen zum Risikomanagement in Bezug auf den Anbau von insektenresistentem genetisch verändertem Mais der Sorten Bt11 und MON 810(5),
– unter Hinweis auf das wissenschaftliche Gutachten der EFSA vom 28. Mai 2015 zur Aktualisierung der Empfehlungen zum Risikomanagement, um die Exposition von nicht zur Zielgruppe gehörenden zu erhaltenden Lepidopteren in geschützten Lebensräumen gegenüber Bt-Maispollen zu begrenzen(6),
– gestützt auf Artikel 11 und 13 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren(7),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Januar 2014 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über das Inverkehrbringen eines genetisch veränderten, gegen bestimmte Lepidopteren resistenten Maisprodukts (Zea mays L. Linie 1507) für den Anbau gemäß der Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(8),
– unter Hinweis auf den Entschließungsantrag des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit,
– gestützt auf Artikel 106 Absätze 2 und 3 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass Pioneer Overseas Corporation und Dow AgroSciences Europe Ltd. im Jahr 2001 der zuständigen Behörde Spaniens gemäß der Richtlinie 90/220/EWG des Rates(9) eine Anmeldung (Aktenzeichen C/ES/01/01) für das Inverkehrbringen von genetisch verändertem Mais der Sorte 1507 vorgelegt haben; in der Erwägung, dass im Jahr 2003 eine aktualisierte Anmeldung gemäß der Richtlinie 2001/18/EG vorgelegt wurde;
B. in der Erwägung, dass genetisch veränderter Mais der Sorte 1507 das (aus Bacillus thuringiensis kurstaki gewonnene) Bt-Protein Cry1F, das Resistenz gegen den Maiszünsler (Ostrinia nubilalis) und bestimmte andere Lepidopteren wie den violetten Stengelbohrer (Sesamia spp.), den Heerwurm (Spodoptera frugiperda), die Ypsilon-Eule (Agrotis ipsilon) und den Zünsler (Diatraea grandiosella) verleiht, und das PAT-Protein, das Toleranz gegenüber Glufosinat-Ammonium-Herbiziden verleiht, exprimiert;
C. in der Erwägung, dass Glufosinat als fortpflanzungsgefährdend eingestuft ist und demnach unter die Ausschlusskriterien der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 fällt; in der Erwägung, dass für bereits zugelassene Stoffe die Ausschlusskriterien gelten, wenn ihre Zulassung erneuert werden muss; in der Erwägung, dass die Zulassung von Glufosinat 2017 ausläuft; in der Erwägung, dass demnach der Einsatz von Glufosinat im Jahr 2017 grundsätzlich eingestellt werden sollte;
D. in der Erwägung, dass der Anbau von genetisch verändertem Mais der Sorte 1507 gemäß Artikel 26c Absatz 2 der Richtlinie 2001/18/EG in folgenden Hoheitsgebieten verboten ist: Wallonien (Belgien), Bulgarien, Dänemark, Deutschland (außer zu Forschungszwecken), Griechenland, Frankreich, Kroatien, Italien, Zypern, Lettland, Litauen, Luxemburg, Ungarn, Malta, den Niederlanden, Österreich, Polen, Slowenien, Nordirland (Vereinigtes Königreich), Schottland (Vereinigtes Königreich) und Wales (Vereinigtes Königreich);
E. in der Erwägung, dass gemäß der EFSA Hinweise vorliegen, dass sich etwa 95-99 % der freigesetzten Pollen innerhalb eines Radius von 50 Metern der Pollenquelle absetzen, obwohl die Pollen während der Pollenflugzeit durch Aufwinde oder Windböen hoch in die Luft getragen und über eine Entfernung von bis zu mehreren Kilometern verteilt werden können;
F. in der Erwägung, dass die mögliche Entwicklung einer Resistenz von zur Zielgruppe gehörenden Lepidopteren gegenüber dem Protein Cry1F vom Gremium der EFSA für genetisch veränderte Organismen als Problem in Verbindung mit dem Anbau von Mais der Sorte 1507 festgestellt wurde, da die Entwicklung einer Resistenz zu neuen Schädlingsbekämpfungsverfahren führen kann, die möglicherweise schädliche Auswirkungen auf die Umwelt haben;
G. in der Erwägung, dass Teosinte – die Urform des Kulturmais – seit 2009 im Spanien zu finden sind; in der Erwägung, dass Teosinte transgene DNA aus genetisch verändertem Mais der Sorte MON 810 aufnehmen könnten, der in manchen Regionen Spaniens, in denen Teosinte weitverbreitet sind, angebaut wird; in der Erwägung, dass der Genfluss auf Teosinte übergehen kann, wodurch diese das Bt-Toxin erzeugen würden und hybride Mais-/Teosinte-Pflanzen im Vergleich zu den einheimischen Teosinte-Pflanzen widerstandsfähiger werden könnten; in der Erwägung, dass dieses Szenario große Risiken für Landwirte und die Umwelt birgt;
H. in der Erwägung, dass die zuständigen Behörden Spaniens die Kommission davon in Kenntnis gesetzt haben, dass auf spanischen Maisfeldern – und in sehr geringem Maße auch auf Feldern mit genetisch verändertem Mais – Teosinte wachsen; in der Erwägung, dass aus den verfügbaren Informationen außerdem hervorgeht, dass auch in Frankreich Teosinte gefunden wurden;
I. in der Erwägung, dass die Kommission die EFSA am 13. Juli 2016 aufgefordert hat, bis Ende September 2016 anhand der verfügbaren wissenschaftlichen Literatur und sonstiger einschlägiger Informationen zu prüfen, ob es neue Erkenntnisse gibt, die Auswirkungen auf die Schlussfolgerungen und Empfehlungen der wissenschaftlichen Gutachten der EFSA zum Anbau von genetisch verändertem Mais der Sorten MON 810, Bt11, 1507 und GA21 hätten;
J. in der Erwägung, dass die Kommission in Ziffer 24 ihres Entwurfs eines Durchführungsbeschlusses behauptet, die EFSA hätte zwei „annehmbare“ lokale Sterblichkeitsraten (0,5 % und 1 %) geprüft; in der Erwägung, dass die EFSA in ihrem wissenschaftlichen Gutachten vom 28. Mai 2015 zur Aktualisierung der Empfehlungen zum Risikomanagement, um die Exposition von nicht zur Zielgruppe gehörenden zu erhaltenden Lepidopteren in geschützten Lebensräumen gegenüber Bt-Maispollen zu begrenzen, jedoch unmissverständlich betont, dass alle vom Gremium der EFSA für genetisch veränderte Organismen zur Veranschaulichung genannten spezifischen Schutzniveaus nur als Beispiele gedacht sind und dass jeder angewandte Schwellenwert zwangsläufig willkürlich gewählt wurde und entsprechend den in der EU geltenden Schutzzielen angepasst werden muss;
K. in der Erwägung, dass sich die Kommission in ihrem Entwurf eines Durchführungsbeschlusses für eine lokale Sterblichkeitsrate von weniger als 0,5 % entschieden hat und im Anhang des Durchführungsbeschlusses einen willkürlich gewählte Mindestabstand von 20 Metern zwischen einem Feld, auf dem Mais der Sorte 1507 angebaut wird, und einem geschützten Lebensraum im Sinne von Artikel 2 Nummer 3 der Richtlinie 2004/35/EG vorsieht, obwohl die EFSA, wie bestätigt, eindeutig darauf hinweist, dass um einen geschützten Lebensraum ein Mindestabstand von 30 Metern – mehr als der von der Kommission vorgeschlagene Mindestabstand – zum nächsten Feld, auf dem Mais der Sorte 1507 angebaut wird, eingehalten werden muss, um die lokale Sterblichkeitsrate, auch von extrem anfälligen nicht zur Zielgruppe gehörenden Lepidopteren-Raupen, auf höchstens 0,5 % zu senken;
L. in der Erwägung, dass die EFSA in ihrem wissenschaftlichen Gutachten vom 28. Mai 2015 zur Aktualisierung der Empfehlungen zum Risikomanagement, um die Exposition von nicht zur Zielgruppe gehörenden zu erhaltenden Lepidopteren in geschützten Lebensräumen zu begrenzen, erklärt, dass derzeit nicht ausreichend Daten vorliegen, um die Sterblichkeitsrate von Raupen aufgrund des Bt-Toxins in ein Verhältnis zu der allgemeinen Sterblichkeitsrate zu setzen;
1. vertritt die Auffassung, dass der Entwurf eines Durchführungsbeschlusses der Kommission über die in der Richtlinie 2001/18/EG vorgesehenen Durchführungsbefugnisse hinausgeht;
2. ist der Ansicht, dass die von der EFSA durchgeführte Risikobewertung des Anbaus unvollständig ist und die von der Kommission vorgeschlagenen Empfehlungen zum Risikomanagement mangelhaft sind;
3. ist der Ansicht, dass der Entwurf eines Durchführungsbeschlusses der Kommission nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist, da er nicht dem Ziel der Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates entspricht, das im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip darin besteht, die Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten anzugleichen und die Gesundheit des Menschen sowie die Umwelt zu schützen, wenn genetisch veränderte Organismen aus anderen Gründen als ihrem Inverkehrbringen in der Gemeinschaft absichtlich in die Umwelt freigesetzt werden oder wenn genetisch veränderte Organismen als Erzeugnisse oder in Erzeugnissen in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht werden;
4. fordert die Kommission auf, ihren Entwurf eines Durchführungsbeschlusses zurückzuziehen;
5. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
Gremium der EFSA für genetisch veränderte Organismen: Wissenschaftliches Gutachten zur Aktualisierung der Bewertung der Umweltverträglichkeitsprüfung und der Empfehlungen zum Risikomanagement in Bezug auf den Anbau von insektenresistentem genetisch verändertem Mais der Sorte 1507. EFSA Journal 2011;9(11):2429. [73 pp.], doi:10.2903/j.efsa.2011.2429.
Gremium der EFSA für genetisch veränderte Organismen: Wissenschaftliches Gutachten zur Ergänzung der Schlussfolgerungen der Umweltverträglichkeitsprüfung und der Empfehlungen zum Risikomanagement in Bezug auf den Anbau von insektenresistentem genetisch verändertem Mais der Sorte 1507. EFSA Journal 2012;10(11):2934. [36 pp.], doi:10.2903/j.efsa.2012.2934.
Gremium der EFSA für genetisch veränderte Organismen: Wissenschaftliches Gutachten zur Aktualisierung der Schlussfolgerungen der Risikobewertung und der Empfehlungen zum Risikomanagement in Bezug auf insektenresistenten genetisch veränderten Mais der Sorte MON 810. EFSA Journal 2012;10(12):3017. [98 pp.] doi:10.2903/j.efsa.2012.3017.
Gremium der EFSA für genetisch veränderte Organismen: Wissenschaftliches Gutachten zur Ergänzung der Schlussfolgerungen der Umweltverträglichkeitsprüfung und der Empfehlungen zum Risikomanagement in Bezug auf den Anbau von insektenresistentem genetisch verändertem Mais der Sorten Bt11 und MON 810. EFSA Journal 2012;10(12):3016. [32 pp.] doi:10.2903/j.efsa.2012.3016.
Gremium der EFSA für genetisch veränderte Organismen: Wissenschaftliches Gutachten zur Aktualisierung der Empfehlungen zum Risikomanagement, um die Exposition von nicht zur Zielgruppe gehörenden zu erhaltenden Lepidopteren in geschützten Lebensräumen gegenüber Bt-Maispollen zu begrenzen. EFSA Journal 2015;13(7):4127. [31 pp.], doi:10.2903/j.efsa.2015.4127.
Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt (ABl. L 117 vom 8.5.1990, S. 15).